M. Ganter et al.: Empfehlung für die Haltung von Schafen und Ziegen395der Tiere verwendet werden. Elektrische Viehtreiber sind für dasTreiben von Schafen und Ziegen verboten (3). Beim Verladen sollteder Herdentrieb genutzt werden. Hütehunde können je nachAusbildung beim Be- und Entladen nützlich sein.Schafe und Ziegen sollten generell beim Transport nicht angebundenwerden. Sie dürfen nur in Gruppen bis zu maximal 50 Tierentransportiert werden, wobei in Abhängigkeit vom Lebendgewichtbis 0,40 m 2 pro Schaf, bei einer Vlieslänge über 2 cm 5% mehrTransportfläche vorhanden sein muss. Für Ziegen muss eine Bodenflächevon 0,75 m 2 /Ziege zur Verfügung stehen. Eine Trennungvon behornten und hornlosen Tieren wird empfohlen. Ein Transportsollte nicht länger als 3–4 Stunden dauern, da Schafe danachAnzeichen von Erschöpfung zeigen. Bei genügend Einstreu undausreichendem Platzangebot im Transportfahrzeug sind längereTransporte jedoch ohne schädliche Auswirkungen möglich. Bei einerWegstrecke > 65 km muss der Transporteur einen gültigen Befähigungsnachweisund eine Zulassung als Transportunternehmerbesitzen, außer der Transport ist im Rahmen einer jahreszeitlich bedingtenWanderhaltung erforderlich und dient z. B. dem Verbringenzur Sommerweide. Bei Transporten > 8 Stunden (und über65 km) muss zusätzlich das Transportfahrzeug von der zuständigenVeterinärbehörde zugelassen sein. Nach der Tierschutztransport-VO(6) sind bei Schafen und Ziegen Transporte von maximal8 Stunden erlaubt. Unter bestimmten Voraussetzungen (Temperaturinnerhalb des Transportmittels 5–30 ± 5 °C unabhängig ob dasFahrzeug steht oder fährt, Tränkevorrichtung für alle Tiere jederzeitzugänglich und stets voll funktionsfähig) darf die Beförderungsdauermehr als 8 Stunden betragen. Die Transporte von erwachsenenTieren müssen jedoch nach spätestens 14 Stunden, Transportevon nicht abgesetzten Lämmern bereits nach 9 Stunden für eine1-stündige Pause zur Wasser- und Futteraufnahme unterbrochenwerden und dürfen nur für maximal 9 weitere Stunden fortgesetztwerden. Ausreichende Luftzuführung ist von großer Bedeutung.8. Eingriffe am TierNach § 6 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes (TschG) (4) ist das vollständigeoder teilweise Amputieren von Körperteilen (...) oder Zerstörenvon Organen oder Geweben eines Wirbeltieres verboten. DasVerbot gilt nicht, wenn● der Eingriff im Einzelfall nach tierärztlicher Indikation gebotenist oder (...)● zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung, soweittierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen, zur weiteren Nutzungund Haltung des Tieres eine Unfruchtbarkeit vorgenommenwird.Eingriffe sind grundsätzlich durch den Tierarzt vorzunehmen!Grundsätzlich besteht Betäubungspflicht bei schmerzhaftenEingriffen. Die Betäubung ist dem Tierarzt vorbehalten.Ausnahmen von der Betäubungspflicht bei schmerzhaften Eingriffengelten:● für das Kastrieren von unter 4 Wochen alten männlichen Schafenund Ziegen sofern kein von der normalen anatomischenStruktur abweichender Befund vorliegt [§ 5 (3) Nr. 1 TschG]● für das Kürzen des Schwanzes von unter 8 Tage alten Lämmern[§ 5 (3) Nr. 3 TschG]● für das Kürzen des Schwanzes von unter 8 Tage alten Lämmernmittels elastischer Ringe [§ 5 (3) Nr. 4 TschG]In diesen Fällen darf der Eingriff von anderen Personen mit entsprechenderSachkunde vorgenommen werden.8.1. Kennzeichnung ohne BetäubungDie Kennzeichnung ohne Betäubung darf nur von einer sachkundigenPerson durchgeführt werden, zugelassen sind Ohrmarken, Mikrochipsoder Ohrtätowierungen. Das Kerben der Ohren ist verboten (4).8.2. KastrationDie Verwendung elastischer Ringe zum Zwecke der Kastration istgemäß § 6 Abs. 2 TschG verboten. Über 4 Wochen alte Tiere dürfennur von einem Tierarzt unter Betäubung kastriert werden (4).8.3. SchwanzamputationDa das Kupieren durch Aufsetzen eines mit einer Spezialzange gespreiztenGummirings zwischen zwei Wirbeln nach dem Tierschutzgesetzbei Lämmern innerhalb der ersten Lebenswoche ohneAnästhesie erlaubt ist (4), kann dieser Eingriff von sachkundigenPersonen durchgeführt werden. Das Aufsetzen des Gummiringsmuss auf der Höhe zwischen zwei Wirbeln erfolgen. Die Stelle,an der der Gummiring platziert wird, sollte sauber sein. EineReinigung und Desinfektion des Bereichs ist empfehlenswert. ZurVorbeuge eines Befalls mit Fliegenmaden kann eine zusätzlicheSchwanzschur während der Weidesaison sinnvoll sein. Zusätzlichkönnen die Schwänze und die Hintergliedmaßen um den Genitalbereichund das Euter von Mutterschafen, die zur Bedeckung sowiezur Geburt kommen, geschoren werden. Wenn kupiert wird, solltedies so geschehen, dass der verbliebene Anteil des Schwanzes beiweiblichen Tieren zumindest die Scham bedeckt. Bei Böcken sollzumindest der Anus bedeckt sein.Gründe für das Kupieren:● Hygiene beim Decken und beim Lammen in Abhängigkeit vonder Rasse und den Haltungsbedingungen● Verhinderung von Schwanzverletzungen bei Lämmern und vonPenisverletzungen bei Böcken während des Deckaktes● Schlachthygiene● SchurhygieneEine Verringerung des Risikos des Befalls mit Fliegenmaden wirddurch das Kupieren nicht sicher erreicht (17).Verschmutzte Analregionen und Schwänze sind nicht zwangsläufigFolge unzureichender Tierbetreuung oder Behandlung, son-© Schattauer 2012 Tierärztliche Praxis Großtiere 6/2012Downloaded from www.tieraerztliche-praxis.de on 2013-01-22 | IP: 141.90.2.58For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved.
396 M. Ganter et al.: Empfehlung für die Haltung von Schafen und Ziegendern können auch bei sachgerechter Haltung bei Beweidung vonfrischem und feuchtem Aufwuchs vorliegen.8.4. Enthornung von ZiegenEin generelles Enthornen von Ziegen und Schafen ist nach dem bestehendenTierschutzgesetz (4) verboten, weil im Gegensatz zurEnthornung der Kälber die Ziegen und Schafe in der Ausnahme -regelung nach § 5 (3) Abs. 2 nicht erfasst werden.InteressenkonfliktDie Autoren bestätigen, dass kein Interessenkonflikt besteht.DanksagungWir danken Frau Dr. Petermann vom LAVES Oldenburg für dieumfangreichen schriftlichen Verbesserungsvorschläge. Außerdemdanken wir Herrn Prof. Erhard und Herrn Prof. Richter für dieschriftlichen Kommentare. Dem Vorsitzenden der Vereinigung derdeutschen Landesschafzuchtverbände, Herrn Lauenstein, sowieden Mitgliedern des VDL-Ausschusses Berufsschäfer danken wirfür die Diskussionsbeiträge anlässlich der Internationalen TagungTiergesundheit kleiner Wiederkäuer, 23.–25. Mai 2012 in Sellin aufRügen und dem VDL-Ausschuss Berufsschäfer für die schriftlichenKommentare.Literatur1. Anonym (1992). Empfehlungen des Europarates für das Halten von Schafenvom 6. Nov. 1992, Ständiger Ausschuss des Europäischen Übereinkommenszum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen. http://www.bmelv.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/EU-HaltungSchafe.pdf;jsessionid=95408E82A30206AB98B28217390FEC96.2_cid296?__blob=publicationFile.2. Anonym (1992). Empfehlungen für das Halten von Ziegen. EuropäischesÜbereinkommen zum Schutz von Tieren in Landwirtschaftlichen Tier -haltungen. http://www.bmelv.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Tier/Tierschutz/GutachtenLeitlinien/EU-HaltungZiegen.pdf;jsessionid=95408E82A30206AB98B28217390FEC96.2_cid296?__blob=publicationFile.3. Anonym (2005). Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates über den Schutz vonTieren beim Transport und damit zusammenhängenden Vorgängen, Anhang1 Kapitel 3, Nr. 1.9. ABl. L3 vom 05.01.2005.4. Anonym (2006). Tierschutzgesetz vom 18. Mai 2006 in der Fassung der Bekanntmachungvom 31. Mai 2006 (BGBl. I S. 1207,1313) zuletzt geändertdurch Artikel 20 des Gesetzes zur Anpassung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereichdes Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft undVerbraucherschutz im Hinblick auf den Vertrag von Lissabon vom 9. De -zember 2010 (BGBl. I S. 1934).5. Anonym (2006). Tierimpfstoff-Verordnung vom 24. Oktober 2006: BGBl. I,2355.6. Anonym (2009). Verordnung zum Schutz von Tieren beim Transport undzur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 des Rates (Tierschutztransportverordnung– TierSchTrV) vom 11. Februar 2009 (BGBl. I S. 375).7. Egerton JR, Graham NPH. Diseases causing lameness in sheep. In: VeterinaryReview 1969, University of Sydney. Post-graduate Foundation in VeterinaryScience, no. 5.8. Ganter M. Veterinary consultancy and health schemes in sheep: Experiencesand reflections from a local German outlook. Small Rumin Res 2008; 76:55–67.9. Green LE. Footrot in sheep – management for today. Sheep Veterinary Society,Autumn meeting 12.-14.9.2011 in Malvern, England.10. Humann-Ziehank E, Ganter M. Präventive Tiergesundheit bei kleinen Wiederkäuern– Neue Wege. Auswertung interdisziplinärer Arbeitstagungen.Teil 1: Endoparasitäre Erkrankungen. Tierärztliche Umsch 2006; 61: 27–31.11. Humann-Ziehank E, Ganter M. Präventive Tiergesundheit bei kleinen Wiederkäuern– Neue Wege. Auswertung interdisziplinärer Arbeitstagungen.Teil 2: Bakterielle und virale Infektionskrankheiten. Tierärztliche Umsch2006; 61: 91–102.12. Kaler J, Green LE. Recognition of lameness and decisions to catch for inspectionamong sheep farmers and specialists in GB. BMC Vet Res 2008; 4: 41.13. Lottner S. Felduntersuchung zur Bekämpfung der Moderhinke bei Schafenmittels Vakzinen und genetischer Marker. Diss med vet, Tierärztliche HochschuleHannover 2006.14. Petermann S, Maiworm K. Niedersächsische Empfehlungen für die ganzjährigeund saisonale Weidehaltung von Schafen. Tagungsband der DVG-Fachtagung, Fachgruppe „Tierschutz” und „Versuchstierkunde”, Nürtingen24.–27.02.2010; 283–293.15. Steiger A, Marx I, Wehr J. Reinigung und Desinfektion in der Schafproduktion.Mh Vet Med 1983; 38: 460–466.16. Strobel H. Klauenpflege Schaf und Ziege. Stuttgart: Ulmer 2009.17. Vellema Pl, Moll L, Stegemann A. Tail docking does not prevent blowflystrike. Proceedings 7th Intern. Sheep Veterinary. 16th-19th June 2009, Starvanger,Norway; 123.18. Worbes H. Hygiene der Schafhaltung. In Lehrbuch der Schafkrankheiten,4. Aufl. Ganter M, Hrsg. Berlin: Parey 2001; 443–452.Tierärztliche Praxis Großtiere 6/2012 © Schattauer 2012Downloaded from www.tieraerztliche-praxis.de on 2013-01-22 | IP: 141.90.2.58For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved.