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Kinder unter drei Jahren im Kindergarten (1'520 kb) - Bayern

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Bayerisches Staatsministerium fürArbeit und Sozialordnung, Familie und FrauenFamilie und JugendKINDER UNTER DREI JAHRENIM KINDERGARTENDIE ERWEITERTE ALTERSMISCHUNG ALSQUALITÄTSGEWINN FÜR ALLEStaatsinstitut für FrühpädagogikRenate Niesel & Monika Wertfein


3KINDER UNTER DREI JAHRENIM KINDERGARTENDie erweiterte Altersmischung als Qualitätsgewinn für alleStaatsinstitut für FrühpädagogikRenate Niesel & Monika Wertfein


GRUSSWORTVORWORT45Mit großen Schritten werden in ganz <strong>Bayern</strong> die Plätze für die Betreuung von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>ausgebaut.Zum 1. Januar 2008 wurde mit 44.415 Plätzen gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 11.628 Plätzenund eine Steigerung der Besuchsquote um 3,6 Prozentpunkte erreicht. Die Zahl der Plätze hat damitinnerhalb eines Jahres um rund 35 Prozent zugenommen.Die Dynamik be<strong>im</strong> Ausbau an Betreuungsplätzen setzt sich weiter ungebremst fort. Bis 2013 sollen60.000 neue Betreuungsplätze für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> entstehen. Nach unseren Schätzungen liegtdie Besuchsquote bei den <strong>unter</strong> Dreijährigen heute bereits bei über 14 Prozent. Die Besuchsquotebezeichnet hier das Verhältnis der Zahl der betreuten <strong>Kinder</strong> zur Gesamtzahl der <strong>Kinder</strong> in der Altersgruppe bis zu <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>.Mit dem Bayerischen <strong>Kinder</strong>bildungs- und -betreuungsgesetz wurde die Basis für einen weiteren dynamischen, effizienten und bedarfsgerechtenAusbau der <strong>Kinder</strong>betreuung gelegt. Der Ausbau seit Inkrafttreten des Bayerischen <strong>Kinder</strong>bildungs- und -betreuungsgesetzes <strong>im</strong> Jahr2005 wird nicht mehr über staatliche Förderkonzepte gesteuert. Maßgeblich ist vielmehr die Bedarfsplanung der Kommunen ohne Beschränkungauf ein jährliches Kontingent. Jede Einrichtung, für die die Kommunen Bedarf festgestellt haben, wird, wenn die weiteren Betriebsvoraussetzungenvorliegen, vom Freistaat gefördert. Dadurch wird ein hohes Ausbautempo erreicht.Dreh- und Angelpunkt für den Ausbau von Betreuungsplätzen ist der Bedarf der Eltern. Unterschiedliche Besuchsquoten liegen auf der Hand –gerade <strong>im</strong> ländlich geprägten <strong>Bayern</strong>. In allen Regierungsbezirken <strong>Bayern</strong>s haben die Betreuungsplätze für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> um etwa <strong>drei</strong>bis fünf Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr zugenommen.Die Zukunft gehört den Häusern für <strong>Kinder</strong>, also den Einrichtungen, deren Angebot sich an <strong>Kinder</strong> verschiedener Altersgruppen richtet.Hier stellen wir einen Zuwachs der Plätze um 163 Prozent innerhalb nur eines Jahres fest. Diese Entwicklung ist erst durch das Bayerische<strong>Kinder</strong>bildungs- und -betreuungsgesetz ermöglicht worden.Die kindbezogene Förderung aller Betreuungsformen bietet den Einrichtungen sehr viel mehr Flexibilität, die Plätze vorzuhalten, die tatsächlichgebraucht werden. Gibt es heute in <strong>Bayern</strong> 240 Häuser für <strong>Kinder</strong> mit 19.524 Plätzen, waren dies 2007 erst 83 Einrichtungen mit knapp7.400 Plätzen. Häuser für <strong>Kinder</strong> bieten die Chance, die Entwicklung von <strong>Kinder</strong>n über einen längeren Lebensabschnitt in einer Einrichtung zufördern. Eltern haben den Vorteil, dass sie nur eine Anlaufstelle für ihre <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong>schiedlichen Alters haben.Doch der Ausbau von <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen für <strong>Kinder</strong> in den ersten Lebensjahren, welche nicht nur die Betreuung, sondern vor allemdie frühkindliche Bildung und Erziehung <strong>im</strong> Blick haben, erfordert angemessene Qualität sowie Rahmenbedingungen, welche den besonde renBedürfnissen und pädagogischen Anforderungen dieser Altersgruppe gerecht werden. Erforderlich sind bedürfnisgerechte pädagogischeKonzeptionen für das gesamte Altersspektrum, strukturelle Anpassungen hinsichtlich der personellen, zeitlichen und räumlichen Ressourcenund Maßnahmen zur Teamentwicklung.Welche Bildung brauchen <strong>Kinder</strong> in den ersten <strong>drei</strong> Lebensjahren und wie kannfrühkindliche Bildung gelingen? Frühkindliche Bildung gelingt dann, wenn <strong>Kinder</strong> vonAnfang an als aktive Lerner betrachtet werden, die pädagogische Fachkraft auf die individuelleEntwicklung des einzelnen Kindes eingeht, Spielen als wertvolle Aktivität desKindes verstanden wird und Lerngelegenheiten sinnvoll in den Alltag der <strong>Kinder</strong> und inihre Initiativen eingebunden werden.Am Anfang eines jeden Bildungsprozesses steht die emotionale Geborgenheit inder sicheren Bezugs person-Kind-Beziehung. Die Untersuchungsergebnisse aus derlängsschnittlichen Bindungsforschung und der Neurobiologie zeigen, wie wichtig es ist, von Geburt an dieGrundbedürfnisse nach Bindung, Kompetenzerleben und Autonomie adäquat zu befriedigen. Dies setztjedoch bei den Bezugs- und Erziehungspersonen das Wissen um die Bindungsentwicklung und die grundlegendenEntwicklungsprozesse sowie die Fähigkeit zum feinfühligen Umgang mit jedem Kind voraus.Pädagogische Fachkräfte müssen nicht nur den Bindungs- und Explorationsbedürfnissen der <strong>Kinder</strong>gerecht werden, sondern diese gleichzeitig in das Gruppengeschehen integrieren. In Einrichtungen mit erweiterterAltersmischung brauchen pädagogische Fachkräfte neben einem erweiterten Kompetenzspektrumauch die Bereitschaft und Fähigkeit, eine größere Heterogenität zu akzeptieren und die pädagogischeArbeit an sehr <strong>unter</strong>schiedlichen kindlichen Bedürfnissen auszurichten. Zu der in <strong>Kinder</strong>gärten üblichenHeterogenität, die durch die traditionelle Altersspanne, die Vielfalt der <strong>unter</strong>schiedlichen Kulturen undethnischen Herkünfte der <strong>Kinder</strong>gartenfamilien, durch Geschlecht und soziale Herkunft entsteht, kommtdie erweiterte Altersspanne hinzu. Dies setzt auf Seiten des pädagogischen Fachpersonals eine hervorragendefachliche Ausbildung als auch „Herzensbildung“ voraus sowie Rahmenbedingungen, die eineso komplexe und anspruchsvolle Tätigkeit ermöglichen, wie etwa kleine, stabile Gruppen, Stabilität desPersonals und eine funktionierende Erziehungspartnerschaft zwischen Eltern und Fachkräften.Die vorliegende Han<strong>drei</strong>chung soll Trägern, Einrichtungsleitungen und pädagogischen Fachkräften sowieFachberaterinnen anregende Kriterien und Hinweise geben, welche bei der Neueinrichtung oder Umstrukturierungeiner qualitativ guten und bedarfsgerechten <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung für <strong>Kinder</strong> in den ersten Lebensjahrenbis zum Schuleintritt berücksichtigt werden sollten. Sie soll dazu beitragen, die pädagogischeArbeit und das Leben in der Tageseinrichtung so zu gestalten, dass den Bedürfnissen der <strong>Kinder</strong> allerAltersgruppen Rechnung getragen wird und die Neuorientierung zu einem Qualitätszuwachs der Gesamteinrichtungführt – ein Prozess, dessen Gelingen auch für die Erwachsenen in der Einrichtung die Arbeitvielfältiger und interessanter macht, mit einer Erweiterung der beruflichen und persönlichen Kompetenzenverbunden ist und damit letztendlich zu einer größeren beruflichen Zufriedenheit führt.Die vorliegende Han<strong>drei</strong>chung bietet eine fachliche Basis und praktische Anregungen für die Entwicklung und Förderung von <strong>Kinder</strong>n inaltersgemischten Einrichtungen bis zum Schuleintritt und <strong>unter</strong>stützt die spannende Entwicklung vom <strong>Kinder</strong>garten zum Haus für <strong>Kinder</strong>.PD Dr. Fabienne Becker-StollDirektorin des Staatsinstituts für FrühpädagogikChristine HaderthauerStaatsministerinMarkus SackmannStaatssekretär


INHALT67Einleitung: Die erweiterte Altersmischung – eine pädagogische Herausforderung 8Pädagogische Überzeugungen 8Organisatorische und finanzielle Gründe 8Die neue Altersmischung bringt Veränderungen für alle Beteiligten. 81. Neue persönliche und fachliche Anforderungen 10 – 27Den Veränderungsprozess gemeinsam einleiten 10Reflexion: Betreuung von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> in Tageseinrichtungen 12Grundhaltungen reflektieren 12Nachdenken über das „Bild vom Kind“ 12Was bedeutet Bildung in den ersten <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>? 13Fachwissen, das weiterhilft 14Schadet außerfamiliäre Tagesbetreuung in den ersten <strong>drei</strong><strong>Jahren</strong> der kindlichen Entwicklung? 14Anregungen zur praktischen Umsetzung 15Das sagt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) 16Reflexion: Bildung, Erziehung und Betreuung in Gruppen mit erweiterter Altersmischung 17Erwartungen und Befürchtungen 17Fachwissen, das weiterhilft 18Anregungen zur praktischen Umsetzung 19Das sagt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) 19Reflexion: Eine tragfähige Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit allen Eltern 19Fachwissen, das weiterhilft 21Was brauchen Eltern der <strong>unter</strong> Dreijährigen? 21Was brauchen Eltern der über Dreijährigen? 22Konsequenzen für die Praxis 24Anregungen zur praktischen Umsetzung 26Das sagt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) 262. Die Verantwortung des Trägers 28 – 35Personelle Ausstattung 29Räumlich-materielle Ausstattung 31Das sagt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan 31Hinweise des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung,Familie und Frauen für die Tagesbetreuung von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> 323. Die Konzeption überprüfen und neu ausrichten 36 – 61Sichere Beziehung als Grundbedürfnis 37Fachwissen, das weiterhilft 38Konsequenzen für die Praxis 40Wie kann der Übergang von der Familie in die Kita gelingen? 41Woran erkennt man, dass ein Kind sich in der Einrichtung wohlfühlt? 44Anregungen zur praktischen Umsetzung 44Qualitätsgewinn auch für die älteren <strong>Kinder</strong> 45Das sagt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) 45Beziehungsvolle Pflege und Feinfühligkeit 46Fachwissen, das weiterhilft 46Beziehungsvolle Pflege 46Feinfühliger Umgang mit kindlichen Gefühlen 47Konsequenzen für die Praxis 47Qualitätsgewinn auch für die älteren <strong>Kinder</strong> 47Das sagt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) 48Eine entwicklungsförderliche Umgebung schaffen 48Fachwissen, das weiterhilft 49Spielen und Lernen sind eins 49Klarheit und Flexibilität in der Tagesstruktur 50Rituale <strong>unter</strong>stützen Bildungsprozesse 50Alleine spielen können ist wichtig für das Spielen mit anderen 50Mit Lust und Freude ganz bei der Sache sein 51Selbstwirksamkeit erleben fördert die Lernlust 52Konsequenzen für die Praxis 52Die Raumgestaltung und die Ausstattung mit neuen Augen sehen 52Ruhebereiche sind unerlässlich 53Pflegezeit ist wertvolle Zeit 54Räume müssen Sinnesangebote und Bewegungsfreiheit bieten 54Die grundlegenden Sicherheitsregeln sind für alle Altersgruppen gleich 55Die Gesamtatmosphäre ist wichtig 56Die Tagesplanung verändert sich mit den <strong>Kinder</strong>n 57Die Kleinen von heute sind die Großen von morgen 57Anregungen zur praktischen Umsetzung 58Sich entwickeln und lernen – auch in Alltagssituationen 58Pädagogische Fachkräfte fördern die Engagiertheit von <strong>Kinder</strong>n 58Eine Hilfe zur Überprüfung der Raumgestaltung 58Qualitätsgewinn – auch für die älteren <strong>Kinder</strong> 60Das sagt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) 614. So kann die altersgemischte Einrichtung funktionieren 62 – 70Fachwissen, das weiterhilft 63<strong>Kinder</strong> brauchen Gleichaltrige 63<strong>Kinder</strong> brauchen ältere und jüngere <strong>Kinder</strong> 64Mädchen und Jungen brauchen Mädchen und Jungen 65Konsequenzen für die Praxis 66Die Gruppenzusammensetzung bedenken 66Modelle zur Integration von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> 66Jedes einzelne Kind wahrnehmen und fördern 67Anregungen zur praktischen Umsetzung 67Flexibilität <strong>im</strong> verlässlichen Rahmen 67Das Ziel: Qualitätsgewinn für alle 68Das sagt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplan (BEP) 69Zusammenfassung 70 – 71Literaturverzeichnis 72Fachwissen Praxis Umsetzung BEPHinweis: Aus Gründen der Lesbarkeit wird in der vorliegenden Han<strong>drei</strong>chung grundsätzlich von allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen inder weiblichen Form gesprochen. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass der überwiegende Teil des Personals in <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungenfür <strong>Kinder</strong> weiblich ist. Die Bezeichnung „Erzieherin“ wird für alle pädagogischen Mitarbeiterinnen in <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungenverwendet.


EINLEITUNG89Die erweiterte Altersmischung –eine pädagogische HerausforderungPädagogische ÜberzeugungenDie Idee der erweiterten Altersmischung ist nicht neu.Die Ursprünge liegen u. a. in der Reform-Pädagogi<strong>kb</strong>egründet und ihre Vorzüge wurden vor allem in den1970er- und 1990er-<strong>Jahren</strong> in einigen Modellversuchenund Beobachtungsstudien aufgezeigt (Griebel, Niesel,Reidelhuber & Minsel, 2004). Die positiven Erfahrungenund konsequenten Weiterentwicklungen trugen dazubei, dass sich dieses pädagogische Konzept in einigenRegionen in Deutschland durchsetzen konnte. Konzeptezur erweiterten Altersmischung gibt es für <strong>Kinder</strong> vomSäuglingsalter bis zum Schuleintritt („kleine Altersmischung“)und in Einrichtungen, die die „große Altersmischung“praktizieren, also <strong>Kinder</strong> bis zum 10. oder 12.Lebensjahr gemeinsam bilden, erziehen und betreuen.Die Fachkräfte und Träger, die schon länger von dererweiterten Altersmischung überzeugt sind, gehen vonder Grundannahme aus, dass diese für Mädchen undJungen eine ganz natürliche Situation sei und mehrEntwicklungsmöglichkeiten biete als die Altersmischungvon <strong>drei</strong> bis sechs <strong>Jahren</strong>.Organisatorische und finanzielle GründeViele pädagogische Fachkräfte in <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungenstehen heute allerdings vor der eher organisatorischund finanziell begründeten und oftmals unfreiwilligenEntscheidung, sich auch für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong><strong>Jahren</strong> öffnen zu müssen, da sie nicht alle Plätze mit<strong>Kinder</strong>n über <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> belegen können. In der Folgemüssten Gruppen geschlossen werden, Arbeitsplätzepädagogischer Fachkräfte wären gefährdet. Andererseitsist eine deutliche Steigerung der Betreuungsplätze für<strong>Kinder</strong> in den ersten <strong>drei</strong> Lebensjahren auch ein politischesZiel, um der in den letzten <strong>Jahren</strong> stetig gewachsenenNachfrage junger Familien gerecht werden zukönnen. Es treffen also zwei gesellschaftliche Problemstellungenaufeinander, deren Verknüpfung eine einfacheLösung für beide Entwicklungen zu versprechen scheint,aber eine große Herausforderung darstellt.Die neue Altersmischung bringt Veränderungen füralle BeteiligtenUnabhängig davon, ob die Entscheidung für eine Öffnungdes <strong>Kinder</strong>gartens für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> auspädagogischen oder organisatorischen Gründen erfolgt,gilt eine Erkenntnis, die sich sowohl aus Forschungsergebnissenals auch aus Praxiserfahrungen ableiten lässt:Die erweiterte Altersmischung ist kein Selbstläufer! Siestellt für das gesamte Team und jede einzelne pädagogischeKraft, aber auch für Träger, Eltern und <strong>Kinder</strong> einepädagogische, organisatorische und nicht zuletzt eine persönlicheHerausforderung dar und wirft viele Fragen auf:Was sollte <strong>im</strong> Vorfeld dieser Entscheidung berücksichtigtund bedacht werden? Welche besonderen Bedürfnissebringen <strong>Kinder</strong> in den ersten <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> mit und welcheszusätzliche Fachwissen ist erforderlich? Welche Bedingungenmüssen geschaffen werden, um eine qualitativhochwertige Bildung und Erziehung zu gewährleisten, sodass keine Altersgruppe zu kurz kommt? Wie kann dengrößeren <strong>Kinder</strong>n die neue Situation und der Umgang mitden „Kleinen“ erleichtert werden und wie können sie vonden vielfachen Veränderungen <strong>im</strong> Zuge der erweitertenAltersmischung profitieren? Wie sollte die pädagogischeKonzeption umgestaltet werden? Wie kommen die Elternmit der neuen Konzeption am besten zurecht?In dieser Han<strong>drei</strong>chung wird den zentralen Fragen nachgegangen.Auf der Grundlage von Erkenntnissen ausForschung und Praxis und mit Hinweisen auf Aussagendes Bayerischen Bildungs- und Erziehungsplans (StMAS &IFP, 2007) werden Anregungen für die praktischeUmsetzung gegeben.Wachsen


1. NEUE PERSÖNLICHE UND FACHLICHE ANFORDERUNGEN1011Den Veränderungsprozess gemeinsameinleitenDie Aufnahme <strong>unter</strong> Dreijähriger erfordert Änderungenbzw. Erweiterungen der bisher gültigen pädagogischenKonzeption und macht einige Umorganisationen in derTageseinrichtung und <strong>im</strong> Tagesablauf erforderlich. Zielder Überlegungen und Planungen muss es sein, eineEinrichtung zu schaffen, die allen <strong>Kinder</strong>n entwicklungsförderlicheErfahrungen auf der Grundlage verlässlicherBeziehungen und einer anregungsreich gestaltetenUmgebung gewährleistet. Dringend abzuraten ist vonder Auffassung, dass man die Gruppen mit einigen<strong>Kinder</strong>n, die schon 2 ½ sind, auffüllen könne und diesedann „mitlaufen“, bis sie <strong>drei</strong> Jahre alt sind. Ein solchesVorgehen mutet <strong>Kinder</strong>n, Eltern und nicht zuletzt dempädagogischen Fachpersonal Belastungen zu, die zueiner qualitativen Verschlechterung der pädagogischenArbeit, der Atmosphäre in den Einrichtungen auch fürdie älteren <strong>Kinder</strong> und zu einer steigenden beruflichenUnzufriedenheit mit den bekannten Folgen, wie z. B.steigenden Krankheitstagen führen wird.Es hat sich bewährt, das gesamte Team und Vertreterbzw. Vertreterinnen des Trägers von Beginn an in denEntscheidungs- und Planungsprozess einzubeziehen,klare Absprachen über Zuständigkeiten zu treffen undregelmäßig Sachinformationen und Fachwissen auszutauschen(Vereinigung der Bayerischen Wirtschafte.V. & Bayerisches Staatsministerium für Arbeit undSozialordnung, Familie und Frauen, 2005).Auch die Eltern sollten baldmöglichst eingebundenwerden, denn auch für die Mädchen und Jungen, diebereits in der Einrichtung sind, und für deren Eltern wirdes Veränderungen geben. Befürchtungen der Eltern,wie z. B., dass die angehenden Schulkinder nicht mehrausreichend gefördert werden können, weil sich dieAufmerksamkeit der Erzieherinnen überwiegend aufdie Kleinsten richten wird, kann dann schon <strong>im</strong> Vorfeldfachlich und sachlich begegnet werden.Nicht zuletzt sind es die <strong>Kinder</strong> in der Einrichtung, dieerleben werden, dass sich ihr <strong>Kinder</strong>garten verändert.Sie müssen rechtzeitig informiert werden und ausreichendMöglichkeit bekommen, sich für ihre Interesseneinzusetzen, aber auch ihre Ideen für die jungen Neuankömmlingezu äußern und Mitverantwortungzu übernehmen.Denken


1. NEUE PERSÖNLICHE UND FACHLICHE ANFORDERUNGEN1213Reflexion: Betreuung von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong><strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> in TageseinrichtungenGrundhaltungen reflektierenDie Erweiterung der Altersmischung stellt zum eineneine Teamaufgabe dar, zum anderen betreffen die Veränderungender Einrichtungskonzeption jedes einzelneTeammitglied. Da die Grundhaltungen jedes Teammitgliedsdas pädagogische Handeln entscheidend beeinflussen,sind <strong>im</strong> Rahmen der Teamentwicklung nebender fachlich fundierten Information bzw. Qualifikationdie persönliche Reflexion dieser Einstellungen sowieder Austausch <strong>im</strong> Team erforderlich. Wichtige Aspektehierbei können sein:_ die Grundhaltung und persönliche Vorerfahrungen hinsichtlichaußerfamiliärer Tages betreuung in den ersten<strong>drei</strong> Lebensjahren,_ das persönliche innere Bild vom Kind <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>sowie die damit verbundene Auffassung vom kindlichenBeitrag zu seiner Entwicklung,_ die Klärung der eigenen Berufsidentität <strong>im</strong> Hinblickauf die Vereinbarkeit des bisherigen Bildungs- undErziehungsauftrags mit den neuen Aufgaben (z. B.mehr Pflege und emotionale Zuwendung in denersten Lebensjahren).Es geht dabei nicht um „Richtig“ oder „Falsch“, sonderndarum, herauszufinden, was die Neuorientierung<strong>unter</strong>stützt oder behindert, welche Fragen und fachlichenLücken sichtbar werden, sowie darum, welcheHilfen und welche Unterstützung benötigt werden. Esist nicht in jedem Fall zu erwarten, dass <strong>im</strong> Team vonAnfang an Übereinst<strong>im</strong>mung herrschen wird. Zwischenden älteren und den jüngeren Kolleginnen mag esUnterschiede geben, die durch die verschiedenenpersönlichen und beruflichen Biographien entstehen,sozusagen durch die Altersmischung <strong>im</strong> Team. Erzieherinnen,die eigene <strong>Kinder</strong> haben, empfinden vielleichtanders als die Kolleginnen, die (noch) nicht Mutter sind.Mit wachsendem Fachwissen und neu gewonnenenErfahrungen werden sich Haltungen und Einstellungenverändern, und der regelmäßige Austausch <strong>im</strong> Teamwird diesen Prozess widerspiegeln.Ein Ziel eines offenen Austausches ist auch, die Wünscheund Interessen jeder Kollegin kennen zu lernen, sodass es zu einer kompetenzorientierten Aufgabenteilunginnerhalb des Teams kommen kann und die Entscheidung,<strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> aufzunehmen, vomgesamten Team mitgetragen wird.Nachdenken über das „Bild vom Kind“Relativ neu ist die Sichtweise, bereits die ersten Lebensjahrenicht nur <strong>unter</strong> Betreuungsaspekten, sondernauch <strong>unter</strong> Bildungsaspekten zu sehen. Vertieftwird diese Auffassung <strong>im</strong> „Bayerischen Bildungs- undErziehungsplan für <strong>Kinder</strong> in Tageseinrichtungen bis zurEinschulung“ (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit,Sozialordnung, Familie und Frauen & Staatsinstitut fürFrühpädagogik, 2007; kurz: „BayBEP“). Hierbei ist zubeachten, dass <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> meistens (auchin dieser Han<strong>drei</strong>chung) pauschal als eine Altersgruppebehandelt werden, obwohl die Entwicklungs<strong>unter</strong>schiedezwischen einem Säugling und einem Kind kurzvor seinem dritten Geburtstag groß sind. Das Gleichegilt für <strong>Kinder</strong>, die gerade ihren dritten Geburtstag gefeierthaben, und <strong>Kinder</strong>, die kurz vor dem Eintritt in dieSchule stehen.Die Säuglings- und Kleinkindforschung der letztenJahrzehnte hat deutlich gemacht, dass jedes Kind vonGeburt an mit Forschergeist, Wissensdurst und Kompetenzenausgestattet ist, die es ihm erlauben – in Interaktionmit erwachsenen Bezugspersonen – eigenaktivsich selbst und die Welt und die Menschen um sichherum zu erforschen und sich dabei Wissen anzueignen,das sein Weltbild tagtäglich komplexer werden lässt.Von Geburt an sind <strong>Kinder</strong> aktive Lerner in sozialenZusammenhängen. Somit ist die Tageseinrichtung vonheute ein wichtiger Bildungsort und das Gegenteil der„Bewahranstalt“, die lange das Bild der <strong>Kinder</strong>krippe <strong>im</strong>vorigen Jahrhundert geprägt hat.Was bedeutet Bildung in den ersten <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>?<strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> sind motivierte, anspruchs volleLerner. Sie sind wissbegierige Forscher, die ihre Welt mitallen Sinnen entdecken und sich – mit dem Rückhalt derBezugsperson – Schritt für Schritt ausprobieren möchten.Sie lernen unermüdlich durch Zuhören, Beobachtungund Imitation, sie lernen mit allen Sinnen und brauchenzwischendurch Ruhepausen, um die vielen Eindrückezu verarbeiten. <strong>Kinder</strong> in den ersten <strong>drei</strong> Lebensjahrenleben in einer intensiven Gefühlswelt, reagieren <strong>im</strong>pulsivund unmittelbar und brauchen verlässliche Partner,die sie bei der Bewältigung ihrer Gefühle angemessen<strong>unter</strong>stützen (Gopnik, Meltzoff & Kuhl, 2003).<strong>Kinder</strong> sind von Geburt an aktive Mitgestalter ihrer Bildungund Entwicklung und erarbeiten sich durch Eigenaktivitätein Bild von der Welt, sich selbst und anderen(BayBEP, 2007). Pädagogische Fachkräfte können (früh)kindliche Bildungsprozesse dadurch fördern, indem sie


1. NEUE PERSÖNLICHE UND FACHLICHE ANFORDERUNGEN1415_ eine zuverlässige Bezugsperson sind (Ahnert, 2005),_ eine entwicklungsförderliche Lernumwelt gestalten(d. h. den räumlichen Kontext, Materialien sowie densozialen Rahmen),_ die kindliche Entwicklung begleiten und anregen– hierzu gehört die Kenntnis des individuellen Entwicklungsstandssowie die systematische Beobachtungkindlicher Entwicklungsfortschritte,_ ko-konstruktive Bildungsprozesse angemessenfördern (z. B. durch gezielte Angebote auch in altersgemischtenGruppen),_ <strong>Kinder</strong>n Hilfestellung be<strong>im</strong> Lösen von Problemen undKonflikten geben,_ individuelle Lernerfolge wahrnehmen und positiv verstärken(Textor, 2007).Bildung stellt sich bereits in der frühen Kindheit alsinteraktives Geschehen dar – zwischen der Aktivität desKindes (Aneignung der Welt) und der Aktivität des Erwachsenen(Anregung aller Kräfte) (Laewen, 2002). Hierbeisind die Beziehung und der wechselseitige Dialogzwischen Erzieherin und Kind, aber auch die Interaktionzwischen den <strong>Kinder</strong>n von entscheidender Bedeutung.Fachwissen, das weiterhilftSchadet außerfamiliäre Tagesbetreuungin den ersten <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> der kindlichenEntwicklung?Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass Mütter, diebei der Betreuung privat (z. B. durch Großeltern) oderdurch öffentliche Angebote (Tagespflege, Kita) <strong>unter</strong>stütztwerden, feinfühliger mit ihren <strong>Kinder</strong>n umgehenals Mütter, die keine derartige Entlastung erfahren(Ahnert, 2005). Dies spricht dafür, dass tagesbetreute<strong>Kinder</strong> – <strong>im</strong> Vergleich zu <strong>Kinder</strong>n, die ausschließlich zuHause betreut werden – außerhalb der Familie nichtnur zusätzliche Erfahrungen machen, sondern dass sichauch innerhalb der Familie die Interaktionen zwischenEltern und <strong>Kinder</strong>n positiv verändern können.Als besonders förderlich erweisen sich frühkindlicheBildungsangebote in <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen für <strong>Kinder</strong>aus Familien in sozialen Problemlagen; hier zeigensich vor allem für die kognitive Entwicklung positiveAuswirkungen, jedoch nur dann, wenn es sich umqualitativ hochwertige <strong>Kinder</strong>tagesbetreuung handelt(Ahnert, 2005). Eine Längsschnittstudie <strong>im</strong> Auftrag derBertelsmann-Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dasssich die Bildungschancen, d. h. die Wahrscheinlichkeit,ein Gymnasium zu besuchen, durch den Besuch einer<strong>Kinder</strong>krippe für sozial benachteiligte <strong>Kinder</strong> erhöhen(Fritschi & Oesch, 2008).Für die Qualität der außerfamiliären Betreuung hat sichneben strukturellen Aspekten, wie Gruppengröße,Erwachsenen-Kind-Schlüssel, Betreuungsstabilität undräumliche Ausstattung, vor allem die Qualifikation despädagogischen Personals als bedeutsam erwiesen(Roßbach, 2005).Anregungen zur praktischenUmsetzungProfitieren Sie von den Erfahrungen IhrerKolleginnen, die schon seit längerer Zeit mit dererweiterten Altersmischung arbeiten. Durch Hospitationenlassen sich viele Fragen anschaulich vor Ort klären.Machen Sie sich mit der Altersgruppe der <strong>unter</strong> Dreijährigenvertraut. Das Medienpaket „Wach, neugierig, klug– <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> 3” (Bertelsmann Stiftung & Staatsinstitutfür Frühpädagogik, 2006) bietet Filmszenen auf DVD,schriftliche Informationen und einen Fundus an Fachliteraturauf einer CD-ROM.Nutzen Sie das größer werdende Angebot an Fort -bildungen und Fachliteratur zur Erweiterung IhresFachwissens.Internationalen Längsschnittstudien zufolge entwickelnsich <strong>Kinder</strong> in Tagesbetreuung <strong>im</strong> Allgemeinen nichtanders als <strong>Kinder</strong>, die bis zum dritten Lebensjahr ausschließlichzu Hause betreut werden (Ahnert, Roßbachet al., 2005). Entscheidend für den tatsächlichen Einflussder Tagesbetreuung ist das Zusammenwirken der Dauer(Stunden pro Tag) und der Qualität der außerfamiliärenBetreuung sowie der Entwicklungs- und Lernbedingungeninnerhalb der Familie, etwa sozioökonomischeAspekte sowie die Qualität der Eltern-Kind-Beziehung.Vergleicht man die kindliche Entwicklung mit und ohneaußerfamiliäre Betreuungserfahrungen, zeigt sich, dassdie Familie auch dann eine zentrale Rolle spielt, wenn<strong>Kinder</strong> für mehrere Stunden des Tages eine <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungbesuchen (Ahnert, 2007a).


1. NEUE PERSÖNLICHE UND FACHLICHE ANFORDERUNGEN1617Das sagt der Bayerische Bildungs- undErziehungsplan 1→ Bild vom Kind (S. 23)→ Verständnis von Bildung (S. 24)→ Bildung als lebenslanger Prozess – Stellenwert derfrühen Bildung (S. 26)→ Berücksichtigung von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> (S. 52)„Bereits sehr kleine <strong>Kinder</strong> sind eher aktive Mitgestalterihres Verstehens als passive Teilhaber an Umweltereignissenund können ihre Bedürfnisse äußern. Sie wollenvon sich aus lernen, ihre Neugierde und ihr ErkundungsundForscherdrang sind der Beweis. Sie lernen mitBegeisterung und mit bemerkenswerter Leichtigkeitund Geschwindigkeit. Ihr Lerneifer, ihr Wissensdurst undihre Lernfähigkeit sind groß. Sie haben viele intelligenteFragen und sind reich an Ideen und Einfällen. (…) Siewollen <strong>im</strong> Dialog mit anderen an allen Weltvorgängenteilnehmen, um ihr Weltverständnis kontinuierlich zuerweitern. Im Bildungsgeschehen nehmen <strong>Kinder</strong> eineaktive Gestalterrolle bei ihren Lernprozessen ein, sie sindAkteure mit eigenen Gestaltungsmöglichkeiten.“ (S. 23)„Kleine <strong>Kinder</strong> können nur in einem Umfeld aktiv lernenund sich positiv entwickeln, in dem sie sich sicher undgeborgen fühlen sowie täglich ausreichend Möglichkeitenerhalten, sich zu bewegen. Wenn <strong>Kinder</strong> lernen,dann lernt <strong>im</strong>mer das ‚ganze Kind’ mit all seinen Sinnen,Emotionen, geistigen Fähigkeiten und Ausdrucksformen.“(S. 29)Reflexion: Bildung, Erziehung undBetreuung in Gruppen mit erweiterterAltersmischungErwartungen und BefürchtungenBei der Konfrontation mit neuen Aufgabenstellungenstellen sich bei den meisten Betroffenen spontan Erwartungen,aber auch Befürchtungen ein. Die Fachkräfte, dieschon vor einigen Jahrzehnten ihre pädagogische Arbeitauf die erweitere Altermischung ausgerichtet haben,gingen von folgenden Annahmen aus (Griebel, Niesel,Reidelhuber & Minsel, 2004):_ Die größere Vielfalt wirkt entwicklungsfördernd._ Es entstehen dauerhafte Beziehungen über vier bisfünf Jahre nicht nur für die <strong>Kinder</strong>, sondern auch zwischendem Personal und den Eltern._ Der Übergang von der <strong>Kinder</strong>krippe in den <strong>Kinder</strong>gartenwird überflüssig._ Die jüngeren <strong>Kinder</strong> lernen am Modell der älteren._ Die älteren <strong>Kinder</strong> erweitern bzw. vertiefen vorhandenesWissen, wenn sie jüngere anleiten bzw. derenLernprozesse <strong>unter</strong>stützen._ Ältere <strong>Kinder</strong> haben mehr Möglichkeiten, soziale Kompetenzenzu entwickeln, z. B. durch Rücksichtnahmeund Übernehmen von Verantwortung._ Die jüngeren <strong>Kinder</strong> finden in den älteren <strong>Kinder</strong>nattraktive Spielpartner._ Die älteren <strong>Kinder</strong> können sich <strong>im</strong> Umgang mit jüngeren<strong>Kinder</strong>n entspannt auf Tätigkeiten einlassen,die sie gerne tun, für die sie aber in den Augen ihrerAltersgenossen schon „zu groß“ sind.Diese Überlegungen st<strong>im</strong>men übrigens weitgehend mitden Vorteilen überein, die man von der Altersmischungvon <strong>drei</strong> bis sechs <strong>Jahren</strong> erwartet hatte, als man siein den 70er-<strong>Jahren</strong> in der damaligen Bundesrepublikeinführte.Aber auch mögliche Risiken der erweiterten Altersmischungwurden von Beginn an gesehen, dar<strong>unter</strong> z. B.:Die jüngeren <strong>Kinder</strong> können durch zu viele Reize überfordertwerden und nicht genügend zur Ruhe kommen.Es besteht die Gefahr, dass die jüngeren <strong>Kinder</strong> nichtgenügend Zuwendung von den Erzieherinnen erhalten,wenn diese sich mit den älteren <strong>Kinder</strong>n beschäftigen.1Die kurzen Zitate aus dem Bayerischen BildungsundErziehungsplan sind als Anregungen für möglicheVerbindungen der vorliegenden Han<strong>drei</strong>chung mit demBildungsplan zu verstehen.


1. NEUE PERSÖNLICHE UND FACHLICHE ANFORDERUNGEN1819Die älteren <strong>Kinder</strong> werden möglicherweise nicht ausreichendgefördert, weil die jüngeren so viel Aufmerksamkeitvon den Erzieherinnen fordern.Die älteren <strong>Kinder</strong> werden vielleicht zu häufig durch dieKleinen gestört.Da die Gruppen kleiner sind und das Altersspektrumgrößer ist, haben die älteren Mädchen und Jungen zuwenige Möglichkeiten, Freunde und Freundinnen zufinden, weil zu wenig gleichaltrige <strong>Kinder</strong> desselbenGeschlechts in der Gruppe sind. Beeinträchtigt dasdie älteren <strong>Kinder</strong> in den Interaktionen, die ihrem Alterangemessen sind?Diese Bedenken lassen erkennen, dass die erweiterteAltersmischung mit besonderen pädagogischen Herausforderungenverbunden ist.Fachwissen, das weiterhilftDie erweiterte Altersmischung funktioniert –aber nicht von alleine. Inzwischen kann manfeststellen, dass jahrelange Erfahrungen dafürsprechen, alterserweiterte Gruppen für <strong>Kinder</strong> <strong>im</strong> Altervon wenigen Monaten bis zum Schuleintritt als Lernortemit erweiterten Chancen für das soziale Lernen sowiefür Erziehungs- und Bildungsmöglichkeiten zu betrachten.Den Erzieherinnen eröffnen sie andere Fördermöglichkeitenals in der traditionellen Altersmischung.Festzuhalten bleibt, dass allein die Aufnahme einzelnerjüngerer <strong>Kinder</strong> nicht automatisch die erweiterten Entwicklungs-und Bildungsmöglichkeiten mit sich bringt,sondern dass sich die pädagogische Vorgehensweiseändern, d. h. erweitern muss.Wie können ein- bis sechsjährige <strong>Kinder</strong> in einer gemischtenGruppe in ihren Kontakten und Interaktionenmit gleichaltrigen, jüngeren und älteren <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong>stütztwerden? Im Rahmen einer umfassenden Studiezur Aufnahme <strong>unter</strong> <strong>drei</strong>jähriger <strong>Kinder</strong> in den <strong>Kinder</strong>gartenkommen Wiebke Wüstenberg und Ilka Riemann(2004) zu folgenden Ergebnissen:Es zeigte sich, dass die <strong>unter</strong>suchten <strong>Kinder</strong> häufiger inaltersgemischten Spielgruppen spielten, wobei sie <strong>im</strong>Spiel zu zweit eher altersgleiche Spielpartner bevorzugten.Dies bedeutet, dass bereits bei der Zusammensetzungder für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> geöffneten<strong>Kinder</strong>gartengruppe darauf zu achten ist, dass dieMischung von Alter und Geschlecht so ausgewogenist, dass sowohl altersgemischte Spielgruppen als auchaltersgleiche und geschlechtshomogene Spielpartnerschaftenmöglich sind. Hier bietet sich eine engeZusammenarbeit mit einer zweiten altersgemischtenGruppe oder einer halboffenen Krippengruppe an(vgl. Kapitel „So kann die altersgemischte Einrichtungfunktionieren“ ab S. 62).Wichtiger Bestandteil der pädagogischen Arbeit geradein altersgemischten Gruppen sind die systematischeBeobachtung und Dokumentation des kindlichen Spiels.Einzelspiele, Spielpartnerschaften und die Dynamik inder Gruppe geben wesentlichen Aufschluss über die Bedürfnisseund Interessen der <strong>Kinder</strong>. Auf dieser Grundlagekönnen eine entwicklungsförderliche Lernumgebunggeschaffen und angemessene Bildungsangeboteausgewählt und erweitert werden.Junge <strong>Kinder</strong> interagieren häufiger mit anderen <strong>Kinder</strong>nals mit Erzieherinnen. Im Parallelspiel verfolgt das Kindsein eigenes Spiel, hält aber gleichzeitig Blickkontakt zuden anderen <strong>Kinder</strong>n, um sich von ihrem Spiel anregenzu lassen oder Kontakt zu ihnen aufzunehmen. <strong>Kinder</strong><strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> zeigen ein hohes Aktivitätsniveau undbrauchen zeitliche Orientierungshilfen, um eine Balancezwischen Ruhe und Aktivität zu finden.Anregungen zur praktischenUmsetzungErstellen Sie persönliche Listen mit Erwartungenund Befürchtungen und diskutieren Siediese miteinander. Leiten Sie aus einer Liste, die sichaus der Diskussion <strong>im</strong> Team ergeben hat, die pädagogischenHerausforderungen ab, die Sie für die Zukunftsehen.Achten Sie ganz besonders auf sich daraus ergebendeFragestellungen, wenn Sie in Einrichtungen hospitieren,die schon seit längerer Zeit mit der erweiterten Altersmischungarbeiten.Ziehen Sie Fachliteratur (vgl. Literaturliste am Endedieser Han<strong>drei</strong>chung) zu Rate.Beziehen Sie den Träger Ihrer Einrichtung und die Elternin die Diskussion um die neuen pädagogischen Schwerpunkteein.Das sagt der Bayerische BildungsundErziehungsplan→ <strong>Kinder</strong> verschiedenen Alters (S. 129 ff)→ Mädchen und Jungen – geschlechtersensibleErziehung (S. 133 ff.)„<strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen, die sich für eine Erweiterungihrer bestehenden Altersmischung entscheiden,bzw. Träger, die sich für die Inbetriebnahme eines<strong>Kinder</strong>hauses entscheiden, stehen vor komplexenReflexions- und Planungsprozessen, denn die erweiterteAltersmischung ist kein ‚pädagogischer Selbstläufer’.Voraussetzung für eine erfolgreiche pädagogische Arbeitsind Überlegungen, die sich mit Chancen und Risikenfür die verschiedenen Altersgruppen auseinandersetzen,um die pädagogische Herausforderung Heterogenität zumeistern.“ (S.131)Reflexion: Eine tragfähige Bildungs- undErziehungspartnerschaft mit allen ElternEltern sind die wichtigsten Bezugspersonen <strong>im</strong> Lebenihrer <strong>Kinder</strong>. Eine tragfähige und vertrauensvolleBildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Elternist von Anfang an notwendig für eine wirkungsvolleEntwicklungsbegleitung jedes Kindes. Sie trägt dazubei, dass sich Eltern und <strong>Kinder</strong> in der Einrichtung wohlfühlen.Eltern von Krippenkindern sind fester Bestandteilder elternbegleiteten und bezugspersonenorientiertenEingewöhnung.Überzeugen Sie den Träger Ihrer Einrichtung durchfachlich belegte Argumente von den erhöhten Anforderungenund den sich daraus ergebenden personellen,räumlichen und organisatorischen Erweiterungen.


1. NEUE PERSÖNLICHE UND FACHLICHE ANFORDERUNGEN2021Bisher wurde die Zusammenarbeit mit den Eltern meist„Elternarbeit“ genannt, d. h. man ging davon aus,dass die Einrichtung die Initiative ergreift, die Anlässebest<strong>im</strong>mt und auf die Eltern als Kunden zugeht. Nunwird zunehmend von einer „Erziehungs- und Bildungspartnerschaft“gesprochen. Damit wird Erziehungund Bildung des Kindes als gemeinsame Aufgabe vonEltern, Erzieherinnen und Kind verstanden (Textor, 2005).Maßgeblich für das Gelingen dieser Partnerschaft sinddie Beziehungen zwischen Erzieherin und Kind sowiezwischen Eltern und Erzieherin. Schließlich lassen sicherst auf der Grundlage einer tragfähigen BeziehungKonflikte und Probleme gemeinsam lösen. Oftmals wirddies in der Praxis übersehen und Elterngespräche werdenerst dann geführt, wenn den Eltern Probleme wieetwa aufgetretene Verhaltensauffälligkeiten der <strong>Kinder</strong>mitgeteilt werden sollen (Gruber & Schnabel, 2007).Eine solche Vorgehensweise erweist sich als großeBelastung für die Erziehungspartnerschaft, da vor allemMütter in solchen Situationen in einer Abwehrreaktiondazu neigen, die Kompetenz der Erzieherin abzuwerten(Peitz, 2004). Als Folge davon kann die Zusammenarbeitgerade mit den Eltern blockiert werden, deren <strong>Kinder</strong> siein besonderem Maße bräuchten.Eine positive und tragfähige Beziehung zwischen Elternund Erzieherin kann gelingen, wenn sie grundsätzlichgeprägt ist von_ Vertrauen und Wertschätzung für einander und denBeitrag des anderen zur Entwicklungsbegleitung,auch angesichts verschiedener Wahrnehmungen undDenkweisen,_ Transparenz der pädagogischen Arbeit, indem denEltern fortlaufend Einblick in den Alltag der Einrichtungermöglicht wird,_ Dialog und Offenheit <strong>im</strong> kurzen Austausch zwischenTür und Angel, aber auch in regelmäßigen längerenEntwicklungsgesprächen, in welchen die kindliche Entwicklung<strong>im</strong> Mittelpunkt steht und die Beobachtungender Erzieherin mit den Eltern geteilt werden.Bildungspartnerschaft ist eng verknüpft mit der Erziehungspartnerschaftund kann verwirklicht werden,indem Eltern die Möglichkeit haben, in die pädagogischeArbeit mit einbezogen zu werden. So können Eltern undErzieherinnen einzelne Bildungsangebote gemeinsamplanen und durchführen, andererseits können Elterndazu angeregt werden, Bildungsinhalte zu Hause aufzugreifenund zu vertiefen. Auch für die Bildungspartnerschaftist es wesentlich, dass Eltern mitbest<strong>im</strong>men undMitverantwortung übernehmen können, sinnvolle undnicht überfordernde Aufgaben übernehmen, Anerkennungfür ihr Engagement erhalten und davon überzeugtsind, dass ihre Aktivitäten ihren <strong>Kinder</strong>n zugute kommen(Textor, 2006a).Fachwissen, das weiterhilftWas brauchen Eltern der <strong>unter</strong>Dreijährigen?Im Zusammenhang mit der Altersöffnung ist es wichtig,dass die Eltern hinter der Entscheidung stehen, ihr Kindeiner altersgemischten <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung anzuvertrauen.Schließlich können nur überzeugte Eltern ihremKind die nötige Sicherheit für diesen Übergang vermitteln,vor allem dann, wenn die Eltern zu Beginn der Eingewöhnungsphaseden Trennungsschmerz ihrer <strong>Kinder</strong>aushalten müssen (Haug-Schnabel, 2005). Geht es umdie Eingewöhnung, so ist zu bedenken, dass auch dieEltern begleitet werden müssen. Schließlich müssensich auch die Eltern erstmals für längere Zeit in eineraußerfamiliären Umgebung von ihrem Kind trennen.Ist für die Familie alles neu, so kommen die Eltern mitbest<strong>im</strong>mten Vorstellungen, Wünschen, Befürchtungenund Vorerfahrungen. Nicht <strong>im</strong>mer überwiegen diepositiven Gefühle, so dass die ersten Erfahrungen undEindrücke in der neuen Umgebung darüber entscheiden,ob Zweifel und Ängste zunehmen oder die Freude undNeugier über die neuen Möglichkeiten überwiegen.Doch ist gerade die Zeit der Eingewöhnung gut geeignet,einen partnerschaftlichen Kontakt zu den Elternaufzubauen, da sie in dieser Phase besonders offen undgesprächsbereit sind (Griebel & Niesel, 2006). So könneneinfühlsame Gespräche <strong>im</strong> Vorfeld, während undzum Abschluss der Eingewöhnungsphase die gedanklichenund emotionalen Prozesse von Eltern, Kind undErzieherin thematisieren und die Beziehungen stärken.


1. NEUE PERSÖNLICHE UND FACHLICHE ANFORDERUNGEN2223Erzieherinnen müssen sich stets bewusst sein, dassNeuaufnahme und Eingewöhnung für sie allmählich zueiner jährlich wiederkehrenden beruflichen Erfahrunggeworden sind. Auch wenn jede Familie anders ist undauch die Erzieherinnen in dieser Zeit besonders gefordertsind, so sorgt die Erfahrung doch für eine gewisseGelassenheit und Routine. Eltern, die ihr erstes Kindeiner Tageseinrichtung anvertrauen, erleben diesesEreignis – oder besser diesen Prozess, denn es dauertja eine Weile – zum ersten Mal. Sie sind emotionalsehr angespannt, und manche Verhaltensweise, dieErzieherinnen nur schlecht verstehen können, lässt sichaus dieser Anspannung erklären. Für Eltern mit einemKind <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> kann die emotionale Belastungbesonders groß sein. Es ist noch nicht so lange her,dass sie Eltern geworden sind. Sie empfinden vielleichtUnsicherheit, ob dieser frühe Beginn dem Kind nichtdoch schaden könnte, oder sie haben gar Schuldgefühle,weil der Schwiegervater, die Nachbarin oder die eigeneMutter deutlich zum Ausdruck bringen, dass sie dieseEntscheidung missbilligen. Gute Informationen sowieeine zugewandte, aber auch emotional stützende Haltungder Erzieherin sind für diese Eltern einegroße Entlastung.Zur Unterstützung der Eltern empfiehlt sich vor allem bei<strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>, die länger als fünf Stundentäglich in der Einrichtung betreut werden, ein besondersenger Kontakt durch möglichst tägliche kurze Gespräche,in welchen die Eltern nicht nur über die aktuellen Vorkommnissedes Tages, sondern auch über die Aktivitätenund Entwicklungsschritte ihres Kindes <strong>unter</strong>richtet werden.Dadurch kann den Eltern ein lebendiges Bild ihresKindes vermittelt werden, das ihnen die Gestaltung einerwertvollen Familienzeit und einer einfühlsamen Eltern-Kind-Beziehung erleichtert.Was brauchen Eltern der über Dreijährigen?Erzieherinnen in altersgemischten Gruppen machen<strong>im</strong>mer wieder die Erfahrung, dass Eltern der jüngeren<strong>Kinder</strong> die Altersmischung meist begrüßen, währendEltern der älteren <strong>Kinder</strong> <strong>im</strong> Hinblick auf den bevorstehendenSchuleintritt eher Bedenken äußern, dassihre <strong>Kinder</strong> weniger Anregung erfahren, weil sie zu vielRücksicht auf die Jüngeren nehmen müssen. DieseReaktionen zeigen, wie wichtig eine möglichst enge undpartnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Eltern <strong>im</strong>Prozess der Altersöffnung und darüber hinaus ist. Einkompetentes Team, das <strong>im</strong> Vorfeld die Neukonzeptiongemeinsam erarbeitet hat und diesen Prozess regelmäßigreflektiert, kann Befürchtungen und Zweifelnder Eltern einfühlsam begegnen. Neben einer hohenTransparenz sowie Angeboten der Mitwirkung undMitentscheidung n<strong>im</strong>mt dabei die Aufklärung aller Elternüber die Chancen einer erweiterten Altersmischung <strong>im</strong><strong>Kinder</strong>garten einen entscheidenden Platz ein. WichtigeFragen der Eltern können sein:Welche Veränderungen sind mit der Altersöffnungverbunden?Was können die Großen von den Kleinen lernen?Wie können die Großen von den Veränderungen <strong>im</strong>Zuge der Altersöffnung profitieren?Welche spezifischen Angebote gibt es für dieverschiedenen Altersgruppen?Unterstützen


1. NEUE PERSÖNLICHE UND FACHLICHE ANFORDERUNGEN2425Konsequenzen für die PraxisBesondere Sensibilität ist von den pädagogischenFachkräften <strong>im</strong> Zuge dererweiterten Altersmischung dann gefordert,wenn sie einen gemeinsamen Elternabend gestalten.So sind sie herausgefordert, einen inhaltlichen Spagat zuschlagen zwischen Fragen zur Sauberkeitserziehung, derersten Trennung vom Elternhaus und Schwierigkeitenbe<strong>im</strong> Übertritt in die Grundschule. Entscheidend ist,dass sich alle Eltern mit ihren Fragen und Anliegen ernstgenommen fühlen. Es bietet sich an, den Eltern einenÜberblick über die altersspezifischen Entwicklungsaufgabenzu geben und darauf einzugehen, inwiefern in derpädagogischen Arbeit der Einrichtung die <strong>Kinder</strong> in ihrerEntwicklung <strong>unter</strong>stützt werden (Münnich, 2008).Berücksichtigt werden müssen in besonderem Maßedie Bedürfnisse von Eltern und <strong>Kinder</strong>n aus anderen Kulturkreisen.Kulturell bedingte Unterschiede hinsichtlichder Werthaltungen und Einstellungen, hinsichtlich Bildung,Erziehung und Betreuung von <strong>Kinder</strong>n allgemeinund <strong>im</strong> Alter <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>im</strong> Besonderen müssenerfragt, berücksichtigt und nach Möglichkeit integriertwerden. Vor dem Hintergrund möglicher Verständigungsproblemesowie <strong>unter</strong>schiedlicher Vorstellungenund Erwartungen, aber auch gegenseitiger Vorurteile,Misstrauen und Unsicherheiten auf beiden Seiten,stellt der Aufbau einer vertrauensvollen und tragfähigenBeziehung und Erziehungs- und Bildungspartnerschaftmit Eltern mit Migrationshintergrund besondere Anforderungenan pädagogische Fachkräfte (Textor, 2006b;Sikcan, 2008), vor allem mehr Zeit für Elterngespräche,Information über die Einrichtungskonzeption und mehrAufwand, etwa für die Erstellung von mehrsprachigenElternbriefen und Informationsmaterial (z. B. zur Eingewöhnung).Zum Wohlbefinden und Vertrauen der Eltern kann beitragen,ihnen einen unmittelbaren Einblick in den Alltag der<strong>Kinder</strong>tageseinrichtung zu geben, etwa durch Hospitationoder über Kontakte zu bereits erfahrenen Kita-Eltern,evtl. aus dem gleichen Herkunftsland. Darüber hinausist es wichtig, dass die pädagogischen Fachkräfte ihreGrundeinstellung gegenüber Familien mit Migrationshintergrundsowie gegenüber <strong>unter</strong>schiedlichen Werthaltungenregelmäßig reflektieren und sich ggf. <strong>im</strong> Bereichder Interkulturalität weiterbilden. Auf diese Weise kannauch in Anbetracht <strong>unter</strong>schiedlicher Erfahrungen einoffener und unvoreingenommener Zugang zu „neuen“Eltern mit Migrationshintergrund gewährleistet werden.Da Eltern mit Migrationshintergrund eine heterogeneGruppe <strong>unter</strong>schiedlicher Herkunftsregionen bzw. -länder,Kulturen, Religionen, Werte sowie Aufenthaltsdauer,Familienzusammensetzung usw. darstellen, ist es hilfreich,sich bereits <strong>im</strong> Aufnahmegespräch über die Familiensituationund die Migrationsgeschichte zu informieren.Leitfragen hierzu könnten sein (vgl. BayBEP S. 146):_ Seit wann sind die Eltern in Deutschland? Seit wannist das Kind in Deutschland?_ Aus welcher Herkunftskultur stammt die Familie? Wieist die Religionszugehörigkeit?_ Wie ist der politische Status? Wie ist die Wanderungsgeschichte?_ Welche Sprache(n) sprechen die Geschwister <strong>unter</strong>einander?Gibt es eine Familiensprache?_ Wie sind die sozialen Kontakte der Familie?


1. NEUE PERSÖNLICHE UND FACHLICHE ANFORDERUNGEN2627Anregungen zur praktischenUmsetzungCheckliste zur Reflexion der Bring- undAbholsituation1. Was bewegt Eltern, wenn sie ihre <strong>Kinder</strong> morgensin die Kita bringen?2. Gelingt es mir, gleichzeitig auf <strong>Kinder</strong> und Elterneinzugehen?3. Kann ich in Situationen, in denen Eltern be<strong>im</strong> Bringenund Abholen gestresst sind, das Kind trotzdemeinfühlsam empfangen und verabschieden?4. Wie gelingt es mir, Eltern, die einen sehr großenKommunikationsbedarf haben, freundlich zuverdeutlichen, dass ich mich nun den <strong>Kinder</strong>nzuwenden muss?5. Finde ich eine Kommunikationsebene mit Elternanderer Muttersprache?6. Wie kann ich dem Kind signalisieren, dass sichEltern und Erzieherin akzeptieren?Das sagt der Bayerische BildungsundErziehungsplan→ Kapitel 8.3.1. Bildungs- und Erziehungspartnerschaftmit den Eltern (S. 437ff.)„Bildung und Erziehung fangen in der Familie an. DieFamilie ist der erste, umfassendste, am längsten undstärksten wirkende, einzig private Bildungsort von<strong>Kinder</strong>n und in den ersten Lebensjahren der wichtigste.Sie steuert und beeinflusst alle Bildungsbereiche direktdurch das, was <strong>Kinder</strong> in der Familie lernen(z. B. Sprachfertigkeiten, Lernmotivation, Neugier, Leistungsbereitschaft,Interessen, Werte, Selbstkontrolle,Selbstbewusstsein, soziale Fertigkeiten) und indirektdadurch, dass sie auf die Nutzung einer <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung,die Schulauswahl, die Schullaufbahn undden Bildungserfolg entscheidenden Einfluss hat. WieBildungseinrichtungen genutzt werden, wie <strong>Kinder</strong> darinzurechtkommen und von deren Bildungsleistungenprofitieren, hängt maßgeblich von den Ressourcen derFamilie und deren Stärkung ab.“ (S. 437f.)„Bildungs- und Erziehungspartnerschaft umfassen dienachstehend genannten Zield<strong>im</strong>ensionen und Ziele, wobeiFachkräfte und Eltern gemeinsam für die Umsetzungverantwortlich sind.“ (S. 439 ff.):_ Begleitung von Übergängen_ Information und Austausch_ Stärkung der Erziehungskompetenz_ Beratung, Vermittlung von Fachdiensten_ Mitarbeit (Hospitationen, Angebote für Eltern und<strong>Kinder</strong>, Einbindung interessierter Eltern in die pädagogischeArbeit)_ Beteiligung, Mitverantwortung und Mitbest<strong>im</strong>mung_ Ausbau von <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen zu Familienzentren(u. a. Einbinden von sozial benachteiligten undMigrantenfamilien in die <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung durchgezielte Ansprache und besondere Angebote).→ Kapitel 6.2.3. <strong>Kinder</strong> mit verschiedenem kulturellenHintergrund (S. 141ff.)„Die Wertschätzung der Sprachen und kulturspezifischenGewohnheiten von Familien aus anderenSprach- und Kulturkreisen gehört zu den wichtigstenD<strong>im</strong>ensionen von interkultureller Erziehung.“ (S. 144)„Pädagogische Fachkräfte haben für <strong>Kinder</strong> eine Vorbildfunktion– <strong>Kinder</strong> sehen z. B., wie sie mit den Elternoder mit anderen Sprachen umgehen. Für pädagogischeFachkräfte in <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen wichtig sindfolgende Zielsetzungen“ (S. 146 ff., in Auszügen):Sie sehen Mehrsprachigkeit und Multikulturalität alsetwas Selbstverständliches und als Chance – und nichtals Ausnahme, Belastung und Risiko.Sie haben ein Grundwissen über die Entwicklung vonZweisprachigkeit, über religiöse Traditionen und kulturspezifischeErziehungsideale (z. B. <strong>unter</strong>schiedlicheEinstellungen zur frühen Selbstständigkeitserziehung).Sie entwickeln ein erweitertes Konzept von kulturellerIdentität – ein Konzept, das Widersprüche zulässt undsich nicht pr<strong>im</strong>är auf „Kulturkonflikte“ fixiert.7. Sind meine Gespräche und Dokumentationen sogestaltet, dass sich Eltern ein Bild über den Alltagdes Kindes machen können?(Vereinigung Hamburger <strong>Kinder</strong>tagesstätten gGmbH, 2005, S. 25.)Sie reflektieren und thematisieren fortlaufend ihreeigenen Einstellungen, Konzepte und Handlungen <strong>im</strong>Bereich der interkulturellen Erziehung und der Zusammenarbeitmit Eltern (z. B. <strong>im</strong> kollegialen Gespräch,Teamsitzungen, Fortbildungen).Weitere praktische Anregungen:TANDEM – Methodenheft zur Eltern- und Familienbildung(2007): Elternabend: Die Ein- und Zweijährigen inunserer Kita. Freiburg <strong>im</strong> Breisgau: Herder Verlag.


2. DIE VERANTWORTUNG DES TRÄGERS2829Eine hohe Qualität der pädagogischen Arbeit ist entscheidendfür die kognitive, emotionale und sozialeEntwicklung von <strong>Kinder</strong>n. In enger Kooperation mit denFachkräften bei der konzeptionellen Neuordnung gilt esvon Seiten des Trägers geeignete Rahmen- und Arbeitsbedingungensicherzustellen. Die Neuorientierung betrifftinsbesondere die personelle, zeitliche und räumlichmaterielleAusstattung mit dem Ziel, fürsorgliche undfachlich fundierte Betreuung, Bildung und Erziehung fürdie <strong>Kinder</strong> aller Altersgruppen in der Einrichtungzu gewährleisten.Personelle AusstattungÖffnet sich eine Einrichtung für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>,ist dies mit einem höheren Bedarf an qualifizierten undmöglichst erfahrenen pädagogischen Fachkräften verbunden.Dies kann zum einen bedeuten, dass zusätzlicheFachkräfte eingestellt werden, welche bereits überVorerfahrungen, z. B. in der Arbeit mit Krippenkindern,verfügen; zum anderen braucht das gesamte Teamspezifisches Fachwissen über die kindliche Entwicklungin den ersten <strong>drei</strong> Lebensjahren und deren Bedeutungfür den weiteren Entwicklungsverlauf (Niesel, 2006). Eswird daher empfohlen, mindestens eine Mitarbeiterindes Teams für die Arbeit mit <strong>Kinder</strong>n in den ersten <strong>drei</strong>Lebensjahren fortzubilden, welche ihr erworbenes Fachwissendann an das gesamte Team weitergibt. Fortbildungenfür das gesamte Team haben sich allerdings alseffektiver erwiesen.Darüber hinaus bietet es sich an, die Aufgaben <strong>im</strong> Teamnach den spezifischen Kompetenzen, Vorerfahrungenund persönlichen Vorlieben möglichst so zu verteilen,dass kein Teammitglied überfordert ist (Haug-Schnabel,2005). Die Erzieherinnen, die ihren Schwerpunkt auf diepädagogische Arbeit mit <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> legen,brauchen in besonderem Maße die Unterstützung allerKolleginnen <strong>im</strong> Team:_ Sie brauchen Kolleginnen, die während der Eingewöhnungsphasefür die anderen <strong>Kinder</strong> in der Gruppesowie deren Eltern als Ansprechpartner zur Verfügungstehen,_ sie brauchen zeitliche Entlastung, um sich intensiv undliebevoll den Pflegesituationen mit den „Kleinen“ widmenzu können (vgl. Kapitel „Beziehungsvolle Pflegeund Feinfühligkeit“ ab S. 46).Das gesamte Team sollte über die Entwicklungsaufgabenin den ersten Lebensjahren informiert sein, um gemeinsamdie strukturellen Veränderungen etwa <strong>im</strong> Tagesablauf,der Gestaltung von Spielräumen sowie der Auswahlvon Spielmaterialien zu verwirklichen (siehe auch Kapitel„Konsequenzen für die Praxis“ ab S. 52). Schließlich könnendiese Veränderungen, die sich an den spezifischenBedürfnissen der jüngeren <strong>Kinder</strong> orientieren, dabei aberdie Bedürfnisse der älteren <strong>Kinder</strong> nicht vernachlässigen,nur dann gelingen, wenn das gesamte Team sich auf eineFlexibilisierung der zeitlichen und räumlichen Struktureneinlässt und auch kurzfristige Absprachen innerhalb desTeams möglich sind (Ministerium für Bildung, Frauen undJugend Rheinland-Pfalz, 2006).Verantwortung


2. DIE VERANTWORTUNG DES TRÄGERS3031Um den Bedürfnissen aller <strong>Kinder</strong> gerecht zu werden,ist <strong>im</strong> Zuge der Erweiterung der Altersmischung dieAnpassung der Personalausstattung auch quantitativnotwendig. Aus fachlicher Sicht sind mindestens zweipädagogische Fachkräfte (Erzieherinnen) pro 12 <strong>Kinder</strong>während der Anwesenheit von Krippenkindern erforderlich,dieser Schlüssel sollte um eine Ergänzungskraft(z. B. <strong>Kinder</strong>pflegerin) erweitert werden, wenn <strong>Kinder</strong><strong>unter</strong> einem Jahr in die Gruppe aufgenommen werden.Aktuellen Studien zufolge wird eine Gruppengröße vonmax<strong>im</strong>al 15 <strong>Kinder</strong>n in altersgemischten Gruppen empfohlen,wobei die Anzahl der <strong>unter</strong> Dreijährigen ein Drittelpro Gruppe nicht überschreiten sollte (Haug-Schnabel& Bensel, 2006). Ein derartiges Verhältnis von Erzieherinnenzu <strong>Kinder</strong>n ermöglicht nicht nur die Betreuung der<strong>Kinder</strong>, sondern auch Beziehungs- und Bildungsarbeit.Um dem pädagogischen Team möglichst viel Zeit für diepädagogische Arbeit zur Verfügung zu stellen, sollte jedeEinrichtung bzw. jeder Träger überlegen, ob die Möglichkeitbesteht, das pädagogische Personal durch dieEinstellung einer zusätzlichen hauswirtschaftlichen Kraftoder die Nutzung von externen Diensten in den BereichenHygiene und Wäsche zu entlasten.Kurz zusammengefasst:Vor der Aufnahme von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> müssenErzieherinnen, die über keine ausreichende Erfahrungund entsprechendes Fachwissen verfügen, fortgebildetwerden.Dies gilt ebenso für die pädagogischen Anforderungenzur Berücksichtung der Bedürfnisse der älteren <strong>Kinder</strong>.Supervision <strong>unter</strong>stützt und verkürzt die Phase derNeuorientierung und trägt zur Qualitätssicherung bei.Für die Kooperation mit Eltern wird mehr Zeit benötigt.Als Verfügungszeit (kinderfreie Zeit) sollten nicht wenigerals 15 % der Wochenarbeitszeit kalkuliert werden.Junge <strong>Kinder</strong> brauchen während ihrer gesamten Anwesenheitin der Tageseinrichtung vertraute Personen. Diesmuss berücksichtigt werden, wenn Teilzeitkräfte in derEinrichtung arbeiten oder es zu Personalausfall, z. B.durch Krankheit, kommt.Konsequenz: Die Personalausstattung muss entsprechendden erhöhten Anforderungen angepasst werden.Räumlich-materielle Ausstattung<strong>Kinder</strong>räume sind Bildungsräume (van der Beek, 2006)und daher entscheidende Rahmenbedingungen für dieverschiedenen Lernerfahrungen der <strong>Kinder</strong>. <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong><strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> brauchen flexibel gestaltbare Räume, welchean die jeweiligen Bedürfnisse der <strong>Kinder</strong> angepasst werdenkönnen. Klar strukturierte Räume, die den <strong>Kinder</strong>nvertraut und überschaubar sind, vermitteln Sicherheitund Orientierung. Die Räume sollten so strukturiert sein,dass sie einerseits die kindliche Exploration <strong>unter</strong>stützen,andererseits Rückzug und soziale Interaktionen ermöglichen.Dabei müssen die räumlichen Bedingungenden Bewegungs- und Ruhebedürfnissen der jungen<strong>Kinder</strong> Rechnung tragen, ohne dass die älteren <strong>Kinder</strong> inihren Aktivitäten eingeschränkt werden.<strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> lernen mit allen Sinnen undbrauchen daher_ in der Einrichtung und <strong>im</strong> Außengelände einen ausreichendenBewegungsraum sowie Materialien fürvielfältige motorische Erfahrungen und Exper<strong>im</strong>entemit Kopf, Hand und Fuß,_ (Frei-)Raum zur selbstständigen Exploration (anregendeLernumgebung, heitere Atmosphäre, u. a. auchLicht, Farbe)_ Spiel-Raum für Kontakte mit anderen <strong>Kinder</strong>n,_ Raum für individuelle Förderangebote,_ Räume für Rückzug, ruhige Tätigkeiten und Schlaf,_ Räume oder Raumzonen für sprachlichen Austausch(geringe Lautstärke), emotionale Zuwendung und geteilteAufmerksamkeit (z. B. Kuschel- und Vorleseecke),_ Räume zum Ankommen und Wohlfühlen für <strong>Kinder</strong>(höherer Platzbedarf in der Garderobe) und für Eltern(besonders während der Eingewöhnung).Das sagt der Bayerische BildungsundErziehungsplan→ 5.10 Widerstandsfähigkeit (Resilienz) –geeignete Lernumgebung (S. 93f.)→ 6.2 Umgang mit individuellen Unterschieden undsoziokultureller Vielfalt – Raumgestaltung <strong>unter</strong> geschlechtsspezifischenAspekten (S. 139f.)„Das Konzept der inneren Differenzierung ist gekoppeltan ein geeignetes und durchdachtes Raumkonzept, dasden <strong>Kinder</strong>n ausreichend Platz für Bewegung, vielfältigeindividuelle Lernprozesse, Rückzug und Geborgenheitzugleich bietet.“ (S. 93)Zwei Gestaltungsmöglichkeiten, die miteinanderkombinierbar sind:_ offenes, flexibles, veränderbares Raumkonzept, Umgestaltung<strong>unter</strong> Beteiligung der <strong>Kinder</strong> möglich, und_ Reduktion der Großraumsituationen zugunsten einerkleinteiligeren räumlichen Gliederung mit spezifischenErfahrungs- und Lernangeboten (z. B. Funktionsräume).Weitere Informationen:Bertelsmann Stiftung: Qualität für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> inKitas. Empfehlungen an Politik, Träger und Einrichtungen.Verfügbar <strong>unter</strong>: www.kinder-früher-foerdern.deVereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V./ BayerischesStaatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familieund Frauen (Hrsg.) (2005). Groß und stark werden –Initiative <strong>Kinder</strong>krippen in <strong>Bayern</strong>.Fthenakis, W. E. (Hrsg.). (2003). Träger zeigen Profil.Qualitätshandbuch für Träger von <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen.Weinhe<strong>im</strong>: Beltz.


2. DIE VERANTWORTUNG DES TRÄGERS3233Hinweise des Bayerischen Staatsministeriumsfür Arbeit und Sozialordnung, Familieund Frauen für die Tagesbetreuung von<strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>Definition: „<strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> 3 <strong>im</strong> <strong>Kinder</strong>garten/Die erweiterte Altersmischung“Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayKiBiG zählt als mögliche Formender <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen <strong>Kinder</strong>krippen, <strong>Kinder</strong>gärten,Horte und Häuser für <strong>Kinder</strong> auf. GesetzlichesUnterscheidungsmerkmal ist die Altersgruppe der<strong>Kinder</strong>, die in der Einrichtung betreut werden, sowie diepädagogische Konzeption.Die <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung muss daher die pädagogischeKonzeption anpassen, wenn tatsächliche undkonzipierte Altersstruktur auseinanderklaffen.Vorübergehende Abweichungen von den Definitionsmerkmaleneiner Einrichtung sind unerheblich, solangesich die grundsätzliche, schwerpunktmäßige pädagogischeAusrichtung des Trägers der Einrichtung nichtzugunsten einer Altersgruppe verändert.Für die Zuordnung als <strong>Kinder</strong>garten nach dem BayKiBiGist maßgebend, dass der überwiegende Teil, also mehrals die Hälfte der <strong>Kinder</strong> der Altersgruppe vom vollendetendritten Lebensjahr bis zur Einschulung zugehört.Richtet sich das Angebot an mehrere Altersgruppen,handelt es sich bei der Einrichtung um ein Haus für<strong>Kinder</strong> (z. B. Einrichtung n<strong>im</strong>mt <strong>Kinder</strong> <strong>im</strong> Alter von 1–6<strong>Jahren</strong> auf).Auswirkungen der Altersöffnung auf erteilteBetriebserlaubnisse(1) Die Betriebserlaubnis enthält eine Angabe über diemax<strong>im</strong>al zulässige Platzzahl. Diese gibt an, wie viele<strong>Kinder</strong> gleichzeitig die Einrichtung besuchen können.Platzsharing ist möglich, solange die Plätze nicht so starkgesplittet werden, dass Bildungs- und Erziehungsarbeitnicht mehr möglich sind.(2) <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> belegen in <strong>Kinder</strong>gärten,Horten und Häusern für <strong>Kinder</strong> jeweils zwei Plätze, in<strong>Kinder</strong>krippen hingegen nur einen Platz. In der Betriebserlaubniskann vorgesehen werden, dass <strong>Kinder</strong>, diemindestens zwei Jahre und sechs Monate alt sind, <strong>im</strong>Hinblick auf die max<strong>im</strong>al zulässige Platzzahl wie <strong>drei</strong>jährige<strong>Kinder</strong> behandelt werden. Unberührt hiervonbleiben die Regelungen zum Gewichtungsfaktor 2,0.(3) <strong>Kinder</strong> <strong>im</strong> Alter von <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> bis zur Einschulungund Schulkinder belegen in <strong>Kinder</strong>gärten, Horten undHäusern für <strong>Kinder</strong> jeweils einen Platz. In <strong>Kinder</strong>krippenkönnen zwei <strong>Kinder</strong> ab Vollendung des 3. Lebensjahrseinen Krippenplatz belegen.(4) Aufsichtsrechtlich zu prüfen sind die räumlichenGegebenheiten in der Einrichtung. Ist aufgrund besondererRaumverhältnisse eine best<strong>im</strong>mte Form derAltersöffnung nicht möglich, so wird diese Vorgabe in dieBetriebserlaubnis einschränkend aufgenommen.Ein Wechsel der Einrichtungsform bedarf in jedemFall einer neuen pädagogischen Konzeption und derÜberprüfung der Betriebserlaubnis durch die Aufsichtsbehörde.Differenzierung der Elternbeiträge für <strong>Kinder</strong><strong>unter</strong> <strong>drei</strong> und <strong>Kinder</strong> ab Vollendung des3. LebensjahresGesetzlich vorgeschrieben ist eine Staffelung der Elternbeiträgeentsprechend den Buchungszeiten. Ob eineweitere Differenzierung der Elternbeiträge für <strong>Kinder</strong><strong>unter</strong> 3 <strong>Jahren</strong> und <strong>Kinder</strong> von 3–6 <strong>Jahren</strong> vorgenommenwird, liegt <strong>im</strong> Ermessen des Trägers.Gewichtungsfaktor 2,0 für <strong>unter</strong> 3-Jährige inEinrichtungenAufgrund der Vorschrift des BayKiBiG werden<strong>unter</strong> 3-jährige <strong>Kinder</strong> in Krippen abweichendvon § 20 Abs. 1 AVBayKiBiG bis zum Ende desBetreuungsjahres mit Faktor 2,0 gefördert, auchwenn sie während des Betreuungsjahres das3. Lebensjahr vollendet haben.(vgl. Art. 21 Abs. 5 Satz 5 BayKiBiG)Soweit Gemeinden mit Beginn des Abrechnungsjahres2007 / 2008 diese Regelung analog auch für alle anderenFormen von <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen <strong>im</strong> Sinn von Art. 2Abs. 1 BayKiBiG anwenden, erfolgt eine entsprechendestaatliche Förderung.Demnach können auch <strong>Kinder</strong> mit Buchungszeitkategorienvon >1h bis 2h und >2h bis 3h Stunden biszum Ende des Abrechnungszeitraums mit Faktor 2,0gefördert werden, auch wenn diese <strong>Kinder</strong> während desAbrechnungszeitraums das 3. Lebensjahr vollenden.AnstellungsschlüsselDie personellen Rahmenbedingungen in der Einrichtungwerden <strong>im</strong> Hinblick auf die Zahl der erforderlichen Personalstundendes pädagogischen Personals über den sog.Anstellungsschlüssel, der das Verhältnis zwischen denvertraglich festgelegten Arbeitszeitstunden des pädagogischenPersonals und der Gesamtzahl der gewichtetenBuchungsstunden aller <strong>Kinder</strong> beschreibt, definiert.Bei den gewichteten Buchungsstunden sind die Gewichtungsfaktoreneingerechnet und werden damit <strong>im</strong>Anstellungsschlüssel berücksichtigt.Der für die kindbezogene Förderung nach dem BayKiBiGrelevante Anstellungsschlüssel beträgt mit Wirkung ab01.09.08 1:11,5. Der empfohlene Anstellungsschlüsselfür eine qualitativ gute pädagogische Arbeit, mit der eineUmsetzung der Bildungs- und Erziehungsziele gut vereinbarist, liegt bei 1:10. Bei einem Anstellungsschlüsselvon 1:12,5 ist davon auszugehen, dass die Grenze zurKindeswohlgefährdung erreicht wird.Gerade <strong>im</strong> Bereich der Altersgruppe <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>ist in besonderem Maße auf ein qualitativ hochwertigesAngebot zu achten. Der durch schnitt liche Anstellungsschlüsselaller Einrichtungen liegt nach einer Erhebung<strong>im</strong> Februar 2009 in etwa bei 1:10,3. Mit dem Basiswertvon 829,52 € (Abrechnungsjahr 2008/2009) lassen sichein gewichteter Anstellungsschlüssel zwischen 1:10,4bis 1:10,8 bzw. rund 80% der erforderlichen Personalkostenfinanzieren.


2. DIE VERANTWORTUNG DES TRÄGERS3435Auch Verfügungszeiten best<strong>im</strong>men die QualitätVerfügungszeiten, d. h. Zeiten für z. B. pädagogische Planung,individualisierte päd. Arbeit, Material- und Raumvorbereitung,Elternarbeit, Organisation, Team/Personalführung/Träger,Vernetzung/Vertretung der Einrichtungnach außen etc. sind durch die kindbezogene Förderungabgedeckt. Nach § 17 Abs. 1 AVBayKiBiG muss der Trägerfür all diese Tätigkeiten seinem Personal angemesseneVerfügungszeiten einräumen. Über den Umfangwird <strong>im</strong> Gesetz keine Aussage getroffen. Es obliegtder Verantwortung des Trägers, die oben genanntenvielfältigen Aufgaben, die nicht in der direkten Arbeit mitdem Kind erbracht werden müssen, <strong>im</strong> Blick zu habenund hier geeignete Arbeitsbedingungen sicherzustellen.Fachleute empfehlen eine Verfügungszeit <strong>im</strong> Umfangvon mindestens 15 % der wöchentlichen Arbeitszeit.Kindbezogene FörderungDie kindbezogene Förderung errechnet sich aus demProdukt:Buchungszeitfaktor x Basiswert x Gewichtungsfaktor.Durch die Gewichtungsfaktoren wird der für jedeseinzelne Kind erforderliche Bildungs-, Erziehungs- undBetreuungsaufwand in die finanzielle Förderung einbezogen.<strong>Kinder</strong>, die einen erhöhten Förderbedarf haben,erhalten einen höheren Gewichtungsfaktor und alsdirekte Folge eine erhöhte finanzielle Förderung. Fürein Kind <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> wird der Gewichtungsfaktor2,0 und somit doppelte Aufwand zugrunde gelegt, derüblicherweise bei Vorschulkindern aufzubringen ist.Dementsprechend verdoppelt sich die kindbezogeneFörderung.Ausführliche Infos zur Förderung/Downloads/Gesetzestexteetc. finden Sie <strong>unter</strong>: www.stmas.bayern.de.Investitionskostenförderung <strong>im</strong> Rahmen desInvestitionsprogramms „<strong>Kinder</strong>betreuungsfinanzierung“2008–2013Der Freistaat <strong>Bayern</strong> gewährt <strong>im</strong> Rahmen eines Sonderprogrammsnach Maßgabe einer Richtlinie auf der Basisder Verwaltungsvereinbarung zwischen der BundesrepublikDeutschland und den Bundesländern vom 18.Oktober 2007 und den allgemeinen haushaltsrechtlichenBest<strong>im</strong>mungen (insbesondere der Verwaltungsvorschriftenzu Art. 44 der Bayerischen Haushaltsordnung– BayHO) Zuweisungen zu Investitionen zur Schaffungzusätzlicher Betreuungsplätze für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong><strong>Jahren</strong> in einer <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung nach Art. 2 Abs.1 Bayerisches <strong>Kinder</strong>bildungs- und -betreuungsgesetz(BayKiBiG) und in der Großtagespflege nach Art. 2 Abs.4, Art. 9 Abs. 2 Satz 2 BayKiBiG in den <strong>Jahren</strong> 2008 bislängstens 2013.Gefördert werden die notwendigen Investitionen(Neubau-, Ausbau-, Umbau-, Umwandlungs- sowieSanierungsmaßnahmen und Ausstattungsinvestitionen)zur Bereitstellung neuer und Umwandlung bestehenderBetreuungsplätze z. B. für <strong>Kinder</strong> über <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> i.S.v.Art. 2 Abs. 1 BayKiBiG oder in der Großtagespflege i.S.v.Art. 2 Abs. 4, Art. 9 Abs. 2 Satz 2 BayKiBiG in Betreuungsplätzefür <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>.Als neu gelten die Plätze, die1. <strong>im</strong> Zusammenhang mit dem Investitionsvorhabeneiner Erlaubnis nach § 45 SGB VIII bzw. Art. 9 BayKiBiGbedürfen und2. einen bislang ungedeckten Bedarf <strong>im</strong> Sinne des Art. 7Abs. 2 Satz 1 Var. 2 BayKiBiG decken.Maßnahmen sind auch anteilig förderfähig, soweit <strong>im</strong>Rahmen der Baumaßnahme nur teilweise neue Plätzefür <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> geschaffen werden.Abweichend von Satz 3 kann die Bewilligungsbehördebefristet bis 31. Dezember 2010 <strong>im</strong> Einzelfall <strong>im</strong> Rahmendieser Richtlinie auch Plätze als förderfähig anerkennen,die nur <strong>im</strong> Zusammenhang mit dem Investitionsvorhabeneiner Erlaubnis nach § 45 SGB VIII bzw. Art. 9BayKiBiG bedürfen, wenn durch das Investitionsvorhabenbestehende Provisorien ersetzt oder Plätze inaltersgemischten Einrichtungen in einer <strong>Kinder</strong>krippezusammengefasst werden.Personal-, Betriebs- und Verwaltungskosten werden <strong>im</strong>Rahmen der Richtlinie nicht gefördert.Zuweisungsempfänger sind die örtlichen Träger der öffentlichenJugendhilfe (Landkreise und kreisfreie Städte)und die kreisangehörigen Städte und Gemeinden; diesegeben die erhaltene Zuweisung weiter. Von den nach Abzugder Förderung verbleibenden Gesamtkosten tragendie Zuweisungsempfänger mindestens die Hälfte, freigemeinnützigeoder sonstige Träger max<strong>im</strong>al die Hälfte.Auskünfte erteilen die zuständigen Sachbearbeiterinnenund Sachbearbeiter bei den Regierungen. Diese findenSie <strong>unter</strong>:http://www.stmas.bayern.de/kinderbetreuung/tageseinrichtungen/krippe-sopro-anspr.pdf


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN3637Vieles, was in der Einrichtung bisher gut gemachtwurde, ist auch für die Kleinen richtig. Für die pädagogischenGrundprinzipien gibt es keine Altersgrenze. Dieneuen Aufgaben sind spannend, aber sich damit auseinanderzusetzenbraucht Zeit. Für die Fachkräfte heißtdas, sie müssen auch ihre Zusammenarbeit <strong>im</strong> Teamkritisch ins Blickfeld nehmen und sich fragen: „Waskönnen wir wie neu organisieren?“ Eine große Hilfe istes, wenn eine Fortbildung zum Thema Zeitmanagementund die effektive Gestaltung von Teamsitzungen in Anspruchgenommen werden können. Der Ideenaustauschliefert neue Impulse und frische Energie (Griebel, Niesel,Reidelhuber & Minsel, 2004).In den nachfolgenden Abschnitten werden pädagogischeSchwerpunkte benannt und fachlich begründet, die beider konzeptionellen Weiterentwicklung berücksichtigtwerden müssen, um die Erweiterung der Altersmischungzu einem Gewinn für alle <strong>Kinder</strong> und damit auchfür die Fachkräfte werden zu lassen. Aus dem Fachwissenwerden Konsequenzen für die pädagogische Praxisabgeleitet. Dabei geht es um die besonderen Bedürfnissevon <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>:Sichere Beziehung als Grundbedürfnis,Feinfühligkeit und beziehungsvolle Pflege,eine entwicklungsförderliche Umgebung schaffen,und die Berücksichtigung dieser Bedürfnisse <strong>im</strong> Alltageiner altersgemischten Gruppe.Es geht darum sicherzustellen, dass die älteren <strong>Kinder</strong>nicht zu kurz kommen und die individuellen Bedürfnisseder jüngeren <strong>Kinder</strong> Beachtung finden.Sichere Beziehung als Grundbedürfnis<strong>Kinder</strong> brauchen von Geburt an beständige liebevolleBeziehungen, um sich sicher zu fühlen und sich aufdieser sicheren Basis der Welt neu- und wissbegierigzuwenden zu können. Frühkindliche Bildung beginntmit der Geburt und kann daher nur <strong>im</strong> Zusammenspielvon Bindung zu verlässlichen Bezugspersonen undExploration, d. h. dem Erkunden von neuen Dingen undSituationen, geschehen (Becker-Stoll, 2007a). Im erstenLebensjahr entwickeln Säuglinge enge Bindungen anwenige Personen (in der Regel Mutter und Vater, aberauch die Großeltern), die sie schützen und versorgenkönnen. Im siebten Monat beginnt das Kind den Kontaktzu diesen Bindungspersonen bevorzugt zu suchen, indemes durch angeborenes Bindungsverhalten versucht,Blick- oder Körperkontakt herzustellen. Besonders inverunsichernden Situationen (z. B. fremde Umgebung,fremde Personen oder unangenehme Empfindungen)brauchen <strong>Kinder</strong> die Nähe und Aufmerksamkeit der Bindungspersonen,um sich nicht zu ängstigen und wiederzu beruhigen.Die täglichen Erfahrungen des Kindes mit verschiedenenBindungspersonen werden verinnerlicht und beeinflussendas „innere Bild“ des Kindes von sich selbst undseiner Umwelt. <strong>Kinder</strong> mit einer so genannten sicherenBindung haben die Erfahrung gemacht, dass sie etwain beängstigenden Situationen durch ihre Äußerungen(z. B. Weinen) die beruhigende Bezugsperson herbeirufenkönnen. Diese wird vom Kind als verlässlich wahrgenommen,da sie auf die Bedürfnisse des Kindes in angemessenerWeise eingeht. Erfährt ein Kind, dass seinBindungsverhalten nicht zuverlässig dazu führt, dassdie Bezugsperson in seine Nähe kommt und es tröstet,wird es sich <strong>im</strong> Laufe der Zeit <strong>im</strong>mer seltener an diesePerson wenden oder sich in ihrer Nähe verunsichertfühlen. Diesen <strong>Kinder</strong>n fällt es schwer, sichere Beziehungenaufzubauen.Verstehen


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN3839Fachwissen, das weiterhilftIn den ersten Lebensjahren ist die Eltern-Kind-Bindung von entscheidender Bedeutung.Sie bildet auch die Basis für weitereenge Beziehungen zu anderen Erwachsenen und auchGleichaltrigen. Die pr<strong>im</strong>äre Bindungsperson, meist dieMutter oder der Vater, ist und bleibt die wichtigste Bindungspersonjedes Kindes; dieses emotionale Band isteinzigartig und kann auch durch andere Bindungen nichtausgetauscht werden (Becker-Stoll, 2007b).Auch in der Tageseinrichtung braucht das Kind eineverlässliche Bezugsperson, um verunsichernde oderemotional herausfordernde Situationen zu meistern.Die aktuelle Bindungsforschung geht davon aus, dassregelmäßig und zuverlässig betreuende und vertrauteErzieherinnen den <strong>Kinder</strong>n, ähnlich wie die Eltern, eineemotionale Basis in emotional schwierigen Situationengeben und damit eine weitere wichtige Bezugspersonwerden können (Ahnert, 2004).Folgende fünf beziehungsrelevante Aspekte sollte eineverlässliche Erzieherin <strong>im</strong> Alltag einer <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungin <strong>unter</strong>schiedlichen Ausprägungen vermitteln(Ahnert, 2007b; Ahnert, 2006):1. ZuwendungDas Kind äußert Bindungsverhalten, indem es z. B. nachTrost sucht und versucht, die Aufmerksamkeit der Erzieherinzu wecken. Diese wendet sich dem Kind freundlichzu und beginnt, mit ihm liebevoll mit Worten und Gestenzu interagieren. Eine liebevolle und emotional warmeKommunikation trägt dazu bei, dass das Kind und dieErzieherin Freude am Kontakt und der gemeinsamenInteraktion haben.2. SicherheitDas Kind weiß, dass es in verunsichernden Situationenden Schutz und die Nähe der Erzieherin aufsuchen kann.Durch Blickkontakt versichert sich das Kind, dass dieErzieherin verfügbar ist, und fühlt sich auch auf seinenselbstständigen Erkundungen und Streifzügen in neues„Gelände“ sicher und geborgen.3. StressreduktionKommt das Kind in eine emotional herausfordernde Situation,äußert es z. B. seine Wut, Trauer oder Angst, suchtKörperkontakt und lässt sich von der Erzieherin trösten.Auf diese Weise <strong>unter</strong>stützt diese die Stressreduktion desKindes und die Bewältigung unangenehmer Gefühle.4. Explorations<strong>unter</strong>stützungDurch die sichere emotionale Basis ermutigt die Erzieherindas Kind zum Erkunden, Forschen und Exper<strong>im</strong>entieren,damit es sich selbst, andere und „die Welt“entdecken kann.5. AssistenzWenn das Kind eine Sache nicht alleine bewältigen kann,sucht es Unterstützung bei der Erzieherin. Diese hilftdurch zusätzliche Information und angemessene Hilfestellung<strong>im</strong> Sinne der „Hilfe zur Selbsthilfe“.Mit zunehmendem Alter nehmen die Bedürfnisse der<strong>Kinder</strong> nach Sicherheit und Stressreduktion ab, währendZuwendung, Explorations<strong>unter</strong>stützung und Assistenzbis zur Vorschulzeit ihren Stellenwert behalten. Stabileund verlässliche Bindungsbeziehungen, auf deren Grundlage<strong>Kinder</strong> sich und ihre Umwelt erkunden und späterSpielbeziehungen und Freundschaften zu Gleichaltrigenaufbauen können, sind von entscheidender Bedeutungfür die kindlichen Entwicklungs- und Bildungsprozesse.Fehlen diese zuverlässigen Beziehungen oder sind<strong>Kinder</strong> dem ständigen Wechsel von Betreuungspersonenausgesetzt, kann es zu erheblichen Beeinträchtigungender sozialen, kognitiven, sprachlichen, körperlichen undmotorischen Entwicklung kommen (Ahnert, 2004). <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungenmit erweiterter Altersmischungkönnen dazu beitragen, dass die wertvollen Beziehungsnetzeder <strong>Kinder</strong> bis zum Schuleintritt stabil gehaltenwerden können.Anders als in der Familie entwickeln sich individuelleErzieherin-Kind-Beziehungen <strong>im</strong> pädagogischen Alltaginnerhalb einer dynamischen <strong>Kinder</strong>gruppe. In einerumfassenden Zusammenschau verschiedener Studienkommen Ahnert, Pinquart und Lamb (2006) zu demErgebnis, dass sichere Erzieherin-Kind-Beziehungen injenen <strong>Kinder</strong>gruppen entstehen, in welchen die Gruppenatmosphäredurch ein empathisches Verhalten derErzieherin best<strong>im</strong>mt wird, das einerseits gruppenbezogenausgerichtet ist und andererseits die Dynamikin dieser Gruppe reguliert. Entscheidend hierbei ist dieFeinfühligkeit der Erzieherin gegenüber den sozialen Bedürfnissenjedes einzelnen Kindes vor dem Hintergrundder Anforderungen der ganzen Gruppe, welche etwavon der Größe und Zusammensetzung (Geschlecht,Alter) der <strong>Kinder</strong>gruppe beeinflusst werden.


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN4041Bei der Gestaltung der Erzieherin-Kind-Beziehungenist zu berücksichtigen, dass <strong>Kinder</strong> bis etwa zum18. Lebensmonat eher dyadische, d. h. familienähnlicheInteraktionen brauchen, um Beziehungssicherheitzu erfahren, während <strong>Kinder</strong> in den Spätphasen derKleinkindzeit (19. bis 36. Lebensmonat) zunehmend vongruppenorientierten Interaktionen innerhalb einer stabilenGruppe profitieren (Ahnert, 2005). Darüber hinauskonnte gezeigt werden, dass Beziehungen zwischenMädchen und Erzieherinnen leichter gelingen und ausgeprägtersind als zwischen Jungen und Erzieherinnen(Ahnert, Pinquart & Lamb, 2006).Konsequenzen für die PraxisDie so genannte „Eingewöhnung“ ist dieSchlüsselsituation für den Aufbau einer qualitativguten Beziehung zwischen Erzieherin undjedem einzelnen Kind. Die Basis für eine vertrauensvolleErziehungspartnerschaft zwischen Erzieherinnen undEltern wird ebenfalls in dieser Zeit gelegt.Zu bedenken ist, dass in altersgemischten Gruppen dieBeziehungen vier oder gar fünf Jahre bestehen bleiben.Es lohnt sich auch für das Fachpersonal, zu Beginn Zeitund Energie in den Beziehungsaufbau zu investieren,um dann langfristig mit emotional ausgeglichenen, lernfreudigen<strong>Kinder</strong>n und zufriedenen, für die Anliegen derEinrichtung engagierten Eltern zusammenzuarbeiten.Entscheidend für einen erfolgreichen Übergang von derFamilie in eine Einrichtung ist die feinfühlige Gestaltungder Eingewöhnungsphase. Häufig werden Formulierungengebraucht wie ‚das Kind wird eingewöhnt’. Jungenund Mädchen sind jedoch keine passiven Objekte,sondern sie müssen aktiv die vielfältigen Anforderungenbewältigen, die mit diesem Übergang von der Familiein die Kita verbunden sind (Griebel & Niesel, 2004). Umdiese Entwicklungsaufgabe erfolgreich zu bewältigen,brauchen Eltern und ihre <strong>Kinder</strong> in den ersten Wocheneine intensive und einfühlsame pädagogische Begleitungdurch eine kompetente und verlässliche Erzieherin.Der Verlauf der Eingewöhnung entscheidet darüber, obsich das Kind in der Einrichtung wohlfühlen und positivweiterentwickeln kann und die Erziehungspartnerschaftmit den Eltern einen guten Anfang n<strong>im</strong>mt. Das Kind hatwährend der Eingewöhnungsphase komplexe Aufgabenzu meistern:_ Es muss seine Verlustängste bewältigen, die mitder Trennung von der pr<strong>im</strong>ären Bezugspersonverbunden sind._ Es muss lernen, sich in Stresssituationen bei einerneuen Bezugsperson, d. h. der Bezugserzieherin,emotionalen Rückhalt zu suchen._ Es muss mit der neuen sozialen Situation umgehen;auch wenn die Konfrontation mit vielen <strong>Kinder</strong>n vielleicht<strong>im</strong> ersten Moment als beängstigend empfundenwird, kann der Kontakt zu den anderen <strong>Kinder</strong>n denÜbergang erleichtern._ Es muss sich eine neue Umgebung erschließen, dievöllig anders und vielfältiger gestaltet ist als die familiäreUmgebung._ Es muss sich durch den Wechsel während des Tageszwe<strong>im</strong>al an seine beiden <strong>unter</strong>schiedlichen Entwicklungsumgebungenmit jeweils anderen Bezugspersonenanpassen.Wie kann der Übergang von der Familie in dieKita gelingen?In den 1980er-<strong>Jahren</strong> wurde <strong>im</strong> Rahmen eines Forschungsprojektszu frühen Bindungsbeziehungen dasinzwischen vielfach bewährte INFANS-Eingewöhnungsmodellentwickelt (Laewen, Andres & Hédervári, 2000a;2000b). Ziel der elternbegleiteten, bezugspersonenorientiertenund abschiedsbetonten Eingewöhnung istes, dem Kind einfühlsam und nach seinen Bedürfnissenzu vermitteln, dass es die Einrichtung als neuen Lebensraumund eine neue verlässliche Bezugspersongewinnen kann, ohne dass ihm der Rückhalt in derFamilie verloren geht (Haug-Schnabel & Bensel, 2006).Vergleichende Studien (Laewen, Andres & Hédervári,2000a; Beller, 2002) konnten zeigen, dass <strong>Kinder</strong>, derenÜbergang in die Einrichtung wenig feinfühlig und eherabrupt gestaltet wurde, <strong>im</strong> Vergleich zu <strong>Kinder</strong>n, dieallmählich und nach ihren individuellen Bindungsbedürfnisseneingewöhnt wurden,_ häufiger wegen Krankheit fehlten,_ nach sieben Monaten Krippenbesuch Entwicklungsverzögerungenzeigten,_ nach sechs Monaten Unsicherheiten in der Mutter-Kind-Bindung aufwiesen,Der Übergang von der Familie in die Einrichtung ist füralle Beteiligten mit Veränderungsstress verbunden undkann daher nur <strong>im</strong> Zusammenwirken von Kind, Eltern,Fachkraft und <strong>Kinder</strong>gruppe gelingen (Beller, 2002).Während das Kind und die Eltern den Übergang aktiv bewältigenmüssen, moderiert und begleitet die Erzieherindiesen Prozess (Griebel & Niesel, 2004). In einigen Konzeptionenwird auch den anderen <strong>Kinder</strong>n in der Gruppeeine aktive Rolle bei der Eingewöhnung gegeben._ in der Anfangszeit weniger aktives Coping sowie mehrängstliches Verhalten und Stress äußerten.


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN4243Folgende Aspekte sollten bei der Gestaltung der Eingewöhnungsphaseberücksichtigt werden (Griebel &Niesel, 2004; Laewen, Andres & Hédervári, 2000b):1. VorbereitungEin rechtzeitiger Kontakt zu den Eltern mit persönlichemGespräch und Vorinformation über Bedeutung, Dauerund Ablauf der Eingewöhnung schafft die Grundlage fürdie gemeinsame Gestaltung der elternbegleiteten Eingewöhnung.Denn wichtige Voraussetzung für die erfolgreicheBewältigung des Übergangs ist, dass alle Beteiligtensich darüber einig sind, welche Schritte <strong>im</strong> Rahmender Eingewöhnung notwendig sind, welche Bedeutungsie haben und was jeder zu einem Gelingen beitragenkann. Auch sollte der Beginn der Eingewöhnung zeitlichnicht unmittelbar mit anderen einschneidenden oderbelastenden Ereignissen, wie beispielsweise dem Wiedereinstiegin die Berufstätigkeit, zusammenfallen. DieEltern sollten sich einen gewissen zeitlichen Rahmenschaffen, um auf unvorhergesehene Ereignisse, etwaeine Erkrankung des Kindes oder der Bezugserzieherin,flexibel reagieren zu können. In den ersten sechs bisacht Wochen sollte das Kind die Einrichtung nur halbtagsbesuchen. Um sich <strong>im</strong> Einrichtungsalltag zurechtzufinden,brauchen Eltern Zeit und Informationen, etwa überden Tagesablauf und die Gruppe.Die pr<strong>im</strong>äre Bezugsperson (z. B. Mutter, Vater, Großmutter)begleitet das Kind während der Eingewöhnungszeitund gibt ihm emotionalen Rückhalt. Sie verhält sich eherpassiv, geht aber aufmerksam und feinfühlig mit den Bedürfnissendes Kindes um und <strong>unter</strong>stützt das Interessedes Kindes am Kontakt zur Erzieherin. Das Wickeln undFüttern wird zunächst von der pr<strong>im</strong>ären Bezugspersonund erst dann von der Erzieherin übernommen, wenndas Kind dazu bereit ist.2. Aufgabe der ErzieherinFür die Eingewöhnung braucht das Kind eine konstanteBezugserzieherin. Die Bezugserzieherin lässt sich Zeit,das Vertrauen von Eltern und <strong>Kinder</strong>n wachsen zu lassen,und n<strong>im</strong>mt dann Kontakt zum Kind auf, wenn diesesdurch sein Verhalten seine Bereitschaft signalisiert.3. Dauer und Ablauf der EingewöhnungDie Dauer der Eingewöhnung richtet sich nach den individuellenBedürfnissen der <strong>Kinder</strong> und Eltern. Die Eingewöhnungsphaseist frühestens dann beendet, wenn dasKind eine stabile Beziehung zur Erzieherin aufgebaut hat,d. h., wenn es sich von der Erzieherin trösten lässt. Imfolgenden Schaubild ist der Ablauf der Eingewöhnungnach dem Berliner INFANS-Modell dargestellt (Laewen,Andres & Hédervári, 2000a; 2000b; vgl. auch Beller,2002).Grundphase (Tag 1–3)Mutter/ Vater kommt mit dem Kind zusammen in die Einrichtung, beide bleiben ca. eine Stunde <strong>im</strong> Gruppenraum.In den ersten <strong>drei</strong> Tagen erfolgt kein Trennungsversuch.Wichtigste Aufgabe der Eltern: „sicherer Hafen“ für das Kind seinErster Trennungsversuch (ab 4. Tag)Einige Minuten nach der Ankunft <strong>im</strong> Gruppenraum verabschiedet sich die Mutter/der Vater vom Kind,verlässt den Raum und bleibt in der Nähe. Max<strong>im</strong>ale Trennungszeit 30 Minuten.Ziel: vorläufige Entscheidung über die Dauer der Eingewöhnungsphase je nach Wohlbefinden des KindesKürzere Eingewöhnungszeitca. 1 WocheDie Zeiträume ohne Mutter/ Vater inder Gruppe werden vergrößert.Mutter/ Vater bleibt in der Einrichtung.StabilisierungsphaseSchlussphaseca. 2 WochenLängere Eingewöhnungszeitca. 2–4 WochenErst ab dem 7. Tag findet ein neuer Trennungsversuchstatt. Erst wenn sich das Kind von derErzieherin nach der Trennung trösten lässt,werden die Zeiträume ohne Mutter/ Vater in dennachfolgenden Tagen allmählich vergrößert.Mutter/ Vater bleibt in der Einrichtung.Mutter/ Vater hält sich nicht mehr in der Einrichtung auf, ist jedoch jederzeit telefonisch erreichbar,falls die Tragfähigkeit der neuen Beziehung zur Erzieherin noch nicht ausreicht,um dem Kind in herausfordernden Situationen emotionalen Rückhalt zu geben.


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN4445Woran erkennt man, dass ein Kind sich in derEinrichtung wohlfühlt?Ist die Eingewöhnung gelungen, integriert sich das Kindschnell in die Gruppe und wird oft überraschend selbstständig.In Stresssituationen sucht das Kind die Bezugserzieherinauf, um sich trösten zu lassen (Becker-Stoll,2007b). Sicherheit erlangen <strong>Kinder</strong> auch durch den Blickkontaktmit der Bezugsperson, die so genannte „sozialeRückversicherung“. Dies funktioniert allerdings nur dann,wenn die Bezugsperson ihrerseits Sicherheit äußert.Bringt sie dagegen Angst oder Sorge zum Ausdruck, erhöhtsich die Verunsicherung des Kindes (Bischof-Köhler,2008). Zufriedene <strong>Kinder</strong> sind fröhlich und weinen seltener,sie zeigen eine altersgemäße Frustrationstoleranzund können warten, wenn ihre Bedürfnisse nicht gleicherfüllt werden können. Letztlich ist es Ziel der Eingewöhnung,dass das Kind „an den neuen Herausforderungenwächst – nicht mehr nur Familienkind ist, sondern einpositives Selbstbild als kompetentes <strong>Kinder</strong>gartenkindentwickelt.“ (Griebel & Niesel, 2006, S. 87).Werden <strong>Kinder</strong> mit zwei <strong>Jahren</strong> aufgenommen, stelltman schnell fest, dass diese nicht einfach nur „kleine“Dreijährige sind, sondern besondere Bedürfnisseäußern. Denn oftmals befinden sie sich mitten in der anspruchsvollenTrotz- und Autonomiephase und brauchendann von den Erwachsenen besonderes Einfühlungsvermögen,erweiterte Spielräume und angemessene Orientierungshilfenetwa durch klare Spielregeln <strong>im</strong> Alltag. Vorallem dann, wenn diese Phase mit der Eingewöhnungszeitzusammenfällt, ist besondere Feinfühligkeit von denBezugspersonen und evtl. mehr Zeit für die Bewältigungdes Übergangs von der Familie gefragt, damit das Kind,die Eltern und letztlich auch die Bezugserzieherin nichtüberfordert werden. Aufgrund der hohen Bedürftigkeitnach Sicherheit und Bindung kommt es bei allen<strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> mehr als bei <strong>Kinder</strong>gartenkinderndarauf an, dass die Beziehungskontinuität stetsgewährleistet ist, der individuelle Tagesrhythmus desKindes Berücksichtigung findet und die Pflegesituationsorgfältig als Zuwendungszeit gestaltet wird (vgl. Kapitel„Beziehungsvolle Pflege und Feinfühligkeit“ ab S. 46).Anregungen zur praktischenUmsetzungLeitfaden für das Erstgespräch zurEingewöhnung:Die Erzieherin vermittelt den Eltern:_ Informationen zur Gruppe_ Informationen zum Kita-Alltag (z. B. Tagesablauf)_ erste persönliche Informationen zumEingewöhnungsmodell_ weitere Terminabsprachen_ positive Einstellung der Erzieherin zur außerfamiliärenTagesbetreuung von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>_ konkrete Handlungshinweise, Informationen undEmpfehlungen für die ersten Tage der EingewöhnungDie Erzieherin erfragt bei den Eltern:_ Informationen über das Kind (Gewohnheiten,Besonderheiten usw.)_ Informationen zu seinen Lebensbedingungen(Alltag, Geschwister, Bezugspersonen usw.)(Vereinigung Hamburger <strong>Kinder</strong>tagesstätten gGmbH, 2005, S. 20.)Qualitätsgewinn auch für die älteren <strong>Kinder</strong>Die Kooperationseinrichtungen der Stadt München bietenseit vielen <strong>Jahren</strong> gemeinsame Bildung, Erziehungund Betreuung von <strong>Kinder</strong>n deutlich <strong>unter</strong>schiedlichenAlters, insbesondere <strong>im</strong> Krippen- und <strong>Kinder</strong>gartenalter.Nach sorgfältiger Erprobung und wissenschaftlicherBegleitung wird in der pädagogischen Rahmenkonzeptionfolgendes Fazit gezogen, das zeigt, dass die Veränderungen<strong>im</strong> Zuge der Altersöffnung auch für die älteren<strong>Kinder</strong> von Vorteil sein können (Sozialreferat der LandeshauptstadtMünchen, 2000):„Erzieherinnen <strong>im</strong> <strong>Kinder</strong>garten können z. B. davon profitieren,wenn sie beobachten, wie umsichtig ein neuesKind in die <strong>Kinder</strong>krippe aufgenommen wird(S. 46) … Die guten Erfolge, die mit der umsichtigen Eingewöhnung<strong>im</strong> Krippenbereich erzielt wurden, eröffnenauch Erziehungskräften, die bisher <strong>drei</strong>jährige und ältere<strong>Kinder</strong> aufgenommen haben, eine neue Perspektive …Denn in Kooperationseinrichtungen werden selbstverständlichnicht nur <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> aufgenommen,sondern auch ältere.“ (S. 48)Das sagt der Bayerische BildungsundErziehungsplan→ Kapitel 6.1 Übergänge des Kindes undKonsistenz <strong>im</strong> Bildungsverlauf (Transitionen)(S. 96–113)„Übergangsbegleitung heißt, Bewältigungsprozesse zu<strong>unter</strong>stützen und Belastungen abzumildern. Unterstützungder Eltern und <strong>Kinder</strong> heißt, sie über den Übergangumfassend zu informieren … Die Information setzt Kindund Eltern in die Lage, den eigenen Bewältigungsprozessund dessen Begleitung aktiv mitzugestalten …Entlastend wirkt eine Haltung der Fachkräfte, die einfühlend,partnerschaftlich und wertschätzend ist, die den<strong>Kinder</strong>n und Eltern Gefühlsreaktionen zugesteht …“(S. 102)


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN4647Beziehungsvolle Pflege und FeinfühligkeitDie Arbeit mit <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> setzt in derpädagogischen Arbeit neue Schwerpunkte und istgrundsätzlich mit mehr körperlicher und emotionaler Zuwendungund Nähe zum Kind verbunden. Dies hängt mitdem Bedürfnis der Kleinstkinder nach engen und zuverlässigenBindungen zusammen und kommt besondersbei der beziehungsvollen Pflege und in für die <strong>Kinder</strong>emotional herausfordernden Situationen zum Ausdruck.Im Hinblick auf altersgemischte Gruppen könnte einehöhere Aufmerksamkeit der pädagogischen Fachkräfteauf die individuellen emotionalen Bedürfnisse der <strong>Kinder</strong>auch ein Gewinn für die älteren <strong>Kinder</strong> sein.Fachwissen, das weiterhilftBeziehungsvolle Pflege„Pflege begünstigt die angeborene Tendenzdes Kindes, seinen Körper zu bewohnen, Freude an denkörperlichen Funktionen zu finden und die von seinerHaut gebildete Grenze, die das Ich vom Nicht-Ich scheidet,zu akzeptieren” (Winnicott, 1990; zitiert nach vonAllwörden & Drees, 2006, S. 5)Beziehungsvolle Pflege ist Begegnung und Erziehungund sie braucht Zeit. Die ungarische <strong>Kinder</strong>ärztin EmmiPikler (1902–1984) richtete ihr Augenmerk auf dieQualität des Umgangs mit dem Kind in den alltäglichenInteraktionen zwischen Erwachsenem und Kind. Alltagsroutinenwie das Wickeln, Baden und Füttern sind Gelegenheiten,durch exklusive Zweierzeit die Beziehungzwischen Kind und Erzieherin zu stärken, da sich beidedurch Berührung und achtsame Interaktion begegnenund miteinander noch vertrauter werden (können).Die Wickelsituation sollte so gestaltet werden, dass sichdie Erzieherin dem Kind individuell zuwendet, indemsie mit dem Kind spricht und ihre Tätigkeiten sprachlichbegleitet. Damit stellt die körperliche Pflege einebedeutsame Situation dar, in welcher das Kind wichtigeemotionale und sprachliche Erfahrungen sammelnkann. „Das Kind lernt in der Pflege, ob ihm Schutz undUnterstützung zuteil werden kann, ohne dass es ausgeliefertist. Es erlebt, ob es Freude macht, in Berührungund Beziehung zu sein, … ob es wahrgenommen undrespektiert wird.“ (von Allwörden & Drees, 2006, S. 5).In der Pflegesituation lernt das Kind seine Bedürfnisse,Wünsche und sein Befinden mitzuteilen. Die sprachlicheBegleitung, die Ankündigung einer Handlung sowie dieVerbalisierung der kindlichen Reaktionen <strong>unter</strong>stützt zumeinen das Vertrauen des Kindes, kann zum anderen auchdie Erzieherin darin <strong>unter</strong>stützen, mit ihrer ungeteiltenAufmerksamkeit be<strong>im</strong> Kind zu bleiben.Beziehungsvolle Pflege nach Emmi Pikler kommt zumAusdruck_ in liebevollem Respekt vor dem Kind,_ in ungeteilter Aufmerksamkeit,_ in behutsamen Berührungen,_ in sprachlicher Ankündigung und ruhiger Begleitungder Handlungen, welche das Kind zur Kooperation undzum Dialog anregen.Feinfühliger Umgang mit kindlichen Gefühlen<strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> sind kleine Forscher und Entdecker,die häufig an die Grenzen ihrer Fähigkeiten stoßen.In solchen Situationen äußern sie ihre Gefühle <strong>im</strong>pulsivund ungebremst, so dass jede Erzieherin unmittelbarherausgefordert ist, möglichst rasch und angemessenzu reagieren. Beeinflusst wird ihre Reaktion voneigenen Erfahrungen und davon, welche Haltung siebest<strong>im</strong>mten Gefühlen (z. B. Ärger, Trauer) gegenüber hatund wie sie selbst mit ihren eigenen Gefühlen umgeht(Gottman, Katz & Hooven, 1996). Wer in seiner eigenenKindheit die Erfahrung gemacht hat, dass z. B. Ärger(von Mädchen) nicht geäußert werden soll oder sogarbestraft wurde, wird später selbst <strong>Kinder</strong> bzw. Mädchendazu anleiten, ihren Ärger zu <strong>unter</strong>drücken. Auf dieseWeise werden jedoch wichtige Lernerfahrungen für denUmgang mit emotional herausfordernden Situationenverhindert. Förderlich für die emotionalen Erfahrungender <strong>Kinder</strong> ist hingegen die Haltung „alle Gefühle sindo.k., aber nicht jedes Verhalten“ – auf diese Weise kanndie Erzieherin das Kind darin <strong>unter</strong>stützen, seine Gefühlezu akzeptieren und auszudrücken, und vermittelt gleichzeitigRegeln und Grenzen für das Verhalten oder gibtHilfestellung be<strong>im</strong> Problemlösen in emotional herausforderndenSituationen (Wertfein, 2006).Entscheidend <strong>im</strong> direkten Umgang mit den kindlichenGefühlen ist die Feinfühligkeit der Erzieherin, d. h. ihreFähigkeit und Bereitschaft, die nonverbalen und verbalenMitteilungen des Kindes wahrzunehmen, richtig zudeuten und prompt sowie angemessen zu reagieren(Grossmann, 1977). Auf diese Weise lernt das Kind dieBedeutung seiner Gefühle und Strategien zur Regulationdieser Emotionen kennen (Grossmann, 2004). Damitstellt auch jede emotionale Situation in der Einrichtungeine Gelegenheit dar, dass sich Erzieherin und Kindnäherkommen und vertrauter miteinander werden.Konsequenzen für die PraxisNeben der behutsamen und elternbegleitetenEingewöhnung (siehe Kapitel „Konsequenzenfür die Praxis“ ab S. 40) gehört zurBetreuungsqualität auch das Kriterium Betreuungskontinuitätin den ersten Lebensjahren. Häufige Wechsel derBezugspersonen in der Einrichtung stellen für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong><strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> eine große Belastung dar und führen zudeutlichen Stressreaktionen, etwa einer erhöhten Ausschüttungdes Stresshormons Cortisol (Haug-Schnabel,2005). Wie bereits ausgeführt, brauchen <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong><strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> eine verlässliche Bezugsperson, die ihnenin schwierigen Situationen Trost und Sicherheit gebenkann. Das Bedürfnis nach Beziehungskontinuität bestehtin besonderem Maße während der Eingewöhnungsphaseund der ersten Monate danach, nach Fehlzeiten desKindes (z. B. nach Krankheit), aber auch während desTages, um beziehungsvolle und zuverlässige Pflege <strong>im</strong>oben genannten Sinne zu ermöglichen. Für die Zeit derEingewöhnung ist eine entsprechende Personalplanungnötig. Hausinterne Rollierkräfte müssen den <strong>Kinder</strong>nvertraut sein.Qualitätsgewinn auch für die älteren <strong>Kinder</strong>Exklusive Zeit und ungeteilte Aufmerksamkeit brauchenauch die älteren <strong>Kinder</strong> von Zeit zu Zeit. Da bei ihnenPflegeroutinen seltener und weniger ausgeprägt sind,sollte die Erzieherin nach Möglichkeit auch den älteren<strong>Kinder</strong>n best<strong>im</strong>mte Tätigkeiten oder Gespräche anbieten,in denen ihnen ihre volle Aufmerksamkeit zuteilwird. Es bietet sich an, dies als altersspezifisches Angebotin den Tages- oder Wochenplan fest einzuplanenund einen ungestörten Ort aufzusuchen. Darüber hinauskönnen die älteren <strong>Kinder</strong> in die Pflegetätigkeiten miteinbezogen werden, indem sie zusehen oder mithelfen.So können sie sich mit ihrer eigenen körperlichenEntwicklung auseinandersetzen („so war ich früher, sobin ich jetzt“) und Selbstbestätigung bekommen („ichbrauche keine Windeln mehr“).


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN4849Das sagt der Bayerische Bildungs- undErziehungsplan→ Kapitel 7.2. Emotionalität, soziale Beziehungenund Konflikte (S.186ff.)„Das Kind lernt, kompetent und verantwortungsvoll miteigenen Gefühlen und den Gefühlen anderer Menschenumzugehen. Es entwickelt sich, ausgehend von einemGefühl der Sicherheit und des Vertrauens in andere, zueinem selbstbewussten, autonomen Menschen, istkontakt- und kooperationsfähig und kann konstruktiv mitKonflikten umgehen. Es lernt, belastende Situationeneffektiv zu bewältigen.“ (S. 188)Eine entwicklungsförderlicheUmgebung schaffen<strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> verändern die Ansprüche aneine entwicklungsförderliche <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung. Siemuss nun den vielfältigeren Bedürfnissen aller <strong>Kinder</strong>gerecht werden, die die erweiterte Altersspanne mitsich bringt. Für eine gelingende kognitive, soziale undemotionale Entwicklung brauchen alle <strong>Kinder</strong>, nebenzuverlässigen erwachsenen Bezugspersonen, eine überschaubare,aber anregungsreiche Bildungsumwelt. Diesesollte eine heitere, ermutigende Atmosphäre, ausreichendPlatz und Zeit, geeignete Interaktionspartner undVorbilder sowie altersangemessene Unterstützung undBegleitung bei der Bewältigung von Entwicklungsaufgabenzur Verfügung stellen (Haug-Schnabel & Bensel,2006). Dies kann gelingen durch:_ eine kontinuierliche Betreuung durch zuverlässige, stetsansprechbare Bezugspersonen (vgl. Kapitel „SichereBeziehung als Grundbedürfnis“ ab S. 37). Neben derBezugserzieherin, zu welcher das Kind während derEingewöhnung eine enge Beziehung entwickelt hat,empfiehlt es sich, jedem Kind eine weitere Bezugspersonzuzuordnen, um z. B. bei Krankheit der Bezugserzieherinoder bei Teilzeit-Arbeitsmodellen die emotionaleSicherheitsbasis für die <strong>Kinder</strong> zu gewährleisten,_ eine verlässliche Tagesablaufgestaltung mit Spielräumen,welche die speziellen Bedürfnisse der Jüngsten(wie z. B. Nahrung, Pflege und Ruhe) berücksichtigt,ohne die Älteren einzuschränken,_ eine durchdachte Raumgestaltung und anregende,altersgemäße Materialien,Fachwissen, das weiterhilftSpielen und Lernen sind einsDie kognitive Entwicklung, d. h. die Entwicklung dergeistigen Fähigkeiten und des Denkens, ist ein kontinuierlicherProzess, der wohl schon vor der Geburt beginntund ab der Geburt als aktive Auseinandersetzung desganz jungen Menschen mit den Personen, den Dingenund den Geschehnissen in seiner Umgebung sehrschnell an Komplexität gewinnt (Kasten, 2005).Alle Anregungen, Eindrücke und Erfahrungen, dieJungen und Mädchen in ihren Lebensbereichen Familieund <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung ermöglicht werden,sind für junge <strong>Kinder</strong> mit Lernprozessen verbunden.Ihr Bild von sich selbst und ihr Weltbild werden Tag fürTag erweitert. Beobachten, nachahmen, ausprobieren,was Erwachsene und ältere <strong>Kinder</strong> tun, eigene Ideenentwickeln, kreativ werden, Spielpartnerinnen undSpielpartner nach Interessen und Sympathie auswählen,in Auseinandersetzungen geraten und Konflikte lösen zukönnen – all das nehmen Mädchen und Jungen aus derPerspektive ihres Entwicklungsstandes wahr, interpretierenes, gehen den Dingen auf ihre Art und Weisehandelnd und fragend auf den Grund und verblüffenund erfreuen Erwachsene und ältere <strong>Kinder</strong> nicht seltendurch ihre originellen Einsichten, Ideen und Lösungen.Das Spiel ist die wichtigste Tätigkeitsform von <strong>Kinder</strong>n.Sie lernen, dass sie selbst ihre Umwelt und andere Menschenbeeinflussen können und umgekehrt, dass andereMenschen und das, was sie in ihrer jeweiligen Umweltvorfinden, ihr Tun und ihr Empfinden beeinflusst.Jedes Alter hat seine typischen Merkmale des Forschensund Entdeckens. Während es für die Jüngstentypisch ist, dass sie mit all ihren Sinnen und dem ganzenKörper arbeiten, also berühren, riechen, hören, schmecken,schauen und dabei die Bewegung brauchen, umzu verstehen, wie etwas beschaffen ist, wie es funktioniert,beginnen die etwas Älteren z. B. zu sammeln,nach Gemeinsamkeiten zu klassifizieren, Eigenartenzu <strong>unter</strong>scheiden und durch symbolisches Handeln <strong>im</strong>Rollen- und Fantasiespiel komplexe Geschehnisse undZusammenhänge darzustellen. Regelspiele werdenwichtig, nicht nur gewinnen, sondern auch verlierenkönnen muss gelernt werden, differenzierte Interessenwerden deutlicher, die intellektuellen Ansprüche werdengrößer, die Zusammenhänge komplexer, die Eigenverantwortungwächst.Die Inhalte gelten jedoch für jedes Alter: Alle <strong>Kinder</strong>lieben Musik; Kreativität und Ästhetik werden spätestensbe<strong>im</strong> Einsatz von Fingerfarben sichtbar, Naturwissenund -interesse zeigen <strong>Kinder</strong>, bevor sie sprechenkönnen, und in der Pflegesituation beginnt die gesundheitlicheBildung.Die Rolle der Erwachsenen hat sich verändert. Sie sindnicht mehr die „Lehrmeister“ der noch ungebildeten<strong>Kinder</strong>, sondern sie sind das Gegenüber, das die Aneignungsprozesseder <strong>Kinder</strong> mit Respekt beobachtet undin der Interaktion mit den <strong>Kinder</strong>n eine Lernumgebungschafft, die Mädchen und Jungen herausfordert, dennächsten Entwicklungsschritt zu gehen, und die Lernfreudeund Explorationslust der <strong>Kinder</strong> lebendig erhält._ beziehungsvolle Pflege (vgl. Kapitel „BeziehungsvollePflege und Feinfühligkeit“ ab S. 46),_ überschaubare Gruppenstrukturen für die Jüngsten undvielfältige Interaktionsmöglichkeiten für die Älteren,_ soziale und interaktive Anregungen <strong>im</strong> gemeinsamenHandeln, Spielen, Sprechen und Denken in Alltagssituationenund in gezielten pädagogischen Angebotenfür altersähnliche Kleingruppen und altersgemischteGruppen (vgl. Kapitel „Reflexion“ ab S.17).


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN5051Klarheit und Flexibilität in der TagesstrukturRituale <strong>unter</strong>stützen BildungsprozesseFür Kleinkinder, die noch keinen Zeitbegriff haben,bietet eine klare Struktur, begleitet von ritualisiertenHandlungen, die wie Markierungspunkte wirken, einewichtige Unterstützung be<strong>im</strong> Verkraften eines ereignisreichenTages.Mit dem Hin- und Herwechseln ist <strong>im</strong>mer auch eine Verabschiedungauf Zeit von den Menschen <strong>im</strong> jeweils anderenLebensbereich verbunden. Die Abgeschlossenheitder Eltern-Kind-Beziehung wird für einen Teil des Tagesaufgegeben – auch von den Eltern. Wenn das Kind sichaus der Tageseinrichtung nach Hause verabschiedet,lässt es auch dort einiges bis zum nächsten Tag zurück:die <strong>im</strong>mer vertrauter werdende Umgebung, die <strong>Kinder</strong>,zu denen sich freundschaftliche Spielbeziehungen entwickeln,und nicht zuletzt die als Bezugsperson wichtiggewordene Erzieherin. Kein Wunder, dass <strong>Kinder</strong>, auchwenn es be<strong>im</strong> Abschied am Morgen Tränen gibt, be<strong>im</strong>Abholen ihre Zeit brauchen, „fertig zu spielen“, sichdarauf einzustellen, Abschied zu nehmen, um zu Hausewieder anzukommen. Kleine Rituale wirken dabei wieÜberbrückungshilfen.Ankommen, die gemeinsamen Mahlzeiten, wickelnoder schlafen, abgeholt werden – all diese Abschnitte<strong>im</strong> Tagesverlauf sind mit kleinen Ritualen verbunden,die ganz selbstverständlich vollzogen werden. Ein sehrstrikter Zeitrahmen würde an den Bedürfnissen der<strong>Kinder</strong> vorbeigehen, ihre Aktivitäten beschneiden oderihre Fähigkeiten zum Aufschub des Bedürfnisses nachNahrung oder Ruhe überfordern. Nötig ist eine strukturierteGestaltung der täglichen Ereignisse, die zwarflexibel, aber dennoch deutlich markiert ist. Sie hilft <strong>Kinder</strong>n,Zeitrhythmen auf ihr eigenes Leben zu beziehenund allmählich einen Zeitbegriff zu entwickeln und denUmgang mit Zeit zu erlernen.Was regelmäßig <strong>im</strong>mer wieder aufs Neue getan wird,wird bald zur Selbstverständlichkeit, es bedarf <strong>im</strong>alltäglichen Handeln keiner weiteren Erklärungen. So<strong>unter</strong>stützt die Erzieherin Mädchen und Jungen dabei,Erwartungen auszubilden und, wenn diese zuverlässigerfüllt werden, Vertrauen zu entwickeln. Ein erheblicherTeil der Bildung vollzieht sich von frühester Kindheit anin Ritualen.In vielen Einrichtungen wird z. B. <strong>im</strong> Morgenkreis gesungenund ein Instrument dazu gespielt. Auch die Kleinstensind auf dem Schoß der Erzieherin aufmerksam dabei.Der Reiz liegt hier in der Wiederholung des Bekannten,aber auch in der Variation durch neue Lieder, Re<strong>im</strong>e,Texte. So erlangen <strong>Kinder</strong> nicht nur einen umfangreichenSchatz an Melodien und Texten, sondern darüber hinausdurch die koordinierten Bewegungen mit Händen, Armen,Beinen und dem ganzen Körper ein umfangreichesBewegungswissen. Bei aller Stabilität – die Ritualewerden jeden Tag ein wenig anders verlaufen. Die Weltist stabil und doch <strong>im</strong>mer wieder anders.Alleine spielen können ist wichtig für das Spielenmit anderenDas Einzelspiel existiert in allen Altersstufen, ist bei <strong>Kinder</strong>n<strong>im</strong> zweiten und dritten Lebensjahr jedoch besondersausgeprägt zu beobachten. Das Charakteristischeist die hohe Konzentration, die große Engagiertheit, mitder <strong>Kinder</strong> bei der Sache sind. Mädchen und Jungenlernen so die vielfältigen Eigenschaften von Materialienkennen und erweitern ihr Können und Wissen. Engagiertheitist in hohem Maße abhängig von der räumlichenGestaltung sowie der altersgerechten materiellenAusstattung und ganz entscheidend vom Wohlbefindender <strong>Kinder</strong> selbst. Meistens sind die <strong>Kinder</strong>, die hochengagiert spielen, auch in der Lage, soziale Problemeleichter zu lösen. Auch gehören sie in der Regel zu denbeliebtesten <strong>Kinder</strong>n (vgl. Kapitel „So kann die altersgemischteEinrichtung funktionieren“ ab S. 64).Mit Lust und Freude ganz bei der Sache seinWann sind <strong>Kinder</strong> ganz bei der Sache, also wann sindsie besonders engagiert? Und: Wie reagieren sie aufbest<strong>im</strong>mte Angebote, welche Interessen haben sie?Engagierte <strong>Kinder</strong> lassen sich nicht leicht ablenken,sie zeigen Ausdauer und Konzentration, Kreativitätund Explorationslust. Sie gehen an die Grenzen ihrerMöglichkeiten, sie nehmen Herausforderungen an undmachen – so die zentrale Annahme – dabei wesentlicheEntwicklungsschritte. Zu beobachten sind auch Freudeund Befriedigung. Wenn <strong>Kinder</strong> sich engagieren, sind sievon der Sache begeistert und mobilisieren viel Energie.Ein wesentlicher Bestandteil des Konzeptes derEngagiertheit ist das Prinzip der individuell angemessenenHerausforderung: Eine Aufgabe darf weder zuschwierig sein, damit es nicht zu einer Überforderungkommt, die letztendlich zu Hilflosigkeit führt, noch darfsie zu leicht sein, damit nicht Unterforderung und Langeweileentstehen.Im Fokus steht dabei nicht, was ein Kind schon kann,sondern, wie es sich auf Aktivitäten einlässt, wie es seinenInteressen nachgeht, wie es aktuelle Lernchancenseiner Umgebung nutzt. Beobachtung und Dokumentationliefern konkrete Anhaltspunkte für eine Reflexionder Angebote für die <strong>Kinder</strong> und für die Planung despädagogischen Vorgehens.Das Konzept ist nicht einseitig kognitiv ausgerichtet, esbetont vielmehr, dass Lust und Freude an der Bewältigungder Herausforderung dazugehören. Engagiertheitbedeutet, dass ein Kind sich mit einer Sache in ersterLinie um ihrer selbst willen beschäftigt und nicht umLob oder Anerkennung von anderen zu bekommen(Mayr & Ulich, 2003).


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN5253Selbstwirksamkeit erleben fördert die LernlustSchon sehr junge <strong>Kinder</strong> zeigen ihren Willen, selbst zuhandeln und ohne Kontrolle durch andere eigenständigüber die Bewältigung von Aufgaben, die sie sich vorgenommenhaben, best<strong>im</strong>men zu können. Sich selbst alskompetent zu erleben, zu erfahren, dass ich meine sozialeund dingliche Umwelt beeinflussen kann, baut vonGeburt an die Motivation auf, mehr zu können und auchschwierigere Aufgaben zu meistern. Schon <strong>im</strong> zweitenund <strong>im</strong> dritten Lebensjahr zeigt sich der Glaube an dieeigene Leistungsfähigkeit, in dem der starke Anreiz zumweiteren Lernen, aber auch zur Übernahme von Verantwortungfür sich selbst und die Gruppe steckt. Dasregelmäßige positive Erleben bei der Aufgabenbewältigung– also be<strong>im</strong> Lernen – wird so in das Selbstkonzeptintegriert (Niesel, 2008).Lernvorgänge sind <strong>im</strong>mer von Gefühlen begleitet. Mitdem Gelernten werden auch die dabei erlebten Gefühlemit gelernt und später wieder aktiviert. <strong>Kinder</strong>, dieschnell entmutigt sind, haben bereits gelernt, an deneigenen Fähigkeiten zu zweifeln. Bei schneller Entmutigungund Frustration tun regelmäßige Ermutigungenzum eigenständigen Handeln gut. Eine gute, vertrauensvolleBeziehung zwischen Kind und erwachsener Personist dafür Voraussetzung. Die Anforderungen sollen fürdas Kind interessant sein, mit mittlerer Anstrengung zuschaffen sein und so gestaltet werden, dass das KindEntscheidungsmöglichkeiten (Autonomieerfahrung) hat.In der Fachliteratur ist auch von „Lerndispositionen“(Leu et al., 2007) die Rede. Damit ist eine Neigung odergewohnheitsmäßige Bereitschaft gemeint, sich je nachSituation auf die Lernmöglichkeiten einzulassen, die inihr stecken. Das bezieht sich nicht (nur) auf das schulischeoder akademische Lernen, sondern meint dieNeugier und Lust an Exploration, an Entdeckungen, anAnstrengung um einer Sache willen in jedem Alter.Konsequenzen für die PraxisDie Raumgestaltung und die Ausstattungmit neuen Augen sehenZweijährige <strong>Kinder</strong> sind ca. 90 cm groß, die Augenhöheliegt etwa zehn Zent<strong>im</strong>eter dar<strong>unter</strong>. Die Spannweite derArme ist geringer als bei älteren <strong>Kinder</strong>n, die Füße sindhäufig noch nicht völlig trittsicher, die Feinmotorik derHände ist deutlich weniger ausdifferenziert als bei Vorschulkindern.Je jünger <strong>Kinder</strong> sind, desto empfindlichersind die Haut und das Gehör.Die <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung ist nach der Familie der wichtigsteLebensraum eines Kindes. Wird das Wort geteiltin „Leben“ und „Raum“, zeigen sich die beiden Grundprinzipien,die für alle <strong>Kinder</strong> zusammenpassen müssen.Aber auch die Perspektive der Erwachsenen, für die dieseRäume Arbeitsplätze sind, ist zu berücksichtigen. Siemüssen so funktional sein, dass sie die pädagogischenund pflegerischen Handlungen <strong>unter</strong>stützen (Tietze &Viernickel, 2002).Um zu erreichen, dass die Räume allen Lebensbedürfnissengerecht werden, müssen sie einerseitsbest<strong>im</strong>mten Funktionen Rechnung tragen, andererseitsaber Flexibilität (z. B. durch bewegliche Elemente)ermöglichen, um z. B. an die mit dem Alter verändertenInteressen angepasst werden zu können. Sie solltenübersichtlich sein, aber doch Vielfalt ermöglichen. Siebieten geschützte Bereiche (Nischen) für die Jüngsten,für ihre Einzelaktivitäten und Spiele zu zweit oder dritt,schirmen die anspruchsvollen Tätigkeiten der älteren<strong>Kinder</strong> von Störungen ab und geben doch auch Raum füralle, für die gesamte Gruppe. Die ästhetische Gestaltungist wichtig für eine Atmosphäre, in der sich <strong>Kinder</strong> undErwachsene wohlfühlen. Sie soll Geborgenheit bietenund die Spiel- und Explorationslust fördern.Eine gute Raumgestaltung ist keine fertige. Sie ermutigt<strong>Kinder</strong>, die Räume zu ihren Räumen zu machen, durchihre Art der Nutzung und durch ihre Mit- bzw. Umgestaltung.Auch so erleben <strong>Kinder</strong> Selbstwirksamkeitund Zugehörigkeit, aber auch Kreativität, geistige undkörperliche Geschicklichkeit.Ruhebereiche sind unerlässlichRuhebereiche müssen für <strong>Kinder</strong> in den ersten Lebensjahrenjederzeit zur Verfügung stehen. Die Kleinenmüssen die Möglichkeit haben, sich dem Lärmpegelund der Unruhe des Gruppengeschehens zu entziehenund sich zu beruhigen. Aber auch die <strong>Kinder</strong>, die schon<strong>drei</strong> Jahre oder älter sind, brauchen <strong>im</strong> Tagesverlaufdie Möglichkeit, sich zurückzuziehen, sich auszuruhenund zu entspannen. Das Bedürfnis nach Aktivität oderRuhe ist individuell sehr <strong>unter</strong>schiedlich ausgeprägt,hängt auch von der jeweiligen Tagesform ab und davon,wie anstrengend einzelne Situationen oder Aktivitätenerlebt werden. Erzieherinnen nehmen die Signale fürErmüdung z. B. durch Reizüberflutung wahr und helfen<strong>Kinder</strong>n zur Ruhe zu kommen und sich zu erholen – auchdurch besondere Zuwendung und Körperkontakt.<strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> brauchen einen geschütztenSchlafplatz. Durch den andauernden Austausch mit denEltern weiß die Erzieherin um die Ruhe- und Schlafgewohnheitenjedes Kindes und nutzt die vertrautenRituale und Utensilien, wie Schmusetuch oder Schnuller.Sie <strong>unter</strong>stützt den Wechsel von der aktiven Phase zurRuhezeit und ebenso, wenn das Kind z. B. nach demMittagschlaf wieder in das Gruppengeschehen zurückfindet.Opt<strong>im</strong>alerweise ist dies jene Erzieherin, diedem Kind am meisten vertraut ist und es während derEinschlaf- und Aufwachphase begleitet.


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN5455Während des Schlafs ist selbstverständlich eine vertrautePerson in Hörweite. Mit den älteren <strong>Kinder</strong>n,die nicht mehr schlafen oder früher aufstehen, werdenRegeln besprochen, um die schlafenden <strong>Kinder</strong> nicht zustören.Pflegezeit ist wertvolle ZeitWerden <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> in die <strong>Kinder</strong>gartengruppeaufgenommen, bekommt das Thema „Pflege“eine stärkere Gewichtung, auch wenn es bisher schonab und zu neu aufgenommene <strong>Kinder</strong>gartenkinder gegebenhat, die noch eine Zeit lang eine Windel brauchten.Für die jüngeren <strong>Kinder</strong> muss ein Wickelbereich eingerichtetwerden, der vom Spiel- und Essensbereichabgegrenzt ist. Ein Waschbecken mit Warmwasseranschlusssoll sich in unmittelbarer Nähe befinden. Diepersönlichen Pflegeutensilien wie Windeln oder Wäschezum Wechseln werden für jedes Kind gesondert ingekennzeichneten Fächern aufbewahrt. Am besten istder Wickelplatz über eine kleine Treppe von den etwasgrößeren <strong>Kinder</strong>n selbst zu erreichen. Das ist rückenschonendfür die Erzieherin und <strong>unter</strong>stützt das Selbstständigwerden.Kleinkinder, die bereits auf dem Weg zumehr Selbstständigkeit sind, müssen nicht unbedingt <strong>im</strong>Liegen gewickelt werden. Ganz allmählich übernehmensie Verantwortung für ihre Körperpflege, z. B. durch dasÖffnen ihrer Kleidung, das Schließen der Windel usw.Die Pflegezeit <strong>im</strong> pädagogischen Sinne stellt eine wesentlicheZuwendungszeit dar, welche für den Aufbauund die Vertiefung einer verlässlichen Beziehung zwischenpädagogischer Fachkraft und Kind bedeutsam ist.Schließlich ist es ein deutlicher Vertrauensbeweis desKindes, sich wickeln und berühren zu lassen. Im manchmalsehr lebhaften Treiben der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung istdie Pflegesituation die Zeit, in der junge <strong>Kinder</strong> die ungeteilteAufmerksamkeit ihrer Erzieherin genießen können.In einer angenehmen Atmosphäre berührt sie das Kindsanft und mit Zuneigung. Ihre M<strong>im</strong>ik drückt aus, dassauch sie sich freut, die Zeit für eine kleine Geschichte,einen Vers oder ein Fingerspiel zu haben. So kann dasWickeln ganz nebenbei der Sprachförderung dienen.Das Wickeln und die Pflege sind Teil der Sauberkeitserziehung.Für Eltern ist die Sauberkeitserziehung einThema, dem sie viel Aufmerksamkeit widmen. Der engeAustausch und die Zusammenarbeit mit den Eltern sinddaher unerlässlich. Erzieherinnen müssen die Vorstellungender Eltern kennen und sich mit den Eltern darüberaustauschen, wie in der Familie und in der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungdas Sauberwerden angemessen <strong>unter</strong>stütztwerden kann.Räume müssen Sinnesangebote undBewegungs freiheit bietenJe jünger <strong>Kinder</strong> sind, desto stärker nehmen sie mitallen Sinnen wahr, setzen alle Sinne für ihre Entwicklungein. Sie erkunden mit dem ganzen Körper, begreifen mitden Augen, Händen, dem Mund und häufig auch mit denFüßen, z.T. barfuß. Oben und unten, hinten und vorne,dr<strong>unter</strong> und drüber, all diese Bedeutungen können junge<strong>Kinder</strong> nur begreifen, wenn sie diese durch Bewegungkörperlich erfahren.Junge <strong>Kinder</strong> brauchen Bewegungsfreiheit und dafürihre „Rennstrecken“, wie Erzieherinnen es nennen. Siebrauchen weniger Tische und Stühle, der kostbare Platzsollte für die <strong>Kinder</strong> für Kletter-, Schaukel- und Balanciermöglichkeitenund als Platz für das Spiel am Bodengenutzt werden. Für Kleinstkinder ist es besonders anregend,wenn sie von sicherer Warte aus (z. B. in einemHängekorb) <strong>im</strong> Gruppenraum andere <strong>Kinder</strong> beobachtenund auf diese Weise am Geschehen teilnehmen können.Zum Exper<strong>im</strong>entieren mit Kopf, Fuß und Hand benötigenJungen und Mädchen ansprechende Spielmaterialiensowie großzügige, flexibel gestaltbare Räume bzw.Flächen in der Einrichtung und <strong>im</strong> Außengelände. Beider Bereitstellung von Materialien für das Freispiel solltedarauf geachtet werden, dass die Auswahl überschaubarbleibt, um die Jüngsten durch zu große Vielfalt oderungeeignete Materialien nicht zu überfordern (Kuban etal., 2006):_ Möglichkeiten für Raumerfahrungen (oben, unten,nah, fern, beweglich, etc.) durch verschiedene Ebenen(Stufen, Podeste, Paravents, Spiegel); Sichtfenster,transparente Materialien für spannende Durchblicke,_ für motorische Herausforderungen Sprossenleitern,schräge Ebenen, Einbauten zum Balancieren, Klettern,Hin<strong>unter</strong>springen (Tauwerk, Hängematten oder -sessel,Schaukel, Kriechtunnel etc.),_ Anregung der taktilen Wahrnehmung, <strong>unter</strong> anderem<strong>unter</strong>schiedliche Bodenbeläge und Materialien (Kork,Sisal, Metall, Stein, Kokos, Gummi, Holz, Teppich etc.),_ „Echt-Spielzeug“, Kochtöpfe, Schneebesen, Wäscheklammern,Behältnisse zum Füllen und Schütten,Ein- und Ausräumen, Kartons, Decken, Tücher, Farben,Materialien, Papier, Sand, Exper<strong>im</strong>entiersachen, Kieselsteine,Korken, Muscheln etc.,_ weiche Farben und Lichtquellen mit Blickfängen zumFreuen und Staunen für eine optisch gute Atmosphäre,_ Raumakustik wirkt sich nachhaltig auf die Sprachentwicklungaus, auf das Fehlen oder Vorhandensein vonStress und auf das Erleben von Klängen und Musik,_ angenehmer Geruch ist wichtig für olfaktorische Wahrnehmungenund für das Wohlbefinden.Der Raum und seine Gestaltung sind wichtige Mittel,um pädagogische Prozesse zu <strong>unter</strong>stützen. Im schlechtenFall behindert die Raumgestaltung individuelleEntwicklung und soziale Prozesse, provoziert Konflikteund lässt den Lärmpegel für <strong>Kinder</strong> und Erwachsene zurBelastung werden.Die grundlegenden Sicherheitsregeln sind für alleAltersgruppen gleichDie Verantwortung für die Sicherheit in der Einrichtungwird neu überdacht, wenn <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>aufgenommen werden. Offensichtliche Gefahrenquellenwerden beseitigt, Materialien, die die Kleinen verschluckenkönnten, werden so aufbewahrt, dass sie nur fürdie Älteren erreichbar sind, während das Material für dieJüngeren in deren Augenhöhe und Greifnähe ist.Sind die jungen <strong>Kinder</strong> für das pädagogische Personalnoch „unbekannte Wesen“, wird ihre Gefährdunghäufig überschätzt. Überlegungen zur größtmöglichenSicherheit müssen <strong>im</strong>mer gegen die damit verbundenenEinschränkungen der Freiräume und Autonomie von<strong>Kinder</strong>n abgewogen werden. Das Gespür der Fachkräftefür das, was junge <strong>Kinder</strong> gefährden könnte, wird mit zunehmenderErfahrung sicherer. Erzieherinnen, die schonErfahrung mit dieser Altersgruppe haben, berichten,dass sie erstaunt waren, wie schnell auch ZweijährigeRegeln beachten (auch wenn sie öfter daran erinnertwerden müssen) und akzeptieren, dass best<strong>im</strong>mteBereiche für sie tabu sind, sehr schnell durch Übunglernen, Treppen sicher hinauf- und hin<strong>unter</strong>zugehen.Die Erzieherinnen erkennen an, dass die älteren <strong>Kinder</strong>ganz selbstverständlich Mitverantwortung übernehmenund darauf achten, dass die Kleinen nichts tun, was siegefährden könnte. Für das Außengelände gelten diesicherheitstechnischen Standards. Selbstverständlich istz. B., dass keine giftigen Pflanzen auf dem Gelände sind,eine klare Begrenzung, z. B. Umzäunung, vorhanden istund die „Fallzonen“ elastische Bodenbeläge haben.Das Außengelände bietet für die Jüngeren viel Gelegenheit,ungestört und eigenständig ihrem Entdeckerdrangnachgehen zu können und z. B. die Beschaffenheit vonPflanzen, Steinen, Baumrinden, Schnee oder Wassererfahren zu können (Österreicher & Prokop, 2006).Unterschiedliche Gewichte und Größen, Rauheit oderGlattheit, trockener oder nasser Sand, der Duft vonBlumen und Erde, kühler Wind oder warme Sonnenstrahlenauf der Haut, all diese sinnlichen Erfahrungenverbinden <strong>Kinder</strong> mit den Bewegungen ihres Körpers,wie schieben und ziehen, Bälle rollen, sich selbst rollen,Fahrzeuge benutzen, hinauf- und hin<strong>unter</strong>-, hinein- undhinausklettern, springen, rennen, fallen, aufstehen usw.Sie werden zunehmend geschickter, mutiger und mitdem wachsenden Selbstvertrauen entwickelt sich einpositives Selbstbild.


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN5657Die Gesamtatmosphäre ist wichtigBeeinträchtigen Lärm und Konflikte die Atmosphäre inder Gruppe für <strong>Kinder</strong> und Erwachsene, müssen dieErwachsenen nicht nur das Verhalten der <strong>Kinder</strong> in denBlick nehmen, sondern beobachten, <strong>unter</strong> welchenUrsachen und Bedingungen Konflikte entstehen. EinigeFragen, denen Erzieherinnen nachgehen können, sind(Niesel, 2008):_ Entspricht die Raumgestaltung (Innenräume undAußenbereich) den Bedürfnissen aller <strong>Kinder</strong>? Gibt esgenügend Platz für Bewegung und ausreichend ruhigeEcken für ungestörtes Spiel?_ Trägt das Materialangebot dazu bei, Konflikte entstehenzu lassen? Ist es altersangemessen, hat esanregenden Charakter, steht es in der richtigen Anzahl/Menge zur Verfügung? Erlaubt die Aufbewahrung undDarbietung den <strong>Kinder</strong>n, selbst auszuwählen?_ Sind Raumgestaltung und Materialangebote klar, übersichtlichund herrscht hinreichende Ordnung?_ Sind <strong>Kinder</strong> über- oder <strong>unter</strong>fordert?_ Hat jedes Mädchen/jeder Junge ausreichend Möglichkeiten,Spielpartnerinnen bzw. -partner ähnlichenAlters und gleichen Geschlechts zu finden?_ St<strong>im</strong>mt die Beziehungsqualität von erwachsener Bezugspersonzu jedem Jungen/jedem Mädchen?_ Bekommt jeder Junge/jedes Mädchen genügend Aufmerksamkeitaußerhalb von konflikthaften, emotionalnegativ getönten Situationen?Die Tagesplanung verändert sich mit den <strong>Kinder</strong>nDie Tagesplanung mit jungen <strong>Kinder</strong>n verändert sich mitdem Aktionsradius und den größer werdenden Freiräumenfür die Jüngsten – der individuelle Rhythmusder <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> <strong>unter</strong>scheidet sich vomGruppenrhythmus. Die Planung des Tagesablaufs derJüngsten orientiert sich an den individuellen AktivitätsundRuhezeiten und berücksichtigt auch die Essensgewohnheiten,die die <strong>Kinder</strong> aus ihrer Familie mitbringen.Ihre Spielphasen sind häufig kürzer, weil Konzentrationund Ausdauer sich noch nicht so lange aufrechterhaltenlassen. Aber schon Kleinkinder zeigen Interessen undVorlieben und wählen sich auch bevorzugte Spielpartnerinnenund Spielpartner.Die Erzieherin erkennt und reagiert angemessen aufdie Signale emotionaler Anspannung, Überforderungoder Müdigkeit. Sie bietet Trost und Körperkontakt undsorgt für die Befriedigung der physiologischen Bedürfnissewie Trinken, Essen oder Schlaf. Auch in diesenSituationen ist die sprachliche Begleitung wichtig. Auchsehr junge <strong>Kinder</strong> werden freundlich angesprochenund gefragt, bevor etwas „mit ihnen“ gemacht wird.Diese Regel gilt auch für die älteren <strong>Kinder</strong>, die sichoft gerne und – wenn sie noch keine Erfahrungen mitjüngeren <strong>Kinder</strong>n haben – manchmal fürsorglicher alses den Empfängern lieb ist, um die Kleinen kümmern.Zunehmend orientieren sich auch die jungen <strong>Kinder</strong> amRhythmus der Gesamtgruppe (z. B. auch be<strong>im</strong> gemeinsamenEssen in angenehmer Atmosphäre, auch wennsie selbst schon vorher gegessen haben). Die Strukturdes Tages sollte <strong>im</strong>mer auch Gelegenheiten bieten, beidenen sich auch die Jüngsten allmählich als Teil derGemeinschaft erleben können. Schon sehr junge<strong>Kinder</strong> werden die älteren <strong>Kinder</strong> nachahmen, eigeneIdeen entwickeln und bald beginnen, Spiele mit anderenzu initiieren.Die Kleinen von heute sind die Großen von morgen<strong>Kinder</strong>, die vor ihrem dritten Geburtstag eine Tageseinrichtungmit erweiterter Altersmischung besuchen,erleben eine hohe Kontinuität in ihren sozialen Beziehungen,ihre Spielpartnerinnen und Spielpartner, ihreFreunde und Freundinnen bleiben ihnen länger erhaltenals <strong>Kinder</strong>n, die zunächst eine Krippe und dann einen<strong>Kinder</strong>garten besuchen, und sie haben die Chance aufstabile Beziehungen zu den pädagogischen Fachkräften.Ähnliches gilt für die Eltern, die in den Erzieherinnennicht nur verlässliche Ansprechpartnerinnen erleben,sondern auch ihre Verbundenheit durch ihr Engagementfür die Einrichtung zum Ausdruck bringen. Auchinnerhalb der Elternschaft können sich <strong>unter</strong> der Perspektiveder längeren gemeinsamen Kita-Jahre leichterFreundschaften und Vernetzungen zum Wohle der<strong>Kinder</strong> entwickeln.Die <strong>Kinder</strong>, die vom frühesten Alter an in ihrer Kita mit<strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong>schiedlichsten Alters aufwachsen, werden,wenn sie selbst die „Großen“ sind, mit großer Selbstverständlichkeitund hoher sozialer Kompetenz die neuen„Kleinen“ in ihrer Einrichtung willkommen heißen,ihnen Hilfe und Unterstützung gewähren und sich anihnen freuen, wenn sie auch ausreichend Zeit und Möglichkeitenfür Aktivitäten mit ihren Gleichaltrigen haben.


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN5859Anregungen zur praktischenUmsetzungSich entwickeln und lernen – auch inAlltagssituationenEinige Voraussetzungen dafür, dass Jungen und Mädchenengagiert tätig werden, sind (Mayr & Ulich, 2003):_ sichere Beziehungen, deren Kontinuität gewährleistetist,Pädagogische Fragen zur RaumgestaltungWie sollten die Räume in <strong>Kinder</strong>tagesstätten für <strong>unter</strong>Dreijährige gestaltet sein, damit Bildung, Erziehung undBetreuung in angemessener Weise stattfinden kann?Welche Spielbereiche werden von jüngeren, welche vonälteren <strong>Kinder</strong>n genutzt?In welchen Spielbereichen kooperieren ältere undjüngere <strong>Kinder</strong> besonders gut?Die alltäglichen Abläufe und Aktivitäten besitzen fürjunge <strong>Kinder</strong> eine große Faszination, z. B. Tischdeckenund andere Vorbereitungen für die gemeinsamen Mahlzeiten,Aufräumen, Besorgungen machen.<strong>Kinder</strong> können kleine Aufgaben übernehmen, sie beobachtendie Älteren und lernen eine Menge in diesenAlltagssituationen. Jedes Kind bekommt eine Tasse(Zuordnen), die Puddingschüssel ist größer als die Schälchen(Größenverhältnisse), es stehen viele Teller aufdem Tisch, aber nur wenige Schüsseln (Mengenverhältnisse),vor dem Essen war der Wasserkrug schwer, jetztist er leicht (Gewichte) etc.In einem Kooperationsprojekt des Staatsinstituts fürFrühpädagogik und der Bertelsmann Stiftung wurdendas Medienpaket „Wach, neugierig, klug – <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> 3“und als Nachfolgeprojekt das Textheft (mit DVD) „Wach,neugierig, klug – Kompetente Erwachsene für <strong>Kinder</strong><strong>unter</strong> 3. Filmszenen und Informationen zur Entwicklungvon <strong>Kinder</strong>n“ entwickelt. Darin befinden sich vielfältigeAnregungen für die pädagogische Praxis mit <strong>Kinder</strong>n<strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>.Pädagogische Fachkräfte fördern die Engagiertheitvon <strong>Kinder</strong>n_ erzieherisches Verhalten, das das Selbstvertrauen unddas Selbstwertgefühl von <strong>Kinder</strong>n stärkt,_ eine Umgebung, die jedem Kind Anregungen undHerausforderungen bietet, die <strong>im</strong> Rahmen seinerMöglichkeiten lösbar sind_ Unterstützung von Initiativen, die vom Kind selbstausgehen,_ Vermeidung von Störungen und Unterbrechungensowie häufigem Wechsel der Aktivitäten,_ Erwachsene, die Interesse an den Aktivitäten der <strong>Kinder</strong>haben und weiterführende Vorschläge machen,_ Gespräche, die durch offene Fragen angeregt undaufrechterhalten werden,_ ein einfühlsamer Umgang mit individuellen Unterschiedender <strong>Kinder</strong>, z. B. ihren Temperamenten,Lernwegen und Interessen,_ die Berücksichtung kultureller Unterschiede.Eine Hilfe zur Überprüfung der RaumgestaltungWelche spezifischen Bedürfnisse haben <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong><strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>?Wie lassen sich bei der räumlichen Gestaltung die individuellenBedürfnisse der <strong>Kinder</strong> einerseits und die Bedürfnisseder Gruppe andererseits berücksichtigen (z. B.Zuwendung, Mahlzeiten, Schlafen, Ruhebedürfnis)?Leitfragen zur Beobachtung von Raum- und Angebotsnutzungin altersgemischten GruppenWo halten sich jüngere bzw. ältere <strong>Kinder</strong> überwiegendauf?Wo spielen sie in altersgetrennten, wo in geschlechtergemischtenGruppen?In welchen Räumen und Spielbereichen kommt esauffallend häufig zu Konflikten?Grundprinzipien zur RaumgestaltungBereichsspezifische Raumeinteilung, z. B. Kuschel- undVorleseecke, Kreativbereich, Bauecke, BewegungsundTurnflächen (oftmals Gang)Flexible Raumgestaltung, z. B. durch Matratzen,verschiebbare Rollwägen und Raumteiler, freieBodenflächenOffenes Raumkonzept (zeitweise) mit altersgemischtenGruppenNur <strong>Kinder</strong>, deren Grundbedürfnisse befriedigt sind,die entspannt sind, die sich sicher fühlen, lassen sichanregen, können ihre Aufmerksamkeit fokussieren undsich in Tätigkeiten vertiefen, die ihr Interesse geweckthaben, allein oder gemeinsam mit anderen. Dazu sindengagierte erwachsene Bezugspersonen und eine anregungsreicheUmgebung unerlässlich.Nachfolgend sind einige Fragen zur Überprüfung derRaumgestaltung zusammengestellt, die in Zusammenarbeitmit dem Träger der Einrichtung besprochen werdensollten (vgl. Kapitel „Die Verantwortung des Trägers“ abS. 28).


3. DIE KONZEPTION ÜBERPRÜFEN UND NEU AUSRICHTEN6061Pädagogische Grundfragen zur Gestaltung desAußengeländesWelche Erfahrungen können den <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> denkon kreten räumlichen Bedingungen <strong>im</strong> Außengeländeermöglicht werden?Welche besonderen Möglichkeiten ergeben sich durchdie Schwerpunkte der Kita-Konzeption für die Gestaltungdes Außengeländes?Welche räumlichen und materiellen Rahmenbedingungensind notwendig, damit draußen ein selbst best<strong>im</strong>mtesSpiel entstehen kann und lebendig bleibt?Was können wir am Außengelände verändern, um allen<strong>Kinder</strong>n die Möglichkeit zu geben, die Außenwelt sinnlichzu erfahren und sich vielfältig und uneingeschränktzu bewegen?Welche Entwicklungsschritte des Kindes <strong>im</strong> Hinblickauf die Aneignung seiner Umwelt sollen <strong>unter</strong>stütztwerden?(vgl. Vereinigung Hamburger <strong>Kinder</strong>tagesstätten gGmbH, 2005, S. 48)Qualitätsgewinn – auch für die älteren <strong>Kinder</strong>Die Beobachtung <strong>unter</strong>schiedlicher, individuellerEntwicklungsverläufe einzelner <strong>Kinder</strong> ist den pädagogischenFachkräften aus der Altersmischung von <strong>drei</strong><strong>Jahren</strong> bis zum Schuleintritt vertraut. Die vorangegangenenAusführungen sollen verdeutlichen, dass diepädagogischen Grundhaltungen, Perspektiven und Zielefür alle Altersgruppen relevant sind. Die scheinbar soklare Grenze zwischen „<strong>unter</strong> <strong>drei</strong>“ und „über <strong>drei</strong>“ wirdsomit fließend, und die hohe Aufmerksamkeit, die dieAnwesenheit jüngerer <strong>Kinder</strong> in der Gruppe erfordert,kann allen Altersgruppen zugute kommen. Der neuekritische Blick „Was müssen wir für die <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong><strong>Jahren</strong> ändern und was kann so bleiben, wie es ist?“stellt vieles, was seit <strong>Jahren</strong> gut läuft, auf den Prüfstand.Was bedeutet das, was und wie wir es tun für dieJüngsten? Und wenn wir Änderungen für die Jüngstenvornehmen, was bedeuten sie für die älteren <strong>Kinder</strong>?Was ist eigentlich mit den <strong>Kinder</strong>n „in der Mitte“?Selbstverständlich gibt es entwicklungsabhängige Bedürfnisse,die speziell für <strong>Kinder</strong> in den ersten <strong>drei</strong> Lebensjahrengelten (z. B. Nahrung, Pflege, Ruhe, etc.). GenaueAltersgrenzen haben sich aber als nicht sinnvoll erwiesen.Vielmehr soll die Erzieherin aufgrund ihrer Beobachtungendie individuellen Bedürfnisse jedes Kindes erkennen undihr pädagogisches Handeln danach ausrichten.Ein Beispiel aus der Praxis, berichtet von einer Erzieherin,die eine Einrichtung für <strong>Kinder</strong> ab dem erstenLebensjahr bis zum Schuleintritt leitet:„Neulich kam ich dazu, wie die fünfjährige Carmen undder <strong>drei</strong>jährige Fritz den Essenstisch deckten. Sie gingenzunächst zu dem Speiseplan <strong>im</strong> Eingangsbereich desHauses und betrachteten die Fotos von den angekündigtenSpeisen. Dann berieten sie, welches Besteck für dieSpeisen gebraucht würde. Anschließend diskutiertensie, ob flache oder tiefe Teller benötigt würden, undstellten fest, dass auch noch Salatteller geholt werdenmüssten. Alle Gegenstände wurden auf einem Abstelltischzurechtgelegt. Als Letztes suchten sie noch daserforderliche Vorlegebesteck zusammen und stelltenKerzen und Servietten auf den Tisch. Jetzt musste nochdie Tischordnung festgelegt werden, und das war garnicht so einfach. Carmen wollte Nina füttern. Deshalbmuss sie neben einem Tripp-Trapp sitzen. Nina sollte zusätzlicheinen kleinen Plastiklöffel bekommen, denn sieversucht bereits, selbst zu essen. Gudrun, eine Erzieherin,musste zwischen zwei Tripp-Trapps gesetzt werden,denn sie ist die Bezugsperson der Zwillinge Lisa undMona und muss beide füttern. Florian und Angelo essennoch nicht lange selbstständig. Sie bekommen einenPlastiklöffel. Petra isst mit einer Kuchengabel, weil dienormalen Gabeln für sie noch zu groß sind. Sylvia, eineandere Erzieherin, muss so sitzen, dass sie von derKuschelecke aus gesehen werden kann, denn dort liegtManuel, fünf Monate, der bereits gegessen hat, weil erschon vorher Hunger hatte.Ich kenne diese Arbeit ja nun schon seit 22 <strong>Jahren</strong>, aberich staune <strong>im</strong>mer wieder, wie <strong>Kinder</strong> eine solch komplexeAufgabe mit Konzentration und Ausdauer lösen.“(Textor, 1998, zitiert nach Griebel et al. 2004)Das sagt der Bayerische Bildungs- undErziehungsplanAlle Themen des Bayerischen Bildungs- undErziehungsplans gelten grundsätzlich auch fürdie <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>. Vielfach wird explizit, z. B.anhand von pädagogischen Vorschlägen oder Beispielenaus der Praxis, auf die jüngste Altersgruppe Bezuggenommen. Manchmal bedarf es spezieller Übersetzungsleistungen,die mit zunehmendem Fachwissenund wachsender Erfahrung <strong>im</strong>mer leichter fallen werden.Die Themen, bei denen die Übersetzung schwierigerscheint, können als Anregung für die Notwendigkeiteiner tiefer gehenden Beschäftigung mit dem Thema,z. B. <strong>im</strong> Rahmen einer Fortbildung, genutzt werden.Auch für Gespräche mit Vertreterinnen oder Vertreternder Träger und für die Erziehungspartnerschaft mit denEltern stellt der Bayerische Bildungs- und Erziehungsplandie fachliche Grundlage dar.Für die Vorbereitung auf die Aufnahme von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong><strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> ist es besonders empfehlenswert, das Kapitel5 „Basiskompetenzen des Kindes“ (S. 54 ff) <strong>unter</strong>dem Blickwinkel der jüngsten Altersgruppe zu lesen.Die pädagogische Frage: „Wie übersetzen wir unserekonzeptionell definierten Schwerpunkte für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong><strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> in die Praxis?“ wird dann leichter fallen.„Der wichtigste theoretische Zugang … ist die Selbstbest<strong>im</strong>mungstheorie.Diese geht davon aus, dass derMensch <strong>drei</strong> grundlegende psychologische Bedürfnissehat, nämlich das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit,dasjenige nach Autonomieerleben und dasjenigenach Kompetenzerleben. Die soziale Eingebundenheitbedeutet, dass man sich anderen zugehörig, geliebt undrespektiert fühlt. Autonomie erlebt man, wenn man sichals Verursacher seiner Handlungen erlebt: man handeltnicht fremd- sondern selbstgesteuert. Kompetenzerlebt man, wenn man Aufgaben und Probleme auseigener Kraft bewältigt. Die Befriedigung dieser Grundbedürfnisseist entscheidend für das Wohlbefinden desMenschen und die Bereitschaft, sich in vollem Umfangseinen Aufgaben zuzuwenden.“ (S. 55)


4. SO KANN DIE ALTERSGEMISCHTE EINRICHTUNG FUNKTIONIEREN6263Mädchen und Jungen, die eine <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungmit erweiterter Altersmischung besuchen, haben dieMöglichkeit, besonders vielfältige Spiel- und Freundschaftserfahrungenzu machen. Sie können in Interaktionenmit altersgleichen bzw. altersähnlichen oder mitJungen und Mädchen mit deutlichem AltersabstandErfahrungen sammeln.Anders als Beziehungen zwischen Erwachsenen und<strong>Kinder</strong>n, die vorgegeben und durch Pflege, Erziehungund Unterstützung gekennzeichnet sind, sind die Beziehungenzwischen <strong>Kinder</strong>n freiwillig und partnerschaftlich.Je nachdem, ob die Spielpartner und -partnerinnengleich alt, jünger oder älter sind, ergeben sich <strong>unter</strong>schiedlicheOrientierungen und Positionen <strong>im</strong> Miteinanderdes Spielens, Lernens, Ausprobierens, Aushandelnsoder Streitens.Fachwissen, das weiterhilft<strong>Kinder</strong> brauchen GleichaltrigePädagogische Fachkräfte und Eltern wissen,dass für <strong>Kinder</strong>garten- und Grundschulkinder Gleichaltrigefür die soziale Entwicklung wichtig sind. Geradedie ältesten <strong>Kinder</strong> in der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungbrauchen genügend Zeit und Möglichkeiten, um mitähnlich alten <strong>Kinder</strong>n beiden Geschlechts ihre schon anspruchsvollenInteressen zu pflegen, sich in komplexenExper<strong>im</strong>entier- und Lernsituationen zu ergänzen und inFreundschaften Vertrautheit und Sicherheit zu erleben.Gut entwickelte soziale Kompetenzen wirken sich aufalle Bereiche des Lebens positiv aus. So werden sie z. B.mit Erfolgen in der Schule in Verbindung gebracht.Im Zusammensein mit ungefähr Gleichaltrigen erlebenMädchen und Jungen aufgrund von Gemeinsamkeiteneine Art von Selbstbestätigung: Es gibt andere <strong>Kinder</strong>,die mir ähnlich sind, sie sprechen meine Sprache. DieGrunderfahrung von Gleichrangigkeit und Gleichberechtigungist <strong>im</strong> Prinzip nur <strong>unter</strong> etwa Gleichaltrigen möglich.Für sehr junge <strong>Kinder</strong> hat man lange Zeit nur dieBedeutung der Beziehungsqualität zwischen Kind undBezugsperson(en) gesehen. Der Bedeutung von Peers,d. h. gleichaltrigen <strong>Kinder</strong>n, in den ersten Lebensjahrenhat man erst in neuerer Zeit Aufmerksamkeit geschenkt(Wüstenberg, 2008).Schon für Babys sind Kontakte mit Gleichaltrigen etwasReizvolles. <strong>Kinder</strong> nehmen schon <strong>im</strong> ersten Lebenshalbjahrgezielt Kontakt zu anderen Babys auf, berührensie und warten deren Reaktionen ab. Sie berühren sichhäufig fast zärtlich, scheinen Dialoge in einer nur fürsie verständlichen Sprache zu führen oder sie wendensich ab, wenn sie keinen Kontakt wünschen. Bevor<strong>Kinder</strong> sprechen können, haben sie die Fähigkeit, anderenachzuahmen, aber auch andere zur Nachahmung zu bewegen.Einjährige <strong>Kinder</strong> strengen sich an, den Kontaktzu Gleichaltrigen zu halten, ein Spiel in Gang zu bringen,sich über die Bedeutung des Spiels zu verständigen.Die entwicklungsförderliche Bedeutung von Gleichaltrigenwird für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> häufig noch angezweifelt,da angenommen wird, dass Erwachsene oder ältereSpielpartner gebraucht werden, um die Kleinen <strong>im</strong>Spiel anzuleiten, damit Entwicklungsfortschritte zustandekommen.Entwicklungsfortschritte <strong>unter</strong> Gleichaltrigen entstehenauch für die Jüngsten dadurch, dass sie gemeinsamspielen wollen. Sie sind daher motiviert, neue Spielinhaltezu entwickeln und etwas Neues zu produzieren. IhrKompetenz- und Machtverhältnis ist ungefähr ausgeglichen,beide haben gleichen Einfluss. Vor dem Hintergrundder Gleichrangigkeit beziehen sich die <strong>Kinder</strong>wechselseitig aufeinander. Eine neue Spielidee ist dasProdukt ihrer sozialen Interaktion, ihres aufeinanderbezogenen Handelns. Explorationsmethoden, Interpretationsprozesseund auch die Inhalte sind andere alsdie, die mit älteren <strong>Kinder</strong>n oder Erwachsenen zustandekommen. Und Kleinkinder haben ihre ganz eigenenThemen, die sie mit Erwachsenen oder älteren <strong>Kinder</strong>nnicht teilen (wie z. B. sich für den Körper oder Körperausscheidungenzu interessieren).Freundschaft


4. SO KANN DIE ALTERSGEMISCHTE EINRICHTUNG FUNKTIONIEREN6465Auseinandersetzungen mit anderen <strong>Kinder</strong>n sind einZeichen dafür, dass andere <strong>Kinder</strong> für die eigene Person<strong>im</strong>mer wichtiger werden. Bei jungen <strong>Kinder</strong>n kommtes in erster Linie zwischen den <strong>Kinder</strong>n zu Konflikten,die häufig zusammen sind, die also gerne miteinanderspielen, die sich mögen. Meistens finden <strong>Kinder</strong> rascheine Lösung für ihre Konflikte, weil sie ihr gemeinsamesSpiel fortsetzen möchten. Sie lernen schnell, dass einandauernder Konflikt, in den Erwachsene eingreifen,häufig das Ende der Spielhandlung bedeutet.Wenn <strong>Kinder</strong> sich gut kennen, sogar befreundet sind,können sie sich leichter verständigen und auf ihrengemeinsamen Erfahrungen aufbauen. Dies ist einegünstige Voraussetzung, Spiele weiter zu entwickeln.Freundschaften in Tageseinrichtungen sind ab dem Altervon fünf Monaten in allen Altersstufen dokumentiert. DieSpiele dauern länger, sind komplexer, verlaufen positiverund werden sprachlich reicher begleitet. Freundschaftenzwischen Ein- und Zweijährigen dauern überwiegend einbis zwei Jahre.<strong>Kinder</strong> brauchen ältere und jüngere <strong>Kinder</strong>Es spricht vieles dafür, dass altersferne Spielpartnerschaftensowohl für das ältere als auch für das jüngereKind in kognitiver wie in sozialer Hinsicht ein Gewinnsein können, wenn es dem älteren Kind gelingt, sich gutauf die Fähigkeiten und das Sprachniveau des jüngereneinzustellen (Riemann & Wüstenberg, 2004). In solchenSituationen übern<strong>im</strong>mt das ältere Kind als kompetentePerson die Führung, bietet Anleitung und Hilfestellungbei der gemeinsamen Tätigkeit. Das jüngere Kind eifertdem Vorbild des älteren Kindes nach und integriert dieneuen Erfahrungen in sein Wissen, Denken, Fühlenund Verhalten. Das funktioniert dann am besten, wenndas ältere Kind sich so auf den Entwicklungsstand desjüngeren einstellt, dass die nächsthöhere Stufe derEntwicklung des jüngeren Kindes angesprochen wirdund zudem kooperative Formen der Auseinandersetzunggefunden werden. Ältere <strong>Kinder</strong> (ebenso wie pädagogischeFachkräfte) tun das in der Regel, indem sie dieSprache vereinfachen, ihr Tun verlangsamen und auchdadurch an den Entwicklungsstand des jüngeren Kindesanknüpfen, indem sie das jüngere Kind auch nachahmen(Wüstenberg, 2008).Die Interaktionen in altersfernen Spielpartnerschaftenfinden für die älteren <strong>Kinder</strong> zwar auf einem Niveaustatt, das niedriger angesiedelt ist als ihre eigenenFähigkeiten, es gibt aber keinen Beleg für die Annahme,dass dies für die <strong>Kinder</strong> von Nachteil sein könnte.Im Gegenteil: Sich der Situation partnerschaftlich inSprache, Zuwendung, Nachahmung, Denkfähigkeit undmotorischen Fähigkeiten anzupassen, bedeutet, dasjeweils andere Kind für sich zu gewinnen und sich aufeinem gemeinsamen Niveau zu treffen. Das stellt einekomplexe Leistung dar.Zudem üben und verfeinern die älteren <strong>Kinder</strong> ihre Fähigkeiten,wenn sie den jüngeren etwas zeigen, beibringenoder vorlesen. Darüber hinaus können sich solcheentspannten Situationen für die älteren <strong>Kinder</strong> positiv aufihr Selbstbewusstsein auswirken, die <strong>im</strong> Vergleich mitihren Peers nicht <strong>im</strong>mer zu den Schnellsten, Stärkstenoder „Besten“ gehören. Beobachtungen haben auch bestätigt,dass in Gruppen mit erweiterter Altersmischungisolierte <strong>Kinder</strong> über die für sie einfacheren Kontakte mitjüngeren <strong>Kinder</strong>n in die Gruppe hineinfinden (Griebel,Niesel, Reidelhuber & Minsel, 2004).Mädchen und Jungen brauchen Mädchenund JungenIn der erweiterten Altersmischung haben alle <strong>Kinder</strong> dieMöglichkeiten zu sehr variationsreichen Erfahrungen. Inder Untersuchung von Riemann und Wüstenberg (2004),die die Öffnung von <strong>Kinder</strong>gartengruppen für <strong>Kinder</strong> abeinem Jahr wissenschaftlich begleitet haben, wurdedokumentiert: Altersferne Spielkonstellationen (18–60Monate) bestanden auffallend häufig aus <strong>drei</strong> <strong>Kinder</strong>n,die sich arrangierten. In Spielpartnerschaften der FünfundSechsjährigen mit Ein- und Zweijährigen warensowohl Mädchen als auch Jungen engagiert.In Gruppen mit erweiterter Altersmischung verändernsich die Kontaktpräferenzen verglichen mit altershomogenenGruppen oder mit Gruppen mit geringer Altersmischung.Die Vorlieben von Mädchen und Jungenfür Spielpartnerinnen und Spielpartner gleichen Altersund gleichen Geschlechts wird mit größerer Altersmischunghäufiger durchbrochen. Auch dies bedeutet eineErweiterung der Spielräume. Gerade auch ältere Jungenscheinen den Umgang mit den Kleinen zu genießen.Hier besteht kein Wettbewerb, Gefühle und Sanftheitkönnen gezeigt werden, ohne dass es als „unjungenhaft“abgewertet wird. Dennoch: Mädchen und Jungenbrauchen auch ihre gleichgeschlechtlichen Peers, umsich als Mädchen oder Junge in der Vertrautheit ihrerGruppe sicher und zugehörig zu fühlen und um sich gegenErwachsene, ältere und jüngere <strong>Kinder</strong> und gegendas jeweils andere Geschlecht abgrenzen zu können.Um die vielfältigen Chancen der erweiterten Altersmischungfür die <strong>Kinder</strong> nutzbar zu machen, reicht das bloßeVorhandensein der Alters<strong>unter</strong>schiede zwischen den<strong>Kinder</strong>n nicht aus, vielmehr müssen die Möglichkeitenvon den Fachkräften erkannt und <strong>unter</strong>stützt werdenoder anders ausgedrückt: Die erweiterte Altersmischungist kein Selbstläufer.


4. SO KANN DIE ALTERSGEMISCHTE EINRICHTUNG FUNKTIONIEREN6667Konsequenzen für die PraxisDie GruppenzusammensetzungbedenkenEine Gruppe zusammenzufügen, in der <strong>Kinder</strong> dieVorteile der erweiterten Altersmischung erleben undgleichzeitig ihr Bedürfnis nach Freundschaften mitähnlich alten <strong>Kinder</strong>n beiderlei Geschlechts verwirklichenkönnen, ist nicht einfach, da in Gruppen miterweiterter Altersmischung automatisch wenigerAuswahl an ähnlich alten <strong>Kinder</strong>n jeden Geschlechtsvorhanden ist.Die so genannte „innere Öffnung“ bietet sich an, umallen <strong>Kinder</strong>n gerecht werden zu können. GenaueDefinitionen gibt es nicht, jede Einrichtung muss diefür sich passende Form finden.Modelle zur Integration von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong><strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong>Für die Integration von <strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong> <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> in einenRegelkindergarten bieten sich folgende Möglichkeitenan (Haug-Schnabel & Bensel, 2006, S. 55f.):1. Modell: zwei kooperierende GruppenIn zwei Gruppen, die ihren pädagogischen Alltag in enger(auch räumlicher) Zusammenarbeit gestalten, werden<strong>Kinder</strong> von 1–6 oder 2–6 <strong>Jahren</strong> aufgenommen.So ist neben der Altersmischung auch der Wunschnach gleichaltrigen und gleichgeschlechtlichen Spielpartnernfür alle Altersgruppen am ehesten gewährleistet.Die vorhandenen Räumlichkeiten können gezieltnach verschiedenen Themenschwerpunkten für beideGruppen gemeinsam gestaltet werden und nicht jedeGruppe muss jeweils Platz und Ausstattung für alleAngebote vorhalten. Die enge Kooperation erleichtertdie Umsetzung altersspezifischer und geschlechtsspezifischerAngebote.2. Modell: Halb offenes Konzept mit StammgruppenDie <strong>Kinder</strong> spielen außerhalb ihrer Stammgruppenzeitenin „Funktionsräumen“. Unter Dreijährige werden in diesenZeiten anfangs in „Nestgruppen“ betreut, d. h. sieerhalten von ihrer Bezugserzieherin spezielle Angeboteund werden, von ihr begleitet, langsam mit den weiterenSpiel- und Aktionsmöglichkeiten und mit den älteren <strong>Kinder</strong>nder Einrichtung vertraut gemacht. Durch geschickteAngebotsauswahl müssen die Erzieherinnen dazu beitragen,altersgemischte Interaktionen zu ermöglichen.3. Modell: Offene Arbeit mit <strong>Kinder</strong>n von 1 oder 2 bis 6oder 12Auch bei einem offenen Konzept wird für <strong>Kinder</strong> <strong>unter</strong><strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> eine nestgruppenähnliche Anfangsbetreuungvorausgesetzt, da jedes Kind mit seiner Bezugserzieherinam bekannten Ort startet und in ihrer Begleitung Exkursionenin die anderen Bereiche und zu den größeren<strong>Kinder</strong>n <strong>unter</strong>n<strong>im</strong>mt. Meist brauchen die <strong>unter</strong> Dreijährigenandere Essens-, Schlafens- sowie Pflegezeiten,die organisiert werden müssen. Für jedes ihrer <strong>Kinder</strong>muss die Bezugserzieherin prüfen, ob und wann es inder Lage ist, sich in dem größeren Angebotsrahmen zuorientieren. Das erfordert eine hohe Flexibilität.4. Modell: Krabbelgruppe innerhalb der KitaAuf den ersten Blick ist es organisatorisch (und oft auchfinanziell) am einfachsten, eine Krabbel- oder Kleinstkindgruppeneu zu schaffen und in die bestehende Einrichtungzu integrieren. Erst auf den zweiten Blick wirdklar, dass hier viel Planung nötig ist, um die beiden „Krippenerzieherinnen“innerhalb des Gesamtteams nicht zuisolieren und den Kleinen nicht nur sporadisch Kontaktemit den Großen und den <strong>Kinder</strong>gartenaktivitäten zuermöglichen, was zu unnötigen Übergangsproblemenund einer zweiten Eingewöhnung führen würde, wenndiese <strong>Kinder</strong> mit <strong>drei</strong> <strong>Jahren</strong> in die <strong>Kinder</strong>gartengruppewechseln müssen.In eingruppigen Einrichtungen oder in einer einzigenaltersgemischten Gruppe sind entwicklungsgleiche undalters<strong>unter</strong>schiedliche Spiele und Freundschaften mit<strong>Kinder</strong>n des eigenen oder des anderen Geschlechtskaum für alle <strong>Kinder</strong> zu gewährleisten und werden dahernicht empfohlen.Jedes einzelne Kind wahrnehmen und fördernNeben dem Gemeinschaftsgefühl und der Gruppenzugehörigkeitgilt es – wie in jeder anderen <strong>Kinder</strong>tageseinrichtung– den Interessen und Fähigkeiten jedes einzelnenKindes <strong>im</strong> Rahmen des Bildungsauftrages gerechtzu werden. Systematisches Beobachten, Dokumentierenund Auswerten ist dafür ebenso Voraussetzungwie regelmäßige Gespräche mit den Eltern über dieEntwicklung ihres Kindes. Die Partizipation der <strong>Kinder</strong>,gerade auch dann, wenn die vertraute Konzeption durchAufnahme der jüngeren <strong>Kinder</strong> überdacht und überarbeitetwerden muss, trägt ebenfalls dazu bei.Anregungen zur praktischenUmsetzungFlexibilität <strong>im</strong> verlässlichen RahmenDer Tageslauf muss für alle <strong>Kinder</strong> ausreichende Flexibilitätin einem verlässlichen Rahmen ermöglichen. DieFixpunkte <strong>im</strong> Tagesablauf, häufig verbunden mit vertrautenRitualen, sind nicht nur für die Jüngsten wichtigeOrientierungen und Hilfen <strong>im</strong> Alltag der <strong>Kinder</strong>tageseinrichtungen,der auch für <strong>Kinder</strong>, die bereits ihren drittenGeburtstag gefeiert haben, anstrengend, manchmal zulaut und unübersichtlich sein kann. Ganz wichtig ist zubedenken, dass die erweiterte Altersmischung nicht un<strong>unter</strong>brochen,d. h. über den ganzen Tag hinweg, praktiziertwerden kann, sondern dass bewusst durchgeführteTrennungen der Altersgruppen mit separaten Angebotenden altersspezifischen Bedürfnissen Rechnung tragen.


4. SO KANN DIE ALTERSGEMISCHTE EINRICHTUNG FUNKTIONIEREN6869Erzieherinnen, die bereits mit der erweiterten Altersmischungmit <strong>Kinder</strong>n von einem Jahr bis zum Schuleintrittarbeiten, sprechen häufig davon, dass sie für die Kleinenund die Großen zwei parallele Tagesverläufe haben,die den Bedürfnissen der jungen <strong>Kinder</strong> nach flexiblenEssens- und Ruhezeiten und älteren nach ungestörtenanspruchsvolleren Tätigkeiten mit ähnlich alten <strong>Kinder</strong>nRechnung tragen. Aber jeden Tag gibt es Fixpunkte, zudenen sich die ganze Gruppe trifft, und regelmäßig gibtes Projekte, zu denen alle <strong>Kinder</strong> ihren altersgemäßenBeitrag leisten. Positive Entwicklungsmöglichkeiten inden verschiedenen Alterskonstellationen ergeben sichalso nicht von allein durch die Gruppenzusammensetzung,sondern sind davon abhängig, wie Erwachseneihre Erziehungsaufgabe verstehen und umsetzen. Inaltersgleichen, altersähnlichen und altersfernen Spielpartnerschaftenstecken spezifische Erfahrungsmöglichkeiten,die entdeckt und gefördert werden müssen.Um den Bedürfnissen der verschiedenen Altersgruppengerecht zu werden, sind Differenzierungen <strong>im</strong> Tages-,Wochen- und Jahresverlauf nötig.Das Ziel: Qualitätsgewinn für alleDie Erfahrungen aus den Anfängen der Praxis mit der erweitertenAltersmischung haben den Blick auf folgendekritische Punkte gelenkt:Die pädagogischen Fachkräfte benötigen ein breiteresFachwissen und eine hohe pädagogische Aufmerksamkeit,damit das positive Potenzial dieser Strukturausgeschöpft werden kann.Die pädagogischen Fachkräfte, die <strong>Kinder</strong> und auch dieEltern brauchen ein gewisses Maß an Erfahrung mitdieser Struktur, um die positiven Möglichkeiten für dasLeben in der Tageseinrichtung umsetzen zu können.Das Wohlbefinden jedes einzelnen Kindes ist einwichtiger Gradmesser dafür, dass es die EntwicklungsundBildungschancen seiner Umgebung bestmöglichnutzen kann.Mädchen und Jungen wollen nicht nur zu deutlich jüngerenoder älteren <strong>Kinder</strong>n Kontakte und Beziehungenhaben, sondern vor allem auch zu gleichaltrigen <strong>Kinder</strong>nihres Geschlechts. Daher ist die Öffnung der Gruppenein wichtiges Mittel, um diesem Bedürfnis gerecht zuwerden.Das Zusammengehörigkeitsgefühl der <strong>Kinder</strong> einerGruppe und einer Einrichtung wird durch gemeinsameTätigkeiten und Angebote angeregt, zu denen alle<strong>Kinder</strong> entsprechend ihres Entwicklungsstandes einenBeitrag leisten.Eine offene Kommunikation ist erforderlich, um dieWünsche und Bedürfnisse der Eltern wahrzunehmenund mit ihnen abzust<strong>im</strong>men. Dies gilt besonders da, woneue Angebotsformen auch für die Eltern mit Unsicherheitenverbunden sind.Für die <strong>Kinder</strong>, die bereits in der Tageseinrichtung sind,ändert sich vieles. Gibt es ein Forum (z. B. eine <strong>Kinder</strong>konferenz),in dem die <strong>Kinder</strong> regelmäßig Mitspracheund Beteiligung (aus)üben können? Gibt es neueRegeln, die mit den <strong>Kinder</strong>n gemeinsam festgelegtwerden sollten? Können sie bei der Umgestaltung ihreWünsche äußern?Die Einstellungen aller Beteiligten – Träger, Fachberater,Leitungen, Gruppenleitungen und Eltern – spielen beiEinführung und Durchführung der erweiterten Altersmischungeine entscheidende Rolle.Die Arbeits- und Rahmenbedingungen müssenden veränderten pädagogischen Anforderungen angepasstwerden.Das sagt der Bayerische BildungsundErziehungsplan→ Kapitel 6.2.1 <strong>Kinder</strong> verschiedenenAlters (S. 129ff.)„Schärfung des pädagogischen Blicks: Aus der Sicht derjüngeren <strong>Kinder</strong> scheint es offensichtlich zu sein, warumältere Spielkameraden attraktive Partner sind – aber wasgenau sind ihre Motive? Und was macht jüngere <strong>Kinder</strong>für die älteren in Spiel- und Lernsituationen attraktiv? Woliegen die Motive der älteren <strong>Kinder</strong>, die sich jüngerenzuwenden? Durch gezielte Beobachtungen … lassensich gelungene und weniger gelungene Situationensammeln, anhand derer die pädagogischen Fachkräfteerkennen können, was für die Älteren und was für dieJüngeren der Gewinn an der jeweiligen Situation ist undwie dieses Miteinander pädagogisch weiter entwickeltwerden kann.“ (S. 131f.)


Zusammenfassung7071ZusammenfassungWelche Voraussetzungen tragen bei zum Gelingendieses vielschichtigen und fortlaufendenVeränderungsprozesses der Altersöffnung?Erste Voraussetzung ist die Reflexion, Neuorientierungund Partizipation des gesamten Teams. Schließlich hatdie erweiterte Altersmischung weit reichende Folgenfür das tägliche pädagogische Handeln der Fachkräfte.In der Supervision und <strong>im</strong> regelmäßigen Austausch <strong>im</strong>Team können <strong>unter</strong>schiedliche Vorerfahrungen, Unsicherheitenund Vorurteile geäußert und besprochenwerden. Im nächsten Schritt können gezielte Fortbildungsangeboteentsprechende Fachkenntnisse erweitern.Darüber hinaus ist es sinnvoll, innerhalb des TeamsStärken und Schwächen zu kennen und die Aufgabenverteilungentsprechend zu gestalten, um Überforderungvorzu beugen.Zweite Voraussetzung ist der Dialog mit den Eltern – undzwar sowohl der neuen als auch der bisherigen Altersgruppe.Die Aufklärung aller Eltern über die Chancenund Konsequenzen der erweiterten Altersmischungentscheidet darüber, ob die Eltern die neue Konzeptionder Einrichtung mittragen. Dabei geht es nicht nur umrechtzeitige Information und einen transparenten Austauschvon Erwartungen oder Befürchtungen, sondernmöglichst auch um die Partizipation aller Eltern. Wennauch oftmals die Entscheidung für oder gegen eineAltersöffnung nicht den Eltern überlassen werden kann,so können die Eltern in den Prozess der strukturellenVeränderungen, z. B. bezüglich der Raumausstattungoder der Tagesstruktur, mit einbezogen werden.Dritte Voraussetzung ist das Wohlbefinden der <strong>Kinder</strong>.Hier ist der Verlauf der Eingewöhnungsphase und dietägliche Gestaltung der Bring- und Abholsituation vonentscheidender Bedeutung. Eine gezielte Gestaltungder Lernumgebung und der Tagesstruktur <strong>im</strong> Sinneder erweiterten Altersmischung kann zur Qualität derTagesbetreuung beitragen. Gerade in den ersten <strong>drei</strong>Lebensjahren ist es bedeutsam, die altersspezifischenund individuellen Bedürfnisse der <strong>Kinder</strong> zu kennen undzu berücksichtigen, auch <strong>im</strong> Hinblick darauf, dass auchinnerhalb der Altersgruppen verhältnismäßig großeindividuelle Unterschiede in der kindlichen Entwicklungauftreten können.Mit der Entscheidung für die Altersöffnung beginnt einspannender Prozess der Umgestaltung und Weiterentwicklung,der Zeit für Erfahrungen des Ge- und Misslingensbraucht und an welchem das Personal, die <strong>Kinder</strong>selbst und ihre Eltern fortlaufend mitwirken können. Vonden Fachkräften fordert dieser Prozess eine engagierteArbeit mit den <strong>Kinder</strong>n, bei der Freude spürbar ist, aberauch Mut zum Ausprobieren, Neugier und Forschergeist– ganz auf den Spuren der frühkindlichen Bildung.


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