Duodenales Lipom als seltene gastrointestinale Blutungsquelle A ...

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03.12.2012 Aufrufe

Duodenales Lipom als seltene gastrointestinale Blutungsquelle A. Hornung 1 , A. Lutz-Vorderbrügge 1 , B. Küppers 1 , 0. Mickisch 1 und B.C. Manegold 2 1) Gastroenterologische Schwerpunktpraxis, Mannheim 2) Abteilung für Endoskopie, Fakultät für Klinische Medizin Mannheim der Universität Heidelberg Schlüsselwörter Duodenaltumor - Duodenalpolyp - duodenales Lipom - gastrointestinale Blutung Duodenales Lipom als seltene gastrointestinale Blutungsquelle Als seltene Ursache einer gastrointestinalen Blutung fand sich im vorliegenden Fall in der Ösophagogastroduodenoskopie ein ulzeriertes duodenales Lipom in der Pars descendens duodeni. In der vorausgegangenen ausführlichen endoskopischen Vordiagnostik und der Magen-Darm-Passage ohne Hypotonie war der Nachweis des Polypen nicht gelungen. Die meisten gutartigen Dünndarmgeschwülste rufen keine Symptome hervor. Sie können allerdings bei erodierter, chronisch entzündeter überkleidender Schleimhaut Ursache einer chronischen Hämorrhagie sein, die sich als hypochrome, mikrozytäre Anämie manifestiert. Bei unklarer Blutungsquelle sollte in der Routine-Osophagogastroduodenoskopie deshalb auch besonderes Augenmerk - soweit möglich - auf die tieferen Duodentalabschnitte gerichtet werden. Key words duodenal tumor - duodenal polyp - duodenal lipoma - gastrointestinal bleeding Duodenal lipome as a rare cause of gastrointestinal bleeding An ulcerated duodenal lipoma in the descending part of the duodenum was found as a rare cause of recurrent gastrointestinal bleeding by routine upper endoscopy. Previous detailed endoscopic and radiological procedures had failed to detect the polyp. Most benign duodenal tumors are asymptomatic. They can, however, in case of an eroded, chronically inflamed mucosa, be the cause of chronic hemorrhage, manifesting as hypochromic, microcytic anemia. In recurrent gastrointestinal bleeding of unknown origin special attention should be paid to the postbulbar duodenum during routine upper endoscopy. Anamnese Die 59-jährige Patientin stellte sich in unserer gastroenterologischen Schwerpunktpraxis mit seit fünf Tagen bestehendem Teerstuhl vor, der zwei Tage vor dem Aufsuchen des Arztes sistierte. Sie klagte zum Zeitpunkt der Vorstellung über epigastrische Schmerzen. Beim Bücken und bei körperlicher Anstrengung seien die Schmerzen im epigastrischen Winkel verstärkt. Die Patientin gab weder Sodbrennen noch Übelkeit oder Erbrechen an. Der Appetit war normal. Seit 5 Tagen war ihr auch eine etwas erhöhte Stuhlfrequenz mit 2 normal geformten Stuhlgängen pro Tag aufgefallen. Seit Januar 1990 seien immer wieder Phasen mit Teerstuhl in Verbindung mit allgemeiner Schwäche und Müdigkeit aufgetreten. Die seit 1990 durchgeführten Voruntersuchungen (15 Gastroskopien, 8 Koloskopien, 3 Magen-Darm-Passagen und 2 Röntgendünndarmdarstellungen nach Sellink) hätten bislang keinen pathologischen Befund ergeben. In der Vorgeschichte der Patientin sind eine Cholezystektomie, eine abdominelle Hysterektomie und Adnexektomie beidseits sowie eine Appendektomie zu erwähnen. Außerdem war bei koronarer Herzerkrankung zweimalig eine PTCA durchgeführt worden. Familienanamnestisch ist zu erwähnen, dass die Mutter der Patientin an einem Magenkarzinom verstorben ist. Klinischer Aufnahmebefund Die Patientin (Größe 166 cm, Gewicht 78 kg) befand sich in einem leicht reduzierten Allgemeinzustand bei adipösem Ernährungszustand. Der Blutdruck war mit 150/90 mmHg leicht erhöht, die Herzfrequenz mit 110 Schlägen/Minute leicht tachykard. Es zeigten sich eine leichte Hautblässe sowie blasse Schleimhäute, außerdem Mundwinkelrhagaden. Das Abdomen war weich, es imponierte ein leichter epigastrischer Druckschmerz, Leber und Milz waren nicht vergrößert palpabel. Die Narben bei Zustand nach Cholezystektomie, abdomineller Totaloperation und Appendektomie waren reizlos. Es waren keine pathologisch vergrößerten Lymphknoten palpabel. In der rektal-digitalen Untersuchung zeigte sich bei der aktuellen Vorstellung kein Teerstuhl. Der weitere körperliche Untersuchungsbefund war unauffällig. Klinisch-chemische Befunde Der Hämoglobinspiegel lag bei 10,4 g/dI, im weiteren Verlauf bei 9,8 g/dI, die Erythrozytenzahl bei 3,65/pl. MCH und MCV lagen im Normbereich. Der MCHC-Wert war mit 31,8 g/1 leicht erniedrigt. Serumeisen und Serumferritin waren erniedrigt (177 µg/1 bzw. 15 ng/ml). Die Retikulozytenzahl lag bei 3,6%o. Die LDH war mit 255 U/l geringgradig

<strong>Duodenales</strong> <strong>Lipom</strong> <strong>als</strong> <strong>seltene</strong><br />

<strong>gastrointestinale</strong> <strong>Blutungsquelle</strong><br />

A. Hornung 1 , A. Lutz-Vorderbrügge 1 ,<br />

B. Küppers 1 , 0. Mickisch 1 und B.C.<br />

Manegold 2<br />

1) Gastroenterologische Schwerpunktpraxis, Mannheim<br />

2) Abteilung für Endoskopie, Fakultät für Klinische Medizin<br />

Mannheim der Universität Heidelberg<br />

Schlüsselwörter<br />

Duodenaltumor - Duodenalpolyp - duodenales <strong>Lipom</strong><br />

- <strong>gastrointestinale</strong> Blutung<br />

<strong>Duodenales</strong> <strong>Lipom</strong> <strong>als</strong> <strong>seltene</strong> <strong>gastrointestinale</strong><br />

<strong>Blutungsquelle</strong><br />

Als <strong>seltene</strong> Ursache einer <strong>gastrointestinale</strong>n Blutung<br />

fand sich im vorliegenden Fall in der Ösophagogastroduodenoskopie<br />

ein ulzeriertes duodenales<br />

<strong>Lipom</strong> in der Pars descendens duodeni. In der<br />

vorausgegangenen ausführlichen endoskopischen<br />

Vordiagnostik und der Magen-Darm-Passage<br />

ohne Hypotonie war der Nachweis des Polypen nicht<br />

gelungen. Die meisten gutartigen Dünndarmgeschwülste<br />

rufen keine Symptome hervor. Sie können<br />

allerdings bei erodierter, chronisch entzündeter<br />

überkleidender Schleimhaut Ursache einer chronischen<br />

Hämorrhagie sein, die sich <strong>als</strong> hypochrome,<br />

mikrozytäre Anämie manifestiert. Bei unklarer<br />

<strong>Blutungsquelle</strong> sollte in der Routine-Osophagogastroduodenoskopie<br />

deshalb auch besonderes Augenmerk<br />

- soweit möglich - auf die tieferen Duodentalabschnitte<br />

gerichtet werden.<br />

Key words<br />

duodenal tumor - duodenal polyp - duodenal lipoma<br />

- gastrointestinal bleeding<br />

Duodenal lipome as a rare cause of<br />

gastrointestinal bleeding<br />

An ulcerated duodenal lipoma in the descending<br />

part of the duodenum was found as a rare cause<br />

of recurrent gastrointestinal bleeding by routine<br />

upper endoscopy. Previous detailed endoscopic and<br />

radiological procedures had failed to detect the polyp.<br />

Most benign duodenal tumors are asymptomatic.<br />

They can, however, in case of an eroded, chronically<br />

inflamed mucosa, be the cause of chronic<br />

hemorrhage, manifesting as hypochromic, microcytic<br />

anemia. In recurrent gastrointestinal bleeding of<br />

unknown origin special attention should be paid to<br />

the postbulbar duodenum during routine upper<br />

endoscopy.<br />

Anamnese<br />

Die 59-jährige Patientin stellte sich in unserer<br />

gastroenterologischen Schwerpunktpraxis mit seit<br />

fünf Tagen bestehendem Teerstuhl vor, der zwei<br />

Tage vor dem Aufsuchen des Arztes sistierte.<br />

Sie klagte zum Zeitpunkt der Vorstellung über<br />

epigastrische Schmerzen. Beim Bücken und bei<br />

körperlicher Anstrengung seien die Schmerzen im<br />

epigastrischen Winkel verstärkt. Die Patientin gab<br />

weder Sodbrennen noch Übelkeit oder Erbrechen<br />

an. Der Appetit war normal. Seit 5 Tagen war ihr<br />

auch eine etwas erhöhte Stuhlfrequenz mit 2 normal<br />

geformten Stuhlgängen pro Tag aufgefallen. Seit<br />

Januar 1990 seien immer wieder Phasen mit<br />

Teerstuhl in Verbindung mit allgemeiner Schwäche<br />

und Müdigkeit aufgetreten. Die seit 1990 durchgeführten<br />

Voruntersuchungen (15 Gastroskopien,<br />

8 Koloskopien, 3 Magen-Darm-Passagen und 2<br />

Röntgendünndarmdarstellungen nach Sellink) hätten<br />

bislang keinen pathologischen Befund ergeben.<br />

In der Vorgeschichte der Patientin sind eine Cholezystektomie,<br />

eine abdominelle Hysterektomie und<br />

Adnexektomie beidseits sowie eine Appendektomie<br />

zu erwähnen. Außerdem war bei koronarer Herzerkrankung<br />

zweimalig eine PTCA durchgeführt worden.<br />

Familienanamnestisch ist zu erwähnen, dass die<br />

Mutter der Patientin an einem Magenkarzinom<br />

verstorben ist.<br />

Klinischer Aufnahmebefund<br />

Die Patientin (Größe 166 cm, Gewicht 78 kg) befand<br />

sich in einem leicht reduzierten Allgemeinzustand<br />

bei adipösem Ernährungszustand.<br />

Der Blutdruck war mit 150/90 mmHg leicht erhöht,<br />

die Herzfrequenz mit 110 Schlägen/Minute leicht<br />

tachykard. Es zeigten sich eine leichte Hautblässe<br />

sowie blasse Schleimhäute, außerdem Mundwinkelrhagaden.<br />

Das Abdomen war weich, es imponierte ein leichter<br />

epigastrischer Druckschmerz, Leber und Milz waren<br />

nicht vergrößert palpabel. Die Narben bei Zustand<br />

nach Cholezystektomie, abdomineller Totaloperation<br />

und Appendektomie waren reizlos. Es waren keine<br />

pathologisch vergrößerten Lymphknoten palpabel.<br />

In der rektal-digitalen Untersuchung zeigte sich bei<br />

der aktuellen Vorstellung kein Teerstuhl. Der weitere<br />

körperliche Untersuchungsbefund war unauffällig.<br />

Klinisch-chemische Befunde<br />

Der Hämoglobinspiegel lag bei 10,4 g/dI, im<br />

weiteren Verlauf bei 9,8 g/dI, die Erythrozytenzahl<br />

bei 3,65/pl. MCH und MCV lagen im Normbereich.<br />

Der MCHC-Wert war mit 31,8 g/1 leicht erniedrigt.<br />

Serumeisen und Serumferritin waren erniedrigt<br />

(177 µg/1 bzw. 15 ng/ml). Die Retikulozytenzahl lag<br />

bei 3,6%o. Die LDH war mit 255 U/l geringgradig


erhöht. Die Blutungszeit lag bei 1,40 Minuten. Die<br />

Tumormarker CEA, CA 72-4 sowie CA 19-9 lagen<br />

im Normbereich.<br />

Restliches Differentialblutbild, Gesamtund direktes<br />

Bilirubin sowie Gesamteiweiß und Serumeiweißelektrophorese<br />

ebenfalls im Normbereich.<br />

Ergänzende (apparative) Untersuchungen<br />

Abb. 1: Duodenalpolyp mit breitem voluminösem Stiel;<br />

Die technischen Voraussetzungen wurden<br />

freundlicherweise von der Fa. Pentax bereitgestellt.<br />

In der Ösophagogastroduodenoskopie zeigte sich<br />

im postbulbären Duodenum ein gestielter Polyp mit<br />

ulzeröser Läsion am Polypenkopf (Abb. 1), der <strong>als</strong><br />

<strong>Blutungsquelle</strong> in Betracht kam und der biopsiert<br />

wurde. Nebenbefundlich zeigten sich ein Erythem<br />

im präpylorischen Antrum und ein ösophagogastraler<br />

Schleimhautprolaps bei Hiatusgleithernie ohne<br />

peptisch-erosive Refluxösophagitis.<br />

In der Seitblickduodenoskopie stellte sich in der Pars<br />

descendens duodeni der ca. 4x3x1,5 cm große Polyp<br />

mit vorwiegend glatt begrenzter Oberfläche, am<br />

Polypenkopf jedoch ulzerierter Läsion (Abb. 1) dar.<br />

Auch hier wurden Biopsien unter besonderer Berücksichtigung<br />

des ulzerierten Are<strong>als</strong> entnommen.<br />

Die Papilla Vateri lag deutlich proximal vom Polypenstiel.<br />

In der Magen-Darm-Passage ohne Hypotonie konnte<br />

der Nachweis eines Polypen im Bereich des duodenalen<br />

C nicht geführt werden. Der Bulbus entfaltete<br />

sich frei, die C-Schlinge imponierte unauffällig, es<br />

zeigten sich keine Deformierungen, kein Kontrastmitteldepot,<br />

keine Kontrastmittelaussparungen.<br />

Histologie<br />

Das Biopsat im Rahmen der zunächst durchgeführten<br />

Gastroskopie zeigte normale Duoden<strong>als</strong>chleimhaut<br />

ohne Hinweis auf Malignität. Das Biopsat im Rahmen<br />

der Seitblickduodenoskopie erbrachte den Befund<br />

erosiver Epitheldefekte im Bereich einzelner Schleimhautzotten,<br />

die z.T. blutig imbibiert sind, außerdem<br />

im Zottenstroma ein unterschiedlich dicht liegendes,<br />

mononukleäres Entzündungsinfiltrat, <strong>als</strong>o das Bild<br />

einer erosiven Duodenitis (Pathologisches Institut<br />

der Universität Heidelberg, Prof. Dr. med. Dr. h.c.<br />

Herwart F. Otto).<br />

Therapie und Verlauf<br />

Wenige Tage nach der Erstvorstellung in unserer<br />

Praxis zeigte die Patientin erneut eine Episode mit<br />

zweimaligem Teerstuhl und fühlte sich allgemein<br />

schwach und müde.<br />

Bei einem Hämoglobinwert von 9,8 g/dl war unter<br />

stationären Bedingungen die Polypektomie des apikal<br />

ulzerierten, in der Pars 11 duodeni gelegenen<br />

Polypen nach vorheriger Ligatur des Polypenstiels<br />

mittels Endo-Loop vollständig möglich (Abb. 2)<br />

(Klinikum Mannheim, Prof. Dr. med. B.C. Manegold).<br />

Die histologische Aufarbeitung des 3,5 x 3 x 2,8 cm<br />

großen von polypös aufgeworfener Schleimhaut<br />

überkleideten Exzisats ergab im unterlagernden<br />

Gewebe eine gelbe knotige Fettgewebsfonnation<br />

mit feiner Lobulierung. Es handelte sich um ein<br />

<strong>Lipom</strong> aus univakuolärem Fettgewebe, das von<br />

zum Teil erodierter, chronisch entzündlich alterierter<br />

Dünndarmschleimhaut überkleidet war (Pathologisches<br />

Institut, Klinikum der Stadt Mannheim, Prof.<br />

Dr. U. Bleyl).<br />

Die einen Tag nach der Abtragung durchgeführte<br />

Kontrollgastroskopie zeigte bluttrockene Verhältnisse.<br />

Die Patientin ist bislang nach 16monatiger Nachbeobachtungszeit<br />

beschwerdefrei, es ist kein<br />

Teerstuhl mehr aufgetreten. Der Hämoglobinwert<br />

stabilisierte sich in der Folgezeit und liegt jetzt wieder<br />

im Normbereich.<br />

Abb. 2: Setzen der Polypektomieschlinge kurz distal<br />

vom Endo-Loop


Diskussion<br />

Primäre Duodenaltumoren sind selten [13]. Weniger<br />

<strong>als</strong> 25 % aller <strong>gastrointestinale</strong>n Neubildungen und<br />

weniger <strong>als</strong> 2 % aller malignen Neoplasien sind im<br />

Dünndarm lokalisiert. Die Häufigkeit nimmt vom<br />

Duodenum zum Ileum zu. 20 % sind im Duodenum<br />

gelegen [12]. 1,4 % der <strong>gastrointestinale</strong>n Krebserkrankungen<br />

sind Dünndarmmalignome, das<br />

Kolonkarzinom ist 50- bis 60-mal häufiger. Bei<br />

den malignen Tumoren des Dünndarms steht das<br />

Adenokarzinom an erster Stelle [15]. Unter den<br />

benignen Tumoren überwiegen Leiomyome vor<br />

Adenomen und <strong>Lipom</strong>en [10].<br />

Die Ätiologie der mesenchymalen Tumoren ist unbekannt.<br />

Die Inzidenz benigner Dünndarmtumoren<br />

ist - Post-mortem-Untersuchungen zufolge - nahezu<br />

bei Männern und Frauen identisch. Benigne Tumoren<br />

werden am häufigsten im Alter zwischen 50 und<br />

80 Jahren entdeckt.<br />

Mesenchymale Tumoren des Dünndarms können<br />

zu oberflächlich glatten, "polypösen" Schleimhautvorwölbungen<br />

führen. Im vorliegenden Fall fand sich<br />

histologisch ein <strong>Lipom</strong>, das durch eine oberflächliche<br />

Ulzeration zu Blutungen in das Lumen geführt hatte.<br />

<strong>Lipom</strong>e machen 8 - 20 % der gutartigen Dünndarmtumoren<br />

aus. Sie zeigen einen Altersgipfel in der<br />

sechsten und siebten Lebensdekade und treten bei<br />

Männern gehäuft auf 65 - 75 % der <strong>Lipom</strong>e sind<br />

im Dickdarm lokalisiert. Dünndarmlipome sind am<br />

häufigsten singuläre Läsionen, die im distalen Ileum<br />

oder im Bereich der Ileozökalklappe lokalisiert sind.<br />

In 10 - 15 % der Fälle finden sich multiple <strong>Lipom</strong>e.<br />

Im Durchschnitt haben <strong>Lipom</strong>e einen Durchmesser<br />

von 4 cm und entwickeln sich submukosal und damit<br />

intraluminal.<br />

Die meisten gutartigen Dünndarmgeschwülste rufen<br />

keine Symptome hervor. Dies kann darauf zurückgeführt<br />

werden, dass der Darminhalt in diesem Abschnitt<br />

flüssig ist und dass zum anderen der Dünndarm<br />

eine außerordentliche Dehnbarkeit besitzt<br />

[7, 16].<br />

Weniger <strong>als</strong> ein Drittel der <strong>Lipom</strong>e sind Ursache<br />

klinischer Symptome wie unklarer abdomineller<br />

Krämpfe, Subileuszustände, Intussuszeption,<br />

Obstruktion und Blutungen aus oberflächlichen<br />

Ulzerationen der überdeckenden Mukosa [3]. Zwei<br />

Symptome sind dabei führend: erstens der Schmerz,<br />

der meist auf eine Obstruktion des Darmlumens<br />

zurückgeht und zweitens die chronische Hämorrhagie,<br />

die sich <strong>als</strong> hypochrome, mikrozytäre Anämie<br />

manifestiert [1]. Im vorliegenden Fall zeigte die<br />

Patientin seit nunmehr 8 Jahren rezidivierende<br />

Teerstuhlepisoden. Die seitdem erfolgte endoskopische<br />

und röntgenologische Diagnostik hatte<br />

bislang keinen pathologischen Befund erbracht. Die<br />

Diagnostik von Dünndarmtumoren gestaltet sich<br />

schwierig. Goldstandard in der Diagnostik waren<br />

bisher die Bariumuntersuchungen, vor allem in<br />

Doppelkontrasttechnik. Obwohl laut retrospektiven<br />

Untersuchungen die Detektion über den Röntgenkontrast<br />

in 60 - 90 % der Fälle gelingt [4], ist eine<br />

korrekte präoperative Diagnostik nur in 20 - 50 %<br />

aller symptomatischen Patienten möglich [11, 14].<br />

Bei der hier vorgestellten Patientin konnte in der<br />

Magen-Darm-Passage der endoskopisch gesichtete<br />

Polyp nicht nachgewiesen werden. Jüngsten Studien<br />

zufolge scheint die moderne Schnittbilddiagnostik,<br />

besondere Erfahrung des Untersuchers vorausgesetzt,<br />

einen entscheidenden Beitrag zur Verbesserung<br />

der präoperativen Dünndarmdiagnostik<br />

zu leisten. Das radiologische Erscheinungsbild<br />

der Tumoren soll den makroskopischen Tumorpräparaten<br />

so stark ähneln, dass häufig eine<br />

Tumorcharakterisierung gelingen kann [5, 9].<br />

Die bildgebende Diagnostik gewinnt an Bedeutung<br />

vor dem Hintergrund der Tatsache, dass eine<br />

präoperative endoskopische Diagnosesicherung<br />

wegen der intakten Mukosa bei mesenchymalen<br />

Tumoren meist nicht möglich ist. Auch bei der hier<br />

vorgestellten Patientin konnte das <strong>Lipom</strong> erst im<br />

Präparat nach Polypektomie histologisch identifiziert<br />

werden. Die Biopsie unter Bedingungen der Seitblickduodenoskopie<br />

hatte lediglich das Bild einer<br />

erosiven Duodenitis ergeben. Die Enteroskopie ist<br />

bei der Indikationsstellung "<strong>Blutungsquelle</strong>nsuche"<br />

distal des Treitzschen Bandes großzügig einzusetzen.<br />

Bei unklarer <strong>gastrointestinale</strong>r <strong>Blutungsquelle</strong> sollte<br />

sie vor einer anstehenden Operation vorgeschaltet<br />

werden, da dadurch im Einzelfall ein operatives<br />

Vorgehen vermieden werden kann [2]. Lewis und<br />

Mitarbeiter [6] empfehlen bei unklarer <strong>gastrointestinale</strong>r<br />

<strong>Blutungsquelle</strong> bei negativem Enteroklysma<br />

und negativer Angiographie die Enteroskopie. Sie<br />

weisen darauf hin, dass bei Patienten, die jünger<br />

<strong>als</strong> 50 Jahre sind, Dünndarmtumoren die häufigste<br />

Ursache bei unklarer <strong>gastrointestinale</strong>r <strong>Blutungsquelle</strong><br />

darstellen. Die diagnostische Lücke um die Flexura<br />

duodenojejunalis (die sich daraus ergibt, dass die<br />

Sonde für die Dünndarmuntersuchung nach Sellink<br />

distal des Treitzschen Bandes in die erste Jejun<strong>als</strong>chlinge<br />

plaziert wird und das Standardendoskop<br />

gewöhnlich nicht bis an das Treitzsche Band geführt<br />

wird) kann falls kein Enteroskop verfügbar ist -<br />

mit der hypotonen Duodenographie geschlossen<br />

werden [8].


Bei der Lokalisation des Polypen in der Pars descendens<br />

duodeni im hier gezeigten Fall konnte über<br />

die herkömmliche obere Endoskopie die <strong>Blutungsquelle</strong><br />

eruiert werden. Im Gegensatz zu asymptomatischen,<br />

zufällig entdeckten <strong>Lipom</strong>en, die keiner<br />

chirurgischen Intervention bedürfen, da sie kein<br />

Potential zur malignen Entartung aufweisen, wurde<br />

bei der vorgestellten symptomatischen Patientin eine<br />

endoskopische Sanierung angestrebt. Es gelang<br />

die komplikationslose endoskopische Polypektomie<br />

mittels Diathermieschlinge. Die Ursache der rezidivierenden<br />

<strong>gastrointestinale</strong>n Blutung mit konsekutivem<br />

Hämoglobinabfall wurde ohne Duodenotomie<br />

beseitigt.<br />

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