3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN5455Während des Schlafs ist selbstverständlich eine vertrautePerson in Hörweite. Mit den älteren <strong>Kinder</strong>n,die nicht mehr schlafen oder früher aufstehen, werdenRegeln besprochen, um die schlafenden <strong>Kinder</strong> nicht zustören.Pflegezeit ist wertvolle ZeitWerden <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> in die <strong>Kinder</strong>gartengruppeaufgenommen, bekommt das Thema „Pflege“eine stärkere Gewichtung, auch wenn es bisher schonab und zu neu aufgenommene <strong>Kinder</strong>gartenkinder gegebenhat, die noch eine Zeit lang eine Windel brauchten.Für die jüngeren <strong>Kinder</strong> muss ein Wickelbereich eingerichtetwerden, der vom Spiel- und Essensbereichabgegrenzt ist. Ein Waschbecken mit Warmwasseranschlusssoll sich in unmittelbarer Nähe befinden. Diepersönlichen Pflegeutensilien wie Windeln oder Wäschezum Wechseln werden für jedes Kind gesondert ingekennzeichneten Fächern aufbewahrt. Am besten istder Wickelplatz über eine kleine Treppe von den etwasgrößeren <strong>Kinder</strong>n selbst zu erreichen. Das ist rückenschonendfür die Erzieherin und <strong>unter</strong>stützt das Selbstständigwerden.Kleinkinder, die bereits auf dem Weg zumehr Selbstständigkeit sind, müssen nicht unbedingt <strong>im</strong>Liegen gewickelt werden. Ganz allmählich übernehmensie Verantwortung für ihre Körperpflege, z. B. durch dasÖffnen ihrer Kleidung, das Schließen der Windel usw.Die Pflegezeit <strong>im</strong> pädagogischen Sinne stellt eine wesentlicheZuwendungszeit dar, welche für den Aufbauund die Vertiefung einer verlässlichen Beziehung zwischenpädagogischer Fachkraft und Kind bedeutsam ist.Schließlich ist es ein deutlicher Vertrauensbeweis desKindes, sich wickeln und berühren zu lassen. Im manchmalsehr lebhaften Treiben der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung istdie Pflegesituation die Zeit, in der junge <strong>Kinder</strong> die ungeteilteAufmerksamkeit ihrer Erzieherin genießen können.In einer angenehmen Atmosphäre berührt sie das Kindsanft und mit Zuneigung. Ihre M<strong>im</strong>ik drückt aus, dassauch sie sich freut, die Zeit für eine kleine Geschichte,einen Vers oder ein Fingerspiel zu haben. So kann dasWickeln ganz nebenbei der Sprachförderung dienen.Das Wickeln und die Pflege sind Teil der Sauberkeitserziehung.Für Eltern ist die Sauberkeitserziehung einThema, dem sie viel Aufmerksamkeit widmen. Der engeAustausch und die Zusammenarbeit mit den Eltern sinddaher unerlässlich. Erzieherinnen müssen die Vorstellungender Eltern kennen und sich mit den Eltern darüberaustauschen, wie in der Familie und in der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungdas Sauberwerden angemessen <strong>unter</strong>stütztwerden kann.Räume müssen Sinnesangebote undBewegungs freiheit bietenJe jünger <strong>Kinder</strong> sind, desto stärker nehmen sie mitallen Sinnen wahr, setzen alle Sinne für ihre Entwicklungein. Sie erkunden mit dem ganzen Körper, begreifen mitden Augen, Händen, dem Mund und häufig auch mit denFüßen, z.T. barfuß. Oben und unten, hinten und vorne,dr<strong>unter</strong> und drüber, all diese Bedeutungen können junge<strong>Kinder</strong> nur begreifen, wenn sie diese durch Bewegungkörperlich erfahren.Junge <strong>Kinder</strong> brauchen Bewegungsfreiheit und dafürihre „Rennstrecken“, wie Erzieherinnen es nennen. Siebrauchen weniger Tische und Stühle, der kostbare Platzsollte für die <strong>Kinder</strong> für Kletter-, Schaukel- und Balanciermöglichkeitenund als Platz für das Spiel am Bodengenutzt werden. Für Kleinstkinder ist es besonders anregend,wenn sie von sicherer Warte aus (z. B. in einemHängekorb) <strong>im</strong> Gruppenraum andere <strong>Kinder</strong> beobachtenund auf diese Weise am Geschehen teilnehmen können.Zum Exper<strong>im</strong>entieren mit Kopf, Fuß und Hand benötigenJungen und Mädchen ansprechende Spielmaterialiensowie großzügige, flexibel gestaltbare Räume bzw.Flächen in der Einrichtung und <strong>im</strong> Außengelände. Beider Bereitstellung von Materialien für das Freispiel solltedarauf geachtet werden, dass die Auswahl überschaubarbleibt, um die Jüngsten durch zu große Vielfalt oderungeeignete Materialien nicht zu überfordern (Kuban etal., 2006):_ Möglichkeiten für Raumerfahrungen (oben, unten,nah, fern, beweglich, etc.) durch verschiedene Ebenen(Stufen, Podeste, Paravents, Spiegel); Sichtfenster,transparente Materialien für spannende Durchblicke,_ für motorische Herausforderungen Sprossenleitern,schräge Ebenen, Einbauten zum Balancieren, Klettern,Hin<strong>unter</strong>springen (Tauwerk, Hängematten oder -sessel,Schaukel, Kriechtunnel etc.),_ Anregung der taktilen Wahrnehmung, <strong>unter</strong> anderem<strong>unter</strong>schiedliche Bodenbeläge und Materialien (Kork,Sisal, Metall, Stein, Kokos, Gummi, Holz, Teppich etc.),_ „Echt-Spielzeug“, Kochtöpfe, Schneebesen, Wäscheklammern,Behältnisse zum Füllen und Schütten,Ein- und Ausräumen, Kartons, Decken, Tücher, Farben,Materialien, Papier, Sand, Exper<strong>im</strong>entiersachen, Kieselsteine,Korken, Muscheln etc.,_ weiche Farben und Lichtquellen mit Blickfängen zumFreuen und Staunen für eine optisch gute Atmosphäre,_ Raumakustik wirkt sich nachhaltig auf die Sprachentwicklungaus, auf das Fehlen oder Vorhandensein vonStress und auf das Erleben von Klängen und Musik,_ angenehmer Geruch ist wichtig für olfaktorische Wahrnehmungenund für das Wohlbefinden.Der Raum und seine Gestaltung sind wichtige Mittel,um pädagogische Prozesse zu <strong>unter</strong>stützen. Im schlechtenFall behindert die Raumgestaltung individuelleEntwicklung und soziale Prozesse, provoziert Konflikteund lässt den Lärmpegel für <strong>Kinder</strong> und Erwachsene zurBelastung werden.Die grundlegenden Sicherheitsregeln sind für alleAltersgruppen gleichDie Verantwortung für die Sicherheit in der Einrichtungwird neu überdacht, wenn <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>aufgenommen werden. Offensichtliche Gefahrenquellenwerden beseitigt, Materialien, die die Kleinen verschluckenkönnten, werden so aufbewahrt, dass sie nur fürdie Älteren erreichbar sind, während das Material für dieJüngeren in deren Augenhöhe und Greifnähe ist.Sind die jungen <strong>Kinder</strong> für das pädagogische Personalnoch „unbekannte Wesen“, wird ihre Gefährdunghäufig überschätzt. Überlegungen zur größtmöglichenSicherheit müssen <strong>im</strong>mer gegen die damit verbundenenEinschränkungen der Freiräume und Autonomie von<strong>Kinder</strong>n abgewogen werden. Das Gespür der Fachkräftefür das, was junge <strong>Kinder</strong> gefährden könnte, wird mit zunehmenderErfahrung sicherer. Erzieherinnen, die schonErfahrung mit dieser Altersgruppe haben, berichten,dass sie erstaunt waren, wie schnell auch ZweijährigeRegeln beachten (auch wenn sie öfter daran erinnertwerden müssen) und akzeptieren, dass best<strong>im</strong>mteBereiche für sie tabu sind, sehr schnell durch Übunglernen, Treppen sicher hinauf- und hin<strong>unter</strong>zugehen.Die Erzieherinnen erkennen an, dass die älteren <strong>Kinder</strong>ganz selbstverständlich Mitverantwortung übernehmenund darauf achten, dass die Kleinen nichts tun, was siegefährden könnte. Für das Außengelände gelten diesicherheitstechnischen Standards. Selbstverständlich istz. B., dass keine giftigen Pflanzen auf dem Gelände sind,eine klare Begrenzung, z. B. Umzäunung, vorhanden istund die „Fallzonen“ elastische Bodenbeläge haben.Das Außengelände bietet für die Jüngeren viel Gelegenheit,ungestört und eigenständig ihrem Entdeckerdrangnachgehen zu können und z. B. die Beschaffenheit vonPflanzen, Steinen, Baumrinden, Schnee oder Wassererfahren zu können (Österreicher & Prokop, 2006).Unterschiedliche Gewichte und Größen, Rauheit oderGlattheit, trockener oder nasser Sand, der Duft vonBlumen und Erde, kühler Wind oder warme Sonnenstrahlenauf der Haut, all diese sinnlichen Erfahrungenverbinden <strong>Kinder</strong> mit den Bewegungen ihres Körpers,wie schieben und ziehen, Bälle rollen, sich selbst rollen,Fahrzeuge benutzen, hinauf- und hin<strong>unter</strong>-, hinein- undhinausklettern, springen, rennen, fallen, aufstehen usw.Sie werden zunehmend geschickter, mutiger und mitdem wachsenden Selbstvertrauen entwickelt sich einpositives Selbstbild.
3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN5657Die Gesamtatmosphäre ist wichtigBeeinträchtigen Lärm und Konflikte die Atmosphäre inder Gruppe für <strong>Kinder</strong> und Erwachsene, müssen dieErwachsenen nicht nur das Verhalten der <strong>Kinder</strong> in denBlick nehmen, sondern beobachten, <strong>unter</strong> welchenUrsachen und Bedingungen Konflikte entstehen. EinigeFragen, denen Erzieherinnen nachgehen können, sind(Niesel, 2008):_ Entspricht die Raumgestaltung (Innenräume undAußenbereich) den Bedürfnissen aller <strong>Kinder</strong>? Gibt esgenügend Platz für Bewegung und ausreichend ruhigeEcken für ungestörtes Spiel?_ Trägt das Materialangebot dazu bei, Konflikte entstehenzu lassen? Ist es altersangemessen, hat esanregenden Charakter, steht es in der richtigen Anzahl/Menge zur Verfügung? Erlaubt die Aufbewahrung undDarbietung den <strong>Kinder</strong>n, selbst auszuwählen?_ Sind Raumgestaltung und Materialangebote klar, übersichtlichund herrscht hinreichende Ordnung?_ Sind <strong>Kinder</strong> über- oder <strong>unter</strong>fordert?_ Hat jedes Mädchen/jeder Junge ausreichend Möglichkeiten,Spielpartnerinnen bzw. -partner ähnlichenAlters und gleichen Geschlechts zu finden?_ St<strong>im</strong>mt die Beziehungsqualität von erwachsener Bezugspersonzu jedem Jungen/jedem Mädchen?_ Bekommt jeder Junge/jedes Mädchen genügend Aufmerksamkeitaußerhalb von konflikthaften, emotionalnegativ getönten Situationen?Die Tagesplanung verändert sich mit den <strong>Kinder</strong>nDie Tagesplanung mit jungen <strong>Kinder</strong>n verändert sich mitdem Aktionsradius und den größer werdenden Freiräumenfür die Jüngsten – der individuelle Rhythmusder <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>unter</strong>scheidet sich vomGruppenrhythmus. Die Planung des Tagesablaufs derJüngsten orientiert sich an den individuellen AktivitätsundRuhezeiten und berücksichtigt auch die Essensgewohnheiten,die die <strong>Kinder</strong> aus ihrer Familie mitbringen.Ihre Spielphasen sind häufig kürzer, weil Konzentrationund Ausdauer sich noch nicht so lange aufrechterhaltenlassen. Aber schon Kleinkinder zeigen Interessen undVorlieben und wählen sich auch bevorzugte Spielpartnerinnenund Spielpartner.Die Erzieherin erkennt und reagiert angemessen aufdie Signale emotionaler Anspannung, Überforderungoder Müdigkeit. Sie bietet Trost und Körperkontakt undsorgt für die Befriedigung der physiologischen Bedürfnissewie Trinken, Essen oder Schlaf. Auch in diesenSituationen ist die sprachliche Begleitung wichtig. Auchsehr junge <strong>Kinder</strong> werden freundlich angesprochenund gefragt, bevor etwas „mit ihnen“ gemacht wird.Diese Regel gilt auch für die älteren <strong>Kinder</strong>, die sichoft gerne und – wenn sie noch keine Erfahrungen mitjüngeren <strong>Kinder</strong>n haben – manchmal fürsorglicher alses den Empfängern lieb ist, um die Kleinen kümmern.Zunehmend orientieren sich auch die jungen <strong>Kinder</strong> amRhythmus der Gesamtgruppe (z. B. auch be<strong>im</strong> gemeinsamenEssen in angenehmer Atmosphäre, auch wennsie selbst schon vorher gegessen haben). Die Strukturdes Tages sollte <strong>im</strong>mer auch Gelegenheiten bieten, beidenen sich auch die Jüngsten allmählich als Teil derGemeinschaft erleben können. Schon sehr junge<strong>Kinder</strong> werden die älteren <strong>Kinder</strong> nachahmen, eigeneIdeen entwickeln und bald beginnen, Spiele mit anderenzu initiieren.Die Kleinen von heute sind die Großen von morgen<strong>Kinder</strong>, die vor ihrem dritten Geburtstag eine Tageseinrichtungmit erweiterter Altersmischung besuchen,erleben eine hohe Kontinuität in ihren sozialen Beziehungen,ihre Spielpartnerinnen und Spielpartner, ihreFreunde und Freundinnen bleiben ihnen länger erhaltenals <strong>Kinder</strong>n, die zunächst eine Krippe und dann einen<strong>Kinder</strong>garten besuchen, und sie haben die Chance aufstabile Beziehungen zu den pädagogischen Fachkräften.Ähnliches gilt für die Eltern, die in den Erzieherinnennicht nur verlässliche Ansprechpartnerinnen erleben,sondern auch ihre Verbundenheit durch ihr Engagementfür die Einrichtung zum Ausdruck bringen. Auchinnerhalb der Elternschaft können sich <strong>unter</strong> der Perspektiveder längeren gemeinsamen Kita-Jahre leichterFreundschaften und Vernetzungen zum Wohle der<strong>Kinder</strong> entwickeln.Die <strong>Kinder</strong>, die vom frühesten Alter an in ihrer Kita mit<strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong>schiedlichsten Alters aufwachsen, werden,wenn sie selbst die „Großen“ sind, mit großer Selbstverständlichkeitund hoher sozialer Kompetenz die neuen„Kleinen“ in ihrer Einrichtung willkommen heißen,ihnen Hilfe und Unterstützung gewähren und sich anihnen freuen, wenn sie auch ausreichend Zeit und Möglichkeitenfür Aktivitäten mit ihren Gleichaltrigen haben.