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Planungs- und Genehmigungsmanagement beim Brenner Basistunnel

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28 <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Genehmigungsmanagement</strong> <strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong><strong>Basistunnel</strong>Prof. Konrad Bergmeister<strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> BBT SEDr.-Ing. Walter Eckbauer<strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> BBT SE28.1 Allgemeines zum <strong>Basistunnel</strong>Beim <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> handelt es sichum einen flach verlaufenden reinen Eisenbahntunnel.Die Tunnelverbindung zwischenTulfes (Österreich) <strong>und</strong> Franzensfeste (Italien)weist eine Länge von 64 km auf, womitdie weltlängste unterirdische Eisenbahnverbindungentsteht. Die maximale Längsneigungbeträgt in den Hauptabschnitten 6,7 ‰.Mittig unterhalb der beiden Tunnelröhrenbefindet sich in einem Abstand von 11 m einErk<strong>und</strong>ungsstollen. Dieser wird zuerst abschnittsweisevor dem Bau der Hauptröhrenausgebrochen, um hauptsächlich das Gebirgezu erk<strong>und</strong>en. Die Ergebnisse dieser geologischen<strong>und</strong> hydrogeologischen Erk<strong>und</strong>ungenwerden für den Bau der Haupttunnels genützt.Dadurch können das Baurisiko vermindert<strong>und</strong> sowohl Baukosten als auchBauzeiten optimiert werden.Im endgültigen Ausbau wird dieser Erk<strong>und</strong>ungsstollendurchgehend gebaut, so dass erdann als Entwässerungsstollen <strong>und</strong> bei Notwendigkeitals Dienststollen genützt werdenkann.Die wichtigsten Kenndaten des <strong>Brenner</strong><strong>Basistunnel</strong>s sind: Länge: 55 + 9 = 64 km Längsneigung: 5,0‰ bis 6,7‰ Scheitelhöhe des <strong>Basistunnel</strong>s: 795 mü.d.M. Nettoquerschnitt der Hauptröhren: ca.43 m² Abstand der Querschläge: 300 mBild 1: Übersicht – <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>


272 <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Genehmigungsmanagement</strong> <strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>Bild 2: Regelquerschnitt des Haupttunnels mitErk<strong>und</strong>ungsstollen28.2 Projektablauf – Projektmanagement28.2.1 Historische ProjektentwicklungErste Überlegungen zu einer Unterquerungdes <strong>Brenner</strong>s gehen auf die Zeit vor der Errichtungder bestehenden <strong>Brenner</strong>eisenbahn(1859 – 1867) zurück: Der venezianische IngenieurQualizza hat bereits im Jahr 1847nach entsprechenden Möglichkeiten gesucht.Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg der Verkehrüber den <strong>Brenner</strong> konstant an <strong>und</strong> abden 1950er-Jahren wurde immer wieder zurIdee eines <strong>Basistunnel</strong>s unterhalb des <strong>Brenner</strong>passesgearbeitet.Im Jahr 1971 entschied der InternationaleEisenbahnverband UIC die wichtigsten europäischenEisenbahnachsen festzulegen, darunterdie <strong>Brenner</strong>achse zwischen München<strong>und</strong> Verona. Zur Bestimmung der wesentlichenGr<strong>und</strong>lagen für eine Neue <strong>Brenner</strong>bahnmit einem <strong>Basistunnel</strong> wurde die „ArbeitsgruppeAchse <strong>Brenner</strong>“ gegründet, bestehendaus Vertretern der Deutschen B<strong>und</strong>esbahn(DB), den Österreichischen B<strong>und</strong>esbahnen(ÖBB) <strong>und</strong> der Italienischen Eisenbahn(FS).Darauf aufbauend folgten die weiteren Planungen: Machbarkeitsstudie: 1987-1989 Vorprojekt: 1999-2002 Einreich- <strong>und</strong> UVP-projekt: 2005-2008 Genehmigung in Italien <strong>und</strong> Österreich:2008-2009 Genehmigung der Finanzierung mit entsprechendenRahmenbedingungen:2009-2011Dieses internationale große Infrastrukturprojektwird von der BBT SE (gegründet am16.12.2004), einer öffentlichen europäischenGesellschaft, die jeweils zur Hälfte im österreichischen<strong>und</strong> italienischen Besitz ist, abgewickelt(ÖBB: 50 %, RFI: 42,49 %, AutonomeProvinzen Bozen <strong>und</strong> Trient: je 3,11 %sowie der Provinz Verona: 1,29 %). DieBBT SE hat laut Staatsvertrag zwischen Österreich<strong>und</strong> Italien vom 30.04.2004 denRechtssitz während der <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> Genehmigungsphasein Innsbruck (Österreich),während der Bauphase in Bozen (Italien)<strong>und</strong> später in der Betriebsphase wieder inInnsbruck. Durch diese Vorgabe hat die BBTSE sowohl in Innsbruck als auch in BozenProjektmitarbeiter; wesentlich besser wäre esgewesen, wenn ein zentraler Standort geschaffenworden wäre. Durch die verschiedensprachigen Mitarbeiter <strong>und</strong> die Vorgabender Auftraggeber müssen alle Dokumentezweisprachig (deutsch, italienisch)verfasst <strong>und</strong> die Besprechungen zweisprachiggeführt werden.Am 18. April 2011 wurde der offizielleProjektauftrag an die BBT SE erteilt <strong>und</strong> dieBauphase eingeleitet.1. Merkregel: Für eine erfolgreiche Projektbegleitungsind teamfähige Mitarbeiter mithoher professioneller Fachkenntnis <strong>und</strong> verantwortlicherEntscheidungskompetenz notwendig.28.2.2 GenehmigungsplanungDer Ablauf einer Genehmigungsplanungverläuft in Österreich unterschiedlich zu derin Italien. Während in Italien bereits auf derGr<strong>und</strong>lage des Vorprojektes eine Untersuchungder umweltrelevanten Agenden erfolgt<strong>und</strong> auf Behördenebene eine Umweltverträglichkeitsprüfungmit Erteilung vonklaren Vorgaben für die nächste <strong>Planungs</strong>phaseerfolgt (CIPE 1), wird in Österreich


<strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Genehmigungsmanagement</strong> <strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> 273das Einreichprojekt auf die Umweltverträglichkeitbegutachtet.In Italien wurde der <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>in das Programm für strategische Infrastrukturenmit vorrangig nationalem Interesseaufgenommen <strong>und</strong> das Vorprojekt vom interministeriellenAusschuss für WirtschaftsplanungCIPE (UVP-Sonderkommission desUmweltministeriums) mit Beschluss Nr. 121vom 12.12.2001 gemäß dem italienischenGesetz Nr. 443 vom 21.12.2001 genehmigt.Vom interministeriellen Ausschuss CIPE<strong>und</strong> der Autonomen Provinz Bozen wurdedas Vorprojekt 2002 mit der entsprechendenUmweltverträglichkeitsstudie geprüft <strong>und</strong>mit entsprechenden Auflagen genehmigt.Nun mussten diese Vorgaben im Einreichprojekteingearbeitet <strong>und</strong> das Projekt vertiefendin allen Details ausgearbeitet werden.Im Rahmen des CIPE-II Verfahrens wird dasEinreichprojekt nun auf seine Umweltverträglichkeit<strong>und</strong> hinsichtlich der technischenQualität vom UVP-Beirat der AutonomenProvinz Bozen <strong>und</strong> vom Infrastruktur- sowievom Umweltministerium bewertet. Im Rahmeneiner öffentlichen Erörterung, der sogenanntenDienststellenkonferenz, wird dasProjekt vorgestellt <strong>und</strong> die Einwände bewertet.Dabei können sämtliche betroffenen Gemeinden,das Land Südtirol <strong>und</strong> anderweitigeberechtigte Institutionen Vorbehalte einbringen.Die abschließende Bewertung erfolgtdurch das Infrastrukturministerium,welches den Vorschlag dann an die CIPE(interministerieller Ausschuss für Wirtschaftsplanung)zur Genehmigung weiterleitet.In Österreich teilen sich die Genehmigungenin mehrere Verfahrensschritten auf: Verfahren zur Erteilung der eisenbahnrechtlichenKonzession zum Bau <strong>und</strong> Betriebdes <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>s Zuständig für das UVP-Verfahren <strong>und</strong>das teilkonzentrierte Verfahren ist derB<strong>und</strong>esminister für Verkehr, Innovation<strong>und</strong> Technologie (nach dem dritten Abschnittdes Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes- UP-G 2000, <strong>und</strong> zugleichteilkonzentriertes Genehmigungsverfahren.Darunter fallen:ooooVerfahren nach §§ 3 <strong>und</strong> 5 Hochleistungsstreckengesetzzur Erwirkungeiner Trassengenehmigungeisenbahnrechtliches Baugenehmigungsverfahren(Genehmigung desBaus der Eisenbahn in Österreich)nach § 31 bis 31g Eisenbahngesetzeinschließlich damit verb<strong>und</strong>enerTeile des Wasserrechts nach § 127Wasserrechtsgesetz (Uferschutzbauten,Bauten im Hochwasserabflussbereich)Rodungsverfahren nach dem ForstgesetzVerfahren betreffend die Errichtungbergbaufremder Anlagen im Bergbaugebietnach § 153 Mineralrohstoffgesetz Teilkonzentriertes Verfahren des Landeshauptmannsnach dem dritten Abschnittdes UVP-G 2000 für alle Genehmigungenim Vollzugsbereich des B<strong>und</strong>es, fürdie ansonsten der Landeshauptmannselbst oder die Bezirksverwaltungsbehördezuständig wäre. Ausgenommen davonsind Deponien. (Konzentrierte) Bewilligungsverfahrenfür Abfalldeponien (Tunnelausbruch)nach § 37 B<strong>und</strong>es-Abfallwirtschaftsgesetz(AWG-2002) können ebenfalls nachAbschluss des UVP-Verfahrens durchgeführtwerden. Dieses Verfahren schließtalle b<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> landesrechtlichen Verfahrenein, wobei die Zuständigkeit <strong>beim</strong>Landeshauptmann liegt. Das Ergebnisdes UVP-Verfahrens ist zu berücksichtigen. Naturschutzrechtliches Verfahren derLandesregierung. Auch dieses kann erstnach Abschluss des UVP-Verfahrensdurchgeführt werden.Daraus ist ersichtlich, dass verfahrenstechnischgroße Unterschiede in beiden Staatenvorliegen: Italien: Zweistufiges VerfahrenoVorprojekt: Detaillierte Überprüfungdes Vorprojektes <strong>und</strong> Vorgabenzur Umweltverträglichkeit fürdas Einreichprojekt.


274 <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Genehmigungsmanagement</strong> <strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>oEinreichprojekt: Überprüfung dereingearbeiteten Agenden zur Umweltverträglichkeit.Durch dieKenntnis der Vorschriften zur Umweltverträglichkeitkönnen dieseauch bereits bei der Kostenschätzungberücksichtigt werden. Österreich: Einstufiges VerfahrenoEinreich- <strong>und</strong> UVP-Projekt: Erstellungeines spezifischen Projektesfür alle umweltrelevanten Agendenin Absprache mit der Behörde. DerProjektbetreiber muss zusätzlichsogenannte §31 Gutachter für dieeinzelnen Fachgebiete nominieren,welche ein fachliches Gutachten erstellen.Die einzelnen Gutachtenwerden dann zu einem Gesamtgutachtenzusammengefasst. Auf derBehördenseite beschäftigen sich sogenannteUVP-Sachverständige mitden einzelnen Fachthemen. ImRahmen von öffentlichen Verhandlungenwerden die einzelnen Fachgebietediskutiert <strong>und</strong> alle Stellungnahmenschriftlich verfasst. Dannerstellt die Behörde das Gutachten.2. Merkregel: Für ein erfolgreiches <strong>Genehmigungsmanagement</strong>ist eine frühzeitigefachliche Einbindung der Behörde <strong>und</strong> eineinteraktive Projektoptimierung notwendig.Beim <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> wurden in Österreichsowohl die § 31 Gutachter als auch dieUVP-Sachverständigen bereits 1,5 Jahre vorder Projektabgabe eingeb<strong>und</strong>en. Im Zugedieser Projektoptimierung wurden die verschiedenenProjektgebiete mit den externenFachexperten bewertet <strong>und</strong> optimiert. Nebenqualitativen Bewertungen <strong>und</strong> der Berücksichtigungvon neuem Wissen <strong>und</strong> Erfahrungenaus anderen Infrastrukturprojekten wurdenspeziell folgende Themen bearbeitet: Optimierungen <strong>und</strong> vertiefende Bewertungenin geologischer, hydrogeologischer<strong>und</strong> geotechnischer Sicht, Entwicklung einer optimierten Baumethodik<strong>und</strong> Baulogistik unter Berücksichtigungmöglicher UVP-Vorschriften Erfassung von Risikozonen <strong>und</strong> Erarbeitungeiner detaillierten RisikoanalyseDie bahntechnischen Themen wurden mitbeiden nationalen Eisenbahngesellschaften,nämlich der ÖBB <strong>und</strong> der RFI abgestimmt.Im <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> wird – entsprechendder TSI-Richtlinie – ein 25 kV-50 Hz-Traktionssysteminstalliert. Die nördliche Zulaufstreckewird mit 15 kV 16 2/3 Hz versorgt<strong>und</strong> die Neubauabschnitte der ZulaufstreckeSüd werden mit einer 25 kV-50 Hz-Traktionsstromversorgungausgestattet. Für den<strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> sowie für alle Neubauabschnitteder <strong>Brenner</strong>achse wurde als Zugsicherungssystemdas ERTMS (EuropeanRail Traffic Management System) Level II –entsprechend der technischen Festlegungenfür die Interoperabilität des europäischen Eisenbahnsystems(TSI CCS) – bestimmt. DerStreckenabschnitt München–Verona ist Teildes Korridors B: Stockholm–München–Verona–Neapel,der neben anderen Eisenbahnkorridorenbis 2020 mit dem ERTMS ausgestattetwerden soll.Im März 2008 konnten die Projektunterlagenin beiden Staaten vorgelegt werden.In Österreich wurde – nach öffentlichenVerhandlungen <strong>und</strong> Diskussionen – mit Bescheidder B<strong>und</strong>esministerin für Verkehr,Innovation <strong>und</strong> Technologie Doris Buresvom 15. April 2009 die Baugenehmigungnach dem österreichischen Eisenbahngesetzerteilt. Die übrigen Genehmigungen (zuWasserrecht, Denkmalschutz <strong>und</strong> Deponien)wurden vom Landeshauptmann von Tirol,Günther Platter, am 16. April 2009 vergeben.Am 31. August 2009 erteilte die TirolerLandesregierung die naturschutzrechtlicheGenehmigung.In Italien wurde das Einreichprojekt fürdas gesamte Vorhaben am 31. August 2009durch den Interministeriellen Ausschuss fürWirtschaftsplanung genehmigt. Auch dieAnforderungen zur Tunnelsicherheit wurdengemäß den geltenden Richtlinien erfüllt.28.2.3 <strong>Planungs</strong>gr<strong>und</strong>lagenDie gesamte Planung des <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>swurde auf georeferenzierte Daten auf-


<strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Genehmigungsmanagement</strong> <strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> 275gebaut. Zu diesem Zwecke wurde ein kartographischesPortal „WegGis“ angelegt, <strong>und</strong>nach thematischen, skalierbaren Modulenaufgebaut. Der Zugang zum WebGis kannentweder über das Internetportal(http://gis.bbt-se.com) oder über die Informationsterminalserfolgen. Derzeit wurden 6thematische Module angelegt: Geologie, Planung,Wasserwirtschaftliche Beweissicherung,Vermessung, Eigentümer <strong>und</strong> Katasterparzellen,Öffentlichkeit. Sämtliche Informationensind in drei Sprachen (Deutsch,Italienisch, Englisch) abrufbar. Die unterstützendeDatenbank Oracle mit dem FrameworkmapAccel WEbGis-Database erlaubtnicht nur die visuelle Darstellung derGeländeformationen <strong>und</strong> des <strong>Basistunnel</strong>s,sondern es können auch logische Abfragendurchgeführt werden. Weiter können Datenvon verschiedenen Koordinatensystemen(UTM, WGS84, ITRF94, Gauss Boaga,Gauss Kröger, - , ETRS89) verwaltetwerden.Durch das WebGis-Portal kann sowohljeder am <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> beteiligte Planerals auch die Öffentlichkeit auf eine transparenteArt <strong>und</strong> Weise Informationen erhalten<strong>und</strong> sämtliche georeferenzierte Informationenabfragen .28.2.4 Regelplanung – Guide DesignDamit die Planung der verschiedenen Bauloseeinheitlich erfolgt <strong>und</strong> die UVP-Vorschrifteneingeplant werden können, wird<strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> vor der Ausschreibungs-bzw. Ausführungsplanung eineprojektübergreifende Regelplanung (guidedesign) erstellt. Diese wird auf Basis des aktuellenWissens <strong>und</strong> der neuesten technologischenEntwicklungen durchgeführt, um eineeinheitliche technische Gr<strong>und</strong>lage für dieweiteren Ausschreibungs- <strong>und</strong> <strong>Planungs</strong>schrittezu schaffen. In einer internationalenExpertengruppe wurden die unterschiedlichenErfahrungen mit Großprojekten <strong>und</strong> derenAbwicklungsmodalitäten ausgewertet,<strong>und</strong> in der Folge ein Vorschlag für den<strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> ausgearbeitet.Dadurch soll eine homogene <strong>und</strong> solideBasis für die Folgeplanungen erarbeitet werden.Die wesentlichen Elemente dieser gesamtheitlichenPlanung sind: Überarbeitung der Trassierung mit Einarbeitungsämtlicher Optimierungen <strong>und</strong>UVP-Vorschriften Normative Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> technischeVorgaben für die losbezogene Ausschreibungs-<strong>und</strong> Ausführungsplanung Gr<strong>und</strong>sätze für die Bemessung, die konstruktiveDurchbildung für eine Lebensdauervon 200 Jahren Erstellen von detaillierten Schnittstellen<strong>und</strong>Typenplänen Toleranzvorgaben (vermessungs- <strong>und</strong>baumethodenabhängige Toleranzen) unterBerücksichtigung der Folgegewerke Vorkehrungen für den bahntechnischenAusbauZusätzlich wird die gesamte Trassierungvom UTM in ein projektbezogenes Koordinatensystem:BBT-TM gebracht, das durcheine transversale Mercatorprojektion erzeugtwird. Damit wird die mittlere Projekthöhevon 720 m orthometrische Höhe festgelegt,was ca. 770 m ellipsoidischer Höhe entspricht.Das Projekt liegt somit in einem Gebietca. 10 km östlich <strong>und</strong> westlich vom Mittelmeridian.In diesem Fall beträgt dieStreckenverzerrung weniger als 2-3 Millimeterpro km.Im so geschaffenen Bezugssystem musskeine weitere Rotation durchgeführt werden,da die Meridiankonvergenz einfach zu berechnenist <strong>und</strong> der sich daraus ergebendeReduktionseffekt auf die Richtungen unbedeutendist (der Konvergenzwinkel beträgtc.ca 4’).3. Merkregel: Durch eine projekt- <strong>und</strong> fachübergreifendeRegelplanung (guide design)kann eine homogene Gr<strong>und</strong>lage für die Ausschreibungs-bzw. Ausführungsplanungen<strong>und</strong> damit für die Baurealisierung geschaffenwerden.28.3 Zeitmanagement - BauzeitenDas Bauprogramm 2010 des <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>swurde auf Basis der UVP-Genehmigungen,aufbauend auf ermittelten Aus-


276 <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Genehmigungsmanagement</strong> <strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>bruchzeiten von vergleichbaren Projektenunter Berücksichtigung der lokalen baulogistischenMöglichkeiten erstellt. Nach einereingehenden Analyse wurde das Bauprogrammin Form eines Weg-Zeit-Diagrammserstellt <strong>und</strong> mit externen Fachexperten diskutiert.Notwendig war es dabei, neben denverschiedenen Vortriebsmethoden auch die<strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> Ausschreibungs- bzw. Vergabezeitenzu berücksichtigen. Das Weg-Zeit-Diagramm umfasst die gesamten Bautätigkeitenvom Rohbau bis zur Inbetriebnahme<strong>und</strong> die dazu notwendigen <strong>Planungs</strong>leistungenohne Berücksichtigung der derzeit nochnicht bekannten Projektrisiken.Einfacher-mittlerer-komplexer FallLeistung[Monate]AusschreibungIngenieurleistung3 - 7 - 13(Vorbereitung bisVergabe)<strong>Planungs</strong>zeiten 6 - 8 - 16Bauausschreibungbis Vergabe4 - 10Bauvorbereitung ca. 3Lieferzeiten TBM ca. 6Das weitere Bauprogramm sieht eine Aufteilungder Arbeiten in 5 Hauptbaulose vor: 2 Baulose für den Erk<strong>und</strong>ungsstollen <strong>und</strong>Bauvorbereitung, sowie 3 Hauptbaulose vor.Der durchgehende Erk<strong>und</strong>ungsstollen wirdetwa 1/3 konventionell <strong>und</strong> 2/3 maschinellvorgetrieben. Die Zufahrtstunnel werdenausschließlich konventionell hergestellt. Beiden Hauptbaulosen teilen sich die Bauverfahrenauf etwa 1/4 konventionelle <strong>und</strong> 3/4maschinelle Bauverfahren auf. Auch dieVerbindungstunnel mit der Umfahrung vonInnsbruck werden konventionell hergestellt.Das Bauprogramm 2010 des <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>swurde auf Basis der UVP-Genehmigungen,neuer baulogistischer Optimierungen<strong>und</strong> verbesserter geologischer<strong>und</strong> hydrogeologischen Kenntnissen erarbeitet.28.4 Risikoanalyse <strong>und</strong> -managementFür den <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> wurde unterEinbindung von externen Fachleuten einedetaillierte Risikoanalyse durchgeführt. Wissend,dass damit nur die derzeit erkenn- <strong>und</strong>identifizierbaren Risiken berücksichtigt werdenkönnen, dient eine solche Analyse jedochzur verbesserten Transparenz <strong>und</strong> möglichenSuche nach Vermeidung von Risiken.Die Risiken wurden grob in 3 Kategorien:Technische Risiken, Genehmigungsrisiken,Verwaltungstechnische Risiken, unterteilt.Die Einzelrisiken wurden anhand von detailliertenUntersuchungen unter Einbindungder Fachplaner <strong>und</strong> externer Erfahrungenidentifiziert <strong>und</strong> diese dann zu einem Gesamtrisikozu summiert.nK ( Bi Ri) (1)i1Sinnvoll ist es, sich einer Checkliste auf derBasis von Erfahrungen aus anderen Projektenzu bedienen [Feik, 2006]. Beispielhaftsind dies: Risiken der bau-, bahntechnischen <strong>und</strong>umwelttechnischen Planung Gr<strong>und</strong>einlöserisiken Kostenermittlungsrisiken Ausschreibungs- <strong>und</strong> Vergaberisiken Vertragsrisiken Genehmigungsrisiken Finanzierungsrisiken Baumethode <strong>und</strong> Ausführungsrisiken Terminrisiken Ressourcen Risiken aus höherer Gewalt (Naturereignisse) Bestelländerungsrisiken (Änderung derZielvorgaben, Rahmenbedingungen etc).R ni11( i Xi) ), (2)n = IntensitätsfaktorenXi = Ereignisi1i


<strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Genehmigungsmanagement</strong> <strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> 277Risiken sind in der Regel voneinander abhängig.Deshalb ist es sinnvoll, das Schadensausmaß<strong>und</strong> die Eintretenshäufigkeit getrenntzu modellieren. Bei der Modellierungder Eintretenswahrscheinlichkeit kann einePoissonverteilung verwendet werden.Zur Beurteilung können beispielsweisesogenannte Ausmaßklassen (<strong>beim</strong> AlptransitGotthardtunnel angewandt) für bestimmteProjektanforderungen (z. B.: Kosten, Zeiten)definiert werden.Ausmassklasse Kosten TermineNiedrigMittelGross< 10 mioEuro10 mio bis100 mio Euro> 100 mioEuro< 2 Monate2 Monate bis12 Monate> 1 JahrTabelle 2: Beispielhafte Festlegung von Projektanforderungen(siehe [BLS ALP Berichte 2008])Die Risikoanalyse wird jährlich aktualisiert<strong>und</strong> mit externen Fachleuten reflektiert.Wichtig ist jedoch auch die Einbindung dereigenen Mitarbeiter, um die Sensibilität zuerhöhen <strong>und</strong> die Bereitschaft zur aufmerksamenÜberwachung zu gewährleisten.4. Merkregel: Eine Risikoanalyse <strong>und</strong> einbegleitetes Risikomanagement hilft Risikenzu erkennen <strong>und</strong> durch Maßnahmen zu reduzierenoder vermeiden. Die Risikoanalysemuss periodisch unter Einbindung der Projektbeteiligtenaktualisiert werden.28.5 KostenmanagementIm allgemeinen werden die Baukosten bzw.Basiskosten als Summe von Einheitspreisen,von Risikokosten <strong>und</strong> Valorisierungskostenerrechnet [Darts, 2004]. Die Gesamtkostendes <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>s wurden unter Berücksichtigungder Gr<strong>und</strong>lage der ÖGG-Richtlinie: Kostenermittlung für Projekte derVerkehrsinfrastruktur [ÖGG, 2005] ermittelt.Diese setzen sich aus den Basiskosten (B),aus den Kostenanteilen für die Risiken (R),den Kostenanteilen für die Gleitung (G) <strong>und</strong>die Valorisierung (V) zusammen:GK = B + R + G+ VPrognostizierte Gesamtkosten weisen imRegelfall eine Streubreite auf. Bei Kostenermittlungenfür Infrastrukturprojekte gehtman (auch nach der ÖGG-Richtlinie) vomMedianwert aus. Der Medianwert ist derjenigeWert, der mit gleicher Wahrscheinlichkeitunter- bzw. überschritten wird. Nur beieiner Normalverteilung (Gaus’sche Verteilung)fällt der Medianwert mit dem Mittelwertzusammen.Die Kosten des <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>swurden auf der Gr<strong>und</strong>lage des Einreichprojektes2008 großteils mit der Positionsmethodeermittelt. Zusätzlich wurden die Kostender vorgeschriebenen UVP-Maßnahmen<strong>und</strong> der externen Bewertung berücksichtigt.Auch wurde eine Valorisierung der prognostiziertenGesamtkosten vom 1.7.2006 biszum 1.1.2010 durchgeführt.KostengruppeRohbau 65 %Ausrüstung 15 %Management <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>einlöse 12,5 %Risikovorsorge 7,5 %Gesamt (Preisbasis 01.01.2010) 7460 Mio. €Im Risikoanteil wurden auf der Gr<strong>und</strong>lageeiner analytischen Risikoanalyse die identifiziertenRisiken mit einer höheren <strong>und</strong> mittlerenEintrittswahrscheinlichkeit berücksichtigt.Zur Berücksichtigung der erwartbaren,aber derzeit noch nicht identifizierbaren <strong>und</strong>quantifizierbaren Risiken wurde auf derGr<strong>und</strong>lage der österreichischen ÖGG-Richtlinie:„Kostenermittlung für Projekte derVerkehrsinfrastruktur“ (Version 2005) eineAbschätzung der notwendigen Risikovorsorgeaufgr<strong>und</strong> von langjährigen Erfahrungswertenfür Infrastrukturprojekte vorgenommen[9]. Dieser zusätzliche Anteil errechnetsich auf € 602 Mio. Aufgr<strong>und</strong> der österreichischenÖGG-Richtlinie errechnet sich einegesamte Risikovorsorge auf € 1.144 Mio.


278 <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Genehmigungsmanagement</strong> <strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>(theoretisch ermittelte Risikovorsorge mitmittlerer <strong>und</strong> hoher Eintrittswahrscheinlichkeit<strong>und</strong> die erwartbaren, aber derzeit wederquantifizierbaren noch identifizierbaren Risiken).Mit dieser Risikovorsorge errechnensich die prognostizierten Gesamtkosten des<strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>s bezogen auf den1.1.2010 auf € 8.062 Mio.Für die Interventionsmöglichkeiten zurSteuerung der Kostenentwicklung sowohl inder <strong>Planungs</strong>- als auch in der Ausführungsphasekann beispielsweise auf ein holistischesprobabilistisches Kostensteuerungsprozessmodellzurückgegriffen werden(Girmscheid, 2007). Dadurch sollen geradebei großen Infrastrukturprojekten mit öffentlichenInvestoren mögliche Kostenüberschreitungenüberwacht <strong>und</strong> gesteuert werden.28.6 KommunikationBei allen Infrastruktur- <strong>und</strong> Bauprojekten, soauch <strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong>, ist die Öffentlichkeitsarbeitbesonders wichtig. Dieseerfolgt in vielfältiger Weise <strong>und</strong> auf verschiedenenEbenen. Das Wichtigste ist derdirekte Kontakt mit der Bevölkerung <strong>und</strong> einekontinuierliche transparente Kommunikation.Während der 2. Hälfte der Genehmigungsplanungwurde die betroffene Bevölkerungkonstant über den Projektverlauf informiert.Dies erfolgte durch Vorträge, Publikationen<strong>und</strong> direkte Kontakte. Zusätzlichwurde in den Bahnhofsbereichen von Innsbruck<strong>und</strong> Franzensfeste ein Informationszentrumeingerichtet. Dort werden anhandvon Modellen <strong>und</strong> Grafiken das Ausmaß desProjektes <strong>und</strong> der Tunnelbau veranschaulicht.Beide Infozentren sind an den Wochentagenzugänglich <strong>und</strong> mit Fachpersonalbesetzt. Von hier aus werden auch Tunnelbesucheorganisiert <strong>und</strong> man erhält Informationenüber das Projekt sowie über den gesamtenTEN-Korridor Berlin–Palermo.Während der Bauphase können in Abstimmungmit der Bauleitung <strong>und</strong> den Baufirmendie Tunnelbaustellen besichtigt werden.Im Jahresrhythmus werden „Tage der offenenBaustellen“ veranstaltet. Die Bevölkerungkann die Baustellen besichtigen <strong>und</strong> einendirekten Einblick in den Tunnelbaugewinnen.5. Merkregel: Eine transparente Kommunikationwährend der <strong>Planungs</strong>-, Genehmigungs-<strong>und</strong> Bauphase kann bei großen Infrastruktur-<strong>und</strong> Bauprojekten für eine erfolgreicheAbwicklung entscheidend sein!28.7 AusblickDer <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> als transeuropäischeVerkehrsinfrastruktur wird Realität. MitVerantwortung, Sachkenntnis <strong>und</strong> unter Berücksichtigungder Erfahrungen von anderenTunnel- <strong>und</strong> Bahnprojekten soll der Bau vorangetriebenwerden. Wichtig sind dabeifachk<strong>und</strong>ige <strong>und</strong> teamfähige Mitarbeiter, diebereit sind, Verantwortung trotz mancher bürokratischer<strong>und</strong> politisch oder kulturell bedingterHürden zu übernehmen.LiteraturBergmeister, K.: <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> – Lebensräume<strong>und</strong> Verkehrswege. Tappeinerverlag– Lana. 2008, 171 SeitenBergmeister, K.: <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> – DerTunnel kommt. Tappeinerverlag – Lana.2011, 263 SeitenBLS ALP Transit AG: Lötschberg <strong>Basistunnel</strong>Schlussberichte. Thun: Eigenverlag,2008DARTS – Durable and reliable tunnelstructures – the comprehensive decisiontool. Informations: Steen Rostam COWIKongens Lyngby. Project GRD1-255633.2004Feik, R.: Elektronisch gestütztes Risikomanagementim Bauwesen. Dissertation.Schriftenreihe: Bauwirtschaft <strong>und</strong> ProjektmanagementHeft Nr. 14, UniversitätInnsbruck, 2006Girmscheid, G.: Holistisch kybernetischesKostensteuerungsprozessmodell – Pro-


<strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Genehmigungsmanagement</strong> <strong>beim</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Basistunnel</strong> 279jektentwicklungsphase. In: Bauingenieur,11/2007Quick, H.; Bergmeister, K.; Facchin, E.; Michael,J.: Aicha-Mauls on the <strong>Brenner</strong>Base Tunnel – status of the works andresults. In: Geomechanics and Tunneling.Ernst § Sohn Company, 2010, p. 520 –533ÖGG – Richtlinie: Kostenermittlung für Projekteder Verkehrsinfrastruktur unter Berücksichtigungrelevanter Projektrisiken.Salzburg 2005

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