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DokumentationDeutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin undUmweltmedizin e. V.47. Wissenschaftliche Jahrestagung21. – 24. März 2007 in MainzIn Zusammenarbeit mit:♦ Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. – Berufsverband DeutscherArbeitsmediziner –♦ Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften e. V.Hauptthemen:♦ Wie lange können wir gesund arbeiten? – Wissenschaftliche Antworten der Arbeitsmedizin♦ Universitäre Ausbildung – Verpflichtungen und Chance für die ArbeitsmedizinHerausgegeben von:Univ.-Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan LetzelDipl.-Psych. Kirsten Isabel LöfflerDipl.-Dok. (FH) Carola Seitz1

DokumentationDeutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin undUmweltmedizin e. V.47. Wissenschaftliche Jahrestagung21. – 24. März <strong>2007</strong> in MainzIn Zusammenarbeit mit:♦ Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. – Berufsverband DeutscherArbeitsmediziner –♦ Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften e. V.Hauptthemen:♦ Wie lange können wir gesund arbeiten? – Wissenschaftliche Antworten der Arbeitsmedizin♦ Universitäre Ausbildung – Verpflichtungen und Chance für die ArbeitsmedizinHerausgegeben von:Univ.-Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan LetzelDipl.-Psych. Kirsten Isabel LöfflerDipl.-Dok. (FH) Carola Seitz1


Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabeund der Übersetzung in andere Sprachen vorbehalten.Copyright <strong>2007</strong> byGeschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V.Prof. Dr. med. Dr. med. dent. R. KesselInstitut für Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck,Ratzeburger Allee 160, 23538 LübeckISSN 1861-6577ISBN 978-3-9811784-0-12


InhaltInhaltVorwort26EröffnungsveranstaltungBegrüßungUniv.-Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel, Präsident der Deutschen Gesellschaftfür Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V.Anhang zur Begrüßung: 13 Thesen der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizinund Umweltmedizin e. V.2835GrußworteDr. Cornelia Fischer, Ministerialdirektorin, Bundesministerium für Arbeit undSozialesDoris Bartelmes, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie undGesundheit, Rheinland-PfalzWolfgang Reichel, Dezernat Umwelt, Grün, Gesundheit, Tiefbau, Entwässerung,Entsorgung, BrandschutzProf. Dr. med. Jörg Michaelis, Präsident der Johannes Gutenberg-UniversitätMainzProf. Dr. Dr. med. Reinhard Urban, Dekan des Fachbereiches Medizin derJohannes Gutenberg-Universität MainzDr. med. Jürgen Hoffart, Hauptgeschäftsführer der LandesärztekammerRheinland-PfalzDr. Joachim Breuer, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der gewerblichenBerufsgenossenschaften e.V.Dr. Albert Platz, Hauptgeschäftsführer des Landesverbands der gewerblichenBerufsgenossenschaften e.V.Prof. Dr. Brigitta Danuser, Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaft fürArbeitsmedizinDr. med. Wolfgang Panter, Präsident des Verbandes Deutscher BetriebsundWerksärzte e.V.434852555759626566673


InhaltEhrungenE.W. Baader-Preis 70Franz-Koelsch-Medaille 72Innovationspreis der <strong>DGAUM</strong> <strong>2007</strong> 74Joseph-Rutenfranz-Medaille 75Einleitung zu den HauptthemenThomas Kraus:Wie lange können wir gesund arbeiten? – Wissenschaftliche Antworten derArbeitsmedizinHans DrexlerUniversitäre Ausbildung – Verpflichtungen und Chancen in der Arbeitsmedizin7682VorträgeAtemwege, Allergien, Stäube IV01V02V03V04V05Stephan W. Weiler, Julia Ehbrecht, Ina Köhler, Matteo Riccò, BarbaraKalsdorf, Peter Zabel, Richard Kessel, Anke van MarkStaubbelastungen in Mühlen zur FuttermittelherstellungRegine Pabst, Dietrich Landmann, Robert Metzner, Ernst Hallier, AstridRita Regina HeutelbeckSensibilisierungsstatus gegen Umwelt- und Berufsallergene beilandwirtschaftlichen BerufsanfängernKlaus Schmid, Barbara Jüngert, Hans DrexlerArbeitsmedizinische Vorsorge bei Kontakt zu Labortierstaub - ErsteErfahrungen bei der Umsetzung der neuen Gefahrstoffverordnung imUniversitätsbereichAstrid Rita Regina Heutelbeck, Thomas Herrmann, Robert MetznerExhalative NO-Konzentration zur Früherkennung berufsbedingterallergischer Atemwegserkrankungen?Holger Dressel, Corinna Gross, Dorothea de la MotteKurzzeiteffekte einer Schulungsmaßnahme bei Landwirten mitBerufsasthma auf das exhalierte Stickstoffmonoxid (eNO)8994991021074


InhaltV06Lioubov Barbinova, Cordula Bittner, Xaver BaurStickstoffmonoxid-Messung (FeNO) als eine differenzierende Methode inder Diagnostik109Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieV07V08V09V10V11V12Rolf LorbachSchlafapnoe-Screening bei Fahrbediensteten im ÖffentlichenPersonennahverkehrBritta Geißler, Lorenz Hagenmeyer, Udo Erdmann, Axel MuttrayErhöhte Schläfrigkeit bei Busfahrern im Fernverkehr?Barbara Wilhelm, Till Brummund, Wilhelm Durst, Gerhard OttoObjektivierung von Tagesschläfrigkeit bei 50 - 65-jährigen Beschäftigtenim VerwaltungsbereichWilhelm Durst, Till Brummund, Barbara Wilhelm, Gerhard OttoEinfluss von Alter und Geschlecht auf die Schlaf- und Lebensqualität 50 -65-jähriger Beschäftigter im VerwaltungsbereichAnke Marks, Barbara Griefahn, Christa Künemund, Mathias BasnerNächtliches Aufwachen durch Straßen- und SchienenverkehrslärmBarbara GriefahnCortisolproduktion nach lichtinduzierter Verschiebung der PhasenlageAtemwege, Allergien, Stäube IIV13 Monika Raulf-Heimsoth, Beate Pesch, Rainer Bramer, AnneSpickenheuer, Richard Rumler, Dieter Höber, Rolf Merget, ThomasBrüningV14V15V16V17Einsatz von nicht-invasiven Methoden zur Erfassung der irritativenWirkung von Dämpfen aus Bitumen auf die AtemwegeAlexandra Preisser, Xaver Baur, Andreas PoppeIrritatives Asthma und neurologische Defizite durch toxischeBegasungsmittel in Import-ContainernHorst Christoph Broding, Peter Frank, Benjamin KriegerVerlauf beruflich bedingter AtemwegserkrankungenAlice Müller-Lux, Thomas Schettgen, Monika GubeNachweis akuter adverser Atemwegseffekte bei Schweißern imAtemkondensatAxel Muttray, Jan Gosepath, Jürgen Brieger, Andreas Faldum, ChristianZagar, Otfried Mayer-Popken, Bernd Roßbach, Detlev Jung, HeikeScherhag, Wolf Mann, Stephan LetzelZur Wirkung von 50 ppm Methylmethacrylat auf die oberen Atemwegegesunder Probanden1151161201211221261321341401451495


InhaltSchichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenV18V19V20V21V22Thomas Baumeister, Hans DrexlerSchichtarbeit als primärpräventive Maßnahme? Verhinderunggesundheitsadverser Verhaltensweisen von Jugendlichen durchSchichtarbeitszeiten?Anke van Mark, Stephan W. Weiler, David A. Groneberg, MarcelSchröder, Michael Spallek, Manfred Heppner, Peter Egler, Richard KesselWie stark profitieren Schichtarbeiter von einer sportlichen Betätigung?Eberhard Alexander Pfister, Irina Böckelmann, Beate PeterDie Arbeitsmedizin bei der wachsenden Bedeutung von Herz-Kreislauferkrankungen der ArbeitnehmerMarcus Oldenburg, Hans-Joachim Jensen, Xaver BaurKoronare Herzkrankheit unter Seeleuten auf deutsch-flaggigen SchiffenMechthild Heinmüller, Jochen Strümpell, Heribert Limm, Harald Gündel,Peter AngererBeruflicher Stress und Stressreaktivität –Herzratenvariabilität?Einflussfaktoren auf dieHauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?– Wissenschaftliche Antworten der ArbeitsmedizinV23V24V25V26V27V28Johannes Kiesel, Horst Christoph Broding, Peter Lederer, Rudolf Kötter,Hans DrexlerVergleichende Untersuchung des Gesundheitsstatus und –Verhaltens vonMitarbeitern in sechs Unternehmen in Abhängigkeit vom LebensalterUlrich FunkeInnerbetriebliches Benchmarking des GesundheitsstandsMichael SchneiderFit im Leben – Fit im Job: Eine Gesundheitsoffensive bei BoehringerIngelheimJoachim Stork, Georgios Sengos, Horst MannUntersuchungen zur Altersabhängigkeit krankheitsbedingterArbeitsunfähigkeitenMatthias Nübling, Hans-Martin Hasselhorn, Ulrich Stößel, MartinaMichaelis, Friedrich HofmannWie lange können wir gesund arbeiten? Alters- und Berufseffekte auf dasBelastungs- und Beschwerdeerleben.Andreas Glatz, Volker Anneken, Walter Heipertz, Andreas Weber,Thomas KrausDie Ermittlung der Arbeitsbelastungskategorie - StandardisierteSelbstauskunft und Messung im Vergleich1541581621671731771821861901941996


InhaltHauptthema II: Universitäre Ausbildung– Verpflichtungen und Chancen für die ArbeitsmedizinV29V30V31V32V33V34Birgit Emmert, Jean-Francois Chenot, Anne Simmenroth-Nayda, JürgenBünger, Anja Hitz, Ernst HallierInterdisziplinäre OSCE als alternative Prüfungsform für das Fach ArbeitsundSozialmedizinKatja Radon, Eduardo Tapia, Alejandra Pizarro Arenas, Daniel Segura,Maria Julia Calvo, Nella Marchetti, Veronica HerreraArbeitsmedizinische Lehre in ChileNorbert Binding, Sabine Woltering, Ute WittingKontinuierliche Evaluation als Beitrag zur Qualität der Lehre in derArbeitsmedizinElke Ochsmann, Hans DrexlerStudentische Evaluation zur Ausbildung in der Arbeitsmedizin (UniversitätErlangen-Nürnberg)Norbert Binding, Werner Mathys, Ute WittingLehre im Querschnittsbereich „Klinische Umweltmedizin“– studentischeEvaluation und PrüfungsergebnisseStefanie Kolb, Jörg Reichert, Barbara Beer, Dennis Nowak, Katja RadonArbeitsmedizinische Weiterbildung – neue Chancen durch E-learningArbeitsphysiologieV35V36V37V38V39V40Ulrich Bolm-Audorff, Andrea Kronen, Anette WunderlichHäufigkeit von Kniegelenksbelastungen in ausgewählten BerufsgruppenGunter Spahn, Barbara Schwark, Reinhard Bartsch, Thomas Mückley,Gunther Hofmann, Rainer SchieleGonarthrose. Untersuchung zur Häufigkeit radiologischer Arthrosezeichenund Bestimmung von Faktoren, die zur Manifestation der ErkrankungführenJutta Scharnbacher, Jörg Reichert, Tobias Röhrl, Dennis Nowak, UlrichHoffmann, Christine Espinola-Klein, Stephan LetzelWelche Belastungen lösen ein Hypothenar-Hammer-Syndrom aus?Roman Rolke, Silke Rolke, Thomas Vogt, Frank Birklein, MarianneDieterich, Rolf-Detlef Treede, Stephan Letzel, Susanne Völter-MahlknechtVibrationsinduziert vasospastisches Syndrom (VVS): Quantitativesensorische Testung (QST) im Vergleich mit konventionellerneurologischer DiagnostikDetlev Jung, Luis Escobar-Pinzón, Karin Schneider-Klein, Isabel Löffler,Matthias Jung, Stephan LetzelPC-gesteuerte Arbeitsunterbrechung mit progressiver Muskelrelaxation –Auswirkungen auf das BefindenHelmut Strasser, Min-Chi Chiu, Hartmut Irle, Tanja GrünigVertäubung und Erholung des Gehörs nach energie-äquivalentenschmalbandigen und breitbandigen Geräuschbelastungen2022072112142182212242292352402442477


InhaltUmweltmedizinV41V42V43V44Biomonitoring IV45V46V47V48V49V50Birgitta Kütting, Jürgen Angerer, Hans DrexlerAcrylamid - eine reale Gesundheitsgefahr für die Allgemeinbevölkerung?Anja zur Nieden, Hans-Christian Schuppe, Holger Martin Koch, JürgenAngerer, Nikolaos I. Stilianakis, Thomas Eikmann, Caroline HerrBiomonitoring von Phthalatmetaboliten im Urin und zeitversetzteEjakulatbefunde bei Patienten einer andrologischen AmbulanzSylvia Rabstein, Klaus Unfried, Ulrich Ranft, Thomas Illig, Mariana Vlad,Cecilia Roman, Tobias Weiß, Thomas Brüning, Beate PeschAssoziation zwischen Polymorphismen des δ-Aminolävulinsäure-Dehydrase-Gens auf den Hämoglobinspiegel von Frauen mit hoherumweltbedingter Bleibelastung in RumänienJürgen Bünger, Volker Harth, Frank Hoffmeyer, Thorsten Wiethege,Thomas BrüningGesundheitsbeschwerden von Bürobeschäftigten durch Immissionen einerbenachbarten RecyclinganlageRudolf Schierl, Matthias Demmeler, Dennis NowakHohe Bleikonzentrationen im Blut von SportschützenRainer RadtkeBleibelastung auf offenen SchießständenThomas Rebe, Michael Bader, Thomas Göen, Björn Goltz, RenateWrbitzkyQuecksilber-Biomonitoring von Angestellten bei Überschreitung desInnenraum-RichtwertesBernd Roßbach, Klaus Windorfer, Karl-Heinz Schaller, Jürgen Angerer,Hans Drexler, Joachim Stork, Eva Böhler, Stephan LetzelBiomonitoring von Aluminiumschweißern – Instrumentarium zurDokumentation einer Expositionsminderung am ArbeitsplatzKatrin Förster, Ralf Preuss, Bernd Roßbach, Thomas Brüning, PatriceSimon, Jürgen AngererBestimmung von 3-Hydroxybenzo[a]pyren im Urin von Arbeitern mitberuflicher PAK-BelastungBoleslaw Marczynski, Monika Raulf-Heimsoth, Anne Spickenheuer,Katrin Förster, Thomas Mensing, Peter Welge, Beate Pesch, RainerBramer, Heiko U. Käfferlein, Dietmar Breuer, Jens-Uwe Hahn, JürgenAngerer, Thomas BrüningGenotoxische Effekte in weißen Blutzellen von Arbeitern nach einerExposition gegen Dämpfe aus Bitumen bei der Heißverarbeitung.Vergleich mit Luftmessungen und Urinmetaboliten2572612652682712742782802852898


InhaltPsychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenV51V52V53V54V55V56V57V58Malignome IV59V60V61Ralf Wegner, Bernd Poschadel, Johanna de Jong, Xaver BaurBelastung und Beanspruchung durch Schichtarbeit im Vergleich mitBereitschaftsdienst im Krankenhaus, Ergebnisse einer Interventionsstudiebei Ärztinnen und ÄrztenWolfgang HagemannStressbedingte berufliche Beanspruchung und Belastung bei Ärzten undderen systemische AuswirkungenElke Ochsmann, Klaus Schmid, Eva-Maria Keller, Michael Mück-Weymann, Hans DrexlerAktuelles Wohlbefinden von jungen Ärzten in Abhängigkeit vonBerufsalltag und Einschätzung des eigenen Könnens nach demMedizinstudiumMonika A. Rieger, Wilfried E. Dieterle, Andrea Wittich, Sascha Schmidt,Elke Donath, Sabine BartholomeyczikPsychosoziale Belastungen bei Krankenhausbeschäftigten vor und nachEinführung der DRG-basierten Vergütung in DeutschlandHans-Martin Hasselhorn, Matthias Nübling, Monika A. RiegerDie psychosoziale Arbeitssituation von Betriebsärzten im BerufsvergleichMelanie Harling, Petra Strehmel, Albert NienhausPsychosoziale Belastungen und Konsum psychotroper Substanzen beiTierärztenReingard Seibt, Jeanette MalbrichZusammenhänge zwischen Einflussflussfaktoren und Burnout-Risiko inpädagogischen BerufsgruppenMarleen Thinschmidt, Brit GruhneAuswirkung der Leitungsfunktion auf Belastungserleben undGesundheitskriterien bei Kita-PersonalHermann M. Bolt, Klaus GolkaRisikoabschätzung für das Harnblasenkarzinom bei beruflicherVerwendung von OxidationshaarfarbenGabriele Leng, Martin Pelster, Michael Nasterlack, Bernd Scheuermann,Friedhelm Eberle, Dirk Taeger, Beate Pesch, Georg Johnen, HeikeStockmann, Thomas Brüning, Feil Gerhard, Marcus Horstmann, JoachimPäulgen, Arnulf Stenzl, Harald WellhäußerProspektive Kohortenstudie bei Risikopersonen zur Früherkennung vonHarnblasenkarzinomen mittels urinbasierter TumormarkerMichael Nasterlack, Peter Messerer, Dirk Pallapies, Marvin Gerald Ott,Andreas ZoberKohortenstudie zur Krebshäufigkeit bei Beschäftigten in einer Kläranlage2922993003043093143183243283333379


InhaltV62Wolfgang Ahrens, Chinara MambetovaBerufliche Expositionen gegenüber endokrin wirksamen Chemikalien undTumoren des extrahepatischen Gallensystems342Biomonitoring IIV63V64V65V66V67V68NeurotoxizitätV69V70V71V72Thomas Göen, Manfred Heppner, Lars Lüersen, Tobias Weiß, JürgenAngerer, Hans Drexler, Gintautas KorinthErfassung der toxischen Gefährdung durch Hautkontakt mittelsBiomonitorings am Beispiel aromatischer AmineMichael Bader, Wolfgang Rosenberger, Thomas Rebe, Renate WrbitzkyQuantitative Untersuchungen zur Bedeutung einer dermalenGefahrstoffaufnahme am Beispiel des n-Methyl-2-pyrrolidons (NMP)Matthias Wittassek, Holger Martin Koch, Johannes Müller, Lorenz Dobler,Christa Schröter-Kermani, Rolf Eckard, Christoph Schlüter, HansDrexler, Jürgen AngererInnere Belastung der Allgemeinbevölkerung gegenüber Phthalatenwährend der letzten zwanzig JahreHolger Martin Koch, Matthias Wittassek, Jürgen AngererDie Phthalatbelastung der deutschen Allgemeinbevölkerung: aktuelleHuman-Biomonitoring-Daten und Berechnungen der täglichenAufnahmemengeAnja zur Nieden, Holger Martin Koch, Nikolaos I. Stilianakis, Hans-Christian Schuppe, Jürgen Angerer, Thomas Eikmann, Caroline HerrPhthalatmetabolite im Urin und ihre möglichen Prädiktoren aus Ernährungund LebensgewohnheitenMatthias Wittassek, Ulrich Goergens, Jens-Uwe Hahn, Holger MartinKoch, Johannes Müller, Hans Drexler, Jürgen AngererInnere Belastung gegenüber Diisodecylphthalat (DiDP) durchHeißgasschweißarbeiten an PVC-SchweißbahnenGerhard Triebig, Karolina Lischka, Andreas Ihrig, Wolfgang WrazidloLängsschnittstudie zu Mangan-assoziierten Gesundheitsstörungen beiBeschäftigten in der Trockenbatterie-HerstellungErnst Kiesswetter, Michael Schäper, Mark Buchta, Karl-Heinz Schaller,Bernd Roßbach, Heike Scherhag, Wolfgang Zschiesche, Wolfgang Hilla,Joachim Stork, Klaus Windorfer, Stephan LetzelNeurotoxizität von Aluminiumschweißrauch?Stefan Kleinbeck, Stephanie Anja Juran, Ernst Kiesswetter, MichaelSchäper, Christoph van ThrielDifferenzierung von Geruchs- und Reizeffekten durchVerlaufsbetrachtungen subjektiver SymptomangabenIrina Böckelmann, Eberhard Alexander PfisterLängsschnittsvergleich psychologisch-psychometrischer Ergebnisselösemittelexponierter Autolackierer34334835235635936236536937437810


InhaltMalignome IIV73V74V75V76Thomas Erren, Christine Glende, Peter Morfeld, Allan Smith, CraigSteinmaus, Pierluigi Cocco, Claus PiekarskiZu den Kausalzusammenhängen von Quarzfeinstaub, Silikose undLungenkrebs: Meta-Analysen von epidemiologischen Studien zwischen1979 and 2006Peter Morfeld, Michael Emmerich, Konrad Lampert, Hans LeopoldReischig, Hans-Guido Klinkner, Christa Stegmaier, Hartwig Ziegler, ClausPiekarskiMortalität und Krebsmorbidität saarländischer Steinkohlenbergleute, 1980- 2002Dirk Taeger, Beate Pesch, Georg Johnen, Thorsten Wiethege, Klaus-Michael Müller, Andreas Eisenmenger, Andrea Tannapfel, ThomasBrüningEinfluss der Höhe der Quarzexposition in Abhängigkeit von Silikose aufdie Verteilung der Subtypen des Lungenkrebses bei Arbeitern imUranbergbauBeate Pesch, Christiane Pierl, Isabelle Gross, Martin Gebel, JoachimWolf, Johannes Schulze, Thomas BrüningExposition gegenüber inhalierbarem Holzstaub und Zusatzstoffen alsRisikofaktoren für sinonasale Adenokarzinome – Ergebnisse einerIndustrie-basierten Fall-Kontroll-Studie in der deutschen Holzwirtschaft383387391395AsbestV77V78V79V80V81Michael Felten, Lars Knoll, Christian Eisenhawer, Christian Feldhaus,Wolfgang Zschiesche, Johannes Hüdepohl, Thomas KrausEinflussfaktoren der Asbestoseentwicklung bei ehemalsasbestexponierten KraftwerksmitarbeiternLars Knoll, Michael Felten, Christian Eisenhawer, Christian Feldhaus,Wolfgang Zschiesche, Thomas KrausSelektionsmechanismen durch Nonresponse-Bias in einem differenziertenVorsorgeprogramm bei ehemals asbestexponierten ArbeitnehmernThomas Schettgen, Lars Knoll, Michael Felten, Alice Müller-Lux, AngelaTings, Wolfgang Zschiesche, Johannes Hüdepohl, Thomas KrausEvaluierung der Bestimmung von Osteopontin und Mesothelin im Blut alsBiomarker zur Früherkennung asbestbedingter ErkrankungenWolfgang Marek, Gabriele Richartz, Statis Phillippou, Lars Marek, NicolaKotschy-LangFollow-up von Dysplasien im Sputum von Asbest- oder RadonexponiertenArbeitnehmern mittels Semiautomatisierter SputumZytometrie (ASC) und konventioneller Zytologie (CY)Volker Harth, Frank Hoffmeyer, Jürgen Bünger, Jana Henry, AndreasDehlinger, Guy Weinberg, Alon Kushnir, Rolf Merget, Thomas BrüningVibration Response Imaging (VRI) bei Asbest- und Quarzstaub-bedingtenLungenveränderungen39940440941542011


InhaltV82Rolf Arhelger, Joachim SchneiderVergleich von Sollwerten der statischen Compliance bei Patienten mitAsbestfaserstaub-verursachten Erkrankungen der Lunge und der Pleura(BK. Nr. 4103)424Hautschutz, NadelstichverletzungenV83V84V85V86V87V88Gintautas Korinth, Karl-Heinz Schaller, Hans DrexlerVergleich der experimentellen mit den anhand mathematischer Modelleberechneten dermalen Penetrationsraten von GefahrstoffenManigé Fartasch, Alexandra Deters, Esther Schnetz, Thomas Göen,Hans Drexler, Martin SchmelzBeeinflussung der Penetration durch Externa (Hautschutz): In vivo-Erkenntnisse durch die MikrodialyseMargarete von Halem, Ulrich FunkePrävention durch feuchtigkeitsdichte Schutzhandschuhe oderHaut(schutz)mittelanwendung bei mehr als 4 StundenFeuchtarbeit/Isopropanolhautkontakt?Dirk Taeger, Beate Pesch, Heinrich Dickel, Anke Leiste, SandraSchöneweis, Natascha Goldscheid, Michael Haufs, Rolf Merget, PeterAltmeyer, Thomas BrüningWirksamkeit von Hautschutz- und Hautpflegepräparaten unterKühlschmierstoffexposition – eine randomisierte und kontrollierte StudieAndreas Wittmann, Zeljka Vrca, Benno Neukirch, Friedrich HofmannGesamtwirtschaftliche Kosten durch Nadelstichverletzungen undmöglicher Nutzen durch die Einführung sicherer InstrumenteMonika A. Rieger, Karen Kempe, Brigitte StrahwaldSchnitt- und Nadelstichverletzungen im Gesundheitsdienst: Risiken undMöglichkeiten der Intervention429433434438441445PosterArbeitsphysiologie IP01P02P03Andreas Theilmeier, Claus Jordan, Norbert Wortmann, Stefan Kuhn,Albert Nienhaus, Alwin Luttmann, Matthias JägerWirbelsäulenbelastung bei Pflegetätigkeiten – Kennwerte zur Nutzung inBerufskrankheiten-FeststellungsverfahrenClaus Backhaus, Karl-Heinz Jubt, Lutz AltenburgLumbalbelastung beim Absortieren von Flugreisegepäck an zweiunterschiedlichen FlughafenförderbändernAnnekatrin Bergmann, Barbara Schumann, Thomas Hoell, JohannesHaertingBesteht ein Zusammenhang zwischen Regenerations- undDegenerationsvorgängen und manueller Lastenhandhabung bei Patientenmit lumbalen Bandscheibenvorfällen?45145445612


InhaltP04P05P06P07Claus Jordan, Klaus-Helmut Schmidt, Alwin Luttmann, Matthias JägerBewältigungsstrategien zur Kompensation hoher Wirbelsäulenbelastungenbei beruflichen TätigkeitenFalk Liebers, Joachim Grifka, Oliver Linhardt, Gustav CaffierMehrstufendiagnostik von Muskel-Skelett-Erkrankungen in der arbeitsmedizinischenPraxis - überarbeitete Version 2005/2006Michael Spallek, Walter KuhnFunktionsuntersuchung des Bewegungsapparates in der Arbeitsmedizin –Beispiel Untere ExtremitätReinhard Vilbrandt, Steffi Kreuzfeld, Regina StollMEDLIMS: Internetgestütztes arbeitsphysiologisches Datenmanagementsystem457460463465Arbeitsphysiologie IIP08P09P10P11P12P13P14P15P16Bernd Hartmann, Dirk SeidelMuskel-Skelett-Befunde und Herz-Kreislauf-Risikofaktoren in der VorsorgeFalk Liebers, Gustav CaffierAlters- und geschlechtsspezifische Arbeitsunfähigkeit durch degenerativeMuskel-Skelett-ErkrankungenReinhard Bartsch, Stefan Katzmann, Rainer SchielePrävalenz und beeinflussende Kofaktoren von Beschwerden desBewegungsapparatesBernd Jungclaus, Emke Emken, Jana Brandt, Katharina JanssenBewegungstraining u. Ergonomie in der Lehrlings-Ausbildung am Bau(BELA-BAU)- Ergebnisse einer TeilnehmerbefragungMartina Michaelis, Matthias NüblingBeschwerdeprofile bei Bus- und LKW-Fahrern -SekundäranalyseEva Haufe, Klaus Scheuch, Bernd HartmannEntscheidungsbäume zur Prädiktion des Hörverlusts bei 4 kHzBeate Peter, Irina Böckelmann, Eberhard Alexander PfisterErgebnisse einerKlassische kardiovaskuläre Risikofaktoren und Herzrhythmusanalyse beieiner Gruppe von PolizeibeamtenIrina Böckelmann, Erik Dietze, Eberhard Alexander PfisterDas Verhalten der Herzfrequenzvariabilität in einer Laborsituation undindividuelle Bewältigung beruflichen Stresses als Grundlage fürPräventionsmaßnahmen von PolizeibeamtenBritta Husemann, Carolin von Mach, Eva Böhler, Carola Seitz, JuttaScharnbacher, Luis Escobar-Pinzón, Stephan LetzelEinfluss einer Steh-Sitz-Dynamik auf das psychische und physischeWohlbefinden, die Arbeitsleistung und Ermüdung bei Bildschirmarbeit46747047347547748048448749013


InhaltAtemwege, Allergien, Stäube IP17P18P19P20P21P22P23P24aP24bBiomonitoring IP25P26Vera van Kampen, Rolf Merget, Ingrid Sander, Monika Raulf-Heimsoth,Sylvia Rabstein, Horst Christoph Broding, Claus Keller, Horst Müsken,Axel Overlack, Gerhard Schultze-Werninghaus, Jolanta Walusiak,Thomas BrüningPrädiktive Bedeutung der Mehl-spezifischen IgE-Antikörper im Serum vonBäckern für das Ergebnis von Expositionstests mit MehlenCordula Bittner, Britta Graßau, Karsten Frenzel, Xaver BaurIdentifizierung von Gliadin als relevantes BäckerallergenMarcus Bauer, Klaus Siegmund, Thomas Muth, Sieglinde SchwarzeLungenfunktion und Endotoxin-Exposition bei LandwirtenSiegfried Turowski, Dietrich Landmann, Johannes Baur, HansjörgScheuermann, Robert Metzner, Ernst Hallier, Astrid Rita ReginaHeutelbeckCharakterisierung der Rinderallergenexposition in Niedersächsischen undBaden-Württembergischen RinderstallungenThomas Herrmann, Regine Pabst, Robert Metzner, Albrecht Fiedler,Michael Kloó, Ernst Hallier, Dietrich Landmann, Astrid Rita ReginaHeutelbeckPrävention von allergischem Berufsasthma bei professionellenKlauenpflegernKatja Radon, Anja SchulzeHebt Übergewicht den protektiven Effekt des Stalltierkontakts auf dieSensibilisierungsprävalenz auf?Kerstin Loeffler, Joachim RoeslerDurch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkankungenbei Floristinnen und deren PräventionJürgen Bünger, Rolf Merget, Ingrid Sander, Thomas Brüning, MonikaRaulf-HeimsothExogen allergische Alveolitis bei AbfallsortierernIsabelle Lang, Thomas Bruckner, Gerhard TriebigExpositionsstudie zu irritativen Wirkungen niedriger Formaldehydkonzentrationenauf Konjunktiven und AtemwegenElke Ochsmann, Thomas Göen, Karl-Heinz Schaller, Hans DrexlerDer Blutbleigehalt von Sportschützen – aktuelle Gesichtspunkte zu einerbekannten ProblematikWolfgang Will, Dirk Pallapies, Marvin Gerald OttBiomonitoring bei Quecksilber-Exposition - Volumenbezug oder Kreatininkorrekturbei Urinwerten?49449649850050350650850951451752014


InhaltP27P28P29Michael Erler, Rainer Schiele, Andreas Rein, Ulf Willing, ReinhardBartschIn vivo Untersuchungen zum Korrosionsverhalten von Titanonlays unterdem Einfluss der Zahnpflege mit 0,1% und 1,25% fluoridhaltigenZahncremesBarbara Gier-Stuschke, Alfred V. Hirner, Albert W. Rettenmeier,Margareta SulkowsiiMetall(oid)konzentrationen in Harnproben von DeponiearbeiternOtfried Mayer-Popken, Bernd Roßbach, Dirk-Matthias Rose, DetlevJung, Stephan Letzel, Axel MuttrayNeue Aspekte bei Speicheluntersuchungen zur inneren Belastung522525526GesundheitsmanagementP30P31P32P33P34P35Ralf Ohlendorf, Bernd Richter, Werner StreicherBetriebliche Gesundheitsförderung: Wie können wir lange gesundarbeiten? Ein Erfolgsbeispiel aus einem mittelständischenFertigungsunternehmenRalf Ohlendorf, Bernd Richter, Werner StreicherArbeitsmedizin und erfolgreiches „Wiedereingliederungsmanagement“ EinBeispiel aus einem mittelständischen FertigungsunternehmenRudolf C. Zelfel, Matthias Mozdzanowski, Andreas WeberBetriebliches Eingliederungsmanagement in Klein- und Kleinstbetrieben -ein „8-Punkte-Plan zur Eingliederung und Gesundheit“Marcus Schian, Hans-Martin Schian, Andreas WeberDie Rolle der Betriebs- und Werksärzte in der stufenweisenWiedereingliederungRaluca Petru, Emmanuel Nikolaides, Roland Gärtner, Peter AngererSchilddrüse und Gesundheit: Ergebnisse eines UltraschallscreeningsReingard Seibt, Marleen Thinschmidt, Diana DutschkeVeränderungen der Arbeitsfähigkeit durch gesundheitsförderlicheMaßnahmen im Setting KindertagesstätteP36 Wolfgang Zschiesche, Ingeborg Eisenacher-Abelein, SusanneBonnemann, Ralph HettrichDas Unternehmermodell in der Arbeitsmedizinischen Betreuung vonKleinbetrieben - Konzept und Erfahrungen einer Berufsgenossenschaft -Genetische UntersuchungenP37P38Norman Bitterlich, Joachim SchneiderDatenaufbereitung mittels nichtlinearer Klassifikationsverfahren zurErhöhung der statistischen Aussagekraft von Odds Ratio AnalysenSilvester Siegmann, Klaus Siegmund, Elisabeth Borsch-Galetke, BerndPrisackGenexpressionsanalysen von Zellen nach Beschallung mit einemInfrapulsgenerator52953053153353453554054354515


InhaltP39P40P41P42Susanne Völter-Mahlknecht, Bernd Roßbach, Stephan Letzel, UlrichMahlknechtSirtuin 1 (Sirt1) Polymorphismusstudien beim VibrationsbedingtenVasospastischen SyndromPeter Welge, Boleslaw Marczynski, Monika Raulf-Heimsoth, AnneSpickenheuer, Anja Erkes, Rainer Bramer, Dietmar Breuer, Jens-UweHahn, Thomas Mensing, Beate Pesch, Heiko U. Käfferlein, ThomasBrüningMikrokernraten in Lymphozyten von Arbeitern in der Heißverarbeitung vonBitumenHans-Peter Rihs, Philipp Werner, Gerhard Triebig, Evelyn Heinze, SylviaRabstein, Beate Pesch, Thomas BrüningUntersuchungen zum Einfluss von Sequenzvariantenstyrolmetabolisierender Enzyme auf innere Belastungsparameter nachStyrolexpositionHans-Peter Rihs, Monika Raulf-Heimsoth, Anne Spickenheuer, SylviaRabstein, Beate Pesch, Rainer Bramer, Jürgen Angerer, Thomas BrüningExposition gegenüber Dämpfen aus Bitumen: Effektmodulation vonSequenzvarianten PAK-metabolisierender Enzyme547549551554MalignomeP43P44P45P46P47P48P49Hans-Martin Prager, Silke Kopps, Stephan von Mende, MeinolfBlaszkewicz, Hermann M. Bolt, Klaus GolkaHarnblasenkarzinom bei Anwendern von RissprüfspraysSimone Schmitz-Spanke, Peter -Jürgen Goebell, Herbert Rübben, AlbertW. RettenmeierZyto- und Genotoxizität von Benzo(a)pyren in primären humanenUrothelzellenNils Schmeißer, Cornelia Baumgard-Elms, Karl-Heinz Jöckel, AndreasStang, Christa Stegmaier, Wolfgang AhrensPestizide und HodenkrebsPeter Rozynek, Georg Johnen, Heike Stockmann, Joachim Wolf,Johannes Schulze, Horst Hannig, Christiane Pierl, Sigurd Hattenberger,Konrad Donhuijsen, Beate Pesch, Thomas BrüningAnalyse von Mutationen der Gene TP53 und KRAS in Adenokarzinomender Nase von Holzstaub exponierten BeschäftigtenSusanne Völter-Mahlknecht, Nadine Sacher, Ingeborg Wegner, RenateSchulze-Rath, Thomas L. Diepgen, Maria Blettner, Stephan LetzelPilotstudie zur Erfassung der UV-Exposition beim fliegenden PersonalJoachim Schneider, Ulrike Bernges, Monika Philipp, Simone HelmigHaben Genpolymorphismen im detoxifizierenden Glutathion-S-Transferase System einen modifizierenden Einfluß auf dasBerufskrankheiten-bedingte Lungenkrebsrisiko ?Anna Zimmermann, Thilo Seidel, Gerhard Roth, Holger Dietrich, MeinolfBlaszkewicz, Hermann M. Bolt, Klaus GolkaStatus der UDP-Glucuronosyltransferase 2B7 bei Harnblasenkarzinompatientenaus Sachsen-Anhalt55655956156456656857016


InhaltPsychosoziale FaktorenP50P51P52P53P54P55P56P57ToxikologieP61P62P63Eva Backé, Gerlinde Kaul, Carmen Thim, André Klußmann, Falk Liebers,Ulf Steinberg, Peter MaßbeckCortisol im Speichel während unterschiedlicher Belastungssituationen imRettungsdienst (Notfallrettung / Krankentransport)Kristina Harth, Carola Seitz, Elizabeth Heins, Stephan Letzel, Eva BöhlerÜberstunden und GesundheitElizabeth Heins, Carola Seitz, Kristina Harth, Stephan Letzel, Eva BöhlerBurnout-Syndrom bei SchuldnerberaternReingard Seibt, Marlen Galle, Klaus ScheuchArbeitsbezogene Faktoren - Prädiktoren für psychische Gesundheit beiLehrern?Heribert Limm, Jürgen Glaser, Mechthild Heinmüller, Harald Gündel,Peter AngererPsychische Gefährdungs- und Belastungsanalyse in einemIndustriebetrieb: Ergebnisse einer PilotbefragungEva Böhler, Kristina Harth, Carola Seitz, Elizabeth Heins, Stephan LetzelGesundheit und subjektiv empfundene Bedrohung des ArbeitsplatzesMarc Ratayczak, Isabel Löffler, Gloria Consuelo Herrera, Luis Escobar-Pinzón, Stephan LetzelPrivate sowie berufliche Lebensituation und berufliche Gratifikationskrisenkolumbianischer Arbeitnehmer im SicherheitsgewerbeThomas Muth, Silvester Siegmann, Sieglinde SchwarzeLebenssituation und berufliche Belastungen von Studierenden der MedizinFrank Mosel, Karen Kledtke, Albert W. RettenmeierZytotoxizität perfluorierter Tenside (PFOA und PFOS) in humanenHepatozytenChristoph van Thriel, Stephanie Anja Juran, Stefan Kleinbeck, ErnstKiesswetter, Michael SchäperReizwirkungen durch Cyclohexylamin: Ergebnisse einer experimentellenExpositionsstudieFrank Mosel, Jens Boertz, Margareta Sulkowsii, Alfred V. Hirner, AlbertW. RettenmeierExhalation von Trimethylbismut nach oraler Applikation einesBismutsalzes - ein Hinweis auf die Biomethylierung von Metallen beimMenschen?P64 Elke Dopp, Ursula von Recklinghausen, Louise M. Hartmann, Alfred V.Hirner, Albert W. RettenmeierP66In-vitro-Toxizität von MethylzinnverbindungenMohit Kumar, Shefali Kumar, Udo Kragl, Regina StollFuzzy basierende QSAR -organischer KomponentenModelle zur Vorhersage der Toxizität57257557858158558859159359759960260460817


InhaltP67P68AsbestP69P70P71P72P73Verena Liebers, Monika Raulf-Heimsoth, Juliane Floßdorf, Heike Stubel,Maria Düser, Thomas BrüningBestimmung der pyrogenen Aktivität endotoxinhaltiger Arbeitsplatzprobenmittels Mediatorenfreisetzung aus Frisch- und KryoblutMonika Raulf-Heimsoth, Elisabeth Arnold, Klaus Pohl, Annette Kolk,Anne Flagge, Thomas BrüningUntersuchung biologischer Arbeitsstoffe im Befeuchterwasser vonraumlufttechnischen Anlagen in VerwaltungsbetriebenChristian Eisenhawer, Michael Felten, Lars Knoll, Christian Feldhaus,Johannes Hüdepohl, Thomas KrausEDV-gestützte quantitative Expositionserfassung bei asbestexponiertenKraftwerksmitarbeitern als Basis für eine differenzierte RisikoabschätzungDaniel Weber, Georg Johnen, Dirk Taeger, Beate Pesch, Matthias Imöhl,Thorsten Verch, Thomas Brüning, Thomas KrausEinfluss von biologischen und präanalytischen Faktoren auf SMRP(soluble mesothelin-related proteins) im SerumGabriele Hauser-Heidt, Rolf Arhelger, K.D. Hering, Hans-JoachimWoitowitz, Joachim SchneiderValiditätsmaße des HRCT und des Röntgen-Thorax-Übersichtsbildes beiPatienten mit Asbestfaserstaub-verursachten Erkrankungen der Lungeund der Pleura (BK. Nr. 4103)Nicola Kotschy-Lang, Jörg Augustin, Lars Marek, Wolfgang MarekEinfluss von Beta-Blockern auf das Ergebnis ergospirometrischerBelastungstests von asbestosekranken ArbeitnehmernPetra Zoebelein, Klaus Schmid, Gintautas Korinth, Melanie Boettcher,Jörg Pelz, Thomas Meyer, Jürgen Angerer, Hans DrexlerGefährdungsbeurteilung der hyperthermen intraoperativenintrapertitonealen Chemoperfusion (HIPEC) mit Mitomycin C mittelsexperimenteller Methoden610612614616618621624Arbeitsphysiologie IIIP75P76P77P78Alexander Nowak, Eva Haufe, Anja Beye, Katharina Ritter-Lempp, KlausScheuchFluktuationsneigung bei Altenpflegekräften – legt die Ausbildung denGrundstein dafür?Stefan Baars, Heinz-Jürgen Köpsel, Hannelore Hafemann, AlmutGephartArbeitsschutzrealität in der ambulanten und stationären AltenpflegeNenad Kralj, Friedrich Hofmann, Stephan BocktingArbeitsbedingte Belastung beim Personal im Rettungsdienst: Transportvon Adipositas-PatientenAlexander Mentel, Eva Böhler, Stephan Letzel, Jutta ScharnbacherÜbergewicht bei Auszubildenden62763163463618


InhaltP79aP79bCarola Seitz, Elizabeth Heins, Kristina Harth, Stephan Letzel, Eva BöhlerAltersstrukturen in verschiedenen Berufsgruppen im europäischenVergleichAndré Klußmann, Hansjürgen Gebhardt, Monika A. Rieger, Falk LiebersAugenbeschwerden an Bildschirmarbeitsplätzen639642Ambient MonitoringP80P81P82P83Klaus Rödelsperger, Bernd Brückel, Stefan Podhorsky, Egon Roth,Joachim SchneiderRaumluftmessungen an ultrafeinen ZigarettenrauchaerosolenKlaus Rödelsperger, Bernd Brückel, Stefan Podhorsky, JoachimSchneiderUltrafeine Teilchen in TonerstäubenUdo Eickmann, Frank Bochmann, Renate Knauff-EickmannMöglichkeiten und Grenzen probabilistischer Verfahren zur Ermittlungberuflicher ExpositionenHeike Scherhag, Otfried Mayer-Popken, Bernd Roßbach, Stephan Letzel,Axel MuttrayBesteht eine relevante umweltmedizinische Gesundheitsgefährdung durchfast 40 Jahre alte Wasserleitungen?Atemwege, Allergien, Stäube IIP85P86P87P88P89Ingrid Sander, Ricarda Hoppe, Eva Zahradnik, Sabine Kespohl, StefanMayer, Thomas Brüning, Monika Raulf-HeimsothEntwicklung eines zweiseitigen Enzymimmunoassays zum Nachweis vonAllergenen der Vorratsmilbe Acarus siroThorsten Mashofer, Rolf Merget, Paul Degens, Gerhard Schultze-Werninghaus, Rupprecht Kulzer, Rolf Breitstadt, Thomas BrüningUntersuchungsmethoden für die Arbeitsmedizinische Vorsorge beiPlatinsalzexposition – eine exploratorische DatenanalyseHenrik Schumann, Anja zur Nieden, Richard Gminski, Tao Tang, JanChristof Selle, Thomas Eikmann, Volker Mersch-Sundermann, CarolineHerrStickstoffmonoxidmessung im Exhalat von Büroangestellten -Untersuchungen im Rahmen einer Pilotstudie zu Exposition gegenübertonerbasierten BürogerätenJan Christof Selle, Caroline Herr, Anja zur Nieden, Richard Gminski, TaoTang, Henrik Schumann, Thomas Eikmann, Volker Mersch-SundermannErhebung von SBS- Symptomen bei Büroangestellten – Untersuchung imRahmen einer Pilotstudie zur Exposition gegenüber tonerbasiertenBürogerätenUte Latza, Xaver BaurUrsachen allergischer und irritativer obstruktiver Atemwegserkrankungenunter Berücksichtigung von Gender-Aspekten64464765065365765966266566919


InhaltP90P91P92P93Sabine Kespohl, Uta Jappe, Hans-Peter Rihs, Andreas Lopata,Mohammed F. Jeebhay, Siti Arija M. Arif, Hoong Y. Yeang, ThomasBrüning, Monika Raulf-HeimsothKohlenhydratstrukturen (CCD) als Screening-Tool für die berufsrelevanteAllergiediagnostik - Differenzierung zwischen klinisch manifesterLatexallergie und asymptomatischer LatexsensibilisierungCordula Bittner, Xaver BaurTetrahydrothiophen als Ursache von BerufsasthmaSebastian Büchte, Peter Morfeld, Heinz-Johannes Bicker, HellmutLenaerts, Bernhard Kalkowsky, Josef Pohlplatz, Andreas Kösters, ClausPiekarskiEffektzuordnung bei multiplen Expositionen: Lungenfunktionsveränderungenbei Steinkohlenbergleuten im Zeitraum 1974 bis 1998Karl Hochgatterer, Hanns MoshammerLungenfunktion staubexponierter Arbeitnehmer672675677680Biomonitoring IIP94P95P96P97Rolf Lorbach, Rudolf Schwarz, Eberhard JacobBiomonitoring auf Hantaviren bei stark exponierten Monteuren in derEnergiewirtschaftMichael Bader, Wolfgang Rosenberger, Frank Gutzki, Dimitrios Tsikas,Dirk O. Stichtenoth, Renate WrbitzkyGaschromatographisch-massenspektrometrisches Verfahren zurUntersuchung von Hämoglobinaddukten für das Biomonitoring vonEpichlorhydrinGünter Rieder, Klaus Köllinger, Erna AichbergerBiomonitoring von aromatischen Aminen und Harnstoffderivaten beiArbeitern in der EpoxidharzerzeugungSibylle Hildenbrand, Roman Wodarz, Thomas Gabrio, Gerhard Volland,Friedrich W. SchmahlPhthalatweichmacher-Biomonitoring bei Kindern und Erwachsenen imWochen- und JahresverlaufBerufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenP99P100P101Anja Krauspe, Anne Seidel, Rainer SchieleDas Berufskrankheitsgeschehen am Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Zeitraum von 1961 – 2000Susanne Völter-Mahlknecht, Maria Pritsch, Biljana Gigic, Axel Muttray,Stephan Riedel, Kristina Harth, Heinrich Dupuis, Stephan LetzelDie Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf dem allgemeinenArbeitsmarkt beim Vibrationsbedingten Vasospastischen Syndrom (VVS)Kirsten Isabel Löffler, Matthias Budinger, Luis Escobar-Pinzón, StephanLetzelZielgruppenorientierte Einflussfaktoren und Präventionsstrategien zumRisiko Arbeitsweg68268568768969369669820


InhaltP102P103Gabriele Halsen, Ute PohrtAuswahlkriterien für spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungennach §16 GefStoffV in gesundheitsdienstlichen EinrichtungenMonika Gube, Peter Koch, Thomas KrausZur Frage der Sensitivität der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungnach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G25700701InfektionskrankheitenP104P105P106P107P108Birgit Emmert, Detlef Haase, Ernst HallierKasuistik einer im Ausland beruflich erworbenen Dengue Fieber- Infektionmit Entwicklung eines myelodyplastischen Syndroms (MDS)Albert NienhausLatente Tuberkulose-Infektion im GesundheitsdienstJoachim Roesler, Sengül GülacarSind Studierende der Medizin und Zahnmedizin ausreichend gegenHepatitis B geschützt?Friedrich Hofmann, Nenad Kralj, Stefan SchroeblerZur Frage der Dauer des Hepatitis- B-Impfschutzes bei Beschäftigten imGesundheitsdienstMichael SchneiderFeedback Influenza: Effekt der Influenzaschutzimpfung 2005/2006 undAuswirkung auf die betriebliche PraxisLeistungsdiagnostikP109Wolfgang Marek, Lars Marek, Petra Vogel, Nicola Kotschy-LangObjektivierung des 6-Minuten Gehtests zur Überprüfung der körperlichenLeistungsfähigkeit im Rahmen einer stationären Rehabilitation703705708710712714P110P111P112P113Wolfgang Marek, Klaus Mückenhoff, Eike Marek, Alexandra Bode-Becker, Felix NensaFahrradergometrische Untersuchung der körperlichen Leistungsfähigkeitbochumer MedizinstudentenMatthias Weippert, Mohit Kumar, Steffi Kreuzfeld, Dagmar Arndt, ReginaStollValidierung einer neuen HRV-Analysemethode für das BeanspruchungsassessmentGabriele LotzErgebnisse der Impulsoszillometrie in einer Längsschnittstudie in zweiKalibergwerken im Vergleich zur Spirometrie und BodyplethysmograpieRolf Merget, Evelyn Heinze, Thomas BrüningValidität von Bodyplethysmographie und Spirometrie zur Erfassung derbronchialen Hyperreaktivität mit Methacholin71872172372521


InhaltNeurotoxikologieP115P116P117P118P119P120P121Michael Schneider, Bernd Röhrig, Helmut Wilhelm, Heinz WernerGödert, Axel MuttrayUmgang mit anticholinergen Substanzen: Die Pupillometrie als neueMöglichkeit in der arbeitsmedizinischen DiagnostikMonika Meyer-Baron, Meinolf Blaszkewicz, Henning Henke, MichaelSchäper, Christoph van ThrielBerufliche Exposition gegenüber Lösungsmittelgemischen – welchekognitiven Funktionen geben Hinweise auf neurotoxische Wirkungen?Marc Müller, Marieke Bode, Axel BuchterPrädiktoren der Hirnatrophie bei chronisch toxischer EnzephalopathieNorbert Binding, Katharina Krüger, Ulrich Mußhoff, Ute WittingWirkung von methylierten Arsen-Metaboliten auf cerebrale Prozesse desLernens und des GedächtnissesNorbert Binding, Katharina Krüger, Ulrich Mußhoff, Ute WittingWirkung der Umwelttoxine Monomethylzinn und Dimethylzinn auf diesynaptische Transmission in Hippocampus-Schnitten junger und adulterRattenMarcus Oldenburg, Ralf Wegner, Xaver BaurKobalt-Intoxikation infolge eines Endoprothesenabriebs als anerkannteFolge eines ArbeitsunfallsMarc Müller, Axel BuchterKlinischer Langzeitverlauf nach chronischer Perchlorethylenbelastung72973173373573773974122


InhaltForenF1F2F3F4F5Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungK. Scheuch, S. LetzelEinheit von Aus-, Weiter- und Fortbildung in der Arbeitsmedizin aus Sichtder wissenschaftlichen FachgesellschaftA. Seidler, B. Matschke, P. Kujath, F.K. KochanKonzept zur Qualifizierung in der Arbeitsmedizin aus Sicht der Bundesanstaltfür Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinG. SchmeißerKonzept für die Fortbildung in der Arbeitsmedizin aus Sicht der UnfallversicherungS. Siegmann, E. Borsch-Galetke, H.-J. WoitowitzQualitätssicherung durch die <strong>DGAUM</strong>: Zertifizierungskurse; ArbeitsmedizinischeZusammenhangsbegutachtungG. TriebigKonzept der Fachzeitschrift „Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin“für die Qualifizierung im Gebiet ArbeitsmedizinK. HarthE-Learning in der arbeitsmedizinischen Ausbildung anhand von BeispielenArbeitsphysiologieB. Griefahn, A. MarksLärm in Ballungsgebieten – ÜbersichtK. ScheuchFluglärm: Belästigung und gesundheitliche WirkungenA. SamelSchutz der Bevölkerung vor nächtlichem FluglärmGefahrstoffeH. WellhäußerDie BG-Grundsätze – Bedeutung und StellenwertPneumologieX. BaurAktuelle Liste der Atemwegs-IrritanzienUmweltmedizinK. SchmidLungenkrebsrisiko durch Asbest und Radon in der Umwelt74374875375575776176376977578478679023


InhaltSymposienSY1SY2SY5Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur Prävention“B. Geißler, L. Hagenmeyer, U. Erdmann, A. MuttraySekundenschlaf – Ursachen und GegenmaßnahmenA. Muttray, L. Hagenmeyer, B. Unold, J.-B. du Prel, B. GeißlerVideoanalyse der Schläfrigkeit von Fahrern – eine PilotstudieU. Erdmann, L. Hagenmeyer, A. Muttray, B. GeißlerEignung von Lidschlagparametern zur SchläfrigkeitsmessungL. Hagenmeyer, P. van den HurkBewertung der Effektivität von Hypovigilanz-Management-SystemenB. Wilhelm, C. Weil de Vega, W. Durst, G. OttoSchläfrigkeitsbezogene Verkehrsunfälle – über den Einsatz der Pupillographiezur Aufklärung und PräventionT. LandshöftBaustein A7 „Ermüdung“ aus dem Schulungsprogramm der BGF „Gesundund sicher – Arbeitsplatz Omnibus“M. WeskottSchlafapnoescreening bei Fahrern im VerkehrsbetriebZukunft der Gehöruntersuchung – Entwicklung in Wissenschaftund RechtK. PontoLärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung – Aspekte für die ArbeitsmedizinDeutsche WirbelsäulenstudieJ. GrifkaStudiendesignR. EllegastArbeitstechnische Ermittlungen der Technischen AufsichtsdiensteM. JägerBiomechanische Erhebungen zur WirbelsäulenbelastungF. HofmannRisikoberufe und Risikobranchen für die Entwicklung eines LWS-Prolapsund einer -ChondroseU. Bolm-AudorffZusammenhang zwischen manueller Lastenhandhabung und Rumpfbeugungsowie LWS-Prolaps und -Chondrose79279579980380781181381882182583083684124


InhaltSY6J. HaertingZusammenhang zwischen Ganzkörperschwingungen sowie LWS-Prolapsund -ChondroseG. Petereit-HaackZusammenhang zwischen psychosozialen Belastungen sowie LWS-Prolaps und -ChondroseA. SeidlerLow Back Pain-StudieUV-Licht induzierter HautkrebsH. DrexlerPrimäre Prävention von Hautkrebs847851856860SeminareArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGK. PontoOtotoxische Arbeitsstoffe und Lärm aus Sicht der PraxisA. SeeberOtotoxische Arbeitsstoffe und Lärm aus Sicht der WissenschaftJ. MildeOtotoxische Arbeitsstoffe und Lärm Bilanz und AusblickS. BrandenburgNeue Entwicklungen zu den BKen der WirbelsäuleR. EllegastExpositionsermittlung der WirbelsäulenbelastungM. SpallekAMD-KolloquiumVorgehen in der betriebsärztlichen PraxisD. Tesch, R. Gissibl, D. SeidelAktuelle Untersuchungen des AMD zur Hautbelastung im ReinigungsgewerbeReferenten und AutorenNachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 200686386787287688088488889292225


VorwortVorwortSehr geehrte Damen und Herren,liebe Kolleginnen und Kollegen,sowohl als Tagungspräsident als auch als Präsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizinund Umweltmedizin (<strong>DGAUM</strong>) habe ich mich sehr über die rege Teilnahmean unserer Jahrestagung in Mainz gefreut.Als wissenschaftliche Fachgesellschaft haben wir hierfür bewusst zwei Hauptthemengewählt, die sowohl den Bereich der Forschung als auch den Bereich der Lehre abdecken,um damit die wichtige universitäre Verknüpfung beider Bereiche zu demonstrieren.• Das erste Thema „Wie lange können wir gesund arbeiten? – WissenschaftlicheAntworten der Arbeitsmedizin“ hat derzeit hohe gesellschaftspolitische Relevanz.Arbeit ist einerseits ein wichtiger Bestandteil im Leben, über den sich unsereGesellschaft im Weitesten definiert, andererseits führen gesellschaftlicheUmwandlungsprozesse (z. B. demographischer Wandel) dazu, dass LeistungsundBeschäftigungsfähigkeit zunehmend den persönlichen Erfolg jedes Einzelnensowie den der ganzen Gesellschaft bestimmen werden. Die Wissenschafthat die entsprechenden Grundlagen zu schaffen und die Praxis hat in diesemSpannungsbereich auf die Umsetzung einer menschengerechten Gestaltungder Arbeit zu achten, die die individuelle Belastbarkeit jedes Einzelnen berücksichtigt.Eine enge Zusammenarbeit ist daher bei diesem Thema unabdingbar.• Das zweite Thema „Universitäre Ausbildung – Verpflichtung und Chancen fürdie Arbeitsmedizin“ sollte die wesentliche Bedeutung der Ausbildung jeder Ärztinund jedes Arztes im Fach Arbeitsmedizin im Verlauf seines Medizinstudiumsunterstreichen. Der Stellenwert der Arbeitsmedizin wurde bei der Novellierungder Approbationsordnung für Ärzte 2003 entsprechend gewürdigt und in denKanon der 21 Fächer bzw. Fachgebiete aufgenommen, für die ein Leistungsnachweiszu erbringen ist, um zum zweiten Abschnitt der ärztlichen Prüfungzugelassen zu werden. Arbeitsmedizinische Inhalte sind außerdem Gegenstandvieler Fächer übergreifender Querschnittsbereiche.Die beiden Hauptthemen und die weiteren arbeitsmedizinischen und umweltmedizinischenFragestellungen, Kolloquien und Foren der Veranstaltung sind sowohl bei denTeilnehmern als auch bei den Medien auf großes Interesse gestoßen.26


VorwortWie bereits in den letzten Jahren sind die eingereichten Beiträge auf der Ihnen vorliegendenTagungs-CD zusammengestellt. Um eine zeitnahe Veröffentlichung sicherzustellen,wurden die Beiträge in der eingereichten Form in das Layout eingefügt, eine redaktionelleÜberarbeitung der einzelnen Artikel erfolgte nicht. Neben den Beiträgen der Jahrestagung<strong>2007</strong> finden Sie im Anhang der CD auch noch die Beiträge der Kolloquien desHVBG sowie der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft der Tagung des Jahres2006 in Hannover, die bei der Herstellung der CD zur letzten Jahrestagung bedauerlicherweiseverloren gegangen sind.Wesentlich zum guten Erfolg der Jahrestagung <strong>2007</strong> der <strong>DGAUM</strong> haben die Referentender Vorträge und Poster, die Vorsitzenden der Einzelveranstaltungen sowie alle Mitwirkendender Organisation, Gestaltung und Ausrichtung der Tagung beigetragen. Allen seifür das große Engagement an dieser Stelle nochmals ganz herzlich gedankt.Prof. Dr. Stephan Letzel27


Eröffnungsveranstaltung – BegrüßungEröffnungsveranstaltung - BegrüßungUniv.-Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan Letzel, Präsident derDeutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizine. V.Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,zur 47. wissenschaftlichen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizinund Umweltmedizin darf ich Sie ganz herzlich begrüßen. Besonders begrüßen möchteich• als Vertreterin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Frau MinisterialdirektorinDr. Fischer,• Frau Doris Bartelmes, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie undFrauen des Landes Rheinland-Pfalz,• den Vertreter der Stadt Mainz, Herrn Wolfgang Reichel,• als Repräsentanten der Johannes Gutenberg-Universität Mainz den PräsidentenHerrn Prof. Dr. Michaelis und den Dekan des Fachbereichs Medizin, HerrnProf. Dr. Dr. Urban,• den Geschäftsführer der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Herrn KollegenDr. Hoffart,• als Vertreter der Berufsgenossenschaften Herrn Dr. Breuer, den Hauptgeschäftsführerdes Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften,und Herrn Dr. Platz, den Hauptgeschäftsführer des Landesverbandes Hessen-Mittelrhein und Thüringen der gewerblichen Berufsgenossenschaften,• von der Bundesanstalt für Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz Herr PD Dr. Seidler,• die Vertreterin der Schweizerischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin Frau Prof.Dr. Danuser• sowie last but not least Herrn Kollegen Dr. Panter, Präsident des VerbandesDeutscher Betriebs- und Werksärzte.Seien Sie alle herzlich willkommen bei unserer Jahrestagung.Für die musikalische Umrahmung der Eröffnungsveranstaltung darf ich bereits an dieserStelle der Arbeitsgerichts-Jazzband Rheinland-Pfalz, unter Leitung des ehemaligenLandgerichtspräsidenten Herrn Prof. Schmidt ganz herzlich danken. Ich hoffe, die Jazzmusiklockert unsere Eröffnungsveranstaltung etwas auf und ist vielleicht auch für deneinen oder anderen eine gewisse Entschädigung für manche Stunde, die er bei allzu28


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßungtrockenen Gerichtsgutachten zugebracht hat. Herr Prof. Schmidt, Ihnen und Ihren Kollegenganz herzlichen Dank dafür, dass Sie heute Vormittag Ihre Amtsstuben und Gerichteverlassen haben, um unsere Eröffnungsveranstaltung musikalisch zu umrahmen.Nun sind Eröffnungsveranstaltungen auf wissenschaftlichen Tagungen leider nicht nurdafür gedacht, sich an guter Musik zu erfreuen, sondern auch um Stellung zu wichtigenThemen des Faches zu beziehen.Wir haben für unsere Jahrestagung ganz bewusst zwei Hauptthemen ausgewählt, diebesondere Bedeutung für unsere Gesellschaft und damit auch für die Arbeitsmedizinhaben. Das Thema „Wie lange können wir gesund arbeiten? – Wissenschaftliche Antwortender Arbeitsmedizin“ befasst sich mit dem demographischen Wandel und den darausabzuleitenden Konsequenzen für die Prävention und Gesundheitsförderung. Mit demThema „Universitäre Ausbildung – Verpflichtung und Chancen der Arbeitsmedizin“ wollenwir darauf hinweisen, wie wichtig es ist, dass jede Ärztin und jeder Arzt bereits im StudiumEinblick in das berufliche Umfeld seiner späteren Patienten bekommt. Zu häufig wirdvergessen, dass eine Wechselbeziehung zwischen dem Arbeitsplatz von derzeit ca. 38Millionen Erwerbstätigen in Deutschland und der Pathogenese, Diagnose und Therapiesowie der Prävention von Erkrankungen besteht und sich diese gegenseitig beeinflussen.Ebenso wie Sie, bin ich sehr gespannt, was uns die Referenten zu den beiden Hauptthemenberichten werden. Ich möchte an dieser Stelle auch nicht weiter vorgreifen.Lassen Sie mich im Folgenden zwei Punkte ansprechen:• Was sind die Wünsche der Arbeitsmedizin an die Politik und• wie stellt sich die aktuelle Situation für unser Fach an den Universitäten dar?Wünsche der Arbeitsmedizin an die Politik:Sehr geehrte Frau Dr. Fischer, im Vorfeld zu einem Gespräch mit Ihnen Anfang des Jahreshaben wir ein Thesenpapier der Arbeitsmedizin zu Stand und Entwicklungsbedarf derbetrieblichen Prävention und Gesundheitsförderung in Deutschland verfasst und mit Ihnenüber einzelne Punkte diskutiert. An dieser Stelle möchte ich Ihnen und Ihren Mitarbeiternnochmals ganz herzlich für das sehr konstruktive Gespräch danken. Zwischenzeitlichhaben wir das Thesenpapier (siehe Anhang zur Begrüßung) nochmals überarbeitetund haben es als Diskussionsgrundlage während des Kongresses im Foyer aufgehängtund werden es dann selbstverständlich auch in geeigneter Form veröffentlichen.29


Eröffnungsveranstaltung – BegrüßungIhnen Frau Dr. Fischer darf ich anschließend das Papier in der aktuellen Fassung mit derBitte überreichen, die Inhalte bei der politischen Diskussion nicht ganz aus den Augen zuverlieren.Es würde sicherlich die Zeit sprengen, wenn ich die in diesem Papier verfassten 13 Thesenim Einzelnen hier erläutern würde. Lassen Sie mich trotzdem einzelne Punkte ausdiesem Papier herausgreifen.Die Arbeitsmedizin ist eine wichtige Säule des medizinischen Versorgungssystems derBundesrepublik Deutschland mit grundlegenden Aufgaben der Prävention und Gesundheitsförderung.Sie braucht sich mit ca. 12.000 hoch qualifizierten Ärztinnen und Ärztenmit arbeitsmedizinischer Fachkunde bzw. ca. 5.000 Fachärzten in Deutschland nicht zuverstecken.Die Arbeitsmedizin kann bei den anstehenden Aufgaben – ich möchte hier nur den demographischenWandel, die zunehmende Internationalisierung des Wettbewerbs und diesteigenden Leistungserwartungen erwähnen – maßgeblich zur Prävention und betrieblichenGesundheitsförderung beitragen. Es handelt sich hierbei nicht nur um die Reduzierungvon Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen, nein, Arbeitsmedizin kann durch spezielleMaßnahmen im Betrieb auch einen wesentlichen Beitrag zur Senkung von krankheitsbedingtenAusfallzeiten sowie zur Reduzierung von gesundheitsbedingten Frühberentungenleisten. Die Aufwendungen für die arbeitsmedizinische Betreuung dürfen nichtals lästige Kosten angesehen werden, sie sind vielmehr ein entscheidender Erfolgsgarantfür ein gesundes Unternehmen.In den letzten Monaten habe ich in vielen Bereichen, ganz gleich, ob es um die Einsatzzeitenvon Ärzten im Betrieb, um Themen der Prävention am Arbeitsplatz oder die Verankerungder Arbeitsmedizin in entsprechenden Gremien ging, das Gefühl vermittelt bekommen,Arbeitsmedizin ist nicht ohne weiteres immer gerne gesehen. In einem persönlichenGespräch über Gemeinsamkeiten und Abgrenzungen von Arbeitsmedizin und Sicherheitstechnikbekam ich das Argument zu hören, dass die Arbeitsmedizin immer sokompliziert sei, dagegen die Sicherheitstechnik viel einfacher und klarer. Ich habe darauferwidert, dass der Mensch von Haus aus ein nicht so einfaches System darstellt unddamit auch eine auf das Individuum zentrierte Arbeitsmedizin differenziert zu betrachtenist. Arbeitsmedizin muss - wie nahezu alle medizinischen Fachrichtungen - den Einzelnenmit seinen individuellen Eigenschaften und den speziellen Belastungen in den Mittelpunktihres Handelns stellen. Wenn ich es überspitzt ausdrücken darf, im Gegensatz30


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßungzur Sicherheitstechnik kann ein Individuum eben nicht ohne weiteres alleine nach DIN-Normen behandelt werden. Verstehen sie mich bitte nicht falsch, ich greife hier nicht dieSicherheitstechnik an, die in der Vergangenheit ebenso wie die Arbeitsmedizin großeErfolge für den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz erzielt hat, sondern ich fordere dieselbeAugenhöhe für beide Disziplinen, das aber mit Nachdruck!Damit die Arbeitsmedizin bzw. die in diesem Fach tätigen Ärztinnen und Ärzte ihre Aufgabenerfüllen können, müssen entsprechende Voraussetzungen erfüllt sein. Ich darfhier unsere Anregungen an die Politik – wie sie auch in unserem Thesenpapier dargestelltsind – zusammenfassen:• Die Arbeitsmedizin muss bei aller interdisziplinären Zusammenarbeit beim Gesundheitsschutzam Arbeitsplatz die Rolle des Integrators des Gesundheitsmanagementsübernehmen.• Eine vermehrte Integration von Arbeitsmedizinern in den Ministerien, Unfallversicherungsträgernund in der BAuA könnten die Prävention wesentlich stärken.• Gemeinsame Strategien zur Entwicklung der Beschäftigungsfähigkeit der Erwerbsbevölkerungzwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialesauf der einen Seite und dem Bundesministerium für Gesundheit auf der anderenSeite sind unabdingbar. Der in diesem Bereich zu beobachtende Dualismuskann so nicht hingenommen werden.• Sowohl eine Nationale Arbeitsschutzstrategie als auch übergeordnete Gesundheitszielesind daran zu orientieren, dass sie der betrieblichen Prävention undGesundheitsförderung förderliche Rahmenbedingungen gewähren.• Die Forschung zu den Wechselbeziehungen von Arbeit und Gesundheit hat einehohe Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland und für unser Systemder sozialen Sicherung. Eine öffentlich geförderte Forschung auf diesemGebiet ist dringend erforderlich und muss unter Beteiligung der arbeitsmedizinischenWissenschaft erfolgen.Situation an den HochschulenAls zweiten Punkt möchte ich die Lage an den Hochschulen ansprechen. Als ich vor einpaar Jahren hierher nach Mainz gewechselt bin, habe ich sehr gute Bedingungen angetroffenund hoffe, dass sich diese trotz aller aktuellen Diskussionen und Umstrukturierungsprozesseauch zukünftig nicht verschlechtern werden. Für die Unterstützung derArbeitsmedizin an der Universität Mainz möchte ich an dieser Stelle auch unserem Universitätspräsidentenund unserem Dekan ganz herzlich danken.31


Eröffnungsveranstaltung – BegrüßungAnsonsten kann ich hier eigentlich nur das wiederholen, was ich schon wiederholt andernortsgesagt habe: Sieht man sich die Leistungen der arbeitsmedizinischen Hochschulinstitutean, so kann man – ohne sich selbst zu sehr auf die Schultern zu klopfen –sagen, die deutsche Arbeitsmedizin war in Forschung und Lehre noch nie so aktiv underfolgreich wie heute. Schauen Sie sich alleine die Entwicklung unserer Jahrestagungenund die dort präsentierten Forschungsergebnisse an, wir brauchen uns damit nicht zuverstecken.Getrübt wird diese positive Bilanz jedoch an einzelnen Standorten dadurch, dass Grundlagenforschungin der Evaluation an vielen medizinischen Fachbereichen höher eingestuftwird als angewandte Forschung, wie sie in der Arbeitsmedizin häufig erforderlich ist.Dies bedeutet dann aber auch, dass in Zeiten immer knapper werdender Ressourcenarbeitsmedizinische Lehrstühle an einzelnen Hochschulen entweder nicht existieren oderzur Disposition gestellt werden.Betrachtet man exemplarisch den Bericht der Expertenkommission zur Hochschulmedizinin Nordrhein-Westfalen, der vor einigen Wochen veröffentlicht wurde, so zeigt dieser– zumindest was die Arbeitsmedizin angeht - relativ geringe Kenntnisse über das Fach.Die beiden Aussagen, dass die Arbeitsmedizin der Toxikologie und Epidemiologie sehrnahe stehe und daher die erforderlichen Lehraufgaben auch von den Nachbarfächernübernommen werden könnten, sowie dass die Etablierung des Faches im Institutsrangund seine Finanzierung aus Forschungsmitteln nur unter besonderen Bedingungen empfohlenwerden könne, dürfen wir so nicht hinnehmen. In einem Schreiben an den zuständigenWissenschaftsminister habe ich mit Nachdruck auf diese Fehleinschätzung hingewiesen.Vielleicht aber auch ein Rat an uns selbst, wir dürfen uns nicht auf dem Erreichten ausruhenund müssen weiter auf die Optimierung von Forschung und Lehre in der Arbeitsmedizinhinwirken. Zudem müssen wir noch mehr für die Außendarstellung unseres Fachestun, damit man in der Gesellschaft erkennt, was Arbeitsmedizin bedeutet und leistenkann.Sie werden vielleicht auch ein paar Worte zur Umweltmedizin von mir erwartet haben.Wir haben uns ja die klinische Umweltmedizin vor ein paar Jahren auf unsere Fahnengeschrieben. Die klinische Umweltmedizin ist in den letzten Jahren insbesondere in derForschung leider etwas in den Hintergrund getreten. Es gibt auch hier zunehmend Themen,die einer wissenschaftlichen Bearbeitung dringend bedürfen. Ich darf an dieser32


Eröffnungsveranstaltung – BegrüßungStelle beispielhaft nur an die Feinstaubdiskussion, Passivrauch, Umweltlärm oder dieFolgen der Klimaveränderungen erinnern.Sehr geehrte Damen und Herren, ich hoffe, Sie finden im Programm unserer Jahrestagungsowohl aus dem Bereich der Arbeitsmedizin als auch aus der Umweltmedizin interessanteKongressbeiträge. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen einen guten Aufenthalthier in Mainz. Den Damen und Herren der Industrieausstellung sowie den Sponsoren derTagung darf ich an dieser Stelle ganz herzlich für die Unterstützung danken, ohne diesewäre eine wissenschaftliche Tagung in einem solchen Rahmen, wie er uns hier zur Verfügungsteht, nicht möglich.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!33


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßung – 13 ThesenAnhang zur Begrüßung:13 Thesen der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V.(<strong>DGAUM</strong>)zu Stand und Entwicklungsbedarf von betrieblicher Prävention und Gesundheitsförderungin DeutschlandI. EinleitungGesundheit ist ein existentielles Gut. Die Möglichkeit zu dessen Erhaltung, Förderungund Wiederherstellung für jeden Einzelnen erfordert die Unterstützung der Wahrnehmungvon Eigenverantwortung innerhalb eines leistungsfähigen Gesundheitssystems aufsolidarischer Basis.Prävention und Gesundheitsförderung besitzen sowohl für den einzelnen Menschen, alsauch für die Gesellschaft eine zunehmende Bedeutung. Es besteht ein breit getragenerKonsens darüber, dass die Stärkung von Prävention und Gesundheitsförderung nicht nurfür die Lebensqualität, sondern auch zur ökonomischen Stabilisierung unseres Gesundheitswesensunverzichtbar ist. Hierzu bedarf es einer an bestehende Settingansätze angepasstenSystematik von Prävention und Gesundheitsförderung, die sowohl die Verantwortungdes einzelnen Menschen, als auch die seiner Umgebung – also ein Zusammenspielzwischen Verhaltens- und Verhältnisprävention – fordert.Der in Deutschland größte gesundheitspolitische Settingansatz und damit der wesentlicheSchlüssel zur Prävention sind 39 Millionen Erwerbstätige, die über bestehende rahmenrechtlicheRegelungen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes erreicht werden können.Der Arbeitsmedizin kommt hier als integrierender Funktion eine wesentliche Bedeutungzu. Als präventivmedizinische Disziplin umfasst sie die Wechselbeziehungen zwischenArbeit und Beruf einerseits sowie Gesundheit und Krankheiten andererseits, dieFörderung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit des arbeitenden Menschen, die Vorbeugung,Erkennung, Behandlung und Begutachtung arbeits- und umweltbedingter Erkrankungenund Berufskrankheiten, die Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefährdungeneinschließlich individueller und betrieblicher Gesundheitsberatung, die Vermeidungvon Erschwernissen und die berufsfördernde Rehabilitation.Ihre Rolle ist es einerseits, auf gesundheitsgerechte, salutogene Arbeitsbedingungenhinzuwirken, andererseits, die Beschäftigten in den Unternehmen zu befähigen, die indi-34


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßung – 13 Thesenviduelle Kontrolle über ihre Gesundheit zu erhöhen und dadurch ihre Gesundheit zu fördern.Die Arbeitsmedizin ist darüber hinaus eine integrierende Schnittstelle zwischen primärpräventiverGesundheitsförderung und ambulanter Primärversorgung, die für alle an Primärpräventionund Primärversorgung beteiligten Gesundheitsexperten eine koordinierendePlattform bietet.II. Thesen1. Der zunehmend internationale Wettbewerb ist Anlass intensiver Bemühungen derUnternehmen um kontinuierliche Anpassungen unternehmensinterner Abläufe undVerfahren, verbunden mit steigenden Leistungserwartungen an die Arbeitnehmer/innenbei tendenziell steigendem Durchschnittsalter der Belegschaften. Beideserhöht den Bedarf und die Erwartungen der Unternehmen, ihrer Beschäftigten undder Gesellschaft an die betriebliche Prävention und Gesundheitsförderung.2. Antworten sind:• eine umfassende Präventionskultur in den Unternehmen, umgesetzt alsbetriebliches Gesundheitsmanagement,• eine verstärkt präventive Ausrichtung des gesamten Gesundheitssystems,unter Beteiligung des gesamten Systems der sozialen Sicherung und desBildungssektors,• ein in den Unternehmen beginnendes, eng mit den Krankenkassen,Rentenversicherungen und Trägern der gesetzlichen Unfallversicherungverbundenes Modell der integrierten Versorgung.3. Die Schnittstellen der Ressorts und der verschiedenen Rechtsnormen sind bisherzu häufig von Verschwendung und Ineffizienz geprägt (z.B.: Mangelnde beruflicheRehabilitation trotz erfolgreicher aufwändiger medizinischer Rehabilitation, tatenloseAkzeptanz von Erwerbslosigkeit und chronischen Krankheiten als deren häufige Ursache,schlechte Vernetzung von präventiver und kurativer Medizin, unterschiedlicheZuständigkeiten für arbeitsbedingte und arbeitsunabhängige Gesundheitsgefährdungender Beschäftigten hinsichtlich ihrer Beschäftigungsfähigkeit).Die Herausforderungen an die gesellschaftliche und mit ihr auch die betriebliche Gesundheitspolitik,können nur durch ein Überwinden tradierter Zuständigkeiten undNeugestaltung verschiedener Schnittstellen bewältigt werden. Konzepte einer weite-35


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßung – 13 Thesenren Separierung von Prävention und Gesundheitsförderung einerseits und medizinischerVersorgung andererseits wären demgegenüber kontraproduktiv.4. Die gesundheitsökonomische Herausforderung der Unternehmen liegt angesichtsder demografischen Veränderungen – neben den Belastungen durch die Kostenunserer sozialen Sicherungssysteme – insbesondere im zunehmenden Anteilchronisch Kranker in der erwerbstätigen Bevölkerung – es sei denn, es gelingt u.a.:• die altersbezogene Häufigkeit dieser Erkrankungen zu senken,• durch betriebliche Gesundheitsförderung eine Chronifizierung bestimmterErkrankungen zu verhindern oder aufzuschieben,• den beruflichen Einsatz und die Leistungsbedingungen älterer und chronischkranker Arbeitnehmer/-innen gezielt so zu gestalten, dass aus ihrer längerenberuflichen Tätigkeit weder vermehrte Ausfallzeiten, noch eine „gesundheitsbezogeneLeistungsminderung“ resultiert und Frühberentungen wegenErwerbsunfähigkeit begrenzt werden können.Vorrangige Erkrankungen / Erkrankungsgruppen – orientiert am Frühberentungsgeschehenwegen Erwerbsunfähigkeit – sind:• degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparats, insbesondere derWirbelsäule• psychosomatische Erkrankungen• arteriosklerotische Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems• der Prävention zugängliche Krebserkrankungen• Chronische Bronchitis und chronisch obstruktive AtemwegserkrankungenDie Wissensbasis hierzu ist vorhanden, wurde auf den verschiedenen Gebieten derMedizin erarbeitet und wissenschaftlich gesichert1.Wegen ihrer hohen betriebs- wie volkswirtschaftlichen Bedeutung eignet sich dieSenkung der diagnosespezifischen Frühberentungshäufigkeiten vorrangig als übergeordneteZielsetzung im Rahmen einer „Nationalen Arbeitsschutzstrategie“, zumaldieses Ziel durch eine wesentlich breitere Palette von Einflussparametern gekennzeichnetist, als bei Zielsetzungen auf der Ebene von Inzidenzen und Prävalenzendieser Erkrankungen.1 z.B.: Schauder, Peter /Berthold, Heiner / Eckel, Heyo / Ollenschläger, Günter (Hrsg.) Zukunft sichern: Senkungder Zahl chronisch Kranker. Verwirklichung einer realistischen Utopie. 2006 Deutscher Ärzte-Verlag36


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßung – 13 Thesen5. Die Erreichung derartiger übergeordneter Ziele kann durch die Etablierung eineserweiterten Systems von „Gesundheitskennzahlen“ und „Gesundheitszielen“auf betrieblicher Ebene gefördert werden, die einerseits den erwähnten gesundheitsökonomischenAspekten Rechnung tragen, andererseits die Ableitung entsprechenderUnternehmensziele ergänzend zu bestehenden Zielsystemen zu Krankenstandund Unfallhäufigkeit ermöglichen. Diese sind im Grundsatz unternehmens- bzw.branchenspezifisch; Beispiele einzelner Unternehmen können diese Entwicklungund ihre Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens veranschaulichen.Diese erweiterte Zielsetzung ist aber auch deshalb von besonderer Bedeutung, weilaus der Analyse von Einflussfaktoren auf die „Zielerreichung“ erweiterte Handlungsfelderund Instrumente ableitbar sind. Gesundheitskennzahlen werden nach arbeitsmedizinisch-epidemiologischenKriterien definiert und ausgewertet; als Beispiel seidie Analyse beeinflussbarer Risikofaktoren von Belegschaftsgruppen erwähnt. Siebilden das Fundament einer realistischen Erarbeitung betrieblicher Gesundheitszieleund eines umfassenden Gesundheitsmanagements; sie können durch anonymisierteBelegschaftsbefragungen und Arbeitsunfähigkeitsdaten ergänzt, aber keinesfalls ersetztwerden.6. Unter den erwähnten Schnittstellenproblemen wirkt sich die häufig in den Unternehmenanzutreffende organisatorische Trennung des klassischen „Arbeits- undGesundheitsschutzes“, der betrieblichen Gesundheitsförderung und des betrieblichenIntegrationssystems – oft vor dem Hintergrund der unterschiedlichenRechtsgrundlagen entstanden – besonders nachteilig aus. Die Arbeitsmedizin alsdiese verschiedenen Handlungsfelder umfassende Disziplin kann und muss hier aufeine Integration auf betrieblicher Ebene hinwirken: Arbeitsplatzgestaltung, ArbeitsmedizinischeVorsorgeuntersuchungen, Gesundheits–Check-Up`s, Gesundheitsförderung,Rehabilitations- und Integrationsprogramme, Arbeitsorganisation, bis hin zurSteuerung und Gestaltung der (Lebens-)Arbeitszeit.Die Fähigkeit und der Wille zur zielgerichteten, interdisziplinären Zusammenarbeit allerAkteure auch außerhalb hierarchischer Geschäftsbereichsorganisationen sind geradeauf dem Gebiet des Gesundheitsmanagements – wie aber auch für den Unternehmenserfolginsgesamt – erfolgsentscheidend. Integriertes (und integrierendes)Gesundheitsmanagement ist ein zielgerichteter betrieblicher Prozess, der von politischerSeite und von externen Stellen (Bund, Länder, UVV, KV, usw.) zwar unter-37


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßung – 13 Thesenstützt, aber nicht maßgeblich umgesetzt werden kann. Dieser primär betrieblich definierteProzess deckt jedoch Interessen des gesamten Gesundheitssystems durchzielgerichtete Prävention großer Volkskrankheiten / Verhinderung chronischer Erkrankungenab und bietet zudem durch die integrierende Schnittstellenfunktionvolkswirtschaftliche Optimierungspotenziale (Stichwort: Integrierte Versorgung).7. Für die verhaltensabhängigen Volkskrankheiten gibt es – einhergehend mit demThema „Bildung“ seit Jahrzehnten unverändert – eine bis heute inakzeptable Abhängigkeitvom sozialen Status der Bevölkerung. Zahlreiche Modellprojekte belegen,dass besonders das in den Betrieben mögliche „Zugehen“ auf die Menschen geradefür Bevölkerungsgruppen mit geringerem Sozial- und Bildungsstatus überhaupt ersteine Chancen der Individualprävention eröffnet. In diesem Zusammenhang bietet dasPräventionssetting „Betrieb“ ideale und anderen Settings weit überlegene Bedingungen:hier können die über 35 Millionen in Deutschland tätigen Menschen über die Arbeitsmedizinerreicht werden. Nicht nur aus einer Unternehmensperspektive, sondernauch aus volkswirtschaftlichen Gründen heraus ist es geboten, die aufgezeigtenMöglichkeiten der Arbeitsmedizin zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit auszuschöpfen.Eine besondere Chance liegt darin, die hohe Akzeptanz und Verbreitungarbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen für die Prävention von Volkskrankheitenzu nutzen, wie es in einigen Unternehmen bereits beispielhaft dargestellt wird.8. In Anbetracht der komplexen Wechselbeziehungen zwischen Arbeit, gesundheitsbezogenemVerhalten, sozialem Status und Gesundheit verhindert das traditionelle„Zuständigkeitsdenken“ von Politik und Verbänden bis heute eine umfassende undbreitenwirksame Prävention. Die Politik wird vorrangig daran zu messen sein, inwieweites ihr entgegen diesen Hemmnissen gelingt, politisch und rechtlich förderlicheRahmenbedingungen für umfassende Präventionsprogramme in den Unternehmenzu schaffen.Das überarbeitete „Präventionsgesetz“ wird daran zu messen sein, ebenso wie dieNeuregelung der arbeitsmedizinischen und sicherheitstechnischen Betreuung inDeutschland. Der Ansatz einer Beschränkung auf die Vermeidung „arbeitsbedingterGesundheitsgefährdungen“ anstelle eines umfassenden Erhalts der Beschäftigungsfähigkeitwürde nicht zu den „förderlichen Rahmenbedingungen“ beitragen. FortschrittlicheAnsätze zu einer umfassenden Prävention bleiben derzeit noch weitgehendeinzelnen Unternehmen und ihrer Initiative überlassen – in Kooperation der38


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßung – 13 ThesenLeistungserbringer der betrieblichen Gesundheitsförderung und Prävention, bereichsübergreifendkoordiniert durch die Arbeitsmedizin.9. Bund, Länder und Unfallversicherungsträger (Träger der geplanten nationalen Arbeitsschutzstrategie)können ihrer Verantwortung und ihrem Gestaltungsauftrag nurin enger Abstimmung und mit Unterstützung der Sozialpartner gerecht werden.Die Sozialpartner können durch ihre Erfahrungen mit innovativen Konzepten in denUnternehmen sowie betrieblichen und tarifpolitischen Vereinbarungen zur Gestaltungeiner übergeordneten Arbeitsschutzstrategie beitragen. Insbesondere neue Beschäftigungskonzepte,aber auch Ansätze zur Gestaltung von Arbeit und (Lebens-) Arbeitszeit,können geeignet sein, sowohl Beiträge zur Beschäftigungssicherung, alsauch zur aktiven Gestaltung des demografischen Wandels – einschließlich des Übergangszur Phase des Ruhestands – zu leisten.10. Zu den unverzichtbaren förderlichen Rahmenbedingungen gehört auch die langeüberfällige verbindliche Regelung des Nichtraucherschutzes an allen Arbeitsplätzen.Die aktuell auf öffentliche Einrichtungen und die Gastronomie beschränktenKonzepte sind im Interesse der Prävention völlig unzureichend.11. Das Erarbeiten einer gemeinsamen Sicht der Ministerien für Arbeit und Sozialeseinerseits, des Gesundheitsministeriums andererseits, der gesetzlichen Unfallversicherungsträger,der Länder und der Sozialpartner auf das Zukunftsthema „Gesundheit“ist durch institutionelle Interessen erschwert.Auf Unternehmensebene kann das leichter und schneller gelingen: zahlreiche evaluiertePräventionsprojekte belegen die besondere Bedeutung einer gemeinsamenPerspektive der aktiv Beteiligten als Erfolgsbedingung. Es ist eine vorrangige Aufgabeder Arbeitsmediziner in den Unternehmen, dazu einerseits mittels Engagement,Systematik, Evaluation und offensiver Kommunikation sowie andererseits zielgerichteterIntegration von Gesundheitsförderungs-experten maßgeblich beizutragen.12. Beispiele zeigen, dass die übliche eindimensionale und monokausale Betrachtung„arbeitsbedingter Erkrankungen“ unangemessen ist und zu irrtümlichenSchlussfolgerungen und wirkungslosen „Präventionsmaßnahmen“ verleitet; Beispielesind:39


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßung – 13 Thesen• der Zusammenhang zwischen psychischen Belastungen und psychischenErkrankungen,• der Zusammenhang zwischen biomechanischen Belastungen undRückenerkrankungenZu den Aufgaben der Arbeitsmedizin gehört unverzichtbar, sowohl im Rahmen derForschung, als auch in den Betrieben und in der Politikberatung zur Klärung undTransparenz dieser komplexen Zusammenhänge beizutragen.13. Die Prävention von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen in Deutschlandist eine beispielhafte Erfolgsgeschichte – auch unter Aufwand-Nutzen-Aspekten. Wettbewerbsfähige Innovationen einschließlich neuer Technologien unddie wissenschaftliche Bewertung ihrer Gesundheits- und Umweltverträglichkeit bleibenfür unseren Wirtschaftsstandort unverzichtbar. Es gibt deshalb keinen Anlass,der Erforschung und Vermeidung beruflicher Gesundheitsrisiken und der qualifiziertenBeratung bei der Gestaltung von Arbeit zukünftig weniger Engagement zu widmen.Diese Kernkompetenzen der Arbeitsmedizin sind Treiber auch zur Bewältigung derbeschriebenen gesellschaftlichen und gesundheitsökonomischen Herausforderungen.Die Arbeitsmedizin kann die erforderlichen Prozesse gestalten – sie ist zur Ü-bernahme von Verantwortung bereit.III. Anregungen an die PolitikDie deutsche Gesundheitspolitik ebenso wie die Arbeitsschutzpolitik, muss die internationalen,insbesondere die europäischen Entwicklungen berücksichtigen. Der Lissabon-Prozess der EU, die EU-Sozialagenda, die Beschäftigungspolitischen Leitlinien sowie diedarauf fußende „Europäische Strategie für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“haben das Ziel, mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen. Der Rat der EuropäischenUnion fordert die Mitgliedstaaten auf, "koordinierte, kohärente und den nationalen Gegebenheitenangepasste Präventionsstrategien zu entwickeln und umzusetzen …“ WirtschaftlicheEntwicklungen werden nur dann nachhaltig sein, wenn sie sozial flankiertwerden. Die Arbeitsmedizin stützt die Position der gemeinsamen Arbeitsgruppe des LA-SI/ UVT/ BMAS, dass Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit wichtige Indikatoren zur40


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßung – 13 ThesenBeurteilung der Qualität der Arbeit sowie der Leistungsfähigkeit und Nachhaltigkeit wirtschaftlichenHandelns auf betrieblicher wie auf gesellschaftlicher Ebene darstellen. Siefordert in diesem Sinne eine ressort- und verbandsübergreifende politische Zusammenarbeit.Angeregt werden insbesondere die folgenden Punkte:1. Umsetzung der Erkenntnis, dass nicht zwei, sondern drei Säulen der Prävention undGesundheitsförderung in der Arbeitswelt existieren:• der staatliche Arbeitsschutz• die gesetzliche Unfallversicherung• die betriebliche Prävention und GesundheitsförderungMaßstab aller politischen Initiativen und Regulierungen ist die betriebliche Säule undihre Stärkung. Dabei übernimmt die Arbeitsmedizin die Rolle des Integrators der E-lemente und Akteure des Gesundheitsmanagements.2. Anerkennen und Nutzen der fachlichen und wissenschaftlichen Expertise der Arbeitsmedizinauch bei konzeptionellen Fragen: Beispiel „Nationale Arbeitsschutzstrategie“.Eine vermehrte Mitarbeit von Arbeitsmedizinern in den Ministerien, bei denUVV-Trägern und in der BAuA könnte helfen, die Prävention zu stärken.3. Erarbeiten einer gemeinsamen Strategie zur Entwicklung der Beschäftigungsfähigkeitder Erwerbsbevölkerung zwischen Bundesministerium für Arbeit und Soziales undBundesministerium für Gesundheit mit Unterstützung der arbeitsmedizinischen Wissenschaft.4. Systematische Reduzierung systembedingter „Schnittstellenprobleme“; dabei liefertdie Arbeitsmedizin wissenschaftliche Daten zur Ableitung konkreter Schritte.5. Ob die betriebliche Prävention und Gesundheitsförderung zukünftig umfassend definiertund gestärkt oder nur programmatisch und quantitativ unzureichend weiterentwickeltwird, entscheidet die deutsche Politik in den Jahren <strong>2007</strong>/2008. Die Arbeitsmedizinin Wissenschaft und Praxis befürwortet einen umfassenden, offensiven Präventionsansatz,der entsprechend den beschriebenen Herausforderungen eine bedarfsgerechtearbeitsmedizinische Kapazität in den Betrieben gewährleistet.41


Eröffnungsveranstaltung – Begrüßung – 13 Thesen6. Sowohl eine Nationale Arbeitsschutzstrategie, als auch übergeordnete Gesundheitsziele,sind daran zu orientieren, dass sie der betrieblichen Prävention und Gesundheitsförderungförderliche Rahmenbedingungen gewähren.7. Eine gesetzliche Verankerung des Nichtraucherschutzes an allen Arbeitsplätzenkönnte dazu einen wesentlichen Beitrag leisten und eine Signalwirkung haben.8. Die Einbindung der Betriebsärzte in die Systematik der integrierten medizinischenVersorgung der arbeitenden Bevölkerung (dies bedeutet Integration von Präventionund Therapie), u.a. durch Nutzen der Gesundheitskarte in der Arbeitsmedizin, Möglichkeitder Gründung von medizinischen Versorgungszentren und Einbindung inProgramme, wie DMP´s muss intensiviert werden.9. Die Forschung zu den Wechselbeziehungen von Arbeit und Gesundheit hat eine hoheBedeutung für den Wirtschaftsstandort Deutschland und für unser System der sozialenSicherung. Eine öffentlich geförderte Forschung auf diesem Gebiet ist dringenderforderlich und muss unter (mindestens konzeptioneller) Beteiligung der arbeitsmedizinischenWissenschaft erfolgen.März <strong>2007</strong>S. Letzel, J. Stork, A. Tautzfür den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin eV.42


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteGrußworteDr. rer. oec. Cornelia Fischer, Ministerialdirektorin, Bundesministeriumfür Arbeit und SozialesEs gilt das gesprochene Wort!Sehr geehrter Herr Professor Letzel,sehr geehrte Ehrengäste,sehr geehrte Damen und Herren,ich begrüße Sie herzlich. Es ist mir wieder eine besondere Ehre und Freude, Ihnen zur47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin dieGrüße des Schirmherrn der Tagung, Bundesminister für Arbeit und Soziales Franz Müntefering,zu übermitteln. Dem Minister war es auch dieses Jahr ein besonderes Anliegen,die bewährte Tradition fortzusetzen und die Schirmherrschaft über Ihre Jahrestagung zuübernehmen.Die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin berät das Bundesministeriumfür Arbeit und Soziales seit vielen Jahren. Als Leiterin der für den Arbeitsschutzund die Arbeitsmedizin zuständigen Abteilung bin ich für den guten und vertrauensvollenWissens- und Meinungsaustausch in fachpolitischen Fragen sehr dankbar. Mit der politischenLeitung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gab es zuletzt einen intensivenMeinungsaustausch zu Grundsatzfragen der betrieblichen Prävention, zur arbeitsmedizinischenVorsorge und zur Gesundheitsförderung in Deutschland. Die besondereVernetzung unserer Institutionen kann auch im World Wide Web sehen: Der neuaufgestellte Internetauftritt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales im BereichArbeitsschutz setzt Links zu Ihrer wissenschaftlichen Gesellschaft ebenso wie zum VerbandDeutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. und zur Bundesärztekammer. Dem interessiertenWebanwender wird es so erleichtert, sich im Bereich Arbeits- und Betriebsmedizingezielt und umfassend zu informieren.Bereits bei der Jahrestagung 2006 hatte ich die Gelegenheit, hier einige Worte an Sie zurichten. Bereits damals lag mir das Thema "Demografischer Wandel in den Betrieben"am Herzen. Seitdem haben wir einiges auf den Weg gebracht:43


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteRente mit 67 und erforderliche Flankierungen (Initiative 50plus)Der Bundestag hat die Anhebung des Renteneintrittsalters - schrittweise ab dem Jahre2012 auf 67 Jahre – beschlossen. Nüchtern ist zu sagen, dass dieser Beschluss ist nichtdurchweg auf Begeisterung gestoßen ist. Die Anhebung des Renteneintrittsalters istgleichwohl eine unumgängliche Entscheidung, um die Sozialversicherungssysteme inDeutschland zukunftsfest zu machen. Der nötige Bewußtseinswandel kommt langsam inGang.Mit Ihrem Hauptthema stellen Sie eine entscheidende Frage: Wie lange können wir gesundarbeiten. Wenn die Menschen länger arbeiten müssen, sind alle Beteiligten gefordert,Lösungen zu finden, damit sie auch länger arbeiten können. Ich bin sehr gespanntauf die wissenschaftlichen Antworten der Arbeitsmedizin.Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales flankiert die Rente mit 67 mit der Initiative50plus. Wichtiger Bestandteil der Initiative sind gesetzgeberische Maßnahmen, umdie Chancen älterer Menschen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern – durch einen attraktivenKombilohn, durch Eingliederungszuschüsse und Weiterbildungsgutscheine, durchden erleichterten Abschluss befristeter Arbeitsverträge. Gleichzeitig müssen auch dieArbeitsbedingungen näher betrachtet werden. Einige Branchen sind noch so angelegt,dass die meisten Beschäftigten aus Gesundheitsgründen vorzeitig ausscheiden müssen.Auch in auf den ersten Blick weniger kritischen Branchen – z.B. der Verwaltung und demBankgewerbe – müssen die Arbeitsbedingungen auf den Prüfstand gestellt werden, obsie ein gesundes Arbeiten bis ins Alter ermöglichen. Arbeitsmedizinische Unterstützungist hier gefragt.Für Deutschland ist konsequentes und kluges Handeln ein Muss: Demografischer Wandelheißt nicht nur, dass die Belegschaften altern. Er bedeutet auch, dass wenigerNachwuchskräfte zur Verfügung stehen. Auf die älteren Beschäftigten mit ihrem spezifischenPotenzial können wir nicht mehr verzichten. Wir brauchen eine bessere Qualitätder Arbeit, um die demographische Herausforderung zu meistern.Mit der Initiative Neue Qualität der Arbeit, kurz INQA, hat das Bundesministerium für Arbeitund Soziales diese Thema früh aufgenommen und versucht, eine breite Diskussionanzustoßen, um die Beschäftigten und die Betriebe zu sensibilisieren und Veränderungenzu erreichen. INQA weist heute ein breites, attraktives und ganzes Bündel innovativerAnsätze für die Praxis auf.44


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteIn der gesellschaftlichen Diskussion zeigt sich, dass Unternehmer zunehmend den Wertälterer Beschäftigter wieder erkennen. Erfahrene Kräfte, die freiwillig über die gesetzlicheAltersgrenze hinaus arbeiten, stellen häufig eine Stütze des Unternehmens dar. Es ist zuerwarten, dass sich diese Tendenz bei Eintritt des prophezeiten Fachkräftemangels nochverstärkt, wenn die geburtenschwächeren Jahrgänge das Feld besetzen. Das Bundesministeriumfür Arbeit und Soziales fördert im Modellprogramm zur Bekämpfung arbeitsbedingterErkrankungen drei Projekte zum Schwerpunkt "Altersgerechte Arbeitsbedingungen".Die Ausschreibung ist auf große Resonanz gestoßen. Wir haben Projekte ausgewählt,die sich in besonderer Weise ergänzen: Zwei Projekte beleuchten die Situationin problematischen Branchen – wie Alten- und Krankenpflege, Stadtreinigung, Automobilindustrie.Das dritte Projekt konzentriert sich auf die Motivation der Menschen, bis zumgesetzlichen Renteneintrittsalter im Beruf zu bleiben. Denn in den Köpfen scheint derVorruhestand für viele immer noch attraktiver zu sein.In-Kraft-Treten der Lärm- und Vibrations-ArbeitsschutzverordnungAm 9. März ist die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung in Kraft getreten. DieBundesregierung setzt damit die EG-Arbeitsschutzrichtlinien über Lärm und Vibrationenum. Es ist gelungen, die Grenzwerte für Lärm und Vibration am Arbeitsplatz bei der Umsetzungder EG-Richtlinien auf den Stand der wissenschaftlichen und arbeitsmedizinischenErkenntnisse festzuschreiben. Für die Lärmbelastung wurden die Expositionsgrenzwertevon 87 dB(A) auf 85 dB(A) und für die Spitzenbelastung von 140 dB(C) auf137 dB(C) gesenkt. Bei Belastungen durch Vibrationen wird der Beschleunigungswert inLängsrichtung der Wirbelsäule von 1,15 m/s² auf 0,8 m/s² gesenkt. Mit der Verordnungbegegnet die Bundesregierung einer der häufigsten Berufskrankheiten. Die Verordnungfinden Sie auf der Internet-Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.Die Kombination aus Arbeitsschutzvorschriften, modellhaften Lösungen und INQA ist dieGrundlage für die erfolgreiche Arbeitsschutzpolitik des Bundesministeriums für Arbeitund Soziales. Mit der Verabredung einer Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategieunter Einbeziehung u.a. der Länder, der Unfallversicherungsträger und der Sozialpartner,sind wir dabei, einen großen Rahmen hierfür zu spannen.45


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteNeue Erkenntnisse zu den BerufskrankheitenSeit Ihrer letzten Jahrestagung in Hannover haben sich auf dem Gebiet der Berufskrankheiteneinige interessante Neuerungen ergeben:Zum einen wurde der Ärztliche Sachverständigenbeirat des BMAS "Berufskrankheiten"für die neue Sitzungsperiode 2006 bis 2011 neu berufen. Dabei wurde im Vorsitz einGenerationenwechsel vollzogen. Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender sind dieHerren Professoren Hallier und Letzel.Es liegen drei wissenschaftliche Begründungen zu neuen Berufskrankheiten i. S. derÖffnungsklausel nach § 9 Abs. 2 SGB VII vor, die darauf warten, in die Liste der Berufskrankheitenaufgenommen zu werden, und zwar:- Gonarthrose bei besonderer Kniebelastung- Lungenfibrose durch extreme und langjährige Einwirkung von Schweißrauchen undSchweißgasen (Siderofibrose).- Synkanzerogenese von PAK und Asbest.Als geradezu revolutionäre Neuerung ist bei der Synkanzerogenese der auf breitemKonsens zwischen ihrer medizinischen Fachgesellschaft zum einen und der Unfallversicherungzum anderen gefundene Lösungsweg hervorzuheben, bei dem die seit1925 vorherrschende traditionelle Betrachtungsweise der Monokausalität zur Multikausalitätgelungen ist.Jede Berufskrankheit ist eine deutliche Ermahnung an alle Arbeitsschützer mehr Präventionbzw. eine verbesserte Prävention zu betreiben. Dazu gehören auch transparenteund nachvollziehbare Vorschriften, die Rechtssicherheit bieten und möglichst unkompliziertsind.Rechtsreform „Arbeitsmedizinische Vorsorge“Ziel der Reform ist die Überprüfung und Optimierung der bestehenden Vorschriften undRegeln im staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Recht. Ein entsprechender Entwurffür eine "Verordnung zur Vereinheitlichung der Rechtsvorschriften zur arbeitsmedizinischenVorsorge" wird derzeit vorbereitet. Die Eckpunkte des Konzepts stehen auf derFachebene fest: Mit der Verordnung regeln wir den Bereich, der im EU-Recht als "Gesundheits-Überwachung"normiert ist. Dabei stehen arbeitsmedizinische Untersuchungeneinschließlich individueller Beratungsgespräche durch einen Arzt im Vordergrund. In46


Eröffnungsveranstaltung - Grußworteihrem Strategieprogramm für die nächsten fünf Jahre hebt die EU-Kommission übrigensdie Bedeutung dieses Themenfeldes besonders hervor.Klar ist: Gesundheitsüberwachung bzw. arbeitsmedizinische Vorsorge - wie wir es übersetzen-betrifft nur einen Teilbereich arbeitsmedizinischer Präventionsdienstleistungen.Eine weitere wichtige betriebsärztliche Aufgabe ist die Unterstützung des Arbeitgebers inbetrieblichen Gesundheitsfragen, wie sie insbesondere im Arbeitssicherheitsgesetz verankertist. Hinzu kommen Beiträge im Rahmen betrieblicher Gesundheitsförderungsprogramme.Mit der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge möchten wir modernes Rechtschaffen, das den Vorschriftenteil nicht mit Detailregelungen überfrachtet. Eine solcheschlanke Verordnung kann nur leben mit untergesetzlichen Konkretisierungen. Der Arbeitgeberbraucht sichere Anhaltspunkte dafür, wie er mit arbeitsmedizinischer Vorsorgein seinem Betrieb umgeht. Hierfür planen wir die Einrichtung eines Ausschusses Arbeitsmedizin,der mit den bereits bestehenden Ausschüssen eng zusammenarbeiten soll.Ich denke, hier kommt große und wichtige Arbeit auf uns zu, damit wir ein gutes Gesamtwerkschaffen können. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales setzt dabeiauf Ihren arbeitsmedizinischen Fachverstand.Ich wünsche der Tagung einen guten Verlauf.47


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteDoris Bartelmes, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit,Familie und Gesundheit, Rheinland-PfalzSehr geehrter Herr Prof. Letzel, sehr geehrte Herren und Damen,im Namen der Landesregierung begrüße ich Sie als Abteilungsleiterin für Arbeit und damitauch für den medizinischen Arbeitsschutz herzlich hier in Mainz. Ich danke Ihnen fürdie Einladung ein Grußwort zu sprechen, was ich sehr gerne tue.Meine sehr geehrten Herren und Damen,Mit Ihrem Hauptthema „Wie lange können wir gesund arbeiten?“ treffen Sie den Nerv derZeit, denn durch die demografische Entwicklung stellt diese Frage eine gesellschafts-,sozial- u. beschäftigungspolitische Herausforderung dar, wie es sie bisher in unsererGesellschaft noch nicht gegeben hat.Ich möchte dies an folgender Tatsache verdeutlichen:Die stärkere Vertretung der Generation 45+ bei den Arbeitskräften trifft Unternehmen undInstitutionen zukünftig gegenläufig zu den Personalstrategien der letzten 20 Jahre, woder Abbau dominierte und vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im letzten Drittelihres Arbeitslebens betraf.Zusätzlich müssen sich unsere Unternehmen auf eine Verknappung der „RessourceMensch“ vorbereiten. Erstmals werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über 45 Jahredas stärkste Drittel der Bevölkerung im Erwerbsleben bilden. Dieses Kippen der Alterspyramidebei insgesamt kleiner werdender Belegschaften prägt die Entwicklung in ganzEuropa und lässt uns zum „ältesten Kontinent“ werden – mit dem wir im Wettbewerb bestehenmüssen.Deshalb wird die Einstellung und Ausrichtung auf die Mitarbeitergeneration 45+ zu einemkritischen Erfolgsfaktor, für einzelne Betriebe genauso wie im globalen Konkurrenzkampf.Sie ist gleichzeitig die menschlichste und wirtschaftlich wichtigste Lösung für dieUnternehmen und die Beschäftigten. Ermöglicht wird sie durch die Verbesserung vonWertschätzung der Fähigkeiten Älterer, durch die Einräumung von Karrieremöglichkeiten,durch Hilfen bei der Arbeitsbewältigung, durch die Nutzung von Kompetenz und denErhalt der Gesundheit.48


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteDazu werden mehr Anstrengungen in Richtung einer alternsgerechten Arbeitsplatzgestaltungund Arbeitsorganisation benötigt. Dieses Bündel umfasst an unterschiedlichenLebensaltern orientierte Gestaltung von Arbeit und Arbeitsorganisation ebenso, wie einenpräventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz und die Voraussetzungen für ein lebensumspannendesLernen. Über Arbeitsbedingungen, Arbeitsplatzgestaltung und dieArbeitsorganisation müssen Bedingungen geschaffen werden, die den Erhalt der Gesundheitund der Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sicherstellt.Was ergeben sich daraus und aus diesem Wandel der Arbeitswelt für Herausforderungenfür den medizinischen Arbeitsschutz: ? Dazu ist es zunächst erforderlich, zu wissenwohin die Reise im Arbeitsleben geht:wie schon erwähnt wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten eine Verschiebungder Altersverteilung der Belegschaften zu erwarten sein. Daher wird das betriebliche Gesundheitsmanagementdas Ziel verfolgen müssen, die Krankheitslast bzw. die Zahl deraufgrund von Arbeitsunfähigkeit ausgefallenen Arbeitstage der Beschäftigten zu reduzierenund generell ihre Einsatzbereitschaft und Produktivität langfristig zu erhalten und zuerhöhen. Dazu trägt eine zielführende Anpassung der Arbeitsplätze bzw. Produktionssystememit Hilfe des medizinischen Arbeitsschutzes bei. Dieser steigender Stellenwertder Primärprävention im Betrieb bedeutet, dass das betriebliche Gesundheitsmanagementein integraler Bestandteil der Personalpolitik werden muss.Diese Aufgabe stellt sich insbesondere angesichts des Strukturwandels in Richtung einerWissens- und Dienstleistungsgesellschaft, in der der Unternehmenserfolg von der Kompetenz,Motivation und vom Verhalten der Beschäftigten im Umgang mit Technik, Menschenund Informationen abhängt. Neuere Untersuchungen deuten darauf hin, dass vomtraditionellen Arbeitsschutz wenig beachtete Belastungsfaktoren wie hoher Zeitdruck,Zunahme der zu leistenden Arbeitsmenge und wachsende Verantwortung an Bedeutunggewinnen. Eine zunehmende Konkurrenz in einer globalen Informations- und Dienstleistungsökonomiewird sich zwar branchenspezifisch unterschiedlich auswirken, vielfachaber auch zu einer Erhöhung der gesundheitlichen Belastung führen.Im Kontext dieses anhaltenden Strukturwandels ist auch eine Flexibilisierung von Arbeitsformenzu beobachten. Projektarbeit in flachen Hierarchien, Gruppenarbeit als eineForm selbstregulierter Kooperation, flexible Arbeitszeitregime und ergebnisorientierteEntlohnungssysteme werden häufiger eingesetzt. Diese Organisationsformen können mitvielseitigeren und interessanten Aufgaben und einer Zunahme der Gestaltungsfreiheit49


Eröffnungsveranstaltung - Grußworteverbunden sein. Daneben nimmt aber auch die Zahl befristet oder selbstständig Beschäftigterzu (,neue Selbstständigkeit´). Derartige mit hoher beruflicher Unsicherheit verbundene,flexible´ Arbeitsformen können die psychische Belastung erhöhen, protektive Ressourcendagegen vermindern. Es ist anzunehmen, dass die gesundheitlichen Folgen der,Flexibilisierung der Arbeitswelt´ vor allem in Abhängigkeit von der Branche, den Charakteristikades jeweiligen Betriebs und der sozialen Kontexte, der berufsbezogenen Ausbildungund Erfahrung und letztlich der personalen, sozialen und materiellen Ressourcenbzw. dem sozioökonomischen Status der Betroffenen beträchtlich variieren.Was bedeutet dies alles für den medizinischen Arbeitsschutz?Bisher ist unser Arbeitschutz stark geprägt vom technischen Arbeitsschutz der in derEntwicklung unserer Gesellschaft und ihres Beschäftigungssystems ohne jeden Zweifelseine große Bedeutung und große Errungenschaften hatte. Für die heutige employabilitiybis zum regulären Rentenbezug haben wir aber genau die Beschäftigungssturkturen, dieich dargestellt habe, für den Schutz der Beschäftigten zu analysieren und daraus unsereKonsequenzen zu ziehen. Und das meine Damen und Herren bedeutet eine Stärkungdes medizinischen und sozialen Arbeitsschutzes dazu ein Beispiel:wenn ich alternsgerechtes Arbeiten – wie wir es dringend im demografischen Prozessdes Arbeitslebens brauchen werden – einführen will, muss ich über die notwendigenKenntnisse der körperlichen Fähigkeiten und das auch noch entsprechend des jeweiligenAlters verfügen – sonst können nicht die Hilfestellungen gegeben werden, die die Arbeitnehmerinnenund Arbeitnehmer sowie die Betriebe brauchen.Sehr geehrte Herren und Damen,eine qualitativ und quantitativ hochwertige arbeitsmedizinische Tätigkeit bedeutet einMehr an Gesundheit für jeden und letztendlich eine finanzielle Entlastung der Unfallversicherungssystemeund somit auch der Betriebe. In Ihrem Bemühen zur Verbesserungder arbeitsmedizinischen Prävention, möchte ich Sie ausdrücklich unterstützen und Siebestärken sich auch weiterhin in Ihrer täglichen Arbeit hierfür einzusetzen.Nun gilt es aber die Erkenntnisse konkret für jeden einzelnen Betrieb zu verwerten, dennnur dann erreichen wir die Menschen so, dass wir sie unterstützen können. Vor diesemHintergrund freut es mich, dass der Verband Deutscher Betriebs- u. Werksärzte (VDBW)Mitveranstalter ist. Ihr Part wird es sein, die medizinischen Erkenntnisse, in Zusammenarbeitmit den anderen Fachrichtungen im Arbeitsschutz, umzusetzen. Die Gründung des50


Eröffnungsveranstaltung - Grußwortenoch jungen rheinland-pfälzischen Landesverbandes des VDBW in 2004 hatten wir deshalbauch ausdrücklich unterstützt und befürwortet.Unterstützung können die Rheinland-Pfälzer auch durch unseren Beirat für Arbeitssicherheitund Gesundheitsschutz erhalten, den wir im Ministerium seit 1994 eingerichtethaben. Er hat die Aufgabe, das Ministerium in Fragen des Arbeitsschutzes und in Fragender Verhinderung von betriebsbedingten Gesundheitsgefahren zu beraten. Er ist paritätischmit je sechs Vertretern der Arbeitsgeber- und Arbeitnehmerorganisationen besetzt.Er hat sich unter anderem auch intensiv mit den Auswirkungen der sich ändernden Wirtschafts-und Arbeitswelt auf den Arbeit- und Gesundheitsschutz befasst und hierzu einumfassendes Papier erarbeitet. Diese Arbeitsgrundlage werden wir jetzt entsprechendder nationalen Arbeitsschutzstrategie für R-P jährlich ergänzen und so die Partner – Arbeitgeberund Arbeitnehmer verbindlich festlegen.Wir haben uns in der Landesregierung auch mit dem Gesundheitsmanagement befasstund ein Rahmenkonzept unter Leitung des MASGFF entwickelt. Auch die Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter der Landesregierung sind Teil der demographischen Entwicklung.Die Landesregierung widmet sich deshalb intensiv dem Thema „alternsgerechtes Arbeiten“.Ein Schwerpunkt in meiner Abteilung im MASGFF ist das Gesundheitsmanagement fürBetriebe insgesamt, hierzu entwickeln wir gerade einen Leitfaden zusammen mit derUnfallkasse R-P. Neben den vielen anderen Partnern hoffe ich für eine gute Umsetzunggerade auf Sie in der ArbeitsmedizinSehr geehrter Herr Prof. Letzel, es freut uns sehr, dass Sie die Präsidentschaft der<strong>DGAUM</strong> übernommen haben, ich gehe davon aus, dass die bereits gute Zusammenarbeitdadurch noch weiter verbessert wird und von Mainz wesentliche Impulse ausgehen.Auf diese Zusammenarbeit freue ich mich.Ihnen wünsche ich eine gute Veranstaltung mit vielen guten Erkenntnisse für die betrieblichePraxis und natürlich für die Politik, damit wir wissen, was wir umsetzen müssen undsollen.51


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteWolfgang Reichel, Dezernat Umwelt, Grün, Gesundheit, Tiefbau,Entwässerung, Entsorgung, BrandschutzSehr geehrter Herr Prof. Letzel,sehr geehrte Frau Dr. Fischer,sehr geehrte Frau Bartelmes,sehr geehrter Herr Prof. Michaelis,sehr geehrter Herr Dr. Hoffart,sehr geehrte Damen und Herren,ich überbringe Ihnen zu Ihrer Jahrestagung die Grüße des Oberbürgermeisters JensBeutel, des Rates sowie der Verwaltung der Landeshauptstadt Mainz.Ich freue mich, dass Ihre diesjährige Jahrestagung wiederum in Mainz stattfindet unddarf Sie auch ganz herzlich als Gesundheitsdezernent in Mainz willkommen heißen. DieDeutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin veranstaltet mittlerweilezum 3. Mal in Mainz ihren wissenschaftlichen Kongress und wir sind stolz darauf, Ihnenunsere tagungserprobte Rheingoldhalle - erweitert und mit neuem Outfit versehen - präsentierenzu können.Wir hoffen, damit einen guten Beitrag zu einer ansprechenden Tagungsatmosphäre geleistetzu haben.Das Hauptthema der Tagung – neben zahlreichen Symposien, Foren, Workshops undDiskussionsrunden – beschäftigt sich mit der Frage „Wie lange können wir gesund arbeiten?“und den wissenschaftlich begründeten Antworten der Arbeitsmedizin darauf. Einweiteres Thema ist die universitäre Ausbildung und die Verpflichtungen und Chancen,die sich daraus für die Arbeitsmedizin ergeben.Die Arbeitswelt ist ein zentraler Lebensbereich, in dem Menschen ein Drittel ihres Lebensverbringen. Die Stadt Mainz ist seit 1989 Mitglied des Gesunde Städte-Netzwerksder Bundesrepublik Deutschland und fühlt sich deshalb den Grundsätzen der Ottawa-Charta der WHO verpflichtet, die der betrieblichen Gesundheitsförderung einen ganzbesonderen Stellenwert beimessen.Nach diesen Grundsätzen geht es in der betrieblichen Gesundheitsförderung auf dereinen Seite um die Verminderung pathogener Faktoren, etwa der Exposition der Beschäftigtengegenüber Lärm, Vibrationen, Gefahrstoffen. Und auf der anderen Seite gehtes um die Vermehrung von der Gesundheit stärkenden Faktoren, wie der Partizipationund der Entwicklung von Handlungskompetenzen der Beschäftigten.52


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteDie Stadt Mainz führt jährlich ein Symposium zur betrieblichen Gesundheitsförderungdurch, um so den Austausch der betrieblichen Akteure aus Großbetrieben und Verwaltungenzu fördern.Dabei werden schwerpunktmäßig Fragen der psychosozialen und psychischen Belastung,der Organisationsentwicklung und der Personalführung behandelt.Das vorletzte Symposium griff das Thema „Familienorientierung von Betrieben und Behörden“auf. Dieses Thema hat auch für die Stadt Mainz als Großbetrieb einen besondershohen Stellenwert und spielt eine herausragende Rolle innerhalb der kommunalenFamilienpolitik. Die Stadt Mainz hat sich im vergangenen Jahr der ersten Stufe des Auditszur Zertifizierung als familienfreundliches Unternehmen unterzogen.Im Jahre 2001 wurde die Stadt Mainz Mitglied im Netzwerk „Unternehmen für Gesundheite.V.“ einem Netzwerk in dem es verpflichtend ist, besondere Anstrengungen zurFörderung der Gesundheit der Beschäftigten zu unternehmen. Grundlage für die Zusammenarbeitim Netzwerk sind das Gemeinschaftsprogramm der EU zur Gesundheitsförderung,- aufklärung und – erziehung sowie gemeinsame Standards der betrieblichenGesundheitsförderung gemäß der Luxemburger Deklaration.Arbeits- und Gesundheitsschutz müssen sich heute und auch in Zukunft neuen Herausforderungenstellen.Die eine Gruppe von Aufgaben, die aus dem gewandelten Krankheitspanorama resultieren,sind der Umgang mit multifaktoriellen, degenerativen Krankheitsbildern und gesundheitlichenBeschwerden, die im ungünstigen Fall zu arbeitsbedingten Erkrankungen führen.Die zweite große Aufgabengruppe resultiert aus der nachlassenden Bedeutungschwerer körperlicher Belastung und der Zunahme nervlicher und psychosozialer Belastungen.Hier ist der Arbeits- und Gesundheitsschutz auf neue Impulse und Erkenntnisseangewiesen. Eine weitere Frage richtet sich auf den Verbleib und die optimale Integrationälterer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.Ihrem Veranstaltungsprogramm habe ich entnommen, das es über die angesprochenenFragen hinaus eine Fülle weiterer Fragen und Aspekte gibt, die sie innerhalb der 4 Tageihrer wissenschaftlichen Fachtagung bearbeiten wollen. Hinzu kommen noch etliche Betriebsbegehungenin der Rhein-Main Region.Wer dieses anspruchsvolle und umfangreiche Programm bewältigt, das sich im Kern mitdem Gesundheitsschutz und der Regeneration anderer Menschen befasst, der hat amAbend das Recht auf Wiederherstellung seiner eigenen protektiven Faktoren.53


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteHierzu habe ich in Ihrem Rahmenprogramm einige gute Ansätze entdeckt wie z. B. denGesellschaftsabend im Emrich-Josef-Keller. Erlauben Sie mir darauf hinzuweisen, dassMainz mit seiner Altstadt noch einiges mehr zu bieten hat: Rund um den Mainzer Domladen sie urige Bierkneipen und gepflegte Weinlokale zum Verweilen ein.Als Gesundheits- wie auch als Weinbaudezernent weise ich darauf hin, dass inzwischenauch wissenschaftlich belegt wurde, dass der Genuss von Wein der Gesundheit förderlichist.Ich wünsche Ihrer Tagung einen guten Verlauf und Ihnen einen angenehmen Aufenthaltim über 2000 Jahre alten Mainz.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.54


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteProf. Dr. med. Jörg Michaelis, Präsident der Johannes Gutenberg-UniversitätMainzMeine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrterHerr Dekan Urban, lieber Herr Kollege Letzel,im Namen der Johannes Gutenberg-Universität darf ich Sie ganz herzlich hier in Mainzbegrüßen. Bereits zum 47. Mal tagen Sie als Mitglieder der Deutschen Gesellschaft fürArbeitsmedizin und Umweltmedizin und immerhin schon zum dritten Mal Mainz. Dass wirSie heute hier in als Gastgeber willkommen heißen, freut uns daher um so mehr.Als Teil unseres Schwerpunktbereichs „Präventive Medizin“ leisten die Kolleginnen undKollegen seit Jahren exzellente Forschungsarbeit, so zum Beispiel mit dem Projekt „Armutund Gesundheit“ im Landesexzellenzcluster „Gesellschaftliche Abhängigkeiten undsoziale Netzwerke“.Die Prävention ist ja auch ein ganz wesentliches Anliegen der Arbeitsmedizin, wie es ausden vielfältigen Beiträgen Ihrer Tagung hervorgeht. Für mich schlägt die Prävention, e-benso wie die mit dem einen Schwerpunktthema angesprochene Demographie, die Brückezur Epidemiologie – der Fachdisziplin, die ich persönlich vertrete und mit der ichmich auch der Arbeits- und Umweltmedizin sehr verbunden fühle. Allerdings setze ichhierbei mehr auf die Kooperation als auf eine „feindliche Übernahme“, die Herr Letzel alsMenetekel aus Nordrhein-Westfalen beschrieben hat! Meine früheren Kooperationen mitder Arbeitsmedizin bezogen sich insbesondere auch auf die Zusammenarbeit mit großenwerksärztlichen Abteilungen, unter anderem der Lufthansa, der Höchst AG und derBASF. Einige Ergebnisse dieser Zusammenarbeiten durfte ich auch bei früheren JahrestagungenIhrer Fachgesellschaft vorstellen.Als Universitätspräsident freut es mich besonders, dass Sie die Ausbildung der Medizinstudentenund die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses als einen SchwerpunktIhrer Tagung gewählt haben. Ich begrüße es sehr, dass die Arbeitsmedizin inzwischenin der Ausbildung der Medizinstudierenden einen wesentlichen Raum einnimmt,weil doch insbesondere die niedergelassenen Ärzte und auch die Internisten darüberorientiert sein müssen, welche Krankheitsbilder mit den verschiedenen Berufstätigkeitenverbunden sein können und wie die medizinische Eignung für einzelne Berufe bewertetwerden kann.Auch Ihr zweites Schwerpunktthema trifft den Nerv der Zeit: „Wie lange können wir gesundarbeiten?“ Diese Frage beschäftigt aktuell nicht nur Fachleute sondern notwendigerweiseauch Politik und Gesellschaft – eine Tatsache, der Sie unter anderem mit eineröffentlichen Podiumsdiskussion mit Vertretern der Wirtschaft, der Politik und der Wissen-55


Eröffnungsveranstaltung - Grußworteschaft Rechnung tragen. Auch in den vorangegangenen Begrüßungsansprachen wurdeja deutlich, auf welch breite Resonanz dieses Thema trifft.Ich wünsche Ihnen für die vor Ihnen liegenden arbeitsreichen Tage einen fruchtbaren,wissenschaftlichen Austausch, viele ergebnisreiche persönliche Gespräche, die ja häufigden besonderen Wert großer Tagungen ausmachen und auch die Gelegenheit etwasvon den Vorzügen unserer 2000 Jahre alten Stadt zu genießen, auch wenn diese sicham Eröffnungstage ungewöhnlich kühl präsentiert.56


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteProf. Dr. Dr. med. Reinhard Urban, Dekan des FachbereichesMedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzSehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,meine sehr verehrten Damen und Herren,„die Arbeitsmedizin ist die medizinische, vorwiegend präventiv orientierteFachdisziplin, die sich mit der Untersuchung, Bewertung, Begutachtung undBeeinflussung der Wechselbeziehungen zwischen Anforderungen, Bedingungenund Organisation der Arbeit einerseits, sowie dem Menschen, seinerGesundheit, seiner Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit und seinen Krankheitenandererseits befasst.“ So das Kurzportrait Ihrer wissenschaftlichenGesellschaft, der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizine.V. (<strong>DGAUM</strong>).Wie lange können wir gesund arbeiten – wissenschaftliche Antworten derArbeitsmedizin – ist eines der Hauptthemen Ihrer Veranstaltung, der 47. WissenschaftlichenJahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizinund Umweltmedizin e.V. Zum 47. Mal eine Tagung, in der der Mensch in seinerArbeitswelt, in der er den überwiegenden Teil seines Lebens verbringt, imMittelpunkt wissenschaftlicher Untersuchungen und des wissenschaftlichenAustauschs mit dem Ziel der Verbesserung seiner Arbeitsbedingungen undder Vermeidung von hierdurch begünstigten Erkrankungen steht. Es könntekeinen besseren Tagungsort geben als Mainz mit einem Fachbereich Medizin,der gerade präventive Forschung und präventive medizinische Maßnahmenin einem seiner klinisch-wissenschaftlichen Schwerpunkte auf seineFahnen geschrieben hat.Ich freue mich sehr, Sie im Namen des Fachbereichs Medizin der JohannesGutenberg-Universität hier in der neu renovierten Rheingoldhalle in Mainzbegrüßen zu können. Der Fachbereich Medizin ist stolz und versteht es alsAnerkennung für eines seiner aktivsten Mitglieder im Schwerpunkt Prävention,Herrn Kollegen Letzel, dass Sie für Ihre diesjährige Tagung Mainz gewählthaben. Die Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin hat mit ihm die Forschungslandschaftan der Johannes Gutenberg-Universität aber auch weitüber diesen regionalen Aspekt hinaus entscheidend geprägt. Sie haben sich57


Eröffnungsveranstaltung - Grußworteein großes Programm vorgenommen. Ich bin überzeugt, dass Sie in IhrenPräsentationen und Diskussionen unmittelbar umsetzbare Erkenntnisse fürdie Menschen in den unterschiedlichsten Arbeitsprozessen erarbeiten werden.Ich wünsche allen Teilnehmern interessante, fruchtbare Diskussionen, dievon jedem Einzelnen erhofften Erkenntnisse und insbesondere auch einenangenehmen Aufenthalt in unserer traditionsreichen, schönen Stadt.Herzlich willkommen in Mainz!Univ.-Prof. Dr. Dr. R. UrbanDekan58


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteDr. med. Jürgen Hoffart, Hauptgeschäftsführer der LandesärztekammerRheinland-PfalzLieber Herr Letzel,liebe Frau Letzel,meine sehr geehrte Damen und Herren,liebe Kolleginnen und Kollegen.Ein herzliches Willkommen von der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz zu Ihrer Jahrestagungin Mainz.Trotz guter Infrastruktur haben wir leider in Mainz wenig medizinische Kongresse, Wiesbadendafür umso mehr mit z.B. Internistenkongress und Radiologen-Tagung. Wer dasVerhältnis Mainz-Wiesbaden - zumindest aus der Fastnacht - kennt, weiß, wie bedauerlichwir das finden.Umso mehr freue ich mich darüber, dass ein Bayer als Kongresspräsident den Kongressin Mainz veranstaltet.Obwohl: dieser Bayer ist in relativ kurzer Zeit in Mainz heimisch geworden und machtauch bei der Fassenacht richtig gut mit. Und das ist hier ein ganz wichtiger Gradmesser.Ich darf Sie aber schon jetzt auch sehr herzlich für 2009 nach Mainz einladen: wir werdenin wenigen Tagen den offiziellen Zuschlag für den Deutschen Ärztetag in diesemJahr erhalten.Liebe Kolleginnen und Kollegen,Die Bedeutung der Arbeitsmedizin wird leider oft verkannt und gerade von den Klinikernhäufig nicht richtig wahrgenommen. Dabei kommt ihr als eigenständige Säule des medizinischenVersorgungssystems – gerade unter den Gesichtspunkten der Prävention undbetrieblichen Gesundheitsförderung – eine wichtige Bedeutung im Gesundheitssystemunseres Landes zu.Auch die Umweltmedizin wird durch die Diskussionen über Feinstaub, Fluglärm - Mainzist eine Stadt, die hierunter besonders stark leidet -, Passivrauchen, Klima-Veränderungusw. sicher zunehmend wieder an Bedeutung gewinnen.Gerade auch deshalb freuen wir uns als Landesärztekammer sehr über die Durchführungdieses größten deutschsprachigen Kongresses für Arbeits- und Umweltmedizin inMainz59


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteDer Landesärztekammer ist ein besonderes Anliegen die qualifizierte und strukturierteWeiter- und Fortbildung. Die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizinist hier vorbildlich: so wurde das Kursbuch „Arbeitsmedizin“ als Grundlage für dietheoretischen Weiterbildungskurse durch eine Arbeitsgruppe zusammen mit den Leiternder arbeitsmedizinischen Akademien und dem Verband der Deutschen Betriebs- undWerksärzte vollständig überarbeitet und der Bundesärztekammer zur Verabschiedungvorgelegt.Wie ich von Herrn Letzel erfahren habe, ist diese Arbeitsgruppe derzeit auch damit beschäftigt,Grundlagen für eine strukturierte Fortbildung im Fach Arbeitsmedizin zu erarbeiten.Unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung begrüßt die Landesärztekammerauch diese Aktivitäten sehr.Zur weiteren Verankerung der Arbeitsmedizin in der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz wurde von Herrn Kollegen Letzel der Antrag auf die Bildung eines AusschussesArbeitsmedizin bei der Landesärztekammer gestellt, den wir sicher positiv entscheidenwerden, und Sie dürfen 3 x raten, wen wir bitten werden, den Vorsitz zu übernehmen.Sie sehen, dass Sie einen sehr aktiven Präsidenten gewählt haben, der aber nach demKongress wieder mehr Zeit hat, und das wollen wir für uns nutzen.Gestatten Sie mir zum Schluss noch ein paar Worte des Dankes:zunächst an alle, die bei der Vorbereitung dieses Kongresses mitgewirkt haben, essteckt immens viel Arbeit in einem solchen Projekt.Für die Landes- und die Bezirksärztekammer möchte ich die Gelegenheit nutzen und –auch wenn es der Kongress von Herrn Kollegen Letzel ist -, mich besonders herzlich beibeiden Letzels für ihre Arbeit im Interesse und zum Wohle der rheinland-pfälzischen Ärztekammerbedanken - eine Arbeit, um die sie selbst keinerlei Aufhebens machen.Lisa Letzel hat mit ihrer tatkräftigen Art die Ausbildung zur Arzthelferin reorganisiert undneu strukturiert. Sie hat sich damit zusammen mit anderen die Lehrer zwar zu erklärtenFeinden gemacht, nach deren Motto: "das haben wir schon immer so gemacht und bloßnichts ändern", aber wir sind sonst alle mit den Änderungen sehr zufrieden.Für all diese Arbeit sage ich unseren herzlichen Dank.60


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteSchon kurz nach seinem Arbeitbeginn in Mainz haben wir Stephan Letzel für die nichtimmer einfache Mitarbeit in der Ethikkommission der Landesärztekammer gewinnenkönnen. Er hat seine Arbeit so gut gemacht, dass er bald stellvertretender Vorsitzendergeworden ist, und es gibt immer noch Steigerungsmöglichkeiten. Für all diese zusätzlicheBelastung und Arbeit, mit der man sich nicht nur Freunde schafft, bedanke ich michganz herzlich.Es bleibt mir noch, Ihnen einen schönen Aufenthalt in Mainz zu wünschen, Mainz hat vielmehr als Karneval und den Rhein zu bieten. Und natürlich wünsche ich dem Präsidentenund allen Teilnehmern einen erfolgreichen Kongressverlauf.Vielen Dank für Ihre Geduld.61


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteDr. Joachim Breuer, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandesder gewerblichen Berufsgenossenschaften e.V.Meine sehr geehrten Damen und Herren,es ist mittlerweile eine gute Tradition, dass der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaftender Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin Grußwortezu Ihrer Jahrestagung überbringt. Darin spiegelt sich die große Verbundenheit zwischenUnfallversicherung und Arbeitsmedizin, die – bei durchaus unterschiedlicher Aufgabenstellung– doch auch eine Reihe gemeinsamer Interessen haben – vor allem natürlichdas große gemeinsame Interesse an einer gesunden Arbeitswelt, das Interesse, Bedingungenzu schaffen und zu erhalten, in denen die Menschen ihre Arbeit mit Gesundheitund Wohlbefinden bewältigen können.Mit dem Hauptthema „Wie lange können wir gesund arbeiten - Wissenschaftliche Antwortender Arbeitsmedizin“ greifen Sie ein wichtiges und hoch aktuelles Thema in IhrerTagung auf, das uns alle unter dem Stichwort „demografischer Wandel“ zunehmend beschäftigt.Aber nicht nur von der eher wissenschaftlich ausgerichteten Seite aus, von dersie als Fachgesellschaft dieses Thema angehen, ist hier Input gefordert, sondern auchvon Seiten der praktischen Anwendung in den Betrieben. Deshalb beziehen auch dieBerufsgenossenschaften und Unfallversicherungsträger dieses Thema verstärkt in ihrePräventionsarbeit mit ein.Der Hauptverband hat vor etwa zwei Jahren in seiner berufsgenossenschaftlichen Zentralefür Sicherheit und Gesundheit einen eigenen Stabsbereich eingerichtet, der sichschwerpunktmäßig mit dem Thema des demografischen Wandels befasst. Die Fragestellungerreicht zunehmend die Unternehmen, die sich immer mehr auf alternde Belegschafteneinstellen müssen. Dabei brauchen sie naturgemäß Unterstützung von Seitenunserer Prävention. Ob und wie ein Unternehmen mit der Frage alternder Belegschaftenumgeht, wird in absehbarer Zeit ein Wettbewerbsfaktor sein. Dieser Frage wollen undmüssen sich auch die Berufsgenossenschaften mit ihrer Beratungsfunktion für die Unternehmenstellen.62


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteIch möchte dieses Grußwort nutzen, um sie über den aktuellen Sachstand eines ganzanderen, nicht minder wichtigen Themas zu informieren: unsere Unfallverhütungsvorschrift„Arbeitsmedizinische Vorsorge (BGV A4). Wir wollten die Regelungen zur arbeitsmedizinischenVorsorge, die nach dem Inkrafttreten der novellierten Gefahrstoffverordnungzum Januar 2005 noch durch die BGen zu treffen sind - z.B. gefährdende Tätigkeitenwie der Arbeitsaufenthalt im Ausland - in einen Nachtrag zur Unfallverhütungsvorschrift„Grundsätze der Prävention“ (BGV A1) aufnehmen, um danach die BGV A4 dannaußer Kraft setzen zu können. Die Bundesländer und das BMAS forcieren allerdingsübereinstimmend eine eine andere Lösung: Sie wollen die Vorschriften zur arbeitsmedizinischenVorsorge in einer einheitlichen Rechtsverordnung konzentrieren. Eine mit demNachtrag zur BGV A 1 bezweckte Überführung notwendiger Inhalte der BGV A4 in dieBGV A1 lehnt das BMAS ab. Die fachlichen Vorarbeiten für die angestrebte einheitlicheRechtsverordnung des BMAS seien bereits weit fortgeschritten. Ein Entwurf der entsprechendenRechtsverordnung werde zügig erfolgen.Daher soll über eine Ergänzung der BGV A1 nach Auskunft des BMAS erst entschiedenwerden, wenn die staatliche Verordnung vorliege und erkennbar sei, ob es einer Ergänzungoder branchenbezogenen Konkretisierung der Verordnung durch Satzungsrecht derUnfallversicherungsträger bedarf. Nur bei einer deutlichen Verzögerung der Verordnungstellt das BMAS in Aussicht, einem zeitlich befristeten Nachtrag zur BGV A1 im Sinneeiner provisorischen Regelung zuzustimmen.Dies bedeutet, dass die BGV A 4 - insoweit sie den Regeln der Gefahrstoffverordnungnicht widerspricht - auch weiterhin in den Betrieben gilt. Wir dürfen also gespannt sein,wann und mit welchen Inhalten diese in Aussicht gestellte Rechtsverordnung zur arbeitsmedizinischenVorsorge durch das BMAS vorgelegt wird.Von Interesse für Sie dürfte sicherlich auch sein, dass wir die „BerufsgenossenschaftlichenGrundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen“, das standardisierteUntersuchungsinstrumentarium als anerkannte Regel in der arbeitsmedizinischen Vorsorge,im Ausschuss Arbeitsmedizin mit Vertretern der <strong>DGAUM</strong> und des VDBW überarbeiten,um sie im Herbst dieses Jahres neu herauszugeben.63


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteAbschließend erlauben Sie mir noch einen Hinweis in eigener Sache: Am heutigenNachmittag findet wieder das Arbeitsmedizinische Kolloquium des Hauptverbandes statt,zu dem ich Sie ganz herzlich einladen möchte.Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, wünsche Ihrer Jahrestagung einen guten underfolgreichen Verlauf, Ihnen allen eine informative Zeit und gute persönliche Begegnungen!64


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteDr. Albert Platz, Hauptgeschäftsführer des Landesverbands dergewerblichen Berufsgenossenschaften e.V.Meine sehr geehrten Damen und Herren,der hier vor Ort zuständige Landesverband der Unfallversicherungsträger hat gestern andieser Stelle sein Symposium zur „Zukunft der Gehöruntersuchung“ durchgeführt. Wervon Ihnen dabei war, wird festgestellt haben, wie sich Wissenschaft und Praxis ergänzenmüssen und eben auch in sehr guter Weise ergänzen können. Am Beispiel der Lärmpräventionbei Jugendlichen ist das besonders deutlich geworden.Wir sind deshalb sehr dankbar, dass wir in Mainz zur <strong>DGAUM</strong> hin und her kurze Wegehaben, und das bemisst sich nicht nur in glücklicherweise wenigen Kilometern, sondernauch und vor allem als eine gedanklich distanzfreie Zone.Die Praxis, die der Landesverband vielfältig zu vertreten hat, ist ja immer eine spezifischeSache – Sie wird vor Ort geleistet, hat regionale Aspekte und die Besonderheitenvon Branchen und Zielgruppen zu berücksichtigen. Die Wissenschaft, wie sie von der<strong>DGAUM</strong> gepflegt wird, hilft hingegen, über dem Spezifischen die Zusammenhänge nichtzu vergessen, vielmehr aus dem Zusammenhang, aus den Grundlagen heraus das Spezifischezu entwickeln. So gesehen, ist unsere Praxis in den Betrieben und mit den verschiedenenZielgruppen eine mit Ihnen geübte Wissenschaft, und die Zusammenarbeitmit der Wissenschaft wird für uns zur geübten Praxis.Herzlichen Dank insbesondere Ihnen, lieber Herr Prof. Letzel, dass wir in diesem Sinnegemeinsam unterwegs sind und gewiss noch manche Wegstrecke gemeinsam meisternwerden.65


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteProf. Dr. Brigitta Danuser, Präsidentin der Schweizerischen Gesellschaftfür ArbeitsmedizinSehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und KollegenIch möchte Ihnen zu Ihrer 47. wissenschaftlichen Jahrestagung im schönen Mainz diebesten Grüsse der Schweizerischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin SGARM überbringen.Die Arbeitsmedizin ist wie kaum eine andere medizinische Fachrichtung, eine Schnittstellenmedizin.Die Arbeit, der Arbeitsmarkt, die Ökonomie, die Gesellschaft mit ihren Wertenund Systemen ändern sich und wir sind mitten drin. Auch die, an diesem Kongressthematisierte Demografie verschiebt sich, die Sozialsysteme platzen aus allen Nähtenund von überall her ertönt der Ruf nach länger arbeiten, früh zurück zur Arbeit, ja sogarArbeit als Therapie. Auch wenn ich selbst überzeugt bin, dass Arbeit viele positiven Seitenhat, wie Strukturgebung, Identitätsstiftung, Selbstwertgefühlbildung, frage ich michdennoch, ob wir nicht dabei sind die Arbeit zum goldenen Kalb des beginnenden 21Jahrhunderts zu machen ohne die gesundheitsgefährdenden und peniblen Seiten derArbeit zu thematisieren und zu berücksichtigen. Eine Arbeit unter allen Bedingung: aufAbruf, ohne festen Kontrakt, dauernde Präsenz, hoher Rhythmus, mit steigender Verantwortungaber sinkender Kontrolle, Hauptsache man hat Arbeit.Die Arbeitsmedizin ist gezwungen diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Ihr, inDeutschland, wir in der Schweiz, sind mitten in einem Neuorientierungsprozess; arbeitsassoziierteErkrankungen, Burnout, Interventionsprogramme auch auf psychosozialerEbene, neue fragile Gruppen wie ältere Arbeitnehmer und fremde Kulturansprüche beschäftigenuns heute. Gerade in solchen Zeiten ist es wichtig, dass wir den Austauschsuchen und pflegen. In diesem Sinne und in der Hoffnung auf eine verstärkte Zusammenarbeitwünscht Ihnen die SGARM eine stimulierende Tagung mit nachhaltigen Auswirkungenfür die Praxis.66


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteDr. med. Wolfgang Panter, Präsident des Verbandes DeutscherBetriebs- und Werksärzte e.V.Sehr geehrter Herr Präsident,sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,meine sehr verehrten Damen und Herren,in meiner Zeit als Präsident des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte war undist es mir immer eine große Freude, bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaftfür Arbeits- und Umweltmedizin das Grußwort aus Sicht des Berufsverbandes zu sprechen.Für Sie, lieber Herr Präsident Letzel, in diesem Jahr eine besondere Aufgabe, indem Sie neben der Präsidentschaft <strong>DGAUM</strong> auch die Tagungspräsidentschaft für diediesjährige Tagung übernommen haben. In diesem Jahr der Zusammenarbeit mit Ihnenund Ihrem neu gewählten Vorstand haben wir viele Themen gemeinsam anpacken können.Ein ganz wichtiges Thema - wir sind gerade in der Endabstimmung – sind die Leitlinienarbeitsmedizinischer Vorsorge. Ich bin sehr froh, lieber Herr Letzel, dass wir diesesThema gemeinsam bei unserer Herbsttagung in Würzburg anschieben konnten, weil diessicherlich für die Weiterentwicklung der Arbeitsmedizin von wesentlicher Bedeutung ist.Besonders wichtig ist sicher hier die Feststellung, dass arbeitsmedizinische Vorsorge vielmehr ist als die reine körperliche Untersuchung, auf die wir manchmal reduziert werdensollen. Ich bin Ihnen und Ihrem Vorstand sehr dankbar, dass wir diesen ganzheitlichenAnsatz - gemeinsam - vertreten. Das zentrale Ziel, das hinter der arbeitsmedizinischenVorsorge steht, ist die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit durch Prävention und Gesundheitsförderung.Gerade, dass wir dieses in besonderer Weise in unserer Leitlinieheraus gearbeitet haben aber auch die notwendigen Instrumentarien verdeutlicht haben,ist ein ganzes Stück wichtiger Zukunftsentwicklung, aber auch Zukunftssicherung derArbeitsmedizin. Dieses Thema „Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit“ ist vor dem demografischenWandel aber auch der Verlängerung der Lebensarbeitszeit wichtig. DieArbeitsmediziner können wesentlich dazu beitragen, dass für ältere Mitarbeiter flexibleLösungen gefunden werden. Was brauchen wir?Wir brauchen keine starre Fixierung auf die Rente mit 67 – sondern wir brauchen Lebensarbeitszeitkonten,in denen Mitarbeiter zum Beispiel einen Teil von Überstundeneinbringen können, um möglicherweise früher oder auch anders ausscheiden zu können.Wir brauchen gerade in diesem Zusammenhang die Beratung durch Betriebsärzte, die67


Eröffnungsveranstaltung - Grußwortesowohl mit Unternehmen als auch Mitarbeitern zur Seite stehen, wenn es um die Gestaltungder Arbeitsbedingungen aber auch um die Gestaltung der persönlichen Lebensbedingungengeht. In diesem Zusammenhang brauchen wir eine begleitende Forschung.Wir brauchen die Evaluation von Maßnahmenbündeln.Wir brauchen aber auch die Antwort auf die Frage: Was ist besonders effektiv in derPrävention? Die wissenschaftliche Arbeitsmedizin muss sich meiner Meinung nach diesemThema ganz besonders stellen und Forschungsgeber sind aus meiner Sicht aufzufordern,dieses Thema durch eine Intensivierung der Begleitforschung voranzubringen.Neben dem Thema Rente ist aber auch das Thema Gesundheitsreform immer noch vonwesentlicher Bedeutung. Mittelfristig werden wir zu anderen Versorgungsformen kommen,wo auch für die Arbeitsmedizin bestehen hier durchaus Chancen, sich zum Beispielin medizinische Versorgungszentren einzubringen. Einzubringen dadurch, dass die fachlichenAspekte der Arbeitstätigkeit und der Beschäftigungsfähigkeit mit eingebracht werden.Zum anderen aber auch im fachlichen Dialog mit unseren Kollegen aus anderenDisziplinen. Ich glaube, diese neue Formen können für die Arbeitsmedizin eine wichtigeBereicherung darstellen und wir sollten aufgeschlossen sein und keine Berührungsängstehaben. Mit großer Sorge sehen wir als Betriebsärzte die derzeitige Diskussion zumThema Einsatzzeiten. Wir haben unsere Position gegenüber dem Hauptverband deutlichgemacht. Wir haben in den Gremien der Bundesärztekammer mit allen Fachleuten intensivauch über dieses Thema diskutiert. Ich bin der Bundesärztekammer ganz besondersdankbar, dass sie die Ideen und Gedanken, die wir in unserem Positionspapier ausgedrückthaben, gegenüber dem HVBG noch einmal verdeutlicht hat. In diesem Zusammenhangist glaube ich ist ein Punkt von ganz besonderer Wichtigkeit: Wenn wir überSicherung der Beschäftigungsfähigkeit und Gesundheitsförderung sprechen und diesuns ein ernstes Anliegen ist, dann brauchen wir auch die Festlegung von Einsatzzeiten.Wir waren als Verband immer skeptisch zu einer Fixierung, in Minuten oder Stunden.Klar muss auch sein, wenn es uns ernst ist, brauchen wir ein unteres Niveau für dieDurchführung von arbeitsmedizinischer Vorsorge im Betrieb. Die kriminellen Machenschaftenum das Betriebsarztzentrum in Recklinghausen machen noch einmal einesdeutlich: Wir brauchen eine untere Fixierung, wir brauchen aber auch eine effektive Kontrolle– und hier glaube ich – gibt es erheblichen Handlungsbedarf.68


Eröffnungsveranstaltung - GrußworteLiebe Kolleginnen und Kollegen,bei der Durchsicht des Tagungsprogramms hier in Mainz ist für mich noch einmal deutlichgeworden, welche Breite die Arbeitsmedizin hat, aber auch, welch hohen wissenschaftlichenStandard sie bedarf. Dabei zeigt sich nochmals die Wichtigkeit der Dualitätzwischen Berufsverband und <strong>DGAUM</strong>. Die Vergangenheit zeigt aber auch, wie wichtiges ist, dass wir gemeinsam Strategien entwickeln. Daher möchte ich mich von dieserStelle aus, bei Ihnen lieber Herr Letzel und Ihrem Vorstand ganz herzlich bedanken fürdie hervorragende Zusammenarbeit in dem abgelaufenen Jahr Ihrer Amtsperiode.Ich wünsche Ihnen, lieber Herr Letzel, ein gutes Gelingen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.69


EhrungenEhrungenVerleihung des E.W. Baader-Preises <strong>2007</strong>An Frau Dr. med. Susanne Völter-Mahlknecht, MainzUniv.-Prof. Dr. med. Dr. h.c. Gerhard LehnertStiftungsvorstand der E.W. Baader-StiftungLiebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,der E. W. Baader-Preis <strong>2007</strong> wird heute verliehen anFrau Dr. med. Susanne Völter-Mahlknechtfür ihre Habilitationsschrift für das Fach Arbeits-, Sozial- und UmweltmedizinUntersuchungen zur Pathogenese und Präventiondes Vibrationsbedingten Vasospastischen Syndroms (VVS).Der Preis ist auch in diesem Jahr mit 10.000,00 € dotiert.Frau Dr. Völter-Mahlknecht ist seit 2001 am Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizinder Johannes Gutenberg Universität in Mainz tätig und seit 2003 dessen Oberärztin.Sie ist Fachärztin für Arbeitsmedizin sowie Haut- und Geschlechtskrankheiten.Die Vergabekommission begründet ihre Entscheidung folgendermaßen:Die Habilitationsschrift hatte zum Ziel, die gegenwärtigen Möglichkeiten und neuen Ansätzefür eine Prävention der Berufskrankheit „Vibrationsbedingtes VasospastischesSyndrom“ aufzuzeigen. Hierzu wurden Daten von 317 Personen mit einem als Berufskrankheitanerkannten VVS bezüglich der Vibrationsbelastung, der Beschwerdesymptomatik,des speziellen Krankheitsverlaufs, der diagnostischen Verfahren sowie sozialmedizinischerund versicherungsrechtlicher Gesichtspunkte erhoben und ausgewertet. Zudemwurden an einem Subkollektiv von 43 Personen molekulargenetische Untersuchungendurchgeführt.Neu und besonders preiswürdig ist die von Frau Völter-Mahlknecht gestellte Frage nachder Bedeutung epigenetischer Regulatoren für die Funktion gefäßassoziierter respektiveinnervationsassoziierter Gene und dabei im Falle des VVS nach auftretenden Polymorphismen,letztlich also nach der Erkennung von Risikoprofilen.70


EhrungenDas Gefäßendothel ist durch Freisetzen einer großen Zahl vasodilatativ wirkender Substanzen- wie Stickstoffmonoxid - sowie vasokonstriktiver Stoffe an der Regulierung desGefäßtonus und des Blutdurchflusses beteiligt. Als epigenetisch modulierend gelten dabeiheute die sog. Sirtuine, wobei dem Sirtuin Sirt1 eine Schlüsselrolle zugeschriebenwird. Es gibt nun Anhaltspunkte dafür, dass das VVS durch eine verminderte Empfindlichkeitder Gefäße auf NO bedingt ist und dabei Sirtuine in den Wirkungsmechanismuseingreifen. Mit diesem Konzept hat Frau Völter-Mahlknecht einen Anstoß zu einer fürunser Fach neuen Forschungsrichtung zur Regulation des Gefäßtonus und zur Pathogenesedes VVS auf molekularer Ebene gegeben. Zwar konnten VVS-relevante Polymorphismenbisher noch nicht nachgewiesen werden, weitere Untersuchungen stehenjedoch an.Ich freue mich, Ihnen, Frau Kollegin Völter-Mahlknecht, den Preis jetzt überreichen zukönnen.71


EhrungenFranz-Koelsch-MedailleVerleihung an Prof. Dr. Ernst Hallier, GöttingenUniv.-Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. Stephan LetzelPräsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V.Anlässlich des 90. Geburtstags von Prof. Dr. med. Franz Koelsch, dem Nestor der deutschenArbeitsmedizin, stiftete die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin 1967 dieFranz-Koelsch-Medaille.Seitdem wird die Franz-Koelsch-Medaille an Ärzte verliehen, die sich durch besondereLeistungen auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin ausgezeichnet haben.In diesem Jahr wird die Franz-Koelsch-Medallie an Herrn Prof. Dr. Ernst Hallier, Leiterdes Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Göttingen, für seine besonderenVerdienste für die Arbeitsmedizin zu verliehen.Erlauben Sie mir diese Auszeichnung kurz zu begründen:Nach seinem Medizinstudium und der nachfolgenden Ableistung des Wehrdienstes promovierteErnst Hallier an der Abteilung Toxikologie der Universität Mainz bei HermannBolt mit einem experimentellen Thema zur Toxikokinetik von Aceton.Nach seiner internistischen Weiterbildung kam er als Facharzt für innere Medizin an dasInstitut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund. Er absolvierte dort unter JosephRutenfranz und Gerd Wenzel seine arbeitsmedizinische Weiterbildung und übernahmdie Leitung der Zentralen Einrichtung Klinische Arbeitsmedizin des Instituts.Gemeinsam mit Hermann Bolt arbeitete er dort zunächst an Fragen der Toxikologie vonHalogenkohlenwasserstoffen und dem Enzympolymorphismus der Glutathiontransferase.Entsprechende Arbeiten, die z.T. gemeinsam mit der Arbeitsgruppe von Brian Ketterer inLondon entstanden sind, zählen bis heute zu den Zitationsklassikern in der internationalenLiteratur.Nachfolgend konzentrierte sich Ernst Hallier auf das Arbeitsfeld genetischer Enzympolymorphismenim Bereich der Arbeitsmedizin und hablitierte sich 1996 mit der Arbeit „ArbeitsmedizinischeUntersuchungen zur Problematik der Durchführung von Begasungenmit Methylbromid“ an der Ruhr-Universität Bochum.72


EhrungenEs folgte die Berufung auf den arbeitsmedizinischen Lehrstuhl der Universität Göttingen,wo es ihm gelang, ein wissenschaftlich schlagkräftiges junges Team heranzuziehen undzu motivieren. Es erschienen seitdem zahlreiche Arbeiten, die eine Spannbreite bedecken,die von der arbeitsmedizinischen Toxikogenetik über die Gentoxizität von Arbeitsstoffen,die arbeitsmedizinische Bewertung biologischer Gefahrenprinzipien, arbeitsmedizinisch-klinischausgerichtete Arbeiten, bis zu Grundlagenuntersuchungen in der arbeitsmedizinischenAllergologie reichen.Seit seiner Dortmunder Zeit ist Ernst Hallier in wissenschaftlichen Gremien aktiv. Von1986 bis 1996 führte er das Sekretariat des seinerzeitigen Unterausschusses III „Arbeitsmedizin“des Ausschusses für Gefahrstoffe. Die Berufung nach Göttingen brachteeine erhebliche Ausweitung von Tätigkeiten in arbeitsmedizinisch wichtigen Gremien, sohat er u.a. in der MAK-Kommission die Leitung der „Arbeitsgruppe Aufstellung vonGrenzwerten für Stäube“ sowie die Leitung des ärztlichen Sachverständigenrats Berufskrankheitenbeim Bundesministerium für Arbeit und Soziales übernommen. Zusätzlich istErnst Hallier sowohl in der universitären Selbstverwaltung der Universität Göttingen alsauch in vielen Bereichen der Arbeitsmedizin sehr aktiv.Lieber Ernst Hallier als Anerkennung und Dank für Deine vielseitigen Aktivitäten für dieArbeitsmedizin macht es mir eine besondere Freude Dir hier in Mainz, wo Deine wissenschaftlicheLaufbahn begann, die Franz-Koelsch-Medaille überreichen zu dürfen.73


EhrungenInnovationspreis der <strong>DGAUM</strong> <strong>2007</strong>Verleihung an das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizinder Universität Erlangen stellvertretend an die HerrenKollegen Drexler, Anger und SchallerDer Innovationspreis der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizinwird an Einzelpersonen, Gruppen von Personen und Institutionen verliehen, die durchinnovative Leistungen in Forschung, Lehre oder Weiter- und Fortbildung einen wesentlichenBeitrag zur Entwicklung des Fachgebietes geleistet haben.Der diesjährige Preisträger ist dasToxikologische Labor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizinder Universität Erlangenund hier stellvertretend die HerrnProf. Dr. Hans Drexler, Prof. Dr. Jürgen Angerer und last but not leastHerr Diplom Chemiker Karl Heinz SchallerErlauben Sie mir auch hier eine kurze Begründung der Preisverleihung:Mitarbeiter des Erlanger Labors haben weltweit beachtete wissenschaftliche Arbeiteninsbesondere zum Biomonitoring durchgeführt und veröffentlicht, sowie hierzu allgemeinanerkannte Standards entwickelt. Das Erlanger Institut kann in Deutschland, wenn nichtsogar weltweit, als die „Mutter“ des Biomonitorings bezeichnet werden. Zwischenzeitlichgibt es natürlich viele „Kinder“ und „Enkelkinder“ an anderen arbeitsmedizinischen Einrichtungen,die zusammen mit den Mitarbeiter des Erlanger Instituts dazu beitragen,dass ein qualitätsgesichertes Instrumentarium zur Verfügung steht, um die interne Belastungbei einer Schadstoffexposition valide zu erfassen und zu bewerten.Mit dem Biomonitoring wurde in Erlangen ein Verfahren entwickelt und etabliert, das einenentscheidenden und innovativen Beitrag zur Primär- und Sekundärprävention beiSchadstoffexposition leistet.Es freut mich besonders den diesjährigen Innovationspreis stellvertretend für alle, diesich in den letzten Jahrzehnten für das Biomonitoring in Erlangen eingesetzt haben, einerGruppe aus einem Mediziner und zwei Chemikern zu verleihen. Damit soll nach jahrelangenDiskussionen auch demonstriert werden, dass es die Deutsche Gesellschaft fürArbeitsmedizin und Umweltmedizin mit der Integration von Nichtmedizinern in die Gesellschafternst meint.74


EhrungenJoseph-Rutenfranz-MedailleVerleihung an Prof. Dr. Klaus Scheuch, DresdenDie Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin hat zum Gedenken anden um die Entwicklung und Förderung der Arbeitsphysiologie hochverdienten, 1989verstorbenen Professor Dr. med. Dr. phil. Joseph Rutenfranz eine Medaille gestiftet.Die Joseph-Rutenfranz-Medaille wird an Wissenschaftler verliehen, die sich durch besondereLeistungen oder Verdienste auf dem Gebiet der Arbeitsphysiologie als einembedeutenden Teil der Arbeitsmedizin verdient gemacht haben.In diesem Jahr wird die Joseph-Rutenfranz-Medallie an Herrn Prof. Dr. Klaus Scheuch,Leiter des Instituts für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Dresden, für seine besonderenVerdienste für die Arbeitsphysiologie zu verleihen.Erlauben Sie mir diese Auszeichnung kurz zu begründen:Bereits früh erkannte Klaus Scheuch den wichtigen Einfluss von phsiologischen und psychologischenFaktoren auf die Erwerbs- und Leistungsfähigkeit im Arbeitsleben. So habilitierteer sich 1978 mit dem Thema „Psychophysiologische Untersuchungen zur Erfassungder Stresssensibilität – experimentelle Studie als ein Beitrag zur Eignungsdiagnostik“an der Universität Leipzig.Der wissenschaftliche Schwerpunkt in der Arbeit von Klaus Scheuch liegt seit vielen Jahrenin psychophysiologischen Fragestellungen, insbesondere zu Leistungs- und Beschäftigungsfähigkeit,Stress und Lehrergesundheit. Zudem zählen Fragestellungen der Gesundheitsförderungund die Auswirkungen von Lärm auf die Gesundheit zu seinem Arbeitsgebiet.Maßgeblich hat sich Klaus Scheuch auch in den letzten Jahren darum gekümmert, dassdie Arbeitsphysiologie als wichtiger Bestandteil der deutschen Arbeitsmedizin erhaltenund gefördert wird. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an seine aktive Mitarbeit inder Arbeitsgruppe Arbeitsphysiologie der <strong>DGAUM</strong> und bei den entsprechenden Nachwuchssymposien.Lieber Klaus Scheuch als Anerkennung und Dank für Deine vielseitigen Aktivitäten fürdie Arbeitsphysiologie macht es mir eine besondere Freude Dir die Joseph-Rutenfranz-Medaille überreichen zu dürfen.75


Einleitung zu den HauptthemenWie lange können wir gesund arbeiten? – WissenschaftlicheAntworten der ArbeitsmedizinProf. Dr. med. Thomas KrausInstitut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH AachenDie Frage, wie lang ein Mensch gesund arbeiten kann, fordert primär eine Antwort, diemit einer Zahl gegeben werden könnte. Im Folgenden wird dargelegt, dass diese Fragestellungdifferenziert angegangen werden muss und einfache Antworten, z.B. i.S. einerAltersangabe nicht gegeben werden können. Im Rahmen des demographischen Wandelswird es zu einer signifikanten Änderung der Altersstruktur in Deutschland kommen.Nach den Prognosen des statistischen Bundesamtes (2003) ist davon auszugehen, dassim Jahr 2050 der Häufigkeitsgipfel der Altersverteilung sowohl bei Männern als auch beiFrauen um das 60. Lebensjahr liegen wird. Diese allgemeine Entwicklung wirkt sichselbstverständlich auch auf die Altersstruktur in den Betrieben aus. Während der Anteilder 20- bis 34-jährigen im Jahr 2000 noch bei 32 % in der Bevölkerung im Erwerbsalterlag, wird er bis 2050 voraussichtlich auf 30 % absinken. Der Anteil der 35- bis 49-jährigen wird von 38 % im Jahr 2000 auf 33 % im Jahr 2050 sinken, der Anteil der 50- bis64-jährigen wird von 30 % im Jahr 2000 auf 37 % im Jahr 2050 steigen (StatistischesBundesamt, 2003). Dadurch kommt es zu einer deutlichen Rechtsverschiebung inHäufigkeitsgipfeln der Altersgruppen in zahlreichen Betrieben. Dieser Demographie-Einfluss ist zum Teil bereits jetzt spürbar und wird sich auch schon in den kommenden 5bis 10 Jahren deutlich verstärken. International beobachtet man daher auch wieder eineZunahme der Beschäftigungsquoten der 55- bis 64-jährigen. Diese Zunahme derBeschäftigungsquote ist allerdings in den Ländern sehr unterschiedlich ausgeprägt. InDeutschland liegt die Beschäftigungsquote der 55- bis 64-jährigen im Jahr 2004 bei 39,8% und nahm im Zeitraum von 1995 bis 2004 um 1,8 % zu. In anderen Ländern wiebeispielsweise Finnland (Quote 51,0 %, plus 16,6 %) oder auch Dänemark (Quote 61,8%, plus 12,5 %) lag der Anteil der älteren Arbeitnehmer allerdings deutlich höher undauch die Zuwachsraten waren deutlich stärker ausgeprägt (Bertelsmannstiftung, 2006).Im Rahmen des allgemein zu beobachtenden Strukturwandels der Arbeitswelt ist zuprüfen, inwiefern ältere Arbeitnehmer den Anforderungen der modernen Arbeitswelt gewachsensind. Allgemein ist tendenziell zu beobachten, dass Arbeitsplätze mit körperlicherSchwerarbeit nicht mehr so häufig vorkommen, während die Komplexizität der Arbeitsanforderungenund die psychomentalen Belastungen eher zunehmen. Bei aller76


Einleitung zu den HauptthemenDiskussion um Belastungen und Beanspruchungen durch die Arbeitswelt ist allerdingsder salutogene Faktor der Arbeit nicht zu vernachlässigen. Eine Umfrage im Rahmendes Projekts „Initiative gesunde Arbeit“ aus dem Jahre 2005 (Bödeker und Dragano,2005) ist zu entnehmen, dass mit zunehmendem Alter die Anerkennung, die durch Arbeiterzielt wird, zunehmend bedeutsam wird. Immerhin äußern 90 % der Befragten imAlter zwischen 60 und 65 Jahren, dass die Arbeit Anerkennung bringt. Bei der gleichenUmfrage äußerten 94 % dieser Altersgruppe, dass die Arbeit sie fit halte. Auch hier wirddieser Aspekt mit zunehmendem Alter häufiger als zutreffend beantwortet. Gleichwohl istselbstverständlich bekannt, dass bestimmte Arbeitsplätze auch heute noch mit Unfallrisikenvergesellschaftet sind und auch heute noch das Risiko arbeitsbedingter Erkrankungenoder Berufskrankheiten an Arbeitsplätzen zu erleiden, nicht vernachlässigtwerden darf. Durch außergewöhnliche Leistungen in der Verbesserung präventiverMaßnahmen auf allen Ebenen konnte in vielen Branchen das Unfallrisiko signifikant gesenktwerden und die Zahl der Berufskrankheiten in einigen Bereichen deutlich gesenktwerden.Aktuell stellt sich allerdings die Frage, ob die Belastungen und Beanspruchungen desBerufslebens es erlauben auch länger als bisher zu arbeiten. Unter dem Schlagwort„Rente mit 67“ findet diesbezüglich eine kontroverse Diskussion statt. Von Seiten derPolitik wurde mittlerweile beschlossen, das Rentenalter stufenweise auf das 67. Lebensjahrzu erhöhen. Welche Problemfelder sind diesbezüglich zu berücksichtigen? Wirstehen vor der Situation, dass ältere Arbeitnehmer häufig mit Vorurteilen über Leistungsdefizitekonfrontiert werden und dies dazu führt, dass ältere Arbeitnehmer nicht entsprechendihrer Stärken und Schwächen eingesetzt werden. Gleichzeitig ist als Kontrapunktzur Rente mit 67 nach wie vor in zahlreichen Unternehmen die Frühverrentung als typischeStrategie der Personalpolitik zu beobachten. Damit gehen den Unternehmen wertvollesknow how und Erfahrung verloren. Weiterhin konzentrieren sich nach wie vor vieleWeiterbildungsaktivitäten ausschließlich auf die Zielgruppe der Jüngeren, wodurch dasWissen und die Qualifikation älterer Arbeitnehmer stagnieren oder veralten. Als Ausdruckvon Intergenerationenkonflikten basierend auf Vorurteilen zwischen Jüngeren undÄlteren, ist ein Mangel an Zusammenarbeit und ein gehemmter Wissenstransfer evident.Insgesamt führt eine jungendzentrierte Innovationspolitik dazu, dass die Kompetenz unddie Kreativität älterer Arbeitnehmer viel zu selten für Innovationen genutzt werden.77


Einleitung zu den HauptthemenWelche wissenschaftlichen Erkenntnisse gibt es nun über Leistungspotential bzw. Leistungsdefiziteälterer Arbeitnehmer? Diesbezüglich soll daraufhin gewiesen werden, dassschon vor mehr als 30 Jahren Arbeitsmediziner dazu wissenschaftliche Studien durchgeführthaben. Beispielhaft sei eine Arbeit von Hildebrandt et al. aus dem Jahre 1974 erwähnt.In Zusammenarbeit mit Rohmert und Rutenfranz wurde der Einfluss des Lebensaltersauf die Häufigkeit von Fehlleistungen beim Triebfahrzeugpersonal der DeutschenBundesbahn untersucht. Als Indikatoren für Fehlleistungen wurden Zwangsbremsungenund Warnhubsignale ausgewertet. Es stellte sich heraus, dass nur eine geringe und statistischnicht hinreichend gesicherte Zunahme der Fehlleistungshäufigkeit mit dem Lebensaltergefunden wurde. Bei der Interpretation der Ergebnisse wiesen die Autoren daraufhin, dass als Ursache des geringen Alterseinflusses auf die Fehlleistungshäufigkeitzum einen die Auslesewirkung vorzeitiger Pensionierungen eine Rolle spielen könnteund zum anderen eine nachweisbare inoffizielle Berücksichtigung des Lebensalters beider Gestaltung der praktisch durchgeführten Dienstpläne. Insofern scheinen bereitsdamals bestimmte Selektionsmechanismen eine Rolle gespielt zu haben.Welche altersbedingten Leistungsveränderungen werden in der Literatur beschrieben?Grundsätzlich sind verallgemeinernde Aussagen problematisch. Tendenziell nehmen mitzunehmendem Alter aber die körperliche Leistungsfähigkeit und die physische Gesundheit,das Hör- und Sehvermögen, teilweise die Lernfähigkeit, die Flexibilität und dieReaktionsfähigkeit eher ab. So ist unzweifelhaft bekannt, dass die statische Maximalkraftihr Maximum sowohl bei Männern als auch bei Frauen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahraufweist und dann mit zunehmendem Alter sukzessive auf ca. 65 % (Männer)bzw. 40 % (Frauen) der Maximalkraft von Männern abnimmt. Dies hat unter anderemauch Ausdruck gefunden in das Regelwerk über das Heben und Tragen an Arbeitsplätzen,wobei sowohl geschlechtsspezifische als auch altersspezifische Maximalwerteangegeben werden. Diese Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit ist allerdingsnicht ausschließlich schicksals-bedingt, sondern durchaus auch zu beeinflussen, wieauch zahlreiche Beispiele aus anderen Kulturkreisen immer wieder zeigen. In einigenwissenschaftlichen Studien konnte schon vor längerem nachgewiesen werden, dass ein8-wöchiges Training der Unterschenkelstreckmuskulatur beispielsweise bei 87- bis 96-jährigen Personen noch zu einem signifikanten Trainingseffekt führt (Fiotarone et al.,78


Einleitung zu den Hauptthemen1990). Neben diesen somit teilweise kompensierbaren Leistungsminderungen sind aberauch die Vorteile älterer Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Dazu zählt z.B. der hoheGrad an betriebsspezifischem Wissen, Besonnenheit, Betriebstreue, bessere Urteilsfähigkeit,höhere Zuverlässigkeit, höhere Arbeitssorgfalt und vermehrtes Qualitätsbewusstsein.Eher unverändert mit dem Alter verbleiben kristalline Intelligenz, die Fähigkeitzum zielorientierten planvollen Handeln, zum Systemdenken, die Kreativität, die Kooperations-und Kommunikationsfähigkeit (Übersichten z.B. Hallsten, 1996; Kilbom undTorgen, 1996, Richter et al., 1996, Buck et al., 2002 ). Die Problematik des demographischenWandels kann im Unternehmen durch interdisziplinäre Anstrengungen durchausbewältigt werden. Einen Ansatzpunkt stellt hierbei die Verhältnisprävention dar,z.B. die Reduzierung hoher körperlicher Belastungen, angepasste Pausenregelungendurch zusätzliche Kurzpausen, kurz- und langfristige Belastungswechsel durch Aufgabenrotation,gegebenenfalls optimierte ergonomische Arbeitsplatzgestaltungen, gegebenenfallsdie Reduzierung von Nacht- und Schichtarbeit sowie eine altersgerechte Aufgabengestaltungdar. Dazu gehören für ältere Arbeitnehmer bevorzugt Aufgaben, dieschon bekannt sind, bei denen Erfahrung erforderlich ist, bei deren Erfüllung Kenntnisüber betriebliche Abläufe vorausgesetzt werden, autonom zu bearbeitende Aufgaben imHinblick auf Pensum, Rhythmus und Ablauf sowie Aufgaben mit sozialen Kompetenzen.Ein häufiges Vorurteil gegenüber älteren Arbeitnehmern sind die postulierten höherenFehlzeiten. In der Tat ist festzustellen, dass die Fehlzeiten durch Krankheit in Abhängigkeitvom Lebensalter zunehmen, dies liegt allerdings nicht an häufigeren Krankheiten,sondern daran, dass ältere Arbeitnehmer, wenn sie erkranken, länger krank sind unddamit eine höhere Anzahl von Krankheitstagen aufweisen.Aufgrund der demographischen Entwicklung nimmt der Anteil chronisch Kranker an denErwerbstätigen in den nächsten Jahren zu. Gleichzeitig ist bedeutsam, dass zahlreichehäufige Erkrankungen wie z.B. Typ 2 Diabetes, koronare Herzerkrankung, Schlaganfalloder Darmkrebs zu 70-90 % durch geeignete Präventionsmaßnahmen vermeidbar sind(Willet, 2002). Im Rahmen der Verhaltensprävention ist die Vermittlung von Wissenbezüglich der Beeinflussbarkeit der eigenen Gesundheit und Fitness wichtig. Es mussdie Bedeutung eines gesundheitsorientierten Handelns für die Lebensqualität und den79


Einleitung zu den Hauptthemenmöglichen Pflegebedarf betont werden und eine Gleichwertigkeit der „körperliche Altersvorsorge“neben der „finanziellen Altersvorsorge“ bereits in jungen Jahren vermittelt werden.Die Arbeitsmedizin kann dabei als Schlüssel der Präventivmedizin dienen. Sie hat überden Setting Betrieb über eine Lebenszeitspanne von bis zu 40 Jahren Zugang zu ca. 39Millionen Erwerbstätigen und kann damit präventive Maßnahmen gezielt gruppenspezifischausgerichtet und effizient vermitteln. Wichtige Aufgaben der Arbeitsmedizin in derVerhaltensprävention sind z.B. die Senkung der altersbezogenen Häufigkeit chronischerErkrankungen, die Verhinderung oder Verzögerung einer Chronifizierung durch betrieblicheGesundheitsförderung, die Gestaltung des beruflichen Einsatzes und der Leistungsbedingungenälterer und chronisch kranker Arbeitnehmer so, dass aus ihrerlängeren beruflichen Tätigkeit weder vermehrte Ausfallzeiten noch eine gesundheitsbezogeneLeistungsminderung resultiert und eine Begrenzung von Frühberentungen vonErwerbsunfähigkeit. Erkrankungen die dabei besonders im Focus stehen sind degenerativeErkrankungen des Bewegungsapparats, psychosomatische/psychiatrische Erkrankungen,Herz-Kreislauferkrankungen, der Prävention zugängliche Krebserkrankungenund chronische Bronchitis und chronische obstruktive Atemwegserkrankungen (Letzelet al, <strong>2007</strong>).Handlungsfelder mit dieser Zielsetzung sind für die Arbeitsmedizin also das Erkennenvon Risikofaktoren, die Aufklärung über Risikofaktoren, die Früherkennung von Erkrankungen,die Stärkung der Gesundheitskompetenz gesunder und chronisch kranker Mitarbeiterund insbesondere auch die Einbindung leistungsgewandelter Beschäftigter(Wiedereingliederungsmanagement). Es ist selbstverständlich und natürliche Konsequenzdieses Aufgabenspektrums, dass dazu neben medizinischer Kompetenz auchobligat Kenntnisse über die jeweiligen Arbeitsplätze vorliegen müssen. Diese Voraussetzungenerfüllen daher insbesondere Arbeits- und Betriebsmediziner.Grundsätzlich ist allerdings bei der Etablierung präventiver und gesundheitsfördernderMaßnahmen für ältere Arbeitnehmer zu beachten, dass eine differenzierte Betrachtungsweiseerfolgt. Im Alter ist die Streubreite der Leistungsfähigkeit erheblich undpauschale Rückschlüsse auf das Leistungsvermögen sind nicht möglich. Mit dem Arbeitsbewältigungsindex(WAI, u.a. Ilmarinen und Tempel, 2002) konnte bei altersabhängigerAuswertung gezeigt werden, dass ältere Arbeitnehmer zum Teil einen deutlich besserenArbeitsbewältigungsindex als jüngere Arbeitnehmer aufweisen. Insofern ist eine80


Einleitung zu den Hauptthemenindividuelle Betrachtungsweise obligat. Für eine intraindividuelle Aussage ist der Arbeitsbewältigungsindexeventuell ein sinnvolles Instrument bei der Begleitung des demographischenWandels. Da für den Arbeitsbewältigungsindex altersspezifische Referenzwertevorliegen kann intraindividuell im zeitlichen Verlauf bei Abweichen von demjeweiligen Referenzwert eine Indikation für Interventionsmaßnahmen im Betrieb gezogenwerden.Selbstverständlich kann der demographische Wandel im Unternehmen nicht allein durchmedizinische Kompetenz bewältigt und begleitet werden. Vielmehr bedarf es einerentsprechenden Unternehmenskultur, eines entsprechenden Führungsverhaltens undeiner engen Kooperation mit dem Personalmanagement. Von Seiten der Arbeitsmedizinkann allerdings in enger Kooperation mit diesen Bereichen und einer entsprechendenBeratung arbeitsmedizinische Kompetenz einen wichtigen Beitrag leisten.Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Defizitmodell im Alter wissenschaftlicheindeutig überholt ist. Viele Leistungsminderungen im höheren Alter sind durch Trainingund/oder therapeutische Maßnahmen kompensierbar. Im Hinblick auf Präventionsmaßnahmensollte eine allgemeine Prävention immer kombiniert mit einer altersspezifischenPrävention angewandt werden. Explizite Schonarbeitsplätze bzw. „Reservate“für ältere Arbeitnehmer sollten vermieden werden. Weiterbildungsmaßnahmensollten nicht ausschließlich auf jüngere Arbeitnehmer fokussiert werden sondern allenArbeitnehmern im gesamten Erwerbsleben zugute kommen. Wesentliche Herausforderungender Zukunft in diesem Zusammenhang sind für die Arbeitsmedizin eine exakteBeschreibung des Anforderungsprofils an ältere Arbeitnehmer, die Begleitung undDurchführung von Modellprojekten zu diesem Thema, wissenschaftlich die Evaluationvon Effektivität und Effizienz was gleichzeitig auch eine Herausforderung an wissenschaftlicheMethodik beinhaltet. Lösungsmöglichkeiten müssen interdisziplinär erarbeitetwerden, die Umsetzung der Lösungsvorschläge erfordert individuelle Ansätze. Nur mitgemeinsamen Anstrengungen aller beteiligten Disziplinen ist die Herausforderung desdemographischen Wandels in Zukunft erfolgreich zu bewältigen. Die Arbeitsmedizin kanndazu einen wesentlichen Beitrag leisten.81


Einleitung zu den HauptthemenLiteratur:• Bertelsmann Stiftung (Hrsg.) Active Aging in Economy and Society 1. Auflage 2006,3-89204-920-3, ISBN-13: 978-3-89204-920-3• Bödeker W. & Dragano N. Das IGA-Barometer 2005. Einschätzungen der Erwerbsbevölkerungzum Stellenwert der Arbeit, zu beruflichen Handlungsspielräumen undzu Gratifikationskrisen. (Hrsg.) BKK Bundesverband Essen (2005)• Buck, Hartmut, Ernst Kistler, Hans Gerhard Mendius: Demographischer Wandel inder Arbeitswelt. Chancen für eine innovative Arbeitsgestaltung. Stuttgart 2002• Fiatarone MA, Marks EC, Ryan ND, Meredith CN, Lipsitz LA, Evans WJ.: Highintensitystrength training in nonagenarians. Effects on skeletal muscle. JAMA.1990 Jun 13;263(22):3029-34• Hallsten L: Arbeit und psychologische Veränderung im Alter In BAUA Dortmund(Hrsg): Arbeit über 45. S. 117-150. Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven (1996)• Hildebrandt G, Rohmert W, Rutenfranz J.: Über den Einfluß des Lebensalters aufdie Häufigkeit von Fehlleistungen beim Triebfahrzeugpersonal der Deutschen BundesbahnInt Arch Arbeitsmed. 1974;32(1):33-41• Kilbom A, Torgen M: Körperliche Leistung und Gesundheit von älteren Menschenim Berufsleben. In BAUA Dortmund (Hrsg): Arbeit über 45, S. 92-116 WirtschaftsverlagNW, Bremerhaven (1996)• Letzel S, Stork J, Tautz A et al. 13 Thesen der Arbeitsmedizin zu Stand und Entwicklungsbedarfvon betrieblicher Prävention und Gesundheitsförderung inDeutschland. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 42, 5, 298-300 (<strong>2007</strong>)• Ilmarinen, Jusi, und Jürgen Tempel. Arbeitsfähigkeit 2010. Hamburg 2002.• Richter P, Schmidt-Lerm S, Krenkel C: Altern Berufsbiographie und Arbeitsinhalt. InHacker W, Köchling A : Erwerbsarbeit der Zukunft-auch für „Ältere“? S. 161-174.Hochschulverlag Zürich (1996)• Statistisches Bundesamt, www.destatis.de (2003)• Willett WC. Balancing life-style and genomics research for disease prevention.Science. Apr 26;296(5568):695-8 (2002)82


Einleitung zu den HauptthemenUniversitäre Ausbildung – Verpflichtung und Chancen für dieArbeitsmedizinProf. Dr. med. Hans DrexlerInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-NürnbergDie universitäre Ausbildung ist in erster Linie Verpflichtung für die Arbeitsmedizin anHochschulen. Sie ist aber auch eine Chance für das Fachgebiet generell, wenn nämlichjedem angehenden Arzt vermittelt werden kann, warum eine Arbeitsmedizin am IndustriestandortDeutschland und im System der sozialen Sicherung gebraucht wird. Die Lehreim Fach Arbeitsmedizin ist unverzichtbar, um einen wissenschaftlich und praktisch inder Medizin ausgebildeten Arzt, der zur eigenverantwortlichen und selbständigen ärztlichenBerufsausübung fähig ist, zu approbieren, so wie dies in der Approbationsordnungfür Ärzte (ÄAppO) formuliert ist.In Deutschland werden in zunehmendem Maße Kommissionen eingesetzt, die die Universitätenund die einzelnen Fächer evaluieren sollen. Im Abschlußbericht der MedizinstrukturkommissionBaden-Württemberg ist zur Arbeitsmedizin zu lesen, „… die Universitätsinstitutefür Arbeits- und Sozialmedizin nehmen zahlreiche Dienstleistungsaufgabenfür öffentliche und private Auftraggeber wahr…“.Zwei Jahre später wurde ein entsprechender Bericht über die Hochschulmedizin in Nordrhein-Westfalenverfasst. Hier findet sich die Passage: „…die Arbeits- und Sozialmedizinnimmt generell zahlreiche Dienstleistungsaufgaben für öffentliche und private Arbeitgeberwahr…“. Anscheinend wurden hier bewährte Textbausteine übernommen. In demBericht über die Hochschulmedizin in Nordrhein-Westfalen steht weiter geschrieben,„…die erforderlichen Lehraufgaben [die in der Arbeitsmedizin] können auch von Nachbarfächernübernommen werden…“. Hierzu hat unser Präsident, Herr Prof. Dr. Letzel ineinem Schreiben an den nordrhein-westfälischen Minister wie folgt Stellung genommen:„…Ein kurzer Blick in den Themen- und Lernzielkatalog hätte gereicht, um festzustellen,dass das Fach Arbeitsmedizin ein eigenständiges Profil aufweist, das eben nicht von denNachbarfächern Epidemiologie und Toxikologie übernommen werden kann…“.Seit dem 1.10.2003 ist eine neue Approbationsordnung für Ärzte in Kraft getreten, dienur noch zwei zentrale schriftliche Prüfungen vorsieht. Eine erste nach dem zweiten Studienjahr,welche dem alten Physikum entspricht und der abschließende zweite Teil derÄrztlichen Prüfung, das so genannte Hammerexamen. Wer glaubte, die Lehre im Fach83


Einleitung zu den HauptthemenArbeitsmedizin könne durch Nachbarfächer übernommen werden, wird sich gewunderthaben, dass der schriftliche Teil im ersten „Hammerexamen“, also im Herbst 2006 mitsechs arbeitsmedizinischen Fragen begonnen hat.Weitere Neuerungen in der aktuellen Approbationsordnung für Ärzte betreffen die Studieninhalte,die mehr von den medizinischen Fakultäten und der Universität festgelegtwerden können, die benoteten Lehrnachweise, die Querschnittsfächer, sowie die Pflichtwahlfächer,d.h. jeder Student muss sich Fächer wählen, in denen er einen Schein erwerbenmuss. Darüber hinaus gibt es fächerübergreifende Lehrnachweise. Es war einGlücksfall, dass der langjährige <strong>DGAUM</strong>-Präsident Herr Prof. Lehnert, Dekan seiner medizinischenFakultät war, als eine neue Approbationsordnung diskutiert wurde. Das seinerZeit vorhandene Modell, in dem es eine Arbeitsmedizin überhaupt nicht mehr gegebenhätte, wurde Dank des Engagements von Herrn Prof. Lehnert verworfen und durchein alternatives Modell ersetzt, das zur Grundlage der Neuen Approbationsordnung gewordenist. In dieser Approbationsordnung ist die Arbeitsmedizin eines von 21 Pflichtfächern,das verbindlich gelehrt und geprüft werden muss, wenn eine Fakultät in DeutschlandÄrzte ausbilden will.Die ärztliche Ausbildung soll Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in allen Fächernvermitteln, die für eine umfassende Gesundheitsversorgung der Bevölkerung erforderlichsind. Aufgeführt werden in der ÄAppO die Gesundheitsförderung und die Prävention.Diese beiden Bereiche werden an medizinischen Fakultäten in erster Linie durch die Arbeitsmedizinvertreten.Die Arbeitsmedizin ist Pflichtfach, weil jeder Arzt arbeitsmedizinisches Grundwissen benötigt,zum Beispiel um Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auszustellen, um die Arbeitsfähigkeitvon Menschen mit Handicap beurteilen zu können, für seine Funktion alspotentieller Arbeitgeber, als Chefarzt oder als niedergelassener Kollege und natürlichunter anderem auch um Berufskrankheiten bei seinen Patienten erkennen zu können.Wenn bei einem Patienten mit Bronchialkarzinom und asbestbedingten Pleuraplaques,die häufig nur beschrieben werden, aber in der radiologischen Diagnose oftmals nichtexplizit auftauchen, keine Berufskrankheitenverdachtsanzeige gestellt wird, ist diese Unterlassungein folgenschwerer Kunstfehler, der nicht nur den Patienten selbst, sondern84


Einleitung zu den Hauptthemenauch dessen Familie schmerzlich betrifft - und dieses muss jeder angehende Arzt imStudium vermittelt bekommen.Tagtäglich lesen, hören und sehen die Patienten und ärztlichen Kollegen in den Medien,welche vermeintlichen beruflichen Risiken es gibt und was in welchen Ländern alles alsBerufskrankheit anerkannt werden kann. Fast 28% der Beschäftigten in der EuropäischenUnion führen bestehende Krankheiten auf ihre Arbeitsbedingungen zurück. Immerwieder stellt sich die Frage, wer kann sachkompetent Auskunft erteilen, wenn ein PatientFragen bezüglich der gesundheitlichen Gefährdung durch Arbeitsplatzbedingungen stellt.Die Arbeitsmedizin ist daher auch deswegen ein Pflichtfach, weil jeder Arzt wissen muss,dass es einen Spezialisten gibt, nämlich den Facharzt für Arbeitsmedizin, den er bei fraglichberuflichen Gefährdungen konsultieren kann, der Auskunft gibt über tatsächlicheGefährdungen am Arbeitsplatz, der die entsprechenden gesetzlichen Regelungen kennt,der das Berufskrankheitenrecht kennt und der im Idealfall auch den Patienten und seineArbeitsbedingungen kennt. Er wird Fragen beantworten können zur Ergonomie, zurStrahlenbelastung, zur beruflichen Gefahrstoffeinwirkung, auch bei vorliegenderSchwangerschaft, bis hin zur angeblichen Gefährdung der Büroangestellten durch Tonerstaub.Der zuständige Betriebsarzt wird sich in aller Regel ohnehin mit derartigenProblemen auseinandergesetzt haben, längst bevor ein besorgter Patient deswegen seinenHausarzt konsultiert.So wie sich die Arbeitsbedingungen in der Praxis und in der Industrie in den letzten Jahrenverdichtet und verschärft haben, stehen auch die Universitäten in vermehrtem Maßeunter Leistungsdruck. Der Unterricht muss in Kleingruppen durchgeführt und die Scheinemüssen benotet werden. Die finanziellen Zuwendungen an die Institute erfolgen leistungsorientiertund die Lehre wird permanent durch Studierende evaluiert. Die oftmalssubjektiv gefärbten Kommentare von Studierenden können aber nicht ohne weiteres alsKriterium für die Qualität Lehre und damit für die Mittelverteilung zugrunde gelegt werden.An der medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wird für die leistungsorientierte Mittelvergabe die tatsächlich erbrachte Lehrleistungherangezogen, das heißt die Stundenzahl aller Lehrenden werden verrechnet.Diese Bemühungen um die Qualität der Lehre sollten zu einer messbaren Verbesserungder Ergebnisse der Studierenden führen. Dabei bietet es sich an, als Kriterium der Lehrqualitätder einzelnen Fächer die bei der zentralen Prüfung erzielten Ergebnisse heranzuziehen.85


Einleitung zu den HauptthemenBetrachtet man die Prüfungsergebnisse der Jahre 2004 bis 2006 für das Fach Arbeitsmedizin(Abb. 1), dann zeigt sich, dass die Fakultäten ohne arbeitsmedizinisches Hochschulinstitutnicht schlechter abschneiden als Hochschulstandorte mit einem arbeitsmedizinischenInstitut. Dieses sollte allerdings nicht überinterpretiert werden. Denn der Studierende,der vom Erwerb des prüfungsrelevanten Wissens nicht durch einen Professorfür Arbeitsmedizin abgelenkt wird, ist vielleicht besser prüfungskonform, als derjenige dereine gute arbeitsmedizinische Ausbildung genossen hat.Rangperzentile1,000,900,800,700,600,500,400,300,200,100,002.Staatsexamen 2004-2006 Fakultäten ohneArbeitsmedizin2004 2005 2006JahrAachenBerlinBochumBonnDresdenDüsseldorfErlangenEssenFrankfurtFreiburgGießenGöttingenGreifswaldH.berg/MannheimHalleHamburgHannoverHeidelbergHomburgJenaKielKölnLeipzigLübeckMagdeburgMainzMarburgMünchen LMUMünchen TUMünsterRegensburgRostockTübingenUlmWitten-HerdeckeWürzburgAbb. 1: Prüfungsergebnisse im Fach Arbeitsmedizin (IMPP) 2004-2006(Rangperzentile 1 bedeutet bestes Ergebnis in Deutschland)Die Leiterinnen und Leiter der arbeitsmedizinischen Hochschulinstitute haben versuchtdie Chance, die sich der Arbeitsmedizin dadurch bietet, weil sie ein Pflichtfach gebliebenist, bestmöglich zu nützen. An den Fakultäten mit einem arbeitsmedizinischen Hochschulinstitutwerden im Median 20 Stunden Vorlesung angeboten und zehn StundenSeminar oder Praktikum. Das ist im Vergleich zur geforderten Studienleistung andererFächer durchaus ein guter Durchschnitt. Daneben beteiligt sich die Arbeitsmedizin aberauch an den so genannten Querschnittsfächern. Nach Willen des Verordnungsgeberssollen an einem Querschnittsfach mindestens drei unterschiedliche Disziplinen beteiligt86


Einleitung zu den Hauptthemensein. Querschnittfächer, in denen sich bevorzugt die Arbeitsmedizin wieder findet, sindder Q1 Epidemiologie, der Q3 Gesundheitsökonomie, Gesundheitssystem, öffentlicheGesundheitspflege, der Q6 Klinische Umweltmedizin und der Q10 Prävention und Gesundheitsförderung.Die Mehrzahl der arbeitsmedizinischen Hochschulinstitute beteiligtsich an drei und mehr Querschnittsfächern und 17 arbeitsmedizinische Institute betreuenmindestens ein Querschnittsfach federführend. Daneben gibt es Wahlfachangebote fürArbeitsmedizin an 16 Hochschulstandorten mit einem arbeitsmedizinischen Institut. Nebender curricularen Lehrverpflichtung erfolgt auch Lehrexport in andere Fakultätendurch die arbeitsmedizinischen Hochschulinstitute. Diese reichen von der Sozialpädagogikbis hin zur experimentellen Allergologie.Nach dem die neue Approbationsordnung in Kraft getreten war, wurden die medizinischenFachgesellschaften vom medizinischen Fakultätentag aufgerufen, Lernzielkatalogezu erstellen. Bereits geraume Zeit vorher war vom Kreis der Leiterinnen und Leiter derarbeitsmedizinischen Hochschulinstitute ein Themen- und Lernzielkatalog erarbeitet unddiskutiert worden und dieser Katalog wurde bereits 2003 in der Zeitschrift Arbeitsmedizin,Sozialmedizin, Umweltmedizin publiziert. Eine weitere Aktivität der universitären Arbeitsmedizinsollte neben den zahlreichen anderen speziell noch Erwähnung finden. Vorangetriebendurch Frau PD Radon und Herrn Prof. Nowak, wurden im Rahmen der virtuellenHochschule Bayern Lernfälle erarbeitet. Neben den 500 Studierenden beiderMünchner Fakultäten arbeiten damit in unterschiedlichem Umfang auch die Institute inErlangen, Regensburg, Hamburg, Düsseldorf, Jena und Mainz, die zum Teil auch selbstLernfälle erarbeitet haben. Aber der Nutzerkreis dieses computergestütztenLernprogrammes beschränkt sich längst nicht mehr auf Deutschland. Die Inhalte sindinzwischen auch in verschiedene Fremdsprachen, nämlich Englisch, Spanisch, Französisch,Rumänisch, Polnisch und Finnisch übersetzt worden und werden internationalgenutzt. Die deutschen Lernfälle betreffen dabei alle praktisch relevanten gesundheitlichenProbleme von Arbeitnehmern, vom Bäckerasthma über das Berufskrankheiten-Verfahren bei Bronchialkarzinom, der Asbestose und den Nadelstichverletzungen bis zurVorsorgeuntersuchung bei Lärmbelastung. Eine Auswertung der Befragung von Studentenzeigt, dass die Lernfälle von den Studierenden ausgesprochen gut angenommenwerden.87


Einleitung zu den HauptthemenDie Hochschullehrer unseres Faches haben sich bemüht, die Chancen, die sich für dasFach Arbeitsmedizin aus der ÄAppO ergeben haben, zu nutzen, indem sie Studierendeund die ärztlichen Kollegen davon zu überzeugen, dass die Arbeitmedizin in der universitärenLehre unverzichtbar ist, will man einen wissenschaftlich und praktisch in der Medizinausgebildeten Arzt, der zur eigenverantwortlichen und selbständigen ärztlichen Berufsausübungfähig ist, approbieren.88


V01Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IStaubbelastungen in Mühlen zur FuttermittelherstellungStephan W. Weiler 1 , Julia Ehbrecht 1 , Ina Köhler 2 , Matteo Riccò 3 , Christoph Beck 4 , TorstenTietje 5 , Barbara Kalsdorf 5 , Peter Zabel 5 , Richard Kessel 1 , Anke van Mark 11 Institut für Arbeitsmedizin, UK-SH, Campus Lübeck, Lübeck;2 Außenstelle Itzehoe, Landesamt fürGesundheit und Arbeitssicherheit, Itzehoe; 3 Department of Clinical Medicine, Nephrology and HealthSciences, Parma University, Parma; 4 BECKUMEDAS GmbH, Ratzeburg; 5 Forschungszentrum Borstel,BorstelEinleitung und FragestellungArbeitnehmer in Getreidemühlen sind teilweise einer erheblichen Belastung durchpotenzielle Allergene in organischen Stäuben ausgesetzt. Nach der Absenkung desallgemeinen Staubgrenzwertes 2004 auf 10 mg/m 3 für den einatembaren Staub (sog. E-Staub) und 3 mg/m 3 für den alveolengängigen Staub (sog. A-Staub) sollte untersuchtwerden, ob diese Grenzwerte in Mühlenbetrieben eingehalten werden und ob dortBeschäftigte vermehrt unter allergischen Erkrankungen leiden. Für „besondereArbeitsplätze“ können die Grenzwerte für A-Staub auf 6 mg/m 3 angehoben werden.Ein weiterer Aspekt dieser Studie befasst sich mit einer möglichenimmunmodulatorischen Wirkung von inhalierten organischen Stäuben (von Essen 1997,Kuchuk et al. 2000). Krankheitsbilder wie das Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS)weisen auf eine generalisierte Immunreaktion nach Exposition des Respirationstrakts mitorganischen Stäuben hin (von Essen et al. 2000). Staubbestandteile wie Endotoxin,möglicherweise auch weitere bakterielle Produkte, werden hier als ursächlichangenommen. Ob eine chronische Exposition zu einer Immunmodulation führt und hierein Zusammenhang zu der in der Literatur beschriebenen erhöhten Prävalenzrespiratorischer Erkrankungen bei Arbeitern in Futtermittelmühlen besteht (Spurzem etal. 2002, Kuchuk et al. 2000), ist bisher nicht geklärt.Im Einzelnen sollten folgende Fragen geklärt werden:• Können die Grenzwerte in Getreidemühlen eingehalten werden?• Wo liegen Arbeitsplätze mit besonders hoher Exposition?• Wie häufig leiden Beschäftigte an diesen Arbeitsplätzen unter allergischenErkrankungen?• Ändert sich die Expression sog. Toll-like-Rezeptoren durch den inhalierten Staub inMühlenbetrieben, was auf eine immunologische Auseinandersetzung hindeutenwürde?MethodeEinige Monate vor Beginn der Untersuchungen wurden sämtliche Betriebe begangen,um über den vorgesehenen Umfang zu informieren und mögliche Messpunkte89


V01Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube Ifestzulegen. Zwei von zehn Mühlen stimmten der Untersuchung von Mitarbeitern undden Messungen nicht zu.Wir untersuchten bei 86 Beschäftigten in 8 Mühlen und einem Vergleichsbetrieb dieBelastungen durch E- und A-Staub und im Hinblick auf bestehende Sensibilisierungenund allergietypische klinische Symptomatik mittels Anamnese, klinisch-körperlicherUntersuchung, Prick-Testung und Spirometrie vor und nach einer Schicht. Blutbild- undserologische Bestimmungen sollten zudem die Frage klären, ob es expositionsbedingt zueiner Blutbildveränderung wie z. B. bei einer exogen allergischen Alveolitis bzw. derModulation der Ausprägung immunpathophysiologisch bedeutsamer Rezeptoren (TLR-2,TLR-4) kommt.Parallel erfolgte die kontinuierliche Messung der Staubkonzentration mit einemMessgerät Respikon TM 3-F, welches mittels eines zweistufigen, virtuellen Impaktorsden Staub auftrennt und die drei Größenfraktionen einatembaren, thoraxgängigen undalveolengängigen Staub unterscheidet. Der zeitliche Verlauf der Konzentrationen wird imGerät von drei Streulicht-Fotometern aufgezeichnet. Durch begleitende Dokumentationdes Arbeitsprozesses wird die Zuordnung expositionsträchtiger Verfahrensschritteermöglicht.Ergebnisse und Diskussion:29 der Untersuchten kamen aus Verwaltungsbereichen, 57 wurden demProduktionsbereich (davon 17 im Vergleichsbetrieb) zugeordnet (Tabelle 1). DieTeilnahmerate lag in den Mühlenbetrieben bei über 95 %, im Vergleichsbetrieb zwischen30% (Produktion) und 60 % (Verwaltung).Tabelle 1: Fallzahlen und biometrische Daten in den Kollektivteilen. Angegeben ist jeweilsFallzahl (Personen)/Mittelwert des Lebensalters (Jahre)/ Raucher in der Gruppe (Anzahl)Produktion Verwaltung GesamtFuttermittel-Mühlenbetrieb 40/44/15 11/43/4 51/44/19Lebensmittelindustrie 17/37/10 18/38/6 35/38/16davon Frauen 0/-/- 19/39/7 19/39/7Gesamt 57/42/25 29/40/10 86/41/35Die biometrischen Daten (Alter, Größe, Gewicht, persönliches „Risikoverhalten“ mitRaucherstatus, Tier- und Allergenkontakt außerhalb des Arbeitsplatzes) weichen unterBerücksichtigung des unterschiedlichen Frauenanteils weder zwischen Kontroll- undMühlenbetrieben noch zwischen Produktions- und Verwaltungsbereichen wesentlichvoneinander ab.90


V01Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube Img/m 370,0066,36Hammermühle60,00Handzugabe50,0040,0030,0020,0010,000,0008:51:2908:59:2909:07:2909:15:2909:23:2909:31:2909:39:2909:47:2909:55:2910:03:2910:11:2910:19:2910:27:2910:35:2910:43:2910:51:2910:59:2911:07:2911:15:2911:23:2911:31:2911:39:2911:47:2911:55:2912:03:2912:11:2912:19:2912:27:2912:35:2912:43:2912:51:2912:59:2913:07:2913:15:29KonzentrationFegenA mg/m3Th mg/m3E mg/m3MaschinenreinigungZeitAbbildung 1: Exemplarischer Verlauf der Staubbelastung in einer SchichtDie aktuellen Staubgrenzwerte wurden im Schichtmittel sowohl für E- als auch für A-Staub eingehalten, wobei jedoch einzelne Arbeitsschritte mit kurzfristig stark erhöhtenExpositionen zu identifizieren waren (Abbildung 1). Die Ursachen erhöhter Expositionensind häufig verhaltensbedingt, so wurden Absaugeinrichtungen nicht ordnungsgemäßbedient oder ein staubiger Arbeitsplatz z. B. beim Entladen unnötigerweise nichtverlassen. Verhältnisbedingte erhöhte Expositionen bestanden beim Entladen von LKWmit großer Fallhöhe Ladebordwand/Schüttboden sowie kurzfristig beim Öffnen vonZugabe- und Revisionsklappen.Anamnestisch und klinisch fanden sich keine Hinweise für ein vermehrtes Bestehenallergischer Erkrankungen im Müllerkollektiv. Auch im Prick-Test sind die Häufigkeitenkutaner Sensibilisierungen zwischen Verwaltungs- und Produktionskollektiv wie auchMühlen-/Industriearbeitern nicht unterschiedlich ausgeprägt.Die Lungenfunktionsparameter unterscheiden sich zwischen Müllern und anderen miteiner Vitalkapazität von 4,8 l bzw. 4,6 l und einer relativen Einsekundenkapazität von 80% bzw. 84 % nicht signifikant.Die Expression von TLR-2 und TLR-4 verändert sich im Schichtverlauf nicht signifikant.Auch zwischen den Kollektiven/Kollektivteilen bestehen keine signifikanten Unterschiede(Vorzeichen-Test für verbundene Stichproben und mittelwertbasierte Verfahren: p>0,4).91


V01Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube I10080TLR2-ZP 1TLR2-ZP2TLR4 ZP1TLR4 ZP2CD14 ZP1CD14 ZP26040200VerwaltungKollektivProduktionsbereichAbbildung 2: Expression von CD14, TLR-2 und TLR-4 vor Schicht (ZP1) und nach Schicht (ZP2).Box-Whisker-Plot mit Interquartilsbereichen und Ausreißern.Dies könnte für eine niedrige Endotoxin-Exposition durch den Staub oder eineToleranzentwicklung der Exponierten sprechen. Da veröffentlichte Messergebnisseanderer Arbeitsgruppen auf hohe Endotoxin-Expositionen bei der Verarbeitung vonGetreide hinweisen (Lien und Ingalls 2002, Heederik et al. <strong>2007</strong>), sind die Ergebnisseeher als Hinweis auf mögliche Gewöhnungseffekte zu verstehen. Die Aussagekraft derTLR-Bestimmungen wird durch die unterschiedlich langen Transportzeiteneingeschränkt, obwohl das Studiendesign eine maximale Transportdauer von einerStunde bis zur sofortigen Aufarbeitung beinhaltete und in der Praxis die Aufarbeitungspätestens 2 Stunden nach der Blutentnahme begann.Einen sog. Healthy-worker-Effekt, wie er von Smid et al. 1992 bei Mühlenarbeiternbeschrieben wurde, können wir als verzerrenden Faktor nicht ausschließen, obwohl dieBefragung von Betriebsleitern bei der Eingangsbegehung keine Hinweise auf einegesundheitsbedingte Personalfluktuation in den letzten Jahren ergab.Schlussfolgerungen:Unsere Ergebnisse sprechen dafür, dass Arbeitsplätze in Getreidemühlen zurFuttermittelherstellung keine besonderen Arbeitsplätze im Sinne der TRGS 600 sind.Besondere, d. h. über das übliche Maß bei potenziell sensibilisierenden, inhalierbarenArbeitsstoffen hinausgehende, Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge bei92


V01Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IGetreidestaubbelastung sind bei Mühlenarbeitern anhand unserer Untersuchung nichtherzuleiten. Bei einzelnen Arbeitsschritten sind aktuelle Grenzwerte nicht sichereingehalten und legen meist verhaltens-, teilweise jedoch auch verhältnispräventiveMaßnahmen nahe. Wesentlich für die Vermeidung erhöhter Exposition ist somit die„Betriebskultur“, die eine umfassende Information über Art und Wirkung inhalierterStäube sowie den Willen zur Staubvermeidung voraussetzt.Literatur:1. Von Essen SG: The role of endotoxin in grain dust exposure and airway obstruction.Curr Opin Pulm Med 1997, 3(3): 198-202.2. Von Essen SG, Fryzek J, Nowakowski B und Wampler M: Respiratory symptoms andfarming practices in farmers associated with an acute febrile illness after organic dustexposure. Chest 1999, 116: 1452-14583. Heederik D, Sigsgaard T, Thorne PS, Kline JN, Avery R, Bønløkke JH, ChrischillesEA, Dosman JA, Duchaine C, Kirkhorn SR, Kulhankova K, Merchant JA: HealthEffects of Airborne Exposures from Concentrated Animal Feeding Operations.Environ Health Perspect <strong>2007</strong>, 115: 298-3024. Kuchuk AA, Basanets AV und Louhelainen K: Bronchopulmonary pathology inworkers exposed to organic fodder dust. Ann Agric Environ Med 2000, 7: 17-235. Lien E, Ingalls RR: Toll-like receptors. Crit Care Med 2002, 30 Suppl: S1-S76. Smid T, Heederik D, Houba R, Quanjer PH: Dust and endotoxin related respiratoryeffects in the animal feed industry. Am Rev Respir Dis 1992, 146: 1474-14797. Spurzem JR, Romberger DJ, Von Essen SG: Agricultural lung disease. Clin ChestMed 2002, 23(4): 795-810.93


V02Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube ISensibilisierungsstatus gegen Umwelt- und Berufsallergene beilandwirtschaftlichen BerufsanfängernRegine Pabst 1 , Dietrich Landmann 2 , Robert Metzner 1 , Ernst Hallier 1 , Astrid Rita ReginaHeutelbeck 11 Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität, Göttingen; 2 LVA Echem, LVA Echem,EchemHintergrund:Ein Berufsasthma gilt als eine der häufigsten Berufskrankheiten für Beschäftigte in derLandwirtschaft, wobei insbesondere die allergenen Belastungen in den Tierställen imFocus der Problematik stehen (Kogevinas 1999). Bezüglich der berufsbedingtenRinderallergie ergab eine Auswertung der Akten aller den landwirtschaftlichenBerufsgenossenschaften gemeldeten Rinderallergiker der Jahre 1990 bis 2001 einenrelevanten Anteil betroffener Landwirte im jungen Erwachsenalter und unterstreicht somitdie hohe sozioökonomische Bedeutung des Rinderasthmas (Janicke 2004). Bereits jederdritte Rinderasthmatiker wies eine Einschränkung der pulmonalen Leistungsfähigkeit beiMeldung auf (Heutelbeck 2005). Dies belegt die Notwendigkeit der Implementierunggeeigneter Präventionsstrategien, um der Entwicklung von berufsbedingtenAtemwegserkrankungen und deren manifesten Erkrankungsfolgen effektivervorzubeugen. Von besonderem Interesse ist hierbei, dass eine atopische Prädispositioneinen relevanten Risikofaktor darstellt: über 70 % aller mit Verdacht auf eineberufsbedingte Rinderallergie gemeldeten Landwirte zeigten ein erhöhtes Gesamt-IgE,über 90 % begleitende Sensibilisierungen gegen ubiquitäre Allergene (Heutelbeck 2005).Dieses Risikoprofil kann im Rahmen von Früherkennungsuntersuchungen, im Hinblickauf eine gezielte, risikobezogene Beratung in Bezug auf Berufswahl sowie auf dieImplementierung notwendiger Arbeitsschutzmaßnahmen genutzt werden.Ziel der Studie war es, mittels einer Untersuchung auf IgE-vermittelte Sensibilisierungengegen Inhalationsallergene der allgemeinen Umwelt und des beruflichen Umfeldes daspersönliche Risikos bei landwirtschaftlichen Auszubildenden abzuschätzen, aufgrund derpersönlichen Prädisposition eine berufsbedingte Inhalationsallergie zu entwickeln.Methodik:Allen landwirtschaftlichen Auszubildenden, die an der überbetrieblichen Ausbildung„Rinderhaltung“ im dritten Lehrjahr in der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierhaltung inEchem teilnahmen, wurde eine freiwillige Früherkennungsuntersuchung zur Abschätzungdes persönlichen Allergierisikos angeboten. Dabei wurden unter anderem Einzelheitenzum beruflichen und häuslichen Umfeld, anamnestisch bestehende Atemwegssymptomeam Arbeitsplatz und in der allgemeinen Umwelt, allergische Erkankungen bei näherenFamilienangehörigen sowie die Ergebnisse möglicher Vorbefunde allergologischerDiagnostik in einem Fragebogen erfasst. Mittels serologischem Allergiescreening (Hycor94


V02Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IBiomedical GmbH, Kassel) wurde nach IgE vermittelten Sensibilisierungen gegenverschiedene Umweltallergene (All-Screen “Inhalation“) und das landwirtschaftstypischeRinderallergen gefahndet. Die Zustimmung der zuständigen Ethikkommission zurvorliegenden Untersuchung wurde eingeholt.Ergebnisse:Von den 484 landwirtschaftlichen Auszubildenden im Schuljahr 2005/06 nahmen 60 %(23 w, 266 m; Alter zwischen 17 bis 34 Jahre, Mittelwert 19,7 Jahre; Median 19 Jahre) ander Untersuchung teil; 202 (70 %) waren zu Beginn der Ausbildung unter 18 Jahre altund fielen somit unter die gesetzliche Verpflichtung, nach Jugendarbeitsschutzgesetzuntersucht zu werden (Abb.1).144 (49,8%) der teilnehmenden Auszubildenden berichten, bereits unter Beschwerdenan der Haut (n=81; 56,3%) und/oder den oberen oder unteren Atemwege (n=107; 74,3%)zu leiden. Diese träten bei einem Teil der symptomatischen Auszubildendenarbeitsbezogen bei landwirtschaftlichen Tätigkeiten auf (n=118; 81,9%).Bei 96 (33,2%) zeigten sich spezifische IgE-Antikörper gegen Umweltallergene. ImEinzelnen waren 56 (19,4%) mit Hausstaubmilbe, 21 (7,3%) mit Katzenallergen, 54(18,7%) mit Hundeallergen, 48 (16,6%) mit Pollen (Lieschgras, Birke, Beifuß, Roggen)sowie 3 (1%) mit dem Schimmelpilz Cladosporium herbarum sensibilisiert; des Weiterenlag bei 34 (11,8 %) Auszubildenden eine Sensibilisierung gegen Rinderallergen vor, in38,2 % (n=13) verbunden mit arbeitsbezogenen Atemwegsbeschwerden. Insgesamt warder Anteil der auffälligen Befunde bei den Auszubildenden, die bei Aufnahme derAusbildung unter die gesetzliche Pflicht zur UntersuchungJugendarbeitsschutzuntersuchung gefallen waren, ebenso hoch (p>0,05) wie bei denübrigen Auszubildenden (Abb. 2).Diskussion:Die hohe Teilnahmequote an den Früherkennungsuntersuchungen im Rahmen derüberbetrieblichen Ausbildung „Rinderhaltung“ zur Abschätzung des persönlichenAllergierisikos belegt das Verantwortungsbewusstsein der Auszubildenden für dieBelange der persönlichen Gesundheit im Berufsleben. Dies ist sicherlich auch dadurchbedingt, dass ein erheblicher Teil der landwirtschaftlichen Auszubildenden alsHofnachfolger auf eine Erwerbstätigkeit als Selbstständige mit allen damit verbundenenwirtschaftlichen und sozialen Risiken zusteuert. Insbesondere der in den vergangenenJahren beschleunigte Strukturwandel in der Landwirtschaft mit den notwendigenfinanziellen Investitionen in den Betrieb trägt sicherlich bei den zukünftigen Landwirtenzum Bewusstsein für die eigene körperliche Leistungsfähigkeit bei.Aus den bevölkerungsbezogenen epidemiologischen Untersuchungen der letztenJahrzehnte ist hinreichend bekannt, dass die Landwirtschaft ein Berufsfeld mit erhöhtem95


V02Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IAllergierisiko darstellt (Kogevinas 1999). Diesen Erkenntnissen sollten die Beratungenzur Berufswahl Rechnung tragen. Hierbei stellt die Jugendarbeitsschutzuntersuchunggrundsätzlich ein geeignetes Instrument dar, Jugendliche bezüglich der Wahl einesgeeigneten Ausbildungsberufes ärztlich zu beraten und somit gesundheitlicheFolgeschäden durch die berufliche Tätigkeit im Interesse des Einzelnen sowie derVersichertengemeinschaft zu minimieren. In der Beratung sollte berücksichtigt werden,dass für Auszubildende mit vorbestehenden Umweltallergien von einem erhöhten Risikoauszugehen ist, auch eine allergische Atemwegserkrankung durch berufstypische Stoffezu entwickeln.Obgleich 70 % der landwirtschaftlichen Auszubildenden zum Ausbildungsbeginn zurärztlichen Untersuchung nach Jugendarbeitsschutzgesetzt verpflichtet waren, lag derAnteil dieser Auszubildenden mit serologischen Hinweise auf ein erhöhtes Allergierisikonicht signifikant niedriger im Vergleich zu den übrigen Auszubildenden. Möglicherweiseliegt dies darin begründet, dass keine konkreten Empfehlungen zur Auswahl undGeeignetheit diesbezüglicher Diagnostik im Rahmen derJugendarbeitsschutzuntersuchung vorliegen; hierbei stellt insbesondere einserologisches Allergiescreening neben einer allergologischen Anamnese ein geeignetesInstrument dar, das persönliche Risiko der Auszubildenden im Hinblick auf eineBerufsallergie abzuschätzen, sofern eine Ausbildung in einem Tätigkeitsbereich miterhöhter inhalativer Allergenbelastung angestrebt wird. Es liegt derzeit im persönlichenErmessen des durchführenden Arztes, welche Untersuchungen durchgeführt werden undsind damit in Art und Umfang von Untersuchung und Beratung maßgeblich vom dessenindividueller Expertise abhängig. Es empfehlen sich daher, auch für dieJugendarbeitsschutzuntersuchung qualitätssichernde Maßnahmen beispielsweise analogden berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen zu implementieren.Ergeben sich in der Jugendarbeitsschutzuntersuchung Hinweise auf ein erhöhtesAllergierisiko, sollte eine gezielte Beratung hinsichtlich anderer Berufsfelder ohneAllergierisiko erfolgen. Alternativ kann sicherlich auch die Auflage zur Einhaltungstrikterer Arbeitsschutzmaßnahmen wie beispielsweise das regelmäßige Tragen vongeeigneter persönlicher Schutzausrüstung inklusive Atemschutz resultieren, sofern eineBeratung hinsichtlich einer Berufswahl in einen allergenarmen Arbeitsbereich auspersönlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen erfolglos bleibt.Die dringende Notwendigkeit, geeignete Präventionsstrategien der Früherkennung undBeratung von Risikokollektiven zu implementieren, zeigt sich in dem unerwartet hohenAnteil von mit Rinderallergen sensibilisierten landwirtschaftlichen Auszubildenden: in dervorliegenden Untersuchung wiesen 11,8% bereits eine Sensibilisierung gegenRinderallergen auf, davon waren ein Großteil Auszubildende, für die vor Beginn der96


V02Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IAusbildung die Verpflichtung zur Untersuchung nach Jugendarbeitsschutzgesetzbestanden hatte; sie wurden einer weiterführenden fachärztlichen Untersuchungempfohlen, um die klinische Relevanz im Hinblick auf die Entwicklung einer möglichenBerufskrankheit abzuklären.Schlussfolgerungen:Ein Drittel der landwirtschaftlichen Auszubildenden wies Sensibilisierung gegenInhalationsallergene der allgemeinen Umwelt auf und gilt somit als erhöht gefährdet,auch ein Berufsasthma zu entwickeln. Diesem Umstand muss zumindest durchverstärkten Arbeitsschutz Rechnung getragen werden. Um in Zukunft Jugendlichenbereits vor Aufnahme der Ausbildung im Sinne der Primärprävention beraten zu können,sollte bei der Jugendarbeitsschutzuntersuchung eine der angestrebten Ausbildungangemessene Diagnostik durchgeführt werden, beispielsweise ein serologischesAllergiescreening bei Berufen mit erhöhter inhalativer Allergenbelastung. Um dieszukünftig gewährleistet zu sehen, empfehlen sich auch für dieJugendarbeitsschutzuntersuchung qualitätssichernde Maßnahmen beispielsweise analogden berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen.Das Projekt wird unterstützt durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin (BAuA, Berlin).Literatur• Heutelbeck A, Janicke N, Langer C, Reck C, Kuetting B, Drexler H, Hallier E,Bickeböller H: German cattle allergy study: prevention strategies for cattle allergy.Allergy Clin Immunol Int: J World Allergy Org Suppl. 1 (2005): 385• Janicke N, Bickeböller H, Schippke D, Langer C, Kütting B, Drexler H, Hallier E,Heutelbeck A: Gesundheitspolitische Relevanz von Landwirten mit Rinderallergie inDeutschland. Allergo J 13 (2004): 515-516• Kogevinas M, Anto JM, Sunyer J, Tobias A, Kromhout H, Burney P: Occupationalasthma in Europe and other industrialised areas: a population-based study. EuropeanCommunity Respiratory Health Survey Study Group. Lancet 353 (1999):1750-497


V02Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IAbb.1: Alterverteilung der landwirtschaftlichen Auszubildenden (n=297) zum Zeitpunkt derUntersuchung im dritten LehrjahrAbb.2: Sensibilisierungsstatus der landwirtschaftlichen Auszubildenden (n=297)98


V03Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IArbeitsmedizinische Vorsorge bei Kontakt zu Labortierstaub -Erste Erfahrungen bei der Umsetzung der neuen Gefahrstoffverordnungim UniversitätsbereichKlaus Schmid, Barbara Jüngert, Hans DrexlerInstitut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenZiel der Studie:Entsprechend der neuen Gefahrstoffverordnung ist bei Kontakt zu Labortierstaub einearbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung obligat. Über erste Ergebnisse aus demuniversitären Bereich soll berichtet werden.Methoden:Seit November 2005 werden an der Universität Erlangen-Nürnberg Beschäftigte mitKontakt zu Labortierstaub in Anlehnung an den berufsgenossenschaftlichen GrundsatzG23 arbeitsmedizinisch untersucht.Das Spektrum erfasste obligat eine standardisierte und ärztlich ergänzteAnamneseerhebung, eine Lungenfunktionsprüfung mittels Ganzkörperplethysmographie,eine ärztliche Untersuchung und Beratung sowie eine schriftliche detaillierteBefundmitteilung.Zusätzlich wurden fakultativ nach Aufklärung und mit schriftlichem EinverständnisPricktestungen auf Umweltallergene und berufliche Allergene (kommerziell erhältlicheTestlösungen der Firma Allergopharma, Joachim Ganzer KG, Reinbek, Deutschland),eine Prüfung der bronchialen Hyperreagibilität, die Bestimmung des Gesamt-IgE-Spiegels und RAST-Untersuchungen vorgenommen.Nachuntersuchungen wurden bei unauffälliger Erstuntersuchung und leerer Anamnesenach 3 Jahren vorgesehen. Bei auffälligen Befunden wurden vorgezogeneNachuntersuchungen nach 3, 6 oder 12 Monaten, jeweils verbunden mit Hinweisen bzw.Einschränkungen für die Tätigkeit, vorgesehen.Für die Mitwirkung an Zusatzuntersuchungen entschieden sich beim Methacholintest73%, beim Pricktest 78% und bei der Bestimmung des Gesamt-IgE-Spiegels 87% derTeilnehmer. RAST-Untersuchungen wurden bei 26,5% der Untersuchten veranlasst.Ergebnisse:Insgesamt liegen bisher Daten von 117 Beschäftigten vor. 97 Personen waren bei derErstuntersuchung bereits über 1 Jahr lang exponiert gewesen, 47 davon bei einermindestens 5-stündigen Tätigkeit mit Labortierstaub pro Woche. Am häufigsten wurdeein beruflicher Umgang mit Mäusen (82,9%) und mit Ratten (63,2%) angegeben.An arbeitsplatzbezogenen Beschwerden traten vor allem Niesen und Fließschnupfen auf.Über Augenbrennen und Atemnot wurde seltener berichtet. Über mindestens eines deraufgeführten Symptome klagten 34% der wenigstens 1 Jahr lang Beschäftigten. Lag99


V03Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube Izusätzlich die wöchentliche Expositionsdauer bei mindestens 5 Stunden, so stieg derAnteil an Beschäftigten mit Beschwerden auf 44,7%. Langjährig Beschäftigte (über 8Jahre) äußerten tendenziell seltener Beschwerden, möglicherweise durch einen healthyworkerEffekt bedingt.Bei den getesteten Umweltallergenen waren positive Prick-Testergebnisse auf Gräser(28%) am häufigsten, während bei den Arbeitsplatzallergenen positive Testreaktionenauf Mausepithelien (8,9%) und Rattenepithelien (8,9%) im Vordergrund standen.Berücksichtigt man zusätzlich die Ergebnisse der RAST Untersuchungen, so lag dieHäufigkeit von positiven Testergebnissen bei mindestens 1-jähriger beruflicherExposition gegenüber Mäusen bei 13,8%, bei Exposition gegenüber Ratten bei 18,2%.Probanden mit arbeitsplatzbezogenen Beschwerden berichteten anamnestisch häufigerüber Heuschnupfen (34,4% vs. 12,5%) und Fließschnupfen (42,4% vs. 12,5%) alsProbanden ohne arbeitsplatzbezogene Beschwerden (Tabelle 1).Der Median des Gesamt-IgE-Spiegels lag in der Gruppe mit arbeitsplatzbezogenenBeschwerden signifikant höher (37,0 IU/ml, versus 19,0 IU/ml).Probanden mit Beschwerden benutzten häufiger als Atemschutz eine Feinstaubmaske.Die Lungenfunktionswerte (Rtot und FEV1/VC) waren in dieser Gruppe nicht signifikantschlechter, jedoch konnte das Vorliegen einer unspezifischen bronchialenHyperreagibilität tendenziell häufiger nachgewiesen werden (45% vs. 36%).Bei dem Vergleich der Probanden mit (n=16) und ohne (n=66) Sensibilisierunggegenüber Mausepithelien oder Rattenepithelien zeigten sich ähnliche Befunde.(Tabelle 2).Schlussfolgerungen:Die Häufigkeit arbeitsplatzbezogener Beschwerden ist in dem Kollektiv mit Kontakt zuLabortierstaub hoch. Die Akzeptanz der Vorsorgeuntersuchung ist – möglicherweise ausAngst um den Arbeitsplatz – jedoch oftmals gering.Die vorliegenden Ergebnisse bestätigen die Notwendigkeit regelmäßigerarbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen bei Personen mit Kontakt zuLabortierstaub. Die arbeitsmedizinische Vorsorge muss jedoch eingebunden sein in einKonzept aus Maßnahmen zur primären, sekundären und tertiären Prävention.Eine weitere engmaschige Kontrolle dieses Kollektivs wird Aussagen zu Risikofaktoren,zum Verlauf und zu Interventionsmöglichkeiten ermöglichen.100


V03Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube ITabelle 1: Vergleich der Beschäftigten (mind. 1 Jahr exponiert) mit und ohnearbeitsplatzbezogenen Beschwerden im Sinne einer Typ 1 Allergie. Für die grau unterlegtenParameter gilt p< 0,05.Keine Beschwerdenn=64Beschwerdenn=33Tätig seit (Median Jahren) 4,0 5,0Tätig (Median h/Woche) 4,0 7,0Atemschutz nie benutzt 48,4% 36,4%Feinstaubmaske benutzt 19,4% 61,9%Anamn. Heuschnupfen 12,5% 34,4%Anamn. Fließschnupfen 12,5% 42,4%Anamn. Asthma 7,8% 21,2%Rtot (Median %des Solls) 52,8 62,7FEV1/VC 83,0% 84,0%Unspez. bronch.36,0% 45,0%HyperreagibilitätGesamt IgE (Median IU/ml) 19,0 37,0Prick Test auf Gräserpositiv23,1% 40,7%Tabelle 2: Vergleich der Beschäftigten (mind. 1 Jahr exponiert) mit und ohne positive Reaktion imPricktest und/oder RAST auf Ratte oder Maus. Für die grau unterlegten Parameter gilt p< 0,05.Prick bzw. RAST neg.Maus- / Rattenepithel.n=66Tätig seit (Median Jahren) 5,0 5,0Tätig (Median h/Woche) 5,0 4,5Atemschutz nie benutzt 48,4% 25,0%Feinstaubmaske benutzt 25,0% 58,3%Anamn. Heuschnupfen 16,7% 31,3%Anamn. Fließschnupfen 16,7% 50,0%Anamn. Asthma 7,6% 25,0%Rtot (Median %des Solls) 54,9 58,8FEV1/VC 84,1% 81,3%Unspez. bronch.HyperreagibilitätGesamt IgE (MedianIU/ml)Prick Test auf Gräserpositiv32,7% 60,0%19,0 300,025,8% 41,7%Prick und/oder RASTpos.Maus-/ Rattenepithel.n=16101


V04Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IExhalative NO-Konzentration zur Früherkennung berufsbedingterallergischer Atemwegserkrankungen?Astrid Rita Regina Heutelbeck, Thomas Herrmann, Robert Metzner, Regine Pabst, Ernst HallierAbteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität, GöttingenHintergrund:Asthma bronchiale ist eine chronisch entzündliche Atemwegserkrankung, derenSchweregrad sich unter anderem in Art und Schwere der Atemwegssymptomen, derbronchialen Hyperreagibilität sowie der Atemwegsobstruktion zeigen kann. Patienten mitFrühformen oder mildem Verlauf des Asthma bronchiale können unauffälligeFunktionswerte beispielsweise bezüglich der Einsekundenkapazität in der Spirometrieaufweisen. Die zugrundeliegende asthmatypische Entzündung der tiefen Atemwege, diebronchiale Hyperreagibilität, wird in der Regel erst durch aufwendige Provokationstestsgesichert, die aufgrund ihres invasiven Charakters für Screeninguntersuchungenungeeignet sind. Damit kann die frühzeitige Einleitung geeigneter Präventionsstrategienverzögert werden, sofern sich nicht empfindlichere Screeningparameter als manifesteLungenfunktionseinschränkungen definieren lassen.Seit einigen Jahren wird zu den biologischen Markern, die den Schweregrad einesAsthma bronchiale widerspiegeln, auch der Anstieg der exhalativen Stickstoffmonoxid-Konzentration (eNO) gezählt (Alving 1993). Die Messung des eNO ist ein weniginvasives und im Vergleich zu anderen Kenngrößen schnell verfügbares Verfahren, umdie asthmatypische Atemwegsentzündung zu bestimmen. Gesunde Erwachsene zeigenin der Regel eNO Werte zwischen 10 und 20 ppb, erhöhte eNO Werte sind zwar nicht alsasthmatypisch anzusehen, Werte von über 20 bzw. 50 ppb können aber als Hinweis aufeine asthmatypische Entzündung interpretiert werden (Dupont 2003, Taylor 2006). Fürden Nutzen in der Arbeitsmedizin ist neben der guten Praktikabilität auch dieGeeignetheit von biologischen Markern, bereits Frühstadien einer Erkrankung zuerkennen, entscheidend. Insbesondere in Arbeitsbereichen mit hoher Allergenbelastungist die Implementierung geeigneter Früherkennungsstrategien notwendig, um derEntwicklung möglicher berufsbedingter Atemwegsallergiern und derenErkrankungsfolgen vorzubeugen. Zu den Tätigkeitsbereichen mit hoherAllergenbelastung zählen auch die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, wobeiinsbesondere die allergenen Belastungen in den Tierställen im Focus der Problematikstehen (Kogevinas 1999).Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, die Wertigkeit der Messung des exhalativenNO in der Früherkennung von landwirtschaftsbedingtem allergischem Asthma zuuntersuchen. Dabei stand es besonders im Focus, die ermittelten eNO Werte inAssoziation zu möglichen Frühsymptomen wie arbeitsbedingten Atemwegssymptomen102


V04Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube Ioder Lungenfunktionseinschränkungen beziehungsweise vor dem Risiko vorbestehenderSensibilisierungen gegen Allergene der allgemeinen Umwelt zu interpretieren(Heutelbeck 2005).Methodik:Untersucht wurden 287 landwirtschaftliche Auszubildende, die an der überbetrieblichenAusbildung „Rinderhaltung“ im dritten Lehrjahr in der Lehr- und Versuchsanstalt fürTierhaltung in Echem teilnahmen. Neben der Anamnese zu vorbestehenden Haut- oderAtemwegsbeschwerden wurden die Ergebnisse einer spirometrischenLungenfunktionsprüfung (Flowscreen, Viasys), eines serologischen Allergiescreeningsunter Berücksichtigung ausgewählter Typ I Inhalationsallergene der allgemeinen Umwelt(All-Screen „Inhalation“) und Rinderallergen (HycorBiomedical GmbH) sowie einer eNO-Messung (Aerocrine) erfasst. Die Zustimmung der zuständigen Ethikkommission zurvorliegenden Untersuchung wurde eingeholt.Ergebnisse:im untersuchten Kollektiv (23 w, 264 m; Alter von 17 bis 34 Jahre) fanden sich bei 18,1% (n=52) auf mindestens 20 ppb erhöhte eNO Werte (Minimum 2; Maximum 139;Median 11; Mittelwert 14,6) (Abb. 1). Die Hälfte der Auszubildenden (n=143) berichtetevon vorbestehenden Beschwerden an Augen (n=40), der Nase (n=70), der Haut (n=81)und/oder der tiefen Atemwege (n=58). Jeder dritte Auszubildende (n=94) zeigte eineSensibilisierung gegen Allergene der allgemeinen Umwelt wie Hausstaubmilben (18,8%),Hund (18,5%), Pollen (16%), Katze (7,3%) sowie Cladosporium herbarum (1%). DesWeiteren wiesen 33 Auszubildende (11,5%) eine landwirtschaftsbedingteSensibilisierung gegen Rinderallergen auf. Die Auszubildenden mitRinderallergensensibilisierung zeigten signifikant höhere eNO Werte als die „gesunden“Auszubildenden ohne jede Sensibilisierung, Atemwegssymptome oderLungenfunktionseinschränkung (p


V04Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IDrittel der untersuchten Auszubildenden ist daher aufgrund ihrer Prädisposition einerhöhtes Risiko anzunehmen, eine landwirtschaftliche Atemwegsallergie zu entwickeln.Des Weiteren wiesen 33 Auszubildende bereits eine landwirtschaftsbedingteSensibilisierung durch Rinderallergen sowie neun Auszubildende spirometrischeHinweise auf eine Atemwegsobstruktion auf und wurden einer weiterführendenfachärztlichen Abklärung zugeführt, um deren klinische Relevanz im Hinblick auf dieEntwicklung eines möglichen Berufsasthmas abzuklären.Die Durchführung der eNO Messung im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungzeigte eine gute Praktikabilität, aber unter Berücksichtigung der vorgeschlagenenGrenzwerte zur Abgrenzung von asthmatypischer Atemwegsentzündung von 20 bzw. 50ppb nur eine schwache Korrelation zu den etablierten Untersuchungsparametern. Diestatistische Analyse ergab hingegen eine signifikante Trennschärfe zwischen denjenigenAuszubildenden, die bereits eine berufsbedingte Sensibilisierung durch Rinderallergenaufwiesen und den nach Anamnese und Diagnostik unauffälligen Auszubildenden. Diessteht in Übereinstimmung mit der internationalen Literatur, die sowohl im Hinblick aufschicksalsbedingte Atemwegsallergien (Dupont 2003), als auch im Hinblick auf beruflicheKollektive wie beispielsweise Beschäftigte in Labortierställen (Adisesh 1998) höhere eNOWerte für Symptomatische als für Nichtsymptomatische beschreibt.In der vorliegenden Untersuchung wiesen nur 30,3% (n=10) der RindersensibilisierteneNO Werte von mindestens 20 ppb beziehungsweise 9% (n=3) mindestens 50 ppb auf.Auch zeigte nur jeder fünfte Auszubildende mit arbeitsplatzbezogenen Beschwerden aufmindestens 20 ppb erhöhte eNO Werte. Für zwei der neun Auszubildenden mitlungenfunktionsanalytischen Hinweisen auf eine Atemwegsobstruktion konnte ein aufmindestens 20 ppb erhöhtes eNO nachgewiesen werden.Zusammengefasst lassen die Ergebnisse unserer Untersuchungen annehmen, dass dieBestimmung des eNO als nichtinvasive Diagnosemethode grundsätzlich eine praktikable,ergänzende Untersuchungsmethode in der Arbeitsmedizin darstellt, um Kollektive imHinblick auf eine berufsbedingte Atemwegsallergie zu untersuchen. Die derzeitvorgeschlagenen Grenzwerte von 20 bzw. 50 ppb stellen sich allerdings als nichtgeeignet dar, um Gesunde von Allergikern zu unterscheiden. WeiterführendeUntersuchungen sollen die Implementierung möglicher arbeitsmedizinischerRisikoschwellenwerte voranbringen.Im Hinblick auf eine Implementierung von eNO als Screeningparameter inarbeitsmedizinischen Feldstudien ist zu bedenken, dass die Interpretation der eNOWerte durch einige Confounder eingeschränkt wird: dazu zählen sowohl Zigarettenrauchen, einige Ernährungsgewohnheiten als auch Atemwegsinfekte. Um die104


V04Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IAussagekraft von eNO im Rahmen von Früherkennungsuntersuchungen nichteinzuschränken, sollten die relevanten Confounder berücksichtigt werden.Wir danken der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierhaltung der LandwirtschaftskammerNiedersachsen in Echem für die logistische Unterstützung bei der Durchführung derUntersuchungen.Literatur• Adisesh LA, Kharitonov SA, Yates DH, Snashell DC, Newman-Taylor AJ, Barnes PJ:Exhaled and nasal nitric oxide is increased in laboratory animal allergy. Clin ExpAllergy 28 (1998): 876-880• Alving K, Weitzberg E, Lundberg JM: Increased amount of nitric oxide in exhaled airof asthmatics. Eur Respir J 6 (1993): 1368-70• Dupont LJ, Demedts MG, Verleden GM: Prospective Evaluation of the validity ofexhaled nitric oxide for the diagnosis of asthma. Chest 123 (2003): 751-756• Heutelbeck A, Janicke N, Langer C, Reck C, Kuetting B, Drexler H, Hallier E,Bickeböller H: German cattle allergy study: prevention strategies for cattle allergy.Allergy Clin Immunol Int: J World Allergy Org Suppl. 1 (2005): 385• Kogevinas M, Anto JM, Sunyer J, Tobias A, Kromhout H, Burney P: Occupationalasthma in Europe and other industrialised areas: a population-based study. EuropeanCommunity Respiratory Health Survey Study Group. Lancet 353 (1999):1750-4• Taylor DR, Pijenburg MW, Smith AD, Jongste JCD: Exhaled nitric oxidemeasurements: clinical application and interpretation. Thorax 61 (2006): 817-827Abb.1: Verteilung der exhalativen NO-Werte [ppb] bei 287 landwirtschaftlichen Auszubildenden105


V04Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IAbb.2: Verteilung der exhalativen NO-Werte [ppb] bei landwirtschaftlichen Auszubildenden mitSensibilisierung gegen Rinderallergen (n=33) versus Gesunde (n=99)106


V05Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IKurzzeiteffekte einer Schulungsmaßnahme bei Landwirten mitBerufsasthma auf das exhalierte Stickstoffmonoxid (eNO)Holger Dressel 1 , Corinna Gross 1 , Dorothea de la Motte 1 , Joachim Sültz 2 , Rudolf A Jörres 1 ,Dennis Nowak 1Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München;2 Pneumologie, Arbeitsmedizin, NeusässHintergrund: In der Landwirtschaft besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung vonBerufsasthma. Die Landwirtschaftlichen Sozialversicherungen bietenSchulungsmaßnahmen für diese Patientengruppe an. Jedoch liegen keine objektivenDaten über Effekte von Schulungen in derartigen Kollektiven vor.Ziel: Evaluation der Kurzzeiteffekte einer Schulungsmaßnahme auf das exhalierteStickstoffmonoxid (eNO) und die Spirometrie bei Landwirten mit Berufsasthma.Methoden: 120 Landwirte mit Berufsasthma, hauptsächlich sensibilisiert gegenüberRinderhaaren und Vorratsmilben, nahmen an einem eintägigen Schulungsprogramm teil.Inhalte waren generelle und berufsspezifische Informationen über Asthma,Präventionsmaßnahmen und Medikation. 81 Teilnehmer (32 Frauen, 49 Männer; Alter48,3±9,1 Jahre) wurden erneut nach 4-6 Wochen untersucht. Bei diesen Patientenwurden eNO (Niox Mino TM , Aerocrine, Schweden), Spirometrie (SpiroPro TM , Jaeger,Deutschland) und Fragebogenangaben vor und nach Intervention verglichen. DasKontrollkollektiv (n=24; 5 Frauen, 19 Männer; Alter 43,8±10,2 Jahre) bestand ausLandwirten mit Berufsasthma, die nicht an der Schulung teilnahmen.Ergebnisse: Der eNO-Wert (geometrisches Mittel) sank von 28,2 ppb auf 25,6 ppb(p=0,042) nach der Intervention. Bei Personen mit erhöhten Ausgangswerten (> 35 ppb,n=32) sank eNO von 59,7 ppb auf 49,2 ppb (p=0,003). Ferner ergab sich in derInterventionsgruppe eine Reduktion der Häufigkeit arbeitsplatzbezogener Symptome(p=0,012). In den entsprechenden Kontrollgruppen veränderten sich eNO oder dieSymptomhäufigkeiten nicht signifikant. Darüber hinaus zeigten die Messgrößen derLungenfunktion keine statistisch signifikanten Effekte in Interventions- undKontrollgruppe.Schlussfolgerung: Mit Hilfe eines Markers für Atemwegsentzündungen (eNO) ließ sich4-6 Wochen nach einer eintägigen Schulung für Landwirte mit Berufsasthma ein positiverEffekt nachweisen. Dieser Effekt war vermutlich sowohl auf verbesserteSchutzmaßnahmen als auch auf eine erhöhte Compliance bei der Therapie derchronischen Erkrankung zurückzuführen. Aufgrund seiner hohen Sensitivität sowieseines Bezugs zur allergischen Exposition und Reaktion scheint es sinnvoll, auch bei derEvaluation künftiger präventiver Maßnahmen in ähnlichen Kollektiven eNO als Marker zuverwenden.107


V05Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IUnterstützt von LSV Niederbayern/Oberpfalz und Schwaben und LSV Franken undOberbayern.* Ein ausführlicher Artikel über diese Studie wurde zur Veröffentlichung im EuropeanRespiratory Journal (<strong>2007</strong>) angenommen, dort können weitere Details und Dateneingesehen werden.108


V06Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IStickstoffmonoxid-Messung (FeNO) als eine differenzierendeMethode in der DiagnostikLioubov Barbinova, Cordula Bittner, Xaver BaurOrdinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg, HamburgEinleitung:Entzündungsprozesse in den Lungen sind sowohl bei allergischen als auch beichemisch-irritativen Erkrankungen von wesentlicher Bedeutung.FeNO ist ein leicht fassbarer Marker, der Entzündungsprozesse widerspiegelt.Eosinophilie und FeNO korrelieren gut, deswegen wird FeNO in erster Linie als Markerder Aktivität der allergischen Prozesse betrachtet (1, 2).Das Bäcker-Asthma ist eine typische Berufskrankheit, die in der Regel durch IgEvermittelteSensibilisierungen auf Mehl oder fungale α-Amylase hervorgerufen wird (3).Im Gegensatz zu Bäckern klagen Friseure häufig über Atemwegssymptome in FolgeEinwirkung irritativer Arbeitsstoffe. Untersuchungen mit anderen irritativen Arbeitsstoffen(z.B. Isocyanate) haben gezeigt, dass FeNO durch irritative Stoffe überwiegend nichtverändert wird (4).Unseres Wissens gibt es bisher keine Untersuchung, die FeNO-Messungen bei Bäckernund Friseuren beinhaltet.Wir untersuchten 11 Asthma-kranke Bäcker mit Mehlstaub-Sensibilisierung und 15Friseurinnen mit Exposition gegenüber einem Gemisch von irritativ wirkendenArbeitsstoffen. Nach unserer These haben hoch exponierte sensibilisierte Bäckererhöhte FeNO-Werte.Von Friseuren, die Atemwegssymptome überwiegend durch irritative Stoffen entwickeln,können wir einen solchen FeNO-Anstieg nicht erwarten.Unser Ziel war, die Aussagefähigkeit der FeNO-Messung für die Diagnostik in beidenKollektiven zu erfassen.Methoden:Bei den Asthma-kranken Bäckern führten wir Prickteste und spezifische IgE-Antikörperbestimmungen (CAP) auf Mehle durch, bei Friseurinnen Prick-Teste mit 3Friseur-Arbeitsstoffen sowie Epikutanteste mit 10 relevanten Antigenen. In beidenBerufsgruppen erfolgte eine Lungenfunktionsprüfung sowie ein Methacholintest (MCH)und eine FeNO-Messung.Wir führten die FeNO-Messungen standardisiert nach den ATS/ERS-Empfehlungendurch. Zusätzlich bestimmten wir im Bäcker-Kollektiv nach einem neuendifferenzierenden Messablauf (2-Komponenten-Modell) auch die alveolare undbronchiale NO-Konzentration (C alv und C w ) sowie den NO-Diffusionskoeffizienten (D NO ).109


V06Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IWir führten die differenzierende FeNO-Messung mit 5 verschiedenen Flussraten (20, 50,100, 200, 300 ml/s) durch. Das 2-Komponenten-Modell bietet die theoretischeMöglichkeit, diese drei Kenngrößen zu erfassen (5). Die Schätzungen für Kenngrößenkönnen mittels linearer und nicht-linearer Regression erfolgten. Auf diese Weise war dieBestimmung von C alv und C w sowie des D NO nach dem 2-Komponenten-Modell möglich.Ergebnisse:Alle 11 Bäcker hatten IgE-Antikörper gegen Weizen- und Roggen-Mehl (im Mittel 39,9kU/L); 9 der 10 mittels Prick-Test Untersuchten zeigten auch hier positive Reaktionen. 7der 10 untersuchten Bäcker waren Atopiker. Vier waren obstruktiv (sRt in der basalenMessung >=1,2 kPa*s), 7 wiesen normale Lungenfunktionswerte auf; die in 7 Fällendurchgeführte Hyperreagibilitätstestung zeigte 6 mal einen pathologischen Befund. Die 8nichtrauchenden Bäcker hatten ein signifikant höheres basales FeNO (50,5 ± 9,0 ppb)als gesunde Kontrollen (13,7 ± 3,3 ppb; n=24) (p50%). Auch die zwei Asthma-Responder im positiven spezifischen Provokationstestwiesen keine nennenswerte Änderung auf.Unsere Ergebnisse bestätigen die These erhöhter FeNO-Werte bei hoch sensibilisiertenBäckern. Wir wissen aber nicht, wo genau in den Atemwegen dieser Anstieg stattfindet.Das Ziel unserer differenzierenden Messungen bei Bäckern war, den Teil desRespirationstrakts, der für diesen Anstieg verantwortlich ist, zu identifizieren. Nach einernicht-linearen Regressionsmethode errechneten wir die differenzierenden NO-Parameterim Bäcker-Kollektiv sowie bei Kontroll-Personen.Wir haben ein gemischtes Kollektiv (8 Raucher und 3 Nichtraucher). Deswegen machtenwir den Vergleich zwischen Bäckern und Kontroll-Kollektiven getrennt für Raucher undNichtraucher. Nicht-rauchende Bäcker zeigten signifikant erhöhte Schätzwerte für C alv110


V06Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube Iund D NO im Vergleich zu nicht exponierten nicht-rauchenden Kontrollen (3,8 ± 1,1 vs.0,5 ± 0,08 ppb; p


V06Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube Iauch Alveolen in die inflammatorischen allergischen Prozesse involviert sind. DieHypothese, dass erhöhte C alv -Werte funktionellen Veränderungen in den peripherenAtemwegen entsprechen, soll in einem größeren Kollektiv verifiziert werden.Im Gegensatz zu diesen Befunden bestand unter Friseurinnen kein Zusammenhangzwischen den FeNO-Werten in Ruhe und nach spezifischer Provokation einerseits undder Reaktion im spezifischen Arbeitsplatz-bezogenen Expositionstest anderseits. Diesspricht gegen ein wesentliches, durch Friseurarbeitsstoffe ausgelöstes allergischesGeschehen an den Atemwegen. Im Gegensatz zu unseren Ergebnissen wird bisher inden Berufskrankheiten-Verfahren bei Friseuren ganz überwiegend (fast zwei Drittel) vonallergisierenden Effekten im Sinne der BK 4301 ausgegangen (6). Es sollen weitereAnalysen bei Bäckern durchgeführt werden, um zu ermitteln, ob ein positiverZusammenhang zwischen allergologischen Daten, Lungenfunktionsparametern undweiteren differenzierenden FeNO-Parametern (insbesondere C alv ) existiert.Literatur1. Jatakanon A, Lim S, Kharitonov SA, Chung KF, Barnes PJ. Correlation betweenExhaled nitric oxide, sputum eosinophils, and methacholine responsiveness inpatients with mild asthma. Thorax 1998; 53:91-95.2. Silvestri M, Spallarosa D, Frangova Yorukova V, Battistini E, Fregonese B, RossiGA. Orally exhaled nitric oxide levels are related to the degree of bloodeosinophilia in atopic children with mild-intermittent asthma. Eur Respir J 1999;13: 321-326.3. Baur X, Posch A. Characterized allergens causing bakers' asthma. Allergy. 1998Jun;53(6):562-6. Review.4. Barbinova L, Baur X: Increase in exhaled nitric oxide (eNO) after work-relatedisocyanate exposure. Int Arch Occup Environ Health 2006;79:387-955. Silkoff PE, Sylvester JT, Zamel N, Permutt S. Airway nitric oxide diffusion inasthma: role in pulmonaly function and bronchial responsiveness. Am J RespirCrit Care Med 2000;161:1218-1228.6. Butz M. Zentrales Informationssystem der gesetzlichen Unfallversicherung(ZIGUV), Berufskrankheitendokumentation (BK-DOK) 2003). Sankt Augustin,Germany: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, 2004.112


V06Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube I120ABasale FeNO-Werte der 11 untersuchten Bäckern100+FeNO(ppb)806040200* ***Normgrenze+ * +1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11+ Raucher; * unter inhalativen Kortikosteroiden120BBasale FeNO-Werte der 15 untersuchten Friseurinnen100FeNO (ppb)806040200+ +Normgrenze+ ** *1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15+ Raucher; * unter inhalativen KortikosteroidenAbbildung 1113


V06Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IFeNO-Parameter und Lungenfunktionswerte von Bäckern mit und ohneerhöhte C alv(Mittelwerte)(im Fettschrift: Auffallende Divergenzen)KortikosteroideFeNO(ppb)CalvCwDJwProbandenmit erhöhtemCalv (n=3)280,7310,5270,720,94571,7Probandenmit normalemCalv (n=8)333,10,3102,923,01956,2KortikosteroidesRtRV%_SollTLC%_SollRV/TLC%_SollFEV1%_SollFEV1/_FVCPEF%_SollPD100Probandenmit erhöhtemCalv (n=3)21,52117,7106,331068085,3379,30,04Probandenmit normalemCalv (n=8)31,09100,5104,2597,187,1391,88100,60,25Tabelle 1114


V07Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieSchlafapnoe-Screening bei Fahrbediensteten im ÖffentlichenPersonennahverkehrRolf LorbachBetriebsärztlicher Dienst, Stadtwerke Köln, KölnManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.115


V08Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieErhöhte Schläfrigkeit bei Busfahrern im Fernverkehr?Britta Geißler 1 *, Lorenz Hagenmeyer 2 , Udo Erdmann 3 , Axel Muttray 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 Institut fürArbeitswissenschaft und Technologiemanagement, Universität Stuttgart, Stuttgart; 3 Arbeitsgestaltung beipsychischen Belastungen, Stress, Bundesanstalt für Arbeitsschutz*Daten aus der med. Diss. von B. Geißler, in VorbereitungZiel der StudieSchläfrigkeit und Einschlafen am Steuer gehen mit einem erhöhten Unfallrisiko einher.Besonders gefährdet sind Berufskraftfahrer1 . Mit dem PupillographischenSchläfrigkeitstest (PST) steht ein objektives Verfahren zur Messung der zentralnervösenAktivierung zur Verfügung. Ein niedriges Aktivierungsniveau wird vielfach als Maß fürSchläfrigkeit angesehen 2 . In einer laufenden Feldstudie wird mit dem PST geprüft, obbzw. in welchem Ausmaß Schläfrigkeit bei Busfahrern auftritt.MethodenIm noch laufenden Feldversuch werden Busfahrer im Rahmen regulärer Fahrten imReisefernverkehr untersucht. Ausgangs- und Zielpunkte der Fahrten sind Orte innerhalbEuropas. Bisher konnten 27 männliche Busfahrer aus verschiedenen gewerblichenUnternehmen in die Studie aufgenommen werden. Das mittlere Alter der Probanden lagbei 43 Jahren (28-57 Jahre). Alle Probanden gaben ihr schriftliches Einverständnis zurTeilnahme an der Studie, die durch die zuständige Ethikkommission genehmigt wurde.Die Busfahrer wurden ärztlich untersucht. Diese Voruntersuchung umfasste neben derAnamneseerhebung eine internistische und orientierende neurologische Untersuchung,Laboruntersuchungen und einen Sehtest in Anlehnung an denberufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 25 und fand zeitlich getrennt von der Testfahrtstatt. Am Tag der Messfahrt wurden Leerwerte durch Messungen unmittelbar vorFahrtantritt erhoben. Im Anschluss erfolgte eine reguläre Fahrt mit Passagieren imReisefernverkehr. Nach Fahrtende wurde der Fahrer ein zweites Mal untersucht.Als Messinstrumente verwendeten wir den Pupillographischen Schläfrigkeitstest (PST)und die Karolinska Schläfrigkeitsskala (KSS).Beim Pupillographischen Schläfrigkeitstest (Gerät F2D, Fa. AMTech, Weinheim,Deutschland) werden in sitzender Haltung spontane Änderungen der Pupillenweite inDunkelheit über 11 Minuten mit Infrarot-Video-Pupillographie aufgezeichnet. DerProband trägt hierfür eine Spezialbrille mit integrierter Videokamera undInfrarotlichtquelle und wird aufgefordert, entspannt in Richtung eines Fixationslichts zuschauen. Während der Messung wird nicht mit dem Probanden gesprochen.Ergebnisparameter nach automatischer Auswertung ist der relative Pupillenunruheindex(rel PUI, [min -1 ]) 3, 4 . Dies ist der Quotient aus dem Pupillenunruheindex (PUI, [mm/min])116


V08Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, Chronobiologieals Maß für die Schwankungen der Pupillenweite in mm pro Minute und derPupillenausgangsweite [mm]. Ein hoher relativer Pupillenunruheindex drückt Instabilitätder Pupillenweite aus und zeigt ein niedriges zentralnervöses Aktivierungsniveau an. DieMessungen wurden nach einer 10-minütigen Pause im stehenden klimatisiertenReisebus durchgeführt. Durch Verwendung einer Vorhangkonstruktion undKapselgehörschutz wurden die Probanden gegenüber störenden Umwelteinflüssen (Lichtund Lärm) abgeschirmt.Die Karolinska Schläfrigkeitsskala (KSS) 5ist eine 9-stufige Ordinalskala, bei der dieProbanden aufgefordert werden, ihren momentanen Müdigkeitsgrad auf einer Skala von1 (sehr wach) bis 9 (sehr müde) anzugeben. Die Probanden füllten den Schläfrigkeits-Fragebogen jeweils unmittelbar nach Durchführung des PupillographischenSchläfrigkeitstests aus.Ergebnisseeingeschlafenrel PUI[min-1]3210rel PUI vor Fahrtbeginnrel PUI nach FahrtendeAbb. 1: Relativer Pupillenunruheindex aller Busfahrer vor Fahrtbeginn und nach Fahrtende.Während der PST-Messung eingeschlafene Probanden sind zur besseren graphischenDarstellung mit einem fiktiven relativen Pupillenunruheindex von 5 min -1 gekennzeichnet.PST: Pupillographischer Schläfrigkeitstest. rel PUI: relativer Pupillenunruheindex.117


V08Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieAbb. 2: Scores der Karolinska Schläfrigkeitsskala und relativer Pupillenunruheindex nachFahrtende.Während der PST-Messung eingeschlafene Probanden sind zur besseren graphischenDarstellung mit einem fiktiven relativen Pupillenunruheindex von 5 min -1 gekennzeichnet.KSS: Karolinska Schläfrigkeitsskala. PST: Pupillographischer Schläfrigkeitstest.rel PUI: relativer Pupillenunruheindex.Der mediane relative PUI vor Fahrtbeginn bzw. nach erfolgter Fahrt betrug 1,18 min -1bzw. 1,36 min -1 , das 3. Quartil 1,60 min -1 bzw. 2,05 min -1 . Bei Betrachtung derDifferenzen der relativen PUI-Werte (nach Fahrt minus vor Fahrt) ergab sich ein Medianvon -0,07 min -1 und ein Wert von 0,46 min -1 für das 3. Quartil (p=0,92, Wilcoxon-Test).Gemäß einer Normwertstudie mit einem ähnlichen Pupillographen wird ein relativer PUI> 1,53 min -1 als pathologisch angesehen 4, 6 . 7 Fahrer schliefen während der Messungein: 2 Fahrer nur vor der Fahrt, ein Fahrer sowohl vor als auch nach der Fahrt und 4Fahrer nur nach erfolgter Fahrt (Abb. 1).Subjektiv schätzten sich die Probanden auf der Karolinska Schläfrigkeitsskala nach derFahrt schläfriger ein als vor der Fahrt. Das erste bis dritte Quartil betrug vor Fahrtbeginn2, 3 und 3, nach Fahrtende 3, 4 und 7 (p=0,001, Wilcoxon-Test). Die relativen PUI-Werteund die Scores der Karolinska Schläfrigkeitsskala wiesen nach Fahrtende (Abb. 2) einebessere Übereinstimmung auf als vor der Fahrt (nicht dargestellt).DiskussionBei 25% der im Rahmen der laufenden Studie untersuchten Busfahrer wurden deutlicherhöhte relative PUI-Werte als Hinweis auf ein niedriges zentralnervösesAktivierungsniveau und vermutlich auch erhöhte Schläfrigkeit festgestellt. Ob die Fahrermit pathologischen relativen PUI-Werten während der Fahrt vermehrt schläfrig waren,wird durch die Auswertung von während der Fahrt aufgezeichneten Videofilmen geprüft7 . Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, würde dies ein erhebliches Unfallrisikobedeuten. Da sich die an der Studie beteiligten Firmen durch ein besonderes Interesse118


V08Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, Chronobiologiean Verkehrssicherheit auszeichnen, stellen sie eine positive Selektion dar. Der Anteilschläfriger Fahrer in der Grundgesamtheit dürfte daher noch höher liegen. Die aktuellmäßige Übereinstimmung zwischen neurophysiologischen und subjektivenschläfrigkeitsbezogenen Verfahren ist in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben 2, 8 .Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass subjektive und objektiveUntersuchungsverfahren häufig unterschiedliche Dimensionen müdigkeits- undschläfrigkeitsbezogener Prozesse erfassen und/oder dass Ergebnisse subjektiverFragebogendaten von der Introspektionsfähigkeit der Probanden abhängen undschläfrige Fahrer sich häufig nicht adäquat einschätzen können.DanksagungDie Studie wurde von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin gefördert.Literatur1.Knipling RR, Wang J-S. Crashes and fatalities related to driver drowsiness/fatigue: U.S.Department of Transportation. National Highway Traffic Safety Administration, 1994.2.Weeß H-G, Sauter C, Geisler P, Böhning W, Wilhelm B, Rotte M, Gresele C, SchneiderC, Schulz H, Lund R, Steinberg R, Arbeitsgruppe Vigilanz der Deutschen Gesellschaftfür Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM). Vigilanz, Einschlafneigung,Daueraufmerksamkeit, Müdigkeit, Schläfrigkeit - Diagnostische Instrumentarien zurMessung müdigkeits- und schläfrigkeitsbezogener Prozesse und deren Gütekriterien.Somnologie, 4, 2000:20-38.3.Lüdtke H, Wilhelm B, Adler M, Schaeffel F, Wilhelm H. Mathematical procedures indata recording and processing of pupillary fatigue waves. Vision Res, 38, 1998:2889-2896.4.Lüdtke H. Mess- und Analyseverfahren in der Pupillographie: PupillographischerSchläfrigkeitstest, Pupillenlichtreflex, automatisierter Swinging-Flashlight-Test undPupillenkampimetrie: Shaker Verlag, Aachen, 2005.5.Akerstedt T, Gillberg M. Subjective and objective sleepiness in the active individual. IntJ Neurosci, 52, 1990:29-37.6.Wilhelm B, Körner A, Heldmaier K, Moll K, Wilhelm W, Lüdtke H. Normwerte despupillographischen Schläfrigkeitstests für Frauen und Männer zwischen 20 und 60Jahren. Somnologie, 5, 2001:115-120.7.Muttray A, Hagenmeyer L, Unold B, du Prel J-B, Geißler B. Videoanalyse derSchläfrigkeit von Fahrern - eine Pilotstudie. In: Letzel S, Löffler K, Seitz C (Hrsg.):Dokumentationsband über die 47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft fürArbeitsmedizin und Umweltmedizin in Mainz, <strong>2007</strong>.8.Wilhelm B, Wilhelm H, Lüdtke H, Streicher P, Adler M. Pupillographic assessment ofsleepiness in sleep-deprived healthy subjects. Sleep, 21, 1998:258-265.119


V09Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieObjektivierung von Tagesschläfrigkeit bei 50 - 65-jährigenBeschäftigten im VerwaltungsbereichBarbara Wilhelm 1 , Till Brummund 1 , Wilhelm Durst 1 , Gerhard Otto 21 Kompetenzbereich II, Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik und Funktionsprüfung, Tübingen;2 Referat 742 Arbeitsmedizin, Arbeitssicherheitsorganisation, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt,Gesundheit und Verbraucherschutz, MünchenManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.120


V10Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieEinfluss von Alter und Geschlecht auf die Schlaf- undLebensqualität 50 - 65-jähriger Beschäftigter im VerwaltungsbereichWilhelm Durst 1 , Till Brummund 1 , Barbara Wilhelm 1 , Gerhard Otto 21 Kompetenzbereich II, Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik und Funktionsprüfung, Tübingen;2 Referat 742 Arbeitsmedizin, Arbeitssicherheitsorganisation, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt,Gesundheit und Verbraucherschutz, MünchenManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.121


V11Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieNächtliches Aufwachen durch Straßen- und SchienenverkehrslärmAnke Marks 1 , Barbara Griefahn 1 , Christa Künemund 1 , Mathias Basner 21 Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund, Dortmund; 2 Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin,Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, KölnZiel der StudieSchlafstörungen werden zunehmend durch Verkehrslärm verursacht, der in denkommenden Jahren insbesondere in den Nachtstunden weiter ansteigen wird.Aufwachreaktionen stellen die stärkste Form der Aktivierung dar, die schließlich zustrukturellen Änderungen des Schlafes führen (Åkerstedt et al. 2002, Basner et al. 2006).In dieser Studie wird die Wahrscheinlichkeit, durch Straßen- oderSchienenverkehrsgeräusche aufzuwachen, laborexperimentell untersucht. Ob einePerson durch ein Lärmereignis aufwacht oder nicht, wird von einer Vielzahl vonEinflussfaktoren moderiert. In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung möglicherphysikalischer, individueller und situativer Einflussfaktoren auf dieAufwachwahrscheinlichkeit überprüft.Insbesondere soll der Effekt tiefer Frequenzen, die als besonders störend eingestuftwerden, durch den Vergleich zwischen Szenarien mit Originalgeräuschen undGeräuschsituationen, bei denen die tiefen Frequenzen gedämpft wurden, ermitteltwerden. Basierend auf den Untersuchungen von LeVere et al. (1973, 1974), in denenTerzbandgeräusche mit jeweils gleichem Maximalpegel aber unterschiedlichenMittenfrequenzen (50, 125, 250 und 1000 Hz) appliziert und größere polysomnografischdiagnostizierte Schlafstörungen bei tieffrequenten Geräuschen gefunden wurden, wirdvermutet, dass unter gedämmten Geräuschen weniger Aufwachreaktionen auftreten alsunter Originalgeräuschen.MethodenStichprobe. 16 gesunde und normal hörende Probanden (8 Männer, 8 Frauen) zwischen19 und 28 Jahren gaben ihr Einverständnis zur Teilnahme an der von derEthikkommission genehmigten Studie.Experimentelles Design. Die Probanden schliefen nach einer Gewöhnungsnacht (So-Mo)in zwei aufeinander folgenden Wochen von Montag Abend bis Freitag Morgen im Labor.Je acht Probanden waren dem Schienen- bzw. Straßenverkehrslärm ausgesetzt. In jederWoche gab es in permutierter Folge eine Ruhenacht (28 dB(A) Rosa Rauschen) und 3Lärmnächte, in denen Verkehrsgeräusche mit in 3 Kategorien unterteilten Maximalpegelnappliziert wurden (L Amax : 45-65, 51-71, 58-77 dB). Je eine Woche lang wurden dieOriginalgeräusche bzw. die entsprechenden, im Bereich bis 200 Hz um 12 dBgedämpften Geräusche dargeboten. In allen Nächten wurde während der gesamten122


V11Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieBettzeit (23-7 Uhr) das Polysomnogramm (2 EEGs, 2 EOGs, 1 EMG) zur Beurteilung derSchlaftiefe aufgezeichnet.Auswertung. Die Auswertung der Polysomnogramme erfolgte nach den Kriterien vonRechtschaffen & Kales (1968). Als Aufwachreaktionen wurden alle kortikalen, im EEGund im EMG erkennbaren Arousals mit einer Dauer von mindestens 15 Sekundeneingestuft. Für die ereigniskorrelierte Auswertung wurde ein Zeitfenster von 2Polysomnogramm-Epochen (60 Sekunden) ab Beginn des Geräusches gewählt,innerhalb dessen der Schlaf auf Aufwachreaktionen überprüft wurde. Insgesamt wurdedie Reaktion auf 14 589 Lärmereignisse betrachtet.Als mögliche Einflussfaktoren gingen physikalische Parameter (Maximalpegel,Pegelanstiegszeit, Geräuschdauer, lärmfreies Intervall, Dämmung), situative Parameter(verstrichene Schlafzeit, vorher Tiefschlaf, vorher REM-Schlaf) sowie dieLärmempfindlichkeit als individueller Parameter in die logistische Regressionsanalyse mitein.Ergebnisse und DiskussionDer Vergleich der durch Verkehrslärm induzierten Aufwachwahrscheinlichkeiten zeigt,dass durch Schienenverkehrslärm mit 9,2% mehr Aufwachreaktionen hervorgerufenwerden als durch Straßenverkehrslärm mit 7% (Abbildung 1). Durch die Dämmung dertiefen Frequenzanteile in den Verkehrsgeräuschen konnte keine Reduktion derAufwachreaktionen erreicht werden.Abbildung 1: Vergleich der durch Schienen- und Straßenverkehrslärm verursachtenAufwachwahrscheinlichkeiten (tiefe Frequenzanteile < 200 Hz um 12 dB gedämmt oderungedämmte Originalgeräusche).Aufwachwahrscheinlichkeit (%)1086420ungedämmtgedämmtungedämmtgedämmtStraßeSchiene123


V11Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieWie Tabelle 1 zeigt, hatten die physikalischen Parameter Maximalpegel,Pegelanstiegszeit Dauer der Geräusche und das jeweils vorausgehende lärmfreieIntervall einen signifikant moderierenden Effekt. Erwartungsgemäß nahm dieAufwachhäufigkeit mit zunehmendem Pegel und mit kürzer werdender Anstiegszeit(höherer Pegelanstiegssteilheit) zu, ebenso mit der Geräuschdauer und der Dauer derdem jeweiligen Geräusch vorausgehenden lärmfreien Zeit. Dass die Dämmung der tiefenFrequenzen keine Wirkung zeigte, ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass hier nur einkleiner Teil eines breiten Frequenzspektrums (< 200 Hz) gedämmt wurde, währendLeVere et al. (1973, 1974) ausschließlich Terzbandgeräusche, also selektiv einzelneFrequenzbänder appliziert hatten. Ebenfalls keinen Einfluss auf die physiologischenReaktionen hatte die individuelle, als stabiles Persönlichkeitsmerkmal identifizierteLärmempfindlichkeit, während sich situative Parameter (verstrichene Schlafzeit, vorherTief- oder REM-Schlaf) als bedeutsam erwiesen. Mit zunehmender Schlafdauer undabnehmender Schlaftiefe nahm die Aufwachhäufigkeit zu.Tabelle 1: Logistische Regressionsanalysen der Aufwachwahrscheinlichkeit. ß = ß-Koeffizient; SE = Standardfehler; p = p-Wert ( * =p


V11Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieDa lärminduzierte Aufwachreaktionen auch eine Veränderung der Schlafstruktur nachsich ziehen und somit Beeinträchtigungen des Befindens und der Leistung bewirken(Marks & Griefahn 2005) sind bei entsprechender individueller Vulnerabilität langfristiggesundheitliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen.Literatur• Åkerstedt T, Billiard M, Bonnet M, Ficca G, Garma L, Mariotti M, Salzarulo P, SchulzH: Awakening from sleep. Sleep Medicine Reviews, 6 (4), 2002, 267-286.• Basner M, Samel A, Isermann U: Aircraft noise effects on sleep: Application of theresults of a large polysomnographic field study, Journal of the Acoustical Society ofAmerica, 119 (5), 2006, 2772-2784.• LeVere TE, Bartus RT, Morlock GW, Hart FD: Arousal from sleep: responsiveness todifferent auditory frequencies equated for loudness. Psychophysiology and Behavior10, 1973, 53-57.• LeVere TE, Morlock GW, Thomas LP, Hart FD: Arousal from sleep: the differentialeffect of frequencies equated for loudness. Psychophysiology and Behavior 12, 1974,573-582.• Marks A, Griefahn B: Railway noise – its effects on sleep, mood, subjective sleepquality, and performance. Somnologie 9, 2005, 68-75.• Rechtschaffen A, Kales A: A manual of standardized terminology, techniques andscoring system for sleep stages in human subjects. US Dept of Health, Education,and Welfare. Public Health Service – National Institutes of Health, National Instituteof Neurological Diseases and Blindness, Neurological Information Network,Bethesda, Maryland 20014, 1968.125


V12Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieCortisolproduktion nach lichtinduzierter Verschiebung derPhasenlageBarbara GriefahnInstitut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund, DortmundZiel der StudieGroß angelegte epidemiologische Untersuchungen deuten darauf hin, dass beiSchichtarbeitern gehäuft kardiovaskuläre Erkrankungen zu erwarten sind [Knutsson2004]. Beim akuten Wechsel von der Tag- in die Nachtschicht dissoziieren diephysiologischen Rhythmen und folgen dem willkürlich verschobenen Schlaf-Wachwechsel mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Diese Dissoziationen finden sichaber nicht nur zwischen den verschiedenen Funktionen, sondern auch zwischen denParametern einzelner Profile wie etwa dem der Cortisolproduktion [z. B. Caufriez et al.2002, Weibel & Brandenberger 2002]. Da das Cortisol in der Genese kardiovaskulärerErkrankungen eine signifikante Rolle spielt, ist nicht auszuschließen, dass ein solcherpathogenetischer Mechanismus auch bei Schichtarbeitern vorliegt. Caufriez et al. [2002]fanden Distorsionen des Cortisolprofils bei simulierter Rückwärtsrotation; Weibl undBrandenberger [2002] beschrieben diese bei permanenten Nachtarbeitern, die sie mittagaktiven Personen verglichen. Die vorliegende Analyse konzentrierte sich auf dieFrage, ob diese Veränderungen auch intraindividuell bei einer Vorwärtsrotation zubeobachten sind. Dabei wurde insbesondere auch die individuelle zirkadiane Phasenlageberücksichtigt, weil Morgentypen sich wiederholt als resistent gegenüber einerphysiologischen Anpassung an Nachtarbeit gezeigt haben.MethodenDie Analyse basiert auf einer Pilotstudie und einer nachfolgenden Hauptstudie. In beidenwurde die aktuelle Phasenlage durch Einwirkung von Licht verzögert. Zu den von derEthikkommission genehmigten Untersuchungen gaben die Probanden ihr schriftlichesEinverständnis. Sie hatten vor der Untersuchung einen Fragebogen zur subjektivenPhasenlage ausgefüllt; jeweils ein Drittel der Probanden gehörte dem Morgen-, demNeutral- und dem Abendtyp an.Pilotstudie: In der Pilotstudie wurden 32 gesunde junge Männer (19-33 Jahre) übereinen Zeitraum von 40 Stunden beobachtet. In dieser Zeit lagen die Probanden bei einerBeleuchtung von 30 lux und einer Temperatur von 20 ºC im Bett. In der ersten Nachtwurden sie während des Anstiegs der Melatoninsynthese 4 Stunden lang mit hellemLicht (1500 lux) behandelt, um in der folgenden Nacht eine Verschiebung der zirkadianenPhasenlage zu erzielen. Während des gesamten Versuchs wurden stündlichSpeichelproben zur Ermittlung des Cortisolprofils genommen.126


V12Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieHauptstudie: In der Hauptstudie leisteten 16 gesunde junge Männer (20-35 Jahre) an 3aufeinander folgenden Tagen von 13-22 Uhr, in der folgenden Woche in 3 aufeinanderfolgenden Nächten von 22-6 Uhr Schichtarbeit. Die Anpassung an Nachtarbeit wurdedurch 4-stündige Behandlungen mit hellem Licht (1500-2500 lux) beschleunigt.Beleuchtung. Die 4-stündige Lichtbehandlung setzte in der Nachtschicht um 22 Uhr ein,in den beiden folgenden Nachtschichten jeweils eine Stunde später (gleitendeLichtapplikation). Die Beleuchtung wurde in dieser Zeit auf 1 500 bis 2 500 luxangehoben und betrug in der übrigen Zeit 150 lux.Versuchsablauf. Die Probanden verrichteten leichte Tätigkeiten im Sitzen undabsolvierten in jeder zweiten Stunde Leistungstests. In der 5. Stunde wurde eine warmeund nach der Schicht eine kalte Mahlzeit gereicht. Zwei Stunden nach Schichtendegingen die Probanden ins Bett, wurden acht Stunden später geweckt und gingen nachdem 'Frühstück' in die Freizeit.Nach der dritten Tagschicht absolvierten die Probanden ab 18:00 eine 17 Stundendauernde Constant Routine zur Ermittlung der aktuellen Phasenlage. Auf die dritteNachtschicht folgte eine weitere um 18 Uhr beginnende und 24 Stunden dauerndeConstant Routine, um die Verschiebung der Phasenlage zu quantifizieren. Während derConstant Routine hielten die Probanden strikte Bettruhe ein, wobei die Beleuchtung auf30 lux und die Temperatur auf 20 °C eingestellt war. Die Probanden erhielten eineisokalorische Diät (stündlich 200-400 kJ/h). Zu jeder vollen Stunde wurdenSpeichelproben zur Cortisolbestimmung genommen. Die Probennahmen erfolgtenmittels einer Salivette® (Sarstedt, Nuembrecht, FRG), einem Watteröllchen, das imMund bewegt und so eingespeichelt wird. Die Salivette wurde danach zentrifugiert undder Speichel bei –20 °C eingefroren.Die Cortisolkonzentration wurde mit einem Lumineszenz-Immunoassay (LIA, IBL)bestimmt. Die Nachweisgrenzen liegen bei 0.8 pg/ml bzw. 0.16 ng/ml Speichel.ErgebnisseAus jedem einzelnen Cortisolprofil wurden Beginn und Ende der Cortisolruhephasebestimmt (Zeitpunkte, zu denen 50 % des über 24 Stunden errechneten Mittelwerts überbzw.unterschritten werden).Pilotstudie. In der Pilotstudie war der Offset der Cortisolproduktion um 46.6 ± 81.3Minuten und der Onset um 109.8 ± 133.3 Minuten jeweils signifikant (p < 0.01) verzögert,was zu einer (nicht signifikanten) Verlängerung der Cortisolruhephase um 55.8 ± 172.8Minuten führte. Diese Verlängerung zeigte sich sowohl bei den Neutral- als auch bei denAbendtypen, während sich bei den Morgentypen eine nicht-signifikante Verkürzungergab, weil hier der Offset stärker und der Onset deutlich weniger verzögert war (66.9 ±28.7, p = 0.02; 58.2 ± 129.3, p = 0.35). Die in Abbildung 1 dargestellte Änderung der127


V12Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieCortisolruhephase in Abhängigkeit von der Ausprägung der Morgenorientierung zeigteine zunehmende Verkürzung der Ruhephase mit einem Korrelationskoeffizienten,dessen p-Wert eine Borderline-Signifikanz anzeigt.Hauptstudie. Nach den 3 Nachtschichten waren sowohl der Cortisol-Offset als auch derOnset bei allen Probanden im Mittel um 5.9 ± 2.0 bzw. um 5.8 ± 1.9 Stunden verzögert (p< 0.01), was insgesamt zu keiner Änderung der Dauer der Cortisolruhephase führte (-0.03 ± 2.5 h). Die entsprechenden Änderungen wurden sodann mit derMorgenorientierung korreliert, wobei sich keine Beziehung zum Cortisol-Offset ergab(0.20, p= 0.44), wohl aber eine signifikant mit der Morgenorientierung geringerwerdenden Verzögerung des Cortisol-Onset (r = - 0.59, p = 0.01) und somit einesignifikante Verkürzung der Cortisolruhephase (0.50, p = 0.04).DiskussionIn der vorliegenden Untersuchung wurde die Änderung des Cortisolprofils in einerPilotstudie mit 32 Probanden und in einer über zwei Wochen dauernden Hauptstudie mit16 Probanden geprüft. Die Pilotstudie erstreckte sich über 40 Stunden, wobei in derersten Nacht eine 4-stündige Lichtapplikation erfolgte. In der Hauptstudie arbeiteten dieProbanden zunächst drei Tagschichten und in der folgenden Woche drei aufeinanderfolgende Nachtschichten. Nach der dritten Tagschicht und nach der dritten Nachtschichtfolgte jeweils eine Constant Routine zur Bestimmung der aktuellen Phasenlage. Inbeiden Untersuchungen ergab sich eine Verzögerung der Parameter des Cortisolprofils,d. h. eine Verzögerung des Cortisol-Offset (Beginn der Cortisolruhephase) und desCortisol-Onset (Ende der Cortisolruhephase). Während die Cortisolruhephase in derPilotstudie nach der einmaligen Lichtbehandlung über alle Probanden gemittelt eineVerlängerung ergab, zeigten sich in der Hauptstudie, wiederum gemittelt über alleProbanden, keine Veränderungen. Wird die Änderung der Dauer der Cortisolruhephasejedoch in Abhängigkeit von der Morgenorientierung dargestellt, so zeigt sich in beidenStudien eine mit der Morgenorientierung zunehmende Verkürzung. In der Pilotstudie wardie Cortisolproduktion nach der Verschiebung des Cortisolprofils insgesamt mit derMorgenorientierung erhöht, was sich in der Hauptstudie mit der geringeren Anzahl anProbanden nicht zeigte.Aus der Literatur ist bekannt, dass Morgentypen sich nur schwer an Nachtarbeitanpassen und dass deren physiologische Rhythmen auch nach längerenNachtschichtperioden dissoziiert bleiben. In der vorliegenden Untersuchung war dasAusmaß der Cortisolverschiebung bei allen Chronotypen etwa gleich. Bei denMorgentypen zeigte sich allerdings eine mit der Ausprägung des D-MEQ einhergehendeVerkürzung, was darauf hindeuten könnte, dass bei den Morgentypen eine erhöhte128


V12Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieVulnerabilität vorliegt, die u. U. mit einem erhöhten Risiko verbunden ist, bei häufigwiederholter Schichtarbeit kardiovaskuläre Erkrankungen zu entwickeln.SchlussfolgerungGroß angelegte epidemiologische Untersuchungen ergaben einerseits einenZusammenhang zwischen der Höhe der Cortisolproduktion und kardiovaskulärenErkrankungen und andererseits ein gehäuftes Auftreten dieser Erkrankungen beilangjährigen Schichtarbeitern. Aus den hier ermittelten Befunden lässt sich dieHypothese ableiten, dass bei morgenorientierten Personen ein erhöhtes Risiko besteht,bei langfristig wiederholter Nachtarbeit kardiovaskuläre Erkrankungen zu entwickeln.Literatur• Caufriez, A., Moreno-Reyes, R., Leproult, R., Vertongen, F., van Cauter, E.,Copinschi, G. (2002). Immediate effects of an 8-h advance shift of the rest-activitycycle on 24-h profiles of cortisol. Am. J. Physiol. Endocrinol. Metab. 282:E1147-E1153.• Griefahn B, Kuenemund C, Robens S, 2006: Shifts of the hormonal rhythms ofmelatonin and cortisol after a 4-h bright light pulse in different diurnal types. CI23(3):659-673.• Knutsson, A. (2004). Methodological aspects of shift-work research. Chronobiol. Int.21:1037-1047.• Weibel, L., Brandenberger, G. (2002). The start of the quiescent period of cortisolremains phase locked to the melatonin onset despite circadian phase alterations inhumans working the night schedule. Neurosci. Lett. 318(2):89-92.129


V12Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieAbb 1: Änderung der Dauer der Cortisol-Ruhephase nach einmaliger 4-stündiger Lichtapplikation(17 Probanden).130


V12Vorträge – Schlaf, Schläfrigkeit, ChronobiologieAlteration of cortisol quiescent period [h]543210-1-2r= -0.51 p=0.09-3-4-5-630 35 40 45 50 55 60 65D-MEQ-scoreAbb. 2: Änderung der Dauer der Cortisol-Ruhephase nach 3 aufeinander folgendenNachtschichten mit jeweils 4-stündiger Lichtapplikation.131


V13Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIEinsatz von nicht-invasiven Methoden zur Erfassung derirritativen Wirkung von Dämpfen aus Bitumen auf die AtemwegeMonika Raulf-Heimsoth 1 , Beate Pesch 1 , Rainer Bramer 1 , Anne Spickenheuer 1 , Richard Rumler 2 ,Dieter Höber 3 , Rolf Merget 1 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Arbeitsmedizinischer Dienst, BG BAU, Höchberg; 3 BG Bau, Berufsgenossenschaft derBauwirtschaft, Frankfurt am MainEinleitungBitumen kommt in der Natur als Bestandteil von Asphalten und Asphaltgesteinen vor, diesich in langen geologischen Zeiträumen durch Verdunsten der leichter siedenden Anteiledes Erdöls gebildet haben. Bitumen wird in der Bauindustrie und im Straßenbauverwendet. Insbesondere bei der Heißverarbeitung von Bitumen kommt es zurExposition gegenüber Dämpfen aus Bitumen, deren Risiken für die Gesundheit derexponierten Beschäftigten noch nicht eindeutig geklärt sind. Nach wie vor wirdkontrovers diskutiert, ob Dämpfe aus Bitumen, die bei der Heißverarbeitung entstehen,chemisch-irritative und/oder genotoxische Wirkungen auf die Atemwege haben. Dahersollten hier insbesondere die irritativen Effekte von Dämpfen aus Bitumen in einer crossshiftStudie untersucht werden. Zum Einsatz kamen insbesondere nicht-invasiveMethoden, wie die Gewinnung und Analyse von Nasallavageflüssigkeit (NALF) undinduziertem Sputum.Methoden202 Beschäftigte, die Bitumen heiß verarbeiteten, und eine Referenzgruppe von 55Arbeitern mit vergleichbarem Tätigkeitsprofil vor und nach Schicht (cross-shift) wurdenuntersucht. Ein tätigkeits- und krankheitsbezogener Fragebogen wurde eingesetzt undSpirometrie, Nasallavage- (NAL)- und Sputum-Gewinnung wurden vor und nach derSchicht durchgeführt. Die NALF- und auch die Sputumproben wurden hinsichtlich ihrerzellulären und humoralen Zusammensetzung untersucht. Während der Schicht erfolgtenpersonengetragene Expositionsmessungen. Das Votum der Ethikkommission der Ruhr-Universität Bochum liegt vor.ErgebnisseDie mediane Schichtkonzentration für Dämpfe aus Bitumen betrug bei den Exponierten3,7 mg/m 3 (Interquartilbereich: 1,7-7,1 mg/m 3 ). Hoch exponiert (>10 mg/m 3 ) waren 30Arbeiter. 66% der Gussasphaltarbeiter waren aktuelle Raucher, während dieses nur für42% der Kontrollpersonen der Fall war. Die irritativen Effekte der Dämpfe aus Bitumenwurden nach Adjustierung für Raucherstatus, Nationalität und Alter ermittelt. DieVorschicht- Lungenfunktionswerte (FEV1 [%Soll] und FVC [%Soll] der Exponiertenwaren signifikant höher als in der Referenzgruppe (p=0.013 bzw. p=0.003) und deutenauf einen „healthy worker effect“ insbesondere bei den geringer Exponierten hin. Nur in132


V13Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIder Bitumen-exponierten Gruppe war während der Schicht eine signifikante Abnahmebeider Lungenfunktionsparameter zu verzeichnen (jeweils p


V14Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIIrritatives Asthma und neurologische Defizite durch toxischeBegasungsmittel in Import-ContainernAlexandra Preisser 1 , Andreas Poppe 2 , Lygia T. Budnik 1 , Xaver Baur 11 Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg, Hamburg;Arbeitsmedizinisches und Sicherheitstechnisches Zentrum, Ahlen2 Ltd. Arzt,ZusammenfassungEs wird über fünf Arbeiter berichtet, die bis zu 4,5 Std. gegenüber Rückständen vonBegasungsmitteln beim Entladen von Importcontainern ausgesetzt waren. Alle Arbeiterklagten über akut nach Exposition auftretende Kopfschmerzen, Benommenheit, Übelkeitund Hautreizungen. Zwei der Arbeiter zeigten anhaltende neurologische Symptomesowie eine sich verzögert entwickelnde, jedoch über Wochen anhaltende Luftnot;nachweisbar war eine verminderte Einsekundenkapazität, eine bronchialeHyperreagibilität im Methacholintest und eine verminderte körperliche Belastbarkeit inder Spiroergometrie. In den Proben des Stauholzes aus einem der Container konntenRückstände des Begasungsmittels 1,2-Dichlorethan nachgewiesen werden. Weitereleicht flüchtige Begasungsmittel wie Brommethan und Sulfuryldifluorid sind alsverursachende toxische Stoffe nicht auszuschließen. Neurologische Erkrankungen alsFolge der Intoxikationen mit halogenierten Kohlenwasserstoffen sind bekannt,anhaltende Atemwegserkrankungen im Sinne eines Reactive Airways DysfunctionSyndrome (RADS) wurden bisher nicht beschrieben. Konsequente Luftanalysen inimportierten Containern auf Begasungsmittelrückstände vor deren Betreten sinddringend geboten.UnfallhergangDie mittelständische Maschinenfabrik produziert Förderbandstraßen. In einerfirmeneigenen Niederlassung in China werden Maschinenteile vorgefertigt und perContainer nach Deutschland verschifft. Am 19./20. Juni 2006 und am 25. Juli 2006wurden von fünf Mitarbeitern drei solcher 20- Fuß-Container und zwei sogenannte `opentop´-40-Fuß-Containerentladen.Zwei Mitarbeiter waren an den genannten heißen Sommertagen über 4-5 Stunden in denContainern tätig, die vor dem Entladen für ca. ½ -1 Stunde zur Belüftung geöffnet wordenwaren. Die obere Plane der open-top-Container wurde in dieser Zeit entfernt. DieMitarbeiter entluden tonnenschwere Maschinenteile, die mit Stützhölzern gelagert waren.Nach einem mitgeschickten Zertifikat waren diese Hölzer im Mai 2006 für 24 Stunden inChina mit Brommethan begast worden. Nach Ankunft in Deutschland wurden in den imJuli eingetroffenen Containern Messungen auf Brommethan durchgeführt, dieKonzentrationen lagen unterhalb von 0,5 ppm (Grenzwert entsprechend der TRGS 512).Alle fünf Beschäftigten berichteten über folgende sofort und in den ersten Stunden nachden Entladungsarbeiten in den Containern auftretende Beschwerden:134


V14Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIStechender, unangenehmer Geruch, metallischer Geschmack und taubes Gefühl derZunge, Übelkeit und Unwohlsein, Kopfschmerzen, Benommenheit undUnkonzentriertheit, sowie Augentränen und Brennen der Haut.Zwei der Beschäftigten klagten außerdem über – nach einer Latenz von mehrerenStunden bzw. ein bis zwei Tagen auftretende – Atemnot, Reizhusten, Engegefühl undBrennen in der Brust. Wegen anhaltender Luftnot und neurologischer Symptome wurdendie Arbeiter 6 bis 9 Wochen nach den Ereignissen in unsere arbeitsmedizinischePoliklinik überwiesen.UntersuchungsbefundeVier der Arbeiter beklagten auch nach dieser Zeitspanne von 6-9 Wochen immer nochüber Kopfschmerzen, zwei der Arbeiter über erhöhte Reizbarkeit und Vergesslichkeit.Diese beiden Mitarbeiter (A und B) waren ca. 4-5 Stunden in den Containern tätiggewesen.Patient A:Bei dem vormals lungengesunden Beschäftigten, der die längste Expositionszeit aufwies,bestanden seit dem Ereignis auffallende mnestische Störungen und folgendepathologische Untersuchungsergebnisse:Deutliche Wortfindungsstörungen und Unkonzentriertheit, eine Hyposmie imRiechtest, eine gestörte Feinmotorik und verminderte grobe Kraft der linken oberenExtremität in der motorischen Leistungsserie, einen unsicheren, leicht ataktischenGang, eine orthostatische Blutdruckdysregulation und eine ungewollteGewichtsabnahme von 9 kg.Der Patient klagte weiterhin über Ruhedyspnoe, Reizhusten und Belastungsluftnot. DerAuskultationsbefund der Lunge war unauffällig. Die Lungenfunktion war in den erstenTagen nach dem Ereignis bereits eingeschränkt, 6 Wochen nach dem Ereignis betrugdie Einsekundenkapazität 59%, die VC max 77% des Sollmittelwerts, die FEV1/VC 63,4%.Der Arbeiter A zeigte weiterhin eine bronchiale Hyperreagibilität im Methacholin-Test(PD 20, FEV1 0,007 mg MCH) und nach körperlicher Belastung (Abfall derEinsekundenkapazität um 31%) sowie eine eingeschränkte Belastbarkeit durchAusschöpfung der respiratorischen Reserven.Die NMR-Untersuchung des Kopfes zeigte keinen eindeutig pathologischen Befund.In Serum und Urin des betroffen Arbeiters fanden sich im Normbereich liegende Wertefür Bromid im Serum (3 Tage nach Exposition in auswärtiger Untersuchung durchBetriebsarzt und 6 Wochen n. Exp.) sowie für Fluorid im Serum und Urin (6 Wochen n.Exp.). Außerdem waren 3 Tage nach Exposition – ebenso wie bei Patient B – normaleWerte für Toluol und Xylol im Blut (unterhalb der BAT-Werte), Formaldehyd undAmeisensäure im Urin sowie für das große Blutbild, CRP, GOT und GPT festzustellen.135


V14Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIZwischenzeitlich erfolgte eine stationäre Heilbehandlung; die Koordinationsstörungenhaben sich deutlich gebessert, die Hirnleistungsstörungen und die Störungen derkörperlichen Belastbarkeit allerdings nur geringfügig. Aktuell erfolgt einWiedereingliederungsversuch mit zwei Stunden täglicher Arbeitszeit.Patient B:Dieser, früher ebenfalls gesunde Arbeiter, zeigte zwar bei einer ersten Untersuchung amHeimatort 9 Tage nach Exposition im Normbereich liegende Werte für Vitalkapazität undEinsekundenkapazität, jedoch besserten sich diese im Laufe der folgenden 11 bis 14Wochen um 10-20%, so dass bei persistierenden bronchitischen Beschwerden von einerinitialen Atemwegsschädigung ausgegangen werden muss.Auch dieser Arbeiter zeigte lungenfunktionell 11 Wochen nach Exposition einebronchiale Hyperreagibilität mit Anstieg des Atemwegwiderstandes im Methacholin-Test(PD 100, 2*kPa*s , sRt 0,110 mg MCH) und nach körperlicher Belastung mit Abfall derEinsekundenkapazität (auf 50% des Ausgangswertes) sowie eine eingeschränkteBelastbarkeit mit Ausschöpfung der respiratorischen Reserven in der Spiroergometrie. Ineiner Nachuntersuchung 7 Monate nach dem Ereignis wurde weiterhin eine bronchialeHyperreagibilität nachgewiesen.Im NMR-Schädel fand sich auch bei diesem Patienten kein pathologischer Befund.Auch bei diesem Arbeiter fanden sich keine erhöhten Werte für Bromid und Fluorid imSerum (3 Tage n. Exp. und 11 Wochen n. Exp.) sowie Fluorid im Urin (11 Wochen n.Exp.).Patient C,D,E:Auch einer der drei weiteren exponierten Arbeiter, die nicht über neu aufgetreteneDyspnoe klagten, zeigte eine bronchiale Hyperreagibilität im Methacholin-Test (PD 100;2*kPa*s, sRt 0.075 mg MCH). Serum und Urin auch dieser Arbeiter wiesen im Normbereichliegende Werte für Bromid und Fluorid im Serum und Fluorid im Urin auf (alle Messungen1,5 Monate n. Exp.).Eine Analyse von Ausdünstungen einer Stauholzprobe, mit denen die Maschinenteile ineinem der entladenen Container abgestützt waren, wurde in unserem Labor aufBegasungsmittelrückstände 7 Wochen nach dem Ereignis durchgeführt. Das ca. 3 kgschwere Holzstück wurde für ca. 18 Std. in einem 1L-Volumen bei 34 °C ausgegast. Esfanden sich Rückstände von 1,2-Dichorethan in einer Konzentration von 0,062 µg/kgHolz.DiskussionDie zeitgleich aufgetretenen Gesundheitsstörungen an dem Cluster von fünf Arbeiternwährend und nach dem Entladen der Import-Container weist auf toxische Inhaltsstoffe inden Containern hin. Derartige Container samt der darin befindlichen Waren werden136


V14Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIhäufig vor der Verschiffung im Ausgangsland begast, um Schädlinge abzutöten undderen Verbreitung zu verhindern. Mitgelieferte Dokumente zeigten bei den obengenannten Containern, dass die darin enthaltenen Hölzer mit Brommethan vorbehandeltwaren. Eine Kennzeichnung, die die Begasung des Containerinhalts vor der Verschiffunganzeigen würde, war nicht vorhanden. Das Fehlen eines Labels schließt eine solcheBehandlung jedoch nicht aus (1, 3).Die Schadstoffexposition in den entladenen Importcontainern führte zusammengefasstbei den fünf Arbeitern zu folgenden wesentlichen Beschwerden undKrankheitserscheinungen, wobei deren Ausprägung abhängig von der Einwirkungsdauerwar:• Unangenehmer Geruch (alle Arbeiter), Übelkeit (alle Arbeiter), Kopfschmerzen(unmittelbar alle Arbeiter, 3 x anhaltend), Vergesslichkeit, Reizbarkeit (2 x),• Störungen der Feinmotorik und ataktische Störungen des Gangbildes (1 x),• Belastungsdyspnoe und verminderte Belastbarkeit (2 x), Reizhusten (3 x),Hyperreagibilität des Bronchialsystems (3 x).Die letztgenannten Beschwerden und Befunde werden zusammengefasst imKrankheitsbild des Reactive Airways Dysfunction Syndrome (RADS), welches durchhohe Belastungen mit Irritanzien der Atemwege hervorgerufen wird und eine variabellange Zeit anhält.Zur Frage des die Krankheitserscheinungen verursachenden Stoffes werden in Tabelle 1Eigenschaften und Siedepunkte verschiedener Begasungsmittel gegenüber gestellt.Gastroenteritische und zentralnervöse Schädigungen durch Brommethan, 1,2-Dichlorethan und Sulfuryldifluorid sind bekannt; die Symptomatik mit Übelkeit,Kopfschmerzen, Koordinationsstörungen, Ataxie, Tremor, Nystagmus und anderen ZNS-Schädigungen kann durch alle diese Begasungsmittel hervorgerufen werden und biszum Tod führen, wie beispielsweise im Jahr 2004 in Neu-Seeland bei Hafenarbeiternberichtet (2). Brommethan und 1,2-Dichlorethan lösen Reizungen von Haut undSchleimhaut aus, insbesondere trifft Letzteres für 1,2-Dichlorethan zu. Beide Stoffekönnen zu Myokardnekrosen führen, beide sind mutagen.Eine bronchopulmonale Symptomatik im Sinne eines RADS wurde bisher für keines dergenannten Begasungsmittel beschrieben.In den Holzproben wurde noch 7 Wochen nach dem Ereignis eine geringe Konzentrationvon 1,2-Dichlorethan beobachtet. Die klimatischen Bedingungen während derEntladearbeiten – es handelte sich um heiße Sommertage – können die Ausgasung desStoffes 1,2-Dichlorethan, der einen relativ hohen Siedepunkt (84°C) aufweist, begünstigthaben. 1,2-Dichlorethan wurde kürzlich in 115 Containern in einer Untersuchung von2111 Containern im Hamburger Hafen detektiert und wird demnach weiterhin zur137


V14Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IISchädlingsbekämpfung verwendet (3). Eine Mischintoxikation kommt auch in Frage.Brommethan und Sulfuryldifluorid sind flüchtig und können aus den begasten Warennachgasen.Aufgrund der wiederholt beschriebenen Gesundheitsgefahren, die von möglichenBegasungsmittelrückständen in Importcontainern ausgehen, sind konsequenteLuftanalysen in solchen Containern auf Begasungsmittelrückstände vor dem Öffnen undEntladen zu fordern. Diesbezügliche Gefährdungen werden bisher zu wenig beachtet.Literatur:1. Knol-de Vos T. Measuring the amount of gas in import containers. National Institute forPublic Health and Environment, Bilthoven, Netherland; 2002http://www.rivm.nl/bibiliotheek/rapporten/609021025.html (02.01.<strong>2007</strong>)2. Port workers to be tested for methyl bromide levels. The New Zealand Herald18.11.2004http://www.nzherald.co.nz/category/print.cfm?c_id=204&objectid=3611289(02.01.<strong>2007</strong>)3. Baur X, Ollesch T, Poschadel B, Budnik LT, Finger S, Matz G. Begasungsmittel undtoxische Industriechemikalien in Import-Containern. Zbl Arbeitsmed (im Druck), <strong>2007</strong>Abb 1: Hyperreagibilität im Methacholin-Test von Arbeiter B138


V14Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IISiedepunktEigenschaftBrommethan 4° C farbloses Gasgeruchlos in reiner Formschwerer als Luft1,2-Dichlorethan 83° C ölige, farblose Flüssigkeitchloroform-artig riechendGeruchsschwelle: 3-6 ml/m 3Chlorpikrin 112° C farblose, leicht ölige Flüssigkeit mitdurchdringendem GeruchSulfuryldifluorid - 55° C farb- und geruchloses GasPhosphorwasserstoff /Phosphineteils gasförmig (niedrige Phosphane),teils Feststoff (höhere Phosphane)nach Knoblauch oder Karid riechendTabelle 1: Siedepunkte und Eigenschaften verschiedener Begasungsmittel139


V15Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIVerlauf beruflich bedingter AtemwegserkrankungenHorst Christoph Broding 1 , Peter Frank 2 , Benjamin Krieger 1 , Hans Drexler 11 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen;2 Gewerbeaufsichtsamt, Regierung von Mittelfranken – Leiter desGewerbeaufsichtsamtesEinleitungBerufsbedingte obstruktive allergische Atemwegserkrankungen (einschließlich derRhinopathie) gehören zu den häufigsten Berufskrankheiten. Im Jahre 2000 gehörten37% der durch Berufskrankheit betroffenen Beschäftigten einer BK-Nummer 4301 inDeutschland allein dem Bereich der Backberufe an. Die epidemiologischen Datenberufsbedingter Atemwegserkrankungen sowohl im gewerblichen als auch imlandwirtschaftlichen Bereich in entsprechenden Berufen wurden vom gewerbeärztlichenDienst Nordbayern im Zeitraum von 1990 – 2003 durch die langjährige vorhandene,eigene Aktenführung erfasst. Bei einer Durchsicht fiel als Ergebnis auf, dassbeispielsweise für den Bereich des Backgewerbes in 120 von 209 zwischen 1995 und2002 begutachteten Fällen ein Zusammenhang zwischen obstruktiverAtemwegserkrankung und sensibilisierenden Arbeitsstoffen im Backgewerbeangenommen werden musste. Die hier vorliegenden Ergebnisse gaben aufgrundbisheriger Erkenntnisse über die Bedeutung von Soforttypallergien beiAtemwegserkrankungen Anlass, den Verlauf berufsbedingter Atemwegserkrankungenkünftig weiter verfolgen zu können. Der weitere Verlauf von Atemwegserkrankungen, diespätere berufliche Entwicklung der erfassten Versicherten sind nach dem Abschluss desBerufskrankheitenverfahrens nicht immer bekannt. Ferner existieren keine Informationenüber die gesundheitliche und berufliche Weiterentwicklung der damaligen Beschäftigten,die von obstruktiven Atemwegserkrankungen betroffen sind.Ziel der StudieEs besteht bis heute weitestgehend Unklarheit über die Effekte von § 3 Maßnahmen undrehabilitativen Anstrengungen im Bezug auf den weiteren Verlauf der diagnostiziertenAtemwegserkrankung. Das vorliegende Projekt erfasst in Form einer retrolektivenKohortenstudie die Nachbeobachtung der gewerbeärztlich erfasstenBerufskrankheitenfälle mit obstruktiven Atemwegserkrankungen und die Klärung desweiteren gesundheitlichen und beruflichen Verlaufs. Die hieraus erzielten Resultatesollen dazu beitragen künftig bessere und gezielte Empfehlungen bei drohenden oderbestehenden obstruktiven Atemwegserkrankungen, die durch den Beruf verursacht sind,geben zu können. Die mit diesem Projekt zu beantwortenden Hypothesen ergeben sichaus der Frage: „Führt die Berufsaufgabe bei beruflich bedingten Atemwegserkrankungenzu einer Besserung des Gesundheitszustandes im Vergleich zu im Beruf verbliebenenArbeitnehmern, die an einer beruflichen Atemwegserkrankung erkrankt sind?“.140


V15Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIMethodenIn Form einer retrolektiven Kohortenstudie wurden die Daten der von 1995-2003erhobenen Berufskrankheitenfälle der verschiedenen Berufsfelder (Heilberufe,Gesundheitswesen, Landwirte und Bäcker) aus den Daten des Aufsichtsbereichs dernordbayerischen gewerbeärztlichen Aufsichtsämter herausgesucht, die Betroffenenangeschrieben und mittels Fragebogen zur weiteren gesundheitlichen und beruflichenEntwicklung nach Abschluss des Berufskrankheiten-Verfahrens und der vorliegendenAtemwegserkrankung befragt.ErgebnisseInsgesamt wurden n=2693 BK-Nr. 4301 Verdachtsfälle in Nordbayern erfasst. Von denerfassten Verdachtsfällen erfüllten n=729 (27%) die medizinischen Voraussetzungeneiner Berufskrankheit der Nummer 4301 und wurden mittels eines standardisiertenFragebogens angeschrieben. Wir erhielten einen Fragebogenrücklauf von n=230(31,5%), der einer entsprechenden Fragebogenauswertung zugeführt wurde. DieAuswertung der Lokalisations- und Dispersionsmaße erstreckte sich auf insgesamt 222Altersangaben (96,5%). Der Altermittelwert betrug 42,2 Jahre (Median 40 Jahre), 44,8%der Fragebogenteilnehmer waren weiblich. Seitens der Berufe erstreckte sich dasKollektiv auf n=54 (24,3%) Landwirte, n=91 (41%) Bäcker sowie n=37 (16,7%) Berufedes Gesundheitswesen sowie n=40 (18%) auf andere Berufe, d. h. weitereBerufsgruppen in Form von z. B. Floristen, Friseure, Lackierer, Schreiner, Maler etc..Hinsichtlich der Auswertung zum selben Beruf war festzustellen, dass 45,5% derLandwirte nicht mehr im alten Beruf tätig waren. Von diesen haben 74,1% ihren Berufaufgrund einer Atemwegserkrankung aufgegeben. Hieraus ist ersichtlich, dass dieGruppe der Landwirte mit 54,5% trotz einer Atemwegserkrankung noch im alten Beruftätig ist. Im Mittel waren die Landwirte mit 24,3 Jahren im belasteten Beruf bis zurTätigkeitsaufgabe aktiv. Die am häufigsten genannte kürzeste Tätigkeitsdauer bei denLandwirten betrug 9 Jahre, bei den Bäckern und den Berufen im Gesundheitswesenjeweils 3 Jahre. Hinsichtlich des Versuchs einer prädiktiven Aussage, welche Allergienvor Berufsbeginn bzw. in der Kindheit / Jugend auftraten, wurde angegeben, dass in derKindheit bei Beschäftigten des Gesundheitswesens zumeist bereits Sensibilisierungengegenüber Gräser, Hausstaubmilben und Bäume vorlagen. Die meisten diagnostiziertenSensibilisierungen (Abbildung 1) traten für alle Berufsgruppen während der beruflichenTätigkeit hinzu. Bei Betrachtung des Gesamtkollektivs war als erstes Fazit festzustellen,dass die Berufsaufgabe nur zu einer leichten Beschwerdebesserung beiAtemwegserkrankungen führt. Bei Einzelbetrachtung der Berufsuntergruppen – hier derLandwirte – war festzustellen, dass keine Beschwerdebesserung bei Berufsaufgabeangegeben wurde.141


V15Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIgenannte Allergiengegen…Allergiebeginn in derKindheit/Jugend/ vorAllergiebeginnwährendder beruflichenAllergiebeginn später(%)Berufsbeginn (%) Tätigkeit (%)Beruf L* B* G* A* L B G A L B G AGräser 7,4 23,2 57,9 38,9 81,5 73,2 42,1 61,1 11,1 3,6 0 0Hausstaubmilbe(n) 10,3 20 53,3 33,3 79,3 70 46,7 61,1 10,3 10 0 5,6Haustiere 7,7 20 40 17,6 80,8 73,3 60 70,6 11,5 6,7 0 11,8Bäume 15,4 17,9 41,2 46,7 69,2 82,1 58,8 53,3 15,4 0 0 0Nahrungs-20 7,7 26,7 7,1 80,0 86,5 73,3 92,9 0 5,8 0 0mittelLatex 0 0 0 0 100 100 100 100 0 0 0 0(* L= Landwirte, B= Backberufe, G= Gesundheitswesen, A= “andere“ Berufsgruppen)Abbildung 1: Übersicht zu den Angaben über die erstmalige ärztliche Diagnose einerentsprechenden Allergie.In der statistischen Auswertung zeichnete sich seitens der Landwirte eineVerschlechterung der Atemwegsbeschwerden ab. In einer Unterauswertung der hierzuvorliegenden Gründe war festzustellen, dass Landwirte sowohl im Nebenerwerb imvorherigen Beruf als auch ohne Nebenerwerb weiterhin Atemwegsbeschwerdenangaben. Diese Auswertung zeigte, dass der Nebenerwerb keinen weiteren Einfluss aufdie Atemwegsbeschwerdesymptomatik hat. Ein Vergleich mit der Berufsgruppe derBäcker war insoweit nicht möglich, da hierzu keine Angaben über einen Nebenerwerbgemacht wurden. Als Gründe für dieses Ergebnis wurde in der weiteren Auswertung in11,5% ein Austausch von Arbeitsstoffen bei den Landwirten wie z. B. die Aufgabe derRinderhaltung, in 23,1% eine innerbetriebliche Umsetzung (z. B. keine Stallarbeitenmehr) und in 96,2% die Einführung einer Atemschutzmaske angeben. In 84,6% wurdeangegeben, dass die Maßnahmen durch den UV-Träger finanziell gefördert wurden. Inder weitern Untersuchung wurde geklärt ob möglicherweise das Tragen einerAtemschutzmaske als ausschlaggebende Einflussgröße auf den weiteren Verlauf einerAtemwegserkrankung bei Landwirten erfasst werden kann. Als indirekter Hinweis auf dieSchwere der Erkrankung stellten wir hierbei fest, dass allein das Tragen einerAtemschutzmaske nicht zu einer Besserung der Atemwegsbeschwerden geführt hat. Nurca. 20% der Landwirte profitierten hiervon bezüglich der Atemwegserkrankunghinsichtlich der Medikamentendosierung als indirektes Maß für die Schwere derErkrankung. Zusammenfassend ist an dieser Stelle festzustellen, dass eineAtemschutzmaske allein Landwirte anscheinend nicht ausreichend schützt. Ferner ist einwesentlicher weiterer Grund wahrscheinlich das lange Verharren in der gefährdenden142


V15Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IITätigkeit. In der Untersuchung der im Beruf verbliebenen Bäcker zeigte sichdurchgehend, dass die Berufsaufgabe zu einer Beschwerdebesserung führte. Besondersdeutlich war dies an der angegebenen Medikamenteneinnahme abzulesen (Abbildung2).Resultat: H 0 vs. BäckerIm selben Beruf verblieben?Beschwerden der unteren Atemwege in den letzten12 Monaten ?Beschwerden der oberen Atemwege in den letzten12 Monaten ?Husten/Auswurf ohne erkältet zu sein ?ArztbesucheMedikamenteneinnahmeMedikamentenstufeJa69,2 %92,3 %30,8 %46,2 %76,9 %46,2 %Stufe 3 & 4Nein44,6 %53 %[p


V15Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIrechtzeitige Tätigkeitsaufgabe einen günstigeren Verlauf ergibt. Bei Auftreten einerberuflich bedingten obstruktiven allergischen Atemwegserkrankung kann somit derVerbleib in der Tätigkeit aus medizinischer Sicht nicht empfohlen werden.144


V16Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IINachweis akuter adverser Atemwegseffekte bei Schweissern imAtemkondensatAlice Müller-Lux 1 , Thomas Schettgen 1 , Monika Gube 1 , Karl Holzinger 2 , Thomas Kraus 11 Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen, Aachen; 2 Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik,RWTH Aachen, AachenZiel der StudieSchweißer sind bei ihrer beruflichen Tätigkeit einer komplexen Mischung vonverschiedenen partikulären und gasförmigen Gefahrstoffen ausgesetzt. Die Atemwegestehen infolge der inhalativen Exposition gegenüber Schweißrauchen, denverschiedenen Gasen und den viel diskutierten Feinstäuben im Zentrum potentiellerGesundheitsgefahren. Die derzeitige Vorsorgestrategie bei Schweißern, dieUntersuchung nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 39(„Schweißrauche“), beinhaltet eine Anamnese, eine körperliche Untersuchung, eineSpirometrie sowie die Anfertigung einer konventionellen Röntgenaufnahme. Mit dervorliegenden Pilotstudie sollte geprüft werden, ob durch den Einsatz neuartiger undnicht-invasiver Untersuchungsmethoden akute adverse Schweißrauch-bedingteAtemwegseffekte bei Schweißern frühzeitig erkannt werden können und ob ggf.Unterschiede in Anhängigkeit von den verschiedenen Schweißverfahren existieren.MethodenDie Untersuchung wurde den Mitarbeitern als erweiterte arbeitsmedizinischeUntersuchung angeboten und setzte die freiwillige Teilnahme voraus. Das Programmbeinhaltete eine detaillierte Anamnese, eine Lungenfunktionstestung mittels Spirometrieund Impulsoszillometrie sowie eine Sammlung von Atemkondensat (AK) zu jeweils dreiverschiedenen Messzeitpunkten (T0: am Ende einer Arbeitswoche vor der letztenSchicht, T1: nach der letzten Wochenschicht sowie T2: vor Beginn der nächstenSchichtwoche nach einem arbeitsfreien Wochenende). Es wurden neben gesundenKontrollprobanden Schweißer, die die verschiedenen Schweißverfahren wieLichtbogenhand-, MAGC-, MAGM-, MIG- und WIG-Schweißverfahren anwandten, in dasKollektiv eingeschlossen.Als Marker im Atemkondensat wurden mit Hilfe der Tandemmassenspektrometrie (LC-MS/MS) u. a. die Aminosäure Tyrosin als Verdünnungsfaktor und oxidative Stressmarkerwie das Malondialdehyd bestimmt. Die Analyse der Nitrit- und Nitratkonzentrationen imAK erfolgten photometrisch und die Bestimmung des H 2 O 2 -Gehaltes wurde mit Hilfe desECoCheck-Gerätes der Fa. Viasys Healthcare GmbH durchgeführt.Durch das Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik der RWTH Aachen erfolgte einAmbient Monitoring mit gravimetrischer Bestimmung der vor Ort ermittelteneinatembaren sowie der alveolargängigen Staubfraktionen, Gasmessungen (O 3 -, NO 2 -,CO 2 - und CO-Konzentrationen) am Arbeitsplatz mit den Gasmessröhrchen der Fa.145


V16Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIDräger sowie separate Immissionsmessungen. Letztere wurden für jedes untersuchteSchweißverfahren beispielhaft nach den entsprechenden Arbeitsplatzbedingungennachgestellt. Hierfür wurden die entsprechenden Parameter wie Schweiß- undZusatzwerkstoffe des Verfahrens notiert, um für die Messungen möglichst realitätsnaheBedingungen zu schaffen.ErgebnisseDas untersuchte Kollektiv bestand aus der Gruppe A mit 40 männlichen Schweißern ausverschiedenen Metall-verarbeitenden Firmen und aus der Kontrollgruppe (Gruppe B) mit39 gesunden Probanden incl. 25,6% weiblichen Personen. Der Altersmedian unterschiedsich in beiden Gruppen mit 44 Jahren (Gruppe A) im Vergleich zu 38 Jahren in derGruppe B (p=0,013). Die Schweißer waren durchschnittlich 22,5 Jahre gegenüberSchweißrauchen exponiert und der Anteil des Schweißens an der Arbeitszeit war sehrunterschiedlich und reichte von 0,5% bis 100%. Bezüglich der Rauchgewohnheiten warfestzustellen, dass der Raucheranteil mit 47,5% in der Schweißergruppe höher war als inder Gruppe B (25,6%), wobei sich der Median der Packyears (10 Jahre) nichtunterschied.Die ermittelte Gesamtstaubbelastung betrug im Median 4,9 mg/m 3 wobei die medianeKonzentration der A-Fraktion mit 0,7 mg/m 3 unterhalb des Grenzwertes lag. Ebensoergaben sich für die vor Ort ermittelten Gaskonzentrationen im Median insgesamtniedrige Konzentrationen.Bei der Anamneseerhebung berichteten Schweißer im Vergleich zur Kontrollgruppehäufiger über Augenreizungen, Auswurf und Husten im Sinne der chronischen Bronchitisund über eine verzögerte Infektheilung.Bei der Auswertung der relativen Einsekundenkapazität der Spirometrie fiel die Gruppeder Mitarbeiter, die das LBH-Schweißverfahren angewendet haben, ins Auge. DieMedianwerte lagen unterhalb derer der Kontrollgruppe. Die Impulsoszillometrie lieferte inEinzelfällen ergänzende Hinweise. Konsistente Intrashift-Effekte waren bei beidenVerfahren nicht zu verzeichnen.Die Auswertung der einzelnen Atemkondensat-Markerkonzentrationen unterDifferenzierung zwischen den beiden Gruppen ergab, das das Nitrat/Tyrosin-Konzentrationsverhältnis sehr gut zwischen beiden Gruppen differenziert (p-Werte


V16Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IINitrat/Tyrosinp


V16Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IILiteraturverzeichnis• Andre E, Stoeger T, Takenaka S, Bahnweg M, Ritter B, Karg E, Lentner B, ReinhardC, Schulz H, Wjst M. Inhalation of ultrafine carbon particles triggers biphasicproinflammatory response in the mouse lung. Eur Respir J. 2006 Aug;28(2):275-85.Epub 2006 Apr 26.• Andreoli R, Manini P, Corradi M, Mutti A und Niessen WMA: Determination ofpatterns of biologically relevant aldehydes in exhaled breath condensate of healthysubjects by liquid chromatography athmospheric chemical ionisation tandem massspectrometry. Rapid Comm Mass Spectrom 17, 637 – 645 (2003).• Antonini J. A: “Health Effects of Welding”, Critical Rev. in Tox., 33 (1): 61 – 103,2003.• Boyce PD, Kim JY, Weissman DN, Christiani DC. pH increase observed in exhaledbreath condensate from welding fume exposure. J Occup Environ Med 2006 April;48: 353-6.• El-Zein M, Malo JL, Infante-Rivard C, Gautrin D. Prevalence and association ofwelding related systemic and respiratory symptoms in welders. Occup Environ Med.2003 Sep; 60(9):655-61.• Kim JY, Chen JC, Boyce PD, Christiani DC. Exposure to welding fumes is associatedwith acute systemic inflammatory responses. Occup Environ Med. 2005Mar;62(3):157-63.• Kobayashi M., Maki S., Hashimoto Y., Suga T.: Some consideration about formationmechanism of welding fumes. Doc.IIW document VIII-715-77, doc. IIW-1071-83• Palmer W. G., Eaton J. C. in Effects of welding on Health XI, American WeldingSociety, eds, Vol XI, Miami, Fl.• Spiegel-Ciobanu VE. Schadstoffe beim Schweißen und bei verwandten Verfahren.BGI 593, Carl Heymanns Verlag, Düsseldorf, 2006• Spiegel-Ciobanu VE. Schadstoffe beim Schweißen: Ergebnisse betrieblicherUntersuchungen und Bewertung der Gefährdung. Vortragsband der GroßenSchweißtechnischen Tagung, DVS Verlag e.V. , 2000• Wiebert P, Sanchez-Crespo A, Seitz J, Falk R, Philipson K, Kreyling WG, Moller W,Sommerer K, Larsson S, Svartengren M. Negligible clearance of ultrafine particlesretained in healthy and affected human lungs. Eur Resp J. 2006 Aug;28(2):286-90.Epub 2006 Apr 26.• Zober A, Arbeitsmedizinische Untersuchungen zur inhalativen Belastung vonLichtbogenschmelzschweißern. Wirtschaftsverlag NW, Verlag für neue Wissenschaft,Bremerhaven (1982)148


V17Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IIZur Wirkung von 50 ppm Methylmethacrylat auf die oberenAtemwege gesunder ProbandenAxel Muttray 1 , Jan Gosepath 2 , Jürgen Brieger 2 , Andreas Faldum 3 , Christian Zagar 1 , OtfriedMayer-Popken 1 , Bernd Roßbach 1 , Detlev Jung 1 , Heike Scherhag 1 , Wolf Mann 2 , Stephan Letzel 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 Hals-, Nasen-,Ohrenklinik und Poliklinik, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 3 Institut für Medizinische Biometrie,Epidemiologie und Informatik, Johannes Gutenberg-Universität, MainzZiel der StudieFür Methylmethacrylat (MMA) gibt es vielfältige Anwendungen in der Industrie, imHandwerk sowie in der Medizin und Zahnmedizin. Wegen Reizwirkungen auf dieNasenschleimhaut von Nagetieren wurde der MAK-Wert von Methylmethacrylat auf 50ppm festgelegt. Die Substanz wird durch eine unspezifische Carboxylesterase zuMethylacrylsäure hydrolysiert. Diese Säure ist ursächlich für die lokalen Wirkungen [1].Da bisher nur begrenzte Erkenntnisse über die Effekte von Methylmethacrylat auf diemenschliche Nasenschleimhaut vorliegen [1, 7], lautete unsere Fragestellung, ob beieiner akuten Belastung mit 50 ppm Methylmethacrylat Veränderungen betreffendRiechschwelle, mukoziliare Transportzeit, Sekretion inflammatorischer Marker aufProtein- und mRNA-Basis sowie Befindlichkeit nachweisbar waren.MethodenIm Crossover-Design wurden 20 gesunde männliche Nichtraucher (Alter: Median 25, 20-62 Jahre) im Abstand von einer Woche in einer Expositionskammer mit 49,2 (± 1,4 SD)ppm Methylmethacrylat und Raumluft je 4 Stunden lang exponiert. Die mittlereTemperatur betrug 21,8 (± 0,3)°C (MMA) bzw. 21,9 (± 0,3)°C (Luft), die Feuchte 53,2 (±0,6) % bzw. 53,8 (± 0,8) %. Auf den Versuch einer Verblindung wurde bewusstverzichtet, weil die wesentlichen Zielgrößen nicht von der Kenntnis der Expositionabhingen und mögliche Effekte durch zusätzliche Substanzen vermieden werden sollten.Vor und nach der Exposition wurden jeweils die Riechschwelle für n-Butanol mit demSniffin’ Sticks-Set [4] geprüft und die mukoziliare Transitzeit mit der Saccharinmethodebestimmt. Gemessen wurde die Zeit vom Einbringen eines Saccharinpartikels in denunteren Nasengang bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Proband einen süßen Geschmackim Rachen wahrnahm. Nach der Exposition wurde Nasensekret mit Hilfe vonSchaumstoffsammlern zur Bestimmung der Konzentrationen der Interleukine IL-1β undIL-8 gewonnen. Die Schaumstoffträger wurden zentrifugiert und das Sekret bis zurAnalytik tiefgefroren. Die Messung der Konzentrationen des Interleukins IL-1β imNasensekret erfolgte mit Hilfe eines quantitativen Sandwich Enzym Immunoassays (EIA)und luminometrischer Detektion (QuantiGlo® human IL-1β, R&D Systems, Wiesbaden).Die Bestimmung des Interleukins IL-8 im Nasensekret wurde mit einem quantitativenSandwich Enzym Immunoassay (EIA) und absorptionspektrometrischer Detektion149


V17Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube II(ELISA-Entwicklungskit DuoSet® ELISA Development System human IL-8, R&DSystems) vorgenommen. Bei allen Standards und Proben wurden Doppelbestimmungendurchgeführt. Im Anschluss an die Sekretgewinnung wurde mittels einer MikroküretteEpithel aus dem Nasenboden entnommen und für die mRNA-Analytik aufgearbeitet.Mittels quantitativer RT-Polymerase-Kettenreaktion (RT-PCR) wurden die mRNA-Konzentrationen der Entzündungsmarker IL-1β, IL-6, IL-8, des Tumornekrosefaktors α,des Monozyten-Chemotaktischen-Proteins und der Cyclooxygenasen 1 und 2 bestimmt[3]. Vor, während und nach der Exposition wurde das Befinden mit einem Fragebogen(Ordinalskala von 0 bis 5) aus dem Swedish Performance Evaluation System [2] in derdeutschen Version nach Seeber [10] erfasst. Mit Fragebögen wurden die Probanden umeine Beurteilung der Exposition gebeten. Nach Verteilungsanalysen wurdenparametrische und nichtparametrische Crossover-Analysen [5] mit SPSS Version 11(SPSS Inc., Chicago, USA) vorgenommen. Das schriftliche Einverständnis derProbanden sowie die Zustimmung der Ethikkommission der LandesärztekammerRheinland-Pfalz waren vor den Experimenten eingeholt worden.ErgebnisseAlle Probanden gaben den Versuchstag mit der Exposition gegenüber Methylmethacrylatrichtig an, somit war das Experiment nicht blind. Im Nasensekret waren dieKonzentrationen der Interleukine nicht erhöht (Abb. 1 und 2). Die mRNA-Expression desIL-1β, IL-6, IL-8, des Tumornekrosefaktors α, des Monozyten-Chemotaktischen-Proteinsund der Cyclooxygenasen 1 und 2 im Nasenepithel war nach derMethylmethacrylatexposition nicht erhöht. Die mukoziliare Transportzeit änderte sichnicht (Mediane der Differenzen der Messwerte nach und vor Exposition -22 ± 283 sec(MMA) und -43 ± 149 sec (Luft), n.s.). Die Mediane der Differenzen der Riechschwellenfür n-Butanol betrugen jeweils 0 (n.s.). Der Geruch von Methylmethacrylat wurdeinsbesondere zu Beginn der Exposition als unangenehmer empfunden (Median 2 vs. 0, p≤ 0,001). Der Fragebogenscore für die Reizung der Nasenschleimhaut war nur am Endeder MMA-Exposition diskret erhöht (Median jeweils 0; 3. Quartil 1 vs. 0, p ≤ 0,01). DerScore für Kopfschmerzen war nach zwei und vier Stunden Exposition sowie 35 Minutendanach geringfügig höher (Median je nach Zeitpunkt maximal 0,5 vs.0, p ≤ 0,001 bis p ≤0,05). Die Scores für Unwohlsein und Müdigkeit waren nach zwei bzw. vier StundenExposition gegenüber Methylmethacrylat diskret erhöht (p ≤ 0,01 bzw. p ≤ 0,05).150


V17Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube II140012001000800Interleukin IL-1β [pg/ml]6004002000MethylmethacrylatLuftAbb. 1: Konzentrationen von Interleukin IL-1β im Nasensekret200001500010000Interleukin IL-8 [pg/ml]50000MethylmethacrylatLuftAbb. 2: Konzentrationen von Interleukin IL-8 im Nasensekret151


V17Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube IISchlussfolgerungenDie akute Belastung mit 50 ppm Methylmethacrylat verursachte keine entzündlichenVeränderungen an der respiratorischen Nasenschleimhaut. Auch beim Menschen ist dieAktivität der Carboxylesterase im olfaktorischen Epithel der Nasenschleimhaut höher alsim respiratorischen [6]. Da im Rahmen eines Experiments keine histologischen oderimmunologischen Untersuchungen der olfaktorischen Mukosa möglich waren, ist dieRiechschwelle der relevante Effektparameter. Die Bestimmung der Riechschwelle für n-Butanol mit den Sniffin’ Sticks hat sich als sensitives Verfahren zur Erfassungsubklinischer toxischer Effekte erwiesen [8, 9]. Die Tatsache, dass die Riechschwellenach Einwirkung von 50 ppm Methylmethacrylat nicht erhöht war, spricht deshalb sehrdafür, dass die Dosis nicht hinreichend war, toxische Effekte am olfaktorischen Epitheldes Menschen zu verursachen. Tierexperimentell verursachte eine chronische Belastungmit 100 ppm Methylmethacrylat Degenerationen und Atrophien des olfaktorischenEpithels [1], jedoch ist die Aktivität der Carboxylesterase in der olfaktorischen Mukosabei der Ratte beträchtlich höher als beim Menschen [6]. Die diskreten Veränderungender Befindlichkeit betrachten wir als noch tolerabel. Insgesamt verursachte die akuteBelastung mit 50 ppm MMA keine adversen Effekte. Dieses Ergebnis lässt sich jedochnicht ohne weiteres auf eine chronische Exposition übertragen.DanksagungDie Studie wurde von der DFG gefördert.Literatur1. DFG. Methylmethacrylat. Nachtrag 2006. Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe.Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begründungen von MAK-Werten. Weinheim:Wiley-VCH2. Gamberale F, Iregren A, Kjellberg A. SPES: The computerized Swedish PerformanceEvaluation System. Arbete Och Hälsa. Vol. 6. Solna: National Institute ofOccupational Health, 1989.3. Gosepath J, Brieger J, Muttray A, Best S, Pourianfar M, Jung D, Letzel S, Mann WJ.mRNA induction and cytokine release of inflammatory mediators during in vitroexposure of human nasal respiratory epithelia to acetaldehyde. Inhal Toxicol; 18;2006; 1083-1090.4. Kobal G, Klimek L, Wolfensberger M, Gudziol H, Temmel A, Owen CM, Seeber H,Pauli E, Hummel T. Multicenter investigation of 1,036 subjects using a standardizedmethod for the assessment of olfactory function combining tests of odor identification,odor discrimination, and olfactory thresholds. Eur Arch Otorhinolaryngol; 257; 2000;205-211.5. Lehmacher W. Verlaufskurven und Crossover. In: Überla, K., Reichertz, P.L.Victor, N. (Hrsg.): Medizinische Informatik und Statistik. Berlin: Springer, 1987; 79-105.6. Mainwaring G, Foster JR, Lund V, Green T. Methyl methacrylate toxicity in rat nasalepithelium: studies of the mechanism of action and comparisons between species.Toxicology; 158; 2001; 109-118.152


V17Vorträge – Atemwege, Allergien, Stäube II7. Muttray A, Schmitt B, Klimek L. Effects of methyl methacrylate on the sense of smell.Cent Eur J Occup Environ Med; 3; 1997; 58-66.8. Muttray A, Moll B, Faas M, Klimek L, Mann W, Konietzko J. Acute effects of 1,1,1-trichloroethane on human olfactory functioning. Am J Rhinol; 18; 2004; 113-117.9. Muttray A, Gosepath J, Brieger J, Faldum A, Bergmann D, Scherhag H, Mayer-Popken O, Roßbach B, Jung D, Mann W, Letzel S. Eine akute Belastung mit 100ppm 1-Methoxypropanol-2 beeinträchtigt das Riechvermögen. Dezembertagung derArbeitsgemeinschaft Olfaktologie und Gustologie. Dessau, 2.-3.12.2005.http://www.tu-dresden.de/medkhno/riechen_schmecken/dessau_2005.htm#asbtracts10. Seeber A, Blaszkewicz M, Kiesswetter E, Bandel T, Golka K, Heitmann P, VangalaRR, Bolt HM. Biomonitoring, Leistung und Befinden bei inhalativer Ethanolexposition.In: Kessel R (Hrsg.): Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizinund Umweltmedizin, 34. Jahrestagung. Stuttgart: Gentner, 1994; 205-209.153


V18Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenSchichtarbeit als primärpräventive Maßnahme? Verhinderunggesundheitsadverser Verhaltensweisen von Jugendlichen durchSchichtarbeitszeiten?Thomas Baumeister, Hans DrexlerInstitut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenHintergrundSchichtarbeit ist ein immanenter Bestandteil moderner Produktions- undDienstleistungsabläufe. Auswirkungen von Schichtarbeitsregelungen auf dieBeschäftigten wurden in zahlreichen Studien ausgiebig untersucht, und es herrschtbreiter Konsens bzgl. der schädlichen Langzeitwirkungen bestimmterSchichtarbeitssysteme, die sich bei den Beschäftigten im somatischen Bereich (Störungder internen biologischen circadianen Rhythmen mit Beeinträchtigung des Schlafes (1, 2,8), psychosomatische Störungen mit Beschwerden im Bereich desGastrointestinaltraktes (4, 6), erhöhte Anfälligkeit für kardiovaskuläre Erkrankungen (3, 7,8), Ulzera des oberen Gastrointestinaltraktes und mögliche Verschlechterungpsychiatrischer Erkrankungen (5)) bemerkbar machen. Schichtarbeit hat darüber hinausdurch die zeitliche Entkoppelung der Beschäftigten vom üblichen Familienleben undFreundeskreis weitreichende Auswirkungen auf die psychosoziale Situation derBeschäftigten. Jugendliche Beschäftigte, d. h. im Normalfall Auszubildende, sollen durchdas Jugendarbeitsschutzgesetz, das ein generelles Nachtarbeitsverbot für Jugendlicheund ein nach Alter abgestuftes Beschäftigungsverbot für Jugendliche zu bestimmtenTageszeiten vorsieht (vgl .JArbSchG, § 12 u. 14), vor diesen gesundheitsadversenEffekten geschützt werden.Ziel der StudieUm einem Facharbeitermangel entgegenzuwirken und die Ausbildungskapazitäten zuerhöhen, wurde bei einem namhaften deutschen Automobilhersteller eineSchichtenregelung für gewerbliche Auszubildende eingeführt, die keine Nachtarbeiteinschließt und die Vorgaben des Jugendarbeitschutzgesetzes einhält. Ummöglicherweise dennoch auftretende gesundheitliche Beeinträchtigungen frühzeitigfeststellen und gegebenenfalls zeitnah intervenieren zu können, wurde die Einführungdes neuen Zeitmodells wissenschaftlich begleitet. Es war zu prüfen, ob die Gesundheitvon Jugendlichen durch die Berufsausbildung im Zweischichtsystem beeinträchtigt wird.Es wurden hierzu jugendliche Auszubildende untersucht, deren Ausbildungszeiten mitden Schichtzeiten des ausbildenden Unternehmens synchronisiert worden waren,sodass die Jugendlichen in der unternehmensüblichen Früh- und Spätschicht (von 6.00-14.00 bzw. 14.30-22.30 Uhr) ausgebildet wurden, ohne jedoch Nachtarbeit leisten zumüssen.154


V18Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenMethodenMittels validierter Fragebögen (Giessener Beschwerdebogen, Beck Depressions-Inventar, Fragebogen zum Ernährungs- und Gesundheitsverhalten), ausgewählterLaborparameter (Body-Mass-Index, Gewicht, Größe, Blutdruck, γ-GT, Cholesterin,Blutzucker, Lipidstatus und als Parameter für den Gebrauch von Nikotin und AlkoholCotinin und CDT) und elektrophysiologischer Messmethoden wurden der körperliche undpsychische Gesundheitszustand und das Suchtverhalten von n = 522 Auszubildendenüber einen Zeitraum von zwei Jahren untersucht. Verglichen wurde der ersteAusbildungsjahrgang ab Einführung des neuen Zeitmodells (Untersuchungsgruppe) mitdem letzten Ausbildungsjahrgang mit herkömmlichem Zeitmodell (Vergleichsgruppe). Inder Auswertung wurde besonderer Wert auf intraindividuelle Veränderungen gelegt (Δ-Werte), da in der vorliegenden Altersgruppe (16.-19. LJ) innerhalb von zwei Jahrenaltersphysiologisch mit systematischen Änderungen zu rechnen ist, und die zuerwartenden Veränderungen gering sein würden.ErgebnisseIn die Endauswertung konnten nach 24 Monaten die Datensätze von 201Auszubildenden (U124/V77) einbezogen werden. Es konnten keinegesundheitsadversen Effekte festgestellt werden, die sich eindeutig auf dieSchichtarbeitsregelung zurückführen ließen. Es konnten in beiden Gruppen Trends zugesundheitsförderlichen Veränderungen festgestellt werden, so kam es zu einerAbnahme des Alkohol- und Nikotinkonsums, des allgemeinen Beschwerdedrucks, derErschöpfungsneigung und von Gliederschmerzen (Tab.1). Es konnten aber auch inbeiden Gruppen ein Absinken des HDL- Cholesterinspiegels und ein Anstieg der γ-GT-Werte festgestellt werden (Tab.1). Bei der Untersuchungsgruppe wurde ein stärkererAbfall des Alkoholkonsums und ein schwächerer HDL- Abfall beobachtet. In derUntersuchungsgruppe kam es außerdem zu einer Abnahme der sportlichen Betätigung.SchlussfolgerungenBis auf die stärkere Abnahme der sportlichen Betätigung in der Untersuchungsgruppekonnten keine gesundheitlichen Veränderungen festgestellt werden, die sich eindeutigauf die Schichtarbeitsregelung zurückführen ließen, wobei der Beobachtungszeitraumvon lediglich 2 Jahren und die Tatsache zu berücksichtigen ist, dass keine Nachtarbeitgeleistet werden musste. Die Veränderungen der Stoffwechselparameter Gamma-GTund HDL deuten insgesamt auf eine anabole Stoffwechsellage, die bei Jugendlichennicht ungewöhnlich ist. Der Anstieg des BMI in beiden Gruppen weist in diesemZusammenhang jedoch auf einen Trend zu ungesundem Ernährungs- undGesundheitsverhalten hin, wofür auch die Abnahme der sportlichen Betätigung in derUntersuchungsgruppe spricht. Durch geeignete betriebliche155


V18Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenGesundheitsförderungsmaßnahmen, könnte den diesem Verhalten resultierendenLangzeitfolgen (Adipositas, Hypertonus, Arteriosklerose, usw.) unter Umständenvorgebeugt werden. Die Verbesserung der psychosomatischen Parameter können alspositiver Effekt geregelter Arbeit (Selbstbestätigung, geregelter Tagesablauf) gewertetwerden. Zusätzlich könnten die Schichtarbeitszeiten (spätes Arbeitsende, früherArbeitsbeginn) die Jugendlichen an der Ausübung gesundheitsadverserVerhaltensweisen wie Alkoholkonsum (z. B. Kneipengang) hindern, was durch etwaigeWegezeiten noch verstärkt würde. Die bekannten negativen Effekte der Schichtarbeit (s.o.), die bei älteren Arbeitnehmern auftreten, sind wahrscheinlich auf die langjährigeNachtarbeit und die damit verbundene Störung zirkadianer Rhythmen zurückzuführen.Danksagung an- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin- Dr. med. Joachim Stork (lt. Werksarzt AUDI AG)- Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie (IMBE) d. UniversitätErlangen- Prof. Dr. Dr. med. Michael Mück-WeymannLiteratur1. Akerstedt T., Shift work and disturbed sleep/ wakefulness. Occupational Medicine 53;2003: 89-942. Barton J., Folkard S., Smith L. et al. Effects on health of a change from a delaying toan advancing shift system. Occup. Environ. Med. 51 (11); 1994. 749-7553. Boggild H., Knutsson A. Shift work, risc factors and cardiovascular disease. Scand. J.Work. Environ. Health 25 (2); 1999: 85-994. Costa G., Multidimensional aspects related to shiftworkers’ health and well- being.Rev Saúde Pública 38 (supl); 2004:86-915. Goodrich S., Weaver K. A. Differences in depressive symptoms between traditionalworkers and shiftworkers. Psychol. Rep. 83 (2); 1998: 571-5766. Mann H. B., Saake K. P., Schmolke D. Schichtarbeit und gastrointestinaleErkrankungen. Zbl. Arbeitsmed. 49; 1999: 326-3317. Morikawa Y., Nacagava H., Miura K. et al. Relationship between shift work and onsetof hypertension in a cohort of manual workers. Scand. J. Work. Environ. Health 25(2); 1999: 100-1048. Takahashi M., Fukuda H., Miki K. et al. Shift work-related problems in 16-h night shiftnurses (2) : Effects on subjective symptoms, physical activity, heart rate, and sleep.Ind. Health 37 (2); 1999: 228-236156


V18Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenTab. 2: "Veränderungen in den Messparametern über den Zeitraum zwischen 1. u. 2., bzw. 1. u. 3. Erhebung,jeweils für Untersuchungs- und Vergleichsgruppe"Untersuchungsparameter Vergleich Untersuchung 1 mit Untersuchung 2 Vergleich Untersuchung 1 mit Untersuchung 3ΔU Trend ΔV Trend p-Wert ΔU Trend ΔV Trend p-wertBMI -0.052 ↑ -0.31 ↑ 0.1683 -0.388 ↑ -0.61 ↑ 0.3831RRdia -4.655 ↑ -4.543 ↑ 0.9503 -2.325 ↑ 3.4058 ↓ 0.0037RRsys -2.58 ↑ -2.314 ↑ 0.8852 -5.786 ↑ -7.261 ↑ 0.5354CDT 0.1789 ↓ 0.2175 ↓ 0.6396 0.4155 ↓ 0.1522 ↓ 0.3864Chol 1.3366 ↓ 4.9254 ↓ 0.3019 0.2688 ↓ 2.4219 ↓ 0.5317Gamma-GT -8.446 ↑ -4.94 ↑ 0.0461 -11.54 ↑ -13.66 ↑ 0.4340Glukose 3.8614 ↓ 1.1642 ↓ 0.3686 -1.348 ↑ -2.744 ↑ 0.7272HbA1c -0.019 ↑ -0.032 ↑ 0.7806 -0.186 ↑ -0.167 ↑ 0.6874HDL 0.3861 ↓ 4.1194 ↓ 0.0016 1.7634 ↓ 3.6094 ↓ 0.0755LDL 3.0297 ↓ 7.6212 ↓ 0.0919 0.6022 ↓ 0.9841 ↓ 0.8935Triglyzeride 3.8614 ↓ -4.313 ↑ 0.5126 -6.29 ↑ -1.797 ↑ 0.7044Cotinin -197.4 ↑ 206.15 ↓ 0.0031 59.02 ↓ 287.57 ↓ 0.1088Beschwerdedruck 1.5214 ↓ 4.7857 ↓ 0.0134 1.265 ↓ 2.4493 ↓ 0.4093Erschöpfungsneigung 0.9487 ↓ 1.6143 ↓ 0.2042 1.094 ↓ 1.058 ↓ 0.9472Gliederschmerzen 0.1197 ↓ 1.8 ↓ 0.0004 0.0855 ↓ 0.1884 ↓ 0.8631Herzbeschwerden 0.1026 ↓ 0.7429 ↓ 0.0708 -0.009 ↑ 0.5507 ↓ 0.1476Magenschmerzen 0.3504 ↓ 0.6286 ↓ 0.4400 0.094 ↓ 0.6522 ↓ 0.1552Mittlerer R-R im Liegen 22.714 ↓ 7.25 ↓ 0.4836 11.972 ↓ 31.431 ↓ 0.4250RMSSD im Liegen 9.7348 ↓ 2.4312 ↓ 0.3008 6.257 ↓ 4.8603 ↓ 0.8359Summe BDI 1 ↓ 2.0143 ↓ 0.2554 1.9231 ↓ 1.6957 ↓ 0.8319Maßeinheiten: BMI = Body mass index: kg/m2; CDT (Kohlenhydrat-defizientes Transferrin): μg/ l ; Gamma-GT: IE/ l; Cotinin: μg/ l; Chol = Cholesterin gesamt: mg/dl ;Glukose mg/dl; HbA1c: %; HDL= high densitiy cholesterol: mg/dl; LDL= low density cholesterol: mg/dl; RMSSD (root mean squared successive difference) = Maß fürdie Aktivität des parasympathischen Nervensystems: ms; R-R: Zeitintervall zwischen zwei Herzschlägen: ms; RRdia = diastolischer Blutdruck: mm/Hg; RRsys =systolischer Blutdruck: mm/Hg; Triglyzeride (Blutfette): mg/dl BDI = Beck-Depressions-Inventar ;ΔU = Differenz entspricht Parameterveränderung in der Untersuchungsgruppe, ΔV = Differenz entspricht Parameterveränderung in der Vergleichsgruppe, ↑ =tendenzielle Werterhöhung, ↓ = tendenzielle Werterniedrigung, p = Überschreitungswahrscheinlichkeit157


V19Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenWie stark profitieren Schichtarbeiter von einer sportlichenBetätigung?Anke van Mark 1 , Marcel Schröder 1 , David A. Groneberg 2 , Michael Spallek 3 , Manfred Heppner 4 ,Peter Egler 5 , Richard Kessel 1 , Stephan W. Weiler 11 Institut für Arbeitsmedizin, UK-SH, Campus Lübeck, Lübeck;2 Zentrum Innere Medizin, AbteilungPneumologie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover;3 Gesundheitsschutz, VolkswagenNutzfahrzeuge, Hannover;4 Gebäude 54, Betriebsärztlicher Dienst Lübeck, Lübeck;5 Arbeitsmedizin,Consilius GmbH, ReinbekEinleitungDie Auswirkungen einer Tätigkeit in Schichtarbeit äußern sich besonders in ungünstigrotierenden Schichtsystemen zunächst in Störungen des Schlafes und damitverbundenen Befindlichkeitsstörungen (Akerstedt 2003). Beobachtet werden danebenVeränderungen metabolischer bzw. kardiovaskulärer Risikoparameter wie einverringertes HDL-Cholesterin, erhöhte Werte für Triglyzeride, LDL- und Gesamt-Cholesterin, ein erhöhter BMI und Taille-Hüft-Quotient oder erhöhte Blutdruckwerte(Karlsson 20003, Ha 2005, Ghiasvand 2005, Morikawa <strong>2007</strong>, Sookoian <strong>2007</strong>). Dieskönnte, ebenso wie bei den schlafbezogenen Atemstörungen, auf die chronischeStörung der zirkadianen Rhythmik zurückzuführen sein.Um den Aufbau eines chronischen Schlafdefizits und die Entstehung metabolischerRisiken zu verhindern, müssen entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen werden. Zudiesen gehören auf betrieblicher Ebene u. a. eine gute Schichtplangestaltung undgesundheitliche Aufklärung ebenso wie individuell eine gesunde Lebensweise mit einerguten Schlafhygiene, eine gesunde und vollwertige Ernährung und eine gute körperlicheFitness.Unter dem Aspekt einer möglichen präventiven Einflussnahme auf betrieblicher Ebenewurde der Zusammenhang zwischen der sportlichen Aktivität und dem allgemeinen,„metabolisch messbaren“ Gesundheitszustand untersucht.MethodikEs wurden von uns 362 Erwerbstätige (Altersmittelwert 37,7 Jahre; 95 %-KI: 36,8 – 38,7Jahre) ähnlicher sozialer Schichten mit Beschäftigung in unterschiedlichenSchichtsystemen und Tagarbeiter untersucht, davon waren 299 Männer und 63 Frauen.Mittels Fragebogen und ärztlichem Interview wurden u. a. Schlafstörungen und diesportliche Betätigung erfasst, die zu einer Einteilung in Sport Treibende und solche ohnesportliche Aktivitäten führte (Abb. 1). Die metabolischen Risikofaktoren wurdenserologisch bestimmt, erfasst wurden ebenfalls Blutdruck, BMI und Waist-to-hip-Ratio.158


V19Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen7060504030Alter in Jahren2010N =1047310953Schicht und Sport Schicht kein SportTag und SportTag kein SportAbb. 1: Sportliche Aktivität und Altersstruktur des Untersuchungskollektives.Ergebnisse49,3 % der Schichtarbeiter und 57,9 % der Tagarbeiter waren sportlich aktiv, damitunterschieden sich die Kollektive nicht signifikant. Obwohl Schichtarbeiter signifikanthäufiger (p < 0,000) als Tagarbeiter über Schlafstörungen berichteten, litten jene mitregelmäßiger sportlicher Betätigung seltener darunter.Signifikante Unterschiede in Bezug auf die Mittelwerte der metabolischenRisikoparameter bestanden zwischen sportlich aktiven und inaktiven Schichtarbeiternund Tagarbeitern beim BMI (p = 0,009), der waist-to-hip-Ratio (p < 0,000), den BlutfettenHDL-Cholesterin (p = 0,001), LDL-Cholesterin (p < 0,000) und Gesamt-Cholesterin (p =0,001), beim Blutzucker (p < 0,000), aber auch bei der Harnsäure (p = 0,001) und derGamma-GT (p = 0,008). Nicht Sport treibende Schichtarbeiter zeigten in 17,8 % einemanifeste Hypertonie und unterschieden sich signifikant von den nicht Sport treibendenTagarbeitern (1,9 %), für die „sportlichen“ Schichtarbeiter war der Unterschied nicht mehrsignifikant (9,6 %).Der Nikotinkonsum gilt als komplizierender Faktor bei Hypertonie undFettstoffwechselstörungen in Bezug auf das koronare Erkrankungsrisiko. Schichtarbeiterohne sportliche Aktivität rauchten signifikant häufiger als „sportliche“ Tagarbeiter (49,5vs. 23,3 %), jedoch nur tendenziell häufiger als „unsportliche“ Tagarbeiter (30,2 %).Sportlich aktive Schichtarbeiter (33,7 % Anteil an Nikotinkonsumenten) rauchten etwagleich häufig wie „unsportliche“ Tagarbeiter und deutlich seltener als „unsportliche“Schichtarbeiter.159


V19Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenSchichtarbeitnehmer und Tagarbeiter profitierten regelmäßig von einer sportlichenBetätigung, einige positive Effekte zeigten sich am deutlichsten im höheren Alter, z. Bbeim kardioprotektiven HDL-Cholesterin (Abb. 2).bis 30-jährige31-40-jährige100100908080HDL - Cholesterin in mg/dl7060504030Schicht und Sport Schicht kein SportTag und Sport41-50-jährigeTag kein SportHDL - Cholesterin in mg/dl604020Schicht und Sport Schicht kein SportTag und Sportälter als 50 JahreTag kein Sport10010080806060HDL - Cholesterin in mg/dl40200Schicht und Sport Schicht kein SportTag und Sport Tag kein SportHDL - Cholesterin in mg/dl40200Schicht und Sport Schicht kein SportTag und Sport Tag kein SportAbb. 2: Mittelwerte des HDL-Cholesterins innerhalb verschiedener Altersgruppen und in Bezugauf Schichtarbeit und sportliche Aktivität.SchlussfolgerungenDie Probanden profitierten regelmäßig von einer sportlichen Betätigung, dies gilt ganzbesonders für die Schichtarbeiter und war „messbar“ mit Hilfe metabolischer bzw.kardiovaskulärer Risikoparameter. Dabei scheinen einige positive Auswirkungenbesonders in höherem Alter deutlich zu werden.160


V19Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenSport treibende Schichtarbeiter wiesen stets das bessere metabolische bzw.kardiovaskuläre Risikoprofil auf als nicht Sport treibende Schichtarbeiter. Dies gilt auchfür die beiden Gruppen der Tagarbeiter.Eine sportliche Betätigung scheint die Verträglichkeit einer Tätigkeit in Schichtarbeit zuverbessern und deren metabolische Auswirkungen zu mildern. Dies unterstreicht dieNotwendigkeit und den Sinn präventiver Maßnahmen auf betrieblicher Ebene mit demZiel einer besseren körperlichen Fitness bzw. gesünderen Lebensweise.Literatur• Akerstedt T. Shift work and disturbed sleep/wakefulness. Occup Med (Lond). 2003;53: 89–94• Ghiasvand M, Heshmat R, Golpira R, Haghpanah V, Soleimani A, ShoushtarizadehP, Tavangar SM, Larijani B. Shift working and risk of lipid disorders: a cross-sectionalstudy. Lipids Health Dis. 2006; 10, 5: 9• Ha M, Park J. Shiftwork and metabolic risk factors of cardiovascular disease. J OccupHealth. 2005; 47: 89 - 95• Karlsson BH, Knutsson AK, Lindahl BO, Alfredsson LS. Metabolic disturbances inmale workers with rotating three-shift work. Results of the WOLF study. Int ArchOccup Environ Health. 2003; 76: 424 - 430• Morikawa Y, Nakagawa H, Miura K, Soyama Y, Ishizaki M, Kido T, Naruse Y,Suwazono Y, Nogawa K. Effect of shift work on body mass index and metabolicparameters. Scand J Work Environ Health. <strong>2007</strong>; 33: 45 - 50• Sookoian S, Gemma C, Fernandez Gianotti T, Burgueno A, Alvarez A, Gonzalez CD,Pirola CJ. Effects of rotating shift work on biomarkers of metabolic syndrome andinflammation. J Intern Med. <strong>2007</strong>; 261: 285 - 292161


V20Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenDie Arbeitsmedizin bei der wachsenden Bedeutung von Herz-Kreislauferkrankungen der ArbeitnehmerEberhard Alexander Pfister, Irina Böckelmann, Beate PeterInstitut für Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität, MagdeburgAusgangslage und ZielstellungHerz-Kreislauferkrankungen (HKE) sind weiterhin die häufigste Todesursache in denwestlichen Ländern (ca. 45 % der Todesfälle durch HKE). Es bestehen dabei inDeutschland allerdings große regionale Unterschiede, unser Bundesland Sachsen-Anhalt liegt mit Mecklenburg-Vorpommern an der auf die Einwohnerzahl bezogenenHKE-Mortalitätsspitze. Wenn man unterstellt, dass genetische Unterschiede dafür nichtverantwortlich sind und deutschlandweit die gleichen ärztlichen Kriterien für Diagnoseund Therapie Anwendung finden, ist das nur mit einem unterschiedlichenkardiovaskulären Risikoverhalten erklärbar.Unstrittig ist, dass ein großer Teil der HKE durch eine verbesserte Prävention vermiedenwerden kann. Das Robert-Koch-Institut Berlin beklagt 2006 eine unzureichende moderneHKE-Prävention im Land. Das richtet sich auch an die Arbeitsmedizin als präventivesFach, obwohl diese die HKE randständig betrachtet. Ursache dafür ist u. a. dieBerufskrankheitenliste, die von einigen kardiotoxischen Substanzen abgesehen, HKEnicht kennt. Der Wandel der Arbeitswelt mit seiner Zunahme psychischer Belastungenverstärkt die HKE-Gefahr bei Personen mit Stressbewältigungsdefiziten. Dazu kommt diebekannte demografische Situation mit zunehmend älteren Arbeitnehmern, dietypischerweise ein erhöhtes HKE-Risiko besitzen. Schließlich findet der BetriebsarztPersonen vor, die bislang durch das (freiwillige) Präventionsraster der Medizin gefallensind. Es geht nicht darum, hausärztliches oder kardiologisches Terrain zu besetzten,sondern um:• Sensibilisierung der Arbeitsmedizin für HKE über die BK-Liste hinaus,• Erweiterung des klassischen Herz-Check-Up´s mit betriebsärztlichen Möglichkeitenund• Qualifizierung der betriebsärztlichen Prävention.Probanden und MethodikFür eine freiwillige Teilnahme an einer HKE-Präventionsstudie (positives Votum derzuständigen Ethikkommission bestand) wurden Angehörige der Universität Magdeburggeworben. Bei sehr regem Interesse erfolgte die Auswahl der klinisch gesundenProbanden nach der Meldungsreihenfolge. Unter Berücksichtigung von Ein- undAusschlusskriterien blieben 163 Probanden übrig. Es handelte sich dabei um Angehörigealler Universitätsstatusgruppen ohne Studenten, und zwar 51 Frauen (48,2 ± 8,3 Jahre162


V20Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungenalt) und 112 Männer (47,6 ± 7,8 Jahre alt); ein Altersunterschied zwischen beidenGruppen war nicht gegeben (p = 0,605).Die Methodik bestand aus drei Stufen:- Arbeitsmedizinischer Status (Anamnese, körperliche fachärztliche Untersuchung,Ruhe-EKG und –Blutdruck, Body-Mass-Index (BMI)-Bestimmung, Klinisches Labormittels Reflotron aus Kapillarblut und Urin),- Psychologisches Screening durch die Fragebogenverfahren „ArbeitsbezogenesVerhaltens- und Erlebensmuster“ (AVEM) nach Schaarschmidt und Fischer und„Stressverarbeitungsfragebogen“ (SVF) nach Janke, Erdmann und Kallus und- 24-Stunden EKG-Monitoring mit anschließender Analyse der Herzfrequenzvariabilität(Heart Rate Variability -HRV).In Anlehnung an das klassische Herz-Check-Up wurden aus acht HKE-Risikofaktoren(RF) zwei Probandencluster gebildet. Personen mit < 2 RF galten als HKE-Ungefährdete(Gruppe HK0) und die übrigen als HK-Gefährdete (HK1). Folgende RF wurden dabeiberücksichtigt: (1) BD > 140/90 mm Hg, (2) pathologisches EKG gesichert, (3) Raucher,(4) BMI ≥ 26 kg/m2, (5) Blutzucker ≥ 7 mmol/l, (6) Triglyceride ≥ 2,3 mmol/l, (7) LDL-Cholesterin ≥ 4,92 mmol/l und (8) HDL-Cholesterin ≤ 0,88 mmol/l.Wir unterstellten zur Überprüfung zwei Arbeitshypothesen:• Personen mit einem HKE-Risiko nach den RF (hier also Gruppe HK1) haben Defizitein ihrer Stressbewältigung (Resignationstendenz aber auch unkontrollierteAggressivität, geringe innere Ruhe und Ausgeglichenheit, mangelndeLebenszufriedenheit, Vermissen sozialer Unterstützung bei der Arbeit,Selbstbeschuldigungstendenz u. a.).• Personen mit einem HKE-Risiko nach den RF haben eine eingeschränkte HRV bzw.eine geringe regulative Kreislaufbreite (Herzfrequenzstarre).ErgebnisseBei den untersuchten Männern stellten sich die RF deutlich auffälliger dar als bei denFrauen, was die Erfahrung unterstützt, dass Männer offenbar HKE-gefährdeter sind alsFrauen. Insgesamt (n = 163 mit 51 Frauen (F) und 112 Männern (M)) entfielen auf:• HK0 (< 2 RF) n = 71 mit F = 31 und M = 40 und• HK1 (≥ 2 RF) n = 92 mit F = 20 und M = 72.Mittels des AVEM-Befragungsverfahrens werden Personen in vier Typen beruflicherBewältigung eingeteilt, vereinfacht ausgedrückt: A = überhöhtes beruflichesEngagement, B = starke Resignationstendenz, G = gesundheitsförderliches Verhaltenund Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen im Beruf und S = auf Schonungorientiertes Verhalten. Die statistische Überprüfung ergab, dass sich die beiden HKE-Gruppen HK0 (geringes kardiovaskuläres Risiko) und HK1 (hohes Risiko) nahezu gleich163


V20Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungenauf die vier AVEM-Typen verteilen (bei den Frauen p = 0,949 und den Männern p =0,457; Chi-Quadrat-Test).Auch bei der Auswertung der SVF-Bögen wurde kein statistischer Unterschied derpositiven und negativen Stressbewältigungsstrategien zwischen den beidengeschlechtsbezogenen HKE-Gruppen ermittelt, in keinem Fall ist ein p-Wert kleiner als0,13 gegeben (s. Abb. 1).1816SVF-Punkte14121086420HK0 HK1 HK0 HK1Männer Frauenpositive Strategiennegative StrategienAbb. 1: Positive und negative Stressbewältigungsstrategien bei den beidenHKE-Gruppen der Männer (n = 112) und Frauen (n = 51)Es wurde vermutet, dass Personen mit einem HKE-Risiko nach den klassischen RF eineeingeschränkte HRV bzw. eine geringe regulative Kreislaufbreite haben. Wir zogen alsHRV-Maß den sog. Lorenz-Plot ein, eine Punktwolke aus übereinander aufgetragenensukzessiven Herzperiodendauerlängen. Die Breite der zigarrenförmigen Figur (LB) drücktdie HRV selbst aus, die Länge (LL) die Regulationsfähigkeit bei Belastungen. In derNachtruhe wurden aus dem 24-h-EKG keine signifikanten Unterschiede erkannt (s. Abb.2).1300120011001000900p = 0,52 p = 0,88[ms]8007006005004003002001000p = 0,21 p = 0,28HK0 HK1 HK0 HK1Männer FrauenLL NachtLB NachtAbb. 2: Lorenz-Plot-Längen (LL) und –Breiten (LB) in der Nachtruheder beiden HKE-Gruppen der Männer (n = 112) und Frauen (n = 51)164


V20Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenDiskussion und SchlussfolgerungenBei aller Berechtigung der klassischen kardiovaskulären RF weisen im Einzelfall immerwieder Abweichungen darauf hin, dass noch andere Faktoren über die bekannten RFhinaus an der Entwicklung einer HKE beteiligt sein müssen. Die klinische Forschungbemüht sich hier mit ihren spezifischen Methoden um weitere Ausdifferenzierung. Dieseaufwändigen Verfahren sind aber für die praktische Arbeitsmedizin nicht übertragbar undsollten auch der Kardiologie überlassen bleiben. Um einen betriebsärztlich gangbarenWeg für die HKE-Risikostratifizierung über die bekannten kardiovaskulrären RF hinauszu bahnen, wurden auch noch arbeitspsychologische Kategorien des arbeitsbezogenenVerhaltens und Erlebens mit der Stressbewältigungsfähigkeit und die HRV in Körperruheeinbezogen. Einschlägige Veröffentlichungen ordnen nämlich Defiziten bei derStressbewältigung und einer geringen HRV eine HKE-Gefahr zu. Es war daher zuerwarten (Arbeitshypothesen), dass sich signifikante Zusammenhänge zwischen den dreihier betrachteten Gefährdungsebenen ergeben. Das ist allerdings nicht der Fall. DasHKE-Risiko wird durch mehrere Sachverhalte determiniert, die offensichtlich relativunabhängig voneinander wirken. Als Gedankenmodell des HKE-Risikos wird einemehrdimensionale HKE-Gefährdungs“figur“ vorgeschlagen, die bei 3 Dimensionen nochanschaulich ist: (1) klassische kardiovaskuläre RF erhöht, (2) Stressbewältigungunzureichend und (3) HRV eingeschränkt.Der engagierte Betriebsarzt sollte also über die klassischen kardiovaskulären RF seinerVersicherten hinaus Bemühungen unternehmen, die individuelleStressbewältigungsfähigkeit und das Herzrhythmusverhalten zu erfassen. Für allegenannten Sachverhalte gibt es etablierte Methoden, die betriebsärztlich anwendbarsind. Diese ersetzen natürlich die ggf. notwendige kardiologische Diagnostik nicht,ergänzen sie aber sinnvoll. Mit der mehrdimensionalen HKE-Risikostratifizierung wird einsichereres Prognoseurteil erwartet und eine bessere präventive Möglichkeit erzielt als mitden klassischen RF allein.Ausdifferenziert kann allerdings das hier vorgeschlagene mehrdimensionaleGedankenmodell des HKE-Risikos erst in der Zukunft werden, da man das spätereSchadensereignis (manifeste HKE) bzw. dessen Ausbleiben abwarten muss. Das istaber bei jeder Präventionsforschung nicht anders, was wiederum den Wert vonepidemiologischen Längsschnittbetrachtungen unterstreicht (nicht nur auf dem Gebietarbeitsassoziierter HKE).165


V20Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenAbgesehen von wissenschaftlichen Unsicherheiten modellhafter Vorstellungen kann diebetriebsärztliche Prävention von HKE durch das hier praktizierte mehrdimensionaleVorgehen an Qualität gewinnen, was nicht nur für die Patienten von Nutzen ist, sondernauch für die Wahrnehmung des Betriebsarztes im Unternehmen selbst. Der erste Schrittist erst einmal die offensive Zuwendung zu HKE bei den Versicherten, was allerdingsauch die Träger der Gesetzlichen Unfallversicherung berührt.166


V21Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenRisiko einer koronaren Herzkrankheit unter Seeleuten aufdeutsch-flaggigen SchiffenMarcus Oldenburg 1 , Hans-Joachim Jensen 2 , Ute Latza 1 , Xaver Baur 11 Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg, Hamburg; 2 Arbeitsgruppetraumatische Ereignisse in der Seeschifffahrt, Deutsche Gesellschaft für Maritime Medizin, HamburgEinleitungHerz-Kreislauferkrankungen zählen weltweit zu den häufigsten Todesursachen und sindin westlichen Ländern für 45% und in Entwicklungsländern für 24,5% derGesamtmortalität verantwortlich.Gemäß Assmann et al. (2002) hängt das Risiko, eine koronare Herzerkrankung zuakquirieren, von folgenden unabhängigen Risikofaktoren ab: Alter, LDL-Cholesterin,Raucherstatus, HDL-Cholesterin, systolischer Blutdruck, ein frühzeitiger Myokardinfarktin der Familienanamnese, Diabetes mellitus und Triglyceride (sortiert nach abnehmenderBedeutung). Zur Einschätzung des koronaren Risikos sind verschiedene Scores ingroßen bevölkerungsbezogenen Kohortenstudien (z. B. PROCAM-Studie) etabliert.Darüber hinaus wird das koronare Risiko durch abhängige Risikofaktoren, wie z. B.Übergewicht, Bewegungsmangel und Stress beeinflusst. Seefahrer sind nicht zuletztwegen ihrer z. T. mehrmonatigen Einheit von Arbeitsplatz und Freizeitbereich auf ihremSchiff mit den dort bestehenden psychosozialen Problemen (z. B. lange Trennung vonder Familie, Isolation, Konflikte innerhalb der Crew) in einem besonderen Maßegegenüber Stress ausgesetzt.Ziel dieser schifffahrtsmedizinischen Studie war eine Risikoabschätzung eines koronarenEreignisses unter Seeleuten auf deutsch-flaggigen Schiffen im Vergleich zurAllgemeinbevölkerung sowie in Abhängigkeit von Berufs-assoziierten Parametern.Material und MethodikWährend eines 3,5wöchigen Zeitintervalls im Juli 2006 wurden 174 von 205 sich zurSeedienst-Tauglichkeitsuntersuchung einfindenden, ausschließlich männlichen Seeleuteuntersucht (Response 84,9%) bereit. Wegen fehlender Blutwerte wurden 13 Seeleutevon der folgenden Auswertung ausgeschlossen.Die Seemänner stammten aus 18 verschiedenen Nationen und wurden in die GruppenEuropäer/ Nicht-Europäer zusammengefasst. Weiterhin wurden die Seeleuteentsprechend ihrer beruflichen Qualifikation und auf der Grundlage des Medians ihrerBerufstätigkeit an Bord eingeteilt.Es erfolgten die Bestimmung von Blutfetten und Glucose sowie ein standardisiertesInterview u. a. zur Demographie, zum Beruf sowie zu potentiellen koronarvaskulärenRisikofaktoren.Da die PROCAM-Studie auf eine in Deutschland berufstätige, ausschließlich männlichePopulation basiert, ist diese Studienpopulation mit unserem Untersuchungsteilkollektiv167


V21Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungenaktiver deutscher Seemänner gut vergleichbar. Zur Abschätzung des 10-Jahres Risikosfür ein akutes koronares Ereignis wurde der PROCAM-Risikoscore für die untersuchtendeutschen Seefahrer zwischen 35 und 64 Jahren (N= 46) berechnet und mit dementsprechenden Risiko der an Land arbeitenden Beschäftigten der PROCAM-Studieverglichen.Zur Abschätzung des koronaren Risikos unseres Gesamt-Kollektivs (N= 161) wurde alsweiteres Maß die Anzahl von etablierten unabhängigen Risikofaktoren gebildet. Anhandder Anzahl dieser Risikofaktoren (RF von 0 bis 8) wurden die Seeleute in die Gruppenniedrigere ( 20%(Score ≥ 54) koronarer Ereignisse stellte sich insgesamt selten dar. Bei der Betrachtungder (gemäß der PROCAM-Studienpopulation) altersstandardisierten prognostiziertenRisikorate eines akuten Koronarereignisses in 10 Jahren fand sich kein Unterschiedzwischen den beiden Kollektiven.Tab. 1: Vergleich der untersuchten deutschen Seemänner zwischen 35 und 64 Jahren(N= 46) mit dem PROCAM-KollektivKoronares Risiko in Abhängigkeit von der Anzahl der RisikofaktorenRisikofaktoren im gesamten Untersuchungskollektiv (N= 161)Im Gesamtkollektiv dominierten die koronaren Risikofaktoren arterielle Hypertonie(49,7%), Hypertriglyceridämie (41,6%), höheres Alter (39,8%) und aktives Rauchen(37,3%). Ausgehend von der Anzahl der Risikofaktoren wurden insgesamt 106 Seefahrer(65,8%) als gering Infarkt-gefährdet (< 3 RF) und 55 (34,2%) als höher Infarkt-gefährdet(≥ 3 RF) eingeschätzt. Den europäischen Seeleuten kam im Vergleich zu den nichteuropäischenein altersadjustiert über zweifach höheres Infarktrisiko zu. Dabei waren 31von 68 deutschen Seeleuten (45,6%) als höher Infarkt-gefährdet einzustufen.Abhängigkeit der Risikofaktoren von der Dauer der beruflichen Belastung und desDienstgrades168


V21Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenHinsichtlich der beruflichen Belastung war die Berufsdauer mit der Anzahl vonRisikofaktoren altersadjustiert assoziiert (OR 1,08 (95% CI 1,02 – 1,14)). DieArbeitszeitbelastung an Bord beeinflusste das koronare Risiko dagegen nicht.Auf der Grundlage des Medians der Berufstätigkeit auf Schiffen stellte sich nachAltersadjustierung unter Seeleuten mit längerer Berufsdauer ein nahezu dreifacherhöhtes koronares Risiko heraus.Mit Ausnahme des Diabetes mellitus waren sämtliche unabhängige Risikofaktorengemäß Assmann et al. (2002) unter Seeleuten mit längerer Berufstätigkeit signifikantstärker ausgeprägt als unter denen mit kürzerer Berufsdauer.Bei der Einteilung der untersuchten Seeleute in Funktionsgruppen fielen signifikanteUnterschiede in der Anzahl der koronaren Risikofaktoren auf. Demnach imponiertenvornehmlich (technische) Offiziere sowie das Küchen-/ Bedienungspersonal alsbesonders infarktgefährdet (s. Tab. 2). Nach Altersstandardisierung auf der Grundlagedes Gesamtkollektivs bestand ein höheres Infarktrisiko von 34,1% im Gesamtkollektiv,von 56,2% unter dem Küchen-/ Bedienungspersonal, von 43,6% unter technischenOffiziere, von 32,2% unter nautischen Offizieren (einschließlich Kapitänen), von 24,6%unter den Mannschaftsdienstgraden Deck und von 17,0% unter denMannschaftsdienstgraden Maschine. Insgesamt waren somit v. a. das Küchen-/Bedienungspersonal und Offiziere im Vergleich zu Mannschaftsdienstgraden durch einhöheres koronares Risiko gekennzeichnet (s. Tab. 2).DiskussionDie Seeschifffahrt stellt für Schiffsbesatzungen eine große psycho-physische Belastungdar und zählt zu den Hochrisikoberufen für eine ischämische Herzerkrankung.Die Häufigkeitsverteilung der Risikokategorien in unserer Studie zeigt, dass wenigerdeutsche Seeleute ein geringes (< 10%) prognostiziertes Risiko für ein akutes koronaresEreignisses in 10 Jahren aufwiesen als die an Land arbeitende Bevölkerung derPROCAM-Studie. In der hohen Risikogruppe fanden sich nur wenige Seeleute.Angesichts der alle zwei Jahre stattfindenden Seedienst-Tauglichkeitsuntersuchungenvon Seeleuten war in diesem Kollektiv auch nicht mit höher Infarkt-gefährdetenSeeleuten (10-Jahres-Risiko > 20%) zu rechnen. Nach Altersstandardisierung unseresStudienkollektivs fand sich kein prognostiziert geringeres Infarktrisiko der untersuchtenSeeleute als möglicher Hinweis für eine höhere koronare Gefährdung dieserBerufsgruppe.Bemerkenswerterweise war in unserer Studie die Dauer der Berufstätigkeit auf Seealtersadjustiert signifikant mit der Anzahl koronarer Risikofaktoren assoziiert. DieSeefahrer mit längerer Berufsdauer unterschieden sich von denen mit kürzererBerufstätigkeit durch eine deutlich stärkere Ausprägung nahezu aller koronarer169


V21Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenRisikofaktoren. Weiterhin stellte sich heraus, dass nach Altersstandardisierungvornehmlich (technische) Offiziere und das Küchen-/Bedienungspersonal als besondersinfarktgefährdet anzusehen sind. Hierbei scheinen neben dem stärkeren Nikotinkonsumdie signifikant höheren Triglyceride dieser Berufsgruppen im Vergleich zu denMannschaftsdienstgraden eine Rolle zu spielen.Angesichts des in der Literatur beschriebenen und sich auch in dieser Studieabzeichnenden höheren Koronarrisikos unter Seeleuten sind gezieltePräventionsstrategien zu prüfen. Zunächst sollte im Rahmen der Seedienst-Tauglichkeitsuntersuchung das individuelle Risiko eines koronaren Ereignisses ermitteltwerden. Hierzu bieten sich Risikoscores an, die in der praktischen Routine ohnegrößeren Aufwand einsetzbar sind.Zur Senkung des koronaren Risikos von Seeleuten scheint eine besondere Bedeutungder Beratung zur fettarmen Ernährung und zur Aufgabe des Rauchens sowie zurOptimierung der Blutdruckeinstellung zuzukommen. Um konkretere Aussagen zumkoronaren Risiko von Seeleuten treffen können, sind weitere Studien im Längsschnitt mitSeeleuten erforderlich.Literatur• Assmann G, Cullen P, Schulte H. Simple scoring scheme for calculating the risk ofacute coronary events based on the 10-year follow-up of the prospectivecardiovascular Munster (PROCAM) study. Circulation 2002; 105:310-5• Hense HW, Schulte H, Lowel H, Assmann G, Keil U. FRAMINGHAM risk functionover-estimates risk of coronary heart disease in men and women from Germanyresultsfrom the MONICA Augsburg and the PROCAM cohorts. Eur Heart J. 2003May;24(10):937-45170


V21Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenTab. 1: Vergleich der untersuchten deutschen Seemänner zwischen 35 und 64 Jahren (N= 46)mit dem PROCAM-KollektivPROCAM-Kollektiv*(N= 5527)Deutsche Seemänner(N= 46)Alter (J), median (min - max) 46,3 (35-64) 51,0 (35-63)Diabetes mellitus§ 2,9% 8,7%Aktiver Raucher 33,8% 39,1%Pos. Infarktanamnese in der Familie 16,3% 15,2%Laborbefunde (mg/dl)LDL-Cholesterin, mean (SD)) 148,5 (37,6) 126,5 (45,7)HDL-Cholesterin, mean (SD)) 45,5 (12,4) 57,2 (13,9)Triglyceride median, (min – max) 130 (35 – 1970) 139 (46 – 415)Systolischer Blutdruck (mm Hg), mean(SD)131,6 (18,4) 132,6 (14,7)Häufigkeit der Risikoscore-Kategorien eines akutenKoronarereignisses in 10 Jahren (%)≤ 10% (Score ≤ 44) 84,9% 71,7%10 - 20 (Score 45 – 53) 10,6% 23,9%≥ 20% (Score ≥ 54) 4,5% 4,3%Prognostizierte Risikorate eines akuten Koronarereignissesin 10 Jahren (N/ 1000 Personen)35 - 44 Jahre 21 2245 - 54 Jahre 59 7455 - 64 Jahre 131 105insgesamt (altersstandardisiert) 56 70 (57#)* s. Hense et al. (2003) und nach Korrespondenz mit den Autoren§ Glucose > 110 mg/dl und/oder Einnahme von Antidiabetika# altersstandardisiert nach PROCAM-Kollektiv171


V21Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenTab. 2: Koronare Risikofaktoren der 161 Seeleute nach beruflicher FunktionOffizierMannschaftsdienstgradNautiker(N= 45)Techniker(N= 30)an Deck(N= 45)imMaschinenraum(N= 20)Küchen- /Bedienungspersonal(N= 21)P*Hohes Herzinfarktrisiko(≥ 3 RF), n (%)15 (33,3%) 13 (43,3%) 11 (24,4%) 4 (20,0%) 12 (57,1%) 0,046Europäer, n (%) 45 (100%) 27 (90,0%) 16 (35,6%) 6 (30,0%) 10 (47,6%) < 0,001Etablierte koronare Risikofaktoren (gemäß Assmann et al. 2002)Alter (J), mean (SD) 41,3 (12,3) 42,0 (9,5) 41,4 (12,3) 40,0 (9,6) 43,3 (11,3) 0,880Pos. Infarktanamnese inder Familie, n (%3 (6,7%) 3 (10,0%) 5 (11,1%) 0 3 (14,3%) 0,503Arterielle Hypertonie, n (%) & 15 (33,3%) 18 (60,0%) 22 (48,9%) 13 (65,0%) 12 (57,1%) 0,078Aktiver Raucher, n (%) 18 (40,0%) 12 (40,0%) 15 (33,3%) 7 (35,0%) 8 (38,1%) 0,662LDL-Cholesterin, mean (SD) 124,0 (42,6) 136,5 (73,2) 116,1 (32,4) 122,5 (42,5) 107,6 (47,0) 0,368HDL-Cholesterin, mean 55,3 (12,7) 59,5 (16,4) 54,7 (13,7) 51,9 (10,9) 56,1 (21,0) 0,563Triglyceride, median (minmax)148,0 (46 – 483) 157,5 (61 – 4362) 111,0 (30 – 276) 117,0 (54 – 222)* Kruskal-Wallis Test (signifikante Unterschiede sind fettgedruckt)& Blutdruck ≥ 140/ 90 mm Hg und/oder Einnahme von AntihypertensivaRF= Risikofaktor160,0 (40 –351) 0,048172172


V21Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenBeruflicher Stress und Stressreaktivität – Einflussfaktoren auf dieHerzratenvariabilität?Mechthild Heinmüller 1 , Jochen Strümpell 1 , Heribert Limm 2 , Harald Gündel 3 , Peter Angerer 11 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München; 2 Klinik und Poliklinikfür Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Technische Universität München, München; 3 Psychosomatik undPsychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, HannoverHintergrundDie in Zeiten der weltweiten Globalisierung veränderten Arbeitsbedingungen mit steigendemLeistungs- und Zeitdruck und wachsender Unsicherheit über die berufliche Zukunft führen zuerhöhter psychischer Beanspruchung am Arbeitsplatz. Psychische Störungen stellen nicht nurdie zweithäufigste Ursache für Arbeitsausfälle bzw. verminderte Arbeitsfähigkeit dar (Badura etal. 2004) – sie gehen auch, wie verschiedene Autoren zeigen konnten, mit einem erhöhtenRisiko für kardiovaskuläre Gesundheitsschäden einher (Kivimäki et al. 2002, Yusuf et al. 2004,van Vegchel et al. 2005).Verhaltenspräventive Maßnahmen zur „Stressreduktion“, insbesondere kognitiv-verhaltensbezogeneInterventionen und deren Kombination mit Muskelentspannung, haben sich indiversen Studien als grundsätzlich wirksam erwiesen, während für organisatorisch orientierte,d.h. verhältnispräventive Maßnahmen aufgrund der geringen Zahl publizierter Studien, derenmethodischer Mängel und widersprüchlicher Effekte derzeit kein eindeutig positives Fazitgezogen werden kann (Walter 2005). Es fehlt bislang an Längs-schnittstudien, die dieEffektivität derartiger Maßnahmen im betrieblichen Kontext belegen.Die hier vorgestellte randomisierte Interventionsstudie zur Prävention stressbedingterGesundheitsschäden in einem Industriebetrieb untersucht, ob durch die Teilnahme an einermultimodalen arbeits- und verhaltensmedizinischen Intervention eine signifikante Reduktion derindividuellen Stressreaktivität erreicht wird. Zielgruppe sind Industriemeister und Schichtführeraus der Produktion sowie deren unmittelbare Vorgesetzte, also untere und mittlereFührungskräfte in typischer Sandwichposition.FragestellungLässt sich anhand der Baselinedaten der o.g. Interventionsstudie bei gesunden Probanden einZusammenhang zwischen dem subjektiven individuellen Stresserleben und der mittelsHerzratenvariabilität (HRV) gemessenen autonomen Regulation feststellen?173173


V22Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-ErkrankungenMethodenAus dem Baseline-Datensatz wurden die Ergebnisse der HRV-Analyse undverschiedener Fragebogeninstrumente zur Erfassung der psychosozialenBeanspruchung herangezogen.Die Analyse der mittels digitaler Holter-Geräte über 18 bis 24 Stunden an normalenArbeitstagen registrierten 3-Kanal-EKGs erfolgte computergestützt nach manuellerKorrektur durch den Auswerter. Folgende Kenngrößen wurden ausgewählt:• Standardabweichung aller NN-Intervalle (SDNN)• Quadratwurzel des quadratischen Mittelwerts der Summe aller Differenzen zwischenbenachbarten NN-Intervallen (RMSSD)• LF/HF-Ratio (Parameter des Frequenzspektrums) als Maß für die sympathovagaleBalance.Die psychosoziale Beanspruchung wurde mittels folgender Fragebogeninstrumenteerfasst:• Screening-Skala zum chronischen Stress (SSCS), als Globalmaß für erlebten Stress.Nach diesem Gesamtscore ist eine Person dann chronisch gestresst, wenn sie sichviele Sorgen macht, überlastet und überfordert ist und keine Anerkennung für ihreAnstrengungen erhält (Schulz & Schlotz 2002).• Stress-Reaktivitäts-Skala (SRS), als Maß der individuellen Stressanfälligkeit, d.h.einer relativ stabilen Disposition, Belastungen mit schnellen, intensiven und langandauernden Stressreaktionen zu beantworten. Innerhalb personspezifischerGrenzen sind situationsabhängige Veränderungen der Stressreaktivität möglich(Schulz et al. 2005).• Effort-Reward-Imbalance (ERI), als Maß für ein Missverhältnis zwischen hoherberuflicher Verausgabung und niedriger Belohnung (Siegrist 1996).ErgebnisseDie Beschreibung der Stichprobe ist in Tabelle 1 dargestellt.Die HRV-Analyse erbrachte eine mittlere Herzfrequenz von 76,32 ± 8,3 bpm, eine SDNNvon 145,63 ± 35,9 ms, eine RMSSD von 28,59 ± 11,0 ms und eine LF/HF-Ratio von 5,46± 3,3. Sämtliche Mittelwerte liegen innerhalb der in der Literatur angegebenenReferenzbereiche (Bigger et al. 1995, Task Force HRV 1996).Zwischen dem subjektiven Stresserleben (gemessen mittels SSCS, SRS) und den o.g.HRV-Parametern finden wir keinen Zusammenhang.Die schwache, aber signifikante Korrelation zwischen lg LF/HF und der beruflichenBeanspruchung im Sinne des Gratifikationskrisen-Modells (Tabelle 2), die auch nachKontrolle für Alter, Geschlecht, Rauchen und BMI – wenn auch schwächer – bestehen174174


V22Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungenbleibt, ist ein Hinweis auf das Vorliegen einer gestörten sympathovagalen Balance mitÜberwiegen der sympathischen Aktivität bzw. verminderter parasympathischer Kontrolle.Tabelle 1: Beschreibung der Stichprobe.TeilnehmerGeschlechtAlterPosition189 untere/mittlere Führungskräfte der Fertigung einesIndustriebetriebs180 Männer, 9 Frauen41,1 ± 8,1 Jahre92 (53%) Segmentleiter/-stellvertreter33 (19%) Gruppenführer11 ( 6%) Modulleiter38 (22%) andereSchichtarbeit 20,1%Kardiovaskuläre Risikofaktoren Rauchen 9,1% (n = 55)Adipositas (BMI ≥ 30) 5,9% (n = 49)LDL >160 mg/dl 5,3% (n = 48)Blutdruck ≥ 140/90 mmHg 18,5% (n = 35)Tabelle 2: Korrelation des Stresserlebens mit ausgewählten HRV-Parametern (kontrolliert fürAlter, Geschlecht, Rauchen, BMI).nSDNN(p)RMSSD(p)lg LF/HF(p)SSCS 184 - 0,041(0,590)0,054(0,483)- 0,036(0,635)SRSsum 185 0,055(0,473)ERI-Ratio- Skala „effort“- Skala„reward“184 - 0,095(0,213)- 0,119(0,120)0,022(0,772)0,110(0,150)- 0,141(0,065)- 0,121(0,114)- 0,073(0,336)- 0,108(0,156)0,165*(0,030)0,196**(0,010)- 0,062(0,416)SchlussfolgerungenDie fehlende bzw. nur schwache Korrelation zwischen subjektiver Beanspruchung undautonomer Kontrolle weist darauf hin, dass das subjektive Stresserleben und objektiv175175


V22Vorträge – Schichtarbeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungenerhobene biologisch-medizinische HRV-Parameter zum Teil erheblich voneinanderabweichen und als potentiell unabhängige Faktoren einer Stressbeanspruchungangesehen werden können.Literatur• Badura B, Schellschmidt H, Vetter Ch (Hrsg.): Fehlzeiten-Report 2003. Springer,Heidelberg 2004.• Bigger JT, Fleiss JL, Steinmann RC et al.: Variables in Healthy Middle-Aged Personscompared with Chronic Coronary Heart Disease or Recent Acute MyocardialInfarction. Circulation 91(1995), 1936-1943.• Kivimäki M, Leino-Arjas P, Luukkonen R et al.: Work stress and risk of cardiovascularmortality: prospective cohort study of industrial employees. BMJ 325 (2002), 857-862.• Schulz P, Jansen LJ, Schlotz W: Stressreaktivität: Theoretisches Konzept undMessung. Diagnostica 51, 3 (2005), 124-133.• Schulz P, Schlotz W: Trierer Inventar zur Erfassung von chronischem Stress. TriererPsychologische Berichte 29 (2002), 9-16.• Siegrist J: Adverse health effects of high effort - low reward at work. Journal ofOccupational Health Psychology 1 (1996) 27-43.• Task Force of the European Society of Cardiology and The North American Societyof Pacing and Electrophysiology: Heart rate variability. Standards of measurement,physiological interpretation, and clinical use. Eur Heart J 17 (1996), 354-381.• van Vegchel N, de Jonge J, Bosma H, Schaufeli W: Reviewing the effort-rewardimbalance model: drawing up the balance of 45 empirical studies. Soc Sci Med 60(2005), 1117-1131.• Walter U, Plaumann M, Busse A et al.: Prävention von Stress am Arbeitsplatz:Ergebnisse einer systematischen Literaturrecherche. In: KKH, MedizinischeHochschule Hannover (Hrsg.): Weißbuch Prävention 2005/2006. Stress? Ursachen,Erklärungsmodelle und Ansätze der Prävention, S. 148-162. Springer, Heidelberg2005.• Yusuf S, Hawken S, Ôunpuu S et al.: Effect of potentially modifiable risk factorsassociated with myocardial infarction in 52 countries (the INTERHEART study): casecontrolstudy. Lancet 364 (2004), 937-952.176176


V23Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Vergleichende Untersuchung des Gesundheitsstatus und –Verhaltens von Mitarbeitern in sechs Unternehmen inAbhängigkeit vom LebensalterJohannes Kiesel 1 , Horst Christoph Broding 1 , Rudolf Kötter 2 , Peter Lederer 3 , Hans Drexler 11 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 2 Zentralinstitut für Angewandte Ethik und Wissenschaftskommunikation, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 3 Leiter des Gesundheitsamtes Erlangen-Höchstadt,Gesundheitsamt Erlangen-Höchstadt, Erlangen;Einleitung und Ziel der Studie:Im Folgenden soll eine Auswahl der Ergebnisse der Querschnittsbefragung bei sechsErlanger Unternehmen (aus den Bereichen Handwerk, Finanzdienstleitung, öffentlicherDienst, Verwaltung und Technik) vorgestellt werden, die den Gesundheitsstatus und dasGesundheitsverhalten in Abhängigkeit vom Lebensalter zum Gegenstand haben.Material und Methoden:Abbildung1: Altersverteilung nach BerufsgruppenVon den insgesamt acht Berufsgruppen „Angestellte und einfache Beamte“,„Akademiker“, „med.-pfleg. Angest.“, „med.-techn. Angest.“, „Ärzte“, „Facharbeiter“,„Arbeiter“ und „Lehrlinge“ weisen vier eine Größe und Verteilung auf, die eineStratifikation nach Altersintervallen zulässt.177177


V23Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Ein Unternehmen wollte, dass die Mitarbeiter ihr Alter aus Datenschutzgründen nur in 5-Jahres-Intervallen angeben. Diese sind in die Berechnung des Altersmittelwerts und –medians nicht mit einbezogen (sie werden als fehlend angegeben), jedoch aber in dieAlterseinteilung mit 10-Jahres-Intervallen und damit allen folgenden Ergebnissen.Die erste Gruppe G1 sind „Angestellte und einfache Beamte“. Sie umfasst N=495Teilnehmer, 22 fehlend, Mittelwert 38,63 Jahre (J), Median 39,00 J, Spannweite 46 J von17 bis 63 J. 182 (36,8%) von G1 sind männlich, 289 (58,4%) weiblich. Die zweite GruppeG2 sind „Akademiker“ und umfasst N=109 Teilnehmer, 6 fehlend, Mittelwert 40,08 J,Median 40,00 J, Spannweite 42 J von 19 bis 61 J. 72 (66,1%) von G2 sind männlich, 30(27,5%) weiblich. Med.-pfleg. Angestellte stellen die dritte Gruppe G3 dar. Sie umfasstN=487 Teilnehmer, Mittelwert 37,26 J, Median 38,00 J, Spannweite 43 J von 18 bis 61 J.77 (15,8%) von G3 sind männlich, 409 (84,0%) weiblich. Die letzte und vierte Gruppe G4sind Ärzte mit N=91 Teilnehmern. Dieses Teilkollektiv wird charakterisiert durch:Mittelwert 39,98 J, Median 40,00 J, Spannweite 39 J von 24 bis 63 J. 61 Teilnehmer(67,0%) von G4 sind männlich, 30 (33,0%) weiblich. Der einzige Teilnehmer von G4 inder Altersgruppe von 16-25 J wurde in den Ergebnissen nicht berücksichtigt.Ergebnisse:1.) Zufriedenheit und Beschwerden am ArbeitsplatzBei Akademikern und Ärzten steigt mit dem Alter die Zufriedenheit mit denArbeitsbedingungen (Achtung: kleine Fallzahlen), während sie bei den Angestellten undeinfachen Beamten (G1) und den med.-pfleg. Angestellten (G3) leicht fällt.Bei den Beschwerden am Arbeitsplatz kann festgestellt werden, dass die Angabe„Kopfschmerzen“ bei allen Berufsgruppen mit dem Alter stark abnimmt.Die Häufigkeit der Angabe „Rückenschmerzen“ ist kaum altersabhängig und wie zuerwarten bei pflegerischen Berufen am höchsten und bei den Angestellten und einfachenBeamten (G1) und Akademikern (G2) deutlich niedriger. Jedoch klagen in den meistenAlters- und Berufsgruppen über 30% der Teilnehmer über Rückenschmerzen.Die Angabe, „nervlich angespannt“ zu sein, ist bei allen Berufsgruppen ähnlich undschwankt zwischen 30% und 55%.„Unter Zeitdruck“ sind alle Berufs- und Altersgruppen. Jede Alters- und Berufsgruppe istin der rel. Häufigkeit dieser Angabe dabei stets über >50%, bei den Ärzten ist siebesonders hoch mit stets über 70%, und dabei im Alter zwischen 36 und 45 Jahrensogar bei knapp 90%.2.) Gesundheitseinschätzung und –verhaltenDer Anteil der Teilnehmer, die ihre Gesundheit als „gut“, „sehr gut“ und „ausgezeichnet“einstufen nimmt erwartungsgemäß mit dem Alter ab. Bei den Ärzten (G4) ist dieser Effekt178178


V23Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?weniger ausgeprägt als bei den Angestellten und einfachen Beamten (G1), am stärkstenjedoch bei der med.-pfleg. Berufsgruppe (G3).Ein sehr hoher Anteil (über 80%) gibt an, zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen, dieserEffekt ist mit dem Alter leicht ansteigend. Eine bemerkenswerte Ausnahme stellenallerdings die Ärzte dar, bei denen nur um die 60% zu ärztlichen und zahnärztlichenVorsorgeuntersuchungen gehen. Mit dem Alter fühlen sich die Mitarbeiter eher robusterals die meisten Arbeitskollegen.3.) BewegungsverhaltenAm Arbeitsplatz ist ein berufsspezifisches Bewegungsverhalten festzustellen: Die med.-pfleg. Angestellten (G3) geben in jeder Altersgruppe an, sich am Arbeitsplatz vielbewegen zu müssen (über 80%). Eine mittlere Gruppe stellen die Ärzte dar, die zu ca.40-65% angeben, sich viel bewegen zu müssen. Die anderen beiden Berufsgruppen derAngestellten und einfachen Beamten (G1) und der Akademiker (G2) geben dagegendieses nicht sehr häufig an.Der Anteil der regelmäßig Sporttreibenden steigt bei allen Berufsgruppen mit dem Alter,außer bei den med.-pfleg. Angestellten (G3).Besonders zu beachten ist aber die Bereitschaft, das Bewegungsverhalten zu ändern: Esist bei allen Berufsgruppen in jungen Jahren und bei den Ältern am größten. Die Ärztebilden hier eine Ausnahme, die allerdings aufgrund der kleinen Fallzahl in der höchstenAltersgruppe mit Vorsicht interpretieren ist.4.) Zur betrieblichen GesundheitsförderungBesonders interessant ist, dass sich unabhängig von den Berufsgruppen und damit auchunabhängig von den einzelnen Unternehmen, der Anteil der Teilnehmer der Befragung,die sich gut über das Gesundheitsprogramms ihres Betriebs informiert fühlen, mit demAlter ansteigt.Allerdings liegen die Berufsgruppen auf unterschiedlichen Ausgangswerten bei den ganzJungen (16-25 J): Bei den Angesellten und einfachen Beamten (G1) und denAkademikern (G2) ist die Entwicklung der rel. Häufigkeit in den Altersgruppen fast gleich,bei den med.-pfleg. Angestellten (G3) und bei den Ärzten (G4) ist die Tendenz zwar auchsteigend mit dem Alter, aber bleibt bis auf einen Ausreißer deutlich unter den beidenerstgenannten Berufsgruppen G1 und G2 zurück.Die Bereitschaft, an einem oder mehreren Kursen mitzumachen ist bei denBerufsgruppen G1 bis G3 relativ konstant zwischen ca. 40% und 65%, jedoch bei denÄrzten nur in der höchsten Altersgruppe auf gleichem Niveau, in jüngeren Jahrendeutlich darunter.179179


V23Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Schlussfolgerungen und DiskussionDie freiwillige Teilnahme an der Befragung mittels handschriftlich ausgefülltemFragebogen stellt eine Verzerrung dar, so dass kein Schluss auf die ganze Belegschaftals Grund-gesamtheit möglich ist. Zum Teil war die Teilnehmerzahl verschiedenerAltersgruppen der einzelnen Berufesgruppen klein (


V23Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?erhalten. Dabei können wohl Verhaltenspräventive Maßnahmen alleine nicht dengewünschten Erfolg bringen; wir halten den Versuch, eine Gesundheitskultur imUnternehmen zu etablieren für aussichtsreich, wobei dabei verstärkt die VerhältnisseGegenstand der Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung sein sollten.Besonderen Dank schulden wir dem bayerischen Staatsministerium für Umwelt,Gesundheit und Verbraucherschutz, München, das die Evaluation freundlicherweisefinanzierte.181181


V24Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Innerbetriebliches Benchmarking des GesundheitsstandsUlrich FunkeGesundheitswesen, AUDI AG, IngolstadtAnwesenheit und Gesundheit der Mitarbeiter sind wichtige Produktivitätsfaktoren imRahmen eines globalisierten Wettbewerbs. Ein innerbetriebliches Benchmarking derFörderung von Anwesenheit und Gesundheit hat sich dabei als geeignetes Instrumenterwiesen. Transparenz und Chancengleichheit sind Voraussetzungen für die Akzeptanzeines solchen Benchmarkings beim Management. Der als 100 - Krankenstand in %ausgedrückte Begriff des Gesundheitsstands wird u. a. im VW-Konzern verwendet unddrückt eine positive Zielvorstellung aus. Er ist sachlich insofern nicht unproblematisch,als die überwiegende Anzahl von Belegschaftsmitgliedern mit chronischen Erkrankungenstichtagsbezogen keine Arbeitsunfähigkeit in Anspruch nehmen. Zu nennen sind hier u.a. Mitarbeiter mit Hypertonie, Diabetes mellitus und Hautkrankheiten.Da evident ist, dass u. a. Alter und Geschlecht bei der Festsetzung von Zielwerten fürden Gesundheitsstand zu berücksichtigen sind, stellt sich die Frage, auf welche Weisedies umgesetzt werden kann. Hierbei bietet sich das Verfahren der indirektenStandardisierung an, wie es aus der Epidemiologie als Standardverfahren zur Lösungderartiger Fragestellungen bekannt ist. Im Rahmen der indirekten Standardisierungwerden Kollektive entsprechend der zu differenzierenden Merkmale aufgeteilt und fürjedes so entstehende Subkollektiv die Anzahl der dort zugeordneten Mitarbeiter mitentsprechenden Standardwerten multipliziert [1, 2]. Der Standardwert für das Kollektiverrechnet sich nun aus der Summe dieser Werte dividiert durch die Anzahl aller das zuuntersuchende Kollektiv umfassenden Mitarbeiter.Nicht der absolut höchste Gesundheitsstand, sondern die größte Differenz zwischenerreichtem Ist-Wert und vereinbartem Ziel ist für das Benchmarking maßgeblich. Seit2003 wird bei insgesamt ca. 160 verschiedenen Organisationseinheiten jährlich dieDifferenz zwischen Ist-Wert und nach Alter/Geschlecht/ indirekten/Arbeitern undAngestellten adjustierten Zielwerten berechnet. Obwohl aus statistischen Gründen [2]nur Organisationseinheiten mit mehr als 70 Mitarbeitern ausgewertet wurden, zeigte sichein stetiger Wechsel der 10 Organisationseinheiten mit der höchsten nach o. g. Kriterienberechneten Differenz (Top 10). So fand sich in den Jahren 2005 und 2006 lediglichdie Organisationseinheit Instandhaltung A3-Montage konstant unter den 10Organisationseinheiten mit den höchsten positiven Differenzwerten (2005: 1,5, 2006:1,7; jeweils Rangposition 2).Benchmarking ist als ein Werkzeug zur Verbesserung aller Geschäftsprozesse definiert.Das Benchmarking-Verfahren kann jedoch nur dann seine Wirksamkeit entfalten, wennseine Ablauf- und Qualitätskriterien nachvollzogen und umgesetzt werden. Dies umfasst182182


V24Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?nicht nur die Identifikation der jeweils besten in der Praxis angewandten Prozesse zurZielerreichung, sondern vor allem auch das Verstehen dieser Prozesse und derenAdaptation an die Verhältnisse im eigenem Unternehmen, um daraus entsprechendenNutzen ziehen zu können. Dies ist bei (Gesundheits-) Prozessen, die zu einerVerminderung des Krankenstands führen sollen besonders schwierig, da sie über diezuvor genannten hinaus von zahlreichen anderen Faktoren abhängig sind. Zu nennensind unter anderem: Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitseinsatzflexibilität, Ergonomie,Führung, Zusammenarbeit, Motivation, betriebsärztliche Betreuung und ggf.Gesundheitsförderung/Prävention.Gesundheitsbericht 2006: Instandhaltung A3-MontageArbeitsunfähigkeitstage nach Diagnosegruppeninsgesamt 1032 AU-Tage erwartet; 434 AU-Tage beobachtetArbeits- u. Wegeunfällesonstige UnfällePsychoveg. Erkrank.übr. Bewegungsapp.WirbelsäuleGrippe, VirusinfekteUntere LuftwegeObere LuftwegeHerz-Kreislaufbeobachteterwartet*0 50 100 150 200* Unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Betriebszugehörigkeitsdauer, NationalitätUm im ersten Schritt zumindest die Krankheitsarten zu identifizieren, die für eineSenkung des Krankenstands maßgeblich sind, bietet sich bei der AUDI AG dieAuswertung des seit 1992 jährlich vorliegenden Gesundheitsberichts der Audi BKK [1]an. Für die Instandhaltung A3-Montage finden sich im Jahr 2006 die in Abb.1dargestellten Ergebnisse, die sich u. a. im Bereich der Erkrankungen von Wirbelsäuleund übrigem Bewegungsapparat nicht wesentlich vom Vorjahr unterscheiden. Dasgerade diese Krankheitsarten im vorliegenden Fall mit besonders wenigenArbeitsunfähigkeitstagen verknüpft waren und so den insgesamt sehr niedrigenKrankenstand der OE verursachten ist nicht ungewöhnlich. Erkrankungen des183183


V24Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Bewegungsapparates insgesamt und Wirbelsäulenerkrankungen im Besonderen sinddie quantitativ bedeutsamsten grundsätzlich beeinflussbaren Krankheitsarten imArbeitsunfähigkeitsgeschehen [3]. Außerdem lösen wiederum diese Krankheitsarten imWesentlichen auch den altersbezogenen Anstieg des Krankenstands aus [3], währendmit Arteriosklerose assoziierte Herz-Kreislaufkrankheiten selbst bei der Altersgruppe der55-64 jährigen weit nachrangig sind (Audi Gesundheitsbericht 2006: Arbeiter 55-64Jahre: insgesamt 25,0 Arbeitsunfähigkeitstage/Jahr; davon: Wirbelsäulenerkrankungen:5,7 - 22,7%; Erkrankungen des übrigen Bewegungsapparats: 4,5 - 18,1%; mitArteriosklerose assoziierte Herz-Kreislaufkrankheiten 1,6 - 6,3%).Stimmungsbarometer 05/2006: Instandhaltung A3-Montage N=87Vergleichswerte Auditrift voll und ganz zutrift weitgehend zuFür Qualität wird in unserer OEgenug getan41%48%Fehler und Störungen im Arbeitsprozesswerden in unserer OE schnell abgestellt55%33%Die Zusammenarbeit in meiner OEoder Gruppe ist gut73%20%Die Zusammenarbeit mit meinemdirekten Vorgesetzen ist gut62%26%Leistungsdruck und Anforderungen sindfür mich momentan gut zu bewältigen 30%55%0% 20% 40% 60% 80% 100Weitere Hinweise auf die Genese des niedrigen Krankenstands in der InstandhaltungA3- Montage ergeben sich aus der Auswertung des Audi Stimmungsbarometers(regelmäßige standardisierte Belegschaftsbefragung, s. Abb. 2). Hier zeigt sich, dass dieInstandhaltung A3-Montage die ohnehin schon sehr guten Audi Gesamtergebnisse vorallem im Bezug auf die Zusammenarbeit in der Gruppe und die Zusammenarbeit mitdem Vorgesetzten noch deutlich übertrifft. Bei nicht zu unterschätzendenArbeitsanforderungen können diese nach Angaben der Mitarbeiter gut bewältigt werden,wobei offenbar auch die Arbeitsprozesse gemeinsam adäquat gestaltet werden und sodie erforderliche Qualität der Arbeit erreicht werden kann. Da im genannten Bereich in184184


V24Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?den letzten Jahren keine speziellen Gesundheitsförderungsprogramme und noch keineAudi Checkup Untersuchungen durchgeführt wurden, bietet sich letztlich nur dieArbeitseinsatzflexibilität bei gegebenen Möglichkeiten von Alternativtätigkeiten alsUrsache der geringen Arbeitsunfähigkeit bei Wirbelsäulenerkrankungen undErkrankungen des übrigen Bewegungsapparates an. Hierfür ist eine entsprechendqualifizierte Führung, die sich auch in den Daten des Stimmungsbarometerswiderspiegelt, unabdingbar.Auch im Rahmen der langjährig durchgeführten krankheitsartenbezogenenAuswertungen des flächendeckenden betrieblichen Gesundheitsberichts der AudiBetriebskrankenkasse zeigt sich, dass neben der ergonomischen Arbeitsgestaltung vorallem der adäquate Einsatz leistungsgewandelter Mitarbeiter und die möglichstfrühzeitige Wiedereingliederung nach Krankheiten/Unfällen unter Mitwirkung desBetriebsarztes entscheidend für einen hohen Gesundheitsstand ist [4]. Die Präventionvon Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen insgesamt spielt in diesem Zusammenhangim Gegensatz zu Erkrankungen des Bewegungsapparates und speziell zu Wirbelsäulenerkrankungennur noch eine nachgeordnete Rolle. In Anbetracht alternderBelegschaften, die mit zunehmendem Anteil leistungsgewandelter Mitarbeiter und mitaltersbezogen steigendem Krankenstand verknüpft sind, wird das (innerbetriebliche)Benchmarking des Gesundheitsstands in Zukunft noch wachsende Bedeutung haben.Dabei gewährleistet die alters- und geschlechtsverteilungsbezogene Zielvorgabe dieVermeidung entsprechender Diskriminierungs- bzw. Ausgrenzungsprozesse, dahierdurch kein relativer Gesundheitsstandsgewinn erreicht werden kann.Literatur1. Funke, U.: Betriebliche Gesundheitsberichte als Instrumente der Prävention. ASU 331998: 104-1092. Funke, U.: Zielsysteme Gesundheitsstand. Tagungsbericht 2003 des VerbandsDeutscher Betriebs- und Werksärzte. Gentner Verlag, Stuttgart 2004: 323-3323. BKK Bundesverband (Hrsg.): BKK Gesundheitsreport 2006. Demografischer undwirtschaftlicher Wandel – gesundheitliche Folgen. Buchdruckerei P. Dobler, Alfeld2006: 30-314. Funke, U: Einbeziehung betrieblicher und außerbetrieblicher Ebenen in Konzepte derPrävention chronischer Erkrankungen. In: Badura, B., Schnellschmidt, H., Vetter, C.Fehlzeiten- Report 2006. Chronische Krankheiten – Betriebliche Strategien zurGesundheitsförderung, Prävention und Wiedereingliederung. Springer MedizinVerlag, Heidelberg <strong>2007</strong>: 111-123185185


V25Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?FIT IM LEBEN – FIT IM JOB: Eine Gesundheitsoffensive beiBoehringer Ingelheim: Erste Daten eines langfristigen Projektszur GesundheitsförderungMichael Schneider 1 , Johannes Scholl 21 Werksärztlicher Dienst, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co KG, Ingelheim; 2 Prevention First, Praxisfür Präventivmedizin, RüdesheimEinleitungAufgrund der demografischen Entwicklung ist damit zu rechnen, dasskrankheitsbedingte Ausfälle in der Arbeitswelt eine zunehmende betriebsökonomischeRolle spielen werden. Ziel muss es sein, der Entwicklung chronischer Erkrankungendurch frühzeitige systematische Präventionsmaßnahmen entgegen zu wirken.Multifaktorielle, umfassende Programme zur Gesundheitsförderungs, die anverschiedenen Risikofaktoren ansetzen, reduzieren das Risiko für chronischeErkrankungen signimifikant 1 . Im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsmanagementsbietet Boehringer Ingelheim allen Mitarbeitern ab dem 40. Lebensjahr umfassendeCheck up- Untersuchungen (Fit im Leben – Fit im Job) in regelmäßigen Intervallen an,welche von individuell abgestimmten Maßnahmen zur Gesundheitsförderung begleitetwerdenMethodenDer Check up ist in drei Abschnitte unterteilt: Zunächst werden verschiedenebiometrische Daten ermittelt und Laborparameter bestimmt (Phase 1, „FIT – 1“).Anschließend erfolgt eine umfassende präventivmedizinisch ausgerichteteUntersuchung nach standardisiertem Protokoll (Phase 2, „FIT – 2“). Ein abschließendesBeratungsgespräch im Werksärztlichen Dienst 12 Wochen nach Untersuchung (Phase3, „FIT – back“) dient der Bewertung erster Effekte: Bei diesem Beratungsgesprächwerden verschiedene Risikofaktoren für die Entwicklung von Herzkreislauferkrankungen,Daten zur körperlichen Fitness und zum Ernährungsverhalten systematisch zusammengetragen und die Mitarbeiter anhand eines standardisierten Protokolls befragt. DieDiagnose „Arterielle Hypertonie“ wurde gestellt, sobald mehrfach Blutdruckwerte über140/90 mmHg in Ruhe gemessen wurden, als Kriterium für das Vorliegen einesDiabetes mellitus galt ein Nüchternblutzucker >126 mg/dl. Die Diagnose „MetabolischesSyndrom“ wurde gemäß den Kriterien nach IDF 2005, d.h. als Hauptkriterium einTaillenumfang ≥94 cm (♂) bzw. ≥80cm (♀) und 2 weitere der folgenden BefundeSerum-Triglyceride ≥150 mg/dl, HDL-Chol.


V25Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?ErgebnisseZum Start des Projekts waren insgesamt 4886 Mitarbeiter berechtigt, an derUntersuchung teilzunehmen. Für die Teilnahme im ersten Jahr wurden 1.000 Probandenzufällig ausgewählt, 869 Personen (418 Frauen und 451 Männer) an der Untersuchungteil. Die Daten von 87.5% der teilnehmenden Personen (n=682), wurden erfasst undausgewertet, siehe Tab.1. 15.4% (n=105) der auszuwertenden Probanden warenRaucher, 41.5% (n=283) der Untersuchten waren übergewichtig (BMI >25-30 kg/m 2 )bzw. adipös (BMI >30 kg/m 2 ).Arterielle HypertonieBei insgesamt 25.1% der Untersuchten (n=170) wurde eine arterielle Hypertonie(RR>140/90 mm Hg) nachgewiesen. In 139 Fällen war die arterielle Hypertonie bereitsbekannt, hier war in 40.3% der Fälle (n=56) eine Brutdruck(neu)einstellung erforderlich.Bei 31 Probanden war bislang keine arterielle Hypertonie bekannt, in 49.6% der Fälle(n=16) war eine medikamentöse Einstellung erforderlich. Während sich die Probandenmit bekannter arterieller Hypertonie im Hinblick auf das Geschlechts nicht wesentlichunterschieden (48.2% Frauen und 51.8% Männer), befanden sich in der Gruppe, diebislang nicht von ihrer Diagnose wusste, 71.0 % Frauen (n=22/31), siehe Tab.2.Stoffwechsel21.0% (n=143) der untersuchten Probanden litten unter einer Dyslipoproteinämie(LDL>130mg/dl, HDL5). 4.3% (n=29) waren Diabetiker(NBZ>126 mg/dl). 1.2% waren insulinpflichtig (n=8), 3.1% (n=21) waren diätetisch bzw.oral einstellbar. 25.0% der insulinpflichtigen (2/8) und 42.4% der nicht insulinpflichtigenDiabetiker (8/21) war die Diagnose nicht bekannt. Die Diagnose Metabolisches Syndrom(Definition nach IDF 2005) wurde in 24.6 % der Fälle (n=168) gestellt. Bei 20.6 % derProbanden mit arterieller Hypertonie (34/170) wurde gleichzeitig die DiagnoseMetabolisches Syndrom gestellt, siehe Tab.2. 88.7% (149/168) der Probanden, beidenen ein Metabolisches Syndrom festgestellt wurde, wussten nichts von dieserDiagnose.Körperliche Fitness52.8% (n=360) der untersuchten Probanden (40.2% (n=135) der Frauen und 65.0%(n=225) der Männer) wiesen eine reduzierte körperliche Fitness (bezogen auf dierelative VO2max in der Spiroergometrie) auf (unterhalb der 40. Perzentile = 1. undzweite Quintile nach den Normwerten des Cooper-Institutes/Dallas). 31.1% der Frauen(42/135) und 44.9% der Männer (101/225) der Männer mit reduzierter körperlicherFitness litten gleichzeitig unter einem Metabolischen Syndrom.Ernährung41.0% der Befragten (n=283) gaben an, prinzipiell Fisch zu essen. 34.5% (n=232)187187


V25Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?gaben an, im Durchschnitt einmal, 7.2% (n=51) zweimal pro Woche Fisch zu essen.32.0% (n=218) essen durchschnittlich zwei- bis dreimal pro Woche eine Portion Obstoder Gemüse, 17.5% (n=116) weniger. 49.4% (n=334) essen täglich 1-2 PortionenObst bzw. Gemüse. Lediglich 4.1% (n=27) essen im Schnitt 5 Portionen Obst bzw.Gemüse am Tag.Erste EffekteDie systematische Befragung in der dritten Phase („FIT – back“) ergab, dass die CheckupUntersuchung in 63.9% (n=432) der Fälle zu einer individuellen Neubewertung deseigenen Ernährungsverhaltens und in 57.5 % (n=392) zu einer Modifikation derFitnessaktivitäten geführt habe: 53% der Befragten gaben an, häufiger bewusst Obstund Gemüse zu konsumieren, 52% der Befragten nutzten vermehrt fettreduzierte Milch(-produkte). Im Hinblick auf ihr Fitnessverhalten gaben 63% an, bewusst Treppenanstelle des Aufzugs zu benutzen, 25% hatten aufgrund der Untersuchung dieEntscheidung getroffen, ein- bis zweimal pro Woche Minuten Ausdauertraining zubetreiben.DiskussionDie Bereiche Ernährung und Fitness und die damit verbundenen Fragestellungeninklusive der Therapie des Metabolischen Syndroms stellen nach Bewertung der erstenDaten wesendliche Schwerpunkte für die zukünftige Beratung der untersuchtenPopulation dar. Begleitenden Aktivitäten zur Gesundheitsförderung werden sich andiesen Themen orientieren („FIT – coaching“).Die Fit im Leben – Fit im Job – Folgeuntersuchungen sind im fünfjährigen Intervall fürdie 40 bis 50- und im dreijährlichen Intervall für die über 50jährigen Mitarbeitervorgesehen („FIT- recall“). Die Einbindung von Hausärzten in dasNachbetreuungskonzept im Sinne eines integrativen Präventionsansatzes („FIT –ongoing“) soll eine Festigung des individuellen Gesundheitsbewusstseins auchaußerhalb der arbeitsmedizinischen Praxis bei jedem Teilnehmer gewährleisten.Literatur1. Pelletier KR. A Review and Analysis of the Clinical and Cost-effectiveness Studies ofComprehensive Health Promotion and Disease Management Programs at theWorkside: 1988-2000 Update. Am J Health Prom 2001; Vol 1682: 107-116188188


V25Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Tab.1: Fit im Leben – Fit im Job: Teilnahme und Rückmeldung 2006Anschreiben, Teilnahme und Rückmeldung von ausgewählten Mitarbeitern von BoehringerIngelheim differenziert nach den Standorten Ingelheim (ING), Biberach (BC) sowie nachMitarbeitern im Außendienst (AUDIM).Tab.2: Arterielle Hypertonie und Metabolisches SyndromVorliegen eines Metabolischen Syndroms (Definition nach IDF 2005) bei bestehender arteriellerHypertonie“(>RR 140/90 mmHg) differenziert nach bislang bekannter und nicht bekannterDiagnose arterieller Hypertonie.189189


V26Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Untersuchungen zur Altersabhängikeit krankheitsbedingterArbeitsunfähigkeitszeitenJoachim Stork 1 , Georgios Sengos 2 , Horst Mann 21 Gesundheitswesen, AUDI AG, Ingolstadt; 2 Gesundheitsschutz, AUDI AG, NeckarsulmEinleitung und Fragestellungen:Sowohl betriebliche Krankenstandsdaten, als auch die Auswertungen der gesetzlichenKrankenversicherungen zeigen durchgehend einen stetigen, altersabhängigen Anstiegvon Arbeitsunfähigkeitszeiten. Für die Gestaltung betrieblicher Präventionsgrogrammesind die Gründe dieses Anstiegs von hoher Bedeutung; dieses gilt insbesondere vordem Hintergrund eines zukünftig tendenziell späteren Renteneintritts. UnsereFragestellungen waren:1. Welche Erkrankungsgruppen tragen maßgeblich zum bekannten, altersabhängigenAnstieg durchschnittlicher Arbeitsunfähigkeitszeiten bei?2. Unterscheidet sich der Altersgang krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeitszeiten beiArbeitnehmern ohne / mit chronischen Erkrankungen?3. Welche Konsequenzen ergeben sich aus den Ergebnissen für die betrieblichePrävention?Kollektive und Daten, MethodeFür die Auswertung standen folgende Daten zur Verfügung:1. Diagnosebezogene Arbeitsunfähigkeitsdaten des Jahres 2004 von 30685Mitgliedern der Audi BKK, nur Arbeiter, Frauenanteil 8%, Durchschnittsalter 38Jahre, nur aktive Audi-Belegschaft2. Daten aus arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen von 200 männlichenAutomobilarbeitern des Standorts Neckarsulm der Audi AG, Durchschnittsalter 37Jahre (je 50 Mitarbeiter aus Karosseriebau, Lackiererei, Werkzeugbau,Fahrzeugmontage); zusätzlich wurden für dieses Kollektiv die kumuliertenArbeitsunfähigkeitstage über 24 Monate individuell erhoben (Daten desPersonalwesens) und den Gesundheitsdaten der Vorsorgeuntersuchungenzugeordnet (Jahre 2001 und 2002)Die Auswertung erfolgte ausschließlich deskriptiv.190190


V26Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?302520151050bis 24 25-34 35-44 45-54 ab 55sonstigeHerz-Kreislaufübriger BewegungsapparatWirbelsäuleUnfällePsycheAtmungsorgane/InfekteAbb. 1: Durchschnittliche Arbeitsunfähigkeitstage/Mitarbeiter bei einigen Krankheitsarten nachAltersgruppen (nur Arbeiter, Jahr 2004) (Quelle: AU-Daten der Audi BKK 2004; AU-Berechnungsmodus der Krankenversicherung: AU-Kalendertage ohne Bezug zuArbeitstagen)Die altersabhängige Zunahme der krankheitsbedingten Fehlzeiten betrifft imuntersuchten Industriearbeiterkollektiv maßgeblich folgende Erkrankungsgruppen:1. Wirbelsäulenerkrankungen und sonstige Erkrankungen des Bewegungsapparats2. Herz- Kreislauferkrankungen3. Atemwegserkrankungen und psychische / psychosomatische ErkrankungenBei 25 % der untersuchten Arbeitnehmer (n=50) wurde im Rahmen derarbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung eine „chronische Erkrankung“ mit Relevanzfür die betriebliche Prävention und/oder die berufliche Belastbarkeit/Einsatzbreitefestgestellt und dokumentiert. Überwiegend handelt es sich dabei um Erkrankungen desBewegungsapparats, der Atemwege, des Herz-/Kreislaufsystems und derPsyche/Psychosomatik.Diese Arbeitnehmergruppe zeigt einen steilen Anstieg krankheitsbedingterArbeitsunfähigkeitszeiten insbesondere in der Gruppe der über 49-Jährigen und trägtdominierend zur Altersabhängigkeit dieses Parameters im Gesamtkollektiv bei.Die übrigen Arbeitnehmer (75%) weisen einen nur mäßigen Altersanstieg derdurchschnittlichen Arbeitsunfähigkeitszeiten auf (Abb. 2):191191


V26Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?6057durchschnittliche Fehltage in zwei Jahren504030201025 2416 1615 142721233418Durchschnitt chron.ErkrankungenDurchschnitt ohne chron.ErkrankungenDurchschnitt Altersklasse0< 30 Jahre 30-39 Jahre 40-49 Jahre > 49 JahreAbb. 2: Arbeitsunfähigkeitstage über 24 Monate bei 200 Industriearbeitern (150 ohne, 50 mitchronischer Erkrankung)Schlussfolgerungen für die betriebliche PräventionDie Prävention chronischer Erkrankungen - arbeitsbedingter wie arbeitsunabhängiger -ist ein vorrangiges arbeitsmedizinisches Handlungsfeld, u.a. auch zur Begrenzung vonArbeitsunfähigkeitszeiten älterer Arbeitnehmer.Umfassende arbeitsmedizinische Konzepte zur Prävention chronischerErkrankungenintegrieren die Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention sowie diebetriebliche Gesundheitsförderung. Wesentliche Ansätze und Interventionsparameterumfassender Prävention chronischer Erkrankungen sind in Modellprojekten bewährt undwissenschaftlich evaluiert; die präventivmedizinischen Aspekte dieser Thematik wurdenkürzlich umfassend publiziert (Schauder et al 2006)Ausblick : erweiterte Zielsetzungen betrieblicher PräventionDie ausgeprägte Abhängigkeit krankheitsbedingter Fehlzeiten von arbeitsrechtlichen,sozialen und sozialpolitischen Einflussgrößen, daneben die dominierendegesundheitsökonomische Bedeutung der „Beschäftigungsfähigkeit“ ältererArbeitnehmer/-innen verbieten eine einseitige Fokussierung des betrieblichenGesundheitsmanagements auf die Arbeitsunfähigkeitsthematik. InternationaleVergleiche zeigen vielmehr, dass die durchschnittlichen Krankenstände inIndustrieunternehmen mit der Lebenserwartung der jeweiligen Bevölkerung positivkorreliert sind. Das belegt einmal mehr, dass Arbeitsunfähigkeitsdaten maßgeblichIndikatoren sozialer Sicherungssysteme sind und kaum Rückschlüsse auf denGesundheitsstand von Belegschaften zulassen. Sie sind auch vor dem Hintergrund derdemografischen Entwicklung als alleinige Mess- und Zielgröße des betrieblichenGesundheitsmanagements ungeeignet. Vielmehr empfiehlt sich ausarbeitsmedizinischer Sicht, gemeinsam mit den betrieblichen Partnern erweiterte192192


V26Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Präventionsziele zu erarbeiten und abstimmen. Erweiterte Präventionsziele sind imGrundsatz unternehmens- bzw. branchenspezifisch und aus der jeweiligen Belastungsbzw.Gefährdungssituation, aber auch aus betrieblichen Gesundheitsdaten abzuleiten.Voraussetzungen hierzu sind:1. Etablierte Kennzahlensysteme2. Ausgewogenheit: Beiträge von Unternehmen und Mitarbeitern3. Zielsystem ist Element der Personalpolitik4. Konsens und Entscheidung auf UnternehmensebeneEin Konzept betrieblicher Prävention könnte z.B. folgende Ziele aufweisen:1. Begrenzung von Arbeits- und Wegeunfällen2. Begrenzung krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeitszeiten3. Begrenzung neu auftretender Berufskrankheiten4. Begrenzung krankheitsbedingter Leistungsdefizite „on the job“5. Begrenzung beeinflussbarer individueller Gesundheitsrisiken (Beispiel:Raucheranteil bei Jugendlichen)6. Sicherstellen einer guten „Gestaltungsqualität von Arbeitsplätzen“7. Eine hohe ArbeitszufriedenheitLiteratur:• Schauder, P.; H. Berthold, H. Eckel, G. Ollenschläger (Hrsg), Zukunft sichern:Senkung der Zahl chronisch Kranker. Köln 2006193193


V27Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Wie lange können wir gesund arbeiten? Alters- undBerufseffekte auf das Belastungs- und BeschwerdeerlebenMatthias Nübling 1 , Hans-Martin Hasselhorn 2 , Ulrich Stößel 3 , Martina Michaelis 1 , FriedrichHofmann 21 FFAS, Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin, Freiburg;2 Arbeitsphysiologie,Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik, Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal;3 Abteilung für Medizinische Soziologie, Universität Freiburg, FreiburgTheoretischer Hintergrund / Ziel der Studie:Das allgemeine Modell der Arbeitswissenschaften geht davon aus, dass (zu) hoheberufliche Belastungen als Ursachen statistisch mit negativen Belastungsfolgen(Beanspruchungen, Beschwerden) als Wirkungen assoziiert sind. Beispiele für dieUmsetzung dieses allgemeinen Modells in Theorien sind das DCS-Modell (Demand-Control-Support Modell) nach Karasek & Theorell (1990) und das ERI-Modell (Effort-Reward-Imbalance Modell) nach Siegrist (2001).Die Beziehung zwischen Arbeitsplatzfaktoren und Beanspruchungen oder Beschwerdenist nicht deterministisch, sondern wird durch so genannte Moderatoren beeinflusst, d.h.identische Belastungen können je nach persönlichen Faktoren und sonstigenRahmenbedingungen unterschiedliche Wirkungen bzw. zumindest unterschiedlich starkeWirkungen zeitigen. Zwei solcher Faktoren, die die Ausprägung von Belastungen undBeschwerden beeinflussen können, sind die Tätigkeit und das Alter der Beschäftigten.Bekannt ist z.B., dass körperliche Gesundheit negativ mit dem Alter assoziiert ist unddass bestimmte Belastungen mit bestimmten Berufgruppen in Verbindung stehen.Gesund arbeiten (unabhängig vom Alter) können nach dem Modell demnach Personen,wenn- die Belastungen nicht zu hoch sind (dann treten insgesamt wenigerberufsassoziierte Beschwerden auf)- die vorhandenen Belastungen wenig Einfluss auf die Beschwerden haben (dannspielen die Belastungen insgesamt eine untergeordnete Rolle)- die Berufsgruppe des/ der Beschäftigten in günstigem Zusammenhang zuBelastungen und/ oder Beanspruchungen steht (dann ist die entsprechendeBerufsgruppe gegenüber anderen Berufen im Vorteil).Lange gesund arbeiten können Personen, wenn- das Alter auf die Belastungen und Beschwerden einen günstigen Einfluss hat(dann wird die Relation Belastung- Beanspruchung vom Alter positiv beeinflusstoder ist zumindest vom Alter unabhängig, das Alter also egal)- die Kombination aus Alter und Berufsgruppe in günstigem Zusammenhang zuBelastungen und/ oder Beanspruchungen steht (dann ist die entsprechendeBerufsgruppe bei gleichem Alter gegenüber anderen Berufen im Vorteil).194194


V27Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Anhand von repräsentativen Lebensqualitätsdaten aus dem Sozio-oekonomischen Panel(SOEP 2004) und Daten zu spezifischen arbeitsbezogenen Belastungen aus derCOPSOQ- Datenbank (Copenhagen Psychosocial Questionnaire) wird geprüft, inwelchem Maß Belastungen und Beanspruchungen vom Alter, von der Berufsgruppe undvon der Kombination aus beiden Faktoren abhängig sind.Methoden:Das SOEP ist eine jährlich vom DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung)durchgeführte repräsentative Panel-Erhebung mit über 20.000 Befragten. Seit 2002 wirdalle zwei Jahre eine Fragenbatterie zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität vorgelegt,die dem SF12 Fragebogen (Version 2) stark ähnelt. Aus den 12 Einzelfragen lassen sichanalog dem US-Verfahren zwei normierte Kennziffern zu körperlicher und mentalerLebensqualität berechnen (Ware et al. 2002, Nübling et al. 2006). Die Daten derBefragung 2004 mit vollständigen Angaben in diesem Bereich (N=21.248) wurden für dieAnalyse verwendet.Für die Analyse der arbeitsbedingten Belastungen und Beanspruchungen inAbhängigkeit von Alter und Berufsgruppe wurde die COPSOQ- Datenbank (19 Skalen zuBelastungen, sechs zu Folgefaktoren) verwendet (zum Analysezeitpunkt 10/2006:N=4.279). Zum deutschen COPSOQ siehe www.copsoq.de und Nübling et al. 2005.Ergebnisse:Für die Dimension körperliche Gesundheit zeigt sich für die repräsentativen Daten desSOEP 2004 eine deutliche und lineare Verschlechterung der Bewertung mit dem Alter:die für das Gesamtkollektiv auf einen Mittelwert von 50 und eine Standardabweichungvon 10 Punkten normierten Werte sinken von 57 Punkten für die unter 25-Jährigen auf38 Punkte für die über 75-Jährigen (Unterschiede zwischen den Geschlechtern um 1-2Punkte zugunsten der Männer). Für die Skala mentale Gesundheit ist dagegen kaumVarianz und kein linearer Zusammenhang festzustellen (Schwankung des Mittelwertsnach dem Alter: 48-52 Punkte; auch hier eine bessere Selbsteinschätzung bei denMännern um 1-4 Punkte).Übereinstimmend zeigt auch im COPSOQ der allgemeine Gesundheitszustand eineklare Altersabhängigkeit, nicht jedoch die diversen Stressskalen, z.B. Burnout oderkognitive Stresssymptome. Dort findet sich analog eine altersspezifische Invarianz.Hinsichtlich der beruflichen Belastungsparameter ist die Relation zum Alter uneinheitlich:ältere Arbeitnehmer fühlen sich zwar z.B. stärker von emotionalen Anforderungenbetroffen, auf der anderen Seite verfügen sie aber über bessere Ressourcen z.B.bezüglich des Einflusses bei der Arbeit oder sind gegenüber Jüngeren im Vorteilhinsichtlich des starken Stressors Unvereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben. BeiEinbezug der Berufsgruppe in die Analysen zeigen sich bei einigen Skalen starke195195


V27Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Differenzierungen. In Abb.1. ist als Beispiel für die Beschwerdenseite für vierausgewählte Berufsgruppen die Einschätzung des Gesundheitszustandes nach demAlter dargestellt: für alle vier Berufsgruppen ist eine altersbedingte Abnahmefestzustellen, allerdings auf deutlich unterschiedlichem Niveau und bei unterschiedlichemGefälle. Die logistische Regression identifiziert die Faktoren Alter und Berufsgruppe alsPrädiktoren, die Interaktion der beiden Parameter ist knapp nicht signifikant (ModelChi²=117, df=4, p< 0.001).Gesundheitszustand nach Alter und Berufsgruppe807573Anteil "guter Gesundheitszustand" (>7 / 10 Punkten)7065605550454035676759VerwaltungÄrzteKrankenpflegeLehrkräfte6361595267494640563939383018-34 35-44 45-54 55-64AltersgruppeDie Analyse beim Belastungsfaktor Unvereinbarkeit von Berufsleben und Privatlebenzeigt ein noch differenzierteres Bild: Bei Ärztinnen und Ärzten sinkt diese Unvereinbarkeitnach sehr hohen Werten in den unteren Altersgruppen stark ab, während bei Lehrkräftenumgekehrt ein starker Anstieg nach den ersten Berufsjahren und dann weitgehendeKonstanz festzustellen ist. Bei der Krankenpflege und in der Verwaltung sind die Ratendagegen weitgehend altersunabhängig (aber auf unterschiedlichem Niveau).196196


V27Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?807570Unvereinbarkeit Berufsleben und Privatleben (nach Netemeyer) nach Alter und Berufsgruppe76VerwaltungÄrzteKrankenpflegeLehrkräfteMittelwert 0-10065605550456155 55504955484541454035303935 363218-34 35-44 45-54 55-64AltersgruppeD.h. der Effekt des Alters auf die Unvereinbarkeit von Berufs- und Privatleben ist starkvom Beruf der Beschäftigten abhängig, es kommt zu gegenläufigen Tendenzen -methodisch sprechen wir hier von einer Interaktion. Folgerichtig identifiziert dielogistische Regression auch als erstes diese Wechselwirkung als signifikanten Prädiktormit der höchsten Erklärkraft, danach die Berufsgruppe und dann das Alter (ModelChi²=220, df=7, p< 0.001).Diskussion:Während die Wahrnehmung körperlicher Beanspruchungen und Beschwerden mitsteigendem Alter deutlich zunimmt, gilt dies weniger bzw. gar nicht für die mentalenFaktoren. Dies konnte sowohl an Hand der Daten von Berufstätigen aus der COPSOQ-Datenbank als auch mit bevölkerungsrepräsentativen Daten des SOEP 2004 gezeigtwerden - ein reiner Healthy-Worker-Effekt innerhalb der Berufstätigen ist alsoauszuschließen.Bei den arbeitsbezogenen Belastungsfaktoren sind insgesamt gesehen einige positivund einige negativ mit dem Alter assoziiert. Bei Differenzierung des Altereffekts nachBerufen zeigen sich unterschiedliche und zum Teil sogar gegenläufige Tendenzen, wasdarauf hindeutet, das einige spezifische Anforderungen je nach konkreter Tätigkeit mitdem Alter zu- oder abnehmen können; bzw. dass Beschäftigte in manchenBerufsgruppen besser als in anderen im Laufe ihrer Karriere in Positionen kommen, indenen diese Anforderungen weniger auftreten. Beide Deutungen könnte man z.B. für dieEntwicklung der Unvereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben bei den Ärztinnen und197197


V27Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Ärzten heranziehen – an Hand von Querschnittsdaten lässt sich aber nicht entscheiden,welche.Schlussfolgerungen:Die Antwort auf die Frage, wie lange wir gesund arbeiten können, muss also je nachberuflicher Tätigkeit und deren Anforderungen unterschiedlich ausfallen. In derArbeitswissenschaft und in der Praxis müssen wir wissen, was jemand tut bzw. tun soll,um abzuschätzen, wie lange er/sie das gesund tun kann.Dazu braucht es nach Berufen oder Tätigkeiten differenzierte Erkenntnisse zuberuflichen Belastungen und Beanspruchungen/ Beschwerden. Diese können zum Teilaus bereits vorliegenden Datensammlungen extrahiert werden, z.B. aus der BIBB/ IAB-Erhebung 1998/99 (und demnächst deren Nachfolger, der BAUA/ IAB Erhebung 2006),aus dem SOEP (demnächst 2006), aus der COPSOQ- Datenbank und aus anderengroßen Datensammlungen, die viel zu wenig für die Arbeitsmedizin genutzt werden.Zudem braucht es langfristige Daten zu beruflichen Belastungsfaktoren und derenFolgen. Mit Surveydaten aus wiederholten Querschnittserhebungen ohnePersonenbezug kann dann geprüft werden, inwieweit heutige altersspezifischeUnterschiede tatsächlich einen Alterseffekt widerspiegeln oder inwieweit siegesellschaftliche Prozesse der jüngeren Vergangenheit abbilden (Periodeneffekt), die mitdem Alter der Beschäftigten wenig zu tun haben (z.B. die Veränderung der Arbeitsweltvon Ärzten).Mit echten längsschnittlichen Daten mit Personenbezug kann geprüft werden, welcheBelastungen in der langfristigen Perspektive das Auftreten von Beschwerden undErkrankungen begünstigen – solche Studien sind allerdings deutlich aufwändiger.Literatur• Karasek RA, Theorell T. Healthy work. Stress, productivity, and the reconstruction ofworking life. Basic Books, New York 1990• Nübling M, Hasselhorn H-M, Hofmann F. Berufsassoziierte Beschwerdeprofile beiälteren Arbeitnehmer – eine Sekundäranalyse. In: Scheuch K, Haufe E (Hrsg):Verhandl. der Dtsch. Ges. Arbeits- und Umweltmed. (43). Rindt-Druck, Fulda 2003,194-197• Nübling M, Stößel U, Hasselhorn H-M, Michaelis M, Hofmann F. Methoden zurErfassung psychischer Belastungen - Erprobung eines Messinstrumentes(COPSOQ). Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,Fb 1058. Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven 2005• Nübling M, Andersen HH, Mühlbacher A. Entwicklung eines Verfahrens zurBerechnung der körperlichen und psychischen Summenskalen auf Basis der SOEP-Version des SF-12. DIW Data Documentation 16, Berlin 2006• Siegrist J. A theory of occupational stress. In: Dunham J. (ed.). Stress in theworkplace. Whurr Publishers, London/ Philadelphia 2001, 52-66• Ware JE, Kosinski M, Turner-Bowker DM, Gandek B. How to Score Version 2 of theSF-12® Health Survey (with a supplement documenting Version 1). QualitymetricIncorporated, Lincoln RI 2002198198


V28Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Die Ermittlung der Arbeitsbelastungskategorie - StandardisierteSelbstauskunft und Messung im Vergleich –Andreas Glatz 1 , Volker Anneken 2 , Walter Heipertz 3 , Andreas Weber 1 , Thomas Kraus 41 IQPR Institut für Qualitätssicherung in Prävention, Deutsche Sporthochschule, Köln;2 Institut fürRehabilitation und Behindertensport, Deutsche Sporthochschule, Köln;3 Ärztlicher Dienst (Zentrale),Bundesagentur für Arbeit, Nürnberg; 4 Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen, AachenEinleitung:Mit Blick auf den demografischen Wandel beziehungsweise die geringer werdendeErwerbsbeteiligung älterer Menschen gilt es das mögliche Arbeitsbelastungsniveaumöglichst valide zuverlässig und ökonomisch zu bestimmen [1,2,3,5]. In diesemZusammenhang ist es hilfreich, den diesbezüglich möglichen Nutzens der Selbstauskunftzunächst ohne Einfluss mangelnder Leistungsbereitschaft zu betrachten.Bei motivierten Freiwilligen mit Gesundheitsstörungen im Bereich ‚Rücken oder Gelenke’- in einem ergebnisoffenen Setting ohne Aussicht auf finanzielle Vor- oder Nachteile –sollte das Verhältnis von selbstauskunftsbezogener und messbezogener Einstufung derkörperlichen Leistungsfähigkeit geklärt werden.Material und Methoden:Im Zeitraum von 11/03 bis 10/05 wurden 162 Probanden (Altersmedian 40, Männeranteil77,2%), bei denen Gesundheitsstörungen im Bereich ‚Rücken oder Gelenke’ vorlagen,anhand des PACT-Instrumentes (Performance Assessment Capacity Testing) [4]hinsichtlich des individuell möglichen Arbeitsbelastungsniveaus befragt. Dieses orientiertsich am ‚Dictionary of occupational Titles - DOT’ des US Department of Labor unddifferenziert hinsichtlich der Ausprägungen in die folgenden Arbeitsbelastungskategorien:1 sehr leicht, 2 leicht, 3 mittelschwer, 4 schwer, 5 sehr schwer. Am selben Tag wurdedarüber hinaus die körperliche Leistungsfähigkeit der Probanden mit Hilfe des ERGOSWORK-Simulators aktivitätsdiagnostisch untersucht. Abschließend wurde anhand einerDatenbank des ERGOS-Systems der Abgleich der individuellen Fähigkeiten mittätigkeitsspezifischen Anforderungen vorgenommen.Ergebnisse:Zum Fähigkeitsvergleich: Es wurden subjektiv und objektiv ermittelte Fähigkeitenverglichen – siehe Abbildung:199199


V28Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?FähigkeitFähigkeit(subjektiv)(objektiv)Der Zusammenhang zwischen subjektiv und objektiv ermitteltenArbeitsbelastungskategorien betrug 0.47** (Spearmann-Rho, N = 149).Zum Passungsvergleich: Sowohl subjektive (F s ) als auch objektive (F o )Fähigkeitseinstufungen lassen sich mit messbezogen (objektiven) ermitteltenAnforderungseinstufungen des individuell nötigen Arbeitsbelastungsniveaus (A o ) vonTätigkeiten vergleichen. Es ergibt sich eine Art der Passung, die eine subjektiveFähigkeitseinstufung enthält [F(s) vs. A(o)] und eine weitere Passungsart, dieausschließlich objektive Einstufungen beinhaltet [F(o) vs. A(o)]. Von beidenPassungsarten lassen sich die jeweiligen Ausprägungen vergleichen - siehenachstehende Abbildung:Abb. 2: Vergleich der Passungen:F(o) vs. A(o)F(s) vs. A(o)) nein ja GesamtNein 26 47 73Ja 3 73 76Gesamt 29 120 149Legende:F (s) = Fähigkeiten subjektiv bzw. via PACT ermitteltF (o) = Fähigkeiten objektiv bzw. via ERGOS ermitteltA (o) = Anforderungen objektiv bzw. via ERGOS ermitteltIn 99 von 149 Fällen, d.h. in ca. 66 Prozent, kommt es zu einer identischenPassungsaussage. Zu den Unterschieden: Die Passung, die auf subjektiverFähigkeitsermittlung basiert, weicht in ca. 2% positiv und in ca. 32% negativ von derPassung ab, bei der Anforderungen und auch Fähigkeiten objektiv ermittelt wurden, d.h.anhand von subjektiver Fähigkeitsermittlung wird die gesundheitliche Tätigkeitseignungin 32% der Fälle verneint, während sie bei objektiver Fähigkeitsermittlung bejaht wird.200200


V28Vorträge – Hauptthema I: Wie lange können wir gesund arbeiten?Schlussfolgerungen:Die Einbeziehung standardisierter Selbstauskunft via PACT in die Beurteilung vonFähigkeits-Anforderungs-Passungen führt häufig zur Unterschätzung dertätigkeitsspezifischen gesundheitlichen Eignung. Werden keine weiteren Befunde hinzugezogen, dann hat dies zu Folge, dass in vielen Fällen Teilhabepotenziale verlorengehen. Es gilt insbesondere Anhaltspunkte zu finden, die das Erfordernisweitergehenden Assessments verlässlich anzeigen.Zusammenfassung:Selbst bei guter Motivation ist der Zusammenhang von subjektiv (via PACT) und objektivermittelter körperlicher Leistungsfähigkeit (via ERGOS) relativ gering (Spearmann-Rho,0.47**, N = 149). Die Passung der subjektiv ermittelten Fähigkeiten mit den objektivermittelten Arbeitsanforderungen (subj. F. versus obj. Anf.) stimmt in etwa 66% der Fälleüberein mit der Passung aus objektiv ermittelten Fähigkeiten und objektiv ermitteltenAnforderungen (obj. F. versus obj. Anf.). Die Abweichung beider Passungsarten beträgtetwa 34%. Die Analyse der abweichenden Fälle macht deutlich, dass es bei Einbezugsubjektiver Fähigkeitsermittlung via PACT zu einer deutlichen Unterschätzung dertätigkeitsspezifischen gesundheitlichen Eignung kommt.Literatur:[1] GLATZ, A., ANNEKEN, V., HEIPERTZ, W., SCHIAN, H.-M., WEBER, A. (<strong>2007</strong>):Zur ärztlichen Beurteilung arbeitsbezogener körperlicher Leistungsfähigkeit anhand desFCE-Assessments ERGOS® Work Simulator. In: Arbeitsmedizin, Sozialmedizin,Umweltmedizin, Heft 2 <strong>2007</strong>, S. 56 – 63.[2] HEIPERTZ, W.; GÖTZ, U.; LORENZ, H.; HARTWIG, TH.; TOUMI,I.; UEBERSCHÄR,I.; BERG, A.; TRITTELVITZ, E.; NELLESSEN, G. ( 2001) :Die ERGOS® - Studie des Ärztlichen Dienstes der Bundesanstalt für Arbeit (BA) – ErsteErgebnisse der zweiten Phase. In: DRV Schriften Band 33: Frankfurt am Main, 79-81[3] KAISER, H.; KERSTING, M.; SCHIAN, H.M. (2000):Der Stellenwert des Arbeitssimulationsgerätes ERGOS als Bestandteil derleistungsdiagnostischen Begutachtung. Die Rehabilitation, Vol. 39 (3) 2000, 175-184.[4] MATHESON, L.N./MATHESON, M.L. (1996)Spinal Function Sort. In: Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation SAR-Arbeitsgruppe „Ergonomie“: Selbsteinschätzung der körperlichen Leistungsfähigkeiten.Bellikon.[5] UEBERSCHÄR, I; HEIPERTZ, W. (2002)Zur Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer aus arbeits- und sozialmedizinischer Sicht.Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin. Jahr/Band/Seite 2002;37(10):490201201


V29Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungInterdisziplinäre OSCE als alternative Prüfungsform für das FachArbeits- und SozialmedizinBirgit Emmert 1 , Jean-Francois Chenot 2 , Anja Hitz 1 , Anne Simmenroth-Nayda 2 , Jürgen Bünger 3 ,Ernst Hallier 11 Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität, Göttingen; 2 Allgemeinmedizin, Georg-August-Universität, Göttingen;3 Institut der Ruhr-Universität Bochum, BerufsgenossenschaftlichesForschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), BochumHintergrundMit der Einführung benoteter Prüfungen in jedem Fach, deren Ergebnisse im Endzeugnisdokumentiert werden, erhalten die Fakultäten der Universitäten eine höhere Autonomie.Dies stellt sie andererseits aber auch vor große organisatorische und logistischeHerausforderungen. Die neue Ärztliche Approbationsordnung (ÄAppO) [1] fordert einenPraxisbezogenen Unterricht als Schwerpunkt und damit einhergehend innovativePrüfungsformen sowie die Optimierung altbekannter Prüfungstypen.EinleitungSeit Sommersemester 2004 wird mit Einführung der modularen Lehre (Modulsystem) ander medizinischen Fakultät der Georg-August Universität Göttingen der interdisziplinäreKurs „Ärztliche Basisfähigkeiten“ für das 1. klinische Semester mit einem ObjectiveStructured Clinical Examination (OSCE) als alternative Prüfungsform zur Multiple ChoicePrüfung (MCQ) geprüft. Klinisch-praktische Prüfungen in Form eines OSCE, der erstmals1957 an der Universität Dundee durchgeführt wurde [2], haben weltweit eine hoheAkzeptanz und Verbreitung gefunden [3]. Mit dieser Prüfungsform werden dieMedizinstudenten direkt auf der Stufe des „shows how“ („zeigt es wie“) der Lernpyramidevon Miller [4] geprüft, so dass nicht nur reines Faktenwissen wie in der herkömmlichenMEQ, sondern die Durchführung prozeduraler Fertigkeiten und Fähigkeiten direktbeurteilt werden. Dies impliziert die Notwendigkeit, eine gerechte, dem Wissenstandangepasste, reliable und valide OSCE-Prüfung zu gewährleisten. Die Validität vonOSCEs konnte bisher wiederholt nachgewiesen werden [5]. Das interdisziplinäre Modul„Ärztliche Basisfähigkeiten“ schließt neben dem klassischen Untersuchungskurs, einemKurs Notfallmedizin, einigen propädeutischen Kursen (Dermatologie, Rechtsmedizin,Hygiene und Umweltmedizin) auch einen interdisziplinären Anamnese- undBasisfähigkeitenkurs (Allgemeinmedizin, Psychosomatik, Arbeits- und Sozialmedizin) ein[6]. Die Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin (ASM) vermittelt im Kurs ärztlicheGrundkompetenzen wie die Grundlagen der Arbeits- und Sozialanamnese, dieBeurteilung der Arbeitsunfähigkeit, den Arbeitsunfall einschließlich Durchgangsarzt-Verfahren (D-Arztverfahren), die Jugendarbeitsschutz-Untersuchung sowie dieGrundlagen der Rehabilitation.202202


V29Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungMethodeDer interdisziplinäre OSCE besteht aus einer Serie von insgesamt 8 Prüfungsstationen,die von den oben genannten Abteilungen besetzt werden (Abb.1). Die Abteilung ArbeitsundSozialmedizin beteiligt sich am OSCE mit einer Anamnesestation, für die speziellgeschulte Simulationspatienten (SP) als standardisierte Patienten eingesetzt werden.Pro Semester rotieren etwa 200 Medizinstudenten in 5minütigem Wechsel durch denPrüfungsparcours, an denen sie definierte klinisch-praktische Fertigkeiten unter Beweisstellen müssen. Für jede Station wurden eine standardisierte Aufgabenstellung (Setting)und eine Checkliste im Rahmen eines im Sommersemester 2004 durchgeführten Pilot-OSCE entwickelt und pilotiert [7]. Mittlerweile besteht für die Station ASM ein Pool anverschiedenen Settings und Checklisten, so dass die Aufgabenstellung zwischen denSemestern abwechselt. Mithilfe der inhaltlich genau definierten Checkliste erfolgt dieBeurteilung der Prüfungsleistung durch den Beurteiler (Rater). Die Studierenden solltenan der Station ASM eine gezielte beschwerdebezogene Anamnese unterBerücksichtigung arbeits- und sozialmedizinischer Aspekte erheben sowie dieArbeitsunfähigkeit und das Vorliegen eines Wegeunfalls mit der Notwendigkeit derEinleitung des D-Arztverfahrens beurteilen. Zur Überprüfung der Reliabilität der Stationerfolgte die Bewertung anhand der Checkliste und der Globalbeurteilung durch zweigeschulte Rater. Außerdem wurde evaluiert, ob sich Unterschiede in der Beurteilung derCheckliste und der Globalbeurteilung beim Einsatz eines Dozenten (nur approbierteÄrztinnen/Ärzte) versus einer studentischen Hilfskraft/Tutor als Rater zeigten. Desweiteren wurde untersucht, ob Muttersprachler gegenüber Nicht-Muttersprachlern imOSCE benachteiligt sind. Die Akzeptanz des OSCE als Prüfungsform und derEinzelstationen wurden mittels anonymen Fragebogens von den Studierenden evaluiertsowie der Kosten- und Zeitaufwand erhoben. Die statistische Auswertung erfolgte zentralmit dem Statistikpaket SAS Version 8.1. Die Studierenden erhielten nach der PrüfungRückmeldung über ihre Bewertung. Die Gesamtnote setzte sich zu gleichen Teilen ausden Bewertungen der Einzelstationen zusammen.203203


V29Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungAllgemeinmedizinRechtsmedizinHygieneundUmweltmedizinAllgemeinmedizinArbeits- undSozialmedizinDermatologieundVenerologieAnästhesieundNotfallmedizinPsychosomatikAbbildung 1: OSCE-PrüfungsparcoursErgebnisseIm Rahmen der Bewertung zeigte die Interrater-Übereinstimmung zwischen Dozentenund studentischen Tutoren an der Station ASM zeigte eine grobe Übereinstimmung beider Checklistenbeurteilung von 64% und lag im Kappa-Test mit einem gewichtetenKappa ĸ von 0,42 (CI 0,48-0,65; p< 0,05) im befriedigenden Bereich. Die Interrater-Übereinstimmung für die Globalbeurteilung war mit einer groben Übereinstimmung von72% und einem gewichteten Kappa ĸ von 0,68 (CI 0,64-0,73; keine signifikanteStandardabweichung) sogar besser. Weder in der Gesamtbeurteilung, noch derChecklistenbeurteilung bzw. Globalbeurteilung gab es im t-Test signifikante Unterschiedezwischen Muttersprachlern und Nicht-Mutersprachlern. Im Semester hatten 12Studierende am OSCE teilgenommen, die nach eigenen Angaben keine Muttersprachlerwaren. Die 195 Studierenden im Wintersemester 2004/2005 evaluierten deninterdisziplinären OSCE bei einer Rücklaufquote von 91% als überwiegend „fair/objektiv“und „im Schwierigkeitsgrad“ angemessen. 43,6% fanden, die Prüfung habe Spaßgemacht und 40% konnten dem noch „teilweise“ zustimmen. Die Aufgabenstellung derStation ASM war für 79,2% „klar und deutlich formuliert“. Für 70,8% „wirkte der SPauthentisch“ und für 62,5% „spiegelten die Prüfungsinhalte der OSCE die Kurs-Themenwider“. Das Schwierigkeitsniveau fanden 93,8% „gerade richtig“ (Tab.1).204204


V29Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungTabelle1: Auswahl einiger Evaluationsfragen an die Studierenden zum OSCE als Prüfungsformim WS 2004/2005 (N=195 bei einer Rücklaufquote von 91%)Diese Prüfung...... ist geeignet, praktische Fertigkeitenzu überprüfenStimme zu StimmeteilweisezuStimme eher Stimme nichtnicht zu zu62.6% 30.8% 4.1% 2.5%... hat einen positiven Lerneffekt(0.5% Enthaltungen)51.3% 30.8% 12.3% 5.1%... hat Spaß gemacht 43.6% 40% 12.8% 3.6%zu hochgerade richtigzu niedrig…das Niveau der Prüfung war1%93.8%2.1%Diskussion und FazitFür die Arbeits- und Sozialmedizin bestehen fast keine Erfahrungen mit deminterdisziplinären OSCE als alternative Prüfungsform. Seit Sommersemester 2004 wirder im Rahmen des neuen modularen Curriculums im interdisziplinären Kurs „ÄrztlicheBasisfähigkeiten“ an der Georg-August-Universität Göttingen angeboten. Bei derEvaluation des OSCE als Prüfungsform waren die Testgütekriterien insgesamtzufriedenstellend. Die Korrelation zwischen Checklisten- und Globalbeurteilung befandsich im mittleren bis guten Bereich. Die erreichten Interrater-Reliabilitäten zwischenDozenten und studentischen Tutoren für die Station ASM unterscheiden sich kaum [8].Im Gesamt-OSCE zeigte sich eine gute Übereinstimmung der Gesamtnote, bei etwasschlechteren Übereinstimmungen bei den Einzelstationen (um 2,8). Insgesamt bestandeine gute Akzeptanz studentischer Tutoren als Rater, was als zukünftiges Modell beipersonellen Engpässen im OSCE zu prüfen wäre. Da als Kritikpunkt insbesondere beimEinsatz von Anamnesestationen im OSCE das schlechtere Abschneiden von Nicht-Muttersprachlern (MS) versus Muttersprachler (NMS) angeführt wird, untersuchten wirdiese Fragestellung näher. Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede zwischenMS und NMS bei der Bewertung, so dass sich der OSCE auch für Nicht-Muttersprachlerals Prüfungsform eignet. Als positives Fazit aus den Evaluationsergebnissen ergibt sich,dass der OSCE als Prüfungsformat von den Studierenden sehr gut angenommen wird.Er eignet sich hervorragend für die Prüfung klinisch-praktischer und kommunikativerKompetenzen und stellt eine realitätsnahe Arzt-Patienten-Situation dar. Allerdings205205


V29Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, Weiterbildungbeträgt der Zeitaufwand für die Station ASM pro Semester insgesamt 26h an 4Nachmittagen. Die Kosten belaufen sich auf etwa 2-3 € pro Student. Berücksichtigtwurden die Kosten für Simulationspatienten und studentische Hilfskräfte bzw. Tutoreneinschließlich der Vorbereitungszeit. Trotz des zur herkömmlichen MQC vergleichsweisehöheren organisatorischen, finanziellen und personellen Aufwandes haben die positivenErgebnisse der Evaluation zur Weiterführung dieser Prüfungsform ermutigt.Literatur[1] Approbationsordnung für Ärzte, Beschluss des Bundesrates vom 26.04.2002. Bonn:Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Drucksache 316/02;2002.[2] Harden R M, Stevenson M, Downie WW, Wilson GM. Assessment of clinicalcompetence using objective structured examination. Br Med J 1975; 1(5955): 447-51.[3] Wass V, van der Vleuten C, Shatzer J, Jones R. Assessment of clinical competence.Lancet 2001; 357:945-949.[4] Miller GE. The assessment of clinical skills/competence/performance. Acad Med.1990; 65:63-67.[5] Hodges B, Regehr G, Hannson M, McNaughton N. Validation of an objectivestructured clinical examination in psychiatry. Acad Med. 1998; 73:910-912.[6] Fischer T, Simmenroth-Nayda A, Hermann-Lingen C, Wetzel D, Chenot JF, KleiberC, Staats H, Kochen MM. Medizinische Basisfähigkeiten - ein Unterrichtskonzept imRahmen der neuen Approbationsordnung. Z Allg Med 2003; 79:432-6.[7] Chenot JF, Fischer T, Simmenroth-Nayda A, Fassheber S, Hummers-Pradier E, AutB, Kernbach-Wighton G, Emmert S, Küntzel H, Klockgether-Radke AP, Kochen MM.Interdisziplinärer Pilot-OSCE „Medizinische Basisfähigkeiten“. Z Allg Med 2004;80:503-506.[8] Chenot JF, Simmenroth-Nayda A., Koch A, Fischer T, Scherer M, Emmert B, StanskeB, Kochen MM, Himmel W. How reliable is assessment of basic clinical skills bystudent tutors with an OSCE? Med Educ. (submitted).206206


V30Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungArbeitsmedizinische Lehre in ChileKatja Radon 1 , Eduardo Tapia 2,5 , Alejandra Pizarro 3 , Daniel Segura 4 , Maria Julia Calvo 3 , NellaMarchetti 2 , Veronica Herrera 2,51 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München; 2 Escuelade Salud Publica, Universidad de Chile, Santiago; 3 Escuela de Enfermeria, Universidad Austral, Valdivia;4 Betriebsmedizinischer Dienst, Universidad Austral, Valdivia; 5 ACHS, Asociación Chilena de Seguridad,Santiago, ChileHintergrund und Ziel der StudieDie Kosten für Arbeitsunfälle und –erkrankungen betragen in Entwicklungs- undSchwellenländern bis zu 10-20% des Bruttosozialproduktes [1]. Gleichzeitig arbeiten 8von 10 Arbeitern in diesen Ländern [1]. Dies betrifft auch Chile, ein Schwellenland inSüdamerika. Im Zuge der Globalisierung werden Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz inChile ein zunehmend wichtiges Thema für Ärzte und Krankenschwestern. Durch dieGlobalisierung ist das Wirtschaftswachstum in diesem Land derzeit sehr hoch. Diesesgeht vor allem auf den Export von Rohstoffen (Kupfer, Holz) und Primärproduktenzurück. Insbesondere der Transfer unsicherer Technologien und von Arbeitsplätzen mithohem Gesundheitsrisiko aus Industrie- in Schwellenländer kann zu einer Erhöhung desGesundheitsrisikos am Arbeitsplatz in diesen Ländern führen [1, 2].Gleichzeitig sind nur 33% der Arbeitnehmer in Chile Unfall versichert. Eine gesunde undproduktive Arbeitnehmerschaft wird jedoch von der WHO als eine derGrundvoraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung gesehen [3]. Bislang ist dieArbeitsmedizin in Chile und anderen Ländern Lateinamerikas primär mit der Reduktionvon Arbeitsunfällen beschäftigt [4]. Durch die hohe Prävalenz von Erkrankungen, diedurch Arbeitsbedingungen verursacht oder verschlechtert werden, sollten berufliche undUmwelteinflüsse jedoch auf der ganzen Welt als wichtige Ursache für viele Erkrankungenin Betracht gezogen werden. Hierzu zählen z.B. Asthma, Krebserkrankungen,muskuloskeletale Erkrankungen und Intoxikationen. Um wirksamePräventionsmaßnahmen einzuleiten und Berufskrankheiten zu erkennen, müssenArbeitsnehmer aus dem Gesundheitsbereich (Ärzte, Krankenpflegepersonal) über denpotenziellen Kausalzusammenhang zwischen Beruf und Erkrankungen sowie diegesetzliche Bestimmungen informiert werden.Primär verantwortlich für präventive Aspekte der Medizin ist in Chile dasKrankenpflegepersonal. Die Ausbildung zur Krankenschwester/ zum Krankenpflegererfolgt in Chile im Rahmen eines 6-jährigen Hochschulstudiums. Nur an der Universidadde Chile in Santiago de Chile ist Arbeitsmedizin derzeit fester Bestandteil auch in derAusbildung von Ärzten. Im Zuge der Weiterbildung wird in Chile aufgrund dergeographischen Struktur primär auf Fernlehrmodule zurückgegriffen. U. a. für dieseeigenen sich computerbasierte Lernfälle. Aufgrund der unterschiedlichen Gesetzgebungsowie der unterschiedlichen Behandlung von Berufskrankheiten ist eine Anpassung der207207


V30Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, Weiterbildungbestehenden Arbeitsmedizinischen Lernfälle aus Europa [5, 6] allerdings kaum möglich.Es müssen daher neue Fälle, die insbesondere die arbeitsmedizinischen ProblemeChiles berücksichtigen, erstellt werden.Ziel dieses Pilotprojektes war die Erstellung und Evaluation der ersten zweiarbeitsmedizinischen Computerlernfälle für Chile.MethodenZur Fallerstellung wurde auf die Benutzeroberfläche „CASUS“ der INSTRUCT AGzurückgegriffen. Mit Hilfe dieser Oberfläche wurde gemeinsam mit einem Studenten ausdem Magisterstudiengang Public Health der Universidad de Chile und einer Studentinder Krankenpflege der Universidad Austral ein Lernfall erstellt (Abbildung 1).FallauswahlKonzepterstellungBesuch in ChileGemeinsameFallerstellungAuswahl 2erStudenten fürdieFallerstellungExpertenreviewFalleinsatz und–evaluation durchdie NutzerLernfallAbbildung 1: Ablauf der FallerstellungErgebnisseDer für Medizinstudenten und Studierende im Bereich Public Health konzipierte Lernfallder Universidad de Chile beschäftigt sich mit der am häufigsten entschädigtenBerufskrankheit in Chile: Dysphonie bei einer Lehrerin. Der Lernfall beschreibtRisikofaktoren, Präventionsmaßnahmen, Therapie sowie die chilenischeSozialgesetzgebung (Abbildung 2).208208


V30Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, Weiterbildung„Als die Stimme sich verabschiedete“• Perspektive:Student Arzt in einer Allgemeinarztpraxis(Consultorio) in Santiago• Lernziele:• Dysphonie und deren berufliche Ursachen(häufigste BK in Chile)• Epidemiologie und Risikofaktorenberuflicher Dysphonien• Differentialdiagnosen der Dysphonie• Sprachtherapeutische Maßnahmen bei Dysphonie• Chirurgische Therapien bei Dysphonie• Chilenische Sozialgesetzgebung (BG, BK)Abbildung 2: Perspektive und Lernziele des Lernfalls für Medizinstudierende und Postgraduiertein SantiagoDer Fall für Studierende der Krankenpflege von der Universidad Austral beschreibt einenKrankenpfleger mit einer Typ IV Allergie gegen in Latexhandschuhen vorkommendeAkzeleratoren (Abbildung 3). Der Fall zeigt die Unterschiede sowohl in der Diagnostik derLatexallergie als auch im Einsatz von Latexhandschuhen und der Entschädigungspraxiszwischen Deutschland und Chile.„Meine Hände sind meine Arbeit“• Perspektive:Student entwickelt als Krankenpfleger auf einIntensivstation ein Handekzem• Lernziele:• Typ I – IV Allergie (Pathophysiologie, Diagnostik)• Diagnose des beruflichen Handekzems• Therapie des Handekzems• Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention• Rolle des Betriebsarztes• Chilenische SozialgesetzgebungAbbildung 3: Perspektive und Lernziele des Lernfalls für Studierende der Krankenpflege inValdiviaJeder Fall wurde zwischenzeitlich von zwei Experten begutachtet und nach derenVorschlägen überarbeitet. Die Fälle werden im Wintersemester <strong>2007</strong> imStudentenunterricht in Chile eingesetzt und evaluiert.SchlussfolgerungAufgrund der sehr guten Internetverbindungen in Chile und der geographischen Strukturist Distance Learning in eine gute Möglichkeit, arbeitsmedizinische Aspekte zuunterrichten. Aufgrund großer kultureller und therapeutischer Unterschiede müssen neue209209


V30Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungLernfälle, die speziell auf die Problematik in Chile zugeschnitten sind, erstellt werden. DieErstellung und Evaluation weiterer Lernfälle erfolgt derzeit im Rahmen des DAADÄrzteprogramms.Erste Erfahrungen aus Kolumbien zeigen darüber hinaus, dass die Lernfälle auch für denEinsatz in anderen Ländern Lateinamerikas geeignet sind.Mit Unterstützung durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst, dasBundesministerium für Bildung und Forschung sowie die Klaus-Tschira-Stiftung gGmbH.Literatur1. Mikton, P. Declaration on Occupational Health for All. in Second Meeting of theWHO Collaborating Centres in Occupational Health. 1994. Beijing, China: WorldHealth Organization.2. Lehtinen, S., Summary Report: Sixth Network Meeting of the WHO CollaboratingCentres in Occupational Health, in ICOH Conference. 2003: Iguazu, Brasil.3. Description of Six Activity Areas of the WHO Global Network of CollaboratingCentres Work Plan 2006-2010. 2005, WHO: Geneva.4. Szantho Pongracz, G. und A. Morales Freire: Salud ocupacional en Chile. BoletinEsc. de Medicina, 1994. 23: p. 62-64.5. Radon, K., Kolb, S., Reichert, J., Baumeister, T., Fuchs, R., Hege, I., Praml, G.,Fischer, M., Nowak, D. Case-based e-learning in occupational medicine--TheNetWoRM Project in Germany. Ann Agric Environ Med, 2006. 13: 93-98.6. Kolb, S., Reichert, J., Hege, I., Praml, G., Bellido, M. C., Martinez-Jaretta, B.,Fischer, M., Nowak, D., Radon, K. European dissemination of a web- and casebasedlearning system for occupational medicine: NetWoRM Europe. Int ArchOccup Environ Health, <strong>2007</strong>. Im Druck.210210


V31Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungKontinuierliche Evaluation als Beitrag zur Qualität der Lehre inder ArbeitsmedizinSabine Woltering, Norbert Binding, Ute WittingInstitut für Arbeitsmedizin, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, MünsterSeit dem WS 1999/2000 werden die Pflichtlehrveranstaltungen im FachgebietArbeitsmedizin auf der methodischen Grundlage des projekt- und problemorientiertenLernens in Kleingruppen durchgeführt (Witting 2002) und seitdem kontinuierlich evaluiert(Woltering et al. 2005). Unter der Leitidee: „Die Praxis des Faches ist der Betrieb“ erhältjede Gruppe ihren „eigenen Betrieb“. Durch konkreten Praxisbezug vor Ort in geeignetenBetrieben werden wesentliche Inhalte der Arbeitsmedizin, die Aufgaben und Ziele derärztlichen Tätigkeit sowie fachübergreifende Grundlagen in Gruppenarbeit mitDozentenunterstützung exemplarisch erarbeitet. Ziel dieser Studie ist die Überprüfungder zeitlichen Veränderungen der studentischen Bewertungen imUntersuchungszeitraum und die kritische Bewertung des Erhebungsinstrumentes(Fragebogen).981 von 1020 Fragebögen aus dem Zeitraum vom WS 1999/2000 bis einschließlich SS2003 konnten in die Auswertung einbezogen werden. Der Fragebogen besteht aus 25Fragen (Items) zu insgesamt 5 Indikatoren für die didaktischen Elemente(Grundlagenseminare, Betriebsbegehungen, praktische Übungen, Gruppenarbeit) unddie Gesamtbewertung der Lehrveranstaltung. Die vierstufige Bewertungsskala reichtdabei von „trifft völlig zu“ bis zu „trifft überhaupt nicht zu“. Den vier Bewertungsstufenwurden für die Auswertung Noten von 1 - 4 zugeordnet. Die statistische Auswertung derDaten wurde mit SPSS Version 10.0 durchgeführt.Bei den Grundlagenseminaren wird der sinnvolle und effektive Einsatz der Medienbewertet. Darüber hinaus werden die Vermittlung der theoretischen Inhalte, diePraxisnähe und die inhaltliche Diskussion beurteilt. Bei den praktischen Übungen werdendie Aspekte der Vermittlung der Lehrinhalte wie die kompetente und verständlicheBeantwortung der gestellten Fragen und die Form der Präsentation des Lernstoffesebenfalls einbezogen. Die Vorbereitung und Organisation der Betriebsbegehung,besonders auch die „vor Ort“ -Betreuung der Studierenden und der direkte Praxisbezugwerden durch die zu beantwortenden Items berücksichtigt.Für die Bewertung der Gruppenarbeit werden die Vermittlung der Lerninhalte, dieAkzeptanz der Gruppenarbeit selbst, aber auch der Dialog untereinander und mit demDozenten einbezogen.In der Gesamtbewertung der Veranstaltung werden die Didaktik und Methodik anhandder Kriterien Struktur, Gruppenarbeit und Relevanz des Fachgebietes in Verbindung mit211211


V31Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, Weiterbildungpersönlichem Lernerfolg und Interesse bewertet. Darüber hinaus sind auch freieKommentare möglich.2,121,91,81,71,6WS 99/00SS 00WS 00/01SS 01WS 01/02SS 02Abb.1: Mittelwerte über alle Items des FragebogensWS 02/03SS 03In Abb.1 sind die Mittelwerte über alle 25 Items für jedes ausgewertete Semester imVergleich abgebildet. Dabei ist eine deutliche Verbesserung im zeitlichen Verlauf zuverzeichnen.Der verwendete Fragebogen wurde mit dem statistischen Verfahren der Faktorenanalyseüberprüft. Dabei werden Korrelationen des Antwortverhaltens der verwendeten Itemsuntereinander betrachtet. Unter der Vorgabe 5 Faktoren zu bilden - entsprechend den 5vorgegebenen Indikatoren Grundlagenseminare, praktische Übungen,Betriebsbegehung, Gruppenarbeit und Gesamtbewertung, zeigte sich folgendesErgebnis:Der Aspekt der Aufmerksamkeit des Indikators Grundlagenseminare, die Wichtigkeit derarbeitsmedizinischen Kenntnisse für die spätere ärztliche Tätigkeit, der persönlicheLernerfolg, die freiwillige Teilnahme an der Lehrveranstaltung und das geweckteInteresse aus dem Indikator Gesamtbewertung laden auf dem Faktor 1, der aufgrundder zu bewertenden Gesichtspunkte mit Teilnahmemotivation und Lernerfolg bezeichnetwurde. Alle Items des Indikators Betriebsbegehung finden sich im Faktor 2, so dass dieBezeichnung Betriebsbegehung beibehalten wurde. Aus dem IndikatorGrundlagenseminar bilden sich auf dem Faktor 3 der Medieneinsatz, die Praxisnähe unddie inhaltliche Diskussion ab sowie die inhaltliche Diskussion aus den praktischenÜbungen. Auf diesem Faktor laden weiterhin aus der Gesamtbewertung die Items zursystematischen Strukturierung, zum Abschlußkolloqium und zur Vorbereitung derDozenten. Aufgrund der ermittelten Korrelationen wurde der Faktor 3 mit Struktur,212212


V31Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungDidaktik und Lehrkompetenz bezeichnet. Die Aspekte der Lehr- und Lernkompetenz derpraktischen Übung zeigen sich bei den Variablen des Faktors 4, so dass dieBezeichnung praktische Übung beibehalten wurde. Alle Items des IndikatorsGruppenarbeit und das entsprechende Item zur Vermittlung der wesentlichen Inhaltedes Fachgebietes im Rahmen der Gruppenarbeit aus dem Indikator Gesamtbewertungladen auf dem Faktor 5, der daher als Gruppenarbeit bezeichnet wurde.Weiterhin wurde geprüft, welche Faktorladungen sich bei den jeweiligen Items zeigen,wenn die 5 vorgegebenen Indikatoren des verwendeten Fragebogens beibehaltenwerden. Mit Faktorladung wird die Korrelation zwischen Item und Indikator beschrieben,wobei eine Faktorladung um 0,5 eine ausreichend hohe Korrelation darstellt. AlleFaktorladungen der Items der jeweiligen Indikatoren liegen bei 0,5 oder höher. Dieentsprechenden Faktorladungen sind damit alle ausreichend hoch. Damit ist ebenfallsdie a- priori Zuordnung der Items zu den jeweiligen Indikatoren haltbar.Zusammenfassend lässt sich somit belegen, dass das verwendete Evaluationsverfahrenvalide ist, aber darüber hinaus eine andere Zuordnung der verwendeten Fragen möglichist.Durch die kontinuierliche Durchführung und Auswertung der studentischenLehrevaluation wurden immer wieder strukturelle und prozedurale Verbesserungen derLehrveranstaltung erreicht. Dies führte in den nachfolgenden Semestern zu einerzunehmend besseren Bewertung. Auf der Grundlage eines validenEvaluationsverfahrens kann die kontinuierliche studentische Lehrevaluation somit zurQualität der Lehre in der Arbeitsmedizin beitragen.Literatur1. Witting U (2002) Problemorientiertes Lernen am Beispiel der Arbeitsmedizin inMünster. Dokumentation Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin undUmweltmedizin e.V, 42. Jahrestagung, München 2002, S. 554-5582. Woltering S, Binding N, Nippert RP, Witting U (2005) Evaluation eines projekt- undproblemorientierten Lehransatzes im Fach Arbeitsmedizin. Dokumentation DeutscheGesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V, 45. Jahrestagung, Bochum2005, S. 902-904213213


V32Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungStudentische Evaluation zur Ausbildung in der Arbeitsmedizin(Universität Erlangen-Nürnberg)Elke Ochsmann, Hans DrexlerInstitut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenEinleitung: Mit dem neuen Curriculum in der universitären Medizinausbildung ergibt sichan der Universität Erlangen-Nürnberg gerade im 8. Semester, dem Semester, in demauch die Vorlesung Arbeits- und Sozialmedizin stattfindet, eine hohe Klausurendichte amEnde des Semesters. Traditionell wird auch die Klausur zur Vorlesung Arbeits- undSozialmedizin am Ende des 8. Semesters abgehalten. Die bestandene Klausur istVoraussetzung für die Teilnahme am arbeitsmedizinischen Blockpraktikum im 10.Semester. Die Studenten waren an den Lehrstuhl und den Studiendekan mit demAnliegen herangetreten, ob die arbeits- und sozialmedizinische Klausur verschobenwerden könnte, um die Belastung der Studenten am Semester-Ende des 8. Semesterszu reduzieren. Um den Studenten entgegenzukommen, wurde die Klausur Arbeits- undSozialmedizin in das zehnte Semester verschoben und als Abschluss desBlockpraktikums abgehalten. Es wurde einmal der „alte Klausurtermin“ und der „neueKlausurtermin“ hinsichtlich folgender Fragen evaluiert:Hat der Klausurtermin:Einfluss auf den Vorlesungsbesuch?Einfluss auf die Akzeptanz des Blockpraktikums?Einfluss auf das Klausurergebnis?Hat der Vorlesungsbesuch:Einfluss auf das Interesse an der Arbeitsmedizin?Einfluss auf die Einschätzung des eigenenarbeitsmedizinischen Wissens?Einfluss auf das Interesse an der Facharzt-Ausbildung?Methodik und Auswertung: Kollektiv: Im Sommersemester 2006 (SS06) wurden 100Studenten befragt, die die Klausur noch nach dem „alten Modell“ die Klausur am Endedes 8. Semesters zu schreiben hatten. Im Wintersemester 2006/<strong>2007</strong> (WS06/07) wurden108 Studenten befragt, die die Klausur nach Absolvieren des Blockpraktikums zuschreiben hatten. Fragebogen: Beide Studentenkollektive erhielten den gleichen eigenserstellten Fragebogen mit 40 Fragen, die jeweils mit „ja“, „nein“ und „vielleicht“ zubeantworten waren. Diese einfache Antwort-Auswahl wurde bewusst gewählt um dieTeilnahmerate zu steigern, da die Studenten bereits viele andere Evaluationendurchzuführen hatten. Klausur: In beiden Kollektiven wurde die gleiche Klausur214214


V32Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, Weiterbildunggeschrieben (Abstand zwischen den Klausurterminen: ca. 3 Monate). Die Klausur wurdemit dem üblichen Notenschlüssel bewertet: bis 90% - Note „1“, bis 80% - Note „2“, bis70% - Note „3“, bis 60% - Note „4“ und darunter: nicht bestanden. Statistik: Aufgrundder einfachen Auswahlmöglichkeiten handelt es sich um nominalskalierte Daten, die mitdem Cramer-V-Wert (CV) als Zusammenhangsmaß und dem Pearson-Chi-Quadrat-Wert(p) für die Einschätzung der näherungsweisen Signifikanz beschrieben werden (p


V32Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungInteresse an der Arbeitsmedizin führte nicht zu häufigerem Vorlesungsbesuch bzw.führte im Umkehrschluss der regelmäßige Vorlesungsbesuch nicht zu höherem Interessean der Arbeitsmedizin (CV=0,138; p=0,351). Die Studenten, die angaben die Vorlesungregelmäßig zu besuchen hatten nach eigener Einschätzung nur in zweiThemenbereichen bessere Kenntnisse als Studenten, die die Vorlesung nicht oder nurunregelmäßig besuchten (Tab. 1). Im Vergleich dazu führte das Interesse an derArbeitsmedizin zu einer positiveren Einschätzung des eigenen Wissens.Tabelle 1: Tabellarische Darstellung des statistischen Zusammenhangs zwischen den Fragennach „regelmäßigem Vorlesungsbesuch“ bzw. „Interesse an der Arbeitsmedizin“ und derEinschätzung des eigenen Wissens hinsichtlich verschiedener Themenbereiche, die in derVorlesung abgedeckt werden.RegelmäßigerInteresse an derVL-BesuchArbeitsmedizinCV p Themenbereich CV p0,234 0,011 Einblick in die Toxikologie 0,259 0,0030,154 0,230 Sozial- undversicherungsrechtlicheZusammenhänge0,188 0,086 Gefährdungen am Arbeitsplatzund Grenzwerte0,196 0,0580,204 0,0460,132 0,383 Berufskrankheiten 0,220 0,0230,221 0,022 Arbeitsmedizinische Notfälle 0,156 0,233Zwischen der Teilnahme an der Vorlesung und dem Interesse an der Facharzt-Ausbildung im Bereich Arbeitsmedizin konnte in der vorliegenden Befragung einZusammenhang wahrscheinlich gemacht werden (CV=0,255, p=0,004). In gleicherWeise konnte ein positiver Zusammenhang zwischen dem bekundeten Interesse an derArbeitsmedizin und dem Interesse an der Facharzt-Ausbildung festgehalten werden(CV=0,251, p=0,005).Zusammenfassung und Schlussfolgerungen: Sowohl die regelmäßige Teilnahme an derVorlesung als auch die Akzeptanz des Blockpraktikums hängen nach den Ergebnissenunserer Erhebung mit dem Klausurtermin zusammen – allerdings in gegensinnigerWeise. Denn während die Studenten des SS06 die Vorlesung im Durchschnitt häufigerregelmäßig besuchten als die Studenten des WS06/07, schien bei letztgenanntenStudenten die Akzeptanz des Blockpraktikums höher, als bei den Kommilitonen des216216


V32Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungSS06. Der Notendurchschnitt zeigte bei beiden Kollektiven keinen deutlichenUnterschied und war insgesamt als gut einzuschätzen.Während der regelmäßige Vorlesungsbesuch keinen Einfluss auf das Interesse an derArbeitsmedizin zu nehmen schien, konnte ein Zusammenhang zwischenVorlesungsbesuch und Interesse an der Weiterbildung zum Facharzt für Arbeitsmedizinwahrscheinlich gemacht werden. Die Einschätzung des eigenen Wissens wurde durchdie regelmäßige Vorlesungsteilnahme dagegen nur in wenigen Bereichen positivbeeinflusst.Zwei gängige Annahmen, nämlich dass die interessierten Studenten die Vorlesungbesuchen und dass die Studenten, die die Vorlesung besuchen sich auch besser aufPrüfungen vorbereitet fühlen, konnten durch unsere Evaluation nicht bestätigt werden.Es scheint sich herauszukristallisieren, dass bei der steigenden Klausurdichte und densteigenden Anforderungen an die Studenten, allein Pragmatismus und das günstigsteVerhältnis von Aufwand und Nutzen für die Klausur- und Examensvorbereitung dieVorlesungsteilnahme, das Interesse an einem Fach und letztlich auch die Klausur-Notebeeinflussen. Weiterhin wird impliziert, dass der Besuch der Vorlesung nicht als dasausschließliche Medium für den Wissenstransport anzusehen. Demgegenüber lassen dievorliegenden Ergebnisse den Schluss zu, dass die Vorlesung wohl eine Art „Fach-Image“vermitteln kann, das die Studenten dazu bewegen konnte sich mit der Möglichkeit derFacharztweiterbildung für Arbeitsmedizin auseinanderzusetzen.217217


V33Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungLehre im Querschnittsbereich „Klinische Umweltmedizin“–studentische Evaluation und PrüfungsergebnisseNorbert Binding 1 , Werner Mathys 2 , Ute Witting 11 Institut für Arbeitsmedizin, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Münster; 2 Institut für Hygiene,Westfälische Wilhelms-Universität Münster, MünsterFür die Konzeption und inhaltliche Ausgestaltung des QB „Klinische Umweltmedizin“wurde nach dem in Münster etablierten Lehrmodell „Praxisprojekt Arbeitsmedizin“(Witting 2002) auf der methodischen Grundlage des projekt- und problemorientiertenLehrens und Lernens eine Grundstruktur mit aufeinander abgestimmten Lehr- undLernschritten entwickelt (5. klinisches Semester, 2 Kurse pro Semester mit jeweils 8Projektgruppen, pro Gruppe ca. 8 Studierende) (Binding et al. 2006).Jede Gruppe erhält ihr „eigenes“ Projekt. Nach Vermittlung von fachübergreifendemBasiswissen im Plenum werden auf der Grundlage des Lernzielkataloges die sogenannten „Klinischen Bilder“ in Gruppenarbeit problem- bzw. fallorientiert bearbeitet undunter Berücksichtigung der Lernziele „Erweiterte Kenntnisse“ und „Fertigkeiten“ nachentsprechender Anleitung auch im Eigenstudium vertieft (Thema/Fach: Sick BuildingSyndrome/Hygiene, Multiple Chemical Sensitivity/Psychosomatik, Candida-Syndrom/Hygiene, Allergien/Dermatologie, Fertilitätsstörungen/Reproduktionsmedizin,Störungen des Nervensystems/Neurologie, Elektromagnetische Felder/Arbeitsmedizin,Umweltlärm/Arbeitsmedizin). Die Ergebnisse der Projektgruppenarbeit werden imRahmen einer Präsentation im Plenum dargestellt. Hierdurch wird auch die Vermittlungvon Lerninhalten, die über das eigene Gruppenprojekt hinausgehen, gewährleistet unddurch Handouts dokumentiert. Anschließend folgt ein Informationsaustausch in neuzusammengestellten Gruppen, in die aus jeder Projektgruppe mindestens einGruppenmitglied entsandt wird. Diese Lernphase dient der Vertiefung des erarbeitetenWissens, das dann in einer Übungsklausur mit MC-Fragen überprüft wird. ImAbschlusskolloquium werden die wesentlichen Inhalte zusammengefasst und eventuellvorhandene Wissenslücken gefüllt.Im Anschluss an das Abschlusskolloquium erhalten alle Studierenden einenEvaluationsbogen zur Bewertung der Veranstaltung mit insgesamt 20 Fragen zu denGrundlagenseminaren, zur Gruppenarbeit und zur Gesamtbewertung. Die vierstufigeBewertungsskala reicht dabei von „trifft völlig zu“ bis zu „trifft überhaupt nicht zu“. Denvier Bewertungsstufen wurden für die Auswertung Noten von 1 - 4 zugeordnet.Zu den Grundlagenseminaren wird die Bewertung von Medieneinsatz, Praxisnähe undinhaltlicher Diskussion abgefragt. Bei der für die Veranstaltung wesentlichenGruppenarbeit soll eine Bewertung der inhaltlichen und organisatorischen Vorbereitungder Gruppenarbeitstermine, der inhaltlichen Diskussion mit dem Dozenten und in derGruppe und der grundsätzlichen Einstellung zur Gruppenarbeit abgegeben werden. Die218218


V33Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungGesamtbewertung der Veranstaltung enthält Items zur Veranstaltungsstruktur, zurEinschätzung der Wichtigkeit der Klinischen Umweltmedizin, zum persönlichenLernerfolg, zur Qualität der Dozenten und zum Interesse am Fachgebiet nachAbsolvierung des Kurses.„Note“21,91,81,7SS 05 WS 05/06 SS 06 WS 06/07Abb. 1: Institutsinterne Evaluation - über alle 20 Items des Evaluations-Fragebogens gemittelteBewertungenAbb. 1 zeigt die Ergebnisse der Evaluation über jetzt insgesamt 4 Semester anhand derüber alle Items gemittelten Bewertungen aus insgesamt 505 Fragebögen (SS 2005: n =139; WS 2005/2006: n = 102; SS 2006: n = 132; WS 2006/<strong>2007</strong>: n = 132). Nach einerdeutlichen Verbesserung im WS 2005/2006 sind ab SS 2006 erheblich schlechtereBewertungen zu verzeichnen.Die Auswertung einzelner Items des Fragebogens weist darauf hin, dass das Interessean einer Vermittlung der Lerninhalte auf der methodischen Grundlage des projekt- undproblemorientierten Lernens anscheinend drastisch abgenommen hat. Dies könnte u.a.auchdarauf zurückzuführen sein, dass die Studierenden des Sommersemesters 2006und des Wintersemesters 2006/<strong>2007</strong> die ersten waren, die in fakultätszentralenKlausuren in allen Fächern benotete Leistungsnachweise nach neuer AO erwerbenmussten und das neue Examen („Hammerexamen“) ablegen müssen. Anscheinendhaben sich Erwartungshaltungen und auch das Lernverhalten dadurch wesentlichverändert. Eine häufig in den Lehrveranstaltungen gehörte Frage lautet: „Ist dasklausurrelevant?“ Das Fachgebiet und die Lehrform treten in den Hintergrund, wichtig istnur noch die erfolgreiche Beantwortung von MC-Fragen.Die Ergebnisse der institutsinternen Evaluation spiegeln sich auch in derfakultätszentralen online-Evaluation. Hierbei müssen die Studierenden alleLehrveranstaltungen des Semesters mit Hilfe eines Schiebereglers bewerten. DieBewertungen reichen dabei von 0 = sehr gut bis 100 = sehr schlecht.219219


V33Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, Weiterbildung„Bewertung“50403020100QB QB KlinischeUmweltmedizinAlle Lehrveranstaltungendes SemestersQB QB KlinischeUmweltmedizinAlle Lehrveranstaltungendes SemestersQB QB KlinischeUmweltmedizinAlle Lehrveranstaltungendes SemestersQB QB KlinischeUmweltmedizinAlle Lehrveranstaltungendes SemestersSS 05 WS 05/06 SS 06 WS 06/07Abb 2: Fakultätszentrale Online-Evaluation (EVALuna): Durchschnittliche Bewertung auf einerSkala von 0 (sehr gut) bis 100 (sehr schlecht)In Abb. 2 zeigt sich, dass die seit Sommersemester 2006 deutlich schlechtere Bewertungdes QB den ebenfalls schlechteren Durchschnittswert über alle Fächer des Semestersnoch übersteigt. Bei gleicher Struktur und gleichem Inhalt des Lehrangebotes im QBKlinische Umweltmedizin hat sich die Sichtweise und Akzeptanz der Studierendenanscheinend deutlich verändert.Erstaunlich in diesem Zusammenhang ist, dass die guten Ergebnisse der fakultätszentraldurchgeführten Abschlussklausur in allen vier Semestern zeigen, dass die Lehrinhalteoffensichtlich erfolgreich vermittelt wurden.Die Erfahrungen aus den vergangenen vier Semestern können wie folgtzusammengefasst werden: Sowohl in der institutsinternen als auch in derfakultätszentralen Evaluation werden ab Sommersemester 2006 deutlich schlechtereBewertungen abgegeben. Anscheinend hat die Prüfungsform (fakultätszentraleSemesterabschlussklausur mit MC-Fragen über alle Fächer) und der damit verbundeneKlausurendruck einen wesentlichen Einfluss auf die studentischen Erwartungen an eineLehrveranstaltung. Zu fragen bleibt, ob zukünftig Form und Inhalte derLehrveranstaltungen durch einen neuen Typus von Studierenden mitbestimmt wird,dessen Interesse nur noch auf klausurrelevante Fakten fokussiert ist.Literatur1. Binding N, Mathys W, Witting U (2006) Querschnittsbereich “KlinischeUmweltmedizin” - erste Erfahrungen mit einem neuen Lehr- und Lernkonzept.Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 41:1142. Witting U (2002) Problemorientiertes Lernen am Beispiel der Arbeitsmedizin inMünster. Dokumentation Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin undUmweltmedizin e.V, 42. Jahrestagung, München 2002, S. 554-558220220


V34Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungArbeitsmedizinische Weiterbildung – neue Chancen durch e-learningStefanie Kolb 1 , Jörg Reichert 1 , Barbara Beer 2 , Dennis Nowak 1 , Katja Radon 11 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München;2 Bayerische Akadmie für Arbeits-, Sozial und Umweltmedizin, Bayerisches Landesamt für Gesundheit undLebensmittelsicherheit, MünchenHintergrundDie arbeitsmedizinische Weiterbildung besteht neben Weiterbildungszeiten in InnererMedizin und Arbeitsmedizin aus einem 360-stündigen Kurs über verschiedeneSpezialthemen, welcher von den Akademien für Arbeitsmedizin der einzelnen Länderangeboten wird. Dieser Kurs soll die praktische Weiterbildung zum Arbeits- oderBetriebsmediziner um theoretische Grundlagen ergänzen. Weiterhin soll denTeilnehmern, die an Weiterbildungsstätten mit sehr unterschiedlichen Schwerpunktenarbeiten, die Möglichkeit geboten werden, auch andere Arbeitsbereiche der Arbeits- undBetriebsmedizin kennen zu lernen. Dieser Kurs setzt sich in München aus Vorlesungen,Seminaren, praktischen Übungen und Betriebsbesichtigungen zusammen. Letzterekönnen aufgrund der hohen Teilnehmerzahl häufig nur in begrenztem Umfang ermöglichtwerden. Eine Möglichkeit, die Weiterbildung praxisnaher zu gestalten, ist der Einsatz vone-learning, welcher sich schon in der arbeitsmedizinischen Lehre beiMedizinstudierenden bewährt hat.MethodikSeit 1999 wird am Institut für Arbeits- und Umweltmedizin der LMU München einfallbasierten Multimediakurs in der Ausbildung von Medizinstudierenden im Bereich derArbeitsmedizin eingesetzt. Die Gruppe von Frau PD Dr. Radon konnte zeigen, dasscomputerbasierte Kasuistiken eine weitere Möglichkeit bieten, den Praxisbezug zuoptimieren und die Motivation der Studierenden durch Lernen am Patienten zu erhöhen(Kolb, 2005; Radon, 2006; Kolb, <strong>2007</strong>). Die Lernfälle werden mit dem AutorensystemCASUS der Arbeitsgruppe Medizinische Lernprogramme (Leiter: Dr. Martin Fischer)erstellt. Hauptvorteil dieses Systems ist die leicht anwendbare Oberfläche, so dass dieLernfälle von einem Fallautor ohne detaillierte Programmierkenntnisse entwickelt werdenkönnen. Filme und Bilder können komfortabel in das Programm eingebettet werden.Mittlerweile sind sowohl das Autorensystem zur Fallerstellung als auch das Programmzur Anwendung der Fälle Internet-basiert. Somit können sie von jedem Computer mitInternetverbindung mit einem Standard-Internetbrowser (Netscape, Internet Explorer,...)verwendet werden. Autoren und Nutzer erhalten ein persönliches Passwort. Der„Kursmanager“ gibt die Möglichkeit, den Lernerfolg der Studenten zu überprüfen (Zeit fürdie Fallbearbeitung, Anteil der korrekt beantworteten Fragen, Anzahl der bearbeitetenKarten).221221


V34Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungIm Rahmen des arbeitsmedizinischen Kurses an der Bayerischen Akademie für Arbeits-,Sozial- und Umweltmedizin wurden im Sommer 2006 im B-Kurs erstmals zwei dieserLernfälle (Bäckerasthma und Silikose eines Emailleurs) auch in derFacharztweiterbildung eingesetzt. Im Januar <strong>2007</strong> wurden zwei weitere Lernfälle(Diabetes bei einer Flugbegleiterin und ein Fall über einen Arbeitsunfall) im A-Kurseingesetzt.ErgebnisseDie Fälle konnten von den Teilnehmern bei freier Zeiteinteilung von zu Hause ausbearbeitet werden. Der Fall Bäckerasthma (31 Lernkarten) wurde von 13 Personenbearbeitet. Die Bearbeitungszeit lag hier im Mittel bei 65 Minuten und 69% der Fragenwurden richtig beantwortet. Der Fall über eine Silikose bei einem Emailleur (18Lernkarten) wurde von 11 Personen bearbeitet, wobei die Bearbeitungszeit bei 47Minuten lag und 55 % der Fragen richtig beantwortet wurden. Die zwei Fälle des A-Kurses wurden jeweils von 41 Teilnehmern bearbeitet. Die Bearbeitungszeit lag dabei imMittel bei 49 Minuten bei dem Diabetesfall (DF; 23 Lernkarten) und 18 Minuten bei demArbeitsunfall (AF; 12 Lernkarten). 62% (DF) respektive 78 % (AF) der Fragen wurdenrichtig beantwortet.Der Großteil der Teilnehmer füllten am Ende der Fallbearbeitung Online-Evaluationsbögen aus. Die Fragen konnten von 1 (Aussage triff zu) bis 6 (Aussage trifftnicht zu) beantwortet werden. Die Evaluationsergebnisse sind Tabelle 1 zu entnehmen.Insgesamt schien das Niveau der Lernfälle für die Teilnehmer angemessen bis zu geringzu sein. Auch war das Programm nach Ansicht der Lernenden leicht zu bedienen.Darüber hinaus vermittelten die Lernfälle nach Einschätzung der Nutzer neueZusammenhänge und zeigten ihnen Lücken auf. Die Mehrzahl der Teilnehmer gab ferneran, dass sie gerne weitere Lernfälle bearbeiten würden. Zwischen den Fällen gab eskeine signifikanten Unterschiede bezüglich der Bewertung.Diabetes Arbeitsunfall Silikose BäckerNiveau des Falles war zu hoch 4,37 (2-6) 4,70 (3-6) 3,75 (2-6) 4,47 (2-6)Das Programm ist einfach zubedienen 2,39 (1-6) 1,79 (1-5) 2,25 (1-5) 2,00 (1-5)Sinnvolle Vorlesungsergänzung 3,13 (1-6) 2,87 (1-6) 2,44 (1-4) 2,87 (1-6)Vermittlung neuerZusammenhänge 2,06 (1-5) 2,00 (1-5) 2,16 (1-5) 1,76 (1-5)Lücken des Nutzers aufgezeigt 2,18 (1-5) 2,76 (1-6) 1,66 (1-3) 1,88 (1-6)Tabelle 1: Evaluation der Lernfälle dargestellt in Mittelwert undRange(1=Aussage trifft zu; 6=Ausage trifft nicht zu)222222


V34Vorträge – Hauptthema II: Universitäre Ausbildung, WeiterbildungDiskussionDie Evaluationsergebnisse zeigen, dass die Lernfälle generell von den Teilnehmern alspositiv gewertet wurden. Einige Fragen, z.B. die Höhe des Anforderungsniveaus, weisenjedoch darauf hin, dass die Lernfälle ursprünglich für Medizinstudenten konzipiert wurdenund daher der Inhalt teilweise zu allgemein und das fachliche Niveau zu niedrig ist.Die Fallauswahl für die A-, B- und C-Kurse ist daher momentan schwierig und dieErstellung spezieller Fälle für die Weiterbildung wäre wünschenswert. Im B-Kurs diesesJahres in München wird daher ein speziell für die Weiterbildung konzipierter Fall zueinem Wegeunfall eingesetzt werden. Dank der Förderung durch die <strong>DGAUM</strong> und dieLieselotte und Dr. Karl Otto Winkler-Stiftung für Arbeitsmedizin werden weitere Fälle zuden Themen Beleuchtung/Klima, Gefährdungsbeurteilung, Psychische Fehlbelastung,Epidemiologie und Reisemedizin speziell für die Weiterbildung erstellt werden undsobald als möglich eingesetzt werden.Ziel dieses Projektes ist es, die Weiterbildung durch den Einsatz fallbasierter Lernfälleflexibler und praxisnaher durchzuführen und die Weiterbildung damit attraktiver zugestalten.LiteraturK Radon, S Kolb, J Reichert, T Baumeister, R Fuchs, I Hege, M Fischer, D Nowak; Casebased e-learning in Occupational Medicine; Am Agric Environ Med 2006, 13, 93-98S Kolb, J Reichert, T Baumeister, R Fuchs, I Hege, M Fischer, D Nowak, K Radon;Networm – Net Teaching in Work Related Medicine; Ergomed; 2005; 4, 114-119;S Kolb, J Reichert, I Hege, M Bellido, BM Jarreta, D Nowak, K Radon; Europeandissemination of a web- and case based learning system for occupational medicine –NetWoRM Europe; in Press: Int Arch Occup Environ Health (DOI : 10.1007/s00420-006-0164-x)223223


V35Vorträge – ArbeitsphysiologieHäufigkeit von Kniegelenksbelastungen in ausgewähltenBerufsgruppenUlrich Bolm-Audorff, Andrea Kronen, M. Hofman, Anette WunderlichLandesgewerbearzt, Regierungspräsidium Darmstadt, WiesbadenEinleitung:Der ärztliche Sachverständigenbeirat beim Bundesgesundheitsministerium hat 2005 dieAufnahme der Berufskrankheit „Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien odervergleichbarer Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während desArbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer voninsgesamt eine Stunde pro Schicht“ empfohlen (BMGS 2005). In der vorliegenden Studiesoll die Häufigkeit von Kniegelenksbelastungen in ausgewählten Berufsgruppenüberprüft werden.Methodik:Die Dauer von Kniegelenksbelastungen durch Arbeiten im Knien, Hocken oder imFersensitz wurde durch direkte Beobachtung der Arbeitstätigkeit bei 125 Beschäftigtenwährend eines ca. 4-stündigen Schichtanteils mit einer Stoppuhr ermittelt und auf dieganze Schicht hochgerechnet. Die Erhebungen wurden bei folgenden Berufsgruppendurchgeführt: Fliesen-, Parkett-, Laminat-, Teppich-, PVC-, Linoleum-, Natur- undKunststein- sowie Estrichleger, Pflasterer, Dachdecker, Installateure, Betonbauer,Maurer, Kachelofenbauer und Gartenbauer. In jeder Berufsgruppe wurden zwischen 3und 22 Teilschichtbeobachtungen á ca. 4 Stunden durchgeführt. Einzelheiten deruntersuchten Berufsgruppen sind Tabelle 1 zu entnehmen.Ferner wurden 75 der o.g. 125 Beschäftigten nach dem Ende der ca. 4-stündigenBeobachtungszeit um eine Eigeneinschätzung in Bezug auf den Schichtanteil mitBelastung durch Arbeiten im Knien, Hocken oder Fersensitz gebeten. Für den Vergleichzwischen der Selbsteinschätzung bezüglich des belasteten Schichtanteils und dergemessenen Werte wurde der Korrelationskoeffizient nach Pearson berechnet und einMittelwertvergleich mit Hilfe des t-Tests für abhängige Stichproben durchgeführt.Ergebnisse:Tabelle 1 zeigt den arithmetischen Mittelwert und die Standardabweichung sowie denMedianwert bezüglich der Kniegelenksbelastung durch Arbeiten im Knien, Hocken oderim Fersensitz in den o.g. Berufsgruppen. Der Medianwert der Einwirkungsdauer durchArbeiten im Knien, Hocken oder im Fersensitz war bei Estrichlegern mit ca. 4 Stundenam höchsten, gefolgt von Pflasterern sowie Fliesen-, Teppich- PVC- und Linoleumlegernmit einem Medianwert von ca. 3 Stunden. Der Medianwert der Gesamteinwirkungsdauerlag bei Parkett-, Laminat-, Natur- und Kunststeinverlegern bei ca. 2 Stunden und beiInstallateuren, Dachdeckern und Gartenbauern bei ca. 1 Stunde. Die niedrigste224224


V35Vorträge – ArbeitsphysiologieGesamteinwirkungsdauer mit einem Medianwert von deutlich unter einer halben Stundefand sich bei Betonbauern, Kachelofenbauern und Maurern. Die Schwankung derExpositionsdauer in den einzelnen Berufsgruppen war erheblich. Bei insgesamt 59% deruntersuchten Teilschichten waren die Beschäftigten einer Kniegelenksbelastung durchArbeiten im Knien, Hocken oder Fersensitz von mindestens einer Stunde im Sinne dero.g. Berufskrankheitenempfehlung ausgesetzt. Dieses Merkmal war bei allenEstrichlegern, Pflasterern sowie Fliesen-, Parkett- und Laminatlegern erfüllt und beieinem Teil der Beschäftigten in den übrigen Berufsgruppen (siehe Tabelle 1, Spalte 8).In Tabelle 2 ist der Schichtanteil mit Arbeiten im Knien, Hocken oder Fersensitz im Sinneder empfohlenen Berufskrankheit Gonarthrose in dieser Studie im Vergleich zu Wertendargestellt, die der Präventionsdienst der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft imBerufskranheiten-Feststellungsverfahren verwendet. Die Werte liegen annähernd in dergleichen Größenordnung.Ferner zeigt Tabelle 2 den Schichtanteil mit Arbeiten im Hocken oder Fersensitz in dieserStudie im Vergleich zu Schätzwerten der Bau-Berufsgenossenschaft. Es zeigt sich, dassmit Ausnahme der Ergebnisse bei Estrich-, Parkett- und Laminatlegern sowieBetonbauern die Ergebnisse in dieser Studie deutlich niedriger liegen als dieSchätzwerte der Bau-BG.Schließlich ist in Tabelle 2 der Schichtanteil mit Arbeiten im Knien oder Fersensitz in dereigenen Studie im Vergleich zu den Schätzwerten der Bau-Berufsgenossenschaftaufgeführt. Erneut zeigt sich, dass mit Ausnahme der Ergebnisse bei Pflasterern in dereigenen Studie der Schichtanteil mit Arbeiten im Knien oder Fersensitz deutlich niedrigerliegt als die Schätzwerte der Bau-Berufsgenossenschaft.Die Korrelation zwischen dem Schichtanteil im Knien, Hocken oder Fersensitz nach derEinschätzung der Probanden und den gemessenen Werten war mit r² = 0,74 (p


V35Vorträge – ArbeitsphysiologieDie Messwerte in dieser Studie bezüglich des Schichtanteils mit Belastungen durchKnien, Hocken oder Fersensitz sind einigermaßen vergleichbar mit den Annahmen, dieder Präventionsdienst der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft imBerufskrankheiten-Feststellungsverfahren nach § 9 Abs. 2 SGB VII bezüglich derempfohlenen Berufskrankheit Gonarthrose macht.Die vorliegenden Messergebnisse zeigen, dass der Schichtanteil mit Arbeiten im Hockenoder Fersensitz in den meisten Berufen deutlich niedriger liegt als die Schätzwerte derBau-BG (2002). Dieses Ergebnis ist von Belang, weil die Berufsgenossenschaften für dieBestätigung der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entwicklung einerBerufskrankheit 2102 einen Schichtanteil mit Belastungen durch Arbeiten im Hockenoder Fersensitz während eines Drittels des Tages verlangen (Hauptverband dergewerblichen Berufsgenossenschaften 2001). Eine solche Belastung fand sich in unsererStudie nur bei Estrichlegern. Dieses Kriterium sollte daher unseres Erachtens überprüftwerden. Dafür spricht auch, dass nach der amtlichen Begründung der Bundesregierungzur Berufskrankheit 2102 zu den Gefährdungsmerkmalen für diese Berufskrankheit auchdas Arbeiten im Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung gehört (Bundesrat 1988).Auch der Schichtanteil mit Arbeiten in Knien oder Fersensitz lag in dieser Studie deutlichniedriger als die Schätzung der Bau-BG (2002). Dies ist von Bedeutung, weil die Berufsgenossenschaftder Bau-Wirtschaft für die Anerkennung einer Berufskrankheit 2105einen belasteten Schichtanteil von mindestens einem Drittel verlangt. Eine solcheBelastung fand sich in unserer Studie nur bei Pflasterern sowie Parkett- undLaminatlegern. Auch dieses Kriterium sollte unseres Erachtens daher überprüft werden.Literatur:1. Bau-Berufsgenossenschaft Frankfurt am Main: Zusammenstellung der durchschnittlichen,prozentualen Zeitanteile der Meniskus- bzw. Schleimbeutel-belastendenTätigkeiten im Sinne der BK Nummern 2102 und 2105 für Berufe der Bauwirtschaft,Frankfurt, unveröffentlichte Tabelle, 20022. Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Bezirksverwaltung Frankfurt: UnveröffentlichteStellungnahmen des Präventionsdienstes im Berufskrankheiten-Feststellungsverfahrenzur Anerkennung einer Gonarthrose im Rahmen des § 9 Abs. 2 SGB VII,Frankfurt, 20063. Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung: WissenschaftlicheBegründung für die Berufskrankheit „Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien odervergleichbarer Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während desArbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauervon insgesamt einer Stunde pro Schicht“, Bundesarbeitsblatt 10/2005, S. 46-54.4. Bundesrat: Amtliche Begründung der Bundesregierung zur Änderung der Berufskrankheiten-Verordnungvom 22.1.1988, Bundesrats-Drucksache 33/88, Seite 55. Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften: Handbuch für die Bearbeitungvon Berufskrankheiten, BK-Nummer 2102: Meniskusschäden, St. Augustin,Loseblattsammlung, 1. Lieferung, 2001, Seite 9226226


V35Vorträge – ArbeitsphysiologieTabelle 1: Kniegelenksbelastungen bei Beschäftigten in ausgewählten BerufsgruppenBerufsgruppebeobachteteTeilschichtenBeobachtungszeit(Stunden)Arithmetischer Mittelwert ± Standardabweichung (Medianwert)Knien(Minuten/ Schicht)Hocken(Minuten/Schicht)Fersensitz(Minuten/Schicht)Gesamtdauer 1(Minuten/Schicht)Gesamtdauer 1mind. 1 h/d (%)Estrichleger 5 19,0 74 ± 137 (9) 164 ± 106 (152) 4 ± 8 (1) 242 ± 64 (242) 100Pflasterer 4 16,5 107 ± 42 (123) 33 ± 37 (20) 69 ± 41 (57) 210 ± 86 (191) 100Fliesenleger 5 18,5 89 ± 71 (64) 60 ± 53 (34) 26 ± 35 (0) 174 ± 78 (172) 100Sonstige Bodenleger(Teppich,PVC, Linoleum)Parkett- undLaminatlegerNatur- und Kunststeinverleger8 32,0 138 ± 89 (128) 8 ± 15 (2) 44 ± 72 (17) 191 ± 116 (171) 8811 41,0 79 ± 63 (63) 11 ± 18 (2) 58 ± 87 (41) 150 ± 71 (132) 10010 41,5 73 ± 94 (34) 39 ± 47 (17) 9 ± 18 (0) 122 ± 91 (114) 70Installateure 19 70,6 80 ± 82 (50) 28 ± 31 (12) 9 ± 17 (0) 116 ± 102 (81) 63Dachdecker 15 59,5 47 ± 48 (24) 14 ± 15 (10) 13 ± 23 (0) 75 ± 52 (69) 53Gartenbauer 11 41,8 74 ± 82 (48) 3 ± 7 (0) 0 (0) 77 ± 82 (52) 46Betonbauer 12 51,5 12 ± 32 (1) 38 ± 49 (15) 2 ± 4 (0) 51 ± 58 (20) 25Kachelofenbauer 3 12,0 27 ± 34 (17) 2 ± 3 (0) 1 ± 1 (0) 30 ± 38 (17) 33Maurer 22 89,0 14 ± 2 (0) 21 ± 46 (3) 1 ± 2 (0) 37 ± 52 (11) 23Gesamt 125 492,9 61 ± 74 (33) 28 ± 47 (7) 16 ± 40 (0) 104 ± 94 (86) 591Summe der Belastung durch Arbeiten im Knien, Hocken und Fersensitz227


V35Vorträge – ArbeitsphysiologieTabelle 2: Kniegelenksbelastungen bei Beschäftigten in ausgewählten Berufsgruppen (Fortsetzung)BerufsgruppeSchichtanteil mit Arbeiten im Knien,Hocken oder Fersensitz (%)Schichtanteil mit Arbeiten im Hockenoder Fersensitz (%)Schichtanteil mit Arbeiten im Knienoder Fersensitz (%)Eigene Studie(Median)BG-Bau (2006) 1Eigene Studie(Median)Bau-BG (2002) 2Eigene Studie(Median)Bau-BG (2002) 3Estrichleger 52 40 - 45 42 40 - 50 2 60 - 70Pflasterer 40 45 - 50 21 40 - 50 36 40 - 60Fliesenleger 38 35 21 35 - 45 13 40 - 60Sonstige Bodenleger(Teppich,PVC, Linoleum)Parkett- undLaminatlegerNatur- und Kunststeinverleger40 k. A. 6 20 - 30 13 60 - 7040 k. A. 10 10 - 20 34 50 - 6023 k. A. 8 15 - 25 29 50 - 60Installateure 18 25 5 10 - 20 12 20 - 30Dachdecker 14 25 4 20 - 30 10 40 - 60Betonbauer 4 k. A. 4 5 - 10 0 10 - 15Kachelofenbauer 4 k. A. 0 15 - 20 0 20 - 25Maurer 3 10 1 5 - 10 0 10 - 151Schichtanteil mit Belastungen im Sinne der empfohlenen Berufskrankheit Gonarthrose, 2 Schichtanteil mit Belastungen im Sinne der Berufskrankheit2102, 3 Schichtanteil mit Belastungen im Sinne der Berufskrankheit 2105228


V36Vorträge – ArbeitsphysiologieGonarthrose. Untersuchung zur Häufigkeit radiologischerArthrosezeichen und Bestimmung von Faktoren die zurManifestation der Erkrankung führenGunter Spahn 1 , Barbara Schwark 2 , Reinhard Bartsch 3 , Thomas Mückley 4 , Gunther Hofmann 4 ,Rainer Schiele 31 Unfallchirurgie und Orthopädie, Praxisklinik Eisenach, Eisenach; 2 Institut für Medizinische Psychologie,Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität, Jena; 3 Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene,Friedrich-Schiller-Universität, Jena; 4 Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum derFriedrich-Schiller-Universität, JenaEinleitungSchmerzen der Kniegelenke stellen ein häufiges gesundheitliches Problem dar. Bereits10% der Kinder und 30% der Jugendlichen leiden permanent unter Knieschmerzen (1).Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Häufigkeit der Knieschmerzen an, jenseits des50. Lebensjahres leiden schließlich 60-80% an Kniebeschwerden (2;3) (4). BeimZustandekommen der Kniebeschwerden älterer Patienten spielt die Gonarthrose einegroße Rolle. Dabei findet sich häufig eine Diskrepanz zwischen dem radiologischenArthrosegrad einerseits und den subjektiven Beschwerden des Patienten andererseits.Es war das Anliegen dieser Untersuchungen den radiologischen Arthrosegrad beiPatienten mit Kniebeschwerden zu bestimmen. Als quasi " gesunde Kontrollgruppe "sollten jene Patienten dienen, die sich nur zufällig einer radiologischen Untersuchungdes Kniegelenkes unterzogen, nachdem sie einen Unfall erlitten hatten. Dabei sollte dieRate der asymptomatischen Arthrosepatienten herausgefunden werden und nachFaktoren gesucht werden, die möglicherweise als assoziierte Risikofaktoren für dasKrankheitsbild Gonarthrose gelten können.Material und MethodenDie Untersuchung fand im ersten Quartal 2005 statt. Einbezogen wurden alle Patienten,die sich in der Klinik in diesem Zeitraum mit Beschwerden des Kniegelenkes oder nachUnfällen vorstellten, und bei denen entweder ein aktuelles Röntgenbild vorlag bzw. einRöntgenbild angefertigt wurde.Patienten : Insgesamt handelte es sich um 321 Patienten im Alter von 51,5 ± 13,9 [18-82] Jahren, davon waren 172 Männer und 149 Frauen.Evaluation: Die Lebensqualität wurde an hand der deutschen Version des SF-12ermittelt.Der Level der physischen Aktivität in Beruf und Sport wurde gemäß dem Tegner-Aktivitätsscore bestimmt (5). Des Weiteren wurde nach Begleiterkrankungen, nachGenuss von Nikotin und Alkohol gefragt. Bestimmt wurden des Weiteren dieanthropometrischen Daten Körpermasse und Gewicht zur Ermittlung des BMI, wobei229


V36Vorträge – Arbeitsphysiologiealtersadaptiert Über- oder Untergewicht bestimmt wurden (6).Klassifikation nach Kellgrenund Lawrence bestimmt (7).ErgebnisseDie Häufigkeit radiologisch nachweisbarer Arthrosezeichen betrug 30,5%. Dabei fandsich eine signifikante Zunahme der radiologisch nachweisbaren Arthrosen mitzunehmendem Lebensalter (Abbildung 1). Dabei ergaben sich insgesamt 4Patientengruppen (Tabelle 1).Während bei Patienten im Alter unter 50 Jahren die Arthroserate bei beidenGeschlechtern keine Unterschiede zeigte (p=0,702), hatten Frauen in der Altersgruppe50-59 Jahre eine tendenziell (p=0,252) und Frauen über 60 Jahre eine signifikant(p=0,017) höhere Arthroserate.Die durchschnittliche physische Belastung im Beruf betrug 3,4 ± 1,6 Punkte, derdurchschnittliche sportliche Level betrug 3,5 ± 1,7 gemessen im modifizierten TegnerScore der insgesamt 6,9 ± 2,4 Punkte ausmachte. Zwischen den einzelnenPatientengruppen bestanden keine Unterschiede bezüglich des physischenAktivitätslevels.Der durchschnittliche SF-12 Score (Abbildung 2) für die körperliche Gesundheit betrug41,7 ± 6,5 und für die seelische Gesundheit 50,1 ± 8,5. Männer hatten eine tendenziell(p=0,053) höhere körperliche Gesundheit (42,4 ± 6,1) und tendenziell (p=0,051) höhereseelische Gesundheit (51,0 ± 7,9) als Frauen. Hier betrug der SF-12 Score für diekörperliche Gesundheit 41,1 ± 6,9 und für die seelische Gesundheit 49,1 ± 9,1. HöheresLebensalter korrelierte mit einer signifikanten (p< 0,05) Abnahme der körperlichen (R= -0,407) und seelischen Gesundheit, R= -0,414. Eine radiologisch nachgewieseneArthrose war mit einer signifikant niedrigeren körperlichen und seelischen Gesundheitassoziiert (p=0,001). Patienten mit einen radiologischem Normabefund hatten einen SF-12 Score von 43,9 ± 4,7 für die körperliche und für die seelische Gesundheit von 53,3 ±5,0. Der Score bei Patienten mit einer radiologisch nachweisbaren Arthrose betrug fürdie körperliche Gesundheit 36,9 ± 7,4 und für die seelische Gesundheit 42,8 ± 10,3.Patienten mit einer symptomatischen Arthrose und sonstigen Kniebeschwerden hatteneine signifikant (p< 0,05) schlechtere körperliche und seelische Gesundheit verglichenmit Kniegesunden und Patienten mit einer asymptomatischen Arthrose (Abbildung 3).Der radiologische Arthrosegrad zeigte eine signifikante (p


V36Vorträge – ArbeitsphysiologieDer durchschnittliche BMI betrug 27,7 ± 4,6 kg/m2. Normalgewichtig waren 28,0% derPatienten (BMI< 24,9 kg/m2), 43,0% der Patienten war übergewichtig (BMI 25,0 – 29,9kg/m2) und die restlichen 29,0% waren adipös (BMI>29,9 kg/m2).Die radiologische Arthroserate 27,8% bei den Normalgewichtigen, 25,4% bei denÜbergewichtigen und 40,9% bei den Adipösen (p=0,034). Kniegesunde (Gruppe A) undPatienten mit einer asymptomatischen Arthrose (Gruppe B) hatten einen signifikant(p=0,002) geringeren BMI im Vergleich zu Patienten mit einer symptomatischenArthrose. Patienten mit sonstigen Kniebeschwerden hatten einen tendenziell erhöhtenBMI.Von den Patienten waren 105 (32,7%) aktive Raucher mit einem Zigarettenkonsum vonmehr als 3 Zigaretten pro Tag, bzw. Patienten die sich nach mindestens 10 Jahren dasRauchen abgewöhnt hatten. Einen regelmäßigen Alkoholkonsum (täglich bzw. mehrmalswöchentlich) gaben 19,0% (n=61) der Patienten zu/an.Die Rate radiologisch nachweisbarer Arthrosen war bei Rauchern mit 33,3% tendenziellhöher als bei Nichtrauchern mit 29,2% (p=0,263). Signifikante (p=0,05) Unterschiedezeigten sich jedoch beim Vergleich der Patientengruppen. Der Anteil der Raucher warbei Patienten der Gruppe A (kniegesund) und Gruppe B (asymptomatische Arthrose) mit9,4% bzw. 8,3% signifikant niedriger als bei Patienten mit einer symptomatischenArthrose (44,6%) oder Patienten mit sonstigen Kniebeschwerden (38,2%). KeineAssoziation bestand zwischen Rauchen und dem radiologischen Arthrosegrad. Zwischendem Alkoholkonsum und der Arthroserate bestand kein Zusammenhang.Befragt nach der Komorbidität gaben 13,4% Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems,6,9% einen Diabetes mellitus und 2,6% eine Hyperurikämie an.Von 11 Frauen wurde eine osteodensitometrisch nachgewiesene und medikamentösbehandelte Osteoporose angegeben. Die Osteoporosehäufigkeit bei Frauen in derAltersgruppe 50-59 Jahre betrug 2,5%, in der Altersgruppe 60-60 Jahre 18,8% und beiden Patientinnen die 70 Jahre und älter waren 28,6%.Als signifikante, mit einer radiologisch nachweisbaren Arthrose assoziierte Faktorenwurden ermittelt: weibliches Geschlecht (OR=2,1, CI 1,1-4,0, p=0,024), Alter über 50Jahre (OR=3,5, CI 1,6-7,7, p=0,002), Adipositas (OR=2,2, CI 1,2-4,2 (p=0.014) und Gicht(OR=18,0, CI 2,0-159,8, p=0,010).Als signifikante mit Arthrosebeschwerden assoziierte Faktoren wurden in derRegressionsanalyse Adipositas (OR=17,9, CI 2,8-116,0, p=0,002) und das Rauchen(OR=21,2, CI 2,9-155,3, p=0,003) ermittelt.231


V36Vorträge – ArbeitsphysiologieSchlussfolgerungenMit steigendem Lebensalter nimmt die Rate radiologisch nachweisbarer Arthrosen desKniegelenks zu, wobei von diesen Patienten jedoch nur ca. 75 % symptomatisch werden.Obwohl die radiologischen Arthrosezeichen bei Frauen häufiger nachweisbar sind, kanndas weibliche Geschlecht als signifikantrer Risikofaktor für die Ausbildung einerbehandlungsbedürftigen Arthrose angesehen werden.Körperliche Belastung führt nicht zwangsläufig zur Ausbildung einer radiologischnachweisbaren oder gar behandlungsbedürftigen Arthrose. Lediglich das Rauchen undein pathologisches Übergewicht können als echte Risikofaktoren angesehen werden.Zur endgültigen Bestimmung der Risikofaktoren und für das Krankheitsbild Gonarthrosesind lang angelegte Verlaufsstudien mit einer multifaktoriellen Erfassung notwendig.Häufigkeit radiologisch gesicherter Gonarthrosen6057,153,150Prävalenz403035,035,540,028,6Männer asymptomatischMänner symptomatischFrauen asymptomatischFrauen symptomatisch2020,410013,011,411,16,89,48,26,55,63,03,72,50,0 0,0unter 40 40 bis 49 50 bis 59 60 bis 69 70 und älterAltersgruppeAbb. 1: Häufigkeit radiologisch nachweisbarer asymptomatischer und symptomatischer Arthrosen232


V36Vorträge – ArbeitsphysiologieAbb. 2: Körperliche und seelische Gesundheit von Kniegesunden (Gruppe A), asymptomatischen(Gruppe B) und symptomatischen Arthrosepatienten (Gruppe C) sowie Patienten mit sonstigenKniebeschwerden (Gruppe D)Tab. 1: PatientengruppenGruppen N AlterGeschlecht [Männer/Frauen][Jahre]A Kniegesund 53 48,6 ± 12,0 33/20B Asymptomatische Arthrose 24 56,2 ± 13,9 12/12C Symptomatische Arthrose 74 61,0 ± 10,9 32/42D Sonstige Kniebeschwerden 170 47,7 ± 13,5 95/75Literatur(1) Vahasarja V. Prevalence of chronic knee pain in children and adolescents innorthern Finland. Acta Paediatr 1995; 84(7):803-805.(2) Gunther KP, Sturmer T, Sauerland S, Zeissig I, Sun Y, Kessler S et al.Prevalence of generalised osteoarthritis in patients with advanced hip and kneeosteoarthritis: the Ulm Osteoarthritis Study. Ann Rheum Dis 1998; 57(12):717-723.(3) Tennant A, Fear J, Pickering A, Hillman M, Cutts A, Chamberlain MA. Prevalenceof knee problems in the population aged 55 years and over: identifying the need forknee arthroplasty. BMJ 1995; 310(6990):1291-1293.(4) Buckwalter JA, Saltzman C, Brown T. The impact of osteoarthritis: implications forresearch. Clin Orthop Relat Res 2004;(427 Suppl):S6-15.(5) Tegner Y, Lysholm J. Rating systems in the evaluation of knee ligament injuries.Clin Orthop Relat Res 1985;(198):43-49.233


V36Vorträge – Arbeitsphysiologie(6) Cronk CE, Roche AF. Reference data for obesity. Am J Clin Nutr 1991;54(5):953-956.(7) Kellgren JH, Lawrence JS. Radiological assessment of osteo-arthrosis. AnnRheum Dis 1957; 16:494-502.234


V37Vorträge – ArbeitsphysiologieWelche Belastungen lösen ein Hypothenar-Hammer-Syndromaus?Jutta Scharnbacher 1 , Jörg Reichert 2 , Tobias Röhrl 2* , Dennis Nowak 2 , Ulrich Hoffmann 3 , ChristineEspinola-Klein 4 , Stephan Letzel 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 Institut undPoliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München; 3 Institut für Angiologie,Ludwig-Maximilians-Universität, München; 4 II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz* Die Arbeit enthält Daten, die in die Dissertation von Herrn T. Röhrl eingehen werden.Einleitung:Das Hypothenar-Hammer-Syndrom (HHS) ist eine selten diagnostizierteDurchblutungsstörung der Hände (2). Ätiologisch werden Traumen imHypothenarbereich -wie eine Schlag- oder Druckbelastung- diskutiert, aber auch einegenetische Komponente (1). Durch diese Traumen kann es zu Gefäßläsionen derdistalen Arteria ulnaris im Bereich des Hamulus ossis hamatis kommen, die zu Stenosenoder Aneurysmabildung und ggf. embolischen Verschlüssen der Fingerarterien führenkönnen. Publikationen zum HHS liegen bis auf eine Studie (4) nur in kasuistischer Formvor (6). Da epidemiologische Daten zu diesem seltenen Krankheitsbild weitgehendfehlen, wird das HHS nicht in der aktuellen Liste der Berufskrankheiten geführt. EineAnerkennung kann jedoch bei Einhaltung der sozialrechtlichen Randbedingungen nach§9 Abs. 2 SBG VII erfolgen (3, 7).Um die Datenbasis betreffend Auslösefaktoren des HHS und Exposition der Betroffenenzu verbessern, führen wir zurzeit eine deutschlandweite Fall-Kontroll-Studie mitUnterstützung der BG-Metall Süd durch. Ein positives Ethikvotum liegt vor. DieErhebungen sind, da der Rücklauf größer ist als erwartet, noch nicht komplettabgeschlossen, so dass es sich bei den vorliegenden Ergebnissen um einenZwischenbericht handelt.Ziel der Untersuchung ist es, weitere Kenntnisse zum Krankheitsbild sowieentsprechenden Risikofaktoren zu gewinnen.Methode:Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung haben wir als Studiendesign eine Fall-Kontroll-Studie gewählt. Zwischen April 2006 und Dezember 2006 wurden 221 angiologischePraxen und Kliniken und 13 Berufsgenossenschaften (BG) angeschrieben und umTeilnahme an der Studie, also Anschreiben von betroffenen Patienten, gebeten. Nachschriftlichem Einverständnis der Patienten zur Studienteilnahme und zur Einsicht in dieKranken- bzw. BG-Akte erfolgte die Befragung der rekrutierten HHS-Patienten undKontroll-Personen mittels standardisiertem Fragebogen. Es wurden Vorerkrankungen,krankheitsspezifische Variablen, Beruf, Belastung der Hände in Beruf und Freizeit235


V37Vorträge – Arbeitsphysiologieerfasst. Die medizinischen Daten wurden anhand der Krankenakte (noch nicht komplettabgeschlossen) durch einen Facharzt für Angiologie verifiziert. Die statistischeAuswertung erfolgte mittels SPSS.Ergebnisse:126 angiologische Zentren und 11 BGen sagten ihre Teilnahme zu und schrieben 220HHS-Patienten an. Von diesen nahmen bisher 69 Patienten an der Studie teil. 7 davonwurden wegen konkurrierenden Ursachen für die Durchblutungsstörung der Händeausgeschlossen. 91 Kontrollen gleichen Geschlechts aus der Allgemeinbevölkerungwurden interviewt.Alter der Patienten (Kontrollen): Mittelwert 50,8 (47,6) Jahre (J) (Bereich: 27J (24) - 70J(74), Median (M): 53J (47)).Geschlecht: Die in der Studie verbliebenen Betroffenen waren zu 96,8% Männer (n=60).Eine Meldung an die BG bei Verdacht auf berufliche Verursachung erfolgte bei 58,1%der Fälle (n=36), 9,7% wussten es nicht (n=6). Eine Anerkennung als „Quasi-Berufkrankheit“ bejahten 21% (n=13), 9,7% (n=6) waren nicht darüber informiert. 37,1%der HHS-Patienten erinnerten sich an ein Auslösetrauma (n=23). Mittels Chi2-Testwurden Studien- und Kontroll-Gruppe verglichen (Signifikanzniveau p


V37Vorträge – Arbeitsphysiologien=38 Kontrollen im Mittel 285x/Wo (M=50, Bereich: 1 – 5000x/Wo). Eine beruflicheVibrationsbelastung der Hände lag bei n=55 (88,7%) Fällen versus n=49 (53,8%)Kontrollen vor (Odds ratio 6,9 (95% KI 2,8 – 16,7)). Eine wöchentlicheVibrationsbelastung der Hände gaben n=42 Patienten mit durchschnittlich 14,8 Std/Wo(M=10, Bereich 1 – 50) gegenüber n=29 Kontrollen mit 11,7 Std/Wo (M=5, Bereich 1 –45) an.Diskussion:Nach dem bisherigen Stand der Erhebung (62 HHS-Patienten, 91 Kontrollen) waren inder Studienpopulation handwerkliche Berufe mit 79,0% (n=49) gegenüber derAllgemeinbevölkerung (30,8%, n=28) überrepräsentiert. Die aus publizierten Kasuistikenbekannte Häufung des HHS bei Männern (5), zeigte sich auch in dieser Studie. StudienundKontrollgruppe unterschieden sich nicht bezüglich möglicher Einflussfaktoren auf dieHanddurchblutung -wie kardiovaskuläre Risikofaktoren- mit Ausnahme vonNikotinkonsum. Auch bezüglich der Handbelastungen in der Freizeit durch Schläge,Druck und Vibrationen bestand kein Unterschied.Statistisch signifikante Unterschiede zwischen HHS-Patienten und Kontrollgruppebestanden bezüglich der beruflichen Belastung der Hände. Diese war für Schlag-, Druckundfür Vibrationsbelastungen bei den an einem HHS-Erkrankten signifikant um circaden Faktor 6 erhöht. Aufgrund der Art der Erhebung (Interview) sind die Angaben für dieHandbelastungen nur ungefähre Werte, aus denen keine Mindestdosis zur Verursachungeines HHS abgeleitet werden kann. Dieses ist auch aufgrund der Möglichkeit, dass einHHS durch ein einzelnes Trauma ausgelöst wird, nicht sinnvoll. Zudem variiert dieIntensität der Belastungen sehr in Abhängigkeit von der ausgeübten Tätigkeit und denergonomischen Randbedingungen. Die Einschätzung der Exposition ist subjektiv. DieZahlen können also nur dazu dienen, die Art der Belastung aufzudecken, die ein HHSverursachen kann.Insgesamt haben Berufsgruppen mit stumpfer Gewalteinwirkung auf die Hohlhand durchSchläge, Druck oder auch Vibrationen ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlicherhöhtes Risiko, eine Schädigung der Handarterien im Sinne eines HHS zu erleiden.Eine Aufnahme des HHS in die BK-Liste kann nach dem jetzigen Stand derUntersuchung empfohlen werden. Inwieweit genetische/individuelle Faktoren eine Rollebei der Krankheitsentstehung spielen, ist derzeit unklar.Zusammenfassung:Das Hypothenar-Hammer-Syndrom ist eine seltene Erkrankung, für die Schlag- undDruckbelastungen der Hohlhand als Auslöser diskutiert werden. Das HHS ist nicht in deraktuellen Liste der Berufskrankheiten geführt. Eine Anerkennung ist nach §9 Abs. 2 SGBVII möglich. Um die Datenlage zu Risikofaktoren und Belastungen, die ein HHS auslösen237


V37Vorträge – Arbeitsphysiologiekönnen, zu verbessern, führen wir derzeit eine Fall-Kontroll-Studie durch. Bisher wurden62 HHS-Patienten und 91 Kontrollen mittels standardisiertem Fragebogen zuVorerkrankungen, Beruf, Belastungen der Hände etc. befragt. Es ergaben sich statistischsignifikante Unterschiede bezüglich beruflicher Schlag-, Druck- und Vibrationsbelastungder Hände der Betroffenen im Vergleich zum Kontrollkollektiv. Des Weiteren warenhandwerkliche Berufe in der Studienpopulation überrepräsentiert. Insgesamt ist dasRisiko ein HHS zu entwickeln in Berufen, bei denen eine Belastung der Hohlhand durchDruck, Schläge oder Vibrationen besteht, für die Variable Exposition ja/nein circa um denFaktor 6 erhöht. Eine Aufnahme des HHS in die Liste der Berufskrankheiten nach BKVkann nach dem derzeitigen Stand der Studie empfohlen werden.Literatur:1) Ferris BL, Taylor LM Jr, Oyama K, McLafferty RB, Edwards JM, Moneta GL, PorterJM: Hypothenar hammer syndrome: proposed etiology. J Vasc Surg. (2000) Jan;31(1 Pt 1):104-13.2) Heitmann C, Pelzer M, Trankle M, Sauerbier M, Germann G: The hypothenar hammersyndrome. Unfallchirurg (2002) Sep; 105 (9):833-6.3) Letzel S, Kraus T: Das Hypothenar-Hammer-Syndrom – eine Berufskrankheit?Arbmed Sozmed Umweltmed (1998) 11: 502-509.4) Little, J, Ferguson, D: The incidence of hypothenar hammer syndrome. Arch Surg(1972) 105: 684.5) Scharnbacher J, Letzel S: Hypothenar-Hammer-Syndrom: betroffene Berufsgruppen.46. Jahrestagung 2006 der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin undUmweltmedizin in Hannover vom 22.-25.3.2006. Publiziert in Arbmed SozmedUmweltmed (2006) 41, 3: 141.6) Scharnbacher J, Scherhag, H, Letzel S: Fallbericht eines bilateralen Hypothenar-Hammer-Syndroms. Arbmed Sozmed Umweltmed. (2006) 41, 7: 348-351.7) Tronnier H, Stary A, Rüping KH: Berufsbedingte akrale Ischämiesyndrome. In:Konietzko J, Dupuis H: Handbuch der Arbeitsmedizin IV – 6.8, ecomed Landsberg, 4Ordner mit Ergänzungslieferungen, 1989.238


V37Vorträge – Arbeitsphysiologie500Berechnete Schläge pro Woche4003002001000HHS-PatientKontrolleAbb. 1: Boxplot für die aus den Angaben der Probanden ermittelte Schlagbelastung der Hohlhandpro Woche (HHS-Patienten n=40, Kontrollen n=19 mit täglich oder wöchentlich auftretenderSchlagbelastung, fehlende Werte zum Gesamtkollektiv entsprechen seltenerer Schlagbelastungund fehlenden Angaben).239


V38Vorträge – ArbeitsphysiologieQuantitative sensorische Testung im Vergleich mitkonventioneller neurologischer Diagnostik bei Patienten mitVibrationsbedingtem Vasospastischem Syndrom (VVS)Roman Rolke 1 , Silke Rolke 1 , Thomas Vogt 1 , Frank Birklein 1 , Marianne Dieterich 1 , Rolf-DetlefTreede 2 , Stephan Letzel 3 , Susanne Völter-Mahlknecht 31 Klinik und Poliklinik für Neurologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 Institut für Physiologie undPathophysiologie, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 3 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin,Johannes Gutenberg-Universität, MainzDanksagung: Diese Arbeit wurde unterstützt durch den Forschungsfond Mainz <strong>2007</strong> unddas BMBF (DFNS Förderkennzeichen 01EM0506).Einleitung:Das Vibrationsbedingte Vasospastische Syndrom (VVS) ist eine anerkannteBerufskrankheit (BK-Nr. 2104 BKV). Infolge einer langjährigen Tätigkeit mit hochfrequentvibrierenden Arbeitsgeräten kann es zum Auftreten attackenförmigerDurchblutungsstörungen der Finger kommen, die umgangssprachlich auch als„Weißfingerkrankheit“ bezeichnet werden. Die Durchblutungsstörungen im Sinn einersekundären Raynaud-Symptomatik treten typischerweise nach Kälteexposition auf. Dieattackenförmigen Durchblutungsstörungen können von weiteren neurologischenSymptomen im Bereich der Finger begleitet werden, wie zum Beispiel kribbelndenMissempfindungen, einem Taubheits- oder Pelzigkeitsgefühl. Mit Rückbildung derDurchblutungsstörungen werden oft stechende oder kribbelnde Schmerzen derbetroffenen Finger berichtet. Bereits in der Stockholm-Klassifikation werden nebenvaskulären auch neurologische Symptome klassifiziert (Gemne et al., 1987).Ziel:Die Rationale unserer Untersuchung war die Erfassung eines vollständigensomatosensorischen Profils über der klinisch stärker betroffenen Hand mittelsquantitativer sensorischer Testung (QST), um das Ausmaß der im Rahmen derVibrationsschädigung entstandenen Neuropathie über verschiedene sensibleNervenfasertypen (A-beta-, A-delta-, C-Fasern) hinweg zu charakterisieren.Methodik:Wir untersuchten 32 Patienten mit VVS (53,8 ± 10,7 Jahre; 90,6 % Männer, zumeistForstwirte, sonst u.a. Steinmetze, Zahntechniker) über der klinisch stärker betroffenenHand und verglichen die ermittelten QST-Werte mit nach Alter und Geschlecht passendausgewählten Kontrollprobanden (53,6 ± 10,1 Jahre).240


V38Vorträge – ArbeitsphysiologieAbb. 1. QST-Testbatterie. Das hier verwendete Untersuchungsprotokoll des DeutschenForschungsverbunds Neuropathischer Schmerz (DFNS) erfasst 13 Parameter in 9Untersuchungen (A–G). A Thermische Sensibilitätsprüfung erfasst Detektionsschwellen für Kälteund Wärme (CDT, WDT), die Häufigkeit paradoxer Hitzeempfindungen (PHS) währendalternierender Warm- und Kaltreize (TSL »thermal sensory limen«) und Schmerzschwellen fürKälte und Hitze (CPT, HPT). B Bestimmung der mechanischen Detektionsschwelle (MDT) mittelsv.-Frey-Filamenten. C Bestimmung der mechanischen Schmerzschwelle (MPT) mittels kalibrierterNadelreize. D Reiz-Antwort-Funktionen für mechanische Schmerzstärke auf Nadelreize (MPS)und dynamische mechanische Allodynie (DMA). E Verhältnis der Schmerzstärke auf eine 1-Hz-Reizserie und einen Einzelreiz als Maß für Wind-up (WUR). F Vibrationsschwelle (VDT). GDruckschmerzschwelle (PPT). (Mod. nach Rolke et al. 2006a).Zusätzlich wurde bei allen Patienten eine Neurographie des N. medianus (sensibel undmotorisch) sowie autonome Testung mit Messung der sympathisch vermitteltenSudomotor-Funktion (SSR) durchgeführt, um die Sensitivität von QST bei der Detektioneiner Nervenfunktionsstörung mit konventioneller neurologischer Diagnostik zuvergleichen. Das Vibrationsempfinden der VVS-Patienten wurde außerdem mit einemPallästhesiometer sowie die Fähigkeit zur 2-Punkte-Diskrimination mit dem MainzerTastwürfel getestet.Ergebnisse:Bei 28 von 32 Patienten (87,5%) fanden sich pathologische QST-Werte. Signifikanterhöht waren im Vergleich mit dem Kontrollkollektiv (Rolke et al., 2006b) dieVibrationsschwelle (VDT), mechanische Detektionsschwelle für von Frey-Filamente(MDT), Kälte- und Wärmedetektionsschwellen (CDT, WDT, TSL) sowie dieHitzeschmerzschwelle (HPT). Der gefundene Sensibilitätsverlust betrifft dabei bevorzugtdas Vibrationsempfinden und Kälteempfinden, also Funktionen, die über bemarkteNervenfasern (A-Fasern) vermittelt werden.241


V38Vorträge – ArbeitsphysiologieAbb. 2. Sensory Profiling bei vibrationsbedingt vasospastischem Syndrom. Dieses QST-Profil zeigt die sensorischen Veränderungen von Patienten mit VVS. Dabei werden die Mittelwerteder einzelnen Patienten bezogen auf das Gruppenmittel und die Streuung (SD) von gesundenProbanden in Z-Werte transformiert und auf diese Weise normalisiert [Z=(Mittelwert Patient -Mittelwert Kontrollen )/SD Kontrollen ]. Die so normalisierten Werte sind nun unabhängig von der AltersundGeschlechtsverteilung im Kontrollkollektiv und erlauben einen direkten Vergleich derPatienten bezogen auf dieses Normkollektiv. Als negative Z-Werte wird einEmpfindlichkeitsverlust dargestellt, was einer Erhöhung der jeweiligen Schwellen bei denPatienten gegenüber den Kontrollen entspricht. Der grau unterlegte Bereich entspricht demBereich des 95% Konfidenzintervalls normaler Schwellenwerte der Kontrollen. In der Abbildungsind die jeweils getesteten Nervenfasertypen je QST-Parameter ausgewiesen.In der Pallästhesiometrie zeigten Patienten mit VVS gegenüber gesundenKontrollprobanden eine Beeinträchtigung der Funktion von Vater-Pacini mehr als derMeissner-Körperchen. Die Zwei-Punkte-Diskrimination war bei VVS-Patienten beiMessung mit einem Tastwürfel mit Einkerbungen verschieden großer Abstände um denFaktor 3 vergröbert.Diskussion:Patienten mit einem VVS zeigen häufig auch Sensibilitätsstörungen (Voelter-Mahlknechtet al, eingereicht <strong>2007</strong>). Bei der Detektion eines Funktionsverlusts war die QST sensitiverals konventionelle neurologische Diagnostik. Die QST zeigte häufiger als die sensibleNeurographie gefolgt von der motorischen Neurographie des N. medianus sowie derautonomen Testung (SSR) einen Funktionsverlust von Nervenfasern an. Das QST-Profilwar dabei mit einer mechanisch induzierten Neuropathie bei VVS vereinbar, die A-Faser242


V38Vorträge – Arbeitsphysiologievermittelte Reize bevorzugte. Möglicherweise sind Nervenfasern von derschwingungsbedingten Schädigung umso stärker betroffen, je dicker die Fasern sind. Dievorliegenden Daten bestätigen den Wert der QST als Standarddiagnostik beiberufsbedingten Erkrankungen mit sensibler Nervenfunktionsstörung (Lundström, 2002).Referenzen• Gemne G, Pyykko I, Taylor W, Pelmear PL. The Stockholm Workshop scale for theclassification of cold-induced Raynaud's phenomenon in the hand-arm vibrationsyndrome (revision of the Taylor-Pelmear scale). Scand J Work Environ Health.1987;13:275-278.• Lundström R. Neurological diagnosis--aspects of quantitative sensory testingmethodology in relation to hand-arm vibration syndrome. Int Arch Occup EnvironHealth. 2002;75:68-77.• Rolke R, Magerl W, Campbell KA, Schalber C, Caspari S, Birklein F, Treede R-D.Quantitative sensory testing: a comprehensive protocol for clinical trials. Eur J Pain.2006a;10:77-88.• Rolke R, Baron R, Maier C, Tölle TR, Treede R-D, Beyer A, Binder A, Birbaumer N,Birklein F, Bötefür IC, Braune S, Flor H, Huge V, Klug R, Landwehrmeyer GB, MagerlW, Maihöfner C, Rolko C, Schaub C, Scherens A, Sprenger T, Valet M, Wasserka B.Quantitative sensory testing in the German Research Network on Neuropathic Pain(DFNS): standardized protocol and reference values. Pain. 2006b;123:231-243.• Voelter-Mahlknecht S, Muttray A, Riedel S, Dupuis H, Letzel S. Bedeutung derAnamnese bei der Diagnostik des Vibrationsbedingten Vasospastischen Syndroms(VVS), eingereicht <strong>2007</strong>243


V39Vorträge – ArbeitsphysiologiePC-gesteuerte Arbeitsunterbrechung mit progressiverMuskelrelaxation – Auswirkungen auf das BefindenDetlev Jung 1 , Luis Escobar-Pinzón 1 , Kirsten Isabel Löffler 1 , Karin Schneider-Klein 1 , MatthiasJung 2 , Stephan Letzel 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 IKT, Ministeriumfür Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Rheinland-Pfalz, MainzZiel der Studie:Nach Angaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin verbringen ca. 17Millionen Menschen in Deutschland ihre Arbeitszeit im Büro. Büroarbeit galt jahrelang alsbelastungsarme Tätigkeit. Sie kann aber aufgrund einseitiger Belastung bzw.Bewegungsmangel eine Ursache für gesundheitliche Probleme wie z.B. Kopfschmerzen,Rückenverspannungen sein (Brandt et al., 2004). Angebotene Entspannungsprogrammewerden häufig im Alltag vergessen. Die Effektivität von über den PC angebotenerprogressiver Muskelentspannung nach Jacobson (PME) wurde untersucht.Methode:77 MitarbeiterInnen eines Versicherungsunternehmens mit hauptsächlicherBildschirmarbeit nahmen an der Studie teil, von vier dieser TeilnehmerInnen waren dieDaten nicht verwertbar. Über eine PC-Plattform (PTW ® ) wurde einen Monat lang jedeStunde ein 2-3-minütiges Training zur PME angeboten (Exposition). DieTeilnehmerInnen wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, wobei der ersten direkt die PME perPC angeboten wurde, der zweiten aber erst einen Monat später. Zu Beginn der Studie,bei der zweiten Gruppe noch einmal zu Beginn der eigentlichen Exposition, am Ende derExposition und nach einem sechsmonatigen Intervall wurden Zielparameter zumAllgemeinbefinden (Kopfschmerzen, Augen-, Hals- (HWS-), Lendenwirbelsäulen- (LWS-)Beschwerden) erfragt. Um die Ausprägung der Beschwerden zu erfassen, wurde eine 5-stufige Lickert-Skala verwendet (Beschwerden: 1 = nie; 2 = weniger als einmal proMonat; 3 = weniger als einmal pro Woche; 4 = häufiger als einmal pro Woche; 5 = jedenTag). Zu Anfang wurde auch die Stressbelastung entsprechend dem Modell der Effort(Verausgabung)-Reward (Belohnung)-Imbalance nach Siegrist per Fragebogen erhoben.Für die statistische Analyse wurden der Wilcoxon-Test für verbundene Stichprobensowie der Spearmansche Rangkorrelationskoeffizient berechnet.Ergebnisse:Nach vier Wochen des Angebots von PME über PTW ® waren HWS- Beschwerden undKopfschmerzen rückläufig (p


V39Vorträge – Arbeitsphysiologiewaren (Abb.1). Bei den Augenbeschwerden zeigten sich unter PME keinerichtungsweisenden Veränderungen.HWS-Beschwerden4,003,803,603,403,203,00Beginn4 Wochen ohnePTW4 Wochen mitPTWnach 6 MonatenAbb.1: Rückgang der HWS-Beschwerden. Unterschiede nachweisbar mit einerIrrtumswahrscheinlichkeit p


V39Vorträge – ArbeitsphysiologieSchlussfolgerungen: Das Angebot von PME über den PC bewirkt eine nachhaltigeLinderung Bildschirmarbeitsplatz-typischer Beschwerden. Es muss diskutiert werden, obzumindest ein Teil des Effekts nicht durch die spezifische Maßnahme (PME), sondernschon dadurch erreicht wurde, dass für die TeilnehmerInnen durch die Studie eineallgemeine Zuwendung spürbar wurde und dies eine Minderung der Beschwerden zurFolge hatte. Die Verringerung der Kopfschmerzen und der HWS-Beschwerden in derzweiten Gruppe schon vor Beginn der Intervention deutet darauf zumindest hin.Die Studie gibt außerdem Einblicke zum Zusammenhang von Stress und diesenBeschwerden. Von Bedeutung erscheint, dass nicht die Belastungen (effort), sondern diemangelnde Belohnung (reward) mit den Beschwerden (der HWS) korreliert. Ähnliches istz.B. in der Whitehall-Studie zu sehen (Marmot 1997), in der ebenfalls nicht dieArbeitsanforderungen, sondern die mangelnde Kontrollmöglichkeit mit dengesundheitlichen Folgen korreliert waren.Literatur:• Brandt LPA, Andersen, JH, Lassen, CF. Neck and shoulders symptoms anddisorders among Danish computer workers. Scandinavian Journal of Work,Environment and Health, 30: 399-409; 2004.• Marmot MG, Bosma H, Hemingway H, Brunner E, Stansfeld SA. Contribution of jobcontrol and other risk factors to social variations in coronary heart disease incidence.Lancet 26 350: 1997; 235-9.(Die vorgestellten Daten sind Teil der Dissertationsarbeit von M. Schneider-Klein.Mit finanzieller Unterstützung der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft.Im Gedenken an den verstorbenen Dr. Hans-Joachim Gehrmann, der die PlattformPTW ® entwickelt und zur Verfügung gestellt hat)246


V40Vorträge – ArbeitsphysiologieVertäubung und Erholung des Gehörs nach energie-äquivalentenschmalbandigen und breitbandigen GeräuschbelastungenHelmut Strasser 1 , Min-Chi Chiu 2 , Hartmut Irle 1 , Tanja Grünig 11 Fachgebiet Arbeitswissenschaft/Ergonomie, Universität Siegen, Siegen;2 Department of IndustrialEngineering and Engineering Management, National Tsing Hua University, HsinchuEinleitung und FragestellungSchallbelastungen mit einem Pegel von mehr als 85 dB(A) führen bekanntlich zuzeitweiligen Hörschwellenanhebungen, die Ausdruck der metabolischen Beanspruchungder Haarzellen im Innenohr und damit einer Ermüdung des Gehörs sind. Wenn dieErholungsvorgänge nicht schnell genug verlaufen, besteht bei einer langfristigen, immerwiederkehrenden beruflichen Belastung an Lärmarbeitsplätzen auch die Gefahr, dassaus den zeitweiligen Vertäubungen permanente, irreversibleHörschwellenverschiebungen (Noise Induced Permanent Threshold Shifts) werden. Dasgilt sowohl für Dauerschall als auch für Impulsschall, d.h. für eine Schallbelastung, diedas Gehör über Stunden gleichmäßig verteilt erfährt, aber auch für Expositionen, die ineiner Folge von hohen Pegeln bestehen, die innerhalb von jeweils nur Bruchteilen einerSekunde einwirken. Letztere können aber auch Ursache für akute traumatische Schädensein. Mit dem Halbierungsparameter q = 3 darf bekanntlich eine gesetzlich legalisierteVerrechnung von Schallpegeln (bis zu 140 dB) und Wirkzeiten (bis in den Millisekundenbereich)erfolgen. Dabei gilt z.B. die Äquivalenz von 85 dB(A)/8 h mit 88 dB(A)/4 h,91 dB(A)/2 h oder auch 94 dB(A)/1 h physikalisch als korrekt. Selbst 113 dB(A)/45 s odersogar 140 dB(A) über 100 ms werden wie 85 dB(A)/8 h beurteilt, weil in allen diesenExpositionen stets die gleiche Schalldosis enthalten ist (vgl. Strasser und Irle, 2005).Ebenso wird sogar das Auffüllen von Ruhephasen mit Lärm legalisiert, da es praktischkeine Auswirkungen auf den Beurteilungspegel hat, wenn die zusätzlichen Pegel um10 dB oder mehr unter den bereits vorhandenen Spitzenpegeln bleiben.Arbeitsphysiologisch ist jedoch diese Vorgehensweise, die auf der Energie-Äquivalenzberuht, keinesfalls vertretbar. Sie wurde vielmehr durch eine Vielzahl vonVertäubungsstudien (vgl. u.a. Hesse et al. 1994, Irle et al. 1998, 2001 oder dieMonographie von Strasser, 2005) experimentell widerlegt. In audiometrischen Studienwurden bislang aber noch nicht die Auswirkungen von Geräuschen unterschiedlicherfrequenzmäßiger Zusammensetzung mit ebenfalls gleicher Schalldosis untersucht.Ungeklärt ist bislang u.a., ob schmalbandige Schallbelastungen bei gleichemBeurteilungspegel (von z.B. 94 dB(A)/1 h) auch mit gleichen Wirkungen auf das Gehörverbunden sind wie ebenso laute und gleich lang anhaltende breitbandige Geräusche.Die Konzentration der Schallenergie auf einen engen Frequenzbereich, z.B. auf eineOktav oder letztlich auf einen Pfeifton, ist zumindest hypothetisch ähnlich zu sehen, wiedie eingangs beschriebene zeitliche Komprimierung einer Schallbelastung auf energie-247


V40Vorträge – Arbeitsphysiologieäquivalent höhere Pegel bei entsprechender Verkürzung der Expositionszeit. Der Halbierungsparameterq = 3 gilt ohnehin nicht nur für die (lediglich physikalisch korrekte)Verrechnung von Pegeln mit Wirkzeiten, sondern auch in frequenzmäßiger Hinsicht.Zwei Oktavpegel von jeweils 91 dB (oder 4 Pegel mit jeweils 88 dB) sind z.B. äquivalentzu einem Pegel von 94 dB eines Geräusches, das lediglich Energie in einer Oktavaufweist. Ebenso fallen Pegel in Oktaven, die um mehr als 10 dB unter denSpitzenpegeln liegen, energetisch nicht mehr ins Gewicht. Im Umkehrschluss kanndemnach auch bis zu einem gewissen Grad ein Auffüllen von Frequenzbändern erfolgen,ohne dass sich der dB(A)-Wert der Exposition überhaupt ändert. Ob das jedoch ohneAuswirkungen auf die Vertäubung sein wird, bleibt dahingestellt. Ferner ist zumindesthypothetisch mit unterschiedlichen Wirkungen auf das Gehör zu rechnen, wenn dieEnergie der Exposition in verschiedenen Spektralbereichen „steckt“. Nach derTeppichläufertheorie (vgl. Strasser, 1993) sind bei einer Fokussierung der Schallenergieauf höherfrequente Bereiche stärkere Wirkungen auf die dafür zuständigen Haarzellenim Innenohr, und damit höhere Vertäubungen zu erwarten als bei einer Verteilung derSchallenergie auf einen breiten Frequenzbereich. Deshalb wurden mehrere energieäquivalenteTestgeräusche (Oktavbandrauschen aus „Rosa Rauschen“) imFrequenzbereich zwischen 250 Hz und 2 kHz hergestellt, die im Zentrum des hörbarenFrequenzspektrums (von 16 Hz bis 16 kHz) lagen.MethodikTestdesign und VersuchsaufbauIn Versuchsreihe 1 (VR 1) repräsentierte Schmalbandrauschen mit der Oktavmittenfrequenzvon 250 Hz mit einem Pegel von 94 dB(A) über 1 Stunde eine relativ tieffrequenteakustische Belastung. In Versuchsreihe 2 (VR 2) wurde mit Oktavbandrauschenum 2 kHz bei ebenfalls 94 dB(A) über 1 Stunde eine Exposition gewählt, die das Gehörim größten Empfindlichkeitsbereich, d.h. innerhalb von 1 kHz bis 4 kHz, belastete. Füreine dritte Versuchsreihe (VR 3) wurde schließlich durch „Auffüllen“ der beiden zwischen250 Hz und 2 kHz liegenden Oktaven eine breitbandige Geräuschbelastung geschaffen.Die jeweils 94 dB(A)/1 h entsprechen energetisch 85 dB(A)/8 h und waren damit inLaboruntersuchungen ethisch durchaus vertretbar, zumal bei einem derartigenBeurteilungspegel LArd im Produktionsbereich von Arbeitnehmern noch keinGehörschutz getragen werden muss. Während der Expositionen wurde hypothetisch derAufbau, und nach den akustischen Belastungen der Abbau von Temporary ThresholdShifts, d.h. von TTS-Werten bzw. zeitweiligen Hörschwellenverschiebungen erwartet.Dabei war davon auszugehen, dass sowohl die maximalen Vertäubungen, d.h. die TTS2-Werte, als auch die Restitution, insbesondere die Zeit t(0 dB), die das Gehör bis zur248


V40Vorträge – Arbeitsphysiologievollständigen Erholung benötigt, eine Funktion der vorausgegangenen Belastung seinwürden.Den jeweils 94 dB(A) lagen folgende unbewertete Oktavpegel zugrunde: DasSchmalbandrauschen um 250 Hz in VR 1 rührte von „Rosa Rauschen“ eines Pegels von102,6 dB her. Für das Schmalbandrauschen um 2000 Hz mussten unbewertete 92,8 dBvorgesehen werden. Das Breitbandrauschen bestand aus 4 Oktavpegeln mit jeweilsetwas mehr als 89 dB. Weil das A-Filter bei 250 Hz eine Dämpfung von -8,6 dB aufweist,werden die ursprünglichen 102,6 dB in VR 1 auf die avisierten 94,0 dB(A) reduziert. Dadas A-Filter jedoch bei 2000 Hz eine Verstärkung um 1,2 dB bewirkt, ergibt der Zuschlagvon + 1,2 dB zu den unbewerteten 92,8 dB in VR 2 ebenfalls 94 dB(A). UnterBerücksichtigung des Dämpfungsverlaufs bei 500 und 1000 Hz waren schließlich 4Oktavpegel zwischen ca. 80 und 90 dB(A) in VR 3 vorzusehen, aus den beienergetischer Addition wiederum 94 dB(A) resultierten.Alle drei Schallbelastungen wurden als vorgefertigte Schallkonserven von einem CD-Player über einen nachgeschalteten Verstärker auf zwei Lautsprecher in einerSchallschutzkabine übertragen. Gleichzeitig erfolgte eine Kontrolle über einenSchallpegelmesser. Die Versuchsperson hielt sich in einer Schallschutzkabine in einerstandardisierten Sitzposition auf, wobei Ruhehörschwelle und Restitutionsverlaufaudiometrisch bestimmt wurden.Versuchspersonen und audiometrische VerfahrenDie Versuchspersonen (10 otologisch unauffällige, männliche Probanden im Alter von28,5 ± 3,4 Jahren) wurden in randomisierter Reihenfolge an verschiedenen Tagen allenTestbelastungen ausgesetzt. Bei diesem Change-Over-Versuchsdesign fungierten siegleichsam als ihre eigene Kontrolle. Vor jedem Versuch wurde die individuelleRuhehörschwelle bestimmt. Diese diente als Basis für die weiteren Messungen undAuswertungen. Nach den akustischen Belastungen galt es, zuerst innerhalb der erstenzwei Minuten durch mehrere Messungen die individuelle Hörschwellenanhebung und dieFrequenz der maximalen Vertäubung TTS2 eines Probanden zu bestimmen. Nach denErfahrungen aus früheren Versuchen war eine maximale TTS2 bei 4 kHz oder zumindestin der Nähe dieser Messfrequenz zu erwarten. Wie von Strasser und Irle (2005) gezeigt,kann normalerweise bereits mit einer (Haupt-)Messfrequenz das typische Geschehender metabolischen Vorgänge nach Schallbelastungen erfasst werden. Besonders nachImpulsschall kommen bei den Nebenfrequenzen kaum noch Vertäubungen vor. Beidieser Frequenz wurde nicht nur die maximale Hörschwellenverschiebung TTS2,sondern auch die Rückwanderung der Hörschwellenverschiebung zu genau festgelegtenZeitpunkten bis zum Wiedererreichen der Ruhehörschwelle gemessen.249


V40Vorträge – ArbeitsphysiologieUm eine Aussage über die Gesamtheit der Vertäubungen machen zu können, wurdeneben regressionsanalytischen Berechnungen auch die Fläche unter denRestitutionskurven bestimmt. Dazu mussten für jeden Probanden sämtliche TTS-Werteals Fuktion der Zeit, beginnend mit TTS2, 2 min nach der Belastung, bis zum Zeitpunktt(0 dB) berücksichtigt werden. Dieses Integral über die Regressionsfunktion TTS(t), d.h.die Integrated Restitution Temporary Threshold Shift (IRTTS) stellt einen Zahlenwert indB x min für die Gesamtheit der Vertäubungen dar und repräsentiert – wie bei Irle et al.(2001) detailliert dargestellt – gleichsam die „Physiologischen Kosten“, die das Gehör fürdie vorausgegangene Schallbelastung zu „bezahlen“ hat.ErgebnisseAbb. 1 oben zeigt die audiometrischen Messergebnisse und regressionsanalytischbestimmten Daten nach der Belastung mit dem tieffrequenten Schmalbandrauschen um250 Hz. Die in einem TTS-Zeit-Koordinatensystem aufgetragenenHörschwellenanhebungen der 10 Probanden liegen dicht beieinander und gehen,ausgehend von etwa 12 dB im Mittel, nach kurzer Zeit wieder vollständig zurück. DerIRTTS-Wert, gemittelt über alle Probanden, beläuft sich auf lediglich 154 dBmin. Mitregressionsanalytisch bestimmten 11,9 dB und 50 min konnten für TTS2 reg und t(0dB)reg. im Mittel auch wenig auffällige Werte für die maximale Vertäubung und die Zeitermittelt werden, die nötig war, bis das Ausgangsniveau der Ruhehörschwelle wiedererreicht war.Aus Abb. 1 Mitte geht hervor, dass energie-äquivalentes schmalbandiges,höherfrequentes Rauschen um 2 kHz zu einem erheblichen Mehr an physiologischenReaktionen führte. Die maximalen Vertäubungen liegen im Mittel bei 24 dB (TTS2 reg =24,2 dB), und es dauert ca. 2½ Stunden (t(0 dB)reg = 147 min), bis die Vertäubungenwieder vollkommen abgebaut sind. Der IRTTS-Wert beläuft sich mit 768 dBmin auf einVielfaches dessen, was nach der tieffrequenten schmalbandigen Belastung gemessenwurde.Abb. 1 unten verdeutlicht schließlich mit regressionsanalytisch bestimmten 16,5 dBdeutlich weniger hohe maximale Vertäubungen durch das Breitbandrauschen. Dagegenkam es aber bei einer etwas geringeren Vertäubungssumme (IRTTS = 596 dBmin) zueiner Verlängerung des Erholungsverlaufs (t(0 dB)reg = 172 min).Abb. 2 gibt schließlich auf einen Blick das unterschiedliche „Ansprechen“ des Gehörs aufdie drei Testschallbelastungen wieder. Außer den „geglätteten“ Restitutionsverläufensind auch die jeweils regressionsanalytisch berechneten TTS2-Werte und die Zeit für diet(0 dB)-Werte in min verzeichnet. Ferner enthält die Tabelle im oberen Teil der Abbildungdie IRTTS-Werte der drei Testschallbelastungen, mit gleichem, auf den 8-Stunden-Tagbezogenen Beurteilungspegel LArd. Wie aus den hier zusätzlich eingefügten Symbolen250


V40Vorträge – Arbeitsphysiologiefür das Signifikanzniveau hervorgeht, führte das schmalbandige Oktavbandrauschen um2 kHz (VR 2) mit 24,2 dB sowohl im Vergleich zum niederfrequentenSchmalbandrauschen (mit 11,9 dB) als auch im Vergleich zum Breitbandrauschen vonVR 3 mit 16,5 dB zu den signifikant höchsten Vertäubungen. Die Restitutionszeit nachder akustischen Belastung mit 2 kHz-Rauschen ist zwar mit 147 min signifikant länger alsdie 50 min nach dem Versuch mit dem tieffrequenten Rauschen (VR 1), nicht jedochsignifikant kürzer als die 172 min nach dem Breitbandrauschen. Nicht zuletzt deshalbunterscheiden sich die IRTTS-Werte von 768 dBmin und 596 dBmin für diese beidenVersuche (VR 2 und VR 3) nicht mehr signifikant voneinander. Sehr wohl verursachtendiese beiden Testschallbelastungen jedoch im Vergleich zu den 154 dBmin nach demtieffrequenten Rauschen (VR 1) jeweils ein signifikantes Mehr in der Gesamtheit der„Physiologischen Kosten“.Geht man vom Breitbandrauschen als dem eher anzutreffenden Normalfall aus, dannerscheint es sinnvoll, bei einem abschließenden Vergleich der Ergebnisse aus den dreiTestserien die Gesamtheit der Vertäubungen aus dieser Versuchsreihe (VR 3) alsReferenzbasis zu betrachten. Bezieht man den IRTTS-Wert des tieffrequenten 250-Hz-Rauschens (VR 1/154 dBmin) auf den IRTTS-Wert des Breitbandrauschens(VR 3/596 dBmin), dann ergibt sich als Quotient ein Zahlenwert von 0,26. Aus demhohen IRTTS-Wert der Versuchsreihe mit dem höherfrequenten 2-kHz-Rauschen(VR 2/768 dBmin) resultiert mit 1,29 jedoch ein Wert, der für ca. 30% mehr anVertäubungen bei Belastungen spricht, bei denen eine Energiekonzentration auf einhöherfrequentes Schmalbandrauschen vorliegt.DiskussionIn der Praxis kommen nicht selten deutlich höhere Pegel vor als hier in den Testschallbelastungenmit lediglich 94 dB(A). Deshalb ist nicht auszuschließen, dass langfristigaus zeitweiligen Hörschwellenverschiebungen (aus TTS-Werten) – besonders beiExpositionen mit höheren Frequenzen – Permanent Threshold Shifts (PTS-Werte) werdenkönnen. Dem hier gewählten tieffrequenten Geräusch kann jedoch mit lediglich 26%Vertäubungssumme im Vergleich zum höherfrequenten Schmalbandrauschen mit sogar129% eine erheblich geringere Gefährlichkeit für das Gehör attestiert werden, zumal dieohnehin nicht starken Vertäubungen relativ schnell wieder abgebaut werden. Wie diefolgenden Ausführungen zeigen, wird jedoch mit den TTS-Messungen bei der Frequenzder maximalen Vertäubung allein, selbst bei Kontrolle des folgenden Restitutionsverlaufs,nicht immer das ganze Geschehen von Vertäubung und Erholung des Gehörs erfasst.Es wurde nämlich (unmittelbar nach Schmalbandrauschen um 250 Hz in VR 1) beikeinem Probanden die ursprünglich erwartete maximale Hörschwellenverschiebung bei4000 Hz oder zumindest bei den unmittelbaren Nachbarfrequenzen gemessen. D.h. es251


V40Vorträge – Arbeitsphysiologiekam nicht zu besonders ausgeprägten Vertäubungen in einem Frequenzbereich, in demin der Regel – unabhängig von der Frequenz- und Zeitstruktur der auslösendenSchallbelastung – das Gehör besonders empfindlich reagiert. Vielmehr reagierten alle 10Probanden in deutlich niedrigeren Frequenzen auf das Schmalbandrauschen um 250 Hz.Aber auch nur bei zwei Testpersonen deckten sich frequenzmäßig Anregung undReaktion (bei 250 Hz). Die übrigen Probanden wiesen Hörschwellenanhebungen mehroder weniger weit oberhalb des Spektrums der Schallbelastung um 250 Hz auf,keinesfalls aber bei 3 oder 4 kHz. Das Schmalbandrauschen um 2 kHz (in VR 2)hingegen verursachte bei allen Testpersonen – wie erwartet – maximaleHörschwellenanhebungen in den Messfrequenzen 3000 oder 4000 Hz. Beim 4-Oktavband-Rauschen (in VR 3) war das ähnlich, jedoch fiel 1 Proband mit einermaximalen Vertäubung bei 1500 Hz „aus der Reihe“.Nachdem in ersten orientierenden Vorversuchen das bislang unbekannte atypische„Ansprechen“ des Gehörs auf tieffrequentes Schmalbandrauschen aufgefallen war,wurden in den ersten Minuten nach den drei Testbelastungen, soweit das in der Kürzeder Zeit (2 min) möglich war, die Reaktionen des Gehörs bei sämtlichen Messfrequenzenzwischen 250 Hz und 8000 Hz erfasst.Wie Abb. 3 oben verdeutlicht, ergaben sich beim Schmalbandrauschen um 250 Hz imMittel über alle 10 Probanden bei fast allen Messfrequenzen gewisse, jedoch nichtsonderlich starke Hörschwellenanhebungen. Sie dürften Ausdruck einer breitenAnregung der Basilarmembran im Innenohr sein, die fast von der Schneckenspitze (250Hz) bis in die Nähe des ovalen Fensters (8000 Hz) reicht. Das Hauptgeschehen in derphysiologischen Reaktion spielt sich jedoch offensichtlich eher im tieffrequenten Bereichab. Das Schmalbandrauschen um 2 kHz beansprucht dagegen vor allem diejenigenHaarzellen, die für den Frequenzbereich der höchsten Empfindlichkeit des Gehörszuständig sind, und löst dabei frequenzmäßig begrenzte, aber beträchtlicheVertäubungen aus. Die Hörschwellenanhebungen auf das 4-Oktav-Breitbandrauschenfallen dagegen etwas schwächer aus, sind jedoch in frequenzmäßiger Hinsicht ähnlichdenen des Schmalbandrauschens um 2 kHz. Alles in allem stellen die Ergebnisse damitwohl einen experimentellen Beleg für die Frequenz-Orts-Dispersion im Innenohr mit einertypischen Flankenerregung der Basilarmembran dar. Sie visualisieren, genaugenommen, die physiologischen Prozesse, die den sog. „Mithörschwellen“ zugrundeliegen.Bekanntlich führt Schmalbandrauschen nicht nur zu Anhebungen der Hörschwelle imFrequenzbereich des Anregungsspektrums selbst (z.B. um 1 kHz), sondern auch zuAnhebungen der Hörschwelle in höheren, nicht aber in tieferen Frequenzbereichen. Vorallem gilt das natürlich bei akustischen Beaufschlagungen mit höheren Pegeln. Das252


V40Vorträge – Arbeitsphysiologiekonnte von Zwicker und Feldtkeller bereits vor langer Zeit (1967) nicht nur fürSchmalbandrauschen, sondern auch für verschieden laut gespielte tiefe und hoheViolinklänge gezeigt werden.Liegen die Anregungsfrequenzen (wie in Versuchsreihe VR 1) in der tieffrequenten Oktavum 250 Hz, ist es unter Berücksichtigung der Spezifika der Orts-Frequenz-Dispersionvon Schallwellen im Innenohr geradezu selbstverständlich, dass Hörschwellenanhebungenauch in allen darüber liegenden Frequenzen vorkommen müssen,wenn die Pegel hoch genug sind. Weil jedoch die von tieffrequentem Schall ausgelöstenDruckwellen in der Perilymphe bzw. die Transversalwellen der Basilarmembran aufihrem Weg zur Schneckenspitze durch die „Flankenerregung“ bereits Energie verlieren,muss die spezifische Reaktion der für sie zuständigen Haarzellen geringer ausfallen. Daslässt bei energie-äquivalenten tieffrequenten Schall-Belastungen die geringerenVertäubungsmaxima, aber auch das breite Plateau von mitangeregten Nebenfrequenzen(vgl. Strasser und Irle, 2005) plausibel erscheinen.SchlussfolgerungenUm die Gefährlichkeit von Schallbelastungen abzuschätzen, sind den Ergebnissenzufolge Einwert-Messungen mit dem A-Filter nicht sonderlich aufschlussreich. Deshalbsollte u.a. auch auf die Frequenzverteilung bzw. die Fokussierung der Schallenergie imhörbaren Frequenzbereich geachtet werden. Selbst bei gleicher energetischerSchallbelastung sind höchst unterschiedliche „Physiologische Kosten“ zu erwarten. Beitieffrequenten Geräuschen empfiehlt sich allerdings, die Messung der Vertäubung beimehreren Testfrequenzen vorzunehmen, da physiologischen Eigengesetzlichkeiten desGehörs zufolge eine weniger frequenzspezifische Anregung der Haarzellen auf derBasilarmembran erfolgt, die mit einer einzigen Testfrequenz nur unzureichend erfasstwürde.Literatur1 Hesse JM, Irle H, Strasser H: Laborexperimentelle Untersuchungen zurGehörschädlichkeit von Impulsschall. Z.Arb.wiss. 1994; 48 (20 NF) 4:237-2442 Irle H, Hesse JM, Strasser H: Physiological Cost of Energy-Equivalent NoiseExposures with a Rating Level of 85 dB(A) – Hearing Threshold Shifts Associated withEnergetically Negligible Continuous and Impulse Noise. International Journal ofIndustrial Ergonomics 1998; 21:451-4633 Irle H, Hesse JM, Strasser H: Physiological Costs of Noise Exposures: TemporaryThreshold Shifts. In: Karwowski W (Ed.): International Encyclopedia of Ergonomics andHuman Factors, Second Edition, 2006; Taylor & Francis, London and New York: 1846-18534 Strasser H, Irle H: Messen, Bewerten und Beurteilen von Schallbelastungen und ihrenWirkungen. In: Luczak H, Schmidt L (Hrsg.): E-Learning-Kooperation in derArbeitswissenschaft 2005: 71-88. Ergonomia Verlag, Stuttgart253


V40Vorträge – Arbeitsphysiologie5 Strasser H (Ed.): Traditional Rating of Noise Versus Physiological Costs of SoundExposures to the Hearing 2005, IOS-Press, Amsterdam, Berlin, Oxford, Tokyo,Washington DC6 Strasser H: Ergonomie – Umgebungseinflüsse. Kap. 2.5.1. Lärm. In: Hettinger Th,Wobbe G (Hrsg.): Kompendium der Arbeitswissenschaft. Kiel-Verlag 1993,Ludwigshafen/Rhein: 243-2747. Strasser, H, Irle H: Hörschwellenverschiebungen und Restitutionsverlauf nach ImpulsundDauerschallbelastungen bei der Frequenz der maximalen Vertäubung und derunteren und oberen Nachbarfrequenz. In: Fastl H, Fruhmann M (Hrsg.): Fortschritte derAkustik. CD der wiss. Beiträge zur 31. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft fürAkustik (DAGA ’05), München, ISBN 3 9808 659-1-6, 2005: 601-6028 Zwicker E, Feldtkeller R: Das Ohr als Nachrichtenempfänger 1967, S. Hirzel Verlag,Stuttgart254


V40Vorträge – ArbeitsphysiologieTTS [dB]282420VR 1 - 250 HzRegressionsfunktion:TTS(t) = 14,5 - 8,52 • log tTTS 2 reg.= 11,9 dBReale Messwerte: TTS 2 real= 6 - 15 dBGemittelte Messwerte: TTS 2= 10,7 dBProbanden 1 - 10r 2 = 0,98 (0,72)IRTTS = 154 dBmint(0 dB) reg.= 50 mint(0 dB) real= 16 - 55 mint(0 dB) = 36 min1612840VR 1250 HzL m250 HzL m= 94 dB(A)fL Ard= 85 dB(A)2 30 60 90 120 150 180 210 240t [min]TTS [dB]2824201612VR 2 - 2 kHzRegressionsfunktion:TTS(t) = 28,2 - 13,00 • log tTTS 2 reg.= 24,2 dBReale Messwerte: TTS 2 real= 15 - 30 dBGemittelte Messwerte: TTS 2= 21,8 dBVR 22 kHzProbanden 1 - 10r 2 =IRTTS =t(0 dB) reg.=t(0 dB) real=t(0 dB) =L m0,98 (0,79)768 dBmin147 min40 - 150 min103 min840L m= 94 dB(A)2 kHz fL Ard= 85 dB(A)2 30 60 90 120 150 180 210 240t [min]TTS [dB]VR 3 - 4-Oktav Probanden 1 - 10282420Regressionsfunktion:TTS(t) = 19,0 - 8,52 • log tTTS 2 reg.= 16,5 dBReale Messwerte: TTS 2 real= 8 - 24 dBGemittelte Messwerte: TTS 2= 16,0 dBr 2 = 0,98 (0,64)IRTTS = 596 dBmint(0 dB) reg.= 172 mint(0 dB) real= 40 - 240 mint(0 dB) = 104 min161284L mVR 34-Oktav250 Hz 2 kHz fL m= 94 dB(A) L Ard= 85 dB(A)02 30 60 90 120 150 180 210 240t [min]Pb 1Pb 2Pb 3Pb 4Pb 5Pb 6Pb 7Pb 8Pb 9Pb 10MittelwerteRegressionsgraphAbb. 1:Individueller und mittlerer Restitutionsverlauf TTS(t) über alle 10 Probandennach den jeweils 1 h dauernden schmalbandigen Schallexpositionen„250-Hz-Rauschen“ (VR 1) und 2-kHz-Rauschen“ (VR 2),sowie nach der energie-äquivalenten breitbandigen Schallexposition„4-Oktav-Rauschen“ (VR 3)255


V40Vorträge – ArbeitsphysiologieTTS 2ExpositionL Ard[dB(A)]IRTTS[dBmin]Signifikanzniveau24TTS [dB]2024,216,5VR 1250-Hz-RauschenVR 22-kHz-RauschenVR 34-Oktav-Rauschen858585154768596161284011,9VR 1VR 250VR 32 30 60 90 120 150 180t [min]Signifikanzniveau – α ≤ 0,001 – α ≤ 0,01 – α ≤ 0,05 – α > 0,05147172t(0 dB)Abb. 2:Restitutionsverläufe TTS(t) nach den energie-äquivalenten,jeweils 1 h dauernden schmal- und breitbandigen Schallexpositionenmit den Kennwerten TTS2 reg., t(0 dB)reg. und den physiologischen Kosten IRTTSsowie symbolischer Kennzeichnung des Signifikanzniveaus(WILCOXON-Test bei zweiseitiger Fragestellung)TTS [dB]bis 2 minnach Exposition1510VR 1250 HzL m250 HzL m = 94 dB(A)L Ard = 85 dB(A)f50TTS [dB]bis 2 minnach Exposition15105VR 22 kHzL mL m = 94 dB(A)2 kHzL Ard = 85 dB(A)f0TTS [dB]bis 2 minnach Exposition1510L mVR 34-OktavL m = 94 dB(A)250 Hz 2 kHzL Ard = 85 dB(A)f50250 500 750 1000 1500 20003000 4000 6000 8000Frequenz f [Hz]Abb. 3:Innerhalb der ersten 2 Minuten nach Expositionsende bei allen Frequenzengemessene TTS-Werte (Mittelwerte über 10 Probanden)256


V41Vorträge – UmweltmedizinAcrylamid - eine reale Gesundheitsgefahr für die Allgemeinbevölkerung?Birgitta Kütting, Jürgen Angerer, Hans DrexlerInstitut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenHintergrund:Seit 1954 wird Acrylamid kommerziell in vielen unterschiedlichen Berufsbranchenweltweit eingesetzt und bis vor wenigen Jahren galt die Substanz Acrylamidausschließlich als exotische arbeitsmedizinische Noxe. Eine umweltmedizinischeBelastung mit dieser Substanz wurde nahezu ausgeschlossen.An der Sichtweise, das Acrylamid nur eine exotische arbeitsmedizinische Noxe sei,kamen 1997 durch eine arbeitsmedizinische Fall-Kontroll-Studie erste Zweifel auf, dennin der Kontrollgruppe waren die höchsten Belastungen zu verzeichnen. Die Raucherhatten die höchsten Belastungen, aber überraschenderweise wiesen auchnichtrauchende Personen der Allgemeinbevölkerung eine deutlicheHintergrundbelastung auf (Bergmark 1997).Ziele:Umweltmedizinisch relevante Ursachen für eine Acrylamidbelastung in derAllgemeinbevölkerung sollen sowohl identifiziert als auch quantifiziert werden, umaufgrund dieser Daten eine Abschätzung des potentiellen Gesundheitsrisikos für dieAllgemeinbevölkerung vornehmen zu können.Methoden:1008 freiwillige Probanden der Allgemeinbevölkerung in Bayern wurden gebeten einenstandardisierten, semiquantitativen Fragebogen zu Ernährungsgewohnheiten und zumRauchverhalten auszufüllen. Zur Expositionserfassung einer Acrylamidbelastung wurdeallen Probanden venöses Blut entnommen, um die Hb-Addukte von Acrylamid zubestimmen.Ein positives Votum der Ethik-Kommission der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wurde am 31.03.2003 erteilt.Da freies Acrylamid nur eine kurze biologische Halbwertszeit von ungefähr 4,7 Stundenhat und messbare Plasmaspiegel selbst bei beruflich stark exponierten Personen seltengefunden wurden (Calleman CJ 1996), hat sich als Expositionsmarker die Bestimmungder Hb-Addukte von Acrylamid etabliert. Von praktischer Bedeutung für dieExpositionserfassung ist die Reaktion des Acrylamids mit dem N-terminalen Valin desHämoglobins der Erythrozyten, die zum Acrylamid-Addukt N-2-Carbamoylethylvalin führt.Die Hb-Addukt-Spiegel geben somit, entsprechend der Lebensdauer der Erythrozytenvon 120 Tagen, die Exposition für einen Zeitraum von 4 Monaten wieder. Die Validität257


V41Vorträge – Umweltmedizinder Acrylamid-Addukt-Spiegel als reliabler Expositionsmarker kann durch dreiunabhängige Untersuchungen gut belegt werden:1. Studien an beruflich exponierten Personen konnten zeigen, dass das Ausmaßder neurotoxischen Schädigung sehr gut mit den Acrylamid–Addukt-Spiegelnkorreliert (Callemann et al. 1994, Hagmar et al. 2001).2. Zwischen fetalem Hb-Addukt-Spiegel (postpartal aus dem Nabelschnurblutentnommen) und dem mütterlichen Acrylamid-Addukt-Spiegel (entnommen kurzvor der Entbindung) besteht eine hohe Korrelation (Schettgen et al. 2004 a).3. Im Rahmen dieser Untersuchung konnten wir bei 130 Probanden, dieausschließlich Zigaretten rauchten, zeigen, dass ein dosisabhängiger linearerAnstieg der Hb-Addukt-Spiegel in Abhängigkeit von der Anzahl der täglichkonsumierten Zigaretten vorlag.Ergebnisse:Die höchste im Untersuchungskollektiv (n=1008) gemessene Acrylamid-Addukt-Konzentration konnte mit 331,03 pmol/g Globin bei einem männlichen Rauchergemessen werden. Raucher wiesen Acrylamid-Addukt-Konzentrationen zwischen 8,2pmol/g Globin und 331,03 pmol/g Globin auf (Medianwert: 66,98 pmol/g Globin;Mittelwert: 82,57 pmol/g Globin), wohingegen bei den Nichtrauchern (n=857) Acrylamid-Addukt-Konzentrationen von unterhalb der Nachweisgrenze von 6 pmol/g Globin bis zueinem Spiegel von 103,44 pmol/g Globin reichten (Mittelwert: 28,23 pmol/g Globin;Medianwert: 26,54 pmol/g Globin).Insbesondere bei Nichtrauchern ist die Ernährung eine wesentlicheAcrylamidbelastungsquelle, wenngleich sich auch nur eine schwache Korrelationzwischen alimentärer Acrylamidaufnahme und Hb-Adduktspiegeln fand. Kinder gaben imVergleich zu Erwachsenen eine 1,4fach höhere alimentäre Acrylamidaufnahe an undwiesen auch dementsprechend im Vergleich zu den Erwachsenen Nichtrauchern eine1,3fach höhere Acrylamid-Addukt-Konzentration auf.Tabelle 1: Acrylamidadduktspiel in pmol/ g Globin basierend auf einer Untersuchung von 1008freiwilligen Personen der Allgemeinbevölkerung:Mittelwert Median Minimum Maximum 5. Perzentile 95.Gesamtkollektivn=1008Rauchern=148Nichtrauchern=857Perzentile36,2 27,9 3,0 331,0 14,7 99,582,6 67,0 8,2 331,0 22,2 197,528,2 26,5 3,0 103,4 14,3 49,3258


V41Vorträge – UmweltmedizinSchlussfolgerung:Neurotoxische Wirkungen (NOAEL: 2000 pmol/g Globin bzw. basierend aufvorsichtigeren Einschätzungen bei 510 pmol/g Globin; Callemann et al. 1994, Madle etal. 2003) sind aufgrund der in der Allgemeinbevölkerung gemessen Hb-Addukt-Konzentrationen nicht zu erwarten.Für die reproduktionstoxischen Effekte der Substanz Acrylamid sind im Tierversuch umein vielfaches höhere Dosen (Tyl und Friedman 2003) als für neurotoxische Effekteerforderlich, so dass auch diese Wirkung für die Allgemeinbevölkerung auszuschließenist.Der orale Aufnahmeweg bei umweltmedizinischer Exposition macht die irritative undkontaktallergische Wirkungen (Beyer und Belsito 2000, Aalto-Korte et al. 2002) an derHaut ebenfalls unwahrscheinlich.Aber in Bezug auf die mutagene und kanzerogene Wirkung der Substanz Acrylamidkann sowohl aufgrund des Metabolismus der Substanz Acrylamid mit der Gefahr derDNA-Adduktbildung (Böttcher et al. 2005, Böttcher et al. 2006, Fennell et. al. 2005, Fluhret al. 2006, Schettgen et al. 2004 b) als auch aufgrund der vorliegendenepidemiologischen Studien keine Entwarnung für die Allgemeinbevölkerung gegebenwerden. Tabelle 2 fasst die Wirkungen von Acrylamid im Tierversuch und bei beruflichexponierten Personen beobachteten Wirkungen, sowie die in der Allgemeinbevölkerungzu erwartenden Wirkungen zusammen.Tabelle 2: Wirkungen von Acrylamid im Tierversuch, bei beruflich Exponierten und darausabgeleitet die in der Allgemeinbevölkerung erwarteten Wirkungen.Wirkungen Tierversuch Beruflich Expon. Allgemeinbevölkerungmutagen + Chromatidlücken ↑ ?kanzerogen + 2,26 fach ↑Pankreas-Careproduktionstoxisch + - -neurotoxisch + + -irritativ / allerg. + + -Legende:+: Wirkung vorhanden.-: Wirkung konnte bisher nicht beobachtet werden.?: Wirkung ist möglich, wurde aber bislang noch nicht beobachtet.?Die EPA schätzt, dass 4500 Krebsfälle durch Acrylamid bezogen auf 1 000 000Einwohner pro Jahr auftreten, für Benzol liegen diese Schätzungen bei 0,5, für PAH bei 1Krebsfall pro 1000 000 Menschen pro Jahr. Somit wird basierend auf der Extrapolationvon Daten aus Tierversuchen das Risiko hoch eingeschätzt, der Metabolismus spricht259


V41Vorträge – Umweltmedizinebenfalls für ein hohes Risiko, epidemiologische Studien konnten bislang diese hohenRisikoeinschätzungen nicht belegen.Daher ist sicherlich der staatliche Weg der Minimierung des Acrylamidgehalts inLebensmitteln (ALARA-Prinzip: as low as reasonable achievable) derzeit der richtigeWeg.Literatur:1. Aalto-Korte K, Jolanki R, Suuronen K, Estlander T: Biochemist´s occupational allergiccontact dermatitis from iodoacetamide and acrylamide. Contact Dermatitis 2002, 47(6): 361 - 362.2. Bergmark E: Hemoglobin adducts of acrylamide and acrylonitrile in laboratoryworkers, smokers, and nonsmokers. Chem Res Toxicol 1997, 10: 78 – 84.3. Beyer DJ, Belsito DV: Allergic contact dermatitis from acrylamide in a chemical mixer.Contact Dermatitis 2000, 42 (3): 181 -182.4. Boettcher MI, Schettgen T, Kütting B, Pischetsrieder M, Angerer J.: Mercapturic acidsof acrylamide and glycidamide as biomarkers of the internal exposure to acrylamidein the general population. Mutat Res 2005, 580: 167 -76.5. Boettcher MI, Bolt HM, Drexler H, Angerer: Excretion of mercapturic acids ofacrylamide and glycidamide in human urine after single oral administration ofdeuterium-labelled acrylamide. Arch Toxikol 2006 Feb;80(2):55-61.6. Calleman CJ: The metabolism and pharmacokinetics of acrylamide: implications formechanisms of toxicity and human risk estimation. Drug Metab Rev 1996, 28: 527 –90.7. Calleman C J, Wu Y, He F, Tian G, Bergmark E, Zhang S, Deng H, Wang Y, CroftonKM, Fennell T, Costa LG: Relationship between biomarkers of exposure andneurological effects in a group of workers exposed to acrylamide. Toxicol ApplPharmacol 1994, 126, 361 – 371.8. Environmental Protection Agency (EPA) 1988: Preliminary assessment of Healthrisks from exposure to acrylamide. Office of Toxic Substances. U.S. EPA,Washington, DC.9. Fennell T R, Sumner S CJ, Snyder RW, Burgess J, Spicer R, Bridson WE, FriedmanMA: Metabolism and Hemoglobin Adduct Formation of Acrylamide in Humans.Toxicological Sciences 2005, 85: 447 - 459. .10. Fuhr U, Boettcher MI, Kinzig-Schippers M, Weyer A, Jetter A, Lazar A, Taubert D,Tomalik-Scharte D, Pournara P, Jakob V, Harlfinger S, Klaassen T, Berkessel A,Angerer J, Sorgel F, Schoming E: Toxicokinetics of acrylamide in humans afteringestion of a defined dose in a test meal to improve risk assessment for acrylamidecarcingenicity. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2006; 15: 266 -271.11. Hagmar L, Törnqvist M, Nordander C, Rosen I, Bruze M, Kautianinen A, MagnussonAL, Malmberg B, Aprea P, Granath F, Axmon A: Health effects of occupationalexposure to acrylamide using haemoglobin adducts as biomarkers of internal dose.Scand J Work Environ Health 2001, 27: 219 – 226.12. Schettgen T, Kütting B, Hornig M, Beckmann MW, Weiss T, Drexler H, Angerer J:Trans-placental exposure of neonates to acrylamide – a pilot study. Int Arch OccupEnviron Health 2004 a, 77 (3): 213 – 216.13. Schettgen T, Rossbach B, Kütting B, Letzel S, Drexler H, Angerer J: Determination ofhaemoglobin adducts of acrylamide and gycidamide in smoking and non-smokingpersons of the general population. Int J Hyg Environ Health 2004 b, 207 (6): 531 –539.14. Tyl RW, Friedman MA: Effects of acrylamide on rodent reproductive performance.Reproductive Toxicol 2003; 17: 1-13.260


V42Vorträge – UmweltmedizinBiomonitoring von Phthalatmetaboliten im Urin und zeitversetzteEjakulatbefunde bei Patienten einer andrologischen AmbulanzAnja zur Nieden 1 , Hans-Christian Schuppe 2 , Holger Martin Koch 3 , E Will 1 , C Fieber 1 , JürgenAngerer 4 , Nikolaos I. Stilianakis 5 , Thomas Eikmann 1 , Caroline Herr 11 Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität, Gießen; 2 Zentrum für Dermatologie undAndrologie, Justus-Liebig-Universität, Giessen;3 Institut der Ruhr-Universität Bochum,Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum; 4 Institut und Poliklinikfür Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 5 JointResearch Centre, European Commission, Ispra, Italy, Department of Biometry and Epidemiology, Universityof Erlangen-Nuremberg, Erlangen, Germany, IspraZiel der StudieDurch die Verwendung von Phthalaten in vielen Bereichen (z.B. Verpackung,Körperpflege, Medikamente oder technische Produkte) und großer Menge ist dieseStoffgruppe weltweit eine relevante ubiquitäre Exposition (Hauser et al, 2005). Als einesder wichtigsten chemischen Produkte weltweit zeigte Di-ethylhexyl-phthalat (DEHP) imTierversuch entwicklungs- und reproduktionstoxische Effekte. Zur kontaminationsfreienBestimmung der internen Phthalatexposition beim Menschen werden Metabolite desDEHP und anderer Phthalate herangezogen, die mit dem Urin ausgeschieden werden.Die Wiederholbarkeit dieses Biomonitorings sowie Assoziationen zwischen denermittelten Metabolitkonzentrationen und Ejakulatbefunden zu unterschiedlichenZeitpunkten zu untersuchen, war Ziel der vorliegenden Auswertung.MethodenPatienten mit unerfülltem Kinderwunsch, die sich in der Andrologischen Ambulanz inGießen vorstellten, wurden von April 2004 bis Oktober 2005 um freiwillige Teilnahme anFragebogenerhebung und Urinuntersuchung gebeten. Sie erhielten einen Fragebogen, indem neben soziodemographischen Daten Angaben zu Gesundheitsstatus undmedizinischen Eingriffen, Ess- und Lebensgewohnheiten (regelmäßig und für die letztendrei Tage) erhoben wurden. Von den Basisparametern der Ejakulatroutinediagnostikfanden Spermatozoenkonzentration, -motilität und -morphologie Eingang in die Studie.Dabei wurden zur Variablenkategorisierung die Referenzkriterien der WHO (1999)herangezogen (Spermatozoenkonzentration: >20 x 10 6 /ml; Spermienmotilität: ≥ 50%motil; Spermienmorphologie: Normalformen ≥ 5%).Im Spontanurin wurden die Sekundärmetabolite des DEHP Mono(2-ethyl-5-hydroxyhexyl)phthalat (5OH-MEHP), Mono-(2-ethyl-5-oxo-hexyl)phthalat (5oxo-MEHP),Mono-(2-ethyl-5-carboxypentyl)phthalat) (5cx-MEHP, Mono-[2-(carboxymethyl)hexyl]phthalat) (2cx-MMHP) und der Monoestermetabolit Monoethylhexylphthalat (MEHP) undMetabolite anderer Phthalate (Mono-n-Butylphthalat (MnBP), Mono-iso-Butylphthalat(MiBP), Mono-Benzylphthalat (MBzP)) bestimmt (Methode: vgl. Koch et al. 2003).261


V42Vorträge – UmweltmedizinDa sich die Patienten für die notwendige Routinediagnostik wiederholt vorstellten,konnten bei erneuter Teilnahme Auswertungen von Phthalatmetaboliten undEjakulatparametern zu unterschiedlichen Zeitpunkten vorgenommen werden.Zur Auswertung kamen Einzel- und Summenparameter des Biomonitorings, die als steteund kategorisierte Variablen, mit und ohne Adjustierung (an Alter, Rauchstatus,Karenzzeit) mittels Regressionsanalysen zu den Ejakulatparametern in Beziehunggesetzt wurden. Die Kalkulation der Summenparameter erfolgte nach eigenen Kriteriensowie in Anlehnung an die Auswertung von Duty et al. (2003), Hauser et al. (2004),Swan et al. (2005) und Reports des CDC (NHANES, Juli 2005): Summe der 4wichtigsten DEHP Metabolite (DEHP4= ∑ [MEHP, 5OH-MEHP, 5oxo-MEHP, 5cx-MEHP] ), Summe"Endokrin wirksam" aus 6 DEHP Metaboliten (DEHP4+2= ∑ [MEHP, 5OH-MEHP, 5oxo-MEHP, 5cx-MEHP, MnBP, MBzP]).Im Rahmen eines gestuften Vorgehens wurden Regressionsanalysen für die Summender Phthalatmetabolite (DEHP4 und DEHP4+2) gegenüber den Ejakulatparameternzunächst stet und anschließend kategorial durchgeführt. Die Kategorien derMetabolitkonzentrationen wurden für Werte unter dem 25%- und über dem 75%-Perzentileingeteilt.ErgebnisseDas Gesamtkollektiv unter Einbezug aller, für die Phthalatbestimmungen vorlagen,strukturierte sich wie folgt: N=306, Altersmedian= 34 Jahre; Body Mass Index (BMI):Median= 25.99kg/m 2 . Wiederholt nahmen N=77 Männer teil, Altersmedian=34J.; BodyMass Index (BMI): Median= 25,8kg/m 2 . Für die Mediankonzentrationen [75%-Perzentil]der Metabolite zum Untersuchungszeitpunkt 1 (UZP1) ergaben sich folgende Werte[µg/l]: MEHP (N=77) 5,1 [11,2], 5OH-MEHP (N=84) 11,0 [24,4], 5oxo-MEHP (N=84) 8,6[17,7], 5cx-MEHP (N=73) 12,8 [32,3], MnBP (N=73) 30,0 [47,5], MiBP (N=39) 39,6 [74,7],7OH-MeOP (N=38) 3,7 [5,4]. Summe DEHP4 (N=239) = 46,4, Summe DEHP4+2Metaboliten (N=237) = 97,83.Bei Betrachtung steter Werte ergab die Auswertung der Metabolitkonzentrationen imVergleich der beiden Untersuchungszeitpunkte für z.B. MEHP: p= 0,64; 5OH-MEHP:p=0,71; 5oxo-MEHP: p=0,78 (Wilcoxon Signed-Rank-test). Personen mit hohenKonzentrationen wiesen im Vergleich von UZP1 zu UZP2 mitunter starke Schwankungenauf.Es zeigen sich deutlichere Trends für Assoziationen beim Vergleich der Expositionjenseits der gewählten Perzentilgrenzen (75%) als bei Analysen mit stetenWerten, die sich jeweils bei Adjustierung an Alter, Rauchen und Karenzzeitmanifestieren. Odds Ratios (OR) und 95%-Konfidenzintervalle (KI) der untersuchtenAssoziation von DEHP4 ergaben OR (KI) für die Ejakulatparameter Spermienmotilität262


V42Vorträge – Umweltmedizin2,23 (0,98-5,05), -morphologie 2,81 (1,22-7,14) und -konzentration 2,61 (1,24-5,56). Fürdie Summe DEHP4+2 waren die Werte ähnlich. Die Auswertung für die kategorialenAnalysen konnte für den Vergleich von Metabolitkonzentrationen zum UZP1 undEjakulatkonzentrationen zum UZP2 nur für die Spermienmotilität durchgeführt werden,da aufgrund der Kategorisierung zu wenig Daten für die anderen Ejakulatparametervorlagen. Die Ergebnisse waren mit denen der zeitgleichen Auswertung verlgeichbar,eingeschränkt durch die reduzierte Kollektivgröße.SchlussfolgerungenLogistische Regressionsanalysen in der Auswertung steter Metabolitkonzentrationenließen weder für zeitgleich noch zeitversetzt einbezogene EjakulatparameterZusammenhänge zur internen Phthalatkonzentration erkennen. Analysen vonMetabolitkonzentrationen, die an der 75%-Perzentile kategorisiert wurden, lassenhingegen in unterschiedlicher Ausprägung für alle Ejakulatparameter(Spermienkonzentration, -motilität, und -morphologie) Zusammenhänge erkennen. Dieskann auf einen Einfluss besonders hoher Phthalatexpositionen auf humaneEjakulatqualität deuten. Bei weiteren Auswertungen muss aufgrund der gefundenenstarken Schwankungen bei Personen mit hohen Metabolitbelastungen diese Variabilitätund ihre Auswirkungen auf gesundheitliche Wirkungen beachtet werden.Zur Untersuchung weiterer Zusammenhänge von Phthalatexposition und Fertilitätbesteht Forschungsbedarf vor allem bezüglich der Bestimmung der Expositionenwährend kritischer Zeitfenster innerhalb fetaler Entwicklung und in Materialien, welcheauf eine direkte Exposition an sensiblen Zellsystemen schließen lassen (z.B.Seminalplasma, Follikelflüssigkeit). Zusätzlich ist die weitere Identifikation von Quellenund Prädiktoren für die Phthalatexposition notwendig, um hier Prävention undRisikominimierung zu ermöglichen (siehe auch V67).Literatur:• Hauser, R & Calafat, A. (2005). Phthalates and human health. Occup Environ Med2005; 62:806-818• Duty S.M., M.J. Silva, D.B. Barr, J.W. Brock, L. Ryan, Z. Chen, R.F. Herrick, D.C.Christiani, R. Hauser: Phthalate Exposure and Human Semen Parameters.Epidemiology 2003;14:269 –277.• Hauser R., J.D. Meeker, S. Park, M.J. Silva, A.M. Calafat: Temporal Variability ofUrinary Phthalate Metabolite Levels in Men of Reproductive Age. Environ HealthPerspect 112:1734–1740 (2004). doi:10.1289/ehp.7212 available via http://dx.doi.org/[Online 16 August 2004]• Koch H.M., B. Rossbach, H. Drexler and J. Angerer: Internal Exposure of the GeneralPopulation to DEHP and other Phthalates – Determination of Secondary and PrimaryPhthalate Monoester Metabolites in Urine. Environ. Res. 93(2), 177-185 (2003).• Department of Health and Human Services, Centers for Disease Control andPrevention (CDC). National Center for Environmental Health Division of Laboratory263


V42Vorträge – UmweltmedizinSciences (2005). Third National Report on Human Exposure to EnvironmentalChemicals (NHANES, July 2005). http://www.cdc.gov/exposurereport• Swan S.H., K.M. Main, F. Liu, S.L. Stewart, R.L. Kruse, A.M. Calafat, C.S. Mao, J.B.Redmon, C.L. Ternand, S. Sullivan, J.L.Teague, and the Study for Future FamiliesResearch Team (2005). Decrease in Anogenital Distance among Male Infants withPrenatal Phthalate Exposure. Environ Health Perspect 113:1056-1061.264


V43Vorträge – UmweltmedizinAssoziation zwischen Polymorphismen des δ-Aminolävulinsäure-Dehydrase-Gens auf den Hämoglobinspiegelvon Frauen mit hoher umweltbedingter Bleibelastung inRumänienSylvia Rabstein 1 , Klaus Unfried 2 , Ulrich Ranft 2 , Thomas Illig 3 , Mariana Vlad 4 , Cecilia Roman 5 ,Tobias Weiß 1 , Thomas Brüning 1 , Beate Pesch 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum;2 Institut für umwelmedizinische Forschung (GmbH), Heinrich-Heine-UniversitätDüsseldorf, Düsseldorf; 3 Institut für Epidemiologie (GmbH), GSF Forschungszentrum für Umwelt undGesundheit, Neuherberg; 4 Institute of Public Health 'Iuliu Moldovan', Cluj-Napoca; 5 Research Institute forAnalytical Instrumentation, Cluj-NapocaZiel der StudieDie δ-Aminolävulinsäure-Dehydratase (ALAD) gehört zu den Enzymen der Häm-Biosynthese. Hohe Bleibelastungen können zu einer Hemmung der ALAD führen(Kelada et al., 2001). Ziel dieser Studie ist die Analyse der Assoziation vonPolymorphismen des ALAD-Gens und weiterer Einflussfaktoren auf denHämoglobinspiegel von Frauen mit hoher umweltbedingter Bleibelastung.MethodenIm Rahmen des EU-Projektes „Investigation of the Risk of Cyanide in Gold Leaching onHealth and Environment in Central Asia and Central Europe“ (IRCYL) wurden diegesundheitlichen Auswirkungen eines Goldminen-Unfalls bei Baia Mare, Rumänien, imJahre 2000 auf die Bevölkerung in vier Orten mit unterschiedlichem Expositionsmusteruntersucht (Ranft et al., 2005). Für die Studie wurde das Votum der Ethikkommission desrumänischen Gesundheitsministeriums gegeben. In einem Teilprojekt wurden dreiEinzelbasenaustausche in kodierenden Regionen (rs1139488, rs1800435 undrs2228083) und zwei weitere in Introns (rs1805312 und rs1805313) des ALAD-Gens bei129 Frauen mittels MALDI-TOF MS genotypisiert. Exakte Tests auf Hardy-WeinbergEquilibrium wurden durchgeführt. Anhand der single-nucleotide polymorphisms (SNPs)wurden die Haplotypen mit dem Programm PHASE geschätzt. Das wahrscheinlichsteHaplotypenpaar jedes Individuums wurde als Diplotyp verwendet. Proportional-Odds undKovarianzanalyse-Modelle wurden angewandt, um den Zusammenhang zwischen denALAD-Varianten und weiteren Einflussfaktoren auf Blutblei- und Hämoglobinspiegel zuuntersuchen.ErgebnisseAlle ALAD-Varianten lagen im Hardy-Weinberg Equilibrium. Die Haplotypschätzungergab sieben Haplotypen und 21 Diplotypen in dieser Population. Nur ein Haplotypenthält den oft untersuchten Polymorphismus rs1800435. Der Wohnort, jedoch nicht dieALAD-Polymorphismen, haben einen signifikanten Einfluss auf den Blutbleispiegel.Tabelle 1 zeigt deskriptive Statistiken der Blutbleispiegel in den vier rumänischen Ortensowie zweier Vergleichspopulationen (Umweltsurvey 1998, NHANES 2001-2002).265


V43Vorträge – UmweltmedizinBesonders hoch waren die Blutbleispiegel in dem Ort nahe der Goldmine (Median 12,5µg/dl). Ein Einfluss von Blutblei und ALAD-Genotypen auf den Hämoglobinspiegel konntejedoch nicht nachgewiesen werden (Tabelle 2).SchlussfolgerungenIm Vergleich zu Untersuchungen der Bevölkerung in den USA (NHANES III) undDeutschland (Umweltsurvey 1998) sind die Blutbleispiegel der Frauen in der Baia MareRegion deutlich erhöht. Die hier untersuchten ALAD-Varianten ließen keinensignifikanten Einfluss auf den Blutbleis- und Hämoglobinspiegel erkennen. Insbesondereist kein Einfluss des häufig untersuchten Polymorphismus ALAD-2 erkennbar.Literatur- Kelada, S.N., Shelton, E., Kaufmann, R.B., Khoury, M.J., 2001. Delta-aminolevulinicacid dehydratase genotype and lead toxicity: a HuGE review. Am. J. Epidemiol., 154,1-13.- Ranft,U., Pesch,B., Vogt,A., 2005. Gold Extraction in Central and Eastern Europe(CEE) and the Commonwealth of Independent States (CIS) - Health and EnvironmentalRisks. International Center for Studies and Research in Biomedicine, Luxembourg.- Umweltbundesamt. Umwelt-Survey 1998 Band III: Human-Biomonitoring. Dessau,Germany.- CDC, 2005. Third National Report on Human Exposure to Environmental Chemicals.Atlanta, Gorgia.Tabelle 1: Blutbleispiegel der rumänischen Frauen (IRCYL) und zweier VergleichspopulationenBlei im Blut [µg/dl]N GM Median P75OrtBozanta 24 10.26 12.50 15.06Lapusel 50 2.09 4.16 6.25Recea 13 3.48 3.33 8.33Sasar 42 3.27 5.26 11.84Gesamt 129 3.42 4.76 11.91USA NHANES III4606 1.19 1.10 1.80(weiblich, Alter: 1+ Jahre, 2001-2002) 1Umweltsurvey 1998(weiblich, Alter: 18-69 Jahre) 2 2303 2.63 2.70 -1 Third National Report on Human Exposure to Environmental Chemicals, July 20052 Umwelt-Survey 1998 Band III: Human-BiomonitoringN: Anzahl, GM: Geometrischer Mittelwert, P75: 75%-Perzentil266


V43Vorträge – UmweltmedizinTabelle 2: Einfluss von Polymorphismen des ALAD-Gens auf adjustierte Mittelwerte derHämoglobinspiegel in 129 rumänischen Frauen (IRCYL Study)ALAD PolymorphismenHämoglobinspiegel [g/dl]n Mittelwert adj * p ars1139488(Tyr65Tyr)TTCTCC40502013.0612.8912.99 0.71rs1800435rs1805312(Asn68Lys)rs2228083 (Asn147Asn)rs1805313GGGCCCGGGCCCTC+TTTTTCCC91171971296134658612.9713.1011.61 0.3312.9413.27 0.2712.9912.92 0.8212.8613.0013.53 0.28* Adjustiert nach Blutbleispiegel[µg/dl], Blutcadmiumspiegel [µg/dl] und Zink in Urin [µg/g crn]a t-tests der Kovarianzanalyse-Modelle267


V44Vorträge – UmweltmedizinGesundheitsbeschwerden von Bürobeschäftigten durchImmissionen einer benachbarten Recyclinganlage.Jürgen Bünger, Volker Harth, Frank Hoffmeyer, Thorsten Wiethege, Thomas BrüningInstitut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), BochumEinleitung:Beschäftigte im Bürotrakt eines Pharmaunternehmens klagten über gesundheitlicheBeschwerden, die in Zusammenhang mit den Aerosolemissionen eines benachbartenRecyclingbetriebes gebracht wurden. In dieser Anlage wurde überwiegend Bauschuttgelagert und verarbeitet, aber auch andere Recyclingmaterialien sowie Bioabfall. Diekürzeste Entfernung zwischen der Vorderfront des Bürogebäudes und dem Hof derRecyclinganlage auf der gegenüber liegenden Straßenseite betrug 15m. Die beidenBetriebe liegen im Zentrum eines relativ engen Talkessels. EinzelneImmissionsmessungen hatten im Vorfeld der Studie Expositionen von 10-89 µg/m 3 fürPM 10 und Schimmelpilzkonzentrationen bis zu 2400 KBE/m 3 Cladosporien ergeben. Inder vorliegenden Studie wurde untersucht, ob sich aus den Angaben der Beschäftigtenein charakteristisches Beschwerdebild ergab und inwieweit ein Zusammenhang mit derAerosolexposition hergestellt werden konnte.Methoden:Das Bürogebäude wurde im Rahmen einer Arbeitsplatzbegehung auf vorhandeneBauschäden (Feuchtigkeit, Schimmelpilzbefall), mögliche weitere Expositionsquellensowie ergonomische Arbeitsbedingungen (Licht, Raumklima, Bildschirmarbeitsplätze)untersucht. Von 32 der insgesamt 36 Bürobeschäftigten wurde ein standardisierterFragebogen zu Gesundheitsbeschwerden innerhalb des letzten Jahres und derenAuftreten bzw. der Verschlechterung während des Aufenthalts am Arbeitsplatz ausgefüllt.Zur statistischen Auswertung wurde der χ 2 -Test verwendet.Ergebnisse:Bauschäden und Expositionsquellen wurden im Rahmen der Arbeitsplatzbegehung nichtfestgestellt. Gravierende ergonomische Auffälligkeiten und Unterschiede zwischen denArbeitsplätzen fanden sich ebenfalls nicht. Von insgesamt 36 Bürobeschäftigten nahmen32 Personen (89%) an der Studie teil. Die Basischarakteristika der untersuchtenPersonen gibt Tabelle 1 wider.268


V44Vorträge – UmweltmedizinTabelle 1: Basischarakteristika der 32 untersuchten Personen.Frauen Männer gesamtn 22 10 32Alter (n=22) 26 - 55Rauchen 9 3 12Allergien 14 3 17Büro zur Recyclinganlage 16 6 22davon Raucher 7 3 10davon Allergien 8 2 10Insgesamt wurden von 26 der 32 Beschäftigten Gesundheitsbeschwerden angegeben.Beschwerden der Atemwege nannten 18 Beschäftigte. Bei 15 Befragten tratenBeschwerden an den Augen auf. Beeinträchtigungen des Allgemeinbefindens gaben 24Beschäftigte an (Abb. 1).Erkältungen7ReizhustenHeiserkeit88Trockene Nase7Naselaufen9Atemwege (gesamt)18Tränen8BrennenRötung1112Augen (gesamt)16Abgeschlagenheit5Reizbarkeit6Müdigkeit7Kopfschmerzen22Allgemeinbefinden (gesamt)24Beschwerdehäufigkeit260 5 10 15 20 25 30Abbildung 1: Absolute Häufigkeiten der angegebenen Beschwerden.Das Auftreten oder die Verschlechterung von Beschwerden während des Aufenthalts amArbeitsplatz war signifikant mit Atemwegsbeschwerden insgesamt (p=0,001) sowie demSymptom Reizhusten (p=0,02) verknüpft. Weitere statistische Assoziationen bestanden269


V44Vorträge – Umweltmedizinmit Augenbrennen (p=0,05), Beschwerden an den Augen insgesamt (p=0,04) sowieMüdigkeit (p=0,003) und Verschlechterung des Allgemeinbefindens (p=0,009).An der Vorderfront des Bürogebäudes hatten 22 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz, währenddie Büros von 10 Personen auf der Rückseite lagen. Es fand sich eine signifikantestatistische Häufung für einzelne Beschwerden bei Beschäftigten in Büros mit „Ausblickauf die Recyclinganlage“ im Vergleich zu denjenigen Mitarbeitern, deren Büros sich ander Rückseite des Bürogebäudes befanden. Das Signifikanzniveau betrug für dieAtembeschwerden p = 0,008 und für die Allgemeinbeschwerden p = 0,03.DiskussionEin im engeren Sinne charakteristisches Beschwerdebild ergab sich aus den Angabender Beschäftigten nicht. Allerdings finden sich bezüglich der Beschwerdekomplexe anAugen und Atemwegen Ähnlichkeiten zu Untersuchungen bei Anwohnern einesKompostwerkes (Herr et al. 2003). Bei Beschäftigten in Recyclinganlagen (Grüner et al.1998) und Kompostwerken (Bünger et al. <strong>2007</strong>) wurden ebenfalls ähnliche Symptomebeobachtet. Allerdings waren die Expositionen in allen diesen Studien deutlich höher alsin den wenigen Immissionsmessungen, die in diesem Fall vorliegen.Herr et al. (2003) beobachteten ebenfalls eine stark erhöhte Müdigkeit bei den amhöchsten exponierten Anwohnern des Kompostwerkes. Eine Störung desAllgemeinbefindens ist bei ähnlichen Studien und Expositionen bislang nicht berichtetworden. Insgesamt können ein Bias durch Interaktionen der Betroffenen und der Einflussvon Confoundern nicht ausgeschlossen werden.SchlussfolgerungenDie genannten Beschwerden der Beschäftigten an Augen und Atemwegen wurdenmöglicherweise durch die Immissionen der Recyclinganlage verursacht. Allerdingskönnen aufgrund des Studiendesigns und der kleinen Kohorte verzerrende Einflüssenicht ausgeschlossen werden.Literatur1. Bünger J, Schappler-Scheele B, Hilgers R, Hallier E (<strong>2007</strong>) A 5-year follow-up studyon respiratory disorders and lung function in workers exposed to organic dust fromcomposting plants. Int Arch Occup Environ Health 80:306-3122. Grüner C, Bittighofer PM, Roller A, Pfaff G, Freerksen R, Backe H, Bünger J,Goldberg S (1998) Gesundheitliche Belastung, Beanspruchung und Beschwerden beiWertstoffsor-tierern und Deponie-Beschäftigten durch Mikroorganismen. In: Hallier E,Bünger J (Hrsg.) Verh Dtsch Ges für Arbeitsmed Umweltmed 38: 213-216, DruckereiRindt, Fulda3. Herr CE, Zur Nieden A, Jankofsky M, Stilianakis NI, Boedeker RH, Eikmann TF(2003) Effects of bioaerosol polluted outdoor air on airways of residents: a crosssectional study. Occup Environ Med 60:336-342270


V45Vorträge – Biomonitoring IHohe Bleikonzentrationen im Blut von SportschützenRudolf Schierl, Matthias Demmeler, Dennis NowakInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, MünchenEinleitungSchützenvereine gehören in Deutschland zum festen Bestandteil vieler Städte undGemeinden. Derzeit sind allein im Deutschen Schützenbund über 1,5 Millionen Mitgliederregistriert, darunter auch zahlreiche Kinder und Jugendliche. Nach wie vor findet dasSchwermetall Blei als Munitionsbestandteil Verwendung und es gibt einzelneUntersuchungen, die erhöhte Bleibelastungen bei Schützen gefunden haben (CDC 2005,Löfstedt et al 1999). Zudem ist Blei seit kurzem in die Gruppe der kanzerogenenGefahrstoffe aufgenommen worden, was eine Gefährdungsbeurteilung umso wichtigermacht Ziel dieser Studie war es daher, durch ein Screening die innere Bleibelastung beiSchützen der Disziplinen Luftdruckwaffe, Kleinkaliber und Großkaliber zu erheben.MethodikVon Februar bis März 2006 wurde bei insgesamt 131 Personen aus 11 Vereinen EDTA-Blut entnommen. Teilgenommen haben 122 Männer und 9 Frauen mit einem mittlerenAlter von 49,4 Jahren (SD 13,5 Jahre). Im Durchschnitt übten die Personen denSchießsport 20 Jahre lang aus. Die Blutentnahmen erfolgten während derTrainingszeiten in einem abgetrennten Raum nach schriftlicher und mündlicherAufklärung der Probanden. Die Bleikonzentrationen im EDTA-Blut wurden mittels GF-AAS unter Anwendung interner und externer Qualitätssicherung bestimmt.ErgebnisDie Ergebnisse der Bleibestimmungen sind - aufgegliedert nach Sportart – in Tabelle 1dargestellt. Schützen, die lediglich mit Luftdruckwaffen schießen, lagen mit derBleibelastung im Median bei 33 µg/l (Range 18-127 µg/l). Bei Sportarten mit „scharfer“Munition waren die Werte deutlich höher. So lagen Schützen, die Luftdruckwaffen undKleinkaliber schießen, im Median bei 49 µg/l (Range 14-144 µg/l) und die Gruppe derreinen Kleinkaliberschützen im Median sogar bei 100 µg/l (Range 73-172 µg/l). Eineweitere Steigerung der Bleiblutwerte konnte man bei Großkaliberschützen beobachten.Personen, die Klein- und Großkaliber schießen, lagen im Median bei 107 µg/l (Range 27-375 µg/l) und reine Großkaliberschützen bei 99,5 µg/l (Range 28 - 326 µg/l). Schützenmit einer speziellen Form von Bewegungsschießen (IPSC) lagen mit einem Median von192 µg/l (Range 32-521 µg/l) deutlich über den Werten aller anderen Gruppen.271


V45Vorträge – Biomonitoring ITabelle 1: Bleikonzentrationen im Vollblut bei SchützenSportartSchützen Minimum Median Mittelwert Maximum(n) [µg/l] [µg/l] [µg/l] [µg/l]LDW 20 18 33 40 127Nur KK 6 73 100 114 172LDW & KK 9 14 49 69 144KK & GK 51 27 107 121 375Nur GK 32 28 100 127 326IPSC 11 32 192 136 521LDW = Luftdruckwaffen, KK = Kleinkaliber, GK = Großkaliber, IPSC = BewegungsschießenBei einer Bewertung anhand der HBM-Werte lagen alle Luftdruckwaffen-Schützen unterdem HBM-I-Wert von 150 µg/l, wohingegen dies bei den Kleinkaliberschützen nur bei87% zutrifft. Bei den Großkaliberschützen lagen nur noch 70% unter dem HBM-I-Wertund bei den IPSC-Schützen schließlich nur 27%. Fünf der 11 IPSC-Schützen lagensogar über dem HBM-II-Wert von 250 µg/l.Für die Bleiaufnahme ist sicherlich die am Schießstand verbrachte Zeit wichtig. Wertetman nur die Kleinkaliber- und Großkaliberschützen aus, so zeigt sich, dass dieBleibelastung bei einer wöchentlichen Trainingszeit unter einer Stunde (61Personen) miteinem Mittelwert von 116 µg/l (SD 82 µg/l) geringer ist als bei den 45 Schützen, dielänger trainieren (Mittelwert = 152 µg/l, (SD 94 µg/l)). Dieser Unterschied ist im T-Testknapp signifikant (p = 0,040).SchlussfolgerungenZusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei Schützen, die mit „scharfer“ Munitionschießen, deutlich erhöhte Bleiwerte festzustellen sind, die bis in den Bereich dermöglichen Gesundheitsgefährdung reichen. Es muss daher unbedingt Aufklärungsarbeitgeleistet werden, da jeder Schütze über die Gefahren durch Bleibelastungen informiertsein sollte - dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass Blei inzwischen alskanzerogen eingestuft ist. Schützen, die nur mit Luftdruckwaffen schießen, haben zwarnur geringe Bleibelastungen, liegen aber etwas höher als Personen, die keinerleiBleiexposition haben. Da besonders Schüler und Jugendliche mit LuftdruckwaffenUmgang haben, sollte dieses Ergebnis noch mit einem größeren Kollektiv überprüftwerden. Bezüglich der Großkaliberwaffen führt unseres Erachtens langfristig nur dieVerwendung von bleiarmer Munition zu einer nachhaltigen Expositionsminderung. Esgibt hierzu bei der neuen Trainingsmunition der Polizei erste Erfolge (Wurster et al.272


V45Vorträge – Biomonitoring I2006). Eine optimale Lüftungsanlage kann zwar ebenfalls die Bleiexposition deutlichreduzieren, dürfte aber gerade für kleine Vereine schwer zu finanzieren sein.DankWir danken den teilnehmenden Vereinen und Sportschützen für dieKooperationsbereitschaft, ohne die diese Untersuchung nicht möglich gewesen wäre.Unser besonderer Dank gilt Herrn Stefan Gröbmair für die sorgfältigen Bleianalysen.Literatur• Centers for Disease Control and Prevention (CDC): Lead Exposure from IndoorFiring Ranges Among Students on Shooting Teams. Morbidity and Mortality WeeklyReport 54(23): 577-579 (2005).• Löfstedt H, Selden A, Storeus L, Bodin L: Blood Lead in Swedish Police Officers. AmJ Ind Med 35, 519-522 (1999)• Wurster U, Ebert H, Fleig E, Ott G: Reduzierung der Gefahrstoffbelastung.inRaumschießanlagen durch Verwendung bleifreier Trainingsmunition.,Gefahrstoffe-Reinhaltung der Luft 66, 295-299 (2006)273


V46Vorträge – Biomonitoring IBleibelastung auf offenen SchießständenRainer Radtke, Rolf Herlet †, Herbert WernerPrävention, Unfallkasse Rheinland-Pfalz, AndernachProblemstellung und MessverfahrenIm Rahmen einer Beratung wurden wir auf eine erhöhte Bleibelastung im Blut vonSchieß- und Einsatztrainern aufmerksam gemacht. Dies veranlasste uns, dieBleibelastung in der Luft gemäß der Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 402[1] auf Schießständen mit Verteidigungsschießen näher zu untersuchen. Im Gegensatzzu Sportschützen, welche in der Regel aus einer Distanz von 25 m schießen, findet dasVerteidigungsschießen bei geringerer Distanz ( 3 bis 10 m) zum Geschossfang mit einerhöheren Schussabgabe statt. Schussfrequenzen von ca. 200 Schuss pro Stunde sindüblich. Der Referenzwert [2] für Blei und seine Verbindungen sollte im Schichtmittel 0,1mg einatembare Staubfraktion pro m³ Luft nicht überschreiten. Um vergleichbareAussagen zu erhalten, haben wir bei trockenem und windarmen Wetter gemessen. Dieweiteren Bedingungen, z.B. Munitionsart - i.d.R. Sintox-Munition [3] - , und örtlicheGegebenheiten (Wände, Wälle, Einhausungen, Überdachungen, Reinigungszustand)wurden berücksichtigt. Die Höhe der ermittelten Bleigehalte im Blut ist von der Blei-Konzentration in der Luft am Arbeitsplatz, der Expositionszeit, der Hygiene, derindividuellen Disposition und dem Untersuchungszeitpunkt abhängig.Für die stationäre und personenbezogene Probenahme der Kupfer- und Blei-Stäube wurden Personal Air Sampler in Verbindung mit den Probenahmesystemen„GSP“ bzw. „FSP“ nach den Vorgaben des Berufsgenossenschaftlichen Institut fürArbeitsschutz (BGIA) eingesetzt [4]. Die gesammelten Stäube (einatembare Fraktion )wurden auf Glasfaserfiltern abgeschieden, aufgeschlossen und mit derAtomabsorptionsspektroskopie (AAS) analysiert [5]. Da bei Messungen im Freien mitwechselnder Windrichtung und –stärke zu rechnen ist, wurden Messungen an derExpositionsquelle (stationäre Messungen am Geschossfang) durchgeführt, um Hinweisezur maximalen Luftbelastung zu erhalten. Die Schutzmaßnahmen leiten sich deshalb ausden ungünstigsten Verhältnissen ab( siehe TRGS 402, Abs, 5.8) [1]. Bei der Auswertungwurden die Ergebnisse der stationären und der personenbezogenen Messungenzusammengefasst.StahllamellengeschossfangDas Geschoss trifft auf Metall und wird dort abgelenkt und deformiert. Ein vor demGeschossfang angebrachter Rückprallschutz sorgt dafür, dass keine Geschossteile inRichtung des Schützen fliegen. Nach einer kurzen Beschusszeit war eine deutlicheStaubentwicklung zu beobachten. Die Schießtrainerinnen und -trainer müssen zurBesprechung und zum Abkleben des Trefferbildes zum Geschossfang gehen. Die in274


V46Vorträge – Biomonitoring ITabelle 1 angegebenen Werte zeigen deutlich, dass bei einer Schussfrequenz von 400Schuss/2 Stunden der Referenzwert für Blei (0,1 mg/m³) um ein Vielfaches überschrittenwurde. Es konnte kein Unterschied zwischen dem Schießen mit Para- [6] bzw. Sintox-Munition [3] festgestellt werden. Um eine Aussage zur maximalen Luftbelastung zuerhalten, wurden auch Messungen mit einer Schussfrequenz von 1600 Schuss/2Stundendurchgeführt.Eine vor dem Schießen erfolgte Reinigung des Geschossfanges brachte keineVerbesserung. Fazit: Offene Schießstände mit Stahllamellengeschossfängen sind fürdas Verteidigungsschießen nicht geeignet.Tabelle1: Bleikonzentrationen in der Luft (mg/m³) beim VerteidigungsschießenGeschossfang Schuss N N


V46Vorträge – Biomonitoring ILuft an den Sand- bzw. Holzklobengeschossfängen (Tabelle 1) korrespondieren. Diehauptamtlichen Schießtrainer, welche mehrere Tage pro Woche Schießübungenbegleiten, sind höheren Belastungen ausgesetzt als die nebenamtlichen Schießtrainer,welche in der Regel nur ein bis zweimal im Monat auf dem Schießstand sind.Tabelle 2: Blei im Blut (µg/l) der Schießtrainerinnen und SchießtrainerN N150 bis 300 µg/l - - 3 7,5>300 µg/l - - 2 5,0ErsatzstoffprüfungDie Polizei-Frangible-Patrone [9] ist bei Schießständen ohne bzw. mit schlechter Lüftungund einem harten Geschossfang ohne Rückprallschutz aufgrund der zurückprallendenKupfersplitter und wegen der Überschreitung des Kupfergrenzwertes auch auf offenenSchießständen nicht geeignet. Dies gilt auch beim Einsatz vonRückprallschutzsystemen, z.B. Gummimatten.Die Polizei-Trainings-Patrone [10] kann bei offenen Schießständen eingesetztwerden, wenn sich keine bleihaltigen Geschosse im Geschossfang befinden.276


V46Vorträge – Biomonitoring IAnmerkung: Obwohl bleifreie Munition verschossen wurde, konnten wir bei einemgereinigten Stahllamellengeschossfang Überschreitungen des Referenzwertes für Bleifeststellen.Literatur[1] TRGS 402 – Ermittlung und Beurteilung der Konzentrationen gefährlicher Stoffe in derLuft in Arbeitsbereichen, Ausgabe November 1997 (BArbBl. Nr. 11/1997)[2] TRGS 505 – Blei, Ausgabe Februar <strong>2007</strong>[3] 9 mm x 19 VMR SR (Vollmantel-Rundkopf, Schadstoffreduziert, MEN)Geschossmantel: Tombakmantel, verzinnt, hinten geschlossen durch Kappe,Bleikern; Zündsatz: Sintox[4] BGMG-Info 5/2004 – Liste der Stoffe und Probenahmeverfahren im BGMG[5] Aufschlußverfahren zur Analytik metallhaltiger Stäube (Kennzahl 6015). In BIA-Arbeitsmappe Messung von Gefahrstoffen, 15. Lfg. IX/95 Hrsg.:Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitssicherheit – BIA, Sankt Augustin,Bielefeld: Erich Schmidt 1989 –[6] 9 mm x 19 VMR (Vollmantelrundkopf) Geschossmantel: Tombak, hinten offen,Bleikern; Zündsatz: Sinoxid[7] Umwelt Survey 1998, Hrsg.: Umweltbundesamt[8] Stoffmonographie Blei Referenz- und Human-Biomonitoring-Werte (HBM),Bundesgesundhbl. Bd. 39, (6), (1996), 236-241[9] Polizei-Frangible-Patrone (PFP) 9 mm x 19, schadstoffarmes Zerfallsgeschoss ausKupfer von der Fa. MEN[10] Polizei-Trainings-Patrone (PTP) 9 mm x 19, schadstoffarmes Vollmantelgeschossaus Messing der Fa. MEN277


V47Vorträge – Biomonitoring IQuecksilber-Biomonitoring von Angestellten bei Überschreitungdes Innenraum-RichtwertesThomas Rebe 1 , Michael Bader 1 , Thomas Göen 2 , Björn Goltz 1 , Renate Wrbitzky 11 Abteilung Arbeitsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover; 2 Institut und Poliklinik für Arbeits-,Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenFragestellung/ Ziel der StudieEinleitung/ ZielstellungIn einem Gebäude der Hannoveraner Innenstadt wurden bis Ende der 70er Jahrequecksilberhaltige Armaturen hergestellt. Seit 1985 wird das Gebäude, nach einementsprechenden Umbau, als Büro für eine Versicherung genutzt. 1997 wurde beiKanalarbeiten metallisches Quecksilber gesichtet und die betroffenen Kanäle wurdenfachgerecht saniert. Bei einem Luftmonitoring 2006 wurden Quecksilberkonzentrationenzwischen 1,2- 35 µg/m³ gefunden (Innenraumrichtwert 0,35 µg/m³). Im Rahmen einerklinischen Untersuchung sollten durch ein Biomonitoring der exponierten Mitarbeiter dieinnere Belastung erfasst und mögliche körperliche Beeinträchtigungen durch Quecksilberermittelt werden.Methoden69 Mitarbeiter wurden im Juli 2006 auf der Basis eines standardisiertenErhebungsbogens befragt und hinsichtlich möglicher Gesundheitsschäden durchQuecksilber untersucht. Neben einer klinischen Untersuchung wurden folgendeanamnestische Angaben erhoben: Allgemeine Anamnese, Expositionszeit in dembetreffenden Gebäude, arbeitsplatzbezogene Beschwerden, Anzahl derAmalgamfüllungen, Häufigkeit von Fisch- und Meeresfrüchteverzehr, Rauchverhaltensowie subjektiv eingeschätzte Quecksilberbelastung.ErgebnisseEs ergaben sich folgende Quecksilber-Belastungen: Im Urin lagen die Konzentrationenzwischen


V47Vorträge – Biomonitoring Iwurde kein Einfluss des Fischkonsums oder des Rauchverhaltens auf die innereQuecksilber-Belastung gefunden.Schlussfolgerungen:Auch bei Überschreitungen des Innenraum-Richtwertes für Quecksilber traten in demvon uns untersuchten Fall keine erhöhten inneren Quecksilberbelastungen auf. Wederallgemeine, noch arbeitsassozierte Beschwerden entsprachen einer höheren innerenBelastung. Körperliche Veränderungen konnten bei gegebener Exposition nichtfestgestellt werden. Zur Feststellung der inneren Belastung mit anorganischem Hg beiÜberschreitung des Innenraum-Richtwertes ist ein Urinmonitoring ausreichend. Dasauffällig hohe Verhältnis der Quecksilberkonzentration im Urin von der Konzentration inder Luft mit 1:14 bei in der Literatur angegebenen Verhältnissen von 1:1 bis 1:3 (1,2)kann nicht sicher interpretiert werden. Es legt jedoch bei hohen Luftkonzentrationen einBiomonitoring zur Überprüfung der tatsächlichen inneren Belastung nahe. Alsaußerberuflicher Einfluss auf die Höhe der inneren Quecksilber-Belastung zeigte sich indiesem Kollektiv wie zu erwarten, (1,3) nur die Anzahl der Amalgamfüllungen.Literatur:1. Krause E et al. (1996) Umwelt-Survey 1990/92 Band Ia: Studienbeschreibungund Human-Biomonitoring. WaBoLu-Hefte, Umweltbundesamt Berlin2. Link, B (1999) Richtwerte für die Innenraumluft- Quecksilber.Bundesgesundheitsbl-Gesundheitsforsch- Gesundheitsschutz, Springer BerlinHeidelberg3. World Health Organization (1991) Inorganic Mercury. Genf: Environmental HealthCriteria, p 118279


V48Vorträge – Biomonitoring IBiomonitoring von Aluminiumschweißern – Instrumentarium zurDokumentation einer Expositionsminderung am ArbeitsplatzBernd Roßbach 1 , Klaus Windorfer 2 , Karl-Heinz Schaller 3 , Jürgen Angerer 3 , Hans Drexler 3 ,Joachim Stork 4 , Eva Böhler 1 , Stephan Letzel 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz;2 Gesundheitsschutz, AUDI AG, Neckarsulm; 3 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin,Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 4 Gesundheitswesen, AUDI AG, IngolstadtEinleitung und Ziel der StudieAufgrund von vorteilhaften Materialeigenschaften wie geringes Gewicht, hoheKorrosionsbeständigkeit sowie hohe thermische und elektrische Leitfähigkeit, wirdAluminium (Al) in den letzten Jahren zunehmend als Werkstoff zur Produktion vonIndustriegütern eingesetzt. Auch im Fahrzeugbau wie z.B. bei der Herstellung von PKW-Karosserien finden Aluminiumbauteile Verwendung. Als entsprechendes Fügeverfahrenkommt hierbei vorrangig das Metall Inertgas-Schweißen (MIG) zum Einsatz, wobei jenach Automatisierungsgrad der Produktion u. U. ein erheblicher Anteil an manuellenSchweißarbeiten anfallen kann.Beim Schweißen von Al werden im großen Umfang Al-haltige Schweißrauche freigesetzt,die für den Schweißer die Gefahr einer inhalativen Exposition gegenüber Al mit sichbringen. Die Bioverfügbarkeit des Al hängt dabei letztendlich von Parametern wie dervorliegenden Al-Spezies und der Größe der inhalierten Partikel ab.Mögliche adverse Effekte bei chronischer Exposition gegenüber Al insbesondere imBereich der Atemwege (Letzel 2003) erfordern bei exponierten Arbeitern einekontinuierliche Expositionsüberwachung und –begrenzung, die mittels Ambient oderBiological Monitoring (Biomonitoring) erfolgen kann.Zur Beurteilung der äußeren Belastung mit Al-haltigen Schweißrauchen ist hierbei alsmaximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK) ein dem allgemeinen Staubgrenzwertäquivalenter Wert von 1,5 bzw. 4 mg/m³ für die alveolengängige bzw. einatembareStaubfraktion heranzuziehen (DFG 2006). Da eine fraktionierte Erfassung von Al in derArbeitsplatzluft u. a. aufgrund der Ubiquität des Al in der Umwelt mit großem technischenAufwand verbunden ist, erfolgt häufig ersatzweise eine Gesamtstaubbestimmung, diejedoch nur bedingt Rückschlüsse auf die tatsächliche inhalative Al-Exposition bzw. aufdie resorbierte Al-Menge zulässt.Eine Bestimmung der inneren Al-Belastung kann durch Ermittlung der Konzentration vonAl im Urin erfolgen. Neben geprüften analytischen Verfahren stehen zu diesem Zweckauch entsprechende Kontrollmaterialien für eine interne und externe Qualitätssicherungzur Verfügung (Schaller et al. 2002). Als Bewertungsmaßstab für die renaleAusscheidung von Al sollten der Biologische Arbeitsstoff-Toleranzwert (BAT) von 200µg/l (DFG 2006), der sich derzeit in Überarbeitung befindet, sowie ein vorläufiger280


V48Vorträge – Biomonitoring IReferenzwert von


V48Vorträge – Biomonitoring I1000Aluminium im Urin [µg/l]80060040020001995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006(189) (250) (183) (192) (154) (118) (141) (121) (121) (54) (60) (21)Jahr der Probenahme (Anzahl der Bestimmungen)Abbildung 1: Zeitliche Entwicklung der Al-Konzentration in den untersuchten Urinproben (n=1604) und Anzahl der Bestimmungen pro Jahr.Die Ergebnisse des Biomonitorings wurden durch den Betrieb zur Identifikation vonBelastungsschwerpunkten genutzt. Parallel zum kontinuierlichen Biomonitoring wurdennach Auskunft des Betriebes zahlreiche expositionsmindernde Maßnahmen ergriffen(Abbildung 2). So wurden bereits 1993/94 während der Anlaufphase der Produktion mitniedrigen Stückzahlen Verbesserungen im Hinblick auf Lüftungstechnik undArbeitsplatzergonomie vorgenommen, sowie die Mitarbeiter individuell hinsichtlich IhresVerhaltens am Arbeitsplatz und der Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung(PSA) beraten.In den Folgejahren wurden bei steigenden Stückzahlen zunächst kleinereAutomatisierungsumfänge verwirklicht und die lüftungstechnischen Voraussetzungenweiter optimiert. Besonders belastungsintensive Arbeitsvorgänge wurden durch dieEinführung von Zusatzstationen entzerrt. An Gruppenarbeitsplätzen wurden weitereergonomische Verbesserungen vorgenommen, sowie u.a. Abtrennungen zum Schutz vorStrahlung und Schweißrauchen installiert. Parallel wurde versucht, in Zusammenarbeitmit den Herstellern Schwachpunkte der verwendeten PSA (z.B. mangelndeAkkukapazität des fremdbelüfteten Schweißerhelms) auszuschalten. RegelmäßigeArbeitsplatzbegehungen durch den Abteilungsleiter, Vorgesetzte, Betriebsrat und denBetriebsarzt sowie fortwährende Verbesserungen der angebotenen PSA halfen, dieAkzeptanz der Beschäftigten für die PSA zu steigern. Zwei Jahre nach Beginn derSerienproduktion wurden auffällig hohe Expositionen insbesondere an Arbeitsplätzen mit282


V48Vorträge – Biomonitoring Irelativ geringem Schweißanteil beobachtet, während bei den bisherigenProblemarbeitsplätzen (hohe Schweißumfänge, Gruppenschweißen) kaum nochauffällige Belastungen auftraten. Der Grund hierfür lag in einer weniger konsequentenBenutzung der PSA durch Mitarbeiter mit eher punktuellen Schweißaufgaben, dem miteiner erneuten Informationskampagne begegnet wurde. Mit Hilfe der genanntenMaßnahmen konnten die inneren Belastungen ab dem Jahr 1998 auf einem deutlichniedrigeren Niveau als zu Beginn stabilisiert werden.Eine weitere Reduktion der Belastungen zeigte sich nach einer grundlegendenUmstellung der Produktion ab dem Jahr 2003. Während die Karosserien bisher zu 90%von Hand geschweißt wurden, erhöhte sich der Automatisierungsgrad mit derUmstellung auf 70%, so dass expositionsintensive Handschweißarbeiten nur noch imgeringeren Maße anfielen. Dieses führte sowohl zu einer Verringerung der Expositionenals auch zum Rückgang der Zahl der Exponierten.Anlaufphase mit niedriger Stückzahl: u.a. individuelle Beratung der MitarbeiterEinleitung kleinerer Automatisierungsumfänge, Optimierung Technik und PSAWeitere Optimierung, Maßnahmen zur Akzeptanzsteigerung für PSAArbeitsplätze mit niedrigem Schweißanteil problematisch: erneute Schulungab 1998: Stabilisierung der inneren Belastungen auf niedrigem NiveauAl im Urin[µg/l]ab 2003: Produktwechsel undhöherer Automatisierungsgrad20001994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006(15) (22) (26) (36) (40) (37) (30) (28) (29) (54) (56) (55) (57)*durchschnittliche Stückzahl/FrühschichtJahr (Stückzahl*)Abbildung 2: Maßnahmen zur Belastungsreduktion, gefertigte Stückzahlen und Verlauf der Al-Konzentrationen im Urin.SchlussfolgerungenDie vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass die Bestimmung von Aluminium im Urin dazugeeignet ist, eine inhalative Aufnahme von Al-haltigen Schweißrauchen nachzuweisen.Mit Hilfe einer qualitätsgesicherten Analytik konnten an Arbeitsplätzen im BereichAutomobilbau Belastungsschwerpunkte mit Expositionen zum Teil oberhalb des derzeitgültigen BAT-Wertes identifiziert werden. Durch fortwährende Optimierung der283


V48Vorträge – Biomonitoring IArbeitsplätze in Bezug auf Sicherheitstechnik, Arbeitsorganisation, persönlicheSchutzausrüstung sowie Compliance der Beschäftigten konnte die anfänglich erheblicheAl-Aufnahme auch bei steigenden Produktionszahlen nachweislich auf Belastungenreduziert werden, die im Median im Bereich der Hintergrundbelastung derAllgemeinbevölkerung (


V49Vorträge – Biomonitoring IBestimmung von 3-Hydroxybenzo[a]pyren im Urin von Arbeiternmit beruflicher PAK - BelastungKatrin Förster 1 , Ralf Preuss 1 , Bernd Roßbach 2 , Thomas Brüning 3 , Patrice Simon 4 , JürgenAngerer 11 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 2 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität,Mainz;3 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA), Bochum; 4 Institut National de Recherche et de Sécurité, Institut National deRecherche et de Sécurité, VandoeuvreZiel:3-Hydroxybenzo[a]pyren (3OHBaP) ist ein Stoffwechselprodukt des Benzo[a]pyren(BaP). BaP in der Luft wurde bisher als Indikator einer PAK-Exposition am Arbeitsplatzeingesetzt, weil es im Stoffgemisch der PAK eine sehr hohe Kanzerogenität aufweist. 1Mit Hilfe einer sehr empfindlichen analytischen Methode ist es möglich geworden dasStoffwechselprodukt des BaP, das 3OHBaP, im Urin zu bestimmen. Es war Ziel unsererUntersuchungen, die Validität des 3OHBaP als Biomarker einer PAK-Belastung zuerproben. Wir haben deshalb an unterschiedlichen Arbeitsplätzen die äußere und innerePAK-Belastung gemessen und mit der Ausscheidung von 3OHBaP in Beziehung gesetzt.Methoden:Zur Abschätzung der äußeren Belastung wurde die Konzentration der 16 EPA-PAKs inder Luft gemessen.Zur Bestimmung der inneren Belastung wurden die Urine von 225 Arbeitern mit einersehr sensitiven HPLC-Fluoreszenzmethode auf 3OHBaP untersucht. 2 Zusätzlichwurden die Konzentrationen von 1-Hydroxypyren und den monohydroxyliertenPhenanthrenen im Urin analysiert. 3Ergebnisse:Die BaP-Konzentrationen in der Luft schwanken im Bereich von kleiner Nachweisgrenze(0,04 µg/m³) bis 44,3 µg/m³ mit einem Median von 0,62 µg/m³.Für 3OHBaP wurden Konzentrationen im Bereich von kleiner Nachweisgrenze bis19,5 ng/g Kreatinin (Krea) bestimmt.Bezüglich der Medianwerte zeigen die untersuchten Arbeiter in Kokereien (0,5 ng/gKrea) eine niedrigere innere Belastung an 3OHBaP als die in der Herstellung vonFeuerfestmaterialien (1,1 ng/g Krea), bei der Konverterzustellung (1,2 ng/g Krea) und beider Graphitelektrodenherstellung (1,3 ng/g Krea) beschäftigten (Abbildung 2).285


V49Vorträge – Biomonitoring I203-OH-Benzo[a]pyren [ng/g Krea]151050Konverter-Feuerfest-Graphit-Kokereizustellungn = 25materialn = 87elektrodenn = 26n = 86Abbildung 2. Konzentrationen von 3OHBaP im Urin von Beschäftigten an den ArbeitsplätzenKonverterzustellung, Feuerfestmaterialherstellung, Graphitelektrodenherstellung und Kokerei(n - Anzahl der untersuchten Arbeiter).Im Vergleich dazu wurden in der Allgemeinbevölkerung Mediankonzentrationen von0,03 ng/g Krea für Nichtraucher sowie 0,06 ng/g Krea für Raucher bestimmt. 4 Damitsind die am Arbeitsplatz gemessenen Konzentrationen an 3OHBaP deutlich höher alsdie in der Allgemeinbevölkerung ermittelten. Das zeigt, dass 3-OH-BaP ein empfindlicherParameter zur Unterscheidung von Personen der Allgemeinbevölkerung und beruflichPAK-belasteten Personen ist.Für die Biomarker 3OHBaP, 1-Hydroxypyren und die Summe der hydroxyliertenPhenanthrene zeigen sich an den Arbeitsplätze Kokerei, Konverterzustellung undGraphitelektrodenherstellung enge Korrelationen mit Korrelationskoeffizienten im Bereichvon 0,618 bis 0,867 (P < 0,001) (Tabelle 1).286


V49Vorträge – Biomonitoring IKorrelationArbeitsplatz 3-OH-BaP mit nR P (95%)Konverterzustellung Σ OH-Phen 25 0,6991 *


V49Vorträge – Biomonitoring ILiteratur1 Deutsche Forschungsgemeinschaft. MAK- und BAT-Werte-Liste 2006.Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeiststoffe. Weinheim:Wiley-VCH, 2006.2 Simon P, Lafontaine M, Delsaut P, et al. Trace determination of urinary 3-hydroxybenzo[a]pyrene by automated column-switching high-performance liquidchromatography. J Chromatogr B Biomed Sci Appl 2000; 748: 337-48.3 Lintelmann J,Angerer J. PAH metabolites. In Angerer J and Schaller K-H (eds)Analyses of Hazardous Substances in Biological Materials. Vol. 6. Wiley-VCH,Weinheim 1999: 163-187.4 Lafontaine M, Champmartin C, Simon P, et al. 3-Hydroxybenzo[a]pyrene in theurine of smokers and non-smokers. Toxicol Lett 2006; 162: 181-5.5 Förster K, Preuss R, Rossbach B, et al. 3-Hydroxybenzo[a]pyrene in the urine ofworkers with occupational exposure to polycyclic aromatic hydrocarbons indifferent industries. Occup Environ Med <strong>2007</strong>.288


V50Vorträge – Biomonitoring IGenotoxische Effekte in weißen Blutzellen von Arbeitern nacheiner Exposition gegen Dämpfe aus Bitumen bei derHeißverarbeitung. Vergleich mit Luftmessungen undUrinmetabolitenBoleslaw Marczynski 1 , Monika Raulf-Heimsoth 1 , Anne Spickenheuer 1 , Katrin Förster 2 , Thomas Mensing 1 ,Peter Welge 1 , Beate Pesch 1 , Rainer Bramer 1 , Heiko U. Käfferlein 1 , Dietmar Breuer 3 , Jens-Uwe Hahn 3 ,Jürgen Angerer 2 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 3 Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA), St.AugustinZiel der StudieDämpfe aus Bitumen sind eine Gemisch aus zahlreichen Substanzen darunter eineReihe von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). Einige davonbesitzen ein genotoxisches Potential. Die Belastung gegen Dämpfe aus Bitumen wirdsowohl durch die äußere Exposition (Messung der Dämpfe aus Bitumen alsSummenparameter) als auch mittels Bestimmung der inneren Exposition, d.h. durch dieMessung der PAK-Metabolite 1-Hydroxypyren (1-OHP, Metabolit von Pyren) und derSumme von 1-,2 (+9)-,3-, sowie 4-Hydroxyphenanthren (OHPH, Metabolite vonPhenanthren) im Urin erfasst. Zahlreiche human-epidemiologische Studien weisen beiBitumenarbeitern auf ein erhöhtes Risiko von Lungen-, Magen- und Blasenkrebs hin,obwohl die spezifischen einwirkenden Noxen nicht immer ausreichend beurteilt werdenkonnten (Boffetta et al. 2003; Randem et al. 2003; Shaham et al. 2003). Ziel dieserStudie ist es, mögliche genotoxische Effekte in weißen Blutzellen vonGussasphaltarbeitern bei der Heißverarbeitung von Bitumen in Abhängigkeit von deräußeren und inneren Belastung zu untersuchen. Damit soll ein möglicherZusammenhang zwischen der äußeren und inneren Belastung mit PAK undgenotoxischen Effekten in weißen Blutzellen beurteilt werden. Beschäftigte, die Bitumenheiß verarbeiten, können in geringen Konzentrationen gegenüber kanzerogenemBenzo[a]pyren (B[a]P) exponiert sein. B[a]P wird zu reaktivem (±)-anti-Benzo[a]pyrendiolepoxid (anti-BPDE) metabolisiert, das an die DNA kovalent bindenkann. Mit der Messung der anti-BPDE-DNA-Addukte wurde die Höhe der B[a]P-Belastung in einem Gussasphaltierer-Kollektiv erfasst und der Zusammenhang mit deräußeren und inneren Belastung betrachtet.MethodeDie äußere Exposition gegen Dämpfe aus Bitumen wurde während einer Arbeitsschichtmittels personengetragenen Messungen bei 202 Bitumen-exponierten Beschäftigtenbestimmt (Alter: 17 bis 63 Jahre; Median: 40) (Ambient Monitoring). Die Konzentrationvon Dämpfen aus Bitumen betrug im Median 3,7 mg/m 3 . Als Referenzgruppe dienten 55Straßenarbeiter mit vergleichbarem Tätigkeitsprofil (Alter: 19 bis 61 Jahre; Median 37289


V50Vorträge – Biomonitoring IJahre) aber ohne berufliche Bitumen-Exposition. Bei Bitumen-Exponierten wurden mehrRaucher (65,7% im Vergleich zu 41,8% in Referenzgruppe) und weniger Beschäftigte mitdeutscher Nationalität festgestellt. Die Dauer der Bitumen-Exposition lag bei 8 Jahren(Median). Zusätzlich wurden jeweils vor und nach der Schicht 1-Hydroxypyren (1-OHP)und die Summe aus 1-,2 (+9)-,3-, und 4-Hydroxyphenanthren (OHPH) im Urin alsParameter der inneren Belastung bestimmt. 8-Oxo-7,8-dihydro-2’-deoxyguanosin-Addukte (8-OxodGuo, mittels HPLC mit UV- und elekrochemischem Detektoren) inweißen Blutzellen sowie die Bildung von DNA-Einzel- und Doppelstrangbrüchen sowiealkali-labilen Stellen (alkalischer Version des Comet Assays) in Lymphozyten wurden alsBiomarker für genotoxische Effekte erfasst. Als Biomarker einer B[a]P-Belastung wurdebei 168 Bitumen-exponierten Arbeitern das B[a]P-DNA-Addukt vor und nach der Schichtin weißen Blutzellen mittels HPLC und Fluoreszenzdetektion ermittelt (Nachweisgrenze0,5 Addukte/10 8 Nukleotide). Ein positives Votum der Ethikkommission der Ruhr-Universität Bochum für die Studie lag vor.ErgebnisseEs bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Konzentration von Dämpfenaus Bitumen und der Ausscheidung von 1-OHP (r s =0,25, P


V50Vorträge – Biomonitoring ISchlussfolgerungenVerglichen mit einem Refernzkollektiv führen Arbeitsplätze mit Bitumenexposition bei denexponierten Beschäftigten zu höheren genotoxischen Schädigungen. Die Assoziation mitdem Urinmetaboliten von 1-OHP weist darauf hin, dass es sich bei DNA-Strangbrüchenum sensitive Biomarker handelt. Im Gegensatz dazu scheint die 8-OxodGuo-Addukt-Rate lediglich ein Maß für die Summe aller Belastungen während einer Arbeitsschichtdarzustellen. Aufgrund fehlender Assoziationen zwischen genotoxischen Schädigungenund den Urinmetaboliten können letztere zwar als Expositionsmarker herangezogenwerden, sind aber für die Risikobeurteilung der genotoxischen Schäden mit Vorsicht zubewerten. Eine Exposition gegen Dämpfe aus Bitumen führte unter den beschriebenenArbeitsbedingungen zu keiner über die Belastung durch die sonstige Umwelthinausgehenden zusätzlichen Exposition gegenüber B[a]P. Zur Erfassung einerberuflichen Exposition gegenüber PAK im Niedrigdosisbereich sind 1-OHP und OHPH imUrin im Vergleich zum B[a]P-DNA-Addukt in weißen Blutzellen geeignetere Parameter.Die Ergebnisse unterstützen andere Studien, in denen gezeigt wurde, dass die inhalativeBelastung bei Bitumenarbeitern genotoxische Effekte hervorrufen (Fuchs et al. 1996;Toraason et al. 2001; Marczynski et al. 2006; Cavallo et al. 2006) und auch zu irritativenEffekten führen kann (Raulf-Heimsoth et al. <strong>2007</strong>).Literatur1. Boffetta P, Burstyn I, Partanen T et al.: Cancer mortality among european asphaltworkers: An international epidemiological study. II. Exposure to bitumen fume andother agents. Am J Ind Med 2003; 43: 28-392. Cavallo D, Ursini CL, Bavazzano P et al.: Sister Chromatid Exchange and OxidativeDNA Damage in Paving Workers exposed to PAHs. Ann Occup Hyg 2006; 50: 211-2183. Fuchs J, Hengstler JG, Boettler G, Oesch F: Primary DNA damage in peripheralmononuclear blood cells of workers exposed to bitumen-based products. Int ArchOccup Environ Health 1996; 68:141-1464. Marczynski B, Raulf-Heimsoth M, Preuss M et al.: Assessment of DNA damage inWBCs of workers occupationally exposed to fumes and aerosols of bitumen. CancerEpidemiol Biomarkers Prev 2006; 15: 645-6515. Randem BG, Langard S, Dale I et al.: Cancer incidence among male Norwegianasphalt workers. Am J Ind Med 2003; 43: 88-956. Shaham J, Knecht Y, Burstyn I et al.: Epidemiologic study of cancer mortality amongIsraeli Asphalt workers. Am J Ind Med 2003; 43: 69-787. Toraason M, Hayden C, Marlow D et al.: DNA strand breaks, oxidative damage, and1-OH pyrene in roofers with coal-tar pitch dust and/or asphalt fume exposure. IntArch Occup Environ Health 2001; 74: 396-4048. Raulf-Heimsoth M, Pesch B, Schott K et al.: Irritative effects of fumes and aerosols ofbitumen on the airways: results of a cross-shift study. Arch Toxicol <strong>2007</strong>; 81: 35-44291


V51Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenBelastung und Beanspruchung durch Schichtarbeit im Vergleichmit Bereitschaftsdienst im Krankenhaus, Ergebnisse einerInterventionsstudie bei Ärztinnen und ÄrztenRalf Wegner, Bernd Poschadel, Johanna de Jong, Xaver BaurOrdinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg, HamburgEinleitung und Ziel der Studie:Lange Arbeitszeiten von Ärzten wurden häufiger mit einem erhöhten Risiko für Herz- undGefäßerkrankungen, für Burnout und psychische Erkrankungen (Norpoth und Mau 1998,Dorevitch und Forst 2000, Stößel 2001), auch für Suizide in Verbindung gebracht(Carpenter et al. 1997). Nach einer von uns 1977 (Wegner) und 2002 (Wegner et al.) beiHamburger Krankenhausärzten durchgeführten Untersuchung ließ sich über diese Zeiteine Abnahme der Gesamtarbeitszeit von nur 2 Std. auf im Mittel 61 Std./Wochefestzustellen, es ergaben sich aber kaum noch Hinweise für die früher häufigerausgeübten langen 32 Std. andauernden Dienste der Form ’Tagdienst-Bereitschaftsdienst-Tagdienst’. Dennoch war die Mehrzahl der vollzeitbeschäftigtenAssistenzärzte an Bereitschaftstagen nach wie vor mindestens 24 Std. im Dienst. DieAnzahl der besonders arbeitsintensiven Bereitschaftsdienste der Stufe D hatte zwargegenüber früher leicht abgenommen, dieses wurde aber durch eine Erhöhung derArbeitsintensität ausgeglichen. Auf Grund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofsvom 9.9.2003, nach dem ärztlicher Bereitschaftsdienst im Krankenhaus in Formpersönlicher Anwesenheit in vollem Umfang Arbeitszeit darstellt, wurde derBereitschaftsdienst (BD) mittlerweile weitgehend in Schichtdienst (SD) umgewandelt.Solche arbeitsorganisatorischen Änderungen sollten zu einer Reduzierung der bisherlangen Einsatzzeiten sowie der Arbeitszeit insgesamt führen und beugen, so wirdangenommen, Gesundheitsstörungen und damit auch Leistungseinbußen besser vor.Ziel dieser Studie sollte es daher sein zu überprüfen, ob sich im Längsschnitt nachEinführung der Nacht-Schichtarbeit eine geringere Belastung und Beanspruchungfeststellen lässt als durch den bisher ausgeübten Bereitschaftsdienst derBereitschaftsdienstgruppe D.Methoden:Für die Untersuchung konnten 13 Ärzte und 8 Ärztinnen (Alter 35,3±5,8 Jahre)gewonnen werden, davon 17 aus dem Bereich der Anästhesie und 4 aus der InnerenMedizin. Von diesen konnten 19 nach Wechsel in den Schichtdienst nachuntersuchtwerden (Alter 35,9±5,6 Jahre), eine Anästhesistin und eine Internistin standen wegenAuswanderung bzw. Elternzeit nicht mehr zur Verfügung. Diese 19 Probanden waren seit7,8±5,4 Jahren im ärztlichen Beruf tätig. Die Untersuchungen erfolgten über jeweils 24Std. während und nach (anschließende Freizeit) einem BD sowie nach Wechsel der292


V51Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenDienstart ebenso während und nach einem SD. Bei dem Schichtdienst handelte es sichum eingestreute verlängerte Nachtschichten, dem BD vergleichbar, aber ohnevorausgegangene Arbeitsleistung. Während des Bereitschaftsdienstes begannen dieUntersuchungen zwischen 16 und 18 Uhr, während des SD zwischen 19 und 21 Uhr.Mittels Fragebogen wurden neben demographischen Daten vor allem Angaben zurberuflichen Belastung und Beanspruchung erfasst; fernerhin wurden das MaslachBurnout Inventar, der Mehrdimensionale Befindlichkeitsfragebogen (MDBF, Langformnach Steyer et al., Fa. Hogrefe; jeweils vor und nach dem Dienst), der Fragebogen D-MEQ zur Bestimmung des Chronotyps (nach Griefahn et al., IfADo) und einUntersuchungskollektiv-bezogener standardisierter Tätigkeitserfassungsbogen sowieTeile des Work Ability Index (WAI, nach Tuomi et al., FIOH) eingesetzt. Während der 24-stündigen Untersuchungen wurden das EKG kontinuierlich (Digitalrecorder CM 2000/ CM3000, Fa. Getemed) und der Blutdruck stündlich (Blutdruckmessgerät 0140001, BR-102,Fa. Schiller) erfasst. Der Urin wurde in vier Portionen von 18-24, 24-7 und 7-13 und 13-18 Uhr für die Bestimmung von Adrenalin, Noradrenalin (HPLC mit elektrochemischerDetektion) und Kreatinin gesammelt, weiterhin wurden Speichelproben alle 4 Std. mitAusnahme des Schlafes sowie zusätzlich direkt nach dem Schlaf und eine halbe Std.später für die Bestimmung von Cortisol und Dihydroepiandrosteron (DHEA) gewonnen(kompetitiver Chemilumineszenz-Immunoassay, Fa. IBL, Hamburg). Nach Dienstende,d.h. morgens gegen 8 Uhr, erfolgte jeweils eine Blutabnahme zurdurchflusszytometrischen Lymphozytendifferenzierung. Zwecks standardisierterAuswertung wurden alle langzeiterhobenen Parameter intraindividuell über die obengenannten Zeiten gemittelt in die Berechungen (t-Test mit verbundenen Stichproben)einbezogen.Ergebnisse:Die wesentlichen Ergebnisse finden sich in den Tabellen 1 und 2. Es zeigten sich nurvereinzelt statistisch signifikante Befunde, so u. a. eine höhere Noradrenalinausscheidungwährend des nächtlichen Schichtdienstes sowie eine schlechtere Stimmungnach diesem Dienst. Der überwiegende Teil der Probanden war chronotypisch demNeutraltyp (n=16) zuzuordnen, die anderen dem moderaten Abendtyp. Einedifferenzierte Auswertung für den Chronotyp erfolgte bei dieser Verteilung in Anbetrachtdes geringen Kollektivumfangs ebenso wenig wie eine geschlechts- oder fachspezifischeDifferenzierung.Diskussion und Schlussfolgerungen:Bei den Untersuchungen wurde auf bewährte Parameter wie den Blutdruck- und dieHerzfrequenzmessung oder die Katecholaminbestimmung im Harn zurückgegriffen,daneben kamen aber auch neuere Verfahren wie Speicheluntersuchungen von Cortisol-293


V51Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppenund DHEA sowie immunologische Methoden wie die Lymphozytendifferenzierung zumEinsatz. Für die Eignung letzterer bei Stressuntersuchungen im Arbeitsleben ergabensich im Richterberuf Hinweise: An Tagen mit Kammerverhandlungen (im Vergleich mitAktenarbeit) ließen sich nicht nur höhere Adrenalinausscheidungen feststellen, sondernebenso eine signifikante Abnahme der Anzahl der NK-Zellen (Wegner et al. 2001). Übereine geringere NK-Zellaktivität unter Stressbedingungen berichteten auch Kobayashi etal. (1997) bei Nachtdienst leistenden Krankenschwestern. Dieses könnte eine in derLiteratur wiederholt beschriebene Zunahme von Infektionskrankheiten unter Stress(Lehmann et al. 1997, Mohren et al. 2003) erklären. Cortisolbestimmungen im Speichelhaben sich als Beanspruchungsparameter für Störungen der circadianen Rhythmik beiNachtarbeitern etabliert (Shinkai et al. 1993, Yang et al. 2001, Fujiwara et al. 2004),bisher kaum untersucht wurde dagegen die Wirkung des adrenalen AndrogensDihydroepiandrosteron bei Stress. Dieses Hormon steigt nach Morgan et al. (2004) beiakuten Belastungen an, wurde aber auch nach sog. posttraumatischem Stress (Yehudaet al. 2006) oder im Sinne einer Trainingsadaptation erhöht gefunden (Chennaoui et al.2004). McCraty et al. (1998) berichteten dagegen über einen antagonistischen Effekt desDHEA bei vermindertem Stress, konträr zum Abfall des Speichelkortisols.Zunächst ist als Ergebnis dieser Studie festzustellen, dass sich die wöchentlicheArbeitszeit der jetzt Untersuchten gegenüber den Befragungsergebnissen von 2002(Anästhesisten 62,1±6,1 Std.) deutlich verringert hat Die Anwesenheit in der Klinik lagbeim Schichtdienst mit 11,2 Std. erwartungsgemäß niedriger als beimBereitschaftsdienst (24,6 Std.). Erstaunlicherweise konnte von einigen der Probandenwährend des Schichtdienstes immer noch geschlafen werden, wenn auch, auf dasGesamtkollektiv bezogen, nur im Mittel 1,9 Std.; dieses verkürzte aber die Schlafzeitnach dem Dienst, so dass die Beanspruchungsparameter wie zum Beispiel der Blutdrucküber die Untersuchungszeiten keine ausgeprägte Rhythmik zeigten. Gleiches gilt für dieKatecholamine, die nach Arbeitsende nicht rückläufig waren. Zwischen den beidenNachtdienstformen ergab sich für den MDBF-Parameters GS ein statistisch signifikanterUnterschied, d.h. die Stimmung veränderte sich während des Schichtdienstes deutlichervom Guten zum Schlechten als während des Bereitschaftsdienstes. Die während derNachtschicht höhere Noradrenalinausscheidung im Harn ist am ehesten auf eineplausible höhere körperliche Belastung während des Volldienstes (SD) zurückzuführen,hierfür spricht auch die während dieser Zeit höhere Herzschlagfrequenz.Insgesamt sind zwischen den Dienstformen angesichts der Vielzahl vorgenommenerstatistischer Tests aber überraschend wenige Unterschiede zu sichern. Soweit in Anbetrachtdes geringen Kollektivumfangs eine Aussage überhaupt möglich ist, hat dieUntersuchung keine Hinweise auf unterschiedliche physiologische, hämatologische,294


V51Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppenbiochemische oder psychometrische Auswirkungen beider Nachtdienstarten gezeigt.Dieses belegt natürlich nicht, dass aus arbeitsmedizinischer Sicht bedenkenlos zum 24-stündigen Bereitschaftsdienst zurückgekehrt werden könnte oder sollte. Dennoch bleibtabzuwarten, ob sich infolge häufigerer Nachtdienstfrequenzen beim Schichtdiensttatsächlich auch langfristig eine, hier nicht nachgewiesene, aber nach wie vor vermutetegeringere Beanspruchung durch die zu leistende Arbeit zeigen wird. Die Probandenselbst gaben (nach anfänglichem Widerstand gegen den Wechsel) im persönlichenGespräch an, nicht wieder zum überlangen Bereitschaftsdienst zurückkehren zu wollen.Literatur• Carpenter LM, Swerdlow AJ, Fear NT: Mortality of doctors in different specialties:findings from a cohort of 20000 NHS hospital consultants. Occup Environm Med 54(1997) 388-395• Chennaoui M, Gomez-Marino D, Drogou C, Bourrilhon C, Sautivet S, Guezennec CY:Hormonal and metabolic adaptation in professional cyclists during training. Can JAppl Physiol 29 (2004) 714-730• Dorevitch S, Forst L: The occupational hazards of emergency physicians. Am JEmerg Med 18 (2000) 300-311• Fujiwara K, Tsukishima E, Kasai S, Masuchi A, Tsutsumi A, Kawakami N, Miyake H,Kishi R: Urinary catecholamines and salivary cortisol on workdays and days off inrelation to job strain among female health care providers. Scand J Work EnvironHealth 30 (2004) 129-138• Kobayashi F, Furui H, Akamatsu Y, Watanabe T, Horibe H: Changes inpsychophysiological functions during night shift in nurses. Influence of changing froma full-day to a half-day work shift before night duty. Int Arch Occup Environ Health 69(1997) 83-90• Lehmann MJ, Lormes W, Opitz-Gress A, Steinacker JM, Netzer N, Foster C,Gastmann U: Training and overtraining, an overview and experimental results inendurance sports. J Sports Med Phys Fitness 37 (1997) 7-17• McCraty R, Barrios-Choplin B, Rozman D, Atkinsons M, Watkins AD: The impact of anew emotional self-management program on stress, emotions, heart rate variability,DHEA and cortisol. Integr Physiol Behav Sci 33 (1998) 151-170• Mohren DC, Swaen GM, Kant IJ, van Amelsvoort LG, Borm PJ, Galama JM:Common infections and the role of burnout in a Dutch working population. JPsychosom Res 55 (2003) 201-208• Morgan Ca 3rd, Soutwick S, Hazlett G, Rasusson A, Hoyt G, Zimolo Z, Charney D:Relationships among plasma dehydroepiandrosterone sulfate and cortisol levels,symptoms of dissociation, and objective performance in humans exposed to acutestress. Arch Gen Psychiatry 61 (2004) 819-825• Norpoth K, Mau I: Pilotstudie über auffällige Erkrankungen im Arztberuf, DOK-Bd<strong>DGAUM</strong> 38 (1998) 169-174• Shinkai S, Watanabe S, Kurokawa Y, Torii J: Salivary cortisol for monitoring circadianrhythm variation in adrenal activity during shiftwork. Int Arch Occup Environ Health 64(1993) 499-502• Stößel U: Ärzte und ihre Gesundheit – (K)ein Thema für die Arbeitsmedizin?, inHofmann, Reschauer, Stößel: Arbeitsmedizin im Gesundheitsdienst, Bd 14, S 199-218, Freiburg im Breisgau: edition FFAS 2001• Yang Y, Koh D, Ng V, Lee FC, Chan G, Dong F, Chia SE: Salivary cortisol levels andwork-related stress among emergency department nurses. J Occup Environ Med 43(2001) 1011-1018295


V51Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppen• Yehuda R, Brand SR, Golier JA, Yang RK: Clinical correlates of DHEA associatedwith post-traumatic stress disorders. Acta Psychiatr Scand 114 (2006) 187-193• Wegner R, Szadkowski D, Grimm M, Koops F, Poschadel B, Herrmann M, Baur X:Hormonelle, immunzytologische und psychometrische Befunde bei Personen mitpsychischen und mentalen Belastungen. DOK-Bd <strong>DGAUM</strong> 41 (2001) 55-60• Wegner R, Szadkowski D, Poschadel B, Simms M, Niemeyer Y, Baur X:Psychomentale Belastung im Arztberuf. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 37(2002) 60-75• Wegner R: Die berufliche Belastung von Hamburger Krankenhausärzten, HamburgerÄrzteblatt 31 (1977) 314-318, 360-363, 403-409296


V51Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenTab 1. Vergleich zwischen Bereitschaftsdienst und Schichtdienst, Ergebnisse des t-Tests mitverbundenen Stichproben, - Erhebungsbogen, Blutuntersuchungen -Bereitschaftsd. SchichtdienstParameter x s x s pArbeits- und Schlafdauer (Std.)Arbeitszeit letzte Woche* 54,8 10,3 55,3 13,9 0,886• davon Anästhesisten 54,3 10,3 56,0 14,1 0,637Gesamtarbeitszeit untersuchter Dienst 24,6 0,53 11,2 1,10


V51Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenTab 2. Vergleich zwischen Bereitschaftsdienst und Schichtdienst, Ergebnisse des t-Tests mitverbundenen Stichproben, - Physiologische und biochemische Parameter -Bereitschaftsd. SchichtdienstParameter x s x s p18 – 24 UhrHerzfrequenz (Schl./min) 79,6 8,6 83,7 12,4 0,211Blutdruck systolisch (mmHg) 125,4 10,5 126,4 13,6 0,750Blutdruck diastolisch (mmHg) 81,6 9,5 81,9 9,2 0,893Adrenalin H (µg/g Kreatinin) 6,80 4,28 4,86 2,51 0,112Noradrenalin H (µg/g Kreatinin) 31,8 15,0 31,6 17,7 0,956Cortisol Sp (ng/ml) 1,09 0,54 1,26 0,72 0,462DHEA Sp (ng/ml) 0,23 0,14 0,26 0,25 0,68524 - 7 UhrHerzfrequenz (Schl./min) 70,1 11,1 78,4 9,9 0,002Blutdruck systolisch (mmHg) 118,8 14,2 123,8 17,2 0,165Blutdruck diastolisch (mmHg) 74,6 12,4 77,6 11,1 0,290Adrenalin H (µg/g Kreatinin) 4,14 4,30 4,68 4,46 0,634Noradrenalin H (µg/g Kreatinin) 23,5 12,4 31,3 23,2 0,037Cortisol Sp (ng/ml) 3,88 2,08 4,38 7,36 0,766DHEA Sp (ng/ml) 0,53 0,34 0,48 0,40 0,7137 - 13 UhrHerzfrequenz (Schl./min) 74,9 9,3 72,1 7,9 0,063Blutdruck systolisch (mmHg) 121,9 10,3 121,8 14,2 0,976Blutdruck diastolisch (mmHg) 78,7 7,9 76,8 10,8 0,534Adrenalin H (µg/g Kreatinin) 4,44 3,70 4,28 3,56 0,882Noradrenalin H (µg/g Kreatinin) 30,7 13,6 29,3 21,2 0,712Cortisol Sp (ng/ml) 4,68 3,14 3,62 3,99 0,389DHEA Sp (ng/ml) 0,53 0,61 0,67 0,72 0,37613 - 18 UhrHerzfrequenz (Schl./min) 73,3 12,0 70,8 18,1 0,467Blutdruck systolisch (mmHg) 122,7 11,8 125,3 14,5 0,345Blutdruck diastolisch (mmHg) 76,5 8,7 80,7 14,0 0,146Adrenalin H (µg/g Kreatinin) 4,07 2,16 4,05 2,62 0,976Noradrenalin H (µg/g Kreatinin) 29,2 13,7 26,7 10,8 0,331Cortisol Sp (ng/ml) 3,31 2,69 3,43 2,36 0,878DHEA Sp (ng/ml) 0,44 0,43 0,53 0,46 0,438Nach dem SchlafCortisol Sp (ng/ml) 4,55 3,05 2,91 2,30 0,016DHEA Sp (ng/ml) 0,93 0,89 0,75 0,65 0,379½ Std. nach dem SchlafCortisol Sp (ng/ml) 5,48 3,69 5,71 3,45 0,879DHEA Sp (ng/ml) 0,73 0,82 0,74 0,51 0,985x: Mittelwert, s: Standardabw., H: Harn, Sp: Speichel, DHEA: DihydroepiandrosteronDanksagung: Die Autoren bedanken sich bei der Lieselotte und Dr. Karl Otto Winkler-Stiftung für Arbeitsmedizin im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft für diegewährte Sachbeihilfe298


V52Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenStressbedingte berufliche Beanspruchung und Belastung beiÄrzten und deren systemische AuswirkungenWolfgang HagemannPsychotherapie und Psychosomatik, Röher Parkklinik, EschweilerManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.299


V53Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenAktuelles Wohlbefinden von jungen Ärzten in Abhängigkeit vonBerufsalltag und Einschätzung des eigenen Könnens nach demMedizinstudiumElke Ochsmann 1 , Klaus Schmid 1 , Eva-Maria Keller 1 , Michael Mück-Weymann 2 , Hans Drexler 11 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen;2 Institut für Verhaltensmedizin und Prävention, Private Universität fürGesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik, HallEinleitung: Im Rahmen der Ärztestreiks des letzten Jahres machten Ärzte u. a. auf ihrehohe Belastung im Beruf aufmerksam. Bekannten Belastungs-Faktoren sindÜberstunden, Dienste und hohe Verantwortung. Es ist jedoch nicht bekannt, ob sich dasBelastungsempfinden der Ärzte im Berufsleben ändert, z. B. durch zunehmendeErfahrung beim Ausüben der ärztlichen Tätigkeit. Ein Ziel der vorliegendenUntersuchung war es, herauszufinden, ob sich das Wohlbefinden und die empfundeneBelastung im Laufe der ärztlichen Tätigkeit ändern und ob das Belastungsempfinden vonder eigenen Einschätzung der Ausbildung abhängt.Methodik: Kollektiv: Mit Hilfe der bayerischen Landesärztekammer wurden 1527Adressen von Ärzten eingeholt, die sich im Jahr 2005 zum ersten Mal bei derbayerischen Landesärztekammer gemeldet hatten. Diese Ärzte wurden angeschriebenund es wurde ihnen ein Fragebogen zugesandt. 33 Fragebogen konnten nicht zugestelltwerden, so dass insgesamt von einer Zahl von 1494 angeschriebenen Ärztenauszugehen ist. Fragebogen: Der Fragebogen umfasste insgesamt 40 Fragekomplexezu Studium, Beruf und Wohlbefinden/Belastung. Es wurden die Kurzform des Erholungs-Belastungs-Fragebogen (EBF 24/A) eingesetzt, wie auch der WHO-5-Fragebogen zumWohlbefinden, der häufig zum Screening depressiver Veränderungen verwendet wird.Daneben finden sich im Fragebogen Fragekomplexe aus dem COPSOQ-Fragebogen,vor allem zum Thema Mobbing; diese sind jedoch in der hier vorliegenden Darstellungnicht explizit ausgewertet. Auswertung: Für die Einteilung „Hinweis auf depressiveVerstimmung“ bzw. „kein Hinweis auf eine depressive Verstimmung“ des WHO-5-Fragebogens wurde der allgemein evaluierte Grenzwert von 13 zu Grunde gelegt.Unterhalb dieses Wertes ist von einer möglichen depressiven Verstimmung auszugehen,und eine weitere Abklärung des Befragten ist anzustreben. Der EBF-Fragebogen wurdemittels der Handanweisung und dem Referenzkollektiv von Wolfgang Kallusausgewertet. Für die hier vorliegende Auswertung wurde ein Erholungs/Belastungs-Quotient berechnet, der im Referenzkollektiv von Kallus bei 1,85 lag. Es ist davonauszugehen, dass für Quotienten unterhalb von 1,85 der Zusammenhang zwischenErholung und Belastung im untersuchten Kollektiv ungünstiger als im Referenzkollektiv300


V53Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppenzu bewerten ist. Statistik: Eingesetzt wurde der Mann-U-Whitney-Test für zwei nichtnormalverteilteStichproben (p 1 Jahr) p=0,906 und zwischen (< 6 Monate und > 1 Jahr)p=0,034).301


V53Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenWHO-5 und EBF: 712 Ärzte beantworteten den WHO-5 Fragebogen und erreichten imMedian einen Wert von 11 Punkten. 412 Ärzte (57,4 %) blieben dabei unterhalb des 13-Punkte-Wertes, 300 Ärzte (41,8 %) erreichten einen Wert von 13 oder höher. Innerhalbder Gruppen „berufstätig seit weniger als 6 Monaten“, „berufstätig seit mehr als 6Monaten aber weniger als einem Jahr“ und „berufstätig seit mehr als 1 Jahr“ ergabensich im Mann-U-Whitney-Test zum Teil signifikante Unterschiede (Abb. 1).695 Ärzte beantworteten den EBF 24A Fragebogen und erreichten im Median einenErholungs/Belastungs-Quotienten von 1,23. Von den befragten Ärzten wurde bei 485(69,8 %) ein Erholungs/Belastungs-Quotient von kleiner als 1,85 (Referenzgruppe)errechnet. 27 % der Ärzte (n=187) erreichten einen größeren Quotienten. Auch beimEBF fanden sich z. T. statistisch signifikante Unterschiede im Mann-U-Whitney-Test(Abb. 2).Die Einschätzung des eigenen Könnens nach der medizinischen Ausbildung hattesignifikanten Einfluss auf die WHO-5-Punktezahl und den EBF-Quotienten bei Ärztenjeglicher Berufstätigkeits-Dauer (Ausnahme EBF bei der Ärztegruppe, die weniger als 6Monate berufstätig war) in dem Sinn, dass diejenigen Ärzte, die sich nach Abschluss desStudiums gut auf das Berufsleben vorbereitet fühlten, auch ein besseres Ergebnis imWHO-5- und EBF-Fragebogen erzielten.302


V53Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppenp=0,009p=0,008p=0,935Abb. 2: Zusammenhang zwischen Quotienten-Wert im EBF 24A und der Dauer derBerufstätigkeit (Mann-U-Whitney zwischen (< 6 Monaten und 6 Monate – 1 Jahr) p=0,008;zwischen (6 Monate – 1 Jahr und > 1 Jahr) p=0,935 und zwischen (< 6 Monate und > 1 Jahr)p=0,009).Zusammenfassung und Diskussion der Ergebnisse: Sowohl das Wohlbefinden (WHO),als auch das Verhältnis von Erholung/Belastung (EBF) ist im Mittel im befragtenKollektiv der Ärzte als unterdurchschnittlich zu bewerten und ändert sich in unseremKollektiv vor allem in den ersten 12 Monaten der Berufstätigkeit signifikant. Bei diesemErgebnis sollte die Möglichkeit berücksichtigt werden, dass vor allem unzufriedene Ärzte,bzw. Ärzte, die sich überfordert fühlen, den Fragebogen bearbeitet und zurückgesandthaben. Für Berufsanfänger und auch für „fortgeschrittene“ berufstätige Ärzte scheint dassubjektiv empfundene Können nach der Ausbildung Einfluss auf den WHO-Score undden EBF-Score zu nehmen.303


V54Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenPsychosoziale Belastungen bei Krankenhausbeschäftigten vorund nach Einführung der DRG-basierten Vergütung inDeutschlandMonika A. Rieger 1 , Wilfried E. Dieterle 2 , Sascha Schmidt 3 , Andrea Wittich 2 , Elke Donath 3 , SabineBartholomeyczik 41 Arbeitsmedizin, Fakultät für Medizin, Universität Witten / Herdecke, Witten; 2 Abteilung für PsychosomatischeMedizin und Psychotherapie, Universitätsklinik Freiburg, Freiburg; 3 Institut für Pflegewissenschaft, Fakultätfür Medizin, Universität Witten / Herdecke, Witten; 4 Lehrstuhl für Epidemiologie - Pflegewissenschaft,Fakultät für Medizin, Universität Witten / Herdecke, WittenZusammenfassungDie Einführung der DRG-basierten Vergütung in der stationären Krankenversorgung isteine zentrale Maßnahme der letzten Jahre. Die damit verbundenenUmstrukturierungsprozesse gehen mit einem Stellenabbau und einem teilweiseveränderten Aufgabenspektrum in den Berufsgruppen einher.Basierend auf der Methodologie der COPSOQ-Validierungsstudie (Nübling et al. 2005)erfolgte im Rahmen des Projektes „Arbeitsbedingungen im Krankenhaus“ (BAuA F2032;www.arbik.de) eine Befragung von Ärzten und Pflegenden in drei Krankenhäusern derMaximalversorgung. Auf insgesamt zwei chirurgischen, drei internistischen und einerneonatologischen Station wurden 71 Ärzte und 111 Pflegende befragt. ZumBefragungszeitpunkt im Jahr 2005 war die DRG-basierte Vergütung in allen drei Häusernimplementiert.Im Vergleich der aktuellen Daten mit den Ergebnissen aus der Validierungsstudie(abgeschlossen 2004) als Referenz zeigten sich in der MANOVA signifikanteUnterschiede in einzelnen COPSOQ-Skalen. Bei Ärzten und Pflegenden ergaben sich2005 höhere Werte auf den Skalen "quantitative Anforderungen", "Beeinflussung desPrivatlebens durch die Arbeit", "Rollenkonflikt" und niedrigere Werte auf den Skalen"Rollenklarheit", "Einfluss bei der Arbeit" sowie "Bedeutung der Arbeit". Zugleich wurdedas Vorkommen von Mobbing von beiden Berufsgruppen im Jahr 2005 deutlich häufigerangegeben als 2004. Im Hinblick auf die Skala "Arbeitsplatzunsicherheit" unterschiedensich beide Berufsgruppen voneinander und im Vergleich zur Referenz. Bei Pflegendenwar dieser Faktor sowohl im aktuellen Vergleich zu den Ärzten und als auch zu denPflegenden der Referenz höher ausgeprägt, bei den Ärzten war sie im Vergleich zurReferenz niedriger ausgeprägt.Insgesamt zeigten sich 2005 im Vergleich zur Referenzgruppe deutliche Unterschiede.Diese Unterschiede sind über Berufsgruppen und einzelne Krankenhäuser bzw.Stationen hinweg zu beobachten. Dies stützt die Annahme, dass sich hier Auswirkungender Umstrukturierungen bemerkbar machen. Betriebsärztinnen und Betriebsärzte solltenentsprechende Umstrukturierungsprozesse begleiten, sich ändernde Belastungen304


V54Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppendokumentieren und Hilfsangebote für die Beschäftigten anbieten bzw. vermitteln (z.B.Supervision, Coaching).Ziel der StudieDie Einführung der DRG-basierten Vergütung im Krankenhaus führt zu vielfältigenVeränderungen der Arbeitsabläufe und damit auch der Arbeitsbedingungen in derstationären Patientenversorgung (1,2). Mögliche Veränderungen in den von denBeschäftigten im Krankenhaus erlebten psychosozialen Belastungen undBeanspruchungen sollten über den Vergleich von Daten aus verschiedenen Erhebungenmit der deutschen COPSOQ-Version (4) abgebildet werden.MethodenIm Rahmen des BAuA-Projektes F2032 „Arbeitsbedingungen im Krankenhaus“(www.arbik.de) wurde vor Beginn der Interventionsphase im Jahr 2005 eine Befragungvon Ärzten und Pflegenden durchgeführt. Da Skalen aus der deutschen COPSOQ-Version (4) einen wesentlichen Bestandteil des Befragungsinstrumentes darstellten, warder Vergleich der aktuell erhobenen Daten mit den Angaben möglich, die in den Jahren2003 und 2004 im Rahmen der COPSOQ-Validierungsstudie (4) bei Ärzten undPflegenden erhoben wurden. Aus den Jahren 2003 und 2004 standen Angaben vonn=41 Ärzten und n=402 Pflegenden aus 3 Krankenhäusern der Allgemeinversorgung zurVerfügung. Im Jahr 2005 hatten n=71 Ärzte und n=111 Pflegende aus je zwei Stationenin drei Krankenhäusern der Maximalversorgung die Fragebögen beantwortet. DerVergleich der Angaben erfolgte auf dem Niveau einzelner COPSOQ-Skalen (4) mittelsMANOVA. Die Skalenwerte wurden entsprechend der Angaben von Nübling et al. (4) ausden zugeordneten Einzelfragen der mittellangen COPSOQ-Version errechnet.ErgebnisseBei der vergleichenden Betrachtung der Angaben von Pflegenden und Ärzten aus denJahren 2003/2004 und 2005 wurde deutlich, dass sich im Hinblick auf eine Vielzahl vonParametern gleichgerichtete Veränderungen ergaben: in beiden Gruppen wurden höhereAngaben für die Skalen „quantitative Anforderungen“, „Einfluss der Arbeit auf dasPrivatleben“ und „Rollenkonflikt“ gemacht. Die „Rollenklarheit“ wurde entsprechendniedriger angegeben, ebenso – v.a. bei den Pflegenden - der „Einfluss bei der Arbeit“(Abb. 1).305


V54Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppen10080Pflege 2003 Pflege 2005Ärzte 2003 Ärzte 20056040200quant. AnforderungenEinfluss Beruf - PrivatlebenRollenklarheitEinfluss bei der ArbeitArbeitsplatzunsicherheitAbb. 1: Psychosoziale Belastungen im Vergleich bei Pflegenden und Ärzten in den Jahren2003/2004 (aus COPSOQ-Validierungsstudie (4)) und 2005 (Projekt „ArbiK“)(Mittelwerte; 0 = niedrigste, 100 = höchste Ausprägung)In beiden Berufsgruppen ergab sich eine höhere Ausprägung für die Frage „Fühlen Siesich durch Kollegen und Vorgesetzte häufig zu unrecht kritisiert, schikaniert oder voranderen bloßgestellt?“, mit der Mobbing erfragt wurde (4). Anders als bei den obengenannten Themen zeigte sich bei der Skala „Arbeitsplatzunsicherheit“ einegegenläufige Veränderung: während die Ärzte in den entsprechenden Fragen im Jahr2005 geringere Angaben machten als die Kollegen in den Jahren 2003 und 2004, warendie Angaben der Pflegenden im Jahr 2005 stärker ausgeprägt als zuvor (Abb. 1).Besonders deutlich war der Unterschied in den Angaben von Ärzten und Pflegendeneines Krankenhauses, das kurz vor der Durchführung der Befragung im Jahr 2005privatisiert worden war: hier wurde auf der Skala „Arbeitsplatzunsicherheit“ (0 =niedrigste, 100 = höchste Ausprägung) für die Pflegenden der internistischen und derchirurgischen Projektstation ein Wert von 48 bzw. 51 errechnet, während sich für dieÄrzte auf denselben Stationen nur ein Wert von ca. 13 ergab (Abb. 2).306


V54Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppen604020Pflege 2005Pflege 2003Ärzte 2003Ärzte 2005Pflege N1Pflege C2Pflege C1Pflege I3Pflege I2Pflege I1Pflege 2005 (MW)Pflege 2003 (MW)Ärzte 2003 (MW)Ärzte 2005 (MW)Ärzte I1Ärzte I2Ärzte I3Ärzte C1Ärzte C2Ärzte N10C1I1PflegendeÄrzteI1C1Abb. 2.: Arbeitsplatzunsicherheit – Angaben von Pflegenden und Ärzten einzelner Stationen(2005) und Mittelwerte für beide Berufsgruppen (2003/2004, 2005);↓: hohe Arbeitsplatzunsicherheit bei den Pflegenden, niedrige Werte bei den Ärzten auf derselbeninternistischen (I1) bzw. chirurgischen Station (C1) im kurz zuvor privatisierten Krankenhaus 1. (I= Innere, C = Chirurgie, N= Neonatologie; 1-3: Krankenhäuser; MW: Mittelwert; 0 = niedrigste,100 = höchste Ausprägung)Diskussion und SchlussfolgerungenDie von Nübling et al. (2005) in der deutschen Fassung validierten Instrumente zurErfassung psychischer Belastungen erwiesen sich als geeignet für die Befragung vonBeschäftigten im Gesundheitsdienst. Die vorliegenden Ergebnisse müssen allerdings mitder Einschränkung betrachtet werden, dass einerseits die Befragten zu den beidenZeitpunkten aus unterschiedlichen Krankenhäusern stammten und andererseits es sichnicht um repräsentative Stichproben handelte. Aus diesem Grund wurde bei derErgebnisdarstellung auf die Angabe von Signifikanzniveaus verzichtet. Vor demHintergrund der Befunde aus z.B. einer anderen Befragung von Krankenhausärzten (3,5) wird jedoch deutlich, dass die aufgezeigten Tendenzen der Veränderungpsychosozialer Belastungen der Beschäftigten im Krankenhaus reproduzierbar sind. Inder betriebsärztlichen Betreuung sollten Umstrukturierungsprozesse entsprechendbegleitet, sich ändernde Belastungen dokumentiert und Hilfsangebote für dieBeschäftigten angeboten bzw. vermittelt werden (z.B. Supervision, Coaching). Die307


V54Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenFokussierung auf die Station als Ort des Zusammenarbeitens von Pflegenden undÄrzten erwies sich hierbei im Projekt „Arbeitsbedingungen im Krankenhaus“ als sinnvoll.Literatur(1) Bartholomeyczik, S.: Ausgewählte Ergebnisse zu Arbeitssituationen im Krankenhausin Zeiten der Einführung des DRG-basierten Entgeltsystems, in: Hofmann, F.,Reschauer, G., Stößel, U.: 20. Symposium Arbeitsmedizin im Gesundheitsdienst,edition ffas, Freiburg (<strong>2007</strong>).(2) Doelfs, P.: Konsequenzen der DRG-Einführung in der stationärenKrankenversorgung, in: Hofmann, F., Reschauer, G., Stößel, U.: 20. SymposiumArbeitsmedizin im Gesundheitsdienst, edition ffas, Freiburg (<strong>2007</strong>).(3) Fuß, I., Nübling. M., Hasselhorn, H.M., Schwappach, D., Rieger, M.A.: „Work-Family-Conflict“ und Mobbing – Prävalenz und Prädiktoren bei Krankenhausärzten inDeutschland in: Dokumentationsband über die 46. Jahrestagung der DeutschenGesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin in Hannover, 22.-25. März 2006,Veröffentlichung auf CD-Rom (<strong>2007</strong>).(4) Nübling, M., Stößel, U., Hasselhorn, H.M., Michaelis, M., Hofmann, F.: Methoden zurErfassung psychischer Belastung – Erprobung eines Instrumentes (COPSOQ), Fb1058, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven (2005).(5) Rieger, M.A., Fuß, I., Nübling, M., Schwappach, D., Hasselhorn, H.M.: PsychosozialeBelastungen und Mobbing bei Krankenhausärzten – Forschungsergebnisse undKonsequenzen, in: Hofmann, F., Reschauer, G., Stößel, U.: 20. SymposiumArbeitsmedizin im Gesundheitsdienst, edition ffas, Freiburg (<strong>2007</strong>).308


V55Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenDie psychosoziale Arbeitssituation von Betriebsärzten imBerufsvergleichHans-Martin Hasselhorn 1 , Matthias Nübling 2 , Monika A. Rieger 31 Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik, Bergische UniversitätWuppertal, Wuppertal;2 FFAS, Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin, Freiburg;3 Arbeitsmedizin, Fakultät für Medizin, Universität Witten / Herdecke, WittenEinführungAuch die Arbeitsrealität der Betriebsärzte befindet sich im Umbruch, charakterisiert u.a.durch Privatisierung betriebsärztlicher Dienstleistungen, Konkurrenzdruck undNeuregelungen des Arbeitsschutzes (<strong>DGAUM</strong> 2006, Müntefering 2006). Dies lässtannehmen, dass sich die psychosoziale Arbeitssituation auch in dieser Berufsgruppeverändert hat und auch weiter verändern wird.In der Phase der Neuorientierung könnte es von Interesse sein, psychosozialeRessourcen und mögliche Schwächen der Arbeit von Betriebsärztinnen undBetriebsärzten zu kennen. In diesem Beitrag wird daher auf die folgenden zwei Frageneingegangen:1. Wie ist das psychosoziale Belastungs- und Beanspruchungsprofil bei Betriebsärztenim Vergleich mit verwandten Berufsgruppen?2. Welche Risikogruppen innerhalb der Gruppe der Betriebsärzte lassen sichidentifizieren?Der erste Teil des Beitrags basiert auf Ergebnissen verschiedener COPSOQ-Erhebungen, die zum Teil bereits in Hasselhorn et al, <strong>2007</strong> veröffentlicht worden sind.MethodeMittels der deutschen Standardversion des COPSOQ (Copenhagen PsychosocialQuestionnaire, Kristensen et al 2005, Nübling et al. 2006, <strong>2007</strong>) wurden im Jahr 2006352 Betriebsärzte zur psychosozialen Arbeitsbelastung und -beanspruchung befragt.Von ihnen hatten 248 eine online-Version, 82 eine postalische Version und 22 denCOPSOQ zuvor in anderem Zusammenhang ausgefüllt. 51 der Antwortenden war ineiner eigenen betriebsärztlichen Praxis niedergelassen und 41 „als sonstiger Facharztnebenbei betriebsärztlich tätig“, 150 waren beim betreuten Betrieb, 98 bei einemüberbetrieblichen arbeitsmedizinischen Dienst und drei in einer betriebsärztlichen Praxisangestellt. Die Ergebnisse der Betriebsärzte wurden verglichen mit denen von 406Krankenhausärzten (gemeinsame Ausbildungsherkunft) und 101 Sicherheitsingenieuren(ähnliches Tätigkeitsumfeld). Diese Vergleichsgruppen setzen sich aus früherenCOPSOQ-Befragungen aus den Jahren 2004-2006 zusammen. Insgesamt basiert dieserBeitrag folglich auf den Daten von 859 Personen aus der COPSOQ-Datenbank.309


V55Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenBerufsgruppenvergleiche erfolgten mittels MANOVA, korrigiert für Alter und Geschlechtund Befragungsart (Papierbefragung / Onlinebefragung, siehe Hasselhorn et al. <strong>2007</strong>).Bei gruppenspezifischen Auswertungen wurden nur Betriebsärztinnen und -ärzteberücksichtigt, adjustiert für Alter und Anstellungsform.Arbeitsinhalt- Emotionale Anforderungen- Anford., Gefühle zu verbergen- Quantitative AnforderungenSoziales Arbeitsumfeld- Rollenklarheit- Rollenkonflikte- Führungsqualität- Rückmeldung- Soziale Unterst. vom Vorgesetzten- Soziale Unterst. von Kollegen- Soziale Beziehungen- Gemeinschaftsgefühl- MobbingArbeitsorganisation-Einfluss- Entscheidungsspielraum- Entwicklungsmöglichkeiten- Vorhersagbarkeit- ArbeitsplatzunsicherheitBelastungsfolgen- Bedeutung der Arbeit- Verbundenheit mit Arbeitsplatz- Konflikt Arbeit - Familie- Gedanke an Berufsaufgabe- Arbeitszufriedenheit- Allg. Gesundheitszustand-Burnout- Kognitiver Stress- LebenszufriedenheitAbb. 1: Übersicht über den Inhalt und methodischen Aufbau des Copenhagen PsychosocialQuestionnaire, Standardversion, 24 Skalen, 87 FragenErgebnissePsychosoziales Belastungs- und BeanspruchungsprofilSämtliche erhobenen Indikatoren des Arbeitsinhalts waren bei Betriebsärzten undSicherheitsingenieuren signifikant günstiger als bei Krankenhausärzten (z.B. „quantitativeAnforderungen“) (Abbildung 2). Auch bezüglich der Aspekte der Arbeitsorganisationfanden sich bei Betriebsärzten und Sicherheitsingenieuren günstigere Werte (z.B.„Entscheidungsspielraum“) als bei Krankenhausärzten. Dagegen zeigtenKrankenhausärzte in Bezug auf das Soziale Arbeitsumfeld zumeist günstigereErgebnisse, v.a. bei der Sozialen Unterstützung und bei Rollenklarheit erreichtenBetriebsärzte relativ niedrige Werte.Auf der Seite der Beanspruchung lagen die Vorteile wieder bei den Betriebsärzten.Krankenhausärzte waren mehr ausgebrannt, weniger zufrieden mit der Arbeit (sieheauch Abb. 3) und sie hatten einen hohen Arbeit-Familien-Konflikt. Auffällig war die relativgeringe Bedeutung der Arbeit bei den Betriebsärzten.310


V55Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppen0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100ArbeitsinhaltEmotionale Anforderungen***Anf., Gefühle zu verbergen***Quantitative Anforderungen***ArbeitsorganisationEinfluss bei der Arbeit***Entscheidungsspielraum***Entwicklungsmöglichkeiten***Vorhersagbarkeit***ArbeitsplatzunsicherheitSoziales ArbeitsumfeldRollenklarheit***Rollenkonflikte*FührungsqualitätBetriebsärzteKranken-RückmeldungSoz. Unterst. von Kollegenhausärzte***Soz. Unt. v. VorgesetztenSicherheits-***ingenieureBeziehungen bei der Arbeit***GemeinschaftsgefühlMobbing**EndpunkteBedeutung der Arbeit**Verbundenheit m. Arbeit***Arbeits-Familien Konflikt***Absicht, Beruf zu verlassen*Arbeitszufriedenheit***Allg. Gesundheit*Burnout***Kognitive StressreaktionLebenszufriedenheit0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100Mittelwerte(0 = minimale, 100 = maximale Ausprägung) *** bitte ungefähr hierAbb. 2: Mittelwerte für psychosoziale Arbeitsfaktoren sowie assoziierte Endpunkte bei 352Betriebsärzten, 406 Krankenhausärzten und 101 Sicherheitsingenieuren. Ausprägung aller allerFaktoren von „0“ (geringe/keine Ausprägung) bis „100“ (maximale Ausprägung). *** =Berufsgruppenunterschied p


V55Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppen- Betriebsärztliche AnstellungsformViel deutlicher als das Geschlecht bestimmte die Anstellungsform das psychosozialeArbeitsprofil. Es war bei denjenigen Teilnehmern relativ ungünstig, die beiüberbetrieblichen Diensten angestellt waren. Die vorteilhafteste Exposition ergab sich fürBetriebsärzte, die bei dem von ihnen betreuten Betrieb angestellt waren. Dies galt für dieBereiche Arbeitsinhalt, Arbeitsorganisation und die Belastungsfolgen. Lediglich imBereich des Sozialen Arbeitsumfeldes lagen die Werte der Beschäftigtenüberbetrieblicher Dienste oft weniger ungünstig als die der Kolleginnen und Kollegen.Stellvertretend für diese verschiedenen Aspekte - und quasi als „Summenmaß“ derwahrgenommenen Belastung und Beanspruchung – werden an dieser Stelle dieErgebnisse für die Arbeitszufriedenheit dargestellt (Abbildung 3).100 = MaximumArbeitszufriedenheit(95% CI)0 = MinimumBÄselbstständig(n = 87)BÄbetreuterBetrieb(n = 140)BÄüberbetr.Dienst(n = 98)Krankenhausärzte(n = 406)Sicherheitsingenieure(n = 101)Abb. 3: Mittelwerte für „Arbeitszufriedenheit“. (Fehlerbalken zeigen 95% Konfidenzintervall desMittelwertes an. Werte nicht adjustiert, BÄ = Betriebärzte)- AlterAltersunterschiede bezüglich des psychosozialen Arbeitsmilieus wurden bei denBetriebsärzten nicht gefunden, Ausnahmen sind geringerer Entscheidungsspielraum beijüngeren und ein höherer „Arbeit-Familien-Konflikt“ bei älteren Betriebärzten (jeweilsp


V55Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppen(präventiver Charakter im Arbeitsschutz, Alleinarbeit, nähere Diskussion hierzu inHasselhorn et al <strong>2007</strong>).Die (auch im weiteren Berufsvergleich relative niedrig erlebte Bedeutung der Arbeit solltefür alle Betriebsärzte nahe legen, sich an der Diskussion zu Rolle und Inhalt derkünftigen Betriebsmedizin zu beteiligen und dabei auch die eigene Tätigkeit zuhinterfragen. Dies gilt auch für überbetriebliche Dienste, allerdings sind hier nochdifferenziertere Analysen abzuwarten.Literatur1. <strong>DGAUM</strong> (2006) Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V.(<strong>DGAUM</strong>) (Hrsg.) Arbeitsmedizin heute – Konzepte für morgen, Gentner Verlag,Stuttgart2. Hasselhorn HM, Nübling M, Stößel U, Hofmann F, Michaelis M (<strong>2007</strong>). Diepsychosoziale Arbeitssituation von Betriebsärzten im Berufsvergleich ErgoMed<strong>2007</strong>;1:8-143. Kristensen TS, Hannerz H, Hogh A, Borg V (2005). The Copenhagen PsychosocialQuestionnaire -a tool for the assessment and improvement of the psychosocial workenvironment. Scand J Work Environ Health. 2005;31:438-494. Müntefering F (2006) Gemeinsame Arbeitsschutzstrategie. Praktische Arbeitsmedizin2;5:14-155. Nübling M, Stößel U, Hasselhorn HM, Michaelis M, Hofmann F (2006) Measuringpsychological stress and strain at work: Evaluation of the COPSOQ – Questionnairein Germany. GMS Psychosoc Med. 3:Doc05.http://www.egms.de/en/journals/psm/2006-3/psm000025.shtml.6. Nübling M, Stößel U, Hasselhorn HM, Michaelis M, Hofmann F (<strong>2007</strong>). Messungpsychischer Belastungen am Arbeitsplatz: die deutsche Standardversion desCOPSOQ (Copenhagen Psychosocial Questionnaire). ErgoMed <strong>2007</strong>;1:2-7313


V56Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenPsychosoziale Belastungen und Konsum psychotroperSubstanzen bei TierärztenMelanie Harling 1 , Petra Strehmel 2 , Albert Nienhaus 11 Grundlagen der Prävention und Rehabilitation, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst undWohlfahrtspflege, Hamburg;2 Fakultät Soziale Arbeit und Pflege, Hochschule für AngewandteWissenschaften Hamburg, HamburgEinleitung:Aus der internationalen Fachliteratur ergeben sich Hinweise, dass Tiermediziner Stresserleben [2,8]. Stress und Belastungen können Risikofaktoren für einen vermehrtenSubstanzkonsum und für psychische Befindlichkeitsstörungen darstellen [9]. DieserZusammenhang wurde bei Veterinärmediziner bisher nicht untersucht. Aufgrund dessenwurde die vorliegende Studie im Auftrag der Berufsgenossenschaft fürGesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) in Zusammenarbeit mit der Hochschulefür Angewandte Wissenschaften (HAW) erstellt. Ziel der Arbeit war, die psychosozialenBelastungen bei Tiermedizinern und deren Auswirkungen auf den Konsum psychotroperSubstanzen zu untersuchen. Die Ergebnisse sollen dazu dienen, Belastungen zubeschreiben und Gefährdungspotenziale für eine Suchterkrankung zu ermitteln, umzielgerichtete gesundheitsfördernde Maßnahmen zu entwickeln.Methode:Im April/Mai 2006 wurde mit Unterstützung der Bundestierärztekammer (BTK) 2012Tierärzten aus Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommernein anonymisierter Fragebogen zugesendet. Vollständige Angaben liegen für 1060Tierärzte vor (Response 52,7 %). Es wurden Daten zur Person, zur beruflichen Situationund zum Konsum von Tabak, Alkohol und Medikamenten erhoben. PsychosozialeBelastungen wurden anhand einer Skala aus 15 Fragen erfasst, welche in Anlehnung andas Modell beruflicher Gratifikationskrisen [7] entwickelt wurde. Die Antworten wurdenauf einer Fünf-Punkte-Skala von 0 (nicht belastet) bis 4 (sehr stark belastet) vergeben.Zur Erhebung psychischer Befindlichkeitsstörungen wurde eine Kurzfassung derDemoralisierungsskala [6] eingesetzt. Die 7 Items der Skala beschreiben Symptomeeiner Demoralisierung (z.B. Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit), die auf einerSkala von 0 (fast nie) bis 4 (fast immer) erfasst werden. Für beide Skalen werdenMittelwerte sowie der Summenscore durch Addition der Punktwerte der Antwortenermittelt. Für die vorliegende Untersuchung wurde definiert, dass Werte im oberen Drittelder beobachteten Summenscore einer starken psychosozialen Belastung bzw. hohenSymptomwerten einer Demoralisierung entsprechen. In multivariaten Analysen wurdenEinflussfaktoren auf den Tabakkonsum (≥10 Stück Tabakware pro Tag), den riskantenAlkoholkonsum (>20 g Reinalkohol/Tag für Männer; > 10 g Reinalkohol/Tag für314


V56Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenFrauen[1]) und den regelmäßigen Medikamentengebrauch (mind. einmal wöchentlich)ermittelt.Ergebnisse:47,1 % der Tierärzte waren Männer und 52,9 % Frauen. Die Mehrheit der Befragten(39,6 %) war 35-44 Jahre alt. Eine eigene Praxis betreiben 49,9 %, in einer Praxisangestellt sind 22,5 % und einer anderen Tätigkeit gingen 27,5 % nach. Die Arbeitszeitbeträgt im Durchschnitt 47,9 Std. pro Woche und 14,5 % arbeiten mehr als 60 Std. proWoche.Der Mittelwert (MW) auf der Belastungsskala liegt bei 1,4. Damit sind die Tierärzte imDurchschnitt wenig belastet. Anhand der Itemmittelwerte wird deutlich, dass der Umgangmit schwierigen Kunden (MW 2,0), der Zeitdruck bei der Arbeit (MW 1,9), häufigeÜberstunden (MW 1,6) und der Bereitschafts- und Wochenenddienst (MW 1,6) amhäufigsten als Belastung empfunden werden. Die Spannweite der beobachtetenSummenscore beträgt 1-53 Punkte und eine starke Belastung geben 8,3 % an. Der MWauf der Demoralisierungsskala beträgt 1,2, damit waren die Tiermediziner imDurchschnitt selten demoralisiert. Im Mittel gaben die Tierärzte auf der Skala an,manchmal unzufrieden mit sich selbst zu sein (MW 1,7). Die Summenscore streuen von0-24 Punkte. Hohe Symptomwerte geben 5,8 % an.In Tabelle 1 sind die Prävalenzen zum Tabak-, Alkohol- und Medikamentengebrauchdargestellt.Tabelle 1: Prävalenzen zum Tabak-, Alkohol- und MedikamentengebrauchN %Tabakkonsum Kein Tabakkonsum 857 80,81-9 Stück Tabakware pro Tag 110 10,4≥10 Stück Tabakware pro Tag 93 8,8Alkoholkonsum Kein Alkoholkonsum 135 12,7Risikoarmer Konsum 587 55,4Riskanter Alkoholkonsum* 338 31,9Medikamentengebrauch Keine Einnahme 452 42,6Gelegentliche Einnahme** 398 37,5regelmäßige Einnahme *** 210 19,8* >20 g Reinalkohol/Tag für Männer; > 10 g Reinalkohol/Tag für Frauen[1]** mind. einmal während der letzten 30 Tage*** mind. einmal wöchentlichMänner (OR 2.1, CI 1.4-3.3) und Personen, die hohe Symptomwerte in derDemoralisierungsskala erreichen (OR 2.8, CI 1.3-6.0), konsumieren häufiger ≥ 10 Stück315


V56Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenTabakware pro Tag. Keinen Einfluss auf den Tabakkonsum hatten das Alter, dieberufliche Tätigkeit, die Arbeitszeit und die Psychosoziale Belastung.Ein riskanter Alkoholkonsum wird häufiger von niedergelassenen Tierärzten (OR 1.4, CI1.2-2.1) und von Frauen (OR 1.3, CI 1.0-1.8) praktiziert. Hinsichtlich der Arbeitszeit, derpsychosozialen Belastung und der Demoralisierung zeigte sich kein Einfluss auf denriskanten Alkoholkonsum.In Tabelle 2 wird deutlich, dass Frauen (OR 1.6, CI 1.2-2.2) und Angestellte in Praxen(OR 1.0-2.6) häufiger eine regelmäßige Medikamenteneinnahme angeben. Mit derZunahme an Belastung sowie mit den Symptomwerten für eine Demoralisierung stieg dieWahrscheinlichkeit für eine regelmäßige Medikamenteneinnahme. Keinen Einflusshatten das Alter und die Arbeitszeit.Tabelle 2: Einflussfaktoren für den regelmäßigen Medikamentengebrauch*Variablen im Modell**N %AdjustierteOR95% CIGeschlecht Männlich 499 47.1 1Weiblich 561 52.9 1.6 1.2-2.2Berufliche Praxisinhaber 529 49.9 1.2 0.8-1.7Tätigkeit Angestellte in einer Praxis 239 22.5 1.6 1.0-2.6Andere Tätigkeit 292 27.5 1Psychosoziale Wenig 499 47.1 1Belastung Mäßig 473 44.6 1.4 0.9-2.0Stark 88 8.3 1.9 1.1-3.4Demoralisierung Niedrige Symptomwerte 611 57.6 1Mittlere Symptomwerte 388 36.6 1.9 1.3-2.6Hohe Symptomwerte 61 5.8 2.3 1.2-4.3* mind. einmal wöchentlich**Keinen Einfluss hat das Alter, berufliche Tätigkeit, Arbeitszeit.Diskussion:Selbstangaben zum Substanzkonsum können dem Phänomen der „SozialenErwünschtheit“ unterliegen. Ein solches Antwortverhalten kann zu einem„Underreporting“ und somit zu einer Unterschätzung der Prävalenzen führen. Um diesenVerzerrungen entgegen zu wirken, wurde die Befragung anonym durchgeführt.Im Durchschnitt arbeiten Tiermediziner 47,9 Std. pro Woche, also deutlich mehr als diedurchschnittlichen 40 Std. pro Woche von Vollzeitbeschäftigten in Deutschland [5].Darüber hinaus werden vor allem der Umgang mit schwierigen Kunden, Zeitdruck,häufige Überstunden und Bereitschafts- und Wochenenddienste als Belastung316


V56Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppenempfunden. Demzufolge sollten gesundheitsfördernde Programme für TiermedizinerStrategien zur Verbesserung der Arbeitszeitmodelle und zur Bewältigung von Konfliktenim Berufsleben enthalten.Die Prävalenzen zum Konsum von Tabak, Alkohol und Medikamenten sind mit denen inanderen Teilen der deutschen Bevölkerung mit hohem sozioökonomischem Statusvergleichbar [1, 3, 4]. Auffällig ist, dass im Gegensatz zu anderen Bevölkerungsstudien[1, 4] die Frauen der vorliegenden Untersuchung häufiger einen riskantenAlkoholkonsum angeben als die Männer. Außerdem praktizieren niedergelasseneTierärzte häufiger einen solchen Alkoholkonsum. Einen regelmäßigenMedikamentengebrauch hingegen geben vermehrt angestellte Veterinäre in Praxen an.Demzufolge lässt sich vermuten, dass die berufliche Tätigkeit einen Einfluss auf denSubstanzkonsum hat. Relativ deutlich zeigt sich der Zusammenhang zwischen derDemoralisierung, der Psychosozialen Belastung und der regelmäßigenMedikamenteneinnahme. Daher erscheint es wahrscheinlich, dass gesundheitsförderndeMaßnahmen zum Abbau von psychosozialer Belastung geeignet sind einem vermehrtenSubstanzkonsum vorzubeugen.Literatur:1. Burger, M., Mensink G. (2003): Bundes-Gesundheitssurvey: Alkohol. Beiträge zurGesundheitsberichterstattung des Bundes. Berlin: Robert Koch-Institut.2. Gardner, D.H., Hini, D. (2006): Work-related stress in the veterinary profession inNew Zealand. New Zealand Veterinary Journal 54(3):119-24.3. Helmert, U., Borgers, D. (1998): Rauchen und Beruf. Eine Analyse von 100 000Befragten des Mikrozensus 1995. Bundesgesundheitsblatt 3:103-1074. Kraus, L., Augustin, R., Orth, B. (2005): Repräsentativerhebung zum Gebrauch undMissbrauch psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen in Hamburg.Epidemiologischer Suchtsurvey 2003. IFT-Berichte Bd. 146. München: IFT Institut fürTherapieforschung.5. Lehndorff, S. (2003): Wie lang sind die Arbeitszeiten in Deutschland? Fakten undArgumente zur aktuellen Debatte über Arbeitszeitverlängerungen. IAT-Report 2003-07. Gelsenkirchen: Institut Arbeit und Technik6. Rehm, J., Witzke, W., Fichter, M., Eiberger, T., Koloska, R. (1988): Was messenpsychiatrische Skalen? Ein empirischer Vergleich. Bd. 34,3. Diagnostica.7. Siegrist, J., Starke, D., Chandola, T., Godin, I., Marmot, M., Niedhammer, I., Peter, R.(2003): The measurement of effort-reward imbalance at work: Europeancomparisons. Social Science and Medicine, 58, 8, 1483-14998. Trimpop, R.M., Kirkcaldy, B.D., Athanasou J., Cooper C.L. (2000) „Individualdifferences in working hours, work perceptions and accident rates in veterinarysurgeries“, Work & Stress 14 (2):181-1889. Ulich, E. (2001): Arbeitspsychologie. 5. Aufl., Zürich: Schäffer-Poeschel Verlag317


V57Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenZusammenhänge zwischen Einflussflussfaktoren und Burnout-Risiko in pädagogischen BerufsgruppenReingard Seibt 1 , Jeanette Malbrich 2 , Klaus Scheuch 11 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus derTechnischen Universität Dresden, Dresden; 2 Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, FachrichtungPsychologie, Technische Universität Dresden, DresdenZiel: Lehrer und Erzieher sind erhöhten psychonervalen und vielfältigen sozialkommunika-tivenAnforderungen ausgesetzt, aber durch ein unterschiedliches Burnout-Risiko gekennzeichnet. Fast jeder dritte Lehrer in Deutschland fühlt sich beruflichausgebrannt; ein weiteres Drittel sieht sich verkannt und nicht anerkannt, hält sich fürüberfordert und gibt an, Angst vor seinen Schülern zu haben (Schaarschmidt 2000). ImVergleich zur Lehrerforschung erfährt die Berufsgruppe der Erzieher erst seit Ende der90er Jahre in der arbeitswissenschaftlichen und -medizinischen ForschungAufmerksamkeit. Indizien für die Prävalenz des Burnout-Syndroms in Lehrberufen findensich sowohl in verschiedenen deutschen Studien wie auch im amerikanischenSprachraum (Übersicht in Stähling 1998; Seibt et al. 2004). Danach variiert die Burnout-Auftrittshäufigkeit im Lehrerberuf zwischen 10-30%; bei Erziehern wird von etwa 10 %ausgegangen (Rudow 2004; Seibt et al. 2005). Vor dem Hintergrund der Ermittlung desBedarfs an gesundheitsförderlichen Interventionen im Bereich des betrieblichenGesundheitsmanagements in Schulen und Kindertagesstätten stellt sich daher die Frage,welches Burnout-Risiko in beiden Berufsgruppen tatsächlich vorliegt und welcheFaktoren dafür verantwortlich sind. Davon ausgehend wurde (1) das Burnout-Risikosowie arbeits- und persönlichkeitsbedingte Faktoren in beiden Berufsgruppen verglichenund (2) geprüft, welche Zusammenhänge zwischen dem Burnout-Risiko und diesenFaktoren bestehen.Methoden: An den Untersuchungen nahmen 150 Gymnasiallehrer aus fünf Gymnasienin Dresden und 82 Beschäftigte aus acht Kindertagesstätten im LandkreisTorgau/Oschatz und Großraum Dresden teil. Da sich aufgrund derGeschlechterverteilung in diesen Berufenüberwiegend Frauen an den Untersuchungen beteiligten, werden aus Gründen derVergleichbarkeit nur Ergebnisse von Lehrerinnen (nachfolgend Lehrer) und 65Erzieherinnen (nachfolgend Erzieher) berichtet, was bei den Lehrern einerTeilnehmerquote von 58% und bei Erziehern von 86% entspricht. Das Alterunterscheidet sich zwischen Lehrern (44,6 Jahre) und Erziehern (43,5 Jahre) nicht(p=.381). In beiden Berufsgruppen arbeitet der überwiegende Teil (Lehrer: 97%;Erzieher: 94%; p=.278) in einem festen Beschäftigungsverhältnis. Allerdings sind fast alleLehrer (82%), aber nur 23% der Erzieher in Vollzeit beschäftigt (p=.000). Dadurchunterscheidet sich auch die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit in beiden318


V57Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenBerufsgruppen (47 versus 33 Stunden; p=.000), wobei für Erzieher ein signifikanthöherer Anteil ihrer Arbeitszeit für die Betreuung bzw. direkte Arbeit mit Kindern anfällt.Zur Einschätzung des Burnout-Risikos wurde die deutsche Übersetzung des MaslachBurnout Inventory - Generel Survey (MBI-GS: Schaufeli et al. 1996) eingesetzt, wonachdas Burnout-Risiko als Syndrom emotionaler Erschöpfung, Zynismus und reduzierterLeistungsfähigkeit erfasst wird. Auf Basis des Gesamtscores ist das Burnout-Risiko nachKalimo et al. (2003) klassifizierbar (Tab. 1). Als arbeitsplatzbedingte Faktoren wurdenneben berufsspezifischen Berufsanamnesen (Seibt 2002; Seibt & Thinschmidt 2002),Tätigkeitsspielraum bzw. Arbeitsintensität (FIT: Richter et al. (2000) und Effort-Reward-Imbalance (ERI: Siegrist, 1996), als persönlichkeitsbezogene FaktorenErholungsunfähigkeit (FABA: Richter et al. 1996), Selbstkontrolle (Gießen-Test:Beckmann & Richter 1968) sowie Extraversion bzw. Rigidität (ENR: Böttcher 1967)berücksichtigt.Ergebnisse: Für das Burnout-Syndrom sind auf allen Subskalen (Erschöpfung,Zynismus, reduzierte Leistungsfähigkeit) bei Lehrern signifikant höhere Punktwertefeststellbar (Tab. 1), wobei der deutlichste Unterschied bei Erschöpfung auftritt. Einvollständiges Burnout-Syn-drom liegt jedoch in keinem Fall vor; einzelne Burnout-Symptome geben 58% der Lehrer und 9% der Erzieher an. Damit bestätigt sich das fürLehrer erwartete höhere Burnout-Risiko. Lehrer weisen zudem ungünstigerearbeitsplatzbezogene Faktoren auf: Im Vergleich zu Erziehern ist bei ihnen dieArbeitsintensität signifikant höher, aber der Tätigkeitsspielraum geringer ausgeprägt, undfür sie ergibt sich ein ungünstigeres Verhältnis von arbeitsbedingtem Aufwand undBelohnung (Tab. 1). Nach der Unterteilung des Modells von Karasek und Theorell(1990) arbeiten beide Berufsgruppen mehrheitlich unter active job-Bedingungen (hoheArbeitsintensität in Kombination mit hohem Tätigkeitsspielraum), Lehrer (90%) abersignifikant häufiger als Erzieher (66%); alle anderen Lehrer und Erzieher schätzen ihreberufliche Tätigkeit sogar als low strain job ein (Tab. 1). Erzieher weisen allerdings einehöhere körperliche Belastung auf als Lehrer. Das ungünstigere ERI-Ratio im Beruf ergibtsich bei Lehrern aus höherer Verausgabung und geringerer Belohnung, wobei das ERI-Ratio in beiden Berufsgruppen weit geringer als eins ausfällt (Lehrer: 0,7; Erzieher: 0,5)und somit für beide Berufsgruppen eher ein geringes Gesundheitsrisiko besteht; dies istnur für 8% der Lehrer anzunehmen. In den Skalen Status und Arbeitsplatzsicherheitgeben Erzieher höhere Werte an (Tab. 1). Darüber hinaus berichten beideBerufsgruppen eine gleichermaßen hohe berufsbezogene Anerkennung. Bezüglich derpersonenbezogenen Faktoren fallen Lehrer erwartungsgemäß durch stärkereErholungsunfähigkeit auf (31 vs. 6%; p=.000) und sind extravertierter (Tab. 1), wobei sichdie Werte für Extraversion im normalen Bereich befinden (Meißner-Pöthig 1997).319


V57Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenSelbstkontrolle und Rigidität unterscheiden sich zwischen beiden Berufsgruppen zwarnicht, aber im Vergleich zur Norm-Stichprobe von Brähler et al. (1999) sind Erzieherdurch höhere Selbstkontrolle gekennzeichnet (höhere Überkontrolliertheit mit einerTendenz zu Stress). Die Werte für Rigidität lassen in beiden Berufsgruppen ein eherflexibles und anpassungsfähiges Verhalten vermuten (Meißner-Pöthig 1997).Der Zusammenhang zwischen Burnout-Risiko und den verschiedenen arbeits- undpersönlichkeitsbedingten Faktoren wurde durch Korrelationen(Maßkorrelationskoeffizient nach Pearson) geprüft. Danach geht in beidenBerufsgruppen ein höheres Burnout-Risiko mit höherer Arbeitsintensität (r = .45),ungünstigerem ERI-Ratio (r = .57) und stärkerer Erholungsunfähigkeit (r = .55), abergeringem Tätigkeitsspielraum (r = -.33) einher. Kein korrelativer Zusammenhang bestehtzwischen dem Burnout-Risiko und den weiteren Persönlichkeits-eigenschaften(Selbstkontrolle: r = -.07); Extraversion: r = -.03; Rigidität: r = .06).Zur Varianzaufklärung Burnout-Risikos wurden die arbeits- und persönlichkeitsbedingtenFaktoren sowohl getrennt als auch in einem gemeinsamen Modell untersucht (Tab. 2).Diesbezüglich wird das Burnout-Risiko eher durch die arbeits- (Varianzaufklärung: 43%)und weniger durch die persönlichkeitsbezogenen (Varianzaufklärung: 31%) Faktorenbeeinflusst, wobei sich das ERI-Ratio (Beta-Gewicht: 0,30) und die Erholungsunfähigkeitim Gesamtmodell als stärkste Prädiktoren ergeben; hier beträgt die Varianzaufklärung49%.Diskussion und Schlussfolgerung: Es existiert eine kaum überschaubare Vielfalt vonBurnoutkonzepten und -messinstrumenten, die eher ein widersprüchliches Bild vermittelnund die Entstehungsquellen des Ausbrennens nicht ausreichend erklären. Solange fürbestimmte Gruppen (Tätigkeit, Geschlecht, Alter) keine verbindlichen kritischen Burnout-Grenzwerte vorliegen, sind pauschale Kategorien wie ausgebrannt oderburnoutgefährdet zurückhaltend zu betrachten. Es gibt bisher nur eine finnische Arbeitvon Kalimo et al. (2003) mit empfohlenen Kriterien zur Bewertung des Burnoutgrades,die auch diesem Beitrag zugrunde liegt. Im Vergleich zu Erziehern zeigt sich bei Lehrernin allen drei Burnout-Symptomen eine höhere Ausprägung. Dennoch spiegeln dieBurnoutwerte in dieser Untersuchung nicht die besorgniserregenden Ergebnisse andererStudien zur Prävalenzrate von Burnout in psychisch belastenden Berufen wider. Beikeinem der Lehrer und Erzieher ist in vorliegender Untersuchung ein vollständigesBurnout-Syndrom im Sinne von Maslach & Jackson (1984) zu finden. Insgesamtbestätigt sich, dass Lehrer unter ungünstigeren Arbeitsbedingungen als Erzieher arbeitenund größeren beruflichen Belastungen (größere zeitliche, psychische Belastung oderVerausgabung, stärkere Imbalance von Verausgabung und Anerkennung sowie höhereArbeitsplatzunsicherheit) mit geringeren Ressourcen (geringerer Tätigkeitsspielraum,320


V57Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppengeringeren Status, geringere Erholungsfähigkeit) ausgesetzt sind; lediglich diekörperliche Belastung ist für Erzieher stärker. Auch zeigt sich - in Übereinstimmung mitbisherigen Forschungsergebnissen (Maslach & Leiter, 1997; Burisch 2002) - für dieuntersuchten arbeitsbedingten Faktoren ein größerer Einfluss auf das Burnout-Risiko (R 2= 43%), wobei sich die Effort-Reward-Imbalance und die Erholungsunfähigkeit alsstärkste einzelne Prädiktoren des Burnout-Risikos (Burnout-Gesamtscore) herausgestellthaben. Durch stärkeren arbeitsbezogenen Stress und höhereVerausgabungsbereitschaft scheint bei Lehrern die Fähigkeit zur Erholung eingeschränktzu sein, was sich in einem höheren Ausmaß emotionaler Erschöpfung widerspiegelt.Insgesamt scheint das höhere Burnout-Risiko auch mit den ungünstigerenArbeitsbedingungen (größeres Ausmaß an Stressoren, weniger Ressourcen) undhöherer Erholungsunfähigkeit zusammenzuhängen.Um ein Burnout-Syndrom zu verhindern und die Gesundheit der Lehrer und Erzieherlangfristig zu erhalten, können berufsspezifische Risikofaktoren durch Stärkung derpersönlichen Ressourcen kompensiert werden. Effektive Maßnahmen, das Burnout-Syndrom zu verhindern, fehlen scheinbar. Daher kommt der rechtzeitigen Vorbeugungeine entscheidende Bedeutung zu, weshalb Präventionsarbeit berufs- undindividualspezifisch erfolgen und flächendeckend eingeführt werden sollte(Gesundheitszirkel, Coaching, Supervision).Literatur:• Beckmann D; Brähler E; Richter H-E: Der Gießen-Test (GT) (1991). Ein Test fürIndividual- und Gruppendiagnostik. Handbuch. 4. Aufl. mit Neustandardisierung.Bern: Huber• Böttcher HR (1967). Klinisch-psychologischer Fragebogen und Probleme derklinischen Diagnostik. Berlin: Volk und Wissen• Brähler E; Schumacher J; Brähler C (1999). Erste gesamtdeutsche Normierungund spezifische Validitätsaspekte des Gießen-Test. Z Diff Diag Psychol 20, 3:231-243• Burisch M (2002). A longitudinal study of burnout: the relative importance ofdispositions and experiences. Work and Stress 16: 1-17.• Kalimo R; Rahkin K; Mutanen P; Toppinen-Tanner S (2003). Staying well orburning out at work: Work characteristics and personal resources as long-termpredictors. Work & Stress 17, 2: 109-122• Karasek RA; Theorell T (1990). Healthy work: Stress, productivity, and thereconstruction of working life. New York: Basic Books• Maslach C; Leiter MP (1997). The truth about burnout. San Francisco, CA:Jossey-Bass• Meißner-Pöthig D (1997). Referenzstudie zur Vitalitätsdiagnostik. In: Meißner-Pöthig D; Michalak U (Hrsg.). Vitalität und ärztliche Intervention:Vitalitätsdiagnostik: Grundlagen - Angebote – Konsequenzen. Stuttgart:Hippokrates, 73-113.• Richter P; Hemmann E; Merboth H; Fritz S; Hänsgen C; Rudolf M (2000). DasErleben von Arbeitsintensität und Tätigkeitsspielraum - Entwicklungen undValidierung eines Fragebogens zur orientierenden Analyse (FIT). Z Arb OrgPsychol 44, 3: 129-139321


V57Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppen• Richter P; Rudolf M; Schmidt CF (1996). Fragebogen zur Analysebelastungsrelevanter Anforderungsbewältigungen. Frankfurt/Main: Swets.• Rudow B (2004). Belastungen und der Arbeits- und Gesundheitsschutz beiErzieherinnen. Mannheim & Mühlhausen: IGO (Projektbericht)• Schaarschmidt U (2004). Situationsanalyse. In: Schaarschmidt, U. (Hrsg.):Halbtagsjobber? Psychische Gesundheit im Lehrerberuf - Analyse einesveränderungsbedürftigen Zustandes. 2. Aufl. Weinheim: Beltz, 41-71• Schaufeli WB; Leiter MP; Maslach C; Jackson SE (1996). Maslach BurnoutInventory - General Survey (MBI-GS); In Maslach C; Jackson SE; Leiter MP(Eds). MBI-Manual (3rd Ed). Palo Alto, CA: Consulting Psychologists Press.• Seibt R (2002). Interviewleitfaden zur Anamnese und Berufsanamnese vonLehrern und Bürofachkräften. Techn. Universität Dresden (unveröff.)• Seibt R; Thinschmidt, M (2002). Fragebogen zur Anamnese undBerufsanamnese von Erziehern. Universität Dresden (unveröff.)• Seibt R; Khan A; Thinschmidt M; Dutschke D; Weidhaas J (2005).Gesundheitsförderung und Arbeitsfähigkeit in Kindertagesstätten - Einflussgesundheitsförderlicher Maßnahmen auf die Arbeitsfähigkeit von Beschäftigten inKindertagesstätten und Beiträge zur Netzwerkbildung. Bremerhaven:Wirtschaftsverlag NW• Seibt R; Thinschmidt M; Lützkendorf L; Knöpfel D (2004). Arbeitsfähigkeit undVitalität bei Gymnasiallehrern unterschiedlicher Altersklassen. Bremerhaven:Wirtschaftsverlag NW• Siegrist J (1996). Adverse health effects of high Effort- Reward conditions atwork. J Occup Health Psychol 1: 27-43.• Stähling R (1998). Beanspruchung im Lehrerberuf: Einzelfallstudie undMethodenerprobung. Münster: Waxmann.Tab. 1: Gruppenvergleich zwischen Lehrern und Erziehern bezüglich der Burnout-Risikos sowiearbeits- und personenbezogener Einflussfaktoren(Mittelwerte und Standardabweichungen; t-Test unabhängige Stichproben; Häufigkeiten [%]:χ²-Test)Untersuchte VariableBurnout-Syndrom [Wertebereich: 0 – 6 Punkte]BerufsgruppeLehrer(n = 100)Erzieher(n = 65)Gruppenunterschiedt-Wertp-WertEmotionale Erschöpfung 2,6 ± 1,2 0,5 ± 0,4 16,78 .000Zynismus 1,1 ± 0,8 0,4 ± 0,5 6,60 .000Reduzierte Leistungsfähigkeit 1,0 ± 0,6 0,2 ± 0,2 11,90 .000Burnout-Risiko 1 1,6 ± 0,5 1,1 ± 0,3 8,30 .000Arbeitsbezogene FaktorenArbeitsanforderungen [Wertebereich: 1 – 4 Punkte]Tätigkeitsspielraum 3,3 ± 0,3 3,5 ± 0,4 3,23 .001Arbeitsintensität (mit körperlicher Belastung) 3,1 ± 0,5 2,7 ± 0,5 5,52 .000- Passive Job [%] --- ---- Low strain Job [%] 10,0 33,8- Active Job [%] 90,0 66,2 14,33 .000- High strain Job [%] --- ---Effort-Reward-Imbalance (ERI)Verausgabung [Wertebereich: 6 – 30 Punkte] 17,1 ± 4,3 14,2 ± 3,0 5,05 .000Belohnung [Wertebereich: 11 – 55 Punkte] 48,6 ± 5,1 51,2 ± 3,9 3,50 .001322


V57Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppen- Status [Wertebereich: 4 – 20 Punkte] 17,6 ± 2,3 18,5 ± 1,9 3,03 .003- Anerkennung [Wertebereich: 5 – 25 Punkte] 22,7 ± 2,8 23,4 ± 2,2 1,70 .092- Arbeitsplatzsicherheit [Wertebereich: 2 – 10 Punkte] 8,3 ± 1,9 9,3 ± 1,4 3,63 .000ERI-Ratio (Gesundheitsrisiko: ≥ 1) 0,7 ± 0,2 0,5 ± 0,1 5,44 .000Personenbezogene FaktorenErholungsunfähigkeit [Wertebereich: 6 – 24 Punkte] 17,1 ± 3,7 14,1 ± 3,1 5,21 .000- auffällige bzw. sehr auffällig (> 17 Punkte) [%] 31,0 6,1 33,72 .009Selbstkontrolle (Norm: 26,3 ± 4,4) 2 [Punkte] 27,1 ± 4,8 28,6 ± 4,6 1,97 .051Extraversion [Punkte] 21,8 ± 7,4 19,1 ± 7,4 2,29 .024Rigidität [Punkte] 20,2 ± 7,6 20,1 ± 7,4 0,03 .975Anmerkung: 1 Klassifikation nach Kalimo et al. (2003, 2 Normwerte Frauen (n = 1.316: 35 - 60 Jahre) nachBrähler et al. (1999)Tab. 2: Regressionsmodell zur Prüfung des Einflusses arbeits- und persönlichkeitsbedingterFaktoren auf das Burnout-Risiko (AV: Burnout-Gesamtscore) für die Gesamtstichprobe (n = 165)Nicht standardisierteKoeffizientenGeprüfte ModelleStandard-BfehlerArbeitsbedingte Faktoren R 2 = .431StandardisierterKoeffizientBetat-Wert(Konstante) 1,503 ,518 2,90 .004Arbeitsintensität ,350 ,103 ,244 3,40 .001Tätigkeitsspielraum -,638 ,136 -,284 -4,70 .000Effort-Reward-Imbalance 1,541 ,279 ,399 5,52 .000Persönlichkeitsbedingte Faktoren R 2 = .314(Konstante) -,098 ,425 -,23 .818Erholungsunfähigkeit ,115 ,014 ,565 8,35 .000Selbstkontrolle -,009 ,011 ,053 -,75 .453Extraversion -,004 ,007 -,034 -,51 .609Rigidität -,006 ,007 -,062 -,87 .385p-WertArbeits- und persönlichkeitsbedingteR 2 = .488Faktoren(Konstante) 1,017 ,552 1,84 .067Arbeitsintensität ,249 ,104 ,173 2,38 .018Tätigkeitsspielraum -,546 ,136 -,243 -4,02 .000Effort-Reward-Imbalance 1,169 ,286 ,302 4,08 .000Erholungsunfähigkeit ,057 ,015 ,280 3,84 .000Selbstkontrolle -,006 ,010 -,035 -,55 .582Extraversion -,004 ,006 -,041 -,67 .505Rigidität ,001 ,007 ,014 ,23 .822323


V58Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenAuswirkung der Leitungsfunktion auf Belastungserleben undGesundheitskriterien bei Kita-PersonalMarleen Thinschmidt 1 , Brit Gruhne 21 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus derTechnischen Universität Dresden, Dresden; 2 Gesundheitsamt, Landratsamt Torgau-Oschatz, Torgau1. Problem- und ZielstellungLeitungspersonal in Kindertagesstätten (Kita) befindet sich als mittlere Führungskräfte ineiner so genannten „Sandwich“-Position, bei der es Mitarbeiter und Führungskraftzugleich ist und eine große Verantwortung für den Erfolg in der Arbeit der Kita trägt(Keuchen <strong>2007</strong>). Neben den hohen sozialkommunikativen Anforderungen durch diepädagogische Arbeit mit Kindern hat das Kita-Leitungspersonal auch administrativeAufgaben im Team, Kontakte zu den Eltern, die Zusammenarbeit mit derTrägerinstitution der Kita sowie vielfältige Kontakte zu Dritten (z. B. Subunternehmern,Vertreter) zu realisieren. Dabei ist es insbesondere zahlreichen organisatorischenAufgaben ausgesetzt, die mit vielen bürokratischen Tätigkeiten einhergehen, sich zueinem erheblichen Anteil der tatsächlichen Arbeitszeit addieren und häufig mitentsprechenden Belastungen bei den Betroffenen einhergehen (Keuchen <strong>2007</strong>). DieseAnforderungen sind mit entsprechenden Beanspruchungsreaktionen assoziiert, die sichinsbesondere in verminderter subjektiver Gesundheit äußern können.Vor diesem Hintergrund sollen bei Führungskräften in Kita berufliche Anforderungen undihr Erleben sowie Gesundheit und Wohlbefinden untersucht werden.2. MethodenIm Rahmen der Erstellung eines branchenbezogenen Gesundheitsberichtes wurden alleBeschäftigten der 88 Kita des Landkreises Torgau-Oschatz schriftlich befragt(Thinschmidt & Gruhne 2006). Neben persönlichen und beruflichen Angaben wurdenfolgende standardisierte Verfahren eingesetzt, um den gesundheitlichen Status sowieRisiken und Ressourcen in der Arbeit zu erfragten: Subjektive Merkmale der Tätigkeit(JDS: Hackman & Oldham 1975), Arbeitsfähigkeit (WAI: Tuomi et al. 1998), körperlicheund psychoemotionale Beschwerden (BFB: Höck & Hess 1975), Aufwand-Nutzen-Verhältnis in der Tätigkeit (ERI: Siegrist 1996), Burnout-Risiko (MBI-GS: Schaufeli et al.1996) und Erholungsunfähigkeit (FABA: Richter et al. 1996).3. ErgebnisseVon insgesamt N = 429 Personen nahmen N = 341 teil (GSP: 80 %, nur Frauen), davonN = 263 Erzieherinnen (45 ± 9 Jahre) und N = 59 Leiterinnen (47 ± 7 Jahre). DieÜberalterung in dieser Berufsgruppe, die sich prekär in den ostdeutschen Bundesländerngestaltet, ist auch im untersuchten Landkreis zu beobachten (Überrepräsentanz der über324


V58Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller Berufsgruppen50-Jährigen mit 36 % im Vergleich zur Unterrepräsentanz der unter 35-Jährigen von nur12 %). Diese wird in den nächsten Jahren zu einem extremen Nachwuchsproblemführen.In Bezug auf die Charakteristik der beruflichen Tätigkeit weisen Leiterinnen mit 36 ± 4Stunden signifikant längere wöchentliche Arbeitszeiten auf als Erzieherinnen mit 32 ± 7Stunden (p = .000). Beide Gruppen bewerten ihre Arbeit subjektiv sehr positiv (JDS): Diepädagogische Arbeit wird als sehr vielfältig, subjektiv bedeutsam, mit einem hohen Gradan Ganzheitlichkeit (d. h. planende, durchführende und kontrollierende Elemente) undvielen Handlungsspielräumen beschrieben. Leiterinnen schätzen dabei ihre Tätigkeithinsichtlich der Merkmale Aufgabenvielfalt und Aufgabenbedeutsamkeit signifikantbesser ein als Erzieherinnen. In Bezug auf die Rückmeldung aus der Aufgabe und durchandere Personen liegen die Ergebnisse beider Gruppen eher im mittleren Bereich undunterscheiden sich nicht voneinander.In der Betrachtung von Aufwand und Nutzen in der Arbeit (ERI) geben Leiterinnen einesignifikant höhere Belastung durch Arbeitsanforderungen (Effort) an als Erzieherinnen(19 ± 5 vs. 15 ±4 Punkte; p = .000) und fühlen sich dadurch subjektiv auch stärkerbeansprucht, vor allem durch Zeitdruck, Störungen/Unterbrechungen sowieÜberstunden. Der in der Arbeit erfahrene Nutzen (Reward) wird in beiden Gruppen zwarsehr hoch eingeschätzt, allerdings durch die Leiterinnen signifikant geringer als durch dieErzieherinnen (48 ± 6 vs. 49 ± 7 Punkte; p = .019); insbesondere im Bereich derberuflichen Anerkennung. Auch weisen signifikant mehr Leiterinnen ein auffälliges Effort-Reward-Verhältnis auf (15 % vs. 5 %; p = .005), das Hinweise für ein erhöhtes Risiko fürHerz-Kreislauf-Erkrankungen gibt.Auf die Frage nach beruflichen Störungen gaben sowohl Leiterinnen als auchErzieherinnen die bereits aus der ErzieherInnenforschung bekannten Belastungsfaktorenwie geringe Vor- und Nachbereitungszeiten (88 % vs. 70 %; p = .006), Lärm (83 % vs. 66%; p = .011), zu hohe Gruppenstärken (32 % vs. 38 %; p = .762) bei gleichzeitigemPersonalmangel (53 % vs. 27 %; p = .000) sowie fehlende Pausen (49 % vs. 30 %; p =.005) an. Leiterinnen geben zusätzlich durch die Zusammenarbeit mit anderenPersonengruppen verstärkt Konflikte mit Eltern (41 % vs. 21 %; p = .001), Vertretern (61% vs. 10 %; p = .000), Trägern (20 % vs. 5 %; p = .000) und Fremdfirmen (20 % vs. 5 %;p = .000) hinzu. Es fällt auf, dass sich mehr Leiterinnen im Vergleich zu Erzieherinnendurch diese Faktoren gestört fühlen.In Bezug auf die gesundheitliche Situation der Leiterinnen ergaben sich folgendeErgebnisse (Tab. 1): Leiterinnen berichten bei vergleichbarem Krankenstand undvergleichbar guter Arbeitsfähigkeit (WAI) häufiger von Symptomen wie Erschöpfung,Müdigkeit, Kopfschmerzen und Schlafstörungen (BFB) als Erzieherinnen. Ihre325


V58Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenErholungsfähigkeit ist signifikant schlechter als die der Erzieherinnen (FABA). ImBurnout-Risiko ist jedoch kein Gruppenunterschied zu beobachten; hier gibt etwa jedeachte Befragte ein paar Mal im Monat einzelne Burnout-Symptome an, insbesondereemotionale Erschöpfung.Tab. 1 Gesundheitliche Situation von Kita-Personal im Landkreis Torgau-OschatzGesundheitliche Variable Leiterinnen Erzieherinnen pKrankenstand- Häufigkeit [Anzahl]- Dauer [Tage]Arbeitsfähigkeit (WAI) [7-49 Punkte]- vermindert (7-36 Punkte)Beschwerden (BFB)- körperlich [Anzahl]- psychoemotional [Anzahl]Erholungsunfähigkeit (FABA) [6-24Punkte]- (sehr) auffällig (≥ 19 Punkte)Burnout-Risiko (MBI-GS) [0-6 Punkte]- Burnout-Symptome (1,5-3,49Punkte)0,7 ± 0,811,3 ± 33,339,8 ± 5,718,9 %6,9 ± 6,05,9 ± 4,417,1 ± 4,132,2 %0,78 ± 0,5112,7 %0,7 ± 0,97,9 ± 15,740,2 ± 5,017,5 %5,0 ± 4,75,1 ± 4,114,3 ± 3,48,6 %0,84 ± 0,7014,0 %.966.758.842.922.028.188.000.000.852.778Bei der Betrachtung korrelativer Zusammenhänge zwischen subjektivenTätigkeitsmerkmalen, Persönlichkeitsmerkmale und dem individuellenGesundheitszustand ist das Effort-Reward-Verhältnis (ERI) als Tätigkeitsmerkmal sowiedie Erholungsunfähigkeit (FABA) als Persönlichkeitsmerkmal signifikant assoziiert mitGesundheitsvariablen wie Arbeitsfähigkeit (WAI: r = .27 bzw. r = -.32), körperlichen (BFB1: r = .47 bzw. r = .43) und psychoemotionalen Beschwerden (BFB 2: r = .43 bzw. r =.54) sowie emotionaler Erschöpfung (MBI-GS: r = .72 bzw. r = .48).4. SchlussfolgerungLeiter weisen ein größeres Belastungsspektrum und ein stärkeres Belastungsempfindenauf als Erzieherinnen, trotz subjektiv günstiger gestalteter Arbeit. Sie sind in ihrerGesundheit und in ihrem Wohlbefinden stärker beeinträchtigt als die Erzieherinnen. Hiergilt es in weiterführenden Längsschnittstudien zu prüfen, ob diese ErgebnisseAuswirkungen der „Sandwich“-Position bei Leiterinnen in Kita sind.326


V58Vorträge – Psychomentale Belastungen spezieller BerufsgruppenIm Rahmen von Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung bedarfLeitungspersonal besonderer Aufmerksamkeit. Unterstützungsangebote müssen infolgenden Bereichen angesiedelt sein:- Intraindividuell: kontinuierliche Maßnahmen zur Förderung der eigenenGesundheit (z. B. Stressprävention, Rückenschulen),- Interindividuell: regelmäßige Führungskräfte-Schulungen (z. B. Mitarbeitergesprächsführung,Konflikt- und Krisenmanagement, Zeitmanagement,Coaching) und teambildende Maßnahmen (z. B. Gesundheitszirkel,Teamsupervision),- Strukturell: Sensibilisierung und Anleitung des Kita-Trägers zum Themabetriebliche Gesundheitsförderung in Kita.5. Literatur• Hackman, J. R.; Oldham, G. R.: Development of the Job Diagnostic Survey. Journalof Applied psychology 60 (1975), 159-170• Höck, K.; Hess, H.: Der Beschwerdefragebogen (BFB). Berlin: Deutscher Verlag derWissenschaften 1975• Keuchen, G.: „Sandwicher“ – Das mittlere Management unter Druck. In: Weber, A.;Hörmann, G. (Hrsg.). Psychosoziale Gesundheit im Beruf (S. 396-400). Stuttgart:Gentner <strong>2007</strong>• Richter, P.; Rudolf, M.; Schmidt, C.F.: Fragebogen zur Analyse belastungsrelevanterAnforderungsbewältigungen. Frankfurt/Main: Swets 1996• Schaufeli, W.B.; Leiter, M.P.; Maslach, C.; Jackson, S.E.: Maslach Burnout Inventory- General Survey (MBI-GS); In: Maslach, C.; Jackson, S.E.; Leiter, M.P. (Eds.): MBI-Manual. 3rd Edn. Palo Alto: CA. Consulting Psychologists Press 1996• Siegrist, J.: Adverse health effects of high-effort/low-reward conditions at work.Journal of Occupational Health Psychology 1 (1996) 1, 27-41• Thinschmidt, M.; Gruhne, B.: 1. Bericht zur beruflichen und gesundheitliche Situationvon Kita-Personal im Landkreis Torgau-Oschatz. Projektbericht 2006 (www.torgauoschatz.de)• Tuomi K.; Ilmarinen J.; Jahkola A.; Katajarinne L.; Tulkki A.:Arbeitsbewältigungsindex. Work Ability Index. Dt. Übers. 1. Aufl. Bremerhaven:Wirtschaftsverlag NW 2001. (Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin: Übersetzung, Ü 14)327


V59Vorträge – Malignome IRisikoabschätzung für das Harnblasenkarzinom bei beruflicherVerwendung von OxidationshaarfarbenHermann M. Bolt, Klaus GolkaInstitut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund, DortmundEinleitungDer Gebrauch aromatischer Amine in Oxidationshaarfarben hat zu gesundheitlichenDiskussionen geführt, nachdem Ames et al. (1975) gezeigt hatten, dass eine Vielzahldamals benutzter Aminkomponenten mutagene Wirkungen aufwiesen. Mit positivenErgebnissen in Langzeit-Tierversuchen erwähnte später Van Duuren (1980) besondersdie Komponenten m-Toluylendiamin, 2,4-Diaminoanisol, 2-Nitro-p-phenylendiamin und 4-Amino-2-nitrophenol. In den Folgejahren erfolgten regulatorische Beschränkungen derVerwendung verdächtiger Stoffe in Oxidationshaarfarben sowohl auf nationaler Ebene,als auch auf EU-Ebene. Nach Angaben der BGW (2001) wurden in Deutschland dieStoffe 2,4-Diaminoanisol bis 1978, 2,4-Toluylendiamin bis 1975 für diesen Zweckverwendet. In der Gesamtbewertung früherer Friseurtätigkeit muss ferner berücksichtigtwerden, dass bis ca. 1960 in Herrensalons Brillantine benutzt wurde, die damals nochBenzidin-basierte Azofarbstoffe enthielt (Myslak und Bolt 1988). Insgesamt muss in derBeurteilung einer beruflichen Gefährdung im Friseurbereich durch aromatische Aminezwischen Expositions-Zeiten vor und nach etwa 1980 unterschieden werden.Chemie der oxidativen Haarfärbung und Frage einer BK 1301Die komplexen chemischen Vorgänge bei der Oxidations-Haarfärbung wurden in denletzten Jahren aufgeklärt (Bolt und Golka <strong>2007</strong>). Ein „Primär-Intermediat“ (häufig p-Phenylendiamin) reagiert unter Oxidation durch H 2 O 2 innerhalb der Haarmatrix mit für dieFarbgebung spezifischen Aminophenolen und/oder Hydroxyphenolen zu größerenEinheiten, welche die Haarsubstanz dann auch beim Haarwaschen nicht mehr verlassen.Dies ist beispielhaft in Abbildung 1 gezeigt. Da bei allen üblichen oxidativenHaarfärbungen aromatische Amine zum Einsatz kommen, die zudem als hautgängiggelten, stellt sich die Problematik einer Anerkennung von Harnblasenkrebs-Erkrankungen bei Friseuren als BK 1301. Zudem wurden bis in die 1980er Jahre in allerRegel beim Haarfärben keine Handschuhe getragen.Expositionsstudie mit 14 C-markiertem p-PhenylendiaminUm die heute mögliche Exposition von haarfärbenden Friseuren durch aromatischeAmine unter heutigen Schutzmaßnahmen und unter heutigen Prozessbedingungennachzuvollziehen, wurde eine Expositionsstudie an 3 männlichen und 15 weiblichenprofessionellen Friseuren unter Einsatz von 2% 14 C-markierten p-Phenylendiamin undunter Verwendung kommerzieller berufsüblicher Trainingsköpfe mit menschlichem Haar(30-35 cm) durchgeführt (zu den experimentellen Einzelheiten: siehe Hueber-Becker et328


V59Vorträge – Malignome Ial. <strong>2007</strong>). Die Haarfärbmischung enthielt ferner 1% Resorcin, 1% m-Aminophenol und3% H 2 O 2 . Es wurde ein permutiertes Expositionsdesign gewählt.Von der eingesetzten Radioaktivität (100%) wurden 102,5 ± 2.2 % wiedergefunden. DasHaarwaschwasser enthielt 45,47 ± 2,95 %, Haare 53,46 ± 4,06 %. Handschuheenthielten bis 0,4 %, andere Materialien unter 0,2%. Die im Urin ausgeschiedeneRadioaktivität belief sich auf maximal 25,3 ± 4,7 µg/Tag bei Durchführung von 6kompletten Haarfärbungen (unter 0,36 µg/kg Körpergewicht).Abbildung 1: Bildung von mehrkernigen Haarfarbstoffeinheiten aus p-Phenylendiamin undKupplern unter den oxidativen Bedingungen (H 2 O 2 ) des Haarfärbeprozesses (Beispiel)Epidemiologische StudienDie durchgeführten epidemiologischen Studien zur Frage einer beruflichen Gefährdungvon Friseuren sind uneinheitlich. Eine Metaanalyse durch IARC (1993) wies bei Männerninsgesamt auf ein um den Faktor 1,6 leicht erhöhtes Harnblasenkrebs-Risiko hin.Darüber hinaus finden sich deutliche Hinweise dafür, dass zu früheren Expositionszeitenein höheres Risiko vorlag. Czene et al. (2003) zeigten dies für den Zeitraum vor 1970.Drei in Deutschland durchgeführte Harnblasenkrebs-Studien ergaben gleichfalls ein inder Tendenz erhöhtes Harnblasenkrebs-Risiko für Friseure. Claude et al. (1988)berichteten ein OR von 1,67 (95% KI: 0,61-4,54) für (männliche) Friseure, Bolm-Audorff329


V59Vorträge – Malignome Iet al. (1993) ein OR von 6,48 (95% KI: 1,15-36,61) für Friseure und Golka (1999) ein ORvon 4,90 (95% KI:0,85-28,39) für (männliche) Friseure.SIR3,532,521,5Reihe10,501960- 1 1970- 2 1980- 3 1990- 4 5alle alte 6 junge 71969 1979 1989 1998 Zeiträume Kohorte Kohorte(n=13) (n=18) (n=29) (n=22) (n=82) (n=44) (n=39)Abbildung 2: Standard Inzidenz Ratios (SIR) für Harnblasenkrebs bei männlichen Friseuren, diein Schweden zum Zeitpunkt der Zensusuntersuchung 1960 ihren Beruf ausübten (“alte“ Kohorte“.Alter >45 Jahre bei Beginn des Follow-up 1960; “junge” Kohorte”: Alter ≤ 45 Jahre; Daten vonCzene et al. 2003)In den letzten Jahren hat eine Fall-Kontroll-Studie von Gago-Dominguez et al. (2001)Aufsehen erregt, die in Los Angeles für (weibliche) Friseure mit mindestens 15-jährigerHaarfärbetätigkeit ein OR von 3,3 (95% KI: 1,3-8,4) auswies. Andere neuere Studienkonnten dies jedoch nicht bestätigen (Bolt und Golka <strong>2007</strong>). Allerdings ergab einekanadische Studie (Gaertner et al. 2004) ein erhöhtes Harnblasenkarzinomrisiko für(männliche) Friseure (OR 3,42; 95% KI. 1,09-10,08). Hier stellt sich auch die Frage nachfrüher möglicherweise unterschiedlichen Rezepturen von Haarfarben in den USA und inEuropa.Arbeitsmedizinische ZusammenhangsbegutachtungInsgesamt ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass berufliche Expositionen bei derHaarfärbung mit den heute gebräuchlichen Stoffen und unter Benutzung vonHandschuhen kein nennenswertes Harnblasenkrebsrisiko mehr beinhalten. Wegen derlangen Latenzzeit zwischen erstmaliger Exposition und dem Auftreten einesHarnblasenkarzinoms von 30Jahren und mehr sind jedoch frühere Expositionszeiträumevor 1980 relevant, in denen nachweislich krebserzeugende Haarfärbmittel verwendet330


V59Vorträge – Malignome Iwurden, und in denen die Benutzung von Handschuhen beim Haarfärben noch nichtüblich war.Eine Auswertung der Verwaltungsakten von 9 Fällen von Friseuren mit anerkannter BK1301 durch die BGW (2001) zeigte (mit einer Ausnahme), dass alle anerkannten Fälle inden 1960er und 1970er Jahren regelmäßigen Umgang mit Haarfarben hatten. Dielängste beobachtete Latenzzeit betrug 43 Jahre, die kürzeste 24 Jahre; der Mittelwert lagbei 38 Jahren. Die Expositionszeit betrug im Mittel 23 Jahre, die kürzeste Expositionszeit8 Jahre und die längste Expositionszeit 32 Jahre. Sieben der neun als BK 1301anerkannten Fälle wurden anerkannt, obwohl keine genauen früherenProduktbezeichnungen bzw. entsprechende Analysen mehr erhoben werden konnten.Die Gutachter gingen davon aus, dass, wenn schon ein großer Anbieterkrebserzeugende aromatische Amine in Haarfärbemitteln verwendete, diese mitSicherheit auch von kleineren Anbietern verwendet wurden. Als Expositionsbeschreibunghielten die Gutachter „regelmäßiges Haarfärben in den 1960er und 1970er Jahren“ fürausreichend.Schlussfolgerungen• Bis ca. 1980 wurden für Oxidationshaarfarben teilweise krebserzeugendearomatische Amine verwendet. Hinzu tritt die bis ca. 1960 in Herrensalons üblicheBenutzung von Brillantine/Pomade, die teilweise mit Benzidin-basiertenAzofarbstoffen gefärbt war.• Das Tragen von Handschuhen war in dieser früheren Zeit nicht generell üblich.• Die Ergebnisse epidemiologischer Studien zum Harnblasenkrebs-Risiko beiFriseuren sind uneinheitlich; ältere Studien zeigen aber erhöhte Harnblasenkrebs-Risiken an.• Unter den Bedingungen der seit 1980 für Oxidationshaarfarben benutzten Stoffe undadäquater arbeitshygienischer Maßnahmen kann heute nicht (mehr) von einerrelevanten beruflichen Exposition von Friseuren gegenüber aromatischen Aminenausgegangen werden.• Eine Anerkennung einer BK 1301 kommt bei Friseuren in Betracht, die im relevantenZeitraum (vor 1980) langjährig und regelmäßig mit Haarfarben beruflichen Umganghatten.DankvermerkDer besondere Dank der Autoren gilt den Kooperationspartnern W.A. Meuling undA.T.H.J. de Bie (TNO Quality of Life, Zeist/NL, sowie G.H. Nohynek, F. Hueber-Becker,E.K. Dufour und H. Toutain (L’Oreal Research & Development, Asnières/F).Das schriftliche Einverständnis der Probanden und die Zustimmung der lokalenEthikkommission liegen bei TNO, Zeist/NL vor.331


V59Vorträge – Malignome ILiteratur• Ames BN, Kammen HO, Yamasaki E: Hair dyes are mutagenic: identification of avariety of mutagenic ingredients. Proc Natl Acad Sci USA 1975; 72: 2423-2427• BGW (Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege):Urothelkarzinom der ableitenden Harnwege. Leitfaden BK, Kapitel VI, Abschnitt 1,Ausgabe 38 (2001); Stand 6/2001.• Bolm-Audorff U, Jöckel KH, Kilguss B, Pohlabeln H, Siepenkothen T: BösartigeTumoren der ableitenden Harnwege und Risiken am Arbeitsplatz. (Schriftenreihe derBundesanstalt für Arbeitsschutz, Dortmund, Forschungsbericht Nr. 697)Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven, 1993• Bolt HM, Golka K: The debate on carcinogenicity of permanent hair dyes: newinsights. Crit Rev Toxicol <strong>2007</strong>, im Druck• Claude JC, Frentzel-Beyme RR, Kunze E: Occupation and risk of cancer of the lowerurinary tract among men. A case-control study. Int J Cancer 1988; 41: 371-379• Czene K, Tiikaja S, Hemminki K: Cancer risks in hairdressers: assessment ofcarcinogenicity of hair dyes and gels. Int J Cancer 2003; 105: 108-112• Gaertner RR, Trpeski L, Johnson KC, and Canadian Cancer Registries EpidemiologyResearch Group: A case-control study of occupational risk factors for bladder cancerin Canada. Cancer Causes Control 2004; 15: 1007-1019• Gago-Dominguez M, Castelano JE, Yuan JM, Yu MC, Ross RK: Use of permanenthair dyes and bladder cancer risk. Int J Cancer 2001; 91: 575-579• Golka K: Untersuchungen zur beruflichen Exposition bei Patienten mitHarnblasenkarzinom. Habilitationsschrift zur Erlangung der Venia legendi für dasFach „Arbeitsmedizin“. Medizinische Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, 1999• Hueber-Becker F, Nohynek GJ, Dufour EK, Meuling WJA, de Brie ATHJ, Tutain H,Bolt HM: Occupational exposure of hairdressers to [14C]-para-phenylenediaminecontainingoxidative hair dyes: a mass balance study. Food Chem Toxicol <strong>2007</strong>; 45:160-169• IARC: Occupational exposures of hairdressers and barbers and personal use of haircolourants. IARC Monogr Eval Carcinog Risks Hum Vol 57. Lyon, 1993• Myslak Z, Bolt HM: Berufliche Exposition gegenüber Azofarbstoffen und Harnblasenkarzinom-Risiko.Zbl Arbeitsmed 1988; 38: 310-321• Van Duuren BL: Carcinogenicity of hair dye components. J Environ Pathol Toxicol1980; 3: 237-251332


V60Vorträge – Malignome IProspektive Kohortenstudie bei Risikopersonen zurFrüherkennung von Harnblasenkarzinomen mittels urinbasierterTumormarkerGabriele Leng 1 , Michael Nasterlack 2 , Bernd Scheuermann 2 , H Bontrup 3 , Gerhard Feil 4 , HaraldWellhäußer 5 , Friedhelm Eberle 6 , Beate Pesch 3 , Dirk Taeger 3 , Georg Johnen 3 , Martin Pelster 7 ,Marcus Horstmann 4 , Thomas Brüning 3 , Arnulf Stenzl 41 SUA-GHA-GSS, Institut für Biomonitoring, Bayer Industry Services GmbH&Co.OHG, Leverkusen; 2 GOA/C,BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen; 3 Institut der Ruhr-Universität Bochum, BerufsgenossenschaftlichesForschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum; 4 Klinik für Urologie, Eberhard-Karls-Universität,Tübingen; 5 Fachreferat Arbeitsmedizin, Bereich Prävention, Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie,Heidelberg; 6 Abteilung Arbeitsmedizin und Gesundheitsschutz, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen;7 SUA-GHA, Bayer Industry Services GmbH&Co.OHG, LeverkusenEinleitung und Ziel der Studie:Jährlich erkranken in Deutschland etwa 24.750 Menschen neu an Harnblasenkrebs.Berufliche Auslöser von Harnblasenkrebs können z.B. die aromatischen Amine Benzidin,4-Aminodiphenyl und beta-Naphthylamin sein. An nicht beruflichen Risikofaktoren stehtdas Rauchen an erster Stelle, aber auch die chronische Einnnahme von hohen DosenPhenacetin-haltiger Medikamente und Cyclophosphamid können Blasenkrebsverursachen. Nach der BK 1301 (Schleimhautveränderungen, Krebs oder andereNeubildungen der Harnwege durch aromatische Amine) wurden von 1978 bis 2003 1.211Erkrankungsfälle entschädigt. Das mittlere Erkrankungsalter betrug 65 Jahre, und dieLatenzzeit war im Mittel 36 Jahre. Die relativen Überlebensraten haben sich im Verlaufder 1970er Jahre deutlich verbessert. Der Früherkennung von Harnblasenkrebs kommtdaher eine große Bedeutung zu, um den Verlust an Lebensjahren zu begrenzen.In der Vergangenheit wurden nichtinvasive, urinbasierte Diagnosemarker entwickelt,deren Wertigkeit für die Früherkennung von Harnblasenkarzinomen bislang nichtausreichend in prospektiven Studien untersucht wurde. Das Ziel des hier beschriebenenForschungsvorhabens ist es, in einer kontrolliert durchgeführten, prospektiven Studie diestatistischen Parameter dieser Marker für eine Früherkennung zu ermitteln undgleichzeitig durch ein Multimarker-Panel eine Verbesserung in der Früherkennung vonHarnblasenkarzinomen bei Risikopersonen zu erreichen. Geprüft wird, obHarnblasenkrebs mit einzelnen oder kombinierten Tumormarkern mit besserer Spezifität,Sensitivität und höheren prädiktiven Werten erkannt wird als durch dieBefundkombination "Mikrohämaturie und auffällige Urinzytologie" bzw. durch eineschmerzlose Hämaturie ohne Harnwegsinfekt, dem klassischen Leitsymptom vonHarnblasenkrebs.Kollektiv und Methoden:Die prospektive Studie (Laufzeit: 01.09.2003 – 31.08.2010) wird im Rahmennachgehender arbeitsmedizinischer Untersuchungen gemäß BG-Grundsatz G33durchgeführt. Insgesamt 1.416 ehemalige Chemiearbeiter des ODIN-Kollektivs, die333


V60Vorträge – Malignome Igegenüber krebserzeugenden aromatischen Aminen wie z.B. Benzidin, 4-Aminodiphenyloder beta-Naphthylamin exponiert waren (mittleres Alter 56 (30 – 86) Jahre), werdenjährlich zu einer Untersuchung bei BASF (Ludwigshafen) oder Bayer (Leverkusen)eingeladen. In dem Kollektiv sind 36 % Nichtraucher und 64 % aktuelle oder ehemaligeRaucher. 10,5 % hatten bei der Erstuntersuchung im Rahmen der Studie eine MikrooderMakrohämaturie und 13 % einen Harnwegsinfekt oder eine Entzündung derHarnwege. Dies erfordert eine Kontrolluntersuchung. Von Ludwigshafen und Leverkusenwerden die Urinproben in die Klinik für Urologie der Universität Tübingen zurDurchführung der Zytologie sowie der quantitativen Bestimmung von NMP22 (NukleäresMatrixprotein 22) und von UroVysion (chromosomale Aberrationen) und zum BGFA zurBestimmung von Survivin (Apoptosemarker) gesendet. Allen Teilnehmern derUntersuchungen, bei denen mindestens einer der Tumortests Zytologie, UroVysion oderNMP22 positiv war, wurde eine Blasenspiegelung (Urethrozystoskopie) zum Ausschlusseines Harnblasenkarzinoms empfohlen. Erhebungs- und Expositionsfragebögen werdenam BGFA in einer Datenbank erfasst. Ein positives Votum der Ethikkommission liegt vor.Ergebnisse:Bis 30.09.2006 haben 1416 Personen mindestens einmal teilgenommen. Es ergabensich 138 (9,75 %) positive Befunde, davon war der NMP22-Test bei 78 Teilnehmern (5,5%), Survivin bei 43 Teilnehmern (3 %), UroVysion bei 14 Teilnehmern (1 %) und dieZytologie bei drei Teilnehmern (0,2 %) positiv. Bei acht Teilnehmern gab esBefundüberschneidungen zwischen den Tests (s. Abb. 1).NMP 22n=78Survivinn=43Zytologien=3UroVysionn=14Abbildung 1: Übersicht der positiven Tumormarkerbefunde (Insgesamtzahl sowieÜberschneidungen)334


V60Vorträge – Malignome IBei den 78 NMP22-Positivbefunden wurden 58mal Begleitbefunde festgestellt (22malEntzündung (bekanntes Ausschlusskriterium des NMP22-Tests), 17mal Hämaturie,15mal Diabetes, viermal benigne Prostatahyperplasie. Bei den 14 positiven UroVysion-Befunden wurde je einmal eine Entzündung und Hämaturie festgestellt. Bei den 43Survivin-Positivbefunden lag zehnmal eine Entzündung, siebenmal Hämaturie, achtmalDiabetes und zweimal eine benigne Prostatahyperplasie vor.Bisher wurden 65 Zystoskopien durchgeführt aufgrund von 53 positiven NMP22-,12positiven UroVysion- und drei positiven Zytologie-Tests, wobei bei drei Teilnehmern derUroVysion-Test und die Zytologie positiv waren. Bei vier Teilnehmern mit positivemNMP22-Test wurde ein Tumor festgestellt. Bei zwei Teilnehmern mit einem positivenUroVysion-Test und gleichzeitig positiver Zytologie wurde ebenfalls ein Tumornachgewiesen. Insgesamt wurden bisher sechs Blasentumore mit Hilfe derdurchgeführten Diagnostik erkannt (s. Abb. 2).NMP 22SurvivinpTaCisZytologiepT3bpT1, Cis= PapillomUroVysion= KarzinomAbbildung 2: Übersicht der positiven Tumormarkerbefunde mit den zystoskopischen /pathohistologischen BefundenDrei papilläre Karzinome (pTa) wurden im Zwischenintervall diagnostiziert, ohne dasseiner der untersuchten Marker positiv war.Aus Begleitbefunden können Rückschlüsse auf vermutlich falsch positive Befundegezogen werden. Hier wurde „Entzündung“ als bekanntes Ausschlusskriterium bestätigt.Inwieweit „Diabetes“ und „benigne Prostatahyperplasie“ ebenfalls zu falsch positivenErgebnissen führen können, bleibt weiter abzuklären.Schlussfolgerungen und Zusammenfassung:Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass ein Multimarker-Panel zu einer besserenFrüherkennung führt, da die eingesetzten Marker nur eine geringe Korrelation aufweisen.335


V60Vorträge – Malignome INichtsdestoweniger ist es trotz Einsatzes von verschiedenen Markern nicht gelungen,alle Blasenkarzinomfälle mit jährlichen Untersuchungsintervallen zu diagnostizieren.Sechs Karzinome wurden durch positive Marker entdeckt, drei Karzinome waren imZwischenintervall aufgetreten und zeigten zuvor negative Marker.Danksagung:Die Studie wird gefördert durch den Hauptverband der gewerblichenBerufsgenossenschaften (HVBG), Abbott GmbH & Co. KG, Wiesbaden, und FujirebioDiagnostics, Mavern, USA.336


V61Vorträge – Malignome IKohortenstudie zur Krebshäufigkeit bei Beschäftigten in einerKläranlageMichael Nasterlack 1 , Peter Messerer 2 , Dirk Pallapies 3 , Marvin Gerald Ott 4 , Andreas Zober 51 GOA/C, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen; 2 GOA/CE, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen;3 GOA/CP, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen; 4 Epidemiology, BASF Corporation, Rockaway; 5 GOA,BASF Aktiengesellschaft, LudwigshafenEinleitungVon Seiten der Beschäftigten und der Abteilungsleitung der Kläranlage der BASF-Aktiengesellschaft Ludwigshafen war die Besorgnis einer vermehrten Krebsgefährdungin diesem Bereich geäußert worden. Es war folglich zu beurteilen, ob dort vermehrtKrebserkrankungen auftreten.Methode und KollektivIn einer Kohortenstudie wurden alle Personen, die seit Betriebsbeginn 1974 jemals einJahr oder länger im Bereich Kläranlage oder Klärschlammbehandlung beschäftigt waren,angeschrieben und nach aufgetretenen Krebserkrankungen befragt. Bei verstorbenenMitarbeitern wurden die nächsten Angehörigen kontaktiert. Alle genanntenErkrankungsfälle wurden nach erfolgter Schweigepflichtentbindung durch Einsicht in dieOriginalbefunde verifiziert. Hierdurch konnte eine Aufklärungsrate von 84 % und damiteine gute Repräsentativität der Ergebnisse erreicht werden. Relative Krankheitsrisikenwurden durch Vergleich mit den Daten des Saarländischen Krebsregisters als„standardized incidence ratio“ (SIR) mit der Windows-Anwendung PAMCOMP berechnet(Täger et al. 2000).Die Kohorte bestand aus 477 Männern im Alter von 19 - 83 Jahren (MW 51,3 +/- 13,0).Hiervon trugen 154 Handwerker 3.178 Personenjahre, 124 Mitarbeiter der Kläranlage2.357 Personenjahre und 199 Mitarbeiter der Klärschlammbehandlung 3.782Personenjahre zur Studie bei. 31 % waren „Nie-Raucher“, 65 % „jemals-Raucher“, bei 4% lagen keine Angaben vor. Insgesamt waren nur wenige Frauen jemals in derKläranlage beschäftigt.ErgebnisseEine Übersicht über die Ergebnisse wird in Tabelle 1 gegeben. Insgesamt wurden 50bösartige Neubildungen (SIR 1,14; CI 0,85 - 1,51) beobachtet. Spezifische SIR wurdennur für Krebsdiagnosen berechnet, von denen mehr als vier Fälle in der Gesamtgruppeaufgetreten waren. Die Krebserkrankungen des Dickdarms und Rektums wurdenzusammengefasst (SIR 1,14; CI 0,42 - 2,48), um eine hinreichende Fallzahl für dieBerechnung eines Erwartungswertes zu erhalten. Daneben waren Bronchialkrebs (SIR1,40; CI 0,67 - 2,57) und Prostatakrebs (SIR 1,15; CI 0,42 - 2,50) die häufigstenDiagnosen. Eine Differenzierung wurde durch die getrennte Auswertung der verschiedenenMitarbeitergruppen vorgenommen. Hierbei findet sich ein erhöhtes337


V61Vorträge – Malignome IBlasenkrebsrisiko insbesondere bei den Mitarbeitern der Klärschlammbehandlung (SIR6,82; CI 1,86-17,46). Die anderen Mitarbeitergruppen scheinen nicht betroffen zu sein,andere Krebsarten scheinen keine wesentliche Rolle zu spielen.DiskussionDer Befund eines erhöhten Blasenkrebsrisikos in einer Teilpopulation unserer Studie warunerwartet. Die bisher vorliegende Literatur zu Krebserkrankungen in Kläranlagen liefertkeine Hinweise auf ein erhöhtes Blasenkrebsrisiko an diesen Arbeitsplätzen (Thorn undKerekes 2001). In mehreren Kohortenstudien wurden geringfügig erhöhte Raten für „alleKrebse“ gefunden, wobei die relativen Risiken zumeist, wie in unserer Studie, um 1,2lagen. In der Detailanalyse wurden die Lokalisationen Leber und Kehlkopf (Hansen et al.2003, Lafleur und Vena 1991) bzw. Magen, Prostata und Nasennebenhöhlen (Friis et al.1993 und 1999) vermehrt betroffen gefunden. In einer neueren Studie aus Frankreich,der bislang größten Kohortenstudie an Kläranlagenarbeitern mit 1.722 eingeschlossenenPersonen, fand sich das Mortalitätsrisiko für „alle Krebserkrankungen“ mit einer SMR von1,37 erhöht (Wild et al. 2006). Dies betraf insbesondere die Lokalisationen Oesophagus(SMR 1,97), Leber (SMR 1,85), Nase und -Nasennebenhöhlen (SMR 1,61), Pleura (1,79)und Gehirn (SMR 1,94). Für keine dieser Krebslokalisationen findet sich ein erhöhtesRisiko in unserer Studie. Die Mortalität an Blasenkrebs war in dieser Studie mit einerSMR von 0,70 nicht erhöht. Einschränkend muss hier angemerkt werden, dass dieMortalität bei dieser Krebsform, die insbesondere bei Frühdiagnose eine guteBehandelbarkeit aufweist, als Zielparameter möglicherweise nicht sensitiv genug ist.Allerdings wird Blasenkrebs auch in auf diese Krebslokalisation gezielten Fall-Kontrollstudienim Allgemeinen nicht mit Arbeit in einer Kläranlage in Zusammenhang gebracht.Uns ist lediglich eine Studie bekannt geworden (Sorahan et al. 1998), in der einmaligeine solche Assoziation berichtet wurde.Blasenkrebs ist die vierthäufigste Krebslokalisation beim Mann. Bekannte Ursachen sindlangjährige Einnahme phenacetinhaltiger Schmerzmittel, Schistosomiasis oder anderechronische Blaseninfektionen, bestimmte aromatische Amine und dasZigarettenrauchen. Während die beiden erstgenannten Ursachen in unsererUntersuchung wahrscheinlich keine bedeutsame Rolle spielen, sind die beidenletztgenannten Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.Die Quote der selbst berichteten „Jemals-Raucher“ in unserer Studie liegt bei 65 %; nur30 % der Mitarbeiter gaben an, nie geraucht zu haben. In der Allgemeinbevölkerung,deren Krankheitsrisiko der Berechnung der Erwartungswerte zugrunde liegt, beträgt derAnteil der Nie-Raucher ungefähr 50 %. Für die Tabakrauch-assoziierten Krebsarten,insbesondere also für Lungen- und Blasenkrebs, muss folglich die „echte“ erwarteteKrebsrate höher angenommen werden, als wir sie aus den Krebsregisterdaten abgeleitet338


V61Vorträge – Malignome Ihaben. Beide genannten Faktoren bedingen eine systematische Unterschätzung dererwarteten Krebshäufigkeit in unserer Studie und damit eine Überschätzung desrelativen Risikos.Die Größenordnung des Fehlers, der durch unterschiedliche Verteilung von Confoundernzwischen Studiengruppe und Vergleichsgruppe entstehen kann, wird als ConfoundingRisk Ratio (CRR) in der Literatur beschrieben. Die CRR gibt an, bis zu welchem relativenRisiko eine beobachtete Risikoerhöhung allein durch den Confounder erklärt werdenkann. Die Anwendung einer Modellrechnung für Rauchen und Harnblasenkrebsrisiko aufunsere Studie zeigt, dass hier die CRR mit maximal 1,3 bis 1,5 angenommen werdenkann (Scherg 1995). Somit ist die vorgefundene Risikoerhöhung für Blasenkrebs beiMitarbeitern der Klärschlammbehandlung nicht allein durch vermehrtesZigarettenrauchen erklärbar.Krebserzeugende aromatische Amine wurden in der Vergangenheit auch in der BASFgehandhabt (Nasterlack et al. 2001). Eine Belastung der behandlungsbedürftigenAbwässer mit solchen Substanzen ist daher für die Vergangenheit nicht sicherausschließbar. Diese Annahme würde allerdings die Konzentration entsprechenderErkrankungsfälle im Bereich der Klärschlammbehandlung nicht erklären, da sich diearomatischen Amine nicht im Filterkuchen anreichern (BASF, unveröffentlichteUntersuchungen).Unsere Vorgehensweise war in mehrfacher Hinsicht „konservativ“ angelegt und dadurchgeeignet, ein mögliches Krebsrisiko der Beschäftigten eher zu über- als zuunterschätzen. Bei allen Beschäftigten wurden Personenjahre nur bis zu dem Zeitpunkteingerechnet, an dem uns die letzte verlässliche Information über denGesundheitszustand der Person vorlag (z. B. aus der Gesundheitsakte).Erfahrungsgemäß ist davon auszugehen, dass erkrankte Personen sich an Studien eherbeteiligen als nicht erkrankte. Daher fehlen in unserer Studie „Personenjahre unterRisiko“ am ehesten von solchen Mitarbeitern, die nicht an Krebs erkrankt sind.SchlussfolgerungenAuf der bestehenden Datenbasis kann nicht ausreichend sicher zwischen einerberuflichen Verursachung und einer zufälligen Krankheitshäufung unterschieden werden.Den Mitarbeitern werden daher künftig Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung vonHarnblasenkrebs angeboten. Die Erfahrungen mit dem BASF-Kollektiv von ehemalsgegenüber aromatischen Aminen exponierten Personen hat gezeigt, dass hierdurch einefrühzeitige Diagnosestellung mit entsprechend erfolgversprechender Therapie erreichtwerden kann (Nasterlack et al. 2001). Die epidemiologische Nachbeobachtung desgesamten Mitarbeiterkollektivs wird weitere Erkenntnisse über die Relevanz der jetzterhobenen Befunde liefern.339


V61Vorträge – Malignome ILiteratur• Friis, L., Edling, C., Hagmar, L.: Mortality and incidence of cancer among sewageworkers: a retrospective cohort study. Br. J. Ind. Med. 50 (1993), 653-657• Friis, L., Mikoczy, Z., Hagmar, L., Edling, C.: Cancer incidence in a cohort of Swedishsewage workers: extended follow up. Occup. Environ. Med. 56 (1999), 672-673• Hansen, E.S., Hilden, J., Klausen, H., Rosdahl, N.: Wastewater exposure and health- a comparative study of two occupational groups. Occup. Environ. Med. 60 (2003),595-598• Lafleur, J., Vena, J.E.: Retrospective cohort mortality study of cancer among sewageplant workers. Am. J. Ind. Med. 19 (1991), 75-86• Nasterlack, M., Scheuermann, B., Messerer, P., Pallapies, D., Zober, A.:Harnblasenkrebs in einem Risikokollektiv - klinische und epidemiologische Aspekte.Symposium Medical 12 (2001), 17-19• Scherg, H.: Die Fehleinschätzung beruflicher Krebsrisiken in epidemiologischenStudien durch Unkenntnis des Raucherstatus am Beispiel von Harnblasen- undLungenkrebs der Baumaler. Soz. Präventivmed. 40 (1995), 302-308• Sorahan, T., Hamilton, L., Wallace, D.M., Bathers, S., Gardiner, K., Harrington, J.M.:Occupational urothelial tumours: a regional case-control study. Br. J. Urol. 82 (1998),25-32• Täger, D., Sun, Y., Keil, U., Straif, K.: A stand-alone Windows application forcomputing exact person-years, standardized mortality ratios and confidence intervalsin epidemiological studies. Epidemiology 11 (2000), 607-608• Thorn, J., Kerekes, E.: Health effects among employees in sewage treatment plants:a literature survey. Am. J. Ind. Med. 40 (2001), 170-179• Wild, P., Ambroise, D., Benbrik, E., Tiberguent, A., Massin, N.: Mortality among Parissewage workers. Occup. Environ. Med. 63 (2006), 168-172340


V61Vorträge – Malignome ITabelle 1: Krebserkrankungen in der Kläranlage sowie in den Teilbereichen „Handwerker“, „Feuchtbereich“ und „Klärschlammbehandlung“ (SIR undKonfidenzintervalle für Krebsarten mit N > 4 in der Gesamtkohorte)Kläranlage ges. Handwerker Feuchtbereich KlärschlammICD Textn (SIR; CI)n (SIR; CI)n (SIR; CI)n (SIR; CI)C01 Zungengrund 1 1C09 Tonsille 1 1C10 Oropharynx 1 1C16 Magen 3 2 1C18-C20 Dickdarm/Sigma/Rektum 6 (1,14; 0,42-2,48) 1 (0,75; 0,02-4,18) 1 (0,55; 0,01-3,08) 4 (1,89; 0,51-4,83)C25 Pankreas 2 1 1C34 Bronchien/Lunge 10 (1,40; 0,67-2,57) 3 (1,68; 0,34-4,92) 3 (1,21; 0,24-3,53) 4 (1,38; 0,38-3,55)C44 Sonstige BN Haut 5 (0,90; 0,29-2,11) 1 (0,70; 0,02-3,91) 4 (1,77; 0,48-4,55)C49 Histiozytom 1 1C61 Prostata 6 (1,15; 0,42-2,50) 2 (1,55; 0,19-5,58) 2 (1,06; 0,13-3,83) 2 (0,98; 0,12-3,54)C62 Hoden 1 1C64 Niere 1 1C65 Nierenbecken 1 1C67 Harnblase 5 (1,75; 0,57-4,09) 1 (1,00 ; 0,03-5,55) 4 (6,82; 1,86-17,46)C73 Schilddrüse 1 1C80 o. a. Lokalisation 1 1C81 M. Hodgkin 2 1 1C82 NHL 1 1C92 Myeloische Leukämie 1 1Alle Krebse 50 (1,14; 0,85-1,51) 14 (1,22; 0,67-2,05) 12 (0,82; 0,42 - 1,44) 24 (1,39; 0,89-2,07)341


V62Vorträge – Malignome IBerufliche Expositionen gegenüber endokrin wirksamenChemikalien und Tumoren des extrahepatischen GallensystemsWolfgang Ahrens 1 , Chinara Mambetova 21 Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung, Bremer Institut für Prävention und Sozialmedizin,Bremen; 2 Tashkent Research Institute of Haematology and Transfusiology, sowie die EuropäischeRareCancer Studiengruppe, TaschkentManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.342


V63Vorträge – Biomonitoring IIErfassung der toxischen Gefährdung durch Hautkontakt mittelsBiomonitorings am Beispiel aromatischer AmineThomas Göen 1 , Manfred Heppner 2 , Lars Lüersen 1 , Tobias Weiß 3 , Jürgen Angerer 1 , HansDrexler 1 , Gintautas Korinth 11 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 2 Gebäude 54, Betriebsärztlicher Dienst Lübeck, Lübeck; 3 Institut der Ruhr-UniversitätBochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), BochumEinleitungDie Beurteilung einer toxischen Gefährdung durch Hautkontakt stellt eine bedeutendeund anspruchsvolle Aufgabe dar. Neben qualitativen und halb-quantitativenAbschätzungen wird das Biomonitoring als einziges quantitatives Verfahren zurBeurteilung der Gefährdung durch hautresorptive Stoffe in der neu verfassten TRGS 401(BMAS 2006) erwähnt. Grundsätzlich wird dabei die Gefährdung bei Tätigkeiten mitUmgang mit krebserzeugenden hautresoptiven Arbeitsstoffen besonders hocheingeschätzt. Ein Praxis-relevantes Beispiel für derartige Gefahrstoffe stellt dieExposition gegenüber aromatischen Amine dar. An Arbeitsplätzen der Gummiindustrie,an denen Diphenylguanidin (DPG) und Di-o-tolylguanidin (DOTG) alsVulkanisationsbeschleuniger eingesetzt werden, entstehen während desVulkanisationsprozesses durch Zersetzung die aromatischen Amine Anilin und o-Toluidin(BG Chemie 1997). o-Touidin wurde 2006 von der Senatskommission zur Prüfunggesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft inKategorie 1 der Stoffe mit kanzerogener Wirkung und Anilin in Kategorie 4 eingestuft(DFG 2006).Ziel der StudieZiel unserer Forschungsarbeiten war es, bei Beschäftigten mit beruflichem Kontakt zuaromatischen Aminen die Leistungsfähigkeit des Biomonitorings mit Blick auf dieBeurteilung der Gefährdung durch die dermale Aufnahme der kanzerogenenArbeitsstoffe zu ermitteln.Material und MethodenIn die Studie wurden 17 männliche Beschäftigte (Alter: 32 – 53 Jahre, 8 Raucher, 9Nichtraucher), die bei der Herstellung von Gummidichtungsmaterialien für Kfz-Motorengegenüber Anilin und o-Toluidin exponiert waren, eingeschlossen.Der Hautzustand der Hände und Unterarme wurde klinisch erfasst und dieBeanspruchung in Schweregrade eingeteilt, wobei ein besonderer Wert auf dieErfassung von Erythemen gelegt wurde. Im Rahmen einer standardisierten Befragungder Beschäftigen wurden u. a. Angaben zum beruflichen Belastungsprofil, zuaußerberuflichen Belastungen, zur individuellen Arbeitsplatzhygiene und zur Anwendungvon persönlicher Schutzausrüstung gewonnen.343


V63Vorträge – Biomonitoring IIDie innere Belastung mit Anilin und o-Toluidin wurde durch die Bestimmung der Amineim Nachschichturin quantifiziert. Darüber hinaus fand bei 13 Personen einepersonengebundene Luftmessung statt. Sowohl für das Biomonitoring als auch für dieLuftmessungen wurden gaschromatographisch-massenspektrometrische Verfahreneingesetzt.Zur Vergleichbarkeit von Beschäftigten, die interindividuell unterschiedlichenLuftbelastungen ausgesetzt sind, wurde die relative innere Belastung (RIB) als Quotientaus der analysierten aktuellen inneren Belastung (Amine in Urin) und denpersonengebundenen Luftmessergebnissen berechnet.Ergebnisse und DiskussionVon den untersuchten Beschäftigten trugen während ihrer Tätigkeit 13 Personen immerHandschuhe, zwei häufig, einer manchmal und einer nie. Da die Hauptursache für dasTragen der Handschuhe der manuelle Umgang mit den noch heißen Gummiproduktennach dem Vulkanisationsprozess war, wurde von der überwiegenden Mehrheit derBeschäftigen Handschuhe gegen die thermische Belastung verwendet. Dabei waren 11Träger von Stoffhandschuhen, 2 von Lederhandschuhen und 3 von Gummihandschuhen.Die Verschmutzung der Hände wurde von 4 Beschäftigten als mittel und von 10 alsgering eingestuft (3 Beschäftigte ohne Angaben). Die bereits visuell sichtbareKontamination der Hände ist dabei aufgrund des mit Blick auf die chemische Belastungungeeigneten Hautschutzes plausibel und dürfte auch annähernd mit der chemischenBelastung der Haut übereinstimmen.Bei der ärztlichen Untersuchung des Hautzustandes fanden sich bei 2 Beschäftigtenkeine Erytheme, bei 6 geringfügig, bei 7 moderat und bei 2 mäßig bis stark ausgeprägteErytheme an den Händen. An den Unterarmen fanden sich bei 2 Beschäftigten keineErytheme, bei 6 geringfügig und bei 7 moderat ausgeprägte Erytheme. AndereHautschädigungen (z.B. Schuppung) waren deutlich geringer gehäuft.Die Schichtmittelwerte der personengebundenen Luftmessungen reichten von 0,9 bis46,1 µg/m3 (Median: 9,3 µg/m3) für o-Toluidin und 0,4 bis 62,7 µg/m3 für Anilin (Median:13,2 µg/m3). Gemessen an dem MAK-Wert für Anilin von 7700 µg/m3 und dem bis 2004gültigen TRK-Wert für o-Toluidin von 500 µg/m3 handelt es sich dabei um geringeBelastungen der Arbeitsplatzluft mit diesen aromatischen Aminen. Beim Biomonitoringwurden zwischen 0,3 – 25,0 µg/l (Median: 9,2 µg/l) für o-Toluidin in Urin und 1,7 – 22,5µg/l (Median: 6,5 µg/l) für Anilin in Urin gemessen. Dabei sind die inneren Belastungenfür Anilin und o-Toluidin mit Blick auf einen mit der Hintergrundbelastung der beruflichnicht belasteten Allgemeinbevölkerung unterschiedlich zu bewerten. Während einGroßteil der in dieser Studie ermittelten Anilin-Werte nach beruflicher Belastungberuhend auf eine repräsentative Untersuchung der bayerischen Bevölkerung (Drexler et344


V63Vorträge – Biomonitoring IIal. in Vorbereitung) unterhalb des dabei ermittelten 95-Perzentils (14,3 µg/l) liegt,überschreiten sämtliche o-Toluidin-Werte im Nachschichturin der untersuchtenBeschäftigten das 95-Perzentil von 0,23 µg/l. Der Maximalwert überschreitet dieseNormgrenze sogar um mehr als das Hundertfache.Beim Vergleich der aktuellen inneren Belastung (Amine in Urin) mit der aktuellenLuftbelastung am Arbeitsplatz zeigten sich sowohl für Anilin als auch für o-Toluidinlediglich tendenzielle Assoziationen. Mit Irrtumswahrscheinlichkeiten von über 5 % warendiese Korrelationen allerdings nicht signifikant. Diese statistischen Unsicherheitenweisen auf eine zusätzlich zur inhalativen Aufnahme wirkende relevante Belastung hin,welche zumindest beim o-Toluidin nicht aus der allgemeinen Hintergrundbelastungerklärt werden kann.Abb. 1: Vergleich der relativen inneren Belastung (RIB) mit o-Toluidin (links) und Anilin(rechts) von Beschäftigten mit unterschiedlicher dermaler KontaminationFür die Prüfung der dermalen Exposition als Quelle dieser Zusatzbelastung wurden dieAbhängigkeiten der relativen inneren Belastung (RIB) von der visuellen Hautbelastungund vom Gesundheitszustand der Haut untersucht. Der RIB-Index reichte für o-Toluidinvon 0,1 bis 9,4 µg/l/µg/m3 (Median: 0,82 µg/l/µg/m3) und für Anilin von 0,1 – 18,5µg/l/µg/m3 (Median: 0,82 µg/l/µg/m3). Dass trotz der deutlich höheren allgemeinenHintergrundbelastung mit Anilin die RIB-Werte von o-Toluidin eine vergleichbare Höhewie die RIB-Werte für Anilin einnehmen, kann dabei als ein weiteres Indiz für den hohenAnteil der Hautresorption an der Gesamtbelastung gewertet werden, da bei o-Toluidinmit einem höheren n-Octanol-Wasser-Verteilungskoeffizienten (log POW: 1,32 vs. 0,90)ein größeres hautresorptives Vermögen anzunehmen ist. Darüber hinaus wiesenBeschäftigte, die einen mittleren Verschmutzungsgrad der Hände aufwiesen, im345


V63Vorträge – Biomonitoring IIVergleich zu Personen mit geringen Verschmutzungen sowohl für o-Toluidin als auch fürAnilin tendenziell höhere RIB-Werte auf (Abb. 1). Ebenso zeigten die Vergleiche der RIB-Werte sowohl für Anilin als auch für o-Toluidin eine Tendenz zu ansteigenden relativeninneren Belastungen bei Personen mit stärker geschädigter Haut der Hände (Abb. 2).Dieses Verhalten stimmt dabei mit Ergebnissen aus eigenen früheren Untersuchungenvon Beschäftigten in anderen Betrieben der Gummiindustrie überein, in denen ebenfallsPersonen mit erythematöser Haut höhere innere Belastungen mit aromatischen Aminenaufwiesen (Korinth et al. 2005, 2006). Dass die Unterschiede in den RIB-Werten derverschiedenen Untergruppen in der aktuellen Untersuchung die Signifikanzgrenze von 5% Irrtumswahrscheinlichkeit nicht unterschritten, dürfte vornehmlich auf die geringenFallzahlen in den Einzelgruppen zurückzuführen sein.Abb. 2: Vergleich der relativen inneren Belastung (RIB) mit o-Toluidin (links) und Anilin (rechts)von Beschäftigten mit unterschiedlichem Erythem-Grad der Haut an den HändenSchlussfolgerungenObwohl die aerogene Exposition an den in dieser Studie untersuchten Arbeitsplätzensehr gering war, war es mit den eingesetzten Biomonitoringverfahren möglich, eine imVergleich zur allgemeinen Hintergrundbelastung höhere innere Belastung derBeschäftigen mit aromatischen Aminen zu erfassen.Mit Hilfe der relativen inneren Belastung (RIB), die eine Standardisierung derBiomonitoring-Werte auf die Luftbelastung beinhaltet, konnte dabei eine von derinhalativen Aufnahme unabhängige zusätzliche Belastungsquelle verifiziert werden.Die Konsistenz der Ergebnisse für Anilin und o-Toluidin, die tendenziell höhere RIB beiPersonen mit höherer Verschmutzung der Haut durch die Arbeitsstoffe sowie beiPersonen mit stärkerer Ausprägung von Erythemen der exponierten Haut zeigen, weisen346


V63Vorträge – Biomonitoring IIdabei auf eine hohe Gefährdung der Beschäftigten durch den Hautkontakt gegenüberdiesen Arbeitsstoffen hin. Die Ergebnisse bestätigen dabei den Stellenwert desBiomonitorings bei der Beurteilung von toxischen Gefährdungen durch Hautkontakt.Für die untersuchten Beschäftigten bedeuten die Ergebnisse, dass mit den eingesetztenpersönlichen Schutzmaßnahmen keine hinreichende Prävention erreicht werden konnte.Insbesondere mit Blick auf das nachgewiesene humankanzerogene Potential von o-Toluidin ist deshalb vordringlich die Suche nach nicht kanzerogenen Ersatzstoffen für dieverwendeten Vulkanisationsbeschleuniger zu empfehlen.Literatur• Berufsgenossenschaft der Chemischen Industrie (BG Chemie): 1,3-Di-otolylguanidin.Toxikologische Bewertungen Nr. 221, Eigenverlag, Heidelberg (1997)• Bundesminister für Arbeit und Soziales (BMAS): Technische Regeln für GefahrstoffeTRGS 401 “Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen“,BArbBl. 5/2006 S. 42 und BArbBl 6/2006• Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): MAK- und BAT-Werte-Liste 2006.Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, Mitteilung ,WILEY-VCH, Weinheim (2006)• Drexler et al.: Belastung und Beanspruchung der Bevölkerung mit aromatischenAminen und Acrylamid – Quellen und Gesundheitsrisiko, Abschlussbericht desgleichnamigen Forschungsprojektes (FKZ: 34a-G8158.2-2005/3-10) für dasBayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Ernährung und Verbraucherschutz, inVorbereitung• G. Korinth, T. Weiss, S. Penkert, J. Angerer, H. Drexler: Dermale Aufnahme vonaromatischen Aminen bei Arbeitnehmern in der Gummiindustrie. Dokumentation der45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizine.V., S. 158-161, Gentner Verlag, Stuttgart (2005)• G. Korinth, T. Weiss, J. Angerer, H. Drexler: Dermal absorption of aromatic amines inworkers with different skin lesions: a report on 4 cases. J. Occup. Med. Toxicol. 1(2006), 17347


V64Vorträge – Biomonitoring IIQuantitative Untersuchungen zur Bedeutung einer dermalenGefahrstoffaufnahme am Beispiel des N-Methyl-2-pyrrolidons(NMP)Michael Bader, Wolfgang Rosenberger, Thomas Rebe, Renate WrbitzkyAbteilung Arbeitsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, HannoverEinleitungN-Methyl-2-pyrrolidon (NMP) ist ein mittelpolares Lösemittel mit hohem Siedepunkt, dasunter anderem als Lösungsvermittler in Agrarchemikalien, als Extraktionsmittel fürKohlenwasserstoffe in der Petrochemie, zur Reinigung und Entfettung in derMikroelektronik und zum Abbeizen verwendet wird (HSE 1997). In der EU werdenjährlich etwa 38.000 Tonnen NMP produziert, davon etwa die Hälfte in Deutschland(Bader et al. 2002). Aus arbeitsmedizinischer Sicht sind in erster Linie die chemischirritativeWirkung auf Augen, Haut und Schleimhäute sowie die Hautresorbierbarkeit desNMP von Bedeutung. Darüber hinaus wurde im Tierversuch eine fruchtschädigendeWirkung beobachtet (DFG 1994). Aufgrund der guten Hautresorbierbarkeit des NMP istdie Aussagekraft eines Luftmonitoring zur Abschätzung und Bewertung der innerenBelastung exponierter Arbeitnehmer begrenzt.Ziele der StudieAuf der Basis neuerer Erkenntnisse zur Korrelation zwischen äusserer und innererBelastung (Åkesson & Jönsson 2000, Bader et al. 2006) und zur dermalen Aufnahmedes NMP (Akrill et al. 2002, Keener et al. 2006), erfolgte eine Re-Evaluierung derErgebnisse einer arbeitsmedizinischen Feldstudie zur NMP-Exposition bei derHerstellung von Dichtungsmassen und Klebstoffen (Bader et al. 2006) im Hinblick aufden relativen Anteil der inhalativen und perkutanen Aufnahme des NMP an denuntersuchten Arbeitsplätzen.MethodenSieben Arbeitnehmer, die mit der Reinigung von Mischkesseln und Armaturen und derEinrichtung von Rührwerken bzw. der Produktabfüllung beschäftigt waren, sowie dreiUntersucher wurden hinsichtlich ihrer äußeren und inneren Belastung mit NMP währendbzw. nach einer Arbeitsschicht untersucht. Die Bestimmung von Schichtmittelwertenerfolgte durch eine personenbezogene Probenahme auf Aktivkohle, Expositionsspitzenwurden mittels direktanzeigender Fourier-Transformations-Infrarotspektrometrie (FTIR)untersucht. NMP und dessen Hauptmetabolite 5-Hydroxy-N-methyl-2-pyrrolidon (5-HNMP) und 2-Hydroxy-N-methylsuccinimid (2-HMSI) wurden im Nachschichturin nachflüssig-flüssig- bzw. Festphasenextraktion mittels Gaschromatographie/Massenspektrometrie untersucht. Die Nachweisgrenzen liegen bei 10 µg/L für NMP undje 1 mg/L für 5-HNMP und 2-HMSI.348


V64Vorträge – Biomonitoring IIErgebnisseDie mittlere personenbezogene Exposition gegenüber NMP in der Luft am Arbeitsplatzbetrug zwischen 0,9 und 15,5 mg/m3 (Arbeitsplatzgrenzwert AGW: 80 mg/m3) (Tab. 1).Der Mittelwert im Produktionsbereich und der Kesselreinigung lag bei 3 mg/m3 und somitbei etwa 4 % des Grenzwertes, im Abfüllbereich wurde eine mittlere NMP-Konzentrationvon 0,2 mg/m3 bestimmt. Höhere Kurzzeit-Spitzenwerte bis zu 18 mg/m3 und einzelneExpositionsspitzen bis zu 85 mg/m3 wurden während der manuellen Kesselreinigungbeobachtet. NMP war in acht Nachschichturinen der insgesamt sieben Arbeitnehmer unddrei Untersucher nachweisbar (Bereich: < 10 – 711 µg/g Kreatinin). Die höchstenKonzentrationen (472 bzw. 711 µg/g Kreatinin) wurden in Proben der Arbeitnehmergefunden, die während der Schicht kontinuierlich mit der Produktion von Klebstoffen undder anschließenden manuellen Kesselreinigung befasst waren (Tab. 1). In diesen Probenwurden auch die höchsten Belastungen gefunden (34 bzw. 124 mg 5-HNMP/g Kreatinin),während die übrigen Probanden 5-HNMP-Konzentrationen zwischen 4 und 14 mg/gKreatinin aufwiesen. 2-HMSI wurde nur in vier Nachschichturinen gefunden (3Produktions- und Reinigungsarbeiter, 1 Untersucher).DiskussionDerzeit wird in mehreren Arbeitsstoffgremien die Aufstellung von Grenzwerten für NMPin biologischem Material diskutiert. Die American Conference of Governmental IndustrialHygienists (ACGIH) hat kürzlich einen biological exposure index (BEI) von 100 mg/L imNachschichturin für eine Exposition gegenüber 40 mg/m3 abgeleitet. Nach einerexperimentellen Studie von Bader et al. (2006) wäre unter Berücksichtigung einermoderaten körperlichen Belastung nach 8-stündiger Exposition gegenüber 80 mg/m3etwa 150 mg 5-HNMP/g Kreatinin bzw. 175 mg/L zu erwarten. Dieses Ergebnis liegtnahe am ACGIH-Ansatz, der für eine 8-h-Exposition gegenüber 80 mg/m3 eine 5-HNMP-Konzentration von 200 mg/L erwarten lässt. Mit einem linearen Zusammenhang von 5-HNMP-[U] (mg/g Kreatinin) = 1,90 x NMP-[Luft] (mg/m3) - 2,45 (Bader et al. 2006) lassensich die zu erwartenden 5-HNMP-Konzentrationen im Nachschichturin der Arbeitnehmerberechnen. Die beobachteten Ergebnisse lagen in allen Fällen etwa dreimal höher alsdie Erwartungswerte, wobei die Differenz im Fall der Produktions- undReinigungsarbeiter besonders groß war. So lässt ein Schichtmittelwert von 15,5 mg/m3eine 5-HNMP-Konzentration im Nachschichturin von 27 mg/g Kreatinin erwarten,während 124 mg/g Kreatinin bzw. 241 mg/L bestimmt wurden. In diesem Fall erklärt dieinhalative Aufnahme nur 22 % der beobachteten 5-HNMP-Konzentration.ZusammenfassungDie Ergebnisse der Studie zeigen, dass die dermale Resorption von NMP aus derGasphase oder durch direkten Hautkontakt unter den beobachteten349


V64Vorträge – Biomonitoring IIArbeitsplatzbedingungen der Hauptaufnahmepfad war. In einem Fall wäre ein möglicherbiologischer Grenzwert überschritten gewesen, obwohl der Arbeitsplatzgrenzwert sichereingehalten wurde. Somit lassen sich Belastung und mögliche GesundheitsgefährdungNMP-exponierter Arbeitnehmer nur über ein Biomonitoring ermitteln und bewerten.Literatur• Åkesson B, Jönsson BAG: Biological monitoring of N-methyl-2-pyrrolidone using 5-hydroxy-N-methyl-2-pyrrolidone in plasma and urine as the biomarker. Scand J WorkEnviron Health 26 (2000) 213-218• Akrill P, Cocker J, Dixon S: Dermal exposure to aqueous solutions of N-methylpyrrolidone. Toxicol Lett 134 (2002) 265-269• Anundi H, Lind ML, Friis L, Itkes N, Langworth S, Edling C: High exposures to organicsolvents among graffiti removers. Int Arch Occup Environ Health 65 (1993) 247-251• Bader M, Rosenberger W, Rebe Th, Keener SA, Brock TH, Hemmerling H, WrbitzkyR: Ambient monitoring and biomonitoring of workers exposed to N-methyl-2-pyrrolidone (NMP) in an industrial facility. Int Arch Occup Environ Health 79 (2006)357-364• Bader M, Will W, Rossbacher R, Nasterlack M, Wrbitzky R: N-Methyl-2-pyrrolidon -Arbeitsmedizinische Bedeutung und Toxikologie. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed9 (2002) 422-428• Bader M, Wrbitzky R, Blaszkewicz M, van Thriel Ch: Human experimental study onthe uptake and elimination of N-methyl-2-pyrrolidone (NMP) during simulatedworkplace conditions. Arch Toxicol (2006) (online-first publication, DOI10.1007/s00204-006-0161-6)• DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) N-Methyl-2-pyrrolidon (Dampf). MaximaleArbeitsplatzkonzentrationen. Arbeitsmedizinisch-toxikologische Begründungen.Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe. 20. Lieferung,Wiley-VCH, Weinheim 1994• HSE (Health and Safety Executive): N-Methyl-2-pyrrolidone. Risk assessmentdocument. EH72/10, ISBN 0717615286, HSE Books, Sudbury, UK 1997• Keener SA, Wrbitzky R, Bader M: Human volunteer study on the influence ofexposure duration and dilution of dermally applied N-methyl-2-pyrrolidone (NMP) onthe urinary elimination of NMP metabolites. Int Arch Occup Environ Health 80 (2006)327-334• Langworth S, Anundi H, Friis L, Johanson G, Lind ML, Söderman E, Åkesson B:Acute health effects common during graffiti removal. Int Arch Occup Environ Health74 (2001) 213-218350


V64Vorträge – Biomonitoring IITab. 1: Ergebnisse des Luft- und BiomonitoringArbeitsbereich8 h-NMP NMP-[U] 5-HNMP-[U] 2-HMSI-[U](mg/m3) (µg/g Krea.) (mg/g Krea.) (mg/g Krea.)Abfüllung 1,0 39 5 < 1Abfüllung 2,8 77 10 < 1Abfüllung 0,9 < 10 4 < 1Werkstatt 2,3 82 6 < 1Reinigung 3,4 53 12 2Reinigung 6,6 472 34 2Reinigung 15,5 711 124 15MHH - < 10 4 < 1MHH - 40 9 < 1MHH 2,8 123 15 21405-HNMP-[U] (mg/g Kreatinin)12010080604020beobachtetBader et al. 200600 5 10 15 20NMP-[L]) (mg/m3)Abb. 1: Beobachtete und erwartete Konzentrationen von 5-HNMP im Nachschichturin351


V65Vorträge – Biomonitoring IIInnere Belastung der Allgemeinbevölkerung gegenüberPhthalaten während der letzten zwanzig JahreMatthias Wittassek 1 , Holger Martin Koch 2 , Johannes Müller 1 , Lorenz Dobler 3 , Christa Schröter-Kermani 4 , Rolf Eckard 3 , Christoph Schlüter 4 , Hans Drexler 1 , Jürgen Angerer 11 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 2 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitutfür Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum; 3 Teilbank Humanproben und Datenbank, Umweltprobenbank desBundes, Münster; 4 Umweltbundesamt, DessauPhthalate werden in erster Linie als Weichmacher in PVC-Produkten eingesetzt undgehören seit Jahrzehnten zu den ubiquitär verbreiteten Umweltchemikalien. Über Luft,Staub und insbesondere die Nahrung ist der Mensch praktisch ständig und überallgegenüber Phthalaten exponiert (Wormuth et al., 2006). Phthalate zeigen im Tierversuchentwicklungs- und reproduktionstoxische Wirkung (siehe z.B. EU RARs). Auch beimMenschen wird endokrine Wirksamkeit vermutet. Phthalate werden als eine möglicheUrsache für die in den letzten Jahrzehnten zu beobachtende verminderte Fertilität beiMännern und dem vermehrten Auftreten von Hypospadien und Hodenkrebs diskutiert(Sharpe et al., 2004).Ziel unserer retrospektiven Humanbiomonitoring-Studie war es, die innerePhthalatbelastung der Allgemeinbevölkerung während der letzten zwanzig Jahrenachzuzeichnen. Es wurden 634 24h- Sammelurine aus der Umweltprobenbank desBundes auf Metabolite von Di-n-butylphthalat (DnBP), Di-iso-butylphthalat (DiBP),Butylbenzylphthalat (BBzP), Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) und Di-iso-nonylphthalat(DiNP) mittels online-LC/LC-MS/MS (Koch et al., 2003; Koch et al., <strong>2007</strong>; Preuss et al.,2005) analysiert. Die Urine stammen von Studenten der Universität Münster - 308Frauen und 326 Männer im Alter zwischen 20 und 29 Jahren - und wurden in neunJahren (n ≥ 60) zwischen 1988 und 2003 gesammelt. Im Einzelnen wurden bestimmt diePrimärmetabolite Mono-n-butylhthalate (MnBP), Monoisobutylphthalate (MiBP),Monobenzylphthalate (MBzP), Mono(2-ethylhexyl)phthalate (MEHP), die oxidativenDEHP-Metabolite Mono(2-ethyl-5-hydroxyhexyl)phthalate (5OH-MEHP), Mono(2-ethyl-5-oxohexyl)phthalate (5oxo-MEHP), Mono(2-ethyl-5-carboxypentyl)phthalate (5cx-MEPP),Mono(2-carboxy-methylhexyl)phthalate (2cx-MMHP), und die Summe der DiNP-Monoester mit einer hydroxy- (OH-MiNP) bzw. mit einer oxo-Gruppe (oxo-MiNP).Quantifiziert wurde mittels Isotopenverdünnungsanalyse unter Verwendung derdeuteriummarkierten Standardsubstanzen. Unter Verwendung von renalenAusscheidungsfaktoren wurden aus den gemessenen Urinkonzentrationen außerdemtägliche Aufnahmemengen der Phthalate extrapoliert (nähere Details siehe Wittassek etal. <strong>2007</strong>). Die berechneten Phthalatexpositionen wurden auf zeitliche Trends hinuntersucht.352


V65Vorträge – Biomonitoring IITabelle 1: Urinkonzentrationen von Phthalatemetaboliten gemessen in 24h-Urinen von 632StudentenPhthalate Metabolit>LOD Median 95.Perzentil Max[%] [µg/l] [µg/l] [µg/lDnBP MnBP 100 105 546 2090DiBP MiBP 100 35.2 178 588BBzP MBzP 99 7.2 48.7 687DEHP 5cx-MEPP 100 26.9 96.8 3405OH-MEHP 100 21.0 77.3 2755oxo-MEHP 100 16.6 56.5 2512cx-MMHP 100 8.7 35.4 178MEHP 97 7.5 32.1 129DiNP OH-MiNP 99 2.0 11.0 85.4oxo-MiNP 92 1.0 5.0 63.8In über 99 % waren Metabolite aller fünf Phthalate nachweisbar (Tabelle 1). Insgesamtwurden für MnBP die höchsten Konzentrationen gemessen bis Werten von über 2 mg/l.Tabelle 2 gibt die aus den Urinkonzentrationen berechneten täglichen Aufnahmemengender Phthalate wieder. Für DnBP nahmen die Expositionen zwischen 1988 und 2003kontinuierlich ab (Median 7,0 vs. 1,9 µg/kg/Tag). Die Europäische Behörde fürLebensmittel-Sicherheit (EFSA) hat für DnBP eine tolerierbare tägliche Exposition (TDI)von 10 µg/kg/Tag abgeleitet. Dieser Wert wurde insbesondere in den früherenJahrgängen von einer großen Anzahl an Probanden (bis zu 30%) überschritten(Maximalwert 116 µg/kg/Tag). Allerdings wurden auch in den späteren Jahren vereinzeltExpositionen deutlich oberhalb des TDI-Wertes beobachtet. Auch für DEHP nahmen dieWerte über die Jahre hin deutlich ab. Während für die früheren Jahrgänge Medianwertevon rund 4,0 µg/kg/Tag ermittelt wurden, wurde der niedrigste Median für 2003 bestimmtmit 2,4 µg/kg/Tag. Für die übrigen Phthalate lagen die täglichen Expositionen deutlichniedriger. Für BBzP gab es ebenfalls eine abfallende Tendenz, wobei die Mediane ab1998 konstant bei ca. 0,20 µg/kg/Tag lagen. Im Gegensatz dazu wurden für DiBP undDiNP leicht zunehmende Werte beobachtet. Für DiBP lagen die Medianwerte zwischen1,0 und 1,6 µg/kg/Tag. Für DiNP fanden wir kontinuierlich ansteigende Werte mit demniedrigsten Median für 1988 (0,20 µg/kg/Tag) und dem höchsten Median für 2003 (0,40µg/kg/Tag).353


V65Vorträge – Biomonitoring IITabelle 2: Tägliche Phthalatexposition (mg/kg bw/day) von Studenten abgeleitet ausMetabolitenkonzentrationen im UrinDnBP DiBP BBzP DEHP DiNPTDI (EFSA) 10 - 500 50 150n Median Max Median Max Median Max Median Max Median Max1988 60 7.0 27.8 1.1 6.2 0.25 6.6 3.9 39.8 0.20 2.21989 60 7.5 70.1 1.0 12.9 0.30 2.8 4.2 33.6 0.24 12.91991 60 6.4 28.7 1.2 20.2 0.43 2.8 4.0 23.6 0.22 20.21993 60 6.6 56.3 1.2 4.8 0.27 2.2 4.2 14.1 0.27 2.61996 145 3.7 90.2 1.6 29.0 0.29 27.3 3.7 30.4 0.33 3.41998 68 3.1 35.3 1.4 12.2 0.20 4.0 2.9 19.1 0.30 11.71999 60 2.8 32.8 1.5 15.1 0.21 10.9 2.7 13.9 0.32 3.12001 60 2.5 116 1.6 12.6 0.22 0.99 3.1 20.1 0.34 4.42003 59 1.9 71.8 1.4 5.2 0.22 1.74 2.4 7.1 0.40 3.2Total 632 3.9 116 1.4 29.0 0.26 27.3 3.4 39.8 0.29 20.2Unsere Studienergebnisse deuten auf eine nicht unerhebliche Exposition derAllgemeinbevölkerung gegenüber allen fünf untersuchten Phthalaten während der letztenzwanzig Jahre hin. Insgesamt konnten wir für DnBP, DEHP und BBzP abnehmende,hingegen für DiBP und DiNP zunehmende Expositionen feststellen. Diese Trends dürftenin direktem Zusammenhang mit Austauschprozessen seitens der Industrie stehen.Insbesondere in den früheren Jahrgängen lag die ermittelte tägliche DnBP Aufnahme beieinem erheblichen Anteil der Probanden oberhalb der als tolerierbar angesehenenBelastung. Auch wenn für die anderen Phthalate im Einzelnen keine Überschreitungender TDI-Werte beobachtet wurden, müssen die jeweiligen Expositionen im Lichte vonadditiven endokrinen Effekten der Phthalate beurteilt werden (Howdeshell et al., <strong>2007</strong>).Es bleibt festzustellen, dass in Einzelfällen nach wie vor hohe Phthalat-Belastungen zubeobachten sind.354


V65Vorträge – Biomonitoring IILiteratur• Howdeshell, K.L., Furr, J., Lambright, C.R., Rider, C.V., Wilson, V.S., Gray, L.E.,Jr., <strong>2007</strong>. Cumulative Effects of dibutyl phthalate and diethylhexyl phthalate onMale Rat Reproductive Tract Development: Altered Fetal Steroid Hormones andGenes. Toxicol. Sci.• Koch, H.M., Gonzalez-Reche, L.M., Angerer, J., 2003. On-line clean-up bymultidimensional liquid chromatography-electrospray ionization tandem massspectrometry for high throughput quantification of primary and secondaryphthalate metabolites in human urine. J. Chromatogr. B Analyt. Technol. Biomed.Life Sci. 784, 169-82.• Koch, H.M., Muller, J., Angerer, J., <strong>2007</strong>. Determination of secondary, oxidised diiso-nonylphthalate(DINP) metabolites in human urine representative for theexposure to commercial DINP plasticizers. J. Chromatogr. B Analyt. Technol.Biomed. Life Sci. 847, 114-25.• Preuss, R., Koch, H.M., Angerer, J., 2005. Biological monitoring of the five majormetabolites of di-(2-ethylhexyl)phthalate (DEHP) in human urine using columnswitchingliquid chromatography-tandem mass spectrometry. J. Chromatogr. BAnalyt. Technol. Biomed. Life Sci. 816, 269-80.• Sharpe, R.M., Irvine, D.S., 2004. How strong is the evidence of a link betweenenvironmental chemicals and adverse effects on human reproductive health?BMJ 328, 447-51.• Wittassek, M., Wiesmuller, G.A., Koch, H.M., Eckard, R., Dobler, L., Muller, J.,Angerer, J., Schluter, C., <strong>2007</strong>. Internal phthalate exposure over the last twodecades - A retrospective human biomonitoring study. Int. J. Hyg. Environ. Health210, 319-33.• Wormuth, M., Scheringer, M., Vollenweider, M., Hungerbuhler, K., 2006. Whatare the sources of exposure to eight frequently used phthalic acid esters inEuropeans? Risk Anal. 26, 803-24.355


V66Vorträge – Biomonitoring IIDie Phthalatbelastung der deutschen Allgemeinbevölkerung:aktuelle Human-Biomonitoring Daten und Berechnungen dertäglichen AufnahmemengeHolger Martin Koch 1 , Matthias Wittassek 2 , Jürgen Angerer 21 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenZiel der Studie:In einem Kollektiv der deutschen Allgemeinbevölkerung (n=102, Nichtraucher,gleichmäßig alters und- geschlechtsverteilt, Altersmedian=35 (6-80), 52 ♀, 50 ♂) wirdanhand eines Biologischen Monitorings (BM) die innere Belastung gegenüber denendokrin modulierenden Phthalaten Butylbenzylphthalat (BBzP), Di-n-butylphthalat(DnBP), Di-iso-butylphthalat (DiBP), Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP) und Di-isononylphthalat(DiNP) bestimmt. Aus dieser inneren Belastung wird die tägliche Aufnahmeberechnet.Methoden:Zur Durchführung eines Phthalat-BMs stehen spezifische und aussagekräftige Metabolitezur Verfügung, die im Urin der Allgemeinbevölkerung (Spontanurinproben) bestimmtwerden (Abb. 1).DEHP-Metabolite:OOOOOOOO2carboxy-MMHPOOOOHMEHPOH5oxo-MEHPOHOHOOOOHOOOOHOOH5OH-MEHPOH5carboxy-MEPPDiNP-Metabolite:OOOOOHoxo-MINPDnBP-Metabolit:OOOOOHOOOHOH-MINPDiBP-Metabolit:OOOOOOOHcarboxy-MINPBBzP-Metabolit:OOOOHOOHMnBPOHMiBPOHMBzPAbbildung 1: renal ausgeschiedene Phthalat-Metabolite356


V66Vorträge – Biomonitoring IIDie analytische Methodik (HPLC-MSMS) wurde von uns publiziert 1, 2, 3 . Die Bestimmungvon Phthalatmetaboliten ist bereits Bestandteil der arbeitsmedizinisch toxikologischenRingversuche, die im Auftrag der <strong>DGAUM</strong> durchgeführt werden 4 . Die Berechnung dertäglichen Phthalat-Aufnahmemenge erfolgt über ein etabliertes Extrapolationsmodell ausden Metabolitkonzentrationen im Urin 5, 6 .Ergebnisse:In nahezu allen Urinproben wurden alle untersuchten Phthalatmetabolite nachgewiesen.DEHP-Metabolite: 5OH-MEHP (Median: 13,8 µg/L, 95.Perzentil: 84,8 µg/L), 5oxo-MEHP(12,2; 65,8), 5carboxy-MEPP (21,6; 129,6), MEHP (4,1; 25,7). DINP-Metabolite: OH-MINP (2,0; 22,3), oxo-MINP (1,3; 12,3), carboxy-MINP (4,0; 33,6). DnBP-Metabolit MnBP(50,4; 300,8). DiBP-Metabolit MiBP (35,7; 135,9). BBzP-Metabolit MBzP (5,4; 32,3). Ausdiesen Metabolitkonzentrationen ergeben sich folgende täglichen Aufnahmemengen:DEHP (Median: 2,7 µg/kg Körpergewicht/Tag; 95. Perzentil: 12,7 µg/kg/Tag), DiNP (0,6;4,8), DnBP (2,1; 7,2), DiBP (1,5; 6,0) und BBzP (0,3; 1,0) (Tab.1).Tabelle. 1: Tägliche Aufnahmemengen der Phthalate (in µg/kg KG/Tag) im Vergleich zubestehenden Risikogrenzwerten (TDI, RfD)DEHPDiNPDnBPDiBPBBzPDaily IntakeMedian95-Perc2,712,70,64,82,17,21,55,90,31,0Risiko-Grenzwerte(in µg/kg KG/Tag)max42,236,823027,32,2TDIRfD(EU- EFSA)(US-EPA)50 (20-48)2015012010100--500200Schlussfolgerungen:Die 95. Perzentile der täglichen Aufnahmemengen der einzelnen Phthalate liegen unterden aus Tierversuchen abgeleiteten Risikogrenzwerten (z.B. TDI; reference dose) (sieheTabelle 1). Die Risikogrenzwerte werden jedoch für DEHP und DnBP nahezuausgeschöpft und von einzelnen Probanden (4%) überschritten. Zu bedenken ist, dassdiese Phthalate gleichgerichtete Wirkung ausüben. Wie die gleichzeitige Belastung durchmehrere Phthalate zu bewerten ist, ist Gegenstand weiterer Diskussionen. Eingegenwärtiger Trend zu fallenden DEHP- und DnBP-Belastungen wird durch steigendeDiNP- und DiBP-Belastungen teilweise kompensiert.357


V66Vorträge – Biomonitoring IILiteratur:1 H.M. Koch, J. Müller and J. Angerer: Determination of secondary, oxidised Di-isononylphthalate(DINP) metabolites in human urine representative for theexposure to commercial DINP plasticizers. Journal of Chromatography B 847 (2)114-125 (<strong>2007</strong>)2 R. Preuss, H.M. Koch, J. Angerer: Biological monitoring of the major metabolitesof di-(2-ethylhexyl)phthalate (DEHP) in human urine using column-switching liquidchromatography - tandem mass spectrometry. Journal of Chromatography B, 816(1-2), 269-280 (2005).3 H. M. Koch, L. M. Gonzalez-Reche and J. Angerer: On-line clean-up bymultidimensional liquid chromatography-electrospray ionization tandem massspectrometry for high throughput quantification of primary and secondaryphthalate metabolites in human urine. J. Chromatogr. B Analyt Technol BiomedLife Sci, 784 (1), 169-182 (2003).4 www.g-equas.de5 H. M. Koch, H. Drexler and J. Angerer: An Estimation of the Daily Intake of Di(2-ethylhexyl)phthalate (DEHP) and Other Phthalates in the General Population. Int.J. Hyg. Environ. Health, 206 (2), 77-83 (2003).6 M. Wittassek, W. Heger, H.M. Koch, K. Becker, J. Angerer, M. Kolossa-Gehring:Daily intake of di(2-ethylhexyl)phthalate (DEHP) by German children - acomparison of two estimation models based on urinary DEHP metabolite levels.Int. J. Hyg. Environ. Health 210(1) 35-42 (<strong>2007</strong>).358


V67Vorträge – Biomonitoring IIPhthalatmetabolite im Urin und ihre möglichen Prädiktoren ausErnährung und LebensgewohnheitenAnja zur Nieden 1 , Holger Martin Koch 2 , Nikolaos I. Stilianakis 3 , Hans-Christian Schuppe 4 , E Will 1 ,C Fieber 1 , Jürgen Angerer 5 , Thomas Eikmann 1 , Caroline Herr 11 Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität, Gießen; 2 Institut der Ruhr-UniversitätBochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum;3 JointResearch Centre, European Commission, Ispra, Italy, Department of Biometry and Epidemiology, Universityof Erlangen-Nuremberg, Erlangen, Germany, Ispra; 4 Zentrum für Dermatologie und Andrologie, Justus-Liebig-Universität, Giessen; 5 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenZiel der StudieDurch die Verwendung von Phthalaten in vielen Bereichen (z.B. Verpackung,Körperpflege, Medikamente oder technische Produkte) und großer Menge ist dieseStoffgruppe weltweit eine relevante ubiquitäre Exposition (Hauser et al, 2005). Als einesder wichtigsten chemischen Produkte weltweit zeigte Di-ethylhexyl-phthalat (DEHP) imTierversuch entwicklungs- und reproduktionstoxische Effekte. Zur kontaminationsfreienBestimmung der internen Phthalatexposition beim Menschen werden Metabolite desDEHP und anderer Phthalate herangezogen, die mit dem Urin ausgeschieden werden.Die Erhebung dieser Biomonitoringwerte für einen Teil deutscher Bevölkerung unter derFragestellung nach Zusammenhängen zwischen interner Phthalatexposition undFertilitätsparametern beim Mann waren Teil der Fragestellungen der hier vorgestelltenStudie. Nach adjustierten Analysen ergaben sich bereits Hinweise für eine Assoziationzwischen Ejakulatparametern und höheren Phthalatmetaboliten (75%-Perzentil>92,11µg/l) für die Summe von vier DEHP Metaboliten [DEHP4] (siehe auch V42).Es stellt sich daher die Frage nach Möglichkeiten der gezielten Expositionsminderung.Ziel der vorliegenden Auswertung war es, anhand von Fragebogenangaben zuErnährung und Lebensstil Hinweise zu erhalten, ob und welche Parameter mit einerhöheren Phthalatexposition assoziiert sind.MethodenPatienten mit unerfülltem Kinderwunsch, die sich in der Andrologischen Ambulanz inGießen vorstellten, wurden von April 2004 bis Oktober 2005 um freiwillige Teilnahme anFragebogenerhebung und Urinuntersuchung gebeten. Sie erhielten einen Fragebogen, indem neben soziodemographischen Daten Angaben zu Gesundheitsstatus undmedizinischen Eingriffen, Ess- und Lebensgewohnheiten (regelmäßig und für die letztendrei Tage) erhoben wurden. Das verwendete Erhebungsinstrument enthielt Inhalte desBundesgesundheitssurvey (BGS 1998), modifizierte Abfragen des Instituts und derPoliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin (IPASUM) der Universität Erlangen-Nürnberg und des Instituts für Hygiene und Umweltmedizin der Justus-Liebig-UniversitätGießen.359


V67Vorträge – Biomonitoring IIUm die Daten aus Lebensumständen und Ernährungsverhalten mit den Konzentrationenvon Phthalatmetaboliten im Spontanurin in Beziehung zu setzen, kamen Einzel- undSummenparameter des Biomonitorings zur Auswertung. Die Kalkulation derSummenparameter erfolgte nach eigenen Kriterien sowie in Anlehnung an dieAuswertung von Duty et al. (2003), Hauser et al. (2004), Swan et al. (2005) und Reportsdes CDC (NHANES, Juli 2005): Summe der 4 wichtigsten DEHP Metabolite (DEHP4= ∑[MEHP, 5OH-MEHP, 5oxo-MEHP, 5cx-MEHP]), Summe "Endokrin wirksam" aus 6DEHP Metaboliten (DEHP4+2= ∑ [MEHP, 5OH-MEHP, 5oxo-MEHP, 5cx-MEHP, MnBP,MBzP]).Zur Auswertung kategorisierter Metabolitkonzentrationen wurden diese stratifiziert:≤25%-Perzentil versus ≥75%-Perzentil und die Angaben aus dem Fragebogen mittelsChi-Quadrat-Test verglichen.ErgebnisseDas betrachtete Kollektiv strukturierte sich wie folgt: N=306, Altersmedian= 34 Jahre;Body Mass Index (BMI): Median= 26,0 kg/m^2. Für die Mediankonzentrationen [75%-Perzentil] der Metabolite ergaben sich folgende Werte [µg/l]: MEHP (N=297) 4,99[10,85], 5OH-MEHP (N=306) 13,32 [26,21], 5oxo-MEHP (N=306) 10,20 [18,83], 5cx-MEHP (N=258) 16,23 [32,20], MnBP (N=259) 32,71 [56,70], MiBP (N=137) 49,65 [79,03],DEHP4 (N=193) 46,2 [28,6], DEHP4+2 (N=192) 97,8 [55,1].In einer ersten Auswertungsstufe konnten mit Hilfe eines log-linearen statistischenModells (Nges=224) von insgesamt 13 Ernährungs- bzw. Lifestyleparametern nachAusschlussverfahren (backwards step, p


V67Vorträge – Biomonitoring IIKunststoffdose (Anrühren mit heißem Wasser)“ führte zu Exposition ≥75% Perzentil fürDEHP4 und DEHP4+2. Der Parameter „neueres (≤2 Jahre) Auto“ zeigte dies ebenfalls.Personen nicht-deutscher Abstammung fanden sich häufiger in der ≥75% Perzentil-Gruppe.SchlussfolgerungenDa der Hauptaufnahmeweg für Phthalate oral erfolgt, könnten Produktions- undVerpackungsmodalitäten von Nahrungsmitteln die beobachtetenExpositionsunterschiede bei Verzehr von Fertignahrungen erklären.Ebenfalls im Rahmen der Studie (siehe auch V42) wurden starke Schwankungen geradebei den Personen mit hohen Metabolitausscheidungen beobachtet. Dies zeigen auchandere Einzeluntersuchungen, so dass die Variabilität hoher Werte in zukünftigenUntersuchungen beachtet werden sollte. Zusätzlich ist die weitere Identifikation vonQuellen und Prädiktoren für die Phthalatexposition notwendig, um Prävention undRisikominimierung zu ermöglichen. Zu überprüfen ist dabei, inwieweit z.B. „nichtdeutsche“Abstammung und „angestrebte gesünderer Ernährung“ als Summenparameterzu verwenden sind. Insgesamt sollten die bisherigen Ergebnisse insoweit genutztwerden, dass die bisher komplexen Erhebungen von Ernährungsgewohnheiten aufweniger Parameter reduziert werden können.Literatur:• Hauser, R & Calafat, A. (2005). Phthalates and human health. Occup Environ Med2005; 62:806-818• Duty S.M., M.J. Silva, D.B. Barr, J.W. Brock, L. Ryan, Z. Chen, R.F. Herrick, D.C.Christiani, R. Hauser: Phthalate Exposure and Human Semen Parameters.Epidemiology 2003;14:269 –277.• Hauser R., J.D. Meeker, S. Park, M.J. Silva, A.M. Calafat: Temporal Variability ofUrinary Phthalate Metabolite Levels in Men of Reproductive Age. Environ HealthPerspect 112:1734–1740 (2004). doi:10.1289/ehp.7212 available via http://dx.doi.org/[Online 16 August 2004]• Koch H.M., B. Rossbach, H. Drexler and J. Angerer: Internal Exposure of the GeneralPopulation to DEHP and other Phthalates – Determination of Secondary and PrimaryPhthalate Monoester Metabolites in Urine. Environ. Res. 93(2), 177-185 (2003).• Department of Health and Human Services, Centers for Disease Control andPrevention (CDC). National Center for Environmental Health Division of LaboratorySciences (2005). Third National Report on Human Exposure to EnvironmentalChemicals (NHANES, July 2005). http://www.cdc.gov/exposurereport• Swan S.H., K.M. Main, F. Liu, S.L. Stewart, R.L. Kruse, A.M. Calafat, C.S. Mao, J.B.Redmon, C.L. Ternand, S. Sullivan, J.L.Teague, and the Study for Future FamiliesResearch Team (2005). Decrease in Anogenital Distance among Male Infants withPrenatal Phthalate Exposure. Environ Health Perspect 113:1056-1061.361


V68Vorträge – Biomonitoring IIInnere Belastung gegenüber Diisodecylphthalat (DiDP) durchHeißgasschweißarbeiten an PVC-SchweißbahnenMatthias Wittassek 1 , Ulrich Goergens 2 , Jens-Uwe Hahn 3 , Holger Martin Koch 4 , JohannesMüller 1 , Hans Drexler 1 , Jürgen Angerer 11 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 2 Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, Wuppertal; 3 BerufsgenossenschaftlichesInstitut für Arbeitsschutz (BGIA), St. Augustin;4 Institut der Ruhr-Universität Bochum,Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), BochumDer Weichmacher Diisodecylphthalat (DiDP) (CAS 68515-49-1 und CAS 26761-40-0)kommt überwiegend in PVC-Produkten wie z.B. Bodenbelägen und Elektrokabeln zumEinsatz (ECB, 2003). Dabei handelt es sich nicht um eine einzige chemisch definierteSubstanz, sondern um ein komplexes Gemisch aus verschiedenen Isodecyl-Isomeren.Ziel unserer Studie war es, die bei Schweißarbeiten an PVC-Folien möglicherweiseauftretende innere Belastung gegenüber DiDP abzuschätzen.In einer Ausbildungswerkstatt (18m x 18m x 6m) führten männliche Auszubildende ausverschiedenen Bauberufen Heißgasschweißarbeiten an DiDP-haltigen (ca. 35%) PVC-Folien über insgesamt ca. 5 Stunden durch. Dabei wurden zum einen Schweißübungenan kleinen Folienstücken durchgeführt und zum anderen Abdichtungen für einAuffangbecken bzw. Teichbecken erstellt. Keiner der Azubis hatte in der Vorwoche in derAusbildungswerkstatt mit PVC-Materialien gearbeitet. Während des Vormittages warendie Fenster der Halle und eine großes Hallenrolltor zur besseren Durchlüftung geöffnet.Während des Nachmittages waren Fenster und Rolltor geschlossen. Es waren jeweils 11Heißluftföne im Einsatz.In der Werkstattshalle wurden sowohl personenbezogene als auch stationäreLuftmessungen durchgeführt. Während der beiden Messdurchgänge (Vor- undNachmittag) waren jeweils vier Azubis mit Probennahmepumpen ausgestattet. DesWeiteren befanden sich in der Werkstatthalle zwei stationäre Messpunkte. DieProbenahmedauer betrug am Vor- und am Nachmittag jeweils 120 min. Von 16Auszubildenden wurden Spontanharnproben jeweils am Vortag (Vorschicht) und zumArbeitsende des Messtages (Nachschicht) genommen. Unter Einsatz einer neuentwickelten Methode wurden die Urine nach enzymatischer Spaltung der Glucuronidemittels online-LC/LC-MS/MS auf sekundäre DiDP-Metabolite (hydroxy-, oxo- undcarboxy-Monoester) untersucht. Dabei wurde über die Standardsubstanzen Mono(6-hydroxy-2-propylheptyl)phthalat, Mono(6-oxo-2-propylheptyl)phthalat und Mono(7-carboxy-2,7-dimethylheptyl)phthalat jeweils die Summe aller isomeren Monoester miteiner Hydroxygruppe (OH-MiDP), die Summer aller isomeren Monoester mit einerOxogruppe (oxo-MiDP) und die Summer aller isomeren Monoester mit einer362


V68Vorträge – Biomonitoring IICarboxygruppe (cx-MiDP) bestimmt. Die Quantifizierung erfolgte überIsotopenverdünnungsanalyse unter Verwendung der D4-ringmarkiertenStandardsubstanzen.Die Ergebnisse der Luftmessungen sind in Tabelle 1 angegeben. Die maximalgemessene Konzentration betrug 3,2 mg/m³. Das Öffnen von Hallenfenster und -torführte zu einer deutlichen Senkung DiDP-Luftkonzentrationen.Tabelle 1: DiDP-Konzentrationen in der LuftDiDP [mg/m³]Messpunkt Fenster und ToroffenFenster und TorgeschlossenPerson 1 1,20 3,20Person 2 0,76 0,37Person 3 1,50 2,00Person 4 1,10 2,50Stationär 1 0,07 1,30Stationär 2 0,38 2,80In den Nachschichturinen waren die gemessenen Konzentrationen für die DiDP-Metabolite hochsignifikant erhöht gegenüber den Vorschichturinen (p


V68Vorträge – Biomonitoring IIUnter Verwendung von renalen Ausscheidungsfaktoren für die DiDP-Metabolite, welchewir in einer Humanmetabolismus-Studie bestimmt hatten, schätzten wir eine maximaleDosis in der Größenordnung von 10 µg/kg KG/Tag ab. Dieser Wert kann allerdings nurals grobe Abschätzung betrachtet werden, da die gemessenen Konzentrationen hierbeials Mittelwerte über 24h angesehen wurden.Wir entwickelten eine spezifische und robuste Methode zur Bestimmung von oxidativenDiDP-Metaboliten im Urin. Dabei erwiesen sich die gemessenen oxidativen Metaboliteals zuverlässige Biomarker. Unsere Ergebnisse zeigen, dass es durch Schweißarbeitenan DiDP-haltigen PVC-Materialien zu erhöhten Expositionen gegenüber DiDP kommenkann. Betrachtet man die Konzentrationen an DIDP-Metaboliten in den Vorschichturinenals durch die Hintergrundbelastung verursacht, bedeuten die gemessenen Belastungenin Einzelfällen eine bis zu hundertfach erhöhte Exposition. Unter den hier beschriebenenArbeitsbedingungen dürfte die auftretende Exposition gegenüber DiDP unterhalb desTDI-Wertes der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA, 2005) von 150µg/kg/Tag liegen.Literatur:ECB, 2003. European Union Risk Assessment Report for 1,2-benzenedicarboxylic acid,di-C9-11-branched alkyl esters, C10-rich and di-“isodecyl” phthalate (DIDP) (FinalReport). European Chemicals Bureau, Ispra, Italy.EFSA, 2005. Opinion of the Scientific Panel on Food Additives, Flavourings, ProcessingAids and Materials in Contact with Food (AFC) on a request from the Commission relatedto Di-isodecylphthalate (DIDP) for use in food contact materials. The EFSA Journal 241,1-14.364


V69Vorträge – NeurotoxizitätLängsschnittstudie zu Mangan-assoziierten Gesundheitsstörungenbei Beschäftigten in der Trockenbatterie-HerstellungGerhard Triebig 1 , Karolina Lischka 1 , Andreas Ihrig 1 , Wolfgang Wrazidlo 21 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg;2 Radiologische Gemeinschaftspraxis, Atos Praxisklinik, HeidelbergZiel der Studie:Im Rahmen der Längsschnitt-Studie sollte vor allem die Frage beantwortet werden, ob eszwischen den Mangan-Einlagerungen im Gehirn und den psychomotorischenTestergebnissen Zusammenhänge gibt. Ferner war der zeitliche Verlauf derkernspintomographischen Veränderungen im Globus pallidus zu untersuchen.Kollektiv und Methode:Untersucht wurden 33 Männer mit langjähriger Exposition (10 bis 38 Jahre) gegenüberMangandioxid-haltigen Stäuben in der Trockenbatterie-Produktion. Alle Probandenwaren bereits 1995/1996 arbeitsmedizinisch und kernspintomographisch untersuchtworden.Der Untersuchungsablauf gestaltete sich wie folgt: Zwischenanamnese, körperlichneurologischeUntersuchung, Mangan-Bestimmung in einer Blut- und Harnprobe,Magnetresonanztomographie des Kopfes.Für die Bewertung psychomotorischer Veränderungen wurde die Webster-Rating-Skalaverwendet. Die neuropsychologische Untersuchung beinhaltete Beschwerdefragebögen,die Bestimmung der kristallisierten und fluiden Intelligenz, die Messung vonReaktionszeiten und die Anwendung der motorischen Leistungsserie nach STURM undBÜSSING sowie die Dokumentation einer Schriftprobe.Das Kernspintomogramm wird mit demselben Gerät wie bei der Erstuntersuchungdurchgeführt. (Dietz et al. 2000). Neben der visuellen Bewertung erfolgt die Bestimmungdes Pallidum-Index (PI), der als Quotient der gemessenen T1-Signalintensität im Globuspallidus im Verglich zum subkortikalen frontalen Marklager multipliziert mit 100 definiertist.Um die berufliche Mangan-Exposition zu quantifizieren, wird für jeden Probanden einchronischer Belastungsindex (CBI) berechnet. Dieser berücksichtigt dieBeschäftigungsdauer, die Tätigkeit in definierten Arbeitsbereichen, die Mangan-Luft-Konzentrationen und den Mangan-Blutspiegel (Dietz et al. 2001).Ergebnisse:Die Auswertung der gesundheitlichen Beschwerden der Beschäftigten ergibt keinenNachweis von Mangan-spezifischen Symptomen. Korrelationsanalytisch resultierenkeine signifikanten Assoziationen mit dem Mangan-Blutspiegel oder dem chronischenBelastungsindex.365


V69Vorträge – NeurotoxizitätDie körperlich-neurologische Untersuchung einschließlich Webster-Rating-Skala hat beikeinem Probanden Befunde im Sinne einer Parkinson-Erkrankung gezeigt.Die Resultate der psychomotorischen Testleistungen lassen sich dahingehendinterpretieren, dass zwischen Erst- und Nachuntersuchung vereinzelt signifikanteDifferenzen bestehen. Die weiterführende statistische Analyse unter Einbeziehung derExpositionsvariablen sowie der Vergleich von zwei Untergruppen mit höherer undgeringerer Mangan-Belastung haben keine konsistenten und mit der Expositionkorrelierenden Differenzen ergeben.In der nachfolgenden Tabelle sind die Mittelwerte und Bereiche für die Manganspiegel imBlut und im Harn sowie für den Pallidum-Index aufgeführt.Erstuntersuchung(1995/96)Mn-B11,9µg/L(3,9 - 23,3)Mn-U0,3µg/L0,2 - 1,3)PI 92,0(86,0 - 95,0)Nachuntersuchung(2005)7,42,4 - 15,9)0,7(0,2 - 2,7)/91,6(88,8 - 94,6)p


V69Vorträge – NeurotoxizitätAbbildung: Punktekorrelationsdiagramm des chronischen Belastungsindex (CBI) und Pallidum-Index (PI) von 33 Beschäftigten anlässlich der Nachuntersuchung (y = 0,025 x + 90 (p = 0,02))Die statistische Analyse mittels multipler linearer Regression ergibt, bei Berücksichtigungdes Lebensalters als Kovariate, keine signifikanten Assoziationen zwischen demPallidum-Index einerseits und den Parametern der psychomotorischen Testbatterieandererseits,.Schlussfolgerungen:1. Der Pallidum-Index gilt als spezifischer Indikator für eine chronische Mangan-Exposition. Dies wird auch von anderen Arbeitsgruppen bestätigt (Übersicht Kim2006).2. Der Pallidum-Index ist aufgrund der fehlenden Korrelationen mit denpsychomotorischen Variablen wahrscheinlich kein Effektparameter.3. Die Studienergebnisse liefern keine Anhaltspunkte dafür, dass unterhalb desaktuellen BAT-Wertes von 20 µg Mangan pro Liter Blut gesundheitlich relevanteEffekte auftreten.4. Die Mangan-Bestimmung im Blut ist für die Diagnostik bzw. die Beurteilung einergesundheitlichen Gefährdung der entscheidende Expositionsparameter. Bei367


V69Vorträge – NeurotoxizitätVerdacht auf eine Mangan-Intoxikation sollte eine MRT-Untersuchung des Kopfesmit Bestimmung des Pallidum-Index durchgeführt werden.Literatur:• Lischka, K., A. Ihrig, W. Wrazidlo, G. Triebig: Längsschnitt-Studie zur FrageMangan-assoziierter Gesundheitsstörungen bei Beschäftigten der Trockenbatterie-Herstellung. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin(F 1858), im Druck.• Dietz, M. C., W. Wrazidlo, A. Ihrig, M. Bader, G. Triebig:Magnetresonanztomographie des Gehirns bei Beschäftigten mit chronischerberuflicher Mangandioxid-Exposition. Fortschr. Röntgenstr. 172 (2000) 514-520.• Dietz, M. C., A. Ihrig, M. Bader, G. Triebig: Arbeitsmedizinische Feldstudie zurFrage neurotoxischer Effekte nach chronischer Mangan-Exposition im Niedrig-Dosis-Bereich.• Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (F928),Dortmund/Berlin 2001.• Kim, Y.: Neuroimaging in manganism. NeuroToxicol. 27 (2006) 369-372.Danksagung:Wir danken den Mitarbeitern und der Geschäftsführung des Unternehmens für ihreBereitschaft, an der Studie teilzunehmen.Der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin sind wir für die finanzielleFörderung des Projektes zu Dank verpflichtet (F 1858).Ferner möchten wir den ehemaligen Mitarbeitern Frau Ludwig und Herrn Priv.-Doz. Dr.med. Dietz für ihre Unterstützung danken.368


V70Vorträge – NeurotoxizitätNeurotoxizität von Aluminiumschweißrauch?Ernst Kiesswetter 1 , Michael Schäper 1 , Mark Buchta 2 , Karl-Heinz Schaller 3 , Bernd Roßbach 2 , HeikeScherhag 2 , Wolfgang Zschiesche 4 , Wolfgang Hilla 5 , Joachim Stork 6 , Klaus Windorfer 7 , Stephan Letzel 21 Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund, Dortmund;2 Institut für Arbeits-, Sozial- undUmweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 3 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- undUmweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen;4 Prävention,Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik, Köln;5 Gesundheitsschutz, AUDI AG,Ingolstadt; 6 Gesundheitswesen, AUDI AG, Ingolstadt; 7 Gesundheitsschutz, AUDI AG, NeckarsulmZiel der StudieAluminiumschweißverfahren werden im modernen, hochwertigen Fahrzeugbaueingesetzt, um eine Verminderung des Fahrzeuggewichtes zu erzielen. In derwissenschaftlichen Literatur finden sich 10 Studien zur Neurotoxizität vonaluminiumhaltigem Schweißrauch. Diese Studien, die ausschließlich Querschnittdesignszum Vergleich von Al-Schweißern und Kontrollgruppen verwenden, kommen zukontroversen Ergebnissen bezüglich der verhaltenstoxikologischen Adversität undEffektspezifität von Aluminiumschweißrauch. Methodenkritisch betrachtet, mangelt es anStudien mit a) langen Beobachtungszeiträumen, b) hinreichend zuverlässig gemessenenBiomonitoringdaten und c) Modellen zur Berücksichtigung prämorbiderFähigkeitsunterschiede. Bis auf eine kürzlich abgeschlossene Studie obiger Autoren imSchienenfahrzeugbau (Kiesswetter et al., im Druck), liegen bisher keineLängsschnittstudien vor. In letzterer Studie wurden Al-Schweißer mit relativ hoherAluminiumexposition (Mediane bis 160 µg Al/l Urin) über einem Expositionszeitraumvom 11. bis zum 15. Jahr ihrer Schweißertätigkeit (Gruppendurchschnitt) untersucht.Trotz der relativ hohen Al-Belastung ergaben sich keine Hinweise, dass sich dasLeistungsverhalten von Al-Schweißern und Kontrollen über den Untersuchungszeitraumvon vier Jahren unterschiedlich entwickelt. In einer Querschnittstudie mit möglicherweisenoch höheren internen Al-Belastungen (Riihimäki et al., 2000) wurden signifikanteErgebnisse beschrieben, die aber in Anbetracht der Vielzahl und der Artnichtsignifikanter Ergebnisse auch als zufällig interpretiert werden können. In 2Querschnittuntersuchungen mit Aluminiumbelastungen unterhalb 50 µg Al/l Urin (Bast-Petterson et al., 2000, Iregren et al., 2001) wurden keine Effekte im Bereichneuropsychologischer Tests gefunden. Die im Folgenden dargestellteverhaltenstoxikologische Untersuchung von Al-Schweißern im Automobilbau entsprichtbezüglich Untersuchungszeitraum und Methodik der erwähnten Längsschnittstudie imSchienenfahrzeugbau. Die Exposition (< 50 µg Al/l Urin) ist aber ebenso wie die diedurchschnittliche Al-Expositionsdauer (< 10 Jahre) geringer.369


V70Vorträge – NeurotoxizitätMethodenIn einem Zeitraum von 4 Jahren wurden 92 Al-Schweißer mit 50 Montagearbeitern, dienicht gegenüber Aluminium exponiert waren, zu 3 Messzeitpunkten verglichen. DieUntersuchungsintervalle betrugen 2 Jahre. Die Schweißer waren zu Beginn derUntersuchung durchschnittlich 5 und zum Ende der Untersuchung durchschnittlich 9Jahre ausschließlich als Al-Schweißer tätig. Die Gruppen der Al-Schweißer undKontrollen waren hinsichtlich Alter (39 Jahre), Bildungsniveau und Alkoholkonsum (CDT= 3,1 U/l) vergleichbar. Zu jedem Messzeitpunkt wurden individuelle Staubbelastungenund interne Aluminiumbelastungen im Plasma und Urin erfasst sowieneuropsychologische Symptomerhebungen (Q16) und Tests durchgeführt. In der Gruppeder Al-Schweißer wurde ein Al-Biomonitoring vor und nach der Schicht, in derKontrollgruppe nur vor der Schicht, durchgeführt. Die neuropsychologischen Testsumfassten 4 Bereiche, die in bisherigen Aluminiumstudien als kritisch angesehen wurden(Psychomotorik, Arbeitsgedächtnis, Aufmerksamkeit, exekutive Funktionen) sowieVerfahren zur Abschätzung des intellektuellen Leistungsniveaus. Bei den eingesetztenComputertestverfahren handelte es sich um die Motorische Leistungsserie (MLT) unddas Neurobehavioral Evaluation System (EURO-NES). Zur Auswertung der Datenwurden multivariate, kovarianzanalytische Modelle (MANCOVA) fürWiederholungsmessungen verwendet. Zusammengehörige Testparameter(Reaktionsschnelligkeit und Fehler) oder Tests mit ähnlichen Zielstellungen wurdenjeweils als abhängige Variablen gemeinsam statistisch analysiert. Als Kovariablendienten Alter, Schulbildung und ein Alkoholmarker (Carbohydrate Deficient Transferrin,CDT).ErgebnisseDie nach der Schicht gemessenen kreatininbezogenen Aluminiumkonzentrationen imUrin der Schweißer zeigten signifikante Korrelationen mit der Staubbelastung (bis0,58*). Die nach der Schicht gemessenen Aluminiumkonzentrationen im Urin erreichtenmaximal 48 µg Al/l Urin bzw. 38 µg Al/g Kreatinin (Mediane). Die Al-Plasmakonzentrationen zeigten, anders als die Al-Urinkonzentrationen, imUntersuchungsverlauf keine zeitliche Stabilität (Interkorrelation der Messungenverschiedener Zeitpunkte).Weder im Wortschatztest noch in anderen Verfahren zur Schätzungen prämorbider oderallgemeiner Intelligenz zeigten sich Niveauunterschiede zwischen Exponierten undKontrollen. Ebenso zeigten beide Gruppen keine abweichenden Trends imUntersuchungsverlauf. Die Abbildung 1 zeigt als Beispiel die paralleleLeistungsveränderung beider Untersuchungsgruppen im Mosaiktest (Hamburg WechslerIntelligenztest) im Untersuchungsverlauf.370


V70Vorträge – NeurotoxizitätAbb. 1: Leistungsveränderung im Mosaiktest (Hamburg Wechsler Intelligenztest)Die verhaltenstoxikologischen Untersuchungen der Motorik umfassten 4 Computer-Testsder Motorischen Leistungsserie (Steadiness, Liniennachfahren, Aiming, Tapping). Dieverschiedenen Leistungsparameter (Geschwindigkeit und Fehler, dominante und nichtdominanteHand) wurden gemeinsam analysiert. In den multivariaten Kovarianzanalysenzeigten sich keine Anzeichen für Niveau- oder Trendunterschiede beider Gruppen. In derAbbildung 2 ist als Beispiel ein Parameter, die Fehlerzahl im Liniennachfahren, imUntersuchungsverlauf dargestellt.Gedächtnisleistungen wurden sowohl im Zahlennachsprechtest (HAWIE), im adaptivenTest der Zahlenspanne (EURO-NES) und im Test des Arbeitsgedächtnisses (Symbol-Zahlentest, EURO-NES) untersucht. Die multivariate Analyse entsprechender Parameterund die Verlaufsanalysen zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen beidenUntersuchungsgruppen.Der Zielbereich Aufmerksamkeit und exekutive Funktionen umfasste Aufgabenzunehmender Komplexität von einfachen Reaktionsaufgaben bis zu schwierigenAufgaben des Aufmerksamkeitswechsels (EURO-NES). Die Leistungsverläufe beiderGruppen waren nahezu identisch und die multivariaten Modelle zeigten keinesignifikanten Gruppenunterschiede.371


V70Vorträge – NeurotoxizitätAbb. 2: Fehlerzahl im Liniennachfahren (Motorische Leistungsserie)Passend zu den neuropsychologischen Testergebnissen geben Exponierte undKontrollen im Symptomfragebogen eine vergleichbar geringe Anzahl von zweiSymptomen an, die sich im Untersuchungsverlauf in beiden Gruppen nicht veränderte.Abschließende explorative Analysen mit multiplen regressionsanalytischen Modellenzeigten, dass die Leistungen in den etwa 40 untersuchten neuropsychologischenTestparametern nicht durch Staub oder interne Aluminiumbelastungen noch durchSchulbildung und Alkoholkonsum (CDT) determiniert wurden, sondern mehrheitlich undhochbedeutsam durch Alter und allgemeine Intelligenz.SchlussfolgerungenWeder in der vorliegenden Längsschnittstudie in der Automobilindustrie mit relativniedriger Al-Exposition (bis 48 µg Al/l Urin, Median) noch in der parallelenLängsschnittstudie im Schienenfahrzeugbau mit relativ hoher Exposition (bis 165 µg Al/lUrin, Median) ließen sich neuropsychologische Effekte in Zusammenhang mitAluminiumschweißrauchbelastungen nachweisen (Al-BAT 200 µg Al/l Urin). Die Studienunterscheiden sich von anderen Al-Studien methodisch, indem sie Veränderungen ingrößeren Zeiträumen untersuchen, multivariat untersuchen (bezogen auf abhängigeVariablen) und relevante Kovariablen in die Testmodelle einbeziehen und diese372


V70Vorträge – Neurotoxizitätmittesten. Explorative Analysen belegen, dass die verwendeten neuropsychologischenVerfahren änderungssensitiv sind (Alter, allgemeine/prämorbide Intelligenz).Entsprechend sind die Ergebnisse von Studien, die entsprechende Modellierungen undKontrollen vermissen lassen, kritisch zu bewerten.Literatur• Bast-Pettersen, R., Skaug, V., Ellingsen, D., and Thomassen, Y. Neurobehavioralperformance in aluminum welders. Am J Ind Med 37, 2000, 184-192.• Iregren, A., Sjogren, B., Gustafsson, K., Hagman, M., Nylen, L., Frech, W.,Andersson, M., Ljunggren, K. G., and Wennberg, A. Effects on the nervous system indifferent groups of workers exposed to aluminium. Occup Environ Med 58, 2001,453-460.• Kiesswetter, E., Schäper, M., Buchta, M., Schaller, K.H., Rossbach, B., Scherhag, H.,Zschiesche, W., Letzel, S. Longitudinal study on potential neurotoxic effects ofaluminium: I. Assessment of exposure and neurobehavioral performance of Alwelders in the train and truck construction industry over 4 years. Int Arch OccupEnviron Health, im Druck.• Riihimäki, V., Hänninen, H., Akila, R., Kovala, T., Kuosma, E., Paakkulainen, H.,Valkonen, S., and Engström, B. Body burden of aluminum in relation to centralnervous system function among metal inert-gas welders. Scand J Work EnvironHealth 26, 2000, 118-130.DanksagungDie Studie wurde mit finanzieller Unterstützung durch den Hauptverband dergewerblichen Berufsgenossenschaften und der Vereinigung der Metall-Berufsgenossenschaften durchgeführt.373


V71Vorträge – NeurotoxizitätDifferenzierung von Geruchs- und Reizeffekten durchVerlaufsbetrachtungen subjektiver SymptomangabenStefan Kleinbeck, Stephanie Anja Juran, Ernst Kiesswetter, Michael Schäper, Christoph vanThrielInstitut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund, DortmundZusammenfassungSubjektive Angaben über chemosensorische Effekte erschweren die Differenzierung vonGeruchs- und Reizwirkungen, da dabei beide zusammenwirken. Betrachtet man - imGegensatz zu den üblichen Erfassungen über einen kurzen Zeitraum - den Verlaufsolcher Angaben über eine Arbeitsschicht, ist eine Trennung besser möglich. Währendolfaktorische Rezeptoren relativ schnell adaptieren, zeigen trigeminaleNervenendigungen, die Reizeffekte vermitteln, diese Anpassung nicht oder erstwesentlich später.In vier Expositionsstudien wurden die lokalen Reizstoffe Ethylacetat, Cyclohexylamin,Essig- und Propionsäure untersucht. Verglichen wurden drei Konzentrationen. Von denVersuchspersonen wurden in regelmäßigen Abständen (30 Minuten) Einschätzungenallgemeiner olfaktorischer und trigeminaler Symptome erhoben, um deren Verlauf überdie Exposition zu dokumentieren.Für Ethylacetat, Essig- und Propionsäure sind chemosensorische Effekte vorwiegendüber den Geruch vermittelt. Doch auch in den höchsten Konzentrationsbedingungenkommt es zu einem adaptiven Verlauf der Geruchssymptome. Symptome zu Augen- undNasenreizungen werden für diese Stoffe kaum berichtet. Auch Cyclohexylamin wirdzunächst nur olfaktorisch wahrgenommen. In der höchsten Konzentration ist beiCyclohexylamin jedoch keine Adaptation der deutlichen Geruchssymptome mehr zubeobachten und die trigeminalen Symptome weisen einen kontinuierlichen Anstieg überdie 4-stündige Expositionsphase auf. Dieser Anstieg zeigt sich auch in physiologischenMessungen.Durch solche Verlaufsanalysen subjektiver Angaben ist eine bessere Differenzierung vonGeruch- und Reizeffekten möglich. Für die Grenzwertsetzung ist eine Absicherung derErgebnisse durch physiologische Belege wünschenswert.Ziel der StudieZur Gesundheitsprävention bei beruflichen Gefahrstoffexpositionen wird bei derGrenzwertsetzung häufig darauf geachtet, dass akute Reizwirkungen vermieden werden(Präambel der MAK-Liste, DFG 2005). Die Messung von Reizungen der oberenAtemwege bzw. der Augen ist mit physiologischen Methoden (z.B. Lidschlussfrequenz)prinzipiell möglich, aber sehr aufwendig. Daher basiert das Wissen überchemosensorische Effekte vielfach nur auf subjektiven Angaben, die eine Differenzierung374


V71Vorträge – Neurotoxizitätvon Geruchs- und Reizwirkungen erschweren (Dalton 2001). Betrachtet man jedoch denVerlauf solcher Angaben über eine Arbeitsschicht, ist eine solche Trennung möglich.Olfaktorische Rezeptoren und damit auch olfaktorisch-vermittelte Geruchseffekteadaptieren relativ schnell, trigeminale Nervenendigungen, die Reizeffekte vermitteln,zeigen diese Anpassung nicht oder erst wesentlich später, vielfach kommt es (zunächst)zu einer Sensibilisierung. Diese Unterschiede sollten sich auch in der subjektivenEinschätzung entsprechender Symptome (Geruchssymptome, Reizungen der Nase oderder Augen) widerspiegeln.MethodenIn vier Expositionsstudien wurden die lokalen Reizstoffe Ethylacetat (ETA),Cyclohexylamin (CHA), Essig- und Propionsäure (ES und PS) untersucht. Aufgrund zugeringer Empfindungsstärken wird auf eine Darstellung der Ergebnisse von Essig- undPropionsäure verzichtet. Es wurden drei Konzentrationsstufen verglichen:- eine am Grenzwert (MAK-Wert oder TRGS 900) orientierte konstante (400 ppmfür ETA und 10 ppm für CHA),- eine variierende Konzentration (mit Spitzenexposition; 0-800 ppm für ETA und 0-4 ppm für CHA) und- eine Kontrollbedingung (Geruchsschwelle; 2 ppm für ETA und 1 ppm für CHA).Es nahmen jeweils 12 Frauen und 12 Männer im Altern von 18-35 Jahren teil. Dabeihandelte es sich um gesunde Nichtraucher, die eine schriftliche Einverständniserklärungabgegeben haben. Eine Zustimmung der Ethikkommission zum Experiment lag vor. DieProbanden schätzten in regelmäßigen Abständen von 30 Minuten olfaktorische(Geruchssymptome) und trigeminale Symptome (Reizungen der Nase, Reizungen derAugen) mit Hilfe eines Teils („acute symptoms“) der Swedish Performance EvaluationScale (SPES; Gamberale et al. 1989; Iregren 1998) ein, um Veränderungen derEinschätzungen über die Dauer der Exposition zu dokumentieren. SPES ermöglicht dieAngabe von Symptomen anhand kategorieller Intensitiätsangaben (nicht im geringsten,kaum, etwas, ziemlich, stark, sehr stark). Eine Reizwirkung, die sich in denSymptomeinschätzungen durch Sensibilisierung zeigt, sollte auch in physiologischenKennwerten der Irritation (Lidschlussfrequenz) erkennbar sein.ErgebnisseFür Ethylacetat sind chemosensorische Effekte vor allem über den Geruch vermittelt,denn es zeigen sich in der höchsten und in der variierenden Bedingung abfallendelineare Trends in den Einschätzungen der Geruchssymptome (vgl. Abbildung 1a). In derKontrollbedingung zeigt sich kein abfallender Trend, die Einschätzungen derGeruchssymptome sind von Anfang an auf äußerst geringem Niveau. Vergleicht man dieunterschiedlichen Konzentrationen, so zeigt sich, dass die Geruchsbelästigungen im375


V71Vorträge – NeurotoxizitätVergleich zur Kontrollbedingung zunehmen. Auch Cyclohexylamin wird in derKontrollbedingung und der variierenden Bedingung nur olfaktorisch wahrgenommen, wassich in einem abfallenden linearen Trend für diese Bedingungen zeigt (vgl. Abbildung1b).(a)(b)55Geruchssymptome(Mittelwert ± SE)321Geruchssymptome(Mittelwert ± SE)321ziemlichetwaskaum00 30 60 85 125 150 175 205 235Zeit relativ zum Expositionsbeginn [min]Abbildung 1 Zeitverläufe der Geruchssymptomeinschätzungen in den dreiKonzentrationsstufen (Kontrollbedingung -, variierende Bedingung -··, KonstanteBedingung --) für Ethylacetat (a) und Cyclohexylamin (b)00 30 60 85 125 150 175 205 235Zeit relativ zum Expositionsbeginn [min]nicht im geringstenIn der höchsten (kontinuierlichen) Konzentration ist bei Cyclohexylamin keine Adaptationder deutlichen Geruchssymptome mehr zu beobachten und die trigeminalen Symptome(Nasenreizung, Augenreizung) weisen einen kontinuierlichen Anstieg über die 4-stündigeExpositionsphase auf. Zum Ende der Exposition liegen die Einschätzungen zwischen„kaum“ und „etwas“. Ein vergleichbarer Anstieg zeigt sich auch in der physiologischenMessung der Lidschlussfrequenz (Abbildung 2) beim Vergleich des Beginns derExposition mit dem Ende.251 ppmGeruchskontrolle1-4 ppmMAK (wechselnd)10 ppmAGW (konstant)24Lidschlussfrequenz [min -1 ]Mittelwert ± SE23222120191817160Beginn Ende Beginn Ende Beginn EndeMesszeitpunktAbbildung 2 Veränderung der Lidschlussfrequenz vom Beginn zum Ende der 4-stündigenExpositionsphase bei 10 ppm Cyclohexylamin (konstant)376


V71Vorträge – NeurotoxizitätAuch bei Ethylacetat zeigt sich ein kumulativer Anstieg der Einschätzung derAugenreizung, der irritative Effekte vermuten lässt, aber selbst zum Ende der Expositionwird die Einschätzung „kaum“ im Durchschnitt nicht übertroffen. Die Augenreizung istnicht stark genug, um sich im physiologischen Maß der Lidschlussfrequenzwiderzuspiegeln.SchlussfolgerungenDurch Verlaufsanalysen subjektiver Angaben ist eine bessere Differenzierung vonGeruch- und Reizeffekten möglich. Die unterschiedlichen Eigenschaften des Geruchsbzw.Reizsinnessystems erlauben eine Differenzierung mit Hilfe vonEmpfindenseinschätzungen, die beide Effekte integrieren. Subjektive Einschätzungenvon trigeminalen Symptomen spiegeln physiologisch gemessene Indikatoren vonIrritation bei Reizwirkungen wider. Damit ergibt sich eine einfache Screeningmöglichkeit,um irritative Effekte von Gefahrstoffen zu entdecken. Für die Grenzwertsetzung ist dannnoch eine Absicherung der Ergebnisse durch physiologische Belege wünschenswert.Literatur• DFG (2005) List of MAK and BAT Values. WILEY-VCH Verlag GmbH, Weinheim.• Dalton, P. (2001) Evaluating the human response to sensory irritation: implications forsetting occupational exposure limits. Aihaj, 62, 723-729.• Gamberale, F., Iregren, A. and Kjellberg, A. (1989) SPES: The computerizedSwedish performance evaluation system. Arbebe och Hälsa, 6, 1-77.• Iregren, A. (1998) Computer-assisted testing. In Costa, L.G. and Manzo, L. (eds.),Occupational Neurotoxicology. CRC Press, Boca Raton, pp. 213-232.377


V72Vorträge – NeurotoxizitätLängsschnittsvergleich psychologisch/ psychometrischerErgebnisse lösemittelexponierter AutolackiererIrina Böckelmann, Eberhard Alexander PfisterInstitut für Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität, MagdeburgEinleitungObwohl es inzwischen bei der Bewertung neurotoxischer Effekte nach chronischenberuflichen Expositionen Fortschritte gibt, sind wichtige Fragen zur Reversibilität,Persistenz oder Progredienz geringgradiger neurotoxischer Frühschädigungen beiabnehmender, beendeter oder fortbestehender Exposition weiterhin völlig unbeantwortetgeblieben. Es sind im Schrifttum sehr wenig longitudinale Studien zur Neurotoxizität vonArbeitsstoffen auffindbar. Dies betrifft besonders die Lösemittelgemische (LM), diezahlreich an vielen Arbeitsplätzen vorkommen.Im Rahmen von zwei vom BMBF geförderten Magdeburger TOX-Studien(„Früherkennung neurotoxischer Störungen infolge langjähriger beruflicherSchadstoffexposition“ FTOX und „Chronische neurotoxische Wirkungen bei beruflicherSchadstoffexposition geringer Konzentration“ CTOX) wurden neurotoxische Effekte beiberuflichem Umgang mit organischen Lösemittelgemischen untersucht. Das Hauptzielder FTOX-Studie bestand in der Aufklärung von neurotoxischen Früheffekten beiberuflichem Umgang mit organischen Lösemittelgemischen bei Beschäftigten inAutolackierereien. Die gefundenen neurotoxischen Effekte wurden dann in der CTOX-Studie in ihrer weiteren Entwicklung beobachtet.MethodenIn die Längsschnittsuntersuchung wurden 23 klinisch gesunde langjähriglösemittelexponierte Autolackierer einbezogen. Es handelte sich stets um freiwilligemännliche Probanden. Das Durchschnittsalter der Exponierten betrug 33,5 ± 9,4 Jahrezur ersten Untersuchung (Test) und zum Retest 36,5 ± 9,4 Jahre. Die Expositionsdauerder LM-Exponierten lag im Durchschnitt bei 16,8 bzw. 20,4 Jahren.Folgende psychologische Verfahren kamen zur Anwendung: Psychologisch-Neurologischer Fragebogen PNF, ein Screeningverfahren für typische neurotoxischverursachte Beschwerden (Seeber et al. 1978), Einfach- undMehrfachwahlreaktionsaufgabe als Test für die psychomotorischeReaktionsgeschwindigkeit, Zahlengedächtnistest zur Erfassung desKurzzeitgedächtnisses und Tappingtest zur Prüfung des psychomotorischen Tempos(Böckelmann 2006).Die Rahmenbedingungen bei dem Test und Retest waren völlig identisch.Ein positives Votum durch die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg bestand.378


V72Vorträge – NeurotoxizitätDie Expositionsdauer und –art wurden per Basis- und Erfassungsfragebögen ermittelt.Es gab in den Autolackierereien bzw. bei den zuständigen Gewerbeaufsichtsämternkeine entsprechenden Messprotokolle. Die individuelle LM-Expositionseinschätzungerfolgte nach dem Modell der retrospektiven Expositionserfassung. Zusätzlich wurdenRaumluftmessungen und Luftmonitorings an einigen ausgewählten Arbeitsplätzenvorgenommen. Daraus folgte die Abschätzung der „äußeren Exposition“.ErgebnisseIn den untersuchten Autolackierereien befinden sich die mittleren Konzentrationenwesentlicher LM-Bestandteile in den verwendeten Farb- und Reinigungsmitteln unterhalbder zulässigen Grenzwerte.Bei der Betrachtung der neurotoxischen Effekte im Querschnittsvergleich bei der erstenStudie (FTOX) zeigten sich folgende wichtige Ergebnisse:Die Lösemittelexponierten demonstrierten viele Beschwerden und schlechteKonzentrations- sowie Intelligenzleistungen und hatten außerdem eine schlechteGedächtnisleistung und Aufmerksamkeitsstörung sowie vermindertes kognitives Tempo.Bei der Prüfung der psychometrischen Leistungen wurden einige interessante Effekte beiden LM-Exponierten in Reaktionsgeschwindigkeit, Gedächtnisleistung, impsychometrischen Tempo und in Aufmerksamkeit und Kodierungsleistung gefunden, diedann im Längsschnitt weiter verfolgt wurden.Bei dem Test-Retest-Vergleich wurde festgestellt, dass die Autolackierer nach weiterenExpositionsjahren psycho-neurovegetativ labiler geworden waren (s. Abb. 1). DieErregbarkeit (p = 0,048) sowie die Gesamtsumme der Beschwerden (p = 0,047) warenweiter gestiegen. Die Anzahl der neurologischen Symptome und dieKonzentrationsfähigkeit waren kaum verändert bzw. nur etwas schlechter geworden.Bei der Prüfung der Zusammenhänge zwischen den Beschwerden im PNF und derExpositionsdauer in Jahren wurden positive Korrelationen festgestellt. FolgendeKategorien des psychologisch-neurologischen Fragebogens korrelierten mit der Anzahlder LM-Belastungsjahre: Psycho-neurovegetative Labilität (r = 0,275**), NeurologischeSymptome (r = 0,417**), Antriebsminderung (r = 0,219*), Spezifische Symptome (r =0,274**) und Gesamtsumme der Beschwerden (r = 0,284**). Je länger dieLösemittelexposition bestand, desto mehr Beschwerden äußerten die betroffenenProbanden.379


V72Vorträge – NeurotoxizitätGesamtsumme derPunktwertep = 0,047Spezifische SymptomeKonzentrations- undGedächtnisbeeinträchtigungRetestTestErregbarkeitp = 0,048AntriebsminderungNeurologische SymptomePsychoneurovegetativeLabilitätp = 0,0100 5 10 15 20 25 30PNF-PunktwerteAbb. 1 Längsschnittsvergleich der Ergebnisse des psychologischen Screenings der 23lösemittelexponierten AutolackiererDie Exponierten merkten sich im Zahlengedächtnistest bei dem Retest im Durchschnittzwar weniger Zahlen, dies konnte man aber statistisch nicht sichern (beim Test 6,3 ± 1,0;beim Retest 5,8 ± 0,6; p = 0,090). Die Variable "maximal behaltene Zahlenlänge" wurdeim Longitudinalvergleich schlechter (6,9 ± 0,8 vs. 6,6 ± 1,0; p = 0,004). Bei dem Retestwurde im Vergleich zur ersten Untersuchung eine Verlangsamung beider Anteile derReaktionszeit bei der Einfachwahlreaktionsaufgabe (p < 0,001) beobachtet (s. Abb. 2).Für die Absolvierung der Mehrfachwahlreaktionsaufgabe benötigten die Probanden beiden beiden Untersuchungen ca. 230 s. Der mittlere Reizabstand zwischen zwei Reizenbetrug im Mittel für den gesamten Test 1024,9 ± 111,40 ms bei der FTOX-Studie und1139,0 ± 113,00 ms bei der CTOX-Studie (p = 0,003). Der Reizabstabd im 4. Testsquartillag bei 976,4 ± 106,8 ms (Test) und 991,2 ± 126,5 (Retest), wobei diese Unterschiedestatistisch nicht bestätigt wurden (p = 0,590).Bei der Tappingfrequenz wurden sowohl in der 1. Testhälfte (5,7 ± 6,7 Hz beim Test vs.5,6 ± 0,6 beim Retest; p = 0,426) als auch in der 2. Testhälfte (5,5 ± 6,4 Hz vs. 5,4 ± 0,5;p = 0,140) keine Unterschiede im Test-Retest-Vergleich gefunden.380


V72Vorträge – Neurotoxizität400350p = 0,001300Reaktionszeit [ms]250200150p = 0,001TestRetest100500initiation timemovement timeAbb. 2 Längsschnittsvergleich der Ergebnisse der psychometrischen Untersuchung der 23lösemittelexponierten AutolackiererAuch die psychometrischen Leistungsergebnisse korrelierten mit der Anzahl derExpositionsjahre. Mit der Expositionsdauer sanken die Gedächtnisleistungen, dieProbanden konnten sich weniger Zahlen merken (r = - 0,408 bei p < 0,01). Zwischen derTappingfrequenz (Klopffrequenz als Indikator für das psychomotorische Tempo) sowohlin der ersten als auch in der zweiten Testhälfte und der Anzahl der Expositionsjahrewurden negative Zusammenhänge gefunden (r = - 0,281 bei p < 0,01 bzw. r = - 0,342 beip < 0,01). Schließlich ergab sich auch, je länger die Lackierer exponiert waren, destoschlechter waren ihre Reaktionsleistungen. Es wurde mit der Zunahme derExpositionsjahre eine Verlangsamung der Reaktionszeiten sowohl bei der Einfach- (r =0,426 bei p < 0,001) als auch bei der Mehrfachwahlreaktion (r = 0,349 bei p < 0,01)beobachtet.SchlussfolgerungenDie Ergebnisse der vorliegenden Arbeit und die aktuellen Erkenntnisse zur Neurotoxizitätorganischer Lösemittel führen zu folgenden Schlussfolgerungen: Eine langjährige LM-Exposition im „Graubereich“ führt zu adversen Effekten auf der psychologischen undpsychometrischen Ebene. Die im Querschnittsvergleich zu unbelastetenKontrollpersonen gefundenen neurotoxischen Effekte bei den Autolackierern wurden imLängsschnittsvergleich manifester.Es ist selbstkritisch zu bemängeln, dass in dieser Longitudinalstudie dieKontrollprobanden keinem Test-Retest-Vergleich unterzogen werden konnten. Auch381


V72Vorträge – Neurotoxizitätwäre es wünschenswert gewesen, die gefundenen adversen Effekte nach einerInterventionsmaßnahme (z. B. 4-wöchiger expositionsfreier Urlaub) nachzuprüfen.Als wichtigste Schlussfolgerung dieser Arbeit gilt: bei arbeitstoxikologischen Studienähnlicher Art sollten vor allem verstärkt Längsschnittsuntersuchungen an größerenStichproben geplant werden, nicht nur bei neurotoxikologischen Fragestellungen, um u.a. Fragen der Reversibilität möglicher Schädigungsmuster beantworten zu können.Deren Ergebnisse könnten dann bei der arbeitsmedizinischen Begutachtungentsprechender Berufskrankheiten von Bedeutung sein. Längsschnittsuntersuchungensind Fall-Kontroll-Studien insbesondere dann weit überlegen, wenn nur sehr begrenzteProbandenkollektive zur Verfügung stehen (zufällige Zusammensetzung der Fall- undKontrollgruppe).Die objektivierten neurotoxischen Früheffekte, die sich aus dem Längsschnittsvergleichzweifelsfrei ergaben, sind für mindestens vier folgende arbeitsmedizinischeWirkungsfelder nutzbar:‣ Qualifizierung der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungenlangjährig exponierter Personen,‣ Begutachtungen in fraglichen BK-Verfahren bei unklarem Schadensbilddurch organische Lösemittel,‣ Evaluierung bestehender Grenz- und Richtwerte für zulässigeLösemittelexpositionen und‣ weitere Anstrengungen zur Verbesserung des Arbeitsschutzes in unserenmodernen Autolackierwerkstätten.Literatur:• Böckelmann I. Arbeitsmedizinische Fragen zur Neurotoxizität beruflicher Blei- undLösemittelexposition. Habilitationsschrift, Med. Fak., Otto-von-Guericke-Universität,Magdeburg (2006)• Seeber A, Schneider H, Zeller HJ. Ein psychologisch-neurologischer Fragebogen(PNF) als Screeningmethode zur Beschwerdenerfassung bei neurotoxischExponierten. Probl Erg Psychol 65(1978): 23-43382


V73Vorträge – Malignome IIZu den Kausalzusammenhängen von Quarzfeinstaub, Silikoseund Lungenkrebs: Meta-Analysen von epidemiologischenStudien zwischen 1979 and 2006Thomas Erren 1 , Christine Glende 1 , Peter Morfeld 2 , Allan Smith 3 , Craig Steinmaus 3 , PierluigiCocco 4 , Claus Piekarski 11 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universität zu Köln, Köln;2 Institut fürArbeitswissenschaften, RAG Aktiengesellschaft, Dortmund; 3 School of Public Health, University of California,Berkeley, Berkeley; 4 Department of Public Health, Occupational Health Section, University of Cagliari,CagliariEinleitung und ProblemstellungDie Einstufung von Quarz (kristallinem Siliziumdioxid) als „krebserzeugend für denMenschen“ durch die IARC im Jahr 1997 markierte einen Meilenstein in einerjahrzehntelangen Diskussion, ob, und falls ja, unter welchen Bedingungen kristallinesSiO 2 human-karzinogen sein kann 1 . 1999 hat die Senatskommission zur Prüfunggesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der DFG Siliziumdioxid in die „Kategorie 1“eingestuft 2 und seit 2001 kann unter der Nr. 4112 in der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung „Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid (SiO 2 ) beinachgewiesener Quarzstaublungen-erkrankung (Silikose oder Siliko-Tuberkulose)“ alsBerufskrankheit entschädigt werden 3 .Im 10. Jahr nach der IARC-Einstufung von Quarzfeinstaub als Gruppe 1 Karzinogenhaben wir epidemiologische Studien zum Lungenkrebsrisiko von Silikotikern und Nicht-Silikotikern systematisch ausgewertet 4 , um neue Einsichten in die postuliertenKausalzusammenhänge zu gewinnen und zur Beantwortung der folgenden drei Fragenbeizutragen:1. Inwieweit haben zahlreiche epidemiologische Studien seit 10 Jahren unserKausalverständnis von quarzstaubassoziierten Lungenkrebsentwicklungen verbessert?2. Kann Quarzstaub auch ohne die Entwicklung einer Silikose zu Lungenkrebs führen?Falls unsere „Studie von Studien“ 4 wichtige Kenntnislücken zeigen würde:3. Wie sollten zukünftige epidemiologische Studien durchgeführt werden, um unserVerständnis der Quarzstaub-Silikose-Lungenkrebsbeziehungen zu erweitern?Material und MethodenAusgangspunkt war eine Meta-Analyse aus dem Jahr 1995 [Smith et al. 5 ], die auch vomÄrztlichen Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnungberücksichtigt wurde 3 . Via PubMed, ISI Web of Knowledge, Referenzlisten und denAustausch mit weiteren Wissenschaftlern wurden englischsprachige Artikel mit Peer-Review identifiziert, die Informationen zu Quarzstaub und Lungenkrebsrisiken beiSilikotikern und/oder Nicht-Silikotikern sowie Rauchgewohnheiten enthielten. ÜberSTATA wurden Meta-Analysen mit festen und zufälligen Effekten durchgeführt.383


V73Vorträge – Malignome IIBesonderes Augenmerk wurde auf die Explorierung von Unterschieden [„Heterogenität“]zwischen Einzelstudien sowie Meta-Regressions-Analysen gelegt.Ergebnisse38 Studien 6-43 zeigten bei quarzstaubexponierten Arbeitnehmern ein Relatives Risiko fürLungenkrebs bei Silikotikern von etwa 2 [RR=2.1; 95%KI=1.9-2.3; Tabelle 1]. Bei Nicht-Silikotikern zeigten drei Studien 12, 27, 44 , die Rauchgewohnheiten berücksichtigten, keineRisikoerhöhung [Tabelle 2]; acht Studien ohne Berücksichtigung der6, 13, 18, 21, 24, 29, 36, 45Rauchgewohnheiten waren mit leicht erhöhten Risiken vereinbar6, 18, 24, 45[RR=1.2; 95%KI=1.0-1.4]. Vier dieser Studien enthielten Informationen zuTodesursachen, die mit Rauchen assoziiert sind [IARC 1986; 2002 46, 47 ]: dass in diesenUntersuchungen Risikoschätzer für Larynx- und Blasenkarzinome kleiner als oder gleichNull bestimmt wurden, kann ein Hinweis dafür sein, dass Rauchen – in diesenErgebnissen für Nicht-Silikotiker – kein kritischer Confounder war. FünfStudienergebnisse für Silikotiker wurden im Rahmen der Explorierung von Unterschiedenals signifikant unterschiedlich bewertet; in 2 Fällen 15, 26 konnten wir die Risikoschätzerangemessen adjustieren, 3 Studien mit nicht beherrschbaren methodischenVerzerrungen wurden von weitergehenden Analysen ausgeschlossen 6, 7, 25 . DieGesamtschätzer waren bei den Meta-Analysen mit festen und zufälligen Effektenvergleichbar und zeigten eine Risikoverdoppelung; die Homogenität der 35 Einzelstudienweist darauf hin, dass die Verdopplung des Lungenkrebsrisikos für alle Studienverallgemeinert werden kann. Die Meta-Regressions-Analysen wiesen darauf hin, dasses trotz Adjustierung von Einzelstudien bezüglich plausiblen Verzerrungen signifikanteEffektmodifizierungen gab.Diskussion und SchlussfolgerungenUnsere Meta-Analysen rechtfertigen die folgenden Antworten auf unsereAusgangsfragen:Ad 1. Epidemiologische Studien seit Mitte der 90er Jahre haben unser Kausalverständnisvon quarzstaubassoziierten Lungenkrebsrisiken nicht entscheidend verbessert [Smith etal.1995 5 : RR=2.1; 95% KI = 1.8-2.5, 22 Studien; Erren et al. <strong>2007</strong> 48 : RR=2.1; 95% KI = 1.9-2.3, 38 Studien].384


V73Vorträge – Malignome IITabelle 1.Lungenkrebsrisiken bei SilikotikernZahl derStudienRR (95% KI)Feste EffekteRR (95% KI)Zufällige EffekteAlle Studien382.1 (2.0 – 2.3)2.1 (1.9 – 2.3)KohortenFall-KontrollSIRMOR248422.1 (1.9 – 2.2)2.1 (1.7 – 2.6)2.7 (2.3 – 3.2)1.9 (1.6 – 2.3)2.0 (1.7 – 2.3)2.3 (1.8 – 2.9)2.6 (2.1 – 3.3)1.8 (1.3 – 2.7)Rauchgewohnheitenadjustiertnicht-adjustiert9292.1 (1.8 – 2.4)2.1 (2.0 – 2.3)2.2 (1.8 – 2.7)2.0 (1.8 – 2.3)EntschädigungRegisterMedizinischeUntersuchung138122.2 (2.0 – 2.4)2.1 (1.9 – 2.4)2.0 (1.8 – 2.2)2.1 (1.7 – 2.5)2.1 (1.5 – 2.8)1.9 (1.6 – 2.3)Tabelle 2.Lungenkrebsrisiken bei Nicht-SilikotikernZahl derStudienRR (95% KI)Feste EffekteRR (95% KI)Zufällige EffekteAlle Studien111.2 (1.1 – 1.3)1.2 (1.0 – 1.3)KohortenFall-Kontroll921.2 (1.1 – 1.3)1.0 (0.7 – 1.3)1.2 (1.0 – 1.4)1.0 (0.7 – 1.5)Rauchgewohnheitenadjustiertnicht-adjustiert381.0 (0.8 – 1.3)1.2 (1.1 – 1.4)1.0 (0.8 – 1.3)1.2 (1.0 – 1.4)Ad 2. Ob Quarzstaub auch ohne die Entwicklung einer Silikose zu Lungenkrebs führenkann, bleibt offen: die Evidenz hierfür ist nach 28 Jahren epidemiologischer Forschunglimitiert.Gleichwohl müssen als Grundlage für angemessene Grenzwertsetzungen dieSchlüsselfragen, ob die Silikose selbst Teil der Kausalkette von Quarzstaub zu Lungenkrebs49 und/oder Biomarker für relevante Expositionen und/oder eine Empfindlichkeitgegenüber Lungenkarzinogenen ist, belastbar beantwortet werden 50 .385


V73Vorträge – Malignome IIAd 3. Zukünftige Studien sollten Kollektive mit der gesamten Expositions-Respons-Breiteuntersuchen. Geeignete Kausalanalysen müssen sich auf Daten zu- Quarzstaubexpositionen und- der Entwicklung von Lungenkrebs bei Nichtsilikotikern und- der Entwicklung von Lungenkrebs bei Silikotikern und- Rauchgewohnheiten und weiteren Arbeitsplatzkarzinogenen stützen sowie- die Silikose sowohl als intermediäre Variable als auch als Confounderberücksichtigen.Die Festsetzung angemessener Grenzwerte zum Schutz der Menschen anquarzstaubexponierten Arbeitsplätzen sollte Teil der Modell-Entwicklungen sein.Mögliche intermediäre Endpunkte einer Quarzstaubkarzinogenität wieTumornekrosefaktor [TNF-α] könnten Informationen bezüglich der Expositionen und derEmpfindlichkeit [susceptibility] von Expo-nierten ergänzen 51, 52 . Die G-Estimation istmethodisch geeignet, ein intermediäres Con-founding und damit verbundene Healthy-Worker-Survivor-Verzerrungen angemessen auszuwerten 53, 54 .In der Gesamtschau ist es realistisch anzunehmen, dass zukünftige Studien zu denKausalzusammenhängen von Quarzfeinstaub, Silikose und Lungenkrebs großePopulationen untersuchen müssen, da die Relative Risikoerhöhung fürquarzstaubassoziierten Lungenkrebs bei Arbeitnehmern ohne Silikose klein sein könnte.LiteraturDie 54 Literaturstellen sind von den Verfassern erhältlich [tim.erren@uni-koeln.de].FörderungChristine Glende dankt der „Lieselotte und Dr. Karl Otto Winkler-Stiftung fürArbeitsmedizin“ für die Unterstützung durch ein Promotionsstipendium.386


V74Vorträge – Malignome IIMortalität und Krebsmorbidität saarländischer Steinkohlenbergleute,1980 - 2002Peter Morfeld 1 , Michael Emmerich 2 , Konrad Lampert 2 , Hans Leopold Reischig 2 , Hans-GuidoKlinkner 3 , Christa Stegmaier 4 , Hartwig Ziegler 4 , Claus Piekarski 51 Institut für Arbeitswissenschaften, RAG Aktiengesellschaft, Dortmund; 2 Arbeitsmedizinisches ZentrumHirschbach, Deutsche Steinkohle AG, Sulzbach; 3 Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes zur Erforschungs undFörderung des Gesundheitsschutzes im Bergbau e. V., AGiB, Saarbrücken; 4 Krebsregister Saarland,Statistisches Landesamt, Saarbrücken; 5 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universität zuKöln, KölnEinleitung und ProblemstellungObgleich Steinkohlenbergleute hohen Quarzstaubexpositionen ausgesetzt sind, ergabendie meisten epidemiologischen Studien keinen Zusammenhang zwischen deruntertägigen Staubbelastung und einem Lungenkrebsexzessrisiko. Diese negativenStudien beruhten auf Mortalitätsdaten. Leicht positive Befunde ergaben Fall/Kontroll-Studien, die auf Inzidenzdaten beruhten (Morfeld und Piekarski 19981, Hoffmann undJöckel 20062). Es wurde die Frage aufgeworfen, ob die Todesursachenstatistik fürSteinkohlenbergleute für Lungenkrebs nach unten verzerrt sein könnte. Falls den dieTodesursache feststellenden Ärzten die berufliche Vergangenheit der Bergleute sowieeine mögliche Pneumokonioseerkrankung z. T. bekannt gewesen wäre, hätte diesmöglicherweise zu einer Überdokumentation von Pneumokoniosetodesfällen und zueiner Unterdokumentation von Lungenkrebstodesfällen geführt. Das Follow-up derKohortenstudie zur Mortalität der Steinkohlenbergleute im Saarland (Morfeld undLampert 20043) wurde bis 2002 verlängert und um eine Krebsmorbiditätsstudie erweitert,um zu prüfen, ob die gemeinsame Analyse von Mortalitäts- und Krebsinzidenzdatenneue Erkenntnisse liefert (Morfeld et al. 20054).Material und Methoden4579 Steinkohlenbergleute des Saarlandes wurden in Mortalität und Krebs-Morbiditätverfolgt (1980 – 2002). Erstmalig wurden sowohl Sterblichkeits- als auch Krebserkrankungsdatenmit Hilfe des Statistischen Landesamtes und des Krebsregisters desSaarlandes für eine Kohortenstudie zusammengestellt. Untertägig verfahrene Schichtenund Staubexpositionsbedingungen wurden individuell auf Jahresbasis ermittelt. Für dieExpositionszeitspannen vor 1963 wurden Imputationsverfahren verwendet: nachExpertenbefragung wurde eine niedrige und eine hohe Rückextrapolation ermittelt,ausgehend von den ersten individuell dokumentierten individuellen Belastungsdaten.SMR- und SIR-Statistiken wurden im Vergleich zur männlichen Gesamtbevölkerung desSaarlandes berechnet (Breslow und Day 19875). Komplexe Modellierungen wurden mitCox-Modellen durchgeführt (Kalbfleisch und Prentice 19806). Berechnungen wurden mitdem SMR-Programm der IARC (Coleman et al. 19867) und SAS 9.1.38 durchgeführt.387


V74Vorträge – Malignome IIErgebnisseDie Steinkohlenbergleute arbeiteten im Durchschnitt 30,4 Jahre unter Tage (210Schichten pro Jahr) bei einer mittleren kumulierten Exposition zwischen 1400 und 1900mg/m³ x Schichten Quarz-A-Staub und 16000 bis 22000 mg/m³ x Schichten Nicht-Quarz-A-Staub (je nach angesetztem Expositions-Imputationsverfahren). Für 99,9 % derKohortenmitglieder konnte der Vitalstatus geklärt werden: 1181 Todesfälle (SMR = 0,87;0.95-Konfidenzintervall: 0,82 – 0,92) traten auf. Die Todesursache konnte in 99,5% derFälle geklärt werden: 399 Krebstodesfälle traten auf (SMR = 0,88; 0,80-0,97) unddarunter 143 Lungenkrebstodesfälle (SMR = 0,89; 0,75-1,05). 752 Primärkrebse wurdendokumentiert (SIR = 0,86; 0,80-0,92), darunter 158 Lungenkrebserkrankungen (SIR =0,92; 0,78-1,08). Für den Endpunkt „Magenkrebs" fanden sich SMR/SIR-Statistiken imBereich von 1,2 bis 1,3 (29 Todesfälle, 45 Erkrankungsfälle, p>0,05).Lungenkrebserkrankungsrisiken variierten mit dem Vorliegen einerSteinkohlenbergarbeiterpneumokoniose: das SMR und SIR-Verhältnis liegt bei ca. 2,5 fürBergleute mit einem Streuungsgrad (ILO,1980) ≥ 1/1 im Vergleich zu Bergleuten mitStreuung < 1/1 (p


V74Vorträge – Malignome IIPneumokoniose als Biomarker für die Lungenkrebssuszeptibilität fungiert und nicht nurals Expositionsmarker. Eine solche dispositionelle Assoziation wird auch für die sog.idiopathischen Fibrosen beschrieben (Artinian und Kvale 200410, Daniels und Jet200511)Tabelle 2: Punktschätzung des relativen Risikos nach dem Modell in Tabelle 1 für unterschiedlicheExpositionskombinationen.Imputation p-WertC konz-Perzentil C konz-Perzentil SCCQ° SCQ° RR*5 5 9492 606 1,000SCCQ : 0,9460 5 95 8886 1212 0,387niedrig SCQ : 0,0133 95 5 23729 1515 0,723SCQ*SCCQ : 0,174 95 95 22972 2272 0,363MW MW 16156 1452 0,4465 5 10251 654 1,000SCCQ : 0,779 5 95 9597 1309 0,482hoch SCQ : 0,0437 95 5 37387 2386 0,503SCQ*SCCQ : 0,307 95 95 36193 3580 0,244MW MW 22196 1860 0,400° in mg*Schichten/m³* normiert auf die Relative Rate bei 5-Perzentileexposition C und CQLiteratur1. Morfeld P, Piekarski C. Epidemiologische Erkenntnisse zur kanzerogenenWirkung von Steinkohlengrubenstäuben. Silikosebericht Nordrhein-Westfalen.Vol. 20, 1998;295-323.2. Hoffmann B, Jöckel KH. Diesel exhaust and coal mine dust: lung cancer risk inoccupational settings. Annals of the New York Academy of Sciences2006;1076:253-265.3. Morfeld P, Lampert K. Staubexposition, Pneumokonioseentwicklung undLungenkrebsmortalität: eine Längschnittstudie an Steinkohlenbergleuten aus demSaarbergbau. In: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, ed.Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben, 2004.4. Morfeld P, Stegmaier C, Emmerich M, Piekarski C. Krebsmorbidität undKrebsmortalität saarländischer Steinkohlenbergleute in Abhängigkeit vonStaubexposition und Pneumokonioseentwicklung (Phase IV) Abschlussberichtzum Forschungsvorhaben der Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes zurErforschung und Förderung des Gesundheitsschutzes im Bergbau e.V.http://www.medizin.uni-koeln.de/institute/arbeitsmedizin. Saarbrücken: VerlagAlma Mater, 2005.5. Breslow NE, Day NE. Statistical methods in cancer research. Volume II--Thedesign and analysis of cohort studies. IARC Sci Publ, 1987.6. Kalbfleisch JD, Prentice RL. The statistical analysis of failure time data. NewYork: Wiley VCH, 1980.7. Coleman M, Douglas A, Hermon C, Peto J. Cohort study analysis with aFORTRAN computer program. International Journal of Epidemiology1986;15(1):134-137.8. SAS Institute Inc. 2004. SAS/STAT® 9.1 User's Guide. Cary, NC:SAS InstituteInc.389


V74Vorträge – Malignome II9. Robins JM. Structural nested failure time models. In: Armitage P, Colton T, eds.Encyclopedia of Biostatistics. Vol. 6. Chichester: Wiley, 1998;4372-4389.10. Artinian V, Kvale PA. Cancer and interstitial lung disease. Current opinion inpulmonary medicine 2004;10(5):425-434.11. Daniels CE, Jett JR. Does interstitial lung disease predispose to lung cancer?Current opinion in pulmonary medicine 2005;11(5):431-437.390


V75Vorträge – Malignome IIEinfluss der Höhe der Quarzexposition in Abhängigkeit vonSilikose auf die Verteilung der Subtypen des Lungenkrebses beiArbeitern im UranbergbauDirk Taeger 1 , Beate Pesch 1 , Georg Johnen 1 , Thorsten Wiethege 1 , Klaus-Michael Müller 2 ,Andreas Eisenmenger 3 , Andrea Tannapfel 2 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Institut für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum, BG-Kliniken Bergmannsheil,Bochum; 3 Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), HeidelbergZiel der StudieDie IARC [1] und die MAK [2]-Kommission haben Quarz als Humankanzerogeneingestuft. Die Bedeutung der Silikose bei der Krebsentstehung ist jedoch nochungenügend geklärt. Anhand des WISMUT-Sektionsarchivs [3] wird untersucht, ob einezunehmende Quarzexposition zu einer Änderung der Verteilung der histologischenTypen von Lungentumoren führt und ob diese Veränderung vom Vorliegen einer Silikoseabhängt. Dies ist eine Erweiterung der bereits durchgeführten Analysen mittels desSektionsarchivs [4].MethodenAus dem Sektionsarchiv wurden alle zwischen 1957 und 1990 verstorbene WISMUT-Beschäftigte, die im Institut für Pathologie in Stollberg obduziert wurden, ausgewählt, beidenen durch Autopsie ein bösartiger Lungentumor (ICD-9 162) bestätigt wurde unddessen histologischer Typ von drei Referenzpathologen als Adenokarzinom (AC),kleinzelliges Lungenkarzinom (SCLC) oder Plattenepithelkarzinom (SqCC)übereinstimmend klassifiziert wurde. Angaben, ob eine Silikose (ICD-9 500, 502 bis 500)vorlag, wurden ebenfalls aus den Sektionsprotokollen entnommen. Mischtumoren undandere selzene Formen wurden bei der Auswertung ausgeschlossen. Die kumulativeExposition gegenüber Quarz, Strahlung und Arsen wurde mit einer Job-Expositions-Matrix ermittelt [5,6]. Analysiert wurden 1.786 Beschäftigte, die gegenüber Quarz, Radonund Arsen exponiert waren und wobei zumindest eine dieser Expositionen fürmindestens ein Jahr vorhanden gewesen sein muss. Zur Schätzung der Verteilung derSubtypen wurde ein polytomes (multinominales) logistisches Regressionsmodellverwendet [7]. Dieses schätzt die individuelle Wahrscheinlichkeit einesUranbergarbeiters bei unterschiedlichen Quarzexpositionshöhen zum Todeszeitpunkt aneinem bestimmten histomorphologischen Typ des bösartigen Lungentumors erkranktgewesen zu sein, abhängig von festen Expositionshöhen von Radon und Arsen sowieanderen relevanten Kovariablen, wie Alter, Zeit seit letzter Arsen-, Quarz- und Radon-Exposition und Dauer der Arsen-, Quarz- und Radon-Exposition.391


V75Vorträge – Malignome IIErgebnisseIn dieser Studienpopulation traten 818 SCLC, 511 SqCC und 457 AC auf. Bei Silikotikern(Abbildung 1) kommt es zu einer starken Verschiebung der Verteilung der Subtypen miteinem zunehmenden Anteil von SqCC mit steigender Quarzexposition (SqCC von 26%auf 58%; AC von 30% auf 11%; SCLC von 43% auf 31%).Geschätzte Wahrscheinlichkeit0.700.650.600.550.500.450.400.350.300.250.200.150.100.050.000 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70Quarz (mg/m 3 × Jahre)SqCC SCLC ACAbb. 1: Geschätzte Wahrscheinlichkeiten mit 95% Konfidenzintervallen für die führendenhistomorphologischen führenden bösartigen Lungentumortypen unter Silikotikern an den 25stenQuartilen der Arsen- und Radon-Exposition und den Medianen der anderen KovariablenDemgegenüber zeigt sich nur eine leichte Änderung der Verteilung der Subtypen beiNicht-Silikotikern (Abbildung 2) von niedriger Quarz- zu hoher Quarzexposition (SqCC:von 23% zu 28%; AC: von 29% zu 21%; SCLC: von 48% zu 51%).392


V75Vorträge – Malignome IIGeschätzte Wahrscheinlichkeit0.700.650.600.550.500.450.400.350.300.250.200.150.100.050.000 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70Quarz (mg/m 3 × Jahre)SqCC SCLC ACAbb. 2: Geschätzte Wahrscheinlichkeiten mit 95% Konfidenzintervallen für die führendenhistomorphologischen führenden bösartigen Lungentumortypen unter Nicht-Silikotikern an den25sten Quartilen der Arsen- und Radon-Exposition und den Medianen der anderen KovariablenFür diese Analyse wurden Fälle mit niedriger Exposition gegenüber Arsen und Radonausgewählt. Vergleichbare Ergebnisse liefert die Analyse unter hoher Radon- undArsenbelastungSchlussfolgerungenAbhängig von der Höhe der Quarzexposition kommt es zu einer deutlichen Veränderungin der Verteilung der Subtypen des Lungenkrebses bei Silikotikern. Charakteristisch istein starker Anstieg des Anteils von Plattenepithelkarzinomen. Diese Effekte sind relativunabhängig von Ko-Expositionen. Die Ergebnisse können zur Klärung desZusammenhangs zwischen Quarzexposition, Silikose und Krebsentstehung beitragen.Literatur[1] IARC: Working group: Silica, some silicates, coal dust and para-aramid fibrils.Monogr. Eval. Carcinog. Risk Human. 68 (1997), S. 1-475.[2] Greim, H. (Hrsg.). Gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe. Toxikologische Begründungvon MAK-Werten. Weinheim: Wiley-VCH 1999-Losebl.-Ausg.[3] Wesch, H.; Wiethege, T.; Spiethoff, A.; Wegener, K.; Müller, K. M.; Mehlhorn, J.:German uranium miner study - Historical background and available histopathologicalmaterial. Radiat, Res. 152 (1999), S. 48-51.[4] Taeger, D.; Fritsch, A.; Wiethege, T.; Johnen, G.; Eisenmenger, A.; Wesch, H.; Ko,Y.; Stier, S.; Muller, KM.; Bruning, T.; Pesch B. Role of exposure to radon and393


V75Vorträge – Malignome IIsilicosis on the cell type of lung carcinoma in German uranium miners. Cancer 106(2006):881-9.[5] Lehmann, F.; Hambeck, F.; Linkert, K. H.; Lutze, H.; Meyer, H.; Reiber, H.; Renner, H.J.; Reinisch, A.; Seifert, T.; Wolf, F.: Belastung durch ionisierende Strahlung imUranerzbergbau der ehemaligen DDR: Abschlussbericht zu einemForschungsvorhaben. Sankt Augustin: HVBG 1998.[6] Bauer, H.-D.: Studie zur retrospektiven Analyse der Belastungssituation imUranerzbergbau der ehemaligen SDAG Wismut mit Ausnahme der Strahlenbelastungfür die Zeit von 1946 bis 1990. Sankt Augustin: HVBG 2000.[7] Hosmer, D. W.; Lemeshow, S.: Applied logistic regression, 2nd edition. New York:Wiley 2000.DanksagungWir danken der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) für denZugang zum Gesundheitsdatenarchiv Wismut, dem Hauptverband der gewerblichenBerufsgenossenschaften (HVBG) für die Bereitstellung der Arbeitsgeschichten und derJob-Expositions-Matrix sowie dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) für dieÜberlassung der Datenbank des Wismut Archivs.394


V76Vorträge – Malignome IIExposition gegenüber inhalierbarem Holzstaub undZusatzstoffen als Risikofaktoren für sinonasale Adenokarzinome– Ergebnisse einer Industrie-basierten Fall-Kontroll-Studie in derdeutschen HolzwirtschaftBeate Pesch 1 , Christiane Pierl 1 , Isabelle Gross 1 , Martin Gebel 1 , Joachim Wolf 2 , JohannesSchulze 2 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Holz-Berufsgenossenschaft, MünchenFragestellung und ZieleExpositionen gegenüber inhalierbarem Holzstaub sind mit einem hohen Risikoverbunden, an einem Adenokarzinom der Nasenhöhlen und -nebenhöhlen (ADNC) zuerkranken. Das Auftreten von ADNC nach beruflicher Exposition gegenüber Eichen- oderBuchenholzstaub kann als Berufskrankheit (BK 4203) anerkannt werden. Jährlichwerden etwa 30 Fälle anerkannt, die meisten davon in Betrieben, die bei der Holz-Berufsgenossenschaft versichert sind. In der Holzindustrie treten Ko-Expositionen durchHolzschutzmittel, Beizen, Lacke und Formaldehyd auf. Inwieweit diese mit derKrebsentstehung verbunden sein können, ist bislang nicht ausreichend erforscht. Vordiesem Hintergrund hat das BGFA zusammen mit der Holz-BG eine Industrie-basierteFall-Kontroll-Studie durchgeführt. Ziel der Studie ist eine Abschätzung des Krebsrisikosfür ADNC durch Holzstaubbelastung, gestützt durch Messwerte, und Zusatzstoffe.MethodenVon 2003 bis 2005 wurden durch die Holz-BG männliche Studienteilnehmer rekrutiert,die jemals in Betrieben der Holz-Berufsgenossenschaften gearbeitet haben. DieFallgruppe waren Beschäftigte mit einem als BK 4203 anerkanntem ADNC. Es wurdeumfassend recherchiert, ob ein ADNC seitens der Holz-BG aus Expositionsgründenabgelehnt wurde. Es wurden lediglich Fälle abgelehnt, die histologisch nicht als ADNCbestätigt werden konnten. Von 129 Fällen aus den Jahren 1994 bis 2003 haben 86Betroffene bzw. deren Angehörige (29 Fälle waren bereits verstorben) an der Studieteilgenommen. Die Kontrollgruppe umfasste 204 Männer, die einen Wege- oderStolperunfall hatten. Zwei geschulte Aufsichtspersonen der Holz-BG führten Interviewsmit einem Fragebogen zur lebenslangen Berufsbiographie und Tätigkeiten in derHolzwirtschaft, Lebensstilfaktoren und Vorerkrankungen durch.Zur quantitativen Abschätzung der Holzstaubbelastung wurde zusammen mit der Holz-BG eine Job-Expositions-Matrix (JEM) nach Branchen und Zeitperioden aufgestellt. Für1993 bis 2002 standen 8292 Messungen aus dem EU-Projekt WOODEX zur Verfügung.Für 1986 bis 1992 konnten weitere Messdaten der Holz-BG hinzugezogen werden. Fürhistorische Expositionen wurden Messungen an nachgestellten Arbeitsplätzen genutzt.Um die individuelle Belastung genauer zu quantifizieren, wurde ein Faktor geschätzt für395


V76Vorträge – Malignome IIdie Abweichung der Staubbelastung der speziellen Tätigkeit im Vergleich zumBranchenmittel, z.B. ob die Arbeit nah oder entfernt von der Belastungsquelle stattfand.Für jeden Studienteilnehmer wurde die mittlere und kumulative Belastung an inhalativemHolzstaub über die gesamte Arbeitsbiographie berechnet. Die Wahrscheinlichkeit undIntensität der Exposition gegenüber Holzschutzmitteln, Lacken, Beizen und Formaldehydwurde semiquantitativ von einem Expertenteam der Holz-BG als „niedrig“, „mittel“ oder„hoch“ bewertet. Die kumulative Belastung für diese Stoffe wurde als zeitgewichteteSumme der Produkte aus Wahrscheinlichkeit und Intensität in den einzelnenBerufsphasen ermittelt. Alle Expositionsvariablen wurden mit einer Lag-Periode von 5Jahren berechnet.Das Risiko, an einem ADNC zu erkranken, wurde mittels logistischer Regression bedingtnach Altersgruppen geschätzt. Es wurden Odds Ratios (OR) und 95 %Konfidenzintervalle (CI) berechnet, adjustiert für Region, Alter, Angehörigenbefragung,sowie potentielle Confounder wie Rauchen und berufliche Ko-Expositionen.Ergebnisse und DiskussionEin Großteil der Fälle (84,9%) und Kontrollen (61,6%) waren Schreiner. Jemals alsSchreiner gearbeitet zu haben war mit einem signifikanten Erkrankungsrisiko verbunden(OR=2,96; 95% CI 1,46–6,01). Nur zwei Fälle waren jemals in einem Sägewerkbeschäftigt gewesen. Daher hatten Beschäftigte in Sägewerken ein signifikant geringeresADNC-Risiko (OR=0,15; 95 % CI 0,03–0,68). Nahezu alle Fällen hatten hoheBelastungen in den Nachkriegsjahren durch unzureichende Staubextraktion. Es zeigtesich wie bereits in anderen Studien ein sehr starker Anstieg des Krebsrisikos mitzunehmender mittlerer Holzstaubkonzentrationen, während die kumulative Belastungweniger geeignet erscheint, ein hohes Erkrankungsrisiko zu erkennen. So war eineBelastung mit mehr als 5 mg/m 3 inhalierbaren Holzstaub mit einem OR von 32,98 (95%CI 7.66-142.0) verbunden (Tabelle 1). Industriebasierte Studien können das Risiko eherunterschätzen. Noch höhere Risiken wurden von Demers et al. (1995) [1] in einegepoolten Analyse von 12 Fall-Kontroll-Studien berichtet (OR 45,5, 95% CI 28,3-72,9).Auch Expositionen gegenüber Lacken und Beizen waren mit einem erhöhten ADNC-Risiko verbunden, jedoch nach Holzstaubexposition nicht mehr signifikant (Tabelle 2).SchlussfolgerungenDas Erkrankungsrisiko durch inhalierbaren Holzstaub ist für ADNC auch nach dieserStudie sehr hoch. Aufgrund der Seltenheit der Krebserkrankung kann keine zuverlässigeDosis-Wirkungs-Beziehung aufgestellt werden, da die Risikoschätzer nicht präziseermittelt werden können (breite Konfidenzintervalle) und vom jeweils gewähltenAuswertemodell sehr stark abhängen. Weiterhin fehlen zuverlässige Messdaten für dieNachkriegsjahre und genauere Informationen zu den ausgeübten Tätigkeiten396


V76Vorträge – Malignome IIinsbesondere bei bereits Verstorbenen, um die Belastung besser abschätzen zu können.Es zeigen sich Hinweise auf einen Einfluss von Ko-Expositionen durch Pigmentfarben,jedoch sinken die Risiken nach Adjustierung für Holzstaub.Literatur[1] Demers, P.A., Boffetta, P., Kogevinas, et al. (1995): Pooled reanalysis of cancermortality among five cohorts of workers in wood-related industries. Scand J WorkEnviron Health 21, 179-190.Tabelle1: ADNC-Risiko bei Beschäftigten der deutschen Holzwirtschaft bedingt inhalierbarenHolzstaubExpositionsvariableKategorie FälleN=86KontrollenN=204OR (95% CI)* P-WertMittlere


V76Vorträge – Malignome IITabelle 2: ADNC-Risiko bei Beschäftigten der deutschen Holzwirtschaft durch HolzzusatzstoffeExpositions- Kategorie Fälle Kontrollen OR (95% CI)* P-variableN=86 N=204WertHolzsschutzmittel Niemals 15 48 1Jeamls 71 156 0.78 (0.32 – 1.86)Trend† 1.00 (0.99 – 1.01) 0.90Lacke Niemals 19 94 1Jeamls 67 110 1.37 (0.66 – 2.85)Trend† 1.01 (0.99 – 1.02) 0.59Pigmentbeizen Niemals 17 95 1Jeamls 69 109 1.98 (0.91 – 4.33)Trend† 1.01 (0.99 – 1.02) 0.51Formaldehyd † Niemals 39 92 1Jeamls 47 112 0.81 (0.42 – 1.56)Trend† 1.00 (0.99 – 1.02) 0.69* Adjustiert für Rauchen, Alter, Region, Angehörigenbefragung und mittlerer Holzstaubbelastung† Trend-Test für Expositionsdauer (Jahre)398


V77Vorträge – AsbestEinflussfaktoren der Asbestoseentwicklung bei ehemalsasbestexponierten KraftwerksmitarbeiternMichael Felten 1 , Lars Knoll 1 , Christian Eisenhawer 1 , Diana Bauer 2 , Christian Feldhaus 3 ,Wolfgang Zschiesche 4 , Johannes Hüdepohl 5 , Thomas Kraus 11 Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen, Aachen; 2 Institut für Medizinische Statistik,Universitätsklinikum Aachen;3 RWE Power AG, Essen;4 Prävention, Berufsgenossenschaft derFeinmechanik und Elektrotechnik, Köln; 5 Arbeitsmedizin, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik undElektrotechnik, KölnZusammenfassungAls wichtige Einflussfaktoren der Entwicklung asbestbedingter Fibrosen der Lunge undPleura im Sinn der Berufskrankheit Nr. 4103 gelten die Faserjahre, die Expositionsdauer,das Alter bei Untersuchung, das Alter bei erster Exposition, die Belastung durchZigarettenrauch („packyears“) und die Latenzzeit. Um den direkten Effekt dieserFaktoren zu vergleichen, haben wir auf Grundlage der Untersuchungsdaten einerGruppe von 4447 ehemals asbestexponierter Kraftwerksmitarbeiter mit Hilfe eineslogistischen Regressionsmodells die odds-ratios für die getesteten Variablen errechnet.Dabei zeigte sich, dass nur die Variablen „Expositionsdauer“ und „Alter zum Zeitpunktder Untersuchung“ einen deutlichen Einfluss auf die Entwicklung asbestbedingterFibrosen hatten. Ein solcher Effekt war für die Variablen „Faserjahre“ und „Latenz“ nichterkennbar. Im Alter von bis zu 45 Jahren und einer Expositionszeit von bis zu 10 Jahrenwaren asbestbedingte Fibrosen selten. Die Belastung mit Zigarettenrauch hattemöglicherweise einen zusätzlichen Effekt auf die Entwicklung von fibrotischenVeränderungen.EinleitungAsbestbedingte, fibrotische Veränderungen der Lunge und der Pleura, die den Verdachtauf eine Berufskrankheit (BK) Nr. 4103 (Asbeststaublungenerkrankung/Asbestose oderdurch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura) begründen, werden sowohl vomAusmaß der Belastung als auch anderen Faktoren beeinflusst (Müller et al. 1996;Hagemeyer et al. 2006). Eine genauere Kenntnis dieses Einflusses erleichtert die Suchenach besonders gefährdeten Gruppen und könnte helfen, die Rate der erkanntenErkrankungen zu verbessern (Raithel et al. 1996; Kraus et al. 1998). Die präsentiertenDaten sind erste Ergebnisse eines Früherkennungsprogramms mit ehemalsasbestexponierten Kraftwerksmitarbeitern, die angelehnt an denBerufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 1.2 in den Jahren 2001 bis 2006 erfasst unduntersucht wurden (Eisenhawer et al. <strong>2007</strong>, Knoll et al. <strong>2007</strong>).Fragestellung1. Wie stark sind die wichtigsten Faktoren der Entwicklung asbestbedingter Fibrosen mitdem Auftreten der Erkrankung korreliert?399


V77Vorträge – Asbest2. Welche Faktoren haben den größten Effekt auf die Entwicklung asbestbedingterFibrosen?Kollektiv und MethodeVon 5623 erfassten, ehemals asbestexponierten Kraftwerksmitarbeitern wurden imRahmen eines risikodifferenzierten, multizentrischen Untersuchungsprogramms 4447 (79%) auf asbestbedingte Veränderungen der Lunge und der Pleura untersucht. DieRisikodifferenzierung aufgrund der Expositionsdauer, des Raucherstatus und desLebensalters erlaubte, mit Hilfe einer Risikozahl eine Hochrisikogruppe für einBronchialkarzinom zu definieren. Die Probanden dieser Gruppe wurden initial mit einemThorax-CT („low-dose“) untersucht („CT-Gruppe“). Bei verdächtigen Befunden imThoraxröntgenbild der übrigen Probanden („Röntgengruppe“) wurden ebenfalls CT-Untersuchungen des Thorax durchgeführt.Als Datenquellen standen Anamnesebögen von der Erfassung zum Programm,Dokumentationsbögen der Berufsgenossenschaft von der Untersuchung nach G1.2 undAsbestanamnesebögen, die nach der Untersuchung verschickt wurden, zur Verfügung.Die Bögen enthielten Angaben zum Raucherstatus, der Expositionszeit und demZigarettenverbrauch, sowie Daten zur Errechnung der Faserbelastung.Die Korrelation zwischen den Faktoren Alter bei Untersuchung, Alter bei Beginn derExposition, Gesamtdauer der Exposition, geschätzte Belastung in Faserjahren,Latenzzeit zwischen Beginn der Belastung und der Untersuchung, Tabakrauchbelastung(„packyears“) und die errechnete Risikozahl mit den gefundenen Veränderungen im Sinneiner BK 4103 wurde statistisch geprüft (Mann-Whitney-Test mit Bonferroni Korrektur).Der relative Effekt der geprüften Variablen auf die Entwicklung BK-relevanterVeränderungen wurde soweit möglich in einem logistischen Regressionsmodell mit Hilfeder odds-ratios verglichen.ErgebnisseDie Altersverteilung der untersuchten 4447 Probanden hatte einen angedeutetzweigipfligen Verlauf mit einem Altersmedian von 54 (von 23 bis 90) Jahren. In der CT-Gruppe mit 194 Probanden (4,4 % aller Untersuchten) war die Rate der Probanden mitBK-relevanten Veränderungen mit 47,4 % mehr als viermal so hoch wie in derRöntgengruppe, die 4253 Probanden einschloss (95,6 % aller Untersuchten) (Tabelle 1).Beim statistischen Vergleich der Ergebnisse innerhalb der CT-Gruppe fanden sich keineUnterschiede zwischen Probanden mit und ohne BK-relevanten Veränderungen, was mitder starken Vorauswahl dieser Gruppe zu erklären ist. In der Röntgengruppe zeigten allegeprüften Variablen deutliche Unterschiede mit medianen Werten der Probanden ohneund mit BK 4103: Alter 51,0 und 66,0 Jahre; Risikozahl 4,5 und 16,1; Expositionszeit400


V77Vorträge – Asbest17,0 und 30,0 Jahre; Alter bei Beginn der Exposition 23,0 und 24,0 Jahre; Latenzzeit28,0 und 42,0 Jahre; Faserjahre 3,9 und 15,5 Jahre; Packyears 9,4 und 19,0 Jahre.Im logistischen Regressionsmodell zeigten noch vier Variablen mit p-Werten unter 0,05einen erkennbaren Zusammenhang mit dem Vorhandensein BK-relevanter fibrotischerVeränderungen (Tabelle 2). Zwei davon, nämlich die Expositionszeit und das Alter beiUntersuchung, haben bei Vergleich der odds-ratios den größten Effekt. ZurVerdeutlichung des Einflusses der Variablen sind in Tabelle 2 die errechnetenVeränderungen bei einer Zunahme der numerischen Werte um fünf dargestellt. Danachwäre beispielsweise bei einer um fünf Jahre höheren mittleren Expositionszeit derUntersuchungsgruppe eine um 39 % höhere BK-Rate, also etwa 14,5 % statt 10,4 %, zuerwarten (Tabelle 2). Ein ähnlicher, etwas geringerer Effekt wäre auch bei einem um fünfJahre höheren Mittelwert des Lebensalters zu erwarten. Die Ergebnisse für die beidenanderen Variablen mit einem erkennbaren Effekt sind von besonderem Interesse(Arbeitskreis Faserjahre 2004). Einerseits scheint die kumulative Asbestbelastung inForm der Faserjahre in unserer Untersuchungsgruppe keinen nennenswerten Einflussauf die BK-Rate zu haben, andererseits hat die Belastung mit Tabakrauchmöglicherweise einen zusätzlichen Effekt auf die Fibroseentwicklung.Bei Vergleich der Expositionszeiten von Probanden ohne fibrotische Veränderungen anLunge oder Pleura und mit denen mit BK-relevanten Veränderungen wird deutlich, dassbei Expositionszeiten von bis zu 10 Jahren asbestbedingte Fibrosen selten sind. BeiVergleich der Altersverteilung zeigt sich, dass bis zu einem Alter von 45 Jahren in deruntersuchten Gruppe Fibrosen ebenfalls kaum auftreten.Schlussfolgerungen1. Die ausgewerteten Variablen haben in der untersuchten Gruppe eineunterschiedliche Bedeutung für die Häufigkeit asbestbedingter Fibrosen der Lungeund Pleura.2. Den größten Effekt haben die Variablen „Expositionsdauer“ und „Alter zum Zeitpunktder Untersuchung“.3. Die Häufigkeit asbestbedingter Fibrosen scheint weniger durch die Faserdosis als dieDauer der Exposition bestimmt zu werden.4. Im Alter von bis zu 45 Jahren und einer Expositionszeit von bis zu 10 Jahren sindasbestbedingte Fibrosen selten.5. Das Rauchverhalten hat möglicherweise einen zusätzlichen Effekt auf dieEntwicklung von Fibrosen.401


V77Vorträge – AsbestLiteratur1. Arbeitskreis „Faserjahre“. Berufsgenossenschaftliche Hinweise zur Ermittlung derkumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz (Faserjahre) undBearbeitungshinweise zur Berufskrankheit Nr. 4104 „Lungenkrebs oderKehlkopfkrebs“. Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG),Sankt Augustin, 20042. Eisenhawer C, Felten MK, Knoll L et al. EDV-gestützte quantitativeExpositionserfassung bei asbestexponierten Kraftwerksmitarbeitern als Basis für einedifferenzierte Risikoabschätzung. 47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft fürArbeitsmedizin und Umweltmedizin, Mainz, 21-24.3.<strong>2007</strong> (Poster)3. Hagemeyer O, Otten H, Kraus T. Asbestos consumption, asbestos exposure andasbestos-related occupational diseases in Germany. Int Arch Occup Environ Health2006; 79:613-6204. Knoll L, Felten MK, Eisenhawer C et al. Selektionsmechanismen durch Nonresponse-Bias in einem differenzierten Vorsorgeprogramm bei ehemals asbestexponiertenArbeitnehmern. 47. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin undUmweltmedizin, Mainz, 21-24.3.<strong>2007</strong> (Vortrag)5. Kraus T, Raithel HJ. Frühdiagnostik asbestverursachter Erkrankungen.Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG), Sankt Augustin,19986. Müller KM, Krismann M. Asbestassoziierte Erkrankungen – pathologischanatomischeBefunde und versicherungsmedizinische Aspekte. Deutsches Ärzteblatt1996; 93:538-5437. Raithel HJ, Kraus T, Hering KG et al. Asbestbedingte Berufskrankheiten – aktuellearbeitsmedizinische und klinisch-diagnostische Aspekte. Deutsches Ärzteblatt 1996;93:685-693Tabelle 1: Asbestbedingte Veränderungen der Lunge oder Pleura (Verdacht auf BK 4103)keine BK (%) BK 4103 (%) Total (%)CT-Gruppe 102 (52.6) 92 (47.4) 194 (100.0)Rö-Gruppe 3810 (89.6) 443 (10.4) 4253 (100.0)TOTAL 3912 (88.0) 535 (12.0) 4447 (100.0)402


V77Vorträge – AsbestTabelle 2: Bedeutung der verschiedenen Einflussfaktoren auf die Fibroseentwicklung imlogistischen Regressionsmodell (für die Analyse ausgewählt n = 4253, davon einbezogen indie Analyse n = 2921)Alter bei UExpo LatenzRisikozahlFaserjahre Packyears(Jahre)(Jahre) (Jahre)P < 0.0001 0.246 < 0.0001 0.592 0.0003 < 0.0001OR 1.062 1.007 1.068 0.992 1.001 1.012Veränderung beiZunahme um 5+ 35 % --- + 39 % --- + 0.5 % + 6 %403


V78Vorträge – AsbestSelektionsmechanismen durch Nonresponse-Bias in einemdifferenzierten Vorsorgeprogramm bei ehemalsasbestexponierten ArbeitnehmernLars Knoll 1 , Michael Felten 1 , Christian Eisenhawer 1 , Diana Bauer 2 , Christian Feldhaus 3 ,Wolfgang Zschiesche 4 , Thomas Kraus 11 Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen, Aachen; 2 Institut für Medizinische Statistik,Universitätsklinikum Aachen;3 RWE Power AG, Essen;4 Prävention, Berufsgenossenschaft derFeinmechanik und Elektrotechnik, KölnEinleitung:Aufgrund steigender asbestbedingter Erkrankungsraten sind arbeitsmedizinischeVorsorgeprogramme zur Früherkennung wichtige Instrumentarien derSekundärprävention [1]. Vorraussetzung für eine effiziente Strategie ist u.a. dassmöglichst viele der asbestbelasteten ehemaligen Arbeitnehmer, insbesondere solche mithohem Risiko teilnehmen. Aus wissenschaftlicher Sicht ist die Frage der Nonresponsebedeutsam, da gegebenenfalls Studienergebnisse durch die Nichtteilnahme verzerrtwerden können. Um die Validität der Ergebnisse zu erhöhen, bedarf es einersystematischen Überprüfung der Unterschiede zwischen Nichtteilnehmer und Teilnehmer[2- 6].Ziele:Um Unterschiede zwischen Nichtteilnehmern und Teilnehmern zu identifizieren, war dasprimäre Ziel dieser Arbeit die Recherche der Nichtteilnehmergründe. Als nächsteserfolgte ein Vergleich verschiedener Variablen zwischen den Nichtteilnehmern undTeilnehmern. Schließlich sollten potentielle Selektionsmechanismen durch dieNichtteilnahme auf das untersuchte Kollektiv abgeschätzt werden.Kollektiv und Methode:Bei dem Kollektiv, welches zu Vorsorgeuntersuchungen eingeladen wurde, handelte essich um etwa 5500 erfasste ehemalige Kraftwerksmitarbeiter. Anhand von Angaben überRauchgewohnheiten, Expositionsdauer gegenüber Asbest und Alter wurden dieProbanden in drei Risikogruppen (niedrig, mittel, hoch) für die Entstehung vonBronchialkarzinomen eingeteilt. In Abhängigkeit des Risikos erfolgten dieUntersuchungen gemäß des berufsgenossenschaftlichen Grundsatzes G1.2 mitallgemeiner und arbeitsmedizinischer Anamnese, körperlicher Untersuchung,Lungenfunktion und p.a.-Röntgen-Thoraxaufnahme in ein- bzw. dreijährigen Abständen.Die Hochrisikogruppe erhielt statt konventionellen Thoraxaufnahmen Low-Dose-Spiral-Computertomographie (LDSCT) und es wurden Sputumproben analysiert. Das hierbetrachtete Kollektiv umfasste die Probanden mit hohem und mittlerem Risiko. Vondiesen standen im Juni 2004 Daten von 1019 Probanden im mittleren Alter von 66Jahren (47-91) zur Auswertung zur Verfügung. 839 nahmen das Untersuchungsangebotan, 30 Probanden waren zwischen Erfassung und Einladung bereits verstorben und 150404


V78Vorträge – Asbestnahmen aus unterschiedlichen Gründen an den Untersuchungen nicht teil. Anhand derbest verfügbaren Informationen aus Archiv- und Aktenunterlagen, durch telefonischeKontaktaufnahme, einem Anschreiben und Informationen aus Einwohnermeldeämter undGesundheitsämter erfolgte die Recherche der Nichtteilnahme-Gründe. Die Zustimmungder Ethikkommission und eine schriftliche Einverständniserklärung der Probanden liegenvor. In Anlehnung an Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Epidemiologische Methoden“ derDeutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie (DAE), der Deutschen Gesellschaft fürSozialmedizin und Prävention (DGSMP) und der Deutschen Gesellschaft fürMedizinische Statistik, Biometrie und Epidemiologie (gmds) erfolgte eine Einteilung derNichtteilnehmer in Verweigerer, Erkrankte, Probanden mit Anreiseproblemen,Verstorbene und nie Erreichte [5].Ergebnisse:180 von 1019 Probanden haben an den Vorsorgeuntersuchungen nicht teilgenommen.Das entspricht einer Dropout-Rate von 17,7 %. Nichtteilnahme-Gründe waren„Verweigerung“ mit 35 % (n= 63) und „Erkrankung“ mit 23,3 % (n= 42). 16,7 % (n= 30)der Probanden waren zum Einladezeitpunkt bereits verstorben. 13,3 % (n= 24) warenwegen zu problematischer Anreise nicht erschienen. Bei 11,7 % (n= 21) war kein Kontaktmöglich. Eine detailliertere Darstellung der Nichtteilnahme-Gründe ist Tabelle 1 zuentnehmen. In der Gruppe der Erkrankten waren 15,6 % (n= 28) der Probanden nicht inder Lage teilzunehmen, weil sie entweder unter typischen Altersleiden wie HerzkreislaufundDemenzerkrankungen litten oder an Pankreas-, Haut- und Prostatakarzinomenerkrankten. Weitere Tumoren waren Bronchialkarzinome (n= 3) und ein Mesotheliom. Inder Gruppe der Verstorbenen traten 4 Bronchialkarzinome und ein Mesotheliom auf.Zusätzlich sind 28 (15,6 %) Nichtteilnehmer nach der Kontaktaufnahme im Rahmendieser Arbeit doch noch zu einer Untersuchung gekommen. Die persönlicheKontaktaufnahme (Telefonate, Anschreiben) führte einerseits dazu, dass ein Interessean den Vorsorgeuntersuchungen geweckt wurde und diente andererseits derAusräumung von Fragen, Zweifeln und Ängsten. Die Teilnahmerate erhöhte sich somitvon 82,3 % auf 85,1 %. Da die nachträgliche Teilnahme ein Effekt der Recherche war,wurden diese bei der weiteren vergleichenden Auswertung in der Nichtteilnehmer-Gruppe belassen. Bei einem Vergleich der 150 Nichtteilnehmer mit den 839 Teilnehmernkonnten nach Adjustierung für multiple Tests mit Herabsetzung des Signifikanzniveausauf p= 0,008 statistisch signifikante Unterschiede hinsichtlich folgender Variablendargestellt werden: Die Nichtteilnehmer waren im Mittel 70,3 (± 7,7 STD) Jahre alt, dieTeilnehmer 65,1 (± 6,5 STD) (p< 0,001). Die Latenzzeit, die Zeit zwischen Beginn derasbeststaubexponierten Tätigkeit und letztem Kontakt, war bei den Nichtteilnehmern imMittel 45,9 (± 9,0 STD) Jahre, bei den Teilnehmern 41,3 (± 8,0 STD) (p< 0,001). Die405


V78Vorträge – Asbest„Rentenzeit“ beschreibt den Zeitraum zwischen Ende der Beschäftigung und Termin derEinladung und war im Mittel 12,2 (± 6,7 STD) Jahre bei den Nichtteilnehmern und 8,5 (±5,6 STD) Jahre bei den Teilnehmern (p< 0,001). Die Nichtteilnehmer wohntendurchschnittlich 62,1 (± 77,3 STD) Kilometer und die Teilnehmer 43,9 (± 40,7 STD)Kilometer vom Untersuchungsort entfernt (p= 0,002). Beide Gruppen unterschieden sichnicht voneinander hinsichtlich der Expositionsdauer gegenüber Asbest (p= 0,034) unddem Rauchverhalten (p= 0,079). Anhand eines logistischen Regressionsmodells wurdeuntersucht, welche Variablen einen Einfluss auf die Teilnahme, bzw. Nichtteilnahmehaben. Es zeigte sich, dass nur das Alter (p< 0,001) und die Entfernung zumUntersuchungsort (p< 0,001) einen Einfluss ausüben. Die Chance der Teilnahmereduzierte sich mit zunehmendem Alter und zunehmender Entfernung vomUntersuchungsort. Das Ziel der angebotenen Vorsorgeuntersuchungen war dieFrüherkennung asbestassoziierter Bronchialkarzinome. Tabelle 2 zeigt die Häufigkeitender Bronchialkarzinome und der Mesotheliome zum Zeitpunkt des ersten Kontaktes(Prävalenz) und bezogen auf die Personenjahre (Inzidenzdichte). Ein Unterschied in derPrävalenz der Bronchialkarzinome bei den Nichtteilnehmern und Teilnehmern bestandnicht (p= 0,559). Bezogen auf 100.000 Personenjahre ergaben sich Inzidenzdichten von863 Bronchialkarzinomen bei den Nichtteilnehmern gegenüber 584 Bronchialkarzinomenbei den Teilnehmern. Ein Test, welcher altersadjustiert das Verhältnis zwischen denInzidenzdichten verglich, zeigte keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen (p=0,882).Schlussfolgerungen:(1) Verweigerung mit 35 % und typische benigne und maligne Alterserkrankungen mit23,3 % sind im beobachteten Kollektiv die häufigsten Nichtteilnahme-Gründe. Unter allenErkrankungen fanden sich aber auch 7 Bronchialkarzinome, welche das eigentliche Zieldieser Vorsorgeuntersuchungen waren. Ein Anteil von 16,7 % der Nichtteilnehmer warzwischen Aufnahme in das Vorsorgeprogramm und der Einladung bereits verstorben.Eine möglichst zeitnahe Organisation zwischen Erfassung und Einladung sollte vondaher angestrebt werden. (2) Eine persönliche Kontaktaufnahme kann dieTeilnahmebereitschaft deutlich erhöhen. 15,6 % der Nichtteilnehmer haben nachträglichdoch noch an einer Vorsorgeuntersuchung teilgenommen. (3) Mit zunehmendem Alterund größerer Entfernung zum Untersuchungsort sinkt die Chance der Teilnahme, hiererscheint eine Entfernung von etwa 50 Kilometer zumutbar. (4) Die Nichtteilnehmer undTeilnehmer unterscheiden sich nicht hinsichtlich der Bronchialkarzinomraten. Von daherzeigen sich im hier vorgestellten Kollektiv weder Hinweise auf einen Overdiagnosis-Bias,noch spielen Selektionseffekte eine Rolle [7- 9].406


V78Vorträge – AsbestLiteratur:1. Hagemeyer O, Otten H, Kraus T. Asbestos consumption, asbestos exposure andasbestos-related occupational diseases in Germany. Int Arch Occup Environ Health2006;79:613-20.2. Fletcher RH, Fletcher SW, Wagner EH, Haerting J, Rink C. Klinische Epidemiologie:Grundlagen und Anwendung. Wiesbaden: Ullstein Medical; 1999.3. Richiardi L, Boffetta P, Merletti F. Analysis of nonresponse bias in a population-basedcase-control study on lung cancer. J Clin Epidemiol 2002; 55:1033-40.4. Stang A. Nonresponse research--an underdeveloped field in epidemiology. Eur JEpidemiol 2003; 18: 929-315. Latza U, Stang A, Bergmann M, Kroke A, Sauer S, Holle R, et al. [The problem ofresponse in epidemiological studies in Germany (part I)]. Gesundheitswesen2004;66:326-36.6. Hartge P. Participation in population studies. Epidemiology 2006; 17:252-47. Patz EF, Jr., Goodman PC, Bepler G. Screening for lung cancer. N Engl J Med2000;343:1627-33.8. Patz EF, Jr. Lung cancer screening, overdiagnosis bias, and reevaluation of theMayo Lung Project. J Natl Cancer Inst 2006;98:724-5.9. Sica G. Bias in Research Studies. Radiology 2006; 238: 780-789Tabelle 1: Gründe der Nichtteilnehmer (n= 180)Gruppen Gründe % (n)wenig/ kein Asbestkontakt 16,7 (30)„Verweigerer“(35,0 %)Erkrankung(23,3 %)Desinteresse/ persönliche Gründe 6,1 (11)ohne ermittelbare Angaben 5,0 (9)aus Altersgründen 3,9 (7)Untersuchung anderweitig 3,3 (6)andere Erkrankungen/ Tumorleiden 15,6 (28)ohne ermittelbare Angaben 5,5 (10)Bronchialkarzinome (3)/ Mesotheliome (1) 2,2 (4)Verstorben(16,7 %)Anreise(13,3 %)kein Kontakt(11,7 %)andere Erkrankungen/ Tumorleiden 9,4 (17)ohne ermittelbare Angaben 4,4 (8)Bronchialkarzinome (4)/ Mesotheliom (1) 2,8 (5)Anreiseprobleme 13,3 (24)zur Untersuchung nicht erschienen 11,7 (21)407


V78Vorträge – AsbestTabelle 2: Bronchialkarzinom- und Mesotheliomfälle der Nichtteilnehmer und Teilnehmer_______________________________________________________________NichtteilnehmerTeilnehmer(n= 150) (n= 839)BronchialkarzinomePrävalenz n= 3 (2 %)* n= 16 (1,6 %)*Inzidenzdichtepro 100.000 PJ 863 (n= 3)# 584 (n= 9)#MesotheliomePrävalenz n= 1 (0,7 %) n= 1 (0,1 %)Inzidenzdichtepro 100.000 PJ 287 (n= 1) 324 (n= 5)_______________________________________________________________*Chi-Quadrat-Test, p= 0,559, #Breslow-Day-Test, p= 0,882, PJ (Personenjahre)408


V79Vorträge – AsbestEvaluierung der Bestimmung von Osteopontin und Mesothelinim Blut als Biomarker zur Früherkennung asbestbedingterErkrankungenThomas Schettgen 1 , Lars Knoll 1 , Michael Felten 1 , Alice Müller-Lux 1 , Angela Tings 1 , WolfgangZschiesche 2 , Johannes Hüdepohl 3 , Diana Bauer 4 , Thomas Kraus 11 Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen, Aachen; 2 Prävention, Berufsgenossenschaft derFeinmechanik und Elektrotechnik, Köln; 3 Arbeitsmedizin, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik undElektrotechnik, Köln; 4 Institut für medizinische Statistik, RWTH Aachen, AachenEinleitungAsbest wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft in die Kategorie 1 derkrebserzeugenden Arbeitsstoffe eingestuft [1]. Die Produktion und Verwendung vonAsbest in Deutschland erreichte ihren Höhepunkt Ende der 70er Jahre. Da allerdings diedurch Asbest hervorgerufenen Erkrankungen durch eine lange Latenzzeitgekennzeichnet sind, wird es trotz des seit 1993 bestehenden Verbots der Verwendungvon Asbest zu einer erheblichen Zunahme der Zahl der asbestbedingten Erkrankungenin Deutschland in den folgenden Jahren kommen [2].Durch Asbest hervorgerufene Berufserkrankungen umfassen die Lungenfibrose(Asbestose) sowie gutartige Veränderungen der Pleura (sog. Pleuraplaques) (= BK4103), den durch Asbest verursachten Lungen- und Kehlkopfkrebs (= BK 4104) sowiedie malignen Veränderungen der Pleura (Pleuramesotheliom), des Perikards und desPeritoneums (= BK 4105) [2]. Speziell das Pleuramesotheliom zeichnet sich dadurchaus, dass es durch konventionelle Röntgenuntersuchungen nur sehr schwer zudiagnostizieren ist und eine gesicherte Diagnose daher meist erst in einem spätenStadium der Erkrankung gestellt werden kann. Dies führt zu sehr schlechten Prognosenmit mittleren Überlebensraten von 9 – 12 Monaten nach einer Diagnose.Es besteht daher dringender Bedarf nach Biomarkern, die eine Früherkennung malignerasbestbedingter Erkrankungen wie dem Pleuramesotheliom erlauben, um eine Therapierechtzeitig einleiten zu können. In der Literatur werden zwei vielversprechendeBiomarker für eine Früherkennung asbestbedingter Erkrankungen diskutiert: Osteopontinund Mesothelin.Bei Osteopontin handelt es sich um ein glycolysiertes Phosphoprotein mit einemMolekulargewicht von ca. 44 - 60 kDa, das vor allem von Osteoblasten, aber auch vonMakrophagen und aktivierten T-Zellen abgesondert wird. Erhöhte Blutkonzentrationendes Osteopontins im Zusammenhang mit einer Asbest-Exposition wurden in der Literaturbeschrieben [3].Mesothelin ist ein Glycoprotein mit einem Molekulargewicht von ca. 40 kDa, das an derOberfläche von normalen Mesothelzellen verankert ist und möglicherweise einebiochemische Funktion in der Zell-Adhäsion besitzt. Bei der krebsbedingten Wucherungder Mesothelzellen wird auch das Mesothelin überexprimiert, was zu einer erhöhten409


V79Vorträge – AsbestBlutkonzentration der löslichen Variante des Mesothelins, dem sMRP (solubleMesothelin Related Proteins) führt. Dementsprechend wurden erhöhte Konzentrationendieses Mesothelins im Blut von Patienten mit diagnostiziertem Pleuramesotheliomnachgewiesen [4,5].Ziel der StudieDie Daten aus der Literatur weisen darauf hin, dass ein Marker-Panel aus Osteopontinund Mesothelin zur Früherkennung von Pleuramesotheliomen in einem Risikokollektivehemals asbestexponierter Arbeiter geeignet sein könnte. Es war deshalb das Zielunserer Studie, die Bestimmung beider Biomarker im Rahmen einer an unserem Hausedurchgeführten, grossangelegten prospektiven Studie zu etablieren und anhand derDaten aus bildgebenden Verfahren (HRCT) sowie anamnestischer Angaben möglicheEinflussfaktoren auf die gemessenen Osteopontin- und Mesothelin-Level zu evaluieren.Material und MethodenDer Nachweis von Osteopontin im EDTA-Plasma erfolgte mit Hilfe eines kommerziellerhältlichen Sandwich-ELISA-Kits der Firma IBL (Hamburg) nach den Vorgaben desHerstellers. Die Kalibrierung erfolgt im Bereich von 5 – 320 ng/ml, Plasma-Probenwerden vor der Messung 1 : 10 verdünnt. Zur Überprüfung der Präzision wurde einenative Plasma-Probe aliquotiert und bei jeder Messung mitgeführt. Die relativeStandardabweichung der Präzision von Tag zu Tag wurde mit s = 22,3 % bestimmt beieiner nativen Konzentration von 727 ng/ml und n=41 Bestimmungen.Der Nachweis von Mesothelin im Serum erfolgte ebenfalls mit Hilfe eines kommerziellerhältlichen Sandwich-ELISA-Kits der Firma CisBio (Berlin) nach den Vorgaben desHerstellers. Die Kalibrierung erfolgt im Bereich von 2 -32 nM/L, Serum-Proben werdenvor der Messung ebenfalls 1 : 10 verdünnt. Zur Überprüfung der Präzision wurdensowohl die vom Hersteller mitgelieferten Qualitätskontrollproben (4,5 nM/L bzw. 13,5nM/L) als auch eine aliquotierte, native Serum-Probe verwandt. Die relativeStandardabweichung der Präzision von Tag zu Tag wurde für die Qualitätskontrollprobenbei den angegebenen Konzentrationen mit jeweils s = 5,1 % bei n=40 Bestimmungenberechnet. Für die native Serumprobe wurde eine Standardabweichung von s = 20,9 %bei einer nativen Konzentration von c = 0,39 nM/L und n=36 Bestimmungen berechnet.Alle Proben wurden unmittelbar nach der Probennahme bei – 80°C gelagert bzw. imFalle eines notwendigen Versands auf Trockeneis transportiert.410


V79Vorträge – AsbestKollektiveZur Evaluierung der Eignung beider Biomarker wurden insgesamt 5 Kollektiv-Gruppenuntersucht.• Gruppe 1 (Kontrollkollektiv) setzte sich aus 101 Personen (42 m/59 w) zusammenohne bekannte Asbest-Exposition oder maligne Erkrankungen. Der Altersmedian lagbei 50 Jahren (Bereich: 40 – 75 Jahre).• Gruppe 2 bestand aus 166 Personen (164 m/2 w) mit einer ehemals geringenAsbestexposition. Es handelt sich vorwiegend um Elektriker, die im Rahmen ihrerTätigkeit nur gering bzw. kurzfristig gegenüber Asbest exponiert waren. DerAltersmedian lag bei 48 Jahren (Bereich: 23 – 79 Jahre).• Gruppe 3 bestand aus 589 männlichen Arbeitern aus dem Kraftwerksbereich miteiner ehemals hohen Asbestexposition. Der Altersmedian des Kollektivs lag bei 67Jahren (Bereich: 30 – 87 Jahre). Von diesen 589 Personen lagen von 315 PersonenDaten aus LowDose SpiralCTs vor.• Gruppe 4 setzte sich aus 55 Personen (54 m/1 w) mit langjährigen, sehr hohenAsbestexpositionen zusammen. Diese Personen hatten alle anerkannteasbestbedingte Berufserkrankungen und befanden sich zur Rehabilitation in einerBerufsgenossenschaftlichen Klinik. Der Altersmedian dieses Kollektivs lag bei 69Jahren (Bereich: 46 – 81 Jahre).• Gruppe 5 bestand aus 6 männlichen Personen mit einer histologisch verifiziertenPleuramesotheliom-Erkrankung. Die Personen waren zwischen 46 und 74 Jahre alt.Drei der Personen hatten bereits operative Eingriffe sowie Chemotherapien hintersich.ErgebnisseDie Ergebnisse unserer Untersuchungen für den Biomarker Mesothelin in den 5 o.g.Gruppen sind in Abbildung 1 graphisch dargestellt. Es zeigten sich hochsignifikanteUnterschiede zwischen der Kontrollgruppe und den asbest-exponierten Gruppen mitsteigenden Tendenzen hin zu der Gruppe mit diagnostiziertem Pleuramesotheliom.Innerhalb dieser Gruppe zeigten die Patienten mit operativen Eingriffen bzw.Chemotherapie erwartungsgemäß die niedrigsten Werte.Anhand des 95. Perzentils der Werte unseres größten Kollektives (Gruppe 3) wird einCut-off-Wert für Mesothelin von 1,4 nM/L vorgeschlagen. Eine Überschreitung erforderteine intensivere Kontrolle des Patienten.Die Ergebnisse für den Biomarker Osteopontin sind in Abbildung 2 zusammengefasst.Auch hier zeigten sich hochsignifikante Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe undden asbest-exponierten Gruppen. Wiederum wurden sehr hohe Werte in der Gruppe der411


V79Vorträge – Asbestdiagnostizierten Pleuramesotheliom-Patienten (Gruppe 5) gemessen. Der entsprechendeCut-off-Wert auf der Basis des 95. Perzentils von Gruppe 3 beträgt 880 ng/ml.Anhand der 315 Personen der Gruppe 3, für die Daten aus Low Dose Spiral-CTsvorlagen, konnten wir die Ergebnisse unserer Biomarker-Messungen mit denspezifischen Befunden des CTs sowie den anamnestischen Daten korrelieren. In einerVarianzanalyse stellte sich heraus, dass für den Biomarker Mesothelin dasRauchverhalten der Personen (Nie-Raucher, Ex-Raucher, Raucher) (p=0.0004) sowiedas Alter der Personen (kleiner bzw. größer 65 Jahre) signifikante Einflussgrößen sind.Für die Konzentration an Osteopontin im Plasma wurde sowohl das Alter (p=0,005) alsauch der im CT bestimmte Schweregrad der Asbestose (p=0,04) als signifikanteEinflussgrößen bestimmt. Andere Einflussfaktoren wie im CT detektierte parenchymaleVeränderungen oder benigne Veränderungen der Pleura zeigten sowohl für Osteopontinals auch für Mesothelin keinen signifikanten Einfluss.SchlussfolgerungenDie Biomarker Osteopontin und Mesothelin lassen sich im Rahmen von prospektivenStudien zur Früherkennung asbestbedingter Erkrankungen zuverlässig im Plasma bzw.Serum bestimmen. Dabei konnten für beide Biomarker hochsignifikante Unterschiedezwischen einzelnen Gruppen mit unterschiedlich hoher Asbestexposition gezeigt werden.Trotz der geringen Zahl der bisher untersuchten histologisch verifiziertenPleuramesotheliom-Fälle (n=6) kann sowohl für Osteopontin als auch für Mesothelin einegute Spezifität und Sensitivität für diese Erkrankung festgestellt werden. Dies giltnatürlich in besonderem Masse für die Kombination beider Marker.Deshalb halten wir das vorgestellte Marker-Panel für geeignet, um im Rahmen einerprospektiven Studie Pleuramesotheliome bei Risikopatienten evtl. frühzeitig entdeckenzu können und so dem präventiven Auftrag der Arbeitsmedizin gerecht zu werden.Darüber hinaus erscheint der begleitende Einsatz der beiden Tumormarker in derklinischen Verlaufskontrolle im Rahmen der Therapie von Pleuramesotheliomen sinnvoll,um Therapieerfolge zu objektivieren und ein Rezidiv rechtzeitig erkennen zu können.412


V79Vorträge – AsbestLiteratur[1] DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft): Maximale Arbeitsplatzkonzentrationenund biologische Arbeitsstoff Toleranzwerte 2006. Mitteilung XXXXII derSenatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe. VCH,Weinheim.[2] Hagemeyer O, Otten H, Kraus T. Asbestos consumption, asbestos exposure andasbestos related occupational diseases in Germany. Int Arch Occup Environ Health79:613-620 (2006).[3] Pass HI, Lott D, Lonardo F, et al. Asbestos exposure, pleural mesothelioma andserum osteopontin levels. N Engl J Med 353 (15): 1564-1573 (2005).[4] Robinson BWS, Creaney J, Lake R, et al. Mesothelin-family proteins and diagnosis ofmesothelioma. Lancet 362: 1612-1616 (2003).[5] Scherpereel A, Grigoriu B, Conti M, et al. Soluble mesothelin-related peptides in thediagnosis of malignant pleural mesothelioma. Am J Respir Crit Care Med 173: 1155-1160 (2006).40353025Mesothelin (S) [nM/L]20153,53,02,52,0p=0.01p=0.002p


V79Vorträge – Asbest50004500Osteopontin (P) [ng/ml]40003500150012501000750p < 0.001p < 0.001p = 0.008Cut off5002500Gruppe 1(n=101)Gruppe 2(n=166)Gruppe 3(n=589)Gruppe 4(n=55)Gruppe 5(n=6)Median [ng/ml] 232 363 383 298 86995. Perz. [ng/ml] 517 822 886 818 3554Abbildung 2: Konzentration von Osteopontin im Plasma in den untersuchten Gruppen.414


V80Vorträge – AsbestFollow-up von Dysplasien im Sputum von Asbest- oder RadonexponiertenArbeitnehmern mittels Semiautomatisierter SputumZytometrie (ASC) und konventioneller Zytologie (CY)Wolfgang Marek 1 , Gabriele Richartz 2 , Statis Phillippou 2 , Lars Marek 1 , Nicola Kotschy-Lang 31 Institut für Arbeitsphysiologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt, Bochum; 2 Institut für Pathologie, an derAugusta-Kranken-Anstalt, Bochum; 3 Berufsgenossenschaftliche Klinik für Berufskrankheiten, Falkenstein,FalkensteinZiel der Studie:Dysplastische Veränderungen im Sputum von beruflich exponierten Arbeitnehmern sindAnlass für engmaschige Kontrolluntersuchungen: Probanden mit schwergradigenDysplasien sollten unverzüglich einer umfassenden Tumordiagnostik unterzogenwerden. Seit den Untersuchungen von Saccomanno und Mitarbeitern wird angenommen,dass sich plattenepitheliale Tumoren aus dysplastischen Veränderungen entwickeln (1).Dysplastische Veränderungen im Sputum sind daher Anlass für engmaschigeKontrolluntersuchungen: Bei Patienten mit leicht- bis mittelgradigen Dysplasien sollteneine Röntgenuntersuchung der Thoraxorgane erfolgen und innerhalb von 3 Monateneine Sputumkontrolle. Patienten mit schwergradigen Dysplasien sollten einerumfassenden Tumordiagnostik zugeführt werden. Offen ist noch immer die Frage deszeitlichen Verlaufs der Entwicklung von Dysplasien und deren mögliche Reversibilität, dieGegenstand dieser longitudinalen Untersuchung ist, deren Zwischenergebnis hiervorgestellt werden soll.Methoden:Induziertes Sputum von Asbest- und/oder Radon exponierten Versicherten wurde mittelsautomatisierter Sputumzytometrie und konventioneller Zytologie untersucht. In 120Proben mit auffälliger Grad II Sputumzytometrie (Euploidie Index, EI > 0,100) wurdenleichte, mittelgradige und schwere Dysplasien gefunden. An 83 Probanden konnten dieUntersuchungen im Mittel nach 6,8 Monaten wiederholt werden. Bei weiterhinbestehenden Dysplasien erfolgte eine 2. Kontrolluntersuchung nach weiteren 6 Monaten.Je 2 Objektträger wurden für die ASC nach sauerer Hydrolyse mittels Thionin und für dieCY nach Papanicolaou gefärbt. Die ASC und CY erfolgten unabhängig von einander. ImFalle einer schwergradigen Dysplasie oder eines tumorverdächtigen Zellbildes wurdeden Patienten eine eingehende Tumordiagnostik empfohlen. Als Kontrollen diente eineGruppe von 164 Patienten mit normaler Grad I ASC (EI 0,067 ± 0,025) und ohne denNachweis von Dysplasien, in der eine Wiederholungsuntersuchung nach 13 Monatendurchgeführt wurde.Ergebnisse:In der Kontrollgruppe wurden in der Wiederholungsuntersuchung 3 leichte und einemittelgradige Dysplasie gefunden. Je 1 leichte und 1 mittelgradige Dysplasie war auch415


V80Vorträge – AsbestASC Grad II positiv, 162 Proben waren Grad I (EI 0,065 ± 0,024) und zytologisch ohneNachweis von Dysplasien (Tab. I).Tab. I: Veränderung der Sputumbefunde bei ASC suspekten Sputa (Grad II) in derWiederholungsuntersuchung nach 6,8 ± 3 Monaten1. Untersuchungnormal /entzündlich2. UntersuchungleichteDysplasienmittlereDysplasien21 11 3 7schwereDysplasienleichteDysplasienmittlereDysplasien29 14 9 2 4schwereDysplasien37 5 7 17 8Veränderung der Kontrollefunde bei ASC unauffälligen (Grad I)Sputa nach 13 ± 4 Monatennormal / 164 160 3 1entzündlichEingeschlossen in die Erstuntersuchung wurden 83 von 120 Patienten mit Grad II ASCund Dysplasien in der Sputumzytologie. Darunter befanden sich 21 Proben mitleichtgradigen, 29 mit mittelgradigen und 37 mit schwergradigen Dysplasien. Mitzunehmenden dysplastischen Veränderungen nahm der Euploidie-Index zu: leichteDysplasie 0,14 ± 0,09, mittelgradige Dysplasie 0,16 ± 0,12, schwergradige Dysplasie0,19 ± 0,13). In der 1. Wiederholungsuntersuchung wurden bei den vormalsleichtgradigen Dysplasien unveränderte Befunde in 3 Fällen, eine Progredienz in 7Proben und in 11 Fällen keine Dysplasien beschrieben. Bei den mittelgradigenDysplasien waren in der Wiederholung 14 unauffällig, 2 unverändert, 9 warenleichtgradig und 4 waren schwergradig dysplastisch. Unter den Patienten mitschwergradigen Dysplasien ohne Tumornachweis waren 8 unverändert, 24 rückläufig(17 mittelgradige, 7 leichtgradige Dysplasien), 5 waren normal oder entzündlichverändert. Bei einem Patienten fanden sich Zellen eines Carcinoma in situ.Diskussion:Die Wiederholungen der zytometrischen und zytologischen Untersuchungen vonSputumproben mit Dysplasien zeigten bei den meisten Patienten rückläufigeVeränderungen, in einzelnen Fällen jedoch eine Progredienz. In der Kontrollgruppe mitnormaler Grad I ASC und ohne den Nachweis von Dysplasien fanden sich in derWiederholungsuntersuchung nach 13 Monaten 3 leichte und eine mittelgradigeDysplasie. Je 1 leichte und 1 mittelgradige Dysplasie waren auch ASC Grad II, 162Proben (99%) waren wiederum unauffällig oder Grad I und 158 zytologisch ohneDysplasien.416


V80Vorträge – AsbestIn der Untersuchung von Saccomanno und Mitarbeitern an chinesischenUranbergarbeitern eine sequenzielle Entwicklung zum Plattenepithelkarzinombeschrieben. Die Entwicklung vom ersten Auffinden von leichtgradig dysplastischenZellen im Sputum bis zur Diagnose eines invasiven Plattenepithelkarzinoms zeigten inAbhängigkeit vom Rauchverhalten und der Radonexposition unterschiedlicheZeitintervalle. Raucher >50 packyears: 9,2 Jahre, Raucher >50 packyears + Radon


V80Vorträge – AsbestBei einem tumorverdächtigem ASC-Befund (Grad III) sollte unabhängig vom Ergebnisder Zytologie eine Tumordiagnostik eingeleitet werden (Abb. 1). Bei suspektemzytometrischen Untersuchungsergebnis (Grad II) und normalem, entzündlichen undmetaplastischen zytologischen Untersuchungsergebnis sollte eine zeitnaheRöntgenuntersuchung der Thoraxorgane vorliegen, oder veranlasst werden. Eine418


V80Vorträge – AsbestWiederholung der Sputumuntersuchung sollte nach 6 Monaten erfolgen. Bei leichtenund mittelgradigen Dysplasien sollten Kontrollen nach 3 Monaten erfolgen. Wird eineGrad II ASC mit einer schwergradigen Dysplasie bestätigt, so sollte ebenfalls eineTumordiagnostik eingeleitet werden (2). 47 von 152 metaplastischen Läsionenentwickelten sich zu leichtgradigen Dysplasien, 1 zu einem CIS, 1 zu einem invasivenTumor. 6 von 169 „low grade lesions“ entwickelten sich zu einer beständigenschwergradigen Dysplasie.Schlussfolgerungen:Patienten mit Sputumdysplasien sollten solange nachbetreut werden, bis zytometrischsuspekte (Grad II) Befunde und/oder dysplastische Veränderungen im Sputum nichtmehr nachgewiesen werden können. Im Falle der Progression dysplastischerVeränderungen kann eine engmaschige Kontrolle erfolgen. Verdächtige Läsionenkönnten mit Laser- oder Kryotherapie beseitigt werden. Damit könnte ein Schritt inRichtung Früherkennung plattenepithelialer Bronchialkarzinome im therapierbarenStadium getan werden.Literatur:(1) Saccomanno G, Archer VE, Auerbach O. Development of carcinoma of the lung asreflected in exfoliated cells. Cancer 1974; 33:256-270(2) Marek W, Nensa F, Richartz G, Philippou S, Kotschy-Lang N. Sputumscreening aufden Lungenkrebs unter ehemals asbestexponierten Arbeitnehmern: Korrelation vonSputumzytometrie und Zytologie mit der Enddiagnose.Trauma und Berufskrankheiten 2006; 8:96-102(3) Xing S, Khanavkar B, Nakhosteen JA, Jöckel, HJ, Marek W. Predictive value ofimagecytometry for diagnosis of lung cancer in heavy smokers. ERJ 2005; 25:956-963(4) Venmans BJ, van Boxem TJM, Smit EF, et al. Outcome of bronchial carcinoma insitu. Chest 2001; 117: 1572-1576(5) Venmans BJ, van Boxem TJ, Smit EF, Postmus PE, Sutedja TG. Bronchialintraepithelial neoplastic lesions in head and neck cancer: results ofautofluorescence bronchoscopy. Ann Otol Rihnol Laryngol 2001; 110:635-638.419


V81Vorträge – AsbestVibration Response Imaging (VRI) bei Asbest- und QuarzstaubbedingtenLungenveränderungenVolker Harth 1 , Frank Hoffmeyer 1 , Jürgen Bünger 1 , Jana Henry 1 , Andreas Dehlinger 2 , GuyWeinberg 2 , Alon Kushnir 2 , Rolf Merget 1 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 DeepBreeze Ltd., Or-AkivaEinleitung:Vibration Response Imaging (VRI) ist eine computerunterstützte, nicht-invasiveUntersuchungstechnik, die durch Aufzeichnung respiratorischer Vibrationen undGeräusche ein dynamisches Bild der Lunge erzeugt. Mittels eines patentiertenAlgorithmus werden die Signale umgerechnet und in Echtzeit dargestellt. Dazu werdenvierzig aktive piezoelektrische Sensoren in zwei Reihen am Rücken des Patientenangebracht und durch ein schwaches Vakuum gehalten (siehe Abb. 1).Abbildung 1: VRI-System während der Messung (Quelle: DeepBreeze Medical Diagnostics)Dabei wird der Patient dazu aufgefordert, bei leicht geöffnetem Mund in zwölf Sekundenetwa drei Atemzüge auszuführen. Die Signale werden direkt an den Prozessorweitergeleitet und dort digital umgewandelt. Vom Prozessor werden die Daten danndurch komplexe Rechenprozesse in ein bewegtes Graustufenbild umgewandelt, das aufeinem Monitor in Echtzeit betrachtet und analysiert werden kann. Die Areale hoherVibrationsenergie bilden sich schwarz ab, Areale minimaler Vibrationsenergie sind weiß.Durch einen speziellen Algorithmus können Giemen und trockene Rasselgeräusche vonder Software als rote bzw. blaue Punkte über den entsprechenden Lungenarealenangezeigt werden. Da die Daten in digitaler Form für jeden einzelnen Sensor vorliegen,können sie auch als auf die einzelnen Regionen bezogene Graphik zur quantitativen420


V81Vorträge – AsbestAnalyse dargestellt werden. Funktionelle Beeinträchtigung der Atemwege,Strukturveränderungen der Lunge und Erkrankungen der Pleura modifizieren das Bildwährend der Ein- und Ausatmung. Sie erzeugen im VRI charakteristischeVeränderungen, die zur Diagnose und zur Quantifizierung dienen können.Zielstellung:Im Rahmen der Untersuchungsreihe sollen VRI-Befunde gegenüber den Befunden ausradiologischer und pneumologischer Standarddiagnostik bei Quarzstaub- bzw.Asbestfaser-staubbedingten Lungen- bzw. Pleuraveränderungen validiert werden.Weiterhin soll die Indikation zur Anwendbarkeit z.B. im Rahmen der Früherkennung vonLungenerkrankungen bei beruflich belasteten Kollektiven geprüft werden. DasEinverständnis der Ethikkommission der Ruhr-Universität Bochum wurde zuvoreingeholt.Methoden:In einer Pilotphase wurde mit Hilfe des VRI-Bildgebungsverfahren (VRI XP , DeepBreezeMedical Diagnostics, Or-Akiva, Israel) eine VRI-Messung an Probanden aus demBegutachtungskollektiv der Berufskrankheiten Nr. 4101, 4103 und 4111 im BGFAdurchgeführt. Im Anschluss daran erfolgten die Lungenfunktionsprüfung mit demMasterlab der Fa. Viasys Healthcare (Höchberg) gemäß den Empfehlungen derAmerican Thoracic Society (ATS) und die klinische Anamnese bzw. Untersuchung. Derradiologische Befund wurde auf Grundlage der aktuellen Röntgen-Thoraxaufnahme(p.a./seitlich) gemäß ILO-Klassifikation 2000 ausgewiesen (Hering et al. 2003). InEinzelfällen lag darüber hinaus die Computertomographie des Thorax vor. DieAuswertung der VRI-Befunde erfolgte geblindet in zufälliger Reihenfolge durch zweigeschulte Auswerter auf Grundlage eines Bewertungsbogens, der die Kriterien„Dynamischer Bildaufbau“, „Form der Ventilationsverteilung/ Maximal Energy Frame“ und„Nebengeräusche“ umfasste.Ergebnisse:Das Kollektiv der Untersuchungsreihe bestand aus insgesamt 30 Männern. Davonzeigten 11 Probanden radiologisch ein ILO 2000-Stadium 0 (entsprechend 0/-, 0/0 und0/1) und 13 Probanden ein ILO 2000-Stadium 1 bis 3 (entsprechend 1/0 bis 3/+). SechsProbanden zeigten radiologisch asbestfaserstaubassoziierte Lungen- bzw.Pleuraveränderungen. Nach Auswertung der VRI-Bilder gemäß denAuswertungskriterien des Herstellers wurde bei neun von elf Probanden im ILO-Stadium0 der VRI-Befund als „pathologisch“ beurteilt. Zwei Probanden in ILO-Stadium 0 zeigteneinen normalen VRI-Normalbefund. Bei allen Probanden des ILO 2000-Stadiums 1 bis 3bzw. bei allen sechs asbestfaserstaubexponierten Probanden zeigten sich„pathologische“ VRI-Befunde im Sinne der Bewertungskriterien.421


V81Vorträge – AsbestR L R LAbbildung 2: Maximal Energy Frame: Normalbefund der Lunge im VRI (links) vs. Befund beiEmphysem (rechts, mit freundlicher Genehmigung von Deep Breeze Ltd.)Schlussfolgerungen:Grundlage für die Bewertung von asbestfaserstaub- und quarzstaubbedingten LungenundPleuraerkrankungen sind die radiologische Diagnostik und dieLungenfunktionsanalyse. Das VRI xp -Gerät beruht auf einem nicht-invasiven undstrahlungsfreien Diagnoseverfahren, das als „digitales Stethoskop“ zusätzlicheInformationen über strukturelle und funktionale Eigenschaften der Lungen in Echtzeitbieten kann. Bei 82 % der Probanden ohne radiologische Zeichen einer Silikose zeigtesich ein „pathologischer“ VRI-Befund, wobei neun von elf Probanden in derLungenfunktionsanalyse eine obstruktive Ventilationsstörung zeigten. Bei allenProbanden mit einer Silikose im ILO Stadium 1 bis 3 konnten „pathologische“ VRI-Befunde im Sinne der drei Bewertungskriterien gegenüber den Normalbefundengefunden werden. Hierbei war in zwölf von dreizehn Fällen eine obstruktiveVentilationsstörung zu dokumentieren. Im direkten Vergleich zeigen sich somit ersteHinweise für eine Korrelation der VRI-Befunde mit den Befunden der radiologischenStandarddiagnostik.Zusammengefasst ergeben sich erste Hinweise für eine mögliche Indikation des VRI xp –Gerätes als ergänzendes Diagnostikverfahren bei asbestfaserstaub- undquarzstaubbedingten Lungen- und Pleuraveränderungen. Zur weiteren Bewertung desVerfahrens für den Einsatz im Rahmen von Screeningmaßnahmen und zur Bewertungder Sensitivität und Spezifität des Verfahrens, beziehungsweise des zusätzlichenNutzens über die Standarddiagnostik hinaus, sind Studien mit größeren Kollektivenerforderlich.422


V81Vorträge – AsbestLiteratur:• Dellinger RP, Jean S, Cinel I, Tay C, Rajanala S, Glickman YA, Parrillo JE. Regionaldistribution of acoustic-based lung vibration as a function of mechanical ventilationmode. Crit Care. <strong>2007</strong> Feb 22;11(1)• Hering KG, Jacobsen M, Borsch-Galetke E, Elliehausen HJ, Hieckel HG, Hofmann-Preiss K, Jacques W, Jeremie U, Kotschy-Lang N, Kraus T, Menze B, Raab W,Raithel HJ, Schneider WD, Strassburger K, Tuengerthal S, Woitowitz HJ. [Furtherdevelopment of the International Pneumoconiosis Classification--from ILO 1980 toILO 2000 and to ILO 2000/German Federal Republic version]. Pneumologie, 2003,57(10): 576-584423


V82Vorträge – AsbestVergleich von Sollwerten der statischen Compliance beiPatienten mit Asbestfaserstaub-verursachten Erkrankungen derLunge und der Pleura (BK. Nr. 4103)Rolf Arhelger, Joachim SchneiderInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undEinleitung und FragestellungDie Messung der Lungencompliance ist eine Methode zur objektiven Beurteilung derelastischen Eigenschaften der Lunge. Bei Patienten mit Asbestfaserstaub-verursachtenErkrankungen der Lunge und der Pleura ist mit einer Einschränkung derLungendehnbarkeit zu rechnen. Die Meßergebnisse der Compliance werden mitNormwerten verglichen. In der Literatur finden sich allerdings verschiedene Normwertewelche sich auf unterschiedliche Kollektive beziehen. Auch neuere Normwerte für dieArbeitsmedizin wurden anhand eines großen alterstrukturierten Kollektivs erstellt [1]. Inder vorliegenden Studie sollte ein Vergleich der verfügbaren Sollwerte an einemPatientenkollektiv bei Asbestfaserstaub-verursachten Erkrankungen der Lunge und derPleura überprüft werden [3].Kollektiv und MethodenEs wurden n = 169 männliche Patienten im Alter zwischen 35 und 74 Jahren (Median:57,5 Jahre) mit einer anerkannten BK der Nr. 4103 BKV aufgenommen, die sich in denJahren zwischen 1991 und 1994 im Rahmen eines berufsgenossenschaftlichenHeilverfahrens stationär in der Klinik für Berufskrankheiten in Bad Reichenhall befanden.Röntgenologisch litten n=144 Patienten an einer Pleuraasbestose (n=130 mitumschriebenen hyalinen oder verkalkenden Pleuraplaques und n=14 an einer HyalinosisComplicata ) sowie n=25 Patienten an einer Lungenasbestose (ILO ≥ 1/1). Die Streuungwurde 12 mal mit 1/1, 6 mal mit 1/2 und 5 mal mit 2/2 nach ILO bewertet [3].Bei sämtlichen Patienten lagen umfassende Lungenfunkfunktions-Daten einschließlichder (statischen) Compliance Messung vor. Diese Werte werden mit den in der Literaturunterschiedlichen Sollwerten bzw. Sollwerteformeln verglichen.ErgebnisseDie in der Literatur publizierten Normwerte unterscheiden sich erheblich. DieSollwertformeln enthalten Einflußfaktoren der Körpergröße, des Alters, und weitereLungenfunktionsparameter wie die des intrathorakalen Gasvolumens. Die Formeln zurErmittlung der statischen Compliance lauten:[6] : Inspiratorisch: = - 0.641 + 0.49 * Größe[m]Exspiratorisch: = -0.895 + 0.68 * Größe[m]erhoben an 22 Männer im Alter von 21 bis 30 Jahren,[7]: = -0.247 + 0.0012 * Alter[Jahre] + 0.287 * Größe[m]424


V82Vorträge – Asbesterhoben an 119 Männer u. Frauen im Alter von 7 bis 64 Jahren,[5]: = 0.3*(0.066*(Größe[cm])-5.79)/((1.51-0.011*Alter[Jahre]) -(0.61-0.006*Alter[Jahre]))erhoben an Männern im Alter von 18 bis 70 Jahren,[4]: = 0,9+9.6*10-3 * Alter[Jahre] + 0.31 * ITGVerhoben an 162 Männer u. Frauen im Alter von 14 bis 70 Jahren,[2]: = 3,067 - 0,0182 * Alter [Jahre]erhoben an 36 Männer im Alter von 21 bis 78 Jahren,[1]: = 0,0267 * Größe[cm] – 1,4385erhoben an 208 Männer im Alter von 20 bis 69 Jahren.Der Vergleich der Sollwerte der statischen Compliance bei Männern mit einerKörpergröße von 175 cm und 75 kg Gewicht im Altersverlauf wird in Abbildung 1dargestellt. Hiernach ergibt sich ein deutlicher Anstieg der Werte der statischenCompliance mit zunehmendem Lebensalter unter Zugrundlegung der Sollwertformel vonQuanjer et al 1983 [5], hingegen einen deutlicher Abfall der Werte unter Zugrundlegungder Sollwertformel von Gillisen et al. 1990 [2].Die statische Compliance lag in unserem Kollektiv im Minimum bei 1,37 l/kPa, Maximum7,65 l/kPa mit einem Mittelwert von 3,59+1,32 l/kPa und einem Median von 3,38 l/kPa.Lungenfunktionsanalytisch nahm die statische Compliance der Patienten mitzunehmendem Schweregrad einer Lungenasbestose (bis ILO 2/2) oder dem Nachweiseiner Hyalinosis Complicata im Röntgenthorax Bild ab: Mittelwert 2,81+1,29 l/kPa,Median 2,53 l/kPa.Die Meßergebnisse unseres Kollektivs wurden mit Bezug auf die vorgenannten Sollwerteermittelt. Unter Anwendung der Sollwerte nach Galetke et al [1] ergab sich für diestatische Compliance der n=169 Patienten ein Minimum von 45%, ein Maximum von250%, ein Mittelwert von 112+40% und im Median von 107% vom Sollwert. Eineeingeschränkte Compliance (≤100% vom Sollwert) fand sich bei n=71 der n=169ermittelten Werte. Unter Anwendung der Sollwerte nach Quanjer [5] ergab sich für diestatische Compliance bei n=169 Patienten ein Minimum von 42%, ein Maximum von240%, ein Mittelwert von 108+39% und ein Median von 104% vom Sollwert. Eineeingeschränkte Compliance (≤100%) fand sich bei n=18 der n=169 ermittelten Werte.Unter Anwendung der Sollwerte nach Pielesch [4] ergab sich für die statischeCompliance bei n=169 Patienten ein Minimum von 61%, ein Maximum von 349%, einMittelwert von 161+59% und ein Median von 157% vom Sollwert. Eine eingeschränkteCompliance (≤100%) fand sich bei n=71 der n=169 ermittelten Werte. Unter Anwendungder Sollwerte nach Yernault 1974 [6] die für die inspiratorische Compliance erhobenwurden ergab sich in dem Kollektiv ein Minimum von 71%, ein Maximum von 452%, ein425


V82Vorträge – AsbestMittelwert von 172+64% und ein Median von 163% vom Sollwert. Eine eingeschränkteCompliance (≤100%) fand sich bei n=16 der n=169 ermittelten Werte. Unter Anwendungder Sollwerte nach Gillissen [2] lag die statische Compliance bei einem Minimum von69%, einem Maximum von 391%, einem Mittelwert von 178+66% und einem Median von165% vom Sollwert. Sie war eingeschränkt bei 71 der n=169 ermittelten Werte. UnterAnwendung der Sollwerte nach Yernault 1977 [7] ergaben sich folgende Befunde:Minimum von 45%, Maximum von 245%, Mittelwert von 112+40% und Median von 109%vom Sollwert. Eingeschränkte Werte (≤100% vom Sollwert) fanden sich bei 77 der n=169untersuchten Patienten.Es erscheint wenig plausibel, daß lediglich 11% [2] bzw. 9% [6] der Werte alseingeschränkt ausgewiesen werden. Insgesamt ist eine maximal 46% Sensitivität derCompliancemessungen [5] in dem Kollektiv von Patienten mit anerkannterBerufskrankheit der Nr. 4103 BKV jedoch als gering einzuschätzen.Beschränkt man die Auswertungen auf fortgeschrittene Lungenasbestosen (ILO 2/2)oder Patienten mit einer hyalinosis complicata, ergeben sich die aus der Tabelle 1 zuentnehmenden Anzahl eingeschränkter Werte für die statische Compliance. Bei diesemUnterkollektiv mit schweren Asbestfaserstaub-Inhalationsfolgeschäden fand sich ineinem Anteil von 68% [1, 5, 7] eine verminderte Compliance. Auch hierbei ist eineSensitivität von lediglich 26% [4] oder 37% [2] inadäquat niedrig.SchlussfolgerungenDie Sollwerte der statischen Compliance unterscheiden sich z.T. erheblich. DieMeßwerte der statischen Compliance bei 169 Patienten mit AsbestfaserstaubverursachtenErkrankungen der Lunge und der Pleura (BK Nr. 4103) zeigen eine großeSchwankungsbreite. Unter Zugrundelegung der in der Literatur publizierten Sollwerteweisen 11% [2] bzw. 46% [5] der Patienten eine Einschränkung der Compliance auf. BeiPatienten mit fortgeschrittenen Lungenasbestosen (ILO 2/2) und/oder einer Hyalinosiscomplicata lagen der Anteil der Patienten mit einer verminderten Lungendehnbarkeitzwischen 21% [6] und 68% [1, 5, 7]. Bei den Normwerten von Galetke et al [1] istlediglich die Körpergröße als Einflußfaktor zu ermitteln. Damit kann der ausgeprägteAltersfaktor bei Personen über dem 80. Lebensjahr von Quanjer [5] umgangen werden.Im Hinblick auf ein arbeitsmedizinisch relevantes Patientenkollektiv mitBerufskrankheiten erweisen sich die neuen Normwerte der statischen Compliance alsgeeignet.426


V82Vorträge – AsbestLiteratur1. Galetke W, Feier C, Muth T, Rühle K-H, Borsch-Galetke E, Randerath: NeueReferenzwerte für die dynamische und statische Compliance der Lunge beiMännern. Pneumologie 2005;2. Gillissen A, Schött D, Ulmer WT: Die statische Compliance bei Lungengesundenund Patienten mit einer chronisch obstruktiven Atemwegserkrankung. Pneumologie44 (1990): 637-6383. Hauser-Heidt G, Arhelger R, Schneider J: Wertigkeit der statischen Compliance-Messung bei Asbestfaserstaub-verursachten Erkrankungen der Lunge und derPleura. Wissenschaftlicher Abschlussbericht, Hauptverband der gewerblichenBerufsgenossenschaften, 20064. Pielesch W, Riedel E, Lüdde E: Beitrag zur Normwertberechnung bei derLungencompliance. Respiration 46 (1984): 69-755. Quanjer PH: Standardized lung function testing. Bull Eur Physiopath Respir5(Suppl.) (1983): 1-926. Yernault JC, Englert M : Static mechanical lung properties in young adults. BullPhysiopath Resp 10 (1974): 435-4507. Yernault JC, Baran D, Englert M: Effect of growth and aging on the staticmechanical lung properties. Bull Eur Physiopath Resp 13 (1977): 777-788Tab. 1: Ergebnisse der Compliance-Messungen bei 169 Patienten mit BK der Nr. 4103 BKV inAbhängigkeit von den SollwertenSollwertformelErstautor,JahrSensitivität(%)Sensitivität(%)Anzahl verminderterCompliance-Werte(


V82Vorträge – AsbestStatische Compliance C stat4.03.53.02.52.01.51.010 20 30 40 50 60 70 80 90 100AlterQuanjer, 1983Yernault, 1977Galetke et al., 2005Yernault u. Englert, 1974Pielesch et al, 1984Yernault u. Englert, 1974Gillisen et al., 1990I P A SJustus-LiebigUniversitätGiessenAbb.1: Vergleich der Sollwerte der statischen Compliance bei Männern mit einer Körpergrößevon 175 cm, 75 kg Gewicht im Altersverlauf428


V83Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenVergleich der experimentellen mit den anhand mathematischerModelle berechneten dermalen Penetrationsraten vonGefahrstoffenGintautas Korinth, Karl-Heinz Schaller, Hans DrexlerInstitut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenEinleitungJährlich werden weltweit ca. 70.000 neue chemische Stoffe synthetisiert, wobei ein Teildavon eine industrielle Bedeutung erlangt. Besonderes Augenmerk für eine Aufnahmedieser Gefahrstoffe am Arbeitsplatz gilt der Hautresorption. Die EU-ForschungsprojekteRISKOFDERM und EDETOX empfehlen zur Ermittlung der Hautpenetration u.a. einmathematisches Modelling (Marquart et al. 2003; EDETOX 2004). Die dermaleExposition soll dabei qualitativ abgeschätzt, quantitativ bestimmt oder mittelsmathematischer Modelle berechnet werden. Zur Quantifizierung der perkutanenAufnahme von Gefahrstoffen für Risikoabschätzungen wird zunehmend versuchtexperimentell ermittelte dermale Penetrationsraten (Fluxe) durch mathematischberechnete zu ersetzen.Ziel der StudieIn unserer Studie wurde die Reliabilität der am häufigsten verwendeten mathematischenModelle anhand eines Vergleichs der kalkulierten mit eigenen experimentell ermitteltenFluxen überprüft.MethodenExperimentelle Fluxe wurden aus Daten von 12 Stoffen, darunter 3 Glykolethern (2-Butoxyethanol, Butyldiglykol, 1-Ethoxypropanol-2), 3 Alkoholen (Ethanol, Isopropanol,Methanol), 2 Glykolen (Ethylenglykol, 1,2-Propylenglykol), 2 aromatischenKohlenwasserstoffen (1,2,4-Trimethylbenzol, Toluol) und 2 aromatischen Aminen (Anilin,o-Toluidin) bestimmt. Die Experimente wurden mittels statischer Diffusionszelle undexzidierter Humanhaut aus dem Abdomenbereich (Dicke: 9 mm; bei Toluol Vollhaut, ~2,5mm) sowie gleicher Rezeptorflüssigkeit (0,9% NaCl) nach dem standardisiertenEDETOX Studienprotokoll (van de Sandt et al. 2004) durchgeführt. Für 1,2,4-Trimethylbenzol wurden Ethanol und für Toluol 0,9% NaCl-Lösung mit einemAlbuminanteil von ca. 4% als Rezeptorflüssigkeiten verwendet. Die Teststoffe wurdenüber 8 Stunden unverdünnt in einer Überschussdosis unter Okklusion exponiert. JedesExperiment wurde an 2–7 Hautmembranen durchgeführt.Für dieselben 12 Stoffe wurden zudem mathematisch berechnete Fluxe mittels der amhäufigsten verwendeten Modelle von Fiserova-Bergerova et al. (1990), Guy und Potts(1993) und Wilschut et al. (1995) ermittelt. Bei diesen nichtlinearen Regressionsmodellenwerden für die Kalkulation von Fluxen das Molekulargewicht (MG), der Oktanol-Wasser-429


V83Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenVerteilungskoeffizient (logP) und die Wasserlöslichkeit der Stoffe benötigt. Das MG dergetesteten Stoffe lag in einem Bereich von 32–162 g/mol, die Wasserlöslichkeit bei0,057–1000 g/L und der logP bei -1,4–3,6. Das Modell von Fiserova-Begerova et al.(1990) wurde für 132 Stoffe eingesetzt, wobei das MG im Bereich von 30–380 g/mol, dieWasserlöslichkeit bei 0,001–1325 g/L und der logP bei -2,6–5,5 lagen. In die Modelle vonGuy und Potts (1993) und Wilschut et al. (1995) wurden 89 bzw. 99 Stoffeeingeschlossen. Das MG variierte in den Bereichen 18–750 bzw. 18–764 g/mol und derlogP von -3–6 bzw. -3,6–5,6. Angaben zur Wasserlöslichkeit sind in denOriginalpublikationen nicht enthalten.Ergebnisse und DiskussionIn Abb. 1 sind die Korrelationen zwischen den mittels der 3 Modelle berechneten Fluxeneinerseits bzw. den experimentellen Fluxen andererseits dargestellt. Jedes Symbolrepräsentiert den Flux von einem der 12 Stoffe. Die Korrelationen waren zwischen denModellen mittel- bis sehr stark ausgeprägt (Abb. 1). Der Hauptgrund dafür ist, dass in diemathematischen Modelle oft die gleichen experimentellen Daten aus der Literatureingeschlossen werden. Außerdem werden für die Berechnung des Fluxes in allen 3Modellen die gleichen physikalisch-chemischen Parameter (MG, logP undWasserlöslichkeit) eingesetzt. Dagegen fand sich zwischen den experimentell und denmittels Modellen ermittelten Fluxen eine nur sehr schwache Korrelation (Abb. 1).Fiserova-Bergerova et al.Guy und Potts1210864203.0y = 7.232x + 0.0803y = 1.6436x + 0.1866R 2 = 0.96972.5R 2 = 0.67720.0 0.5 1.0 1.5Guy und Potts1.6y = -0.0015x + 0.34681.4R 2 = 4E-051.21.00.80.60.40.20.00 2 4 6 8ExperimentellWilschut et al.Fiserova-Bergerova et al.2.01.5Wilschut et al.2.52.01.51.01.00.50.5y = 0.2057x + 0.2239R 2 = 0.57210.00.00.0 0.5 1.0 1.50 2 4 6 8 10 12Guy und PottsFiserova-Bergerova et al.1210864y = -0.0424x + 2.617R 2 = 0.0006Wilschut et al.200 2 4 6 8Experimentell3.02.5y = 0.1639x + 0.60562.0R 2 = 0.13061.51.00.50.00 2 4 6 8ExperimentellAbb. 1: Korrelationen der Modellvergleiche untereinander und mit den ermittelten Daten.430


V83Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenDas Modell von Guy und Potts (1993) zeigte bei 5, das von Wilschut et al. (1995) bei 4und das von Fiserova-Bergerova et al. (1990) bei 3 Stoffen die geringste Differenz zuden experimentellen Fluxen. Die Unterschiede betrugen bis zum Faktor 240 beihydrophilen Stoffen. Bei lipophilen Stoffen wurde der mittlere Flux um bis zum Faktor 412(Toluol, Modell Fiserova-Bergerova et al. (1990)) überschätzt. Die Unterschiedezwischen den experimentell ermittelten und den nach Modellen berechneten Fluxen sindin Abb. 2 dargestellt. Dabei wurden die experimentellen Fluxe auf Null abgeglichen (x-Achse). Die Faktoren, um die sich mathematisch berechnete von experimentellen Fluxenunterscheiden, sind auf der y-Achse ablesbar. Aufgrund großer Unterschiede wurde diey-Achse zwecks besserer Übersicht im Bereich von 63 bis 225 unterbrochen.400350300Guy und Potts (1993)Fiserova-Bergerova et al. (1990)Wilschut et al. (1995)Faktor2506050403020100-10-20Toluol2-ButoxyethanolIsopropanol1,2-PropylenglykolEthylenglykolAnilin1-Ethoxypropan-2-olMethanolButyldiglykolEthanol1,2,4-Trimethylbenzolo-ToluidinAbb. 2: Unterschiede zwischen experimentellen und Modell-Fluxen.Unter der Annahme, dass experimentelle Fluxe der tatsächlichen dermalen Expositioneher entsprechen als mathematisch berechnete Fluxe überschätzt das Modell vonFiserova-Bergerova et al. (1990) die dermale Exposition in den meisten Fällen amstärksten, während das Modell von Guy und Potts (1993) diese am stärkstenunterschätzt (Abb. 2). Die z.T. sehr großen Unterschiede zwischen experimentellen undmathematisch berechneten Fluxen ergeben sich auch dadurch, dass zum Zeitpunkt derModell-Aufstellung für zahlreiche Stoffe (insbesondere für Glykolether) experimentelleDaten fehlten. Mathematische Modelle gelten für gesättigte wässrige Lösungen. 7 von 12experimentell getesteten Stoffe sind wassermischbar und demzufolge entspricht ihre431


V83Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenWasserlöslichkeit praktisch dem Wert für den unverdünnten Stoff. Die Wasserlöslichkeitder lipophilen Stoffe ist dagegen sehr gering, so dass die mittels der Modelleberechneten Fluxe für sehr starke Verdünnungen gelten. Würde man jedoch unsereexperimentell ermittelten Fluxe linear auf die gesättigten wässrigen Verdünnungenextrapolieren, so wären die Unterschiede zwischen mathematisch ermittelten undexperimentell berechneten Fluxen erheblich größer.SchlussfolgerungenDer Vergleich zeigt, dass zwischen experimentell und mittels Modellrechnungenermittelten Fluxen z.T. extreme Unterschiede bestehen. Trotz der limitierten Datenbasisist es einsichtig, dass kein mathematisches Modell den Flux zuverlässig vorhersagenkann. Als eine Ursache ist anzuführen, dass die Modelle aus experimentellunterschiedlichen Studien abgeleitet wurden. Bevor die Modelle zur Quantifizierung derperkutanen Aufnahme herangezogen werden, ist ihre Validierung mit einem einheitlichenexperimentellen Design unabdingbar.Literatur1. EDETOX, 2004. Evaluations and predictions of dermal absorption of toxic chemicals.Final report for dissemination. Contract No QLK4-2000-00196.(http://www.ncl.ac.uk/edetox/index.html).2. Fiserova-Bergerova V, Pierce JT, Droz PO. Dermal absorption potential of industrialchemicals: criteria for skin notation. Am J Ind Med. 17 (1990) 617–635.3. Guy RH, Potts RO. Penetration of industrial chemicals across the skin: a predictivemodel. Am J Ind Med. 23 (1993) 711–719.4. Marquart J, Brouwer DH, Gijsbers JH, Links IH, Warren N, van Hemmen JJ.Determinants of dermal exposure relevant for exposure modelling in regulatory riskassessment. Ann Occup Hyg. 47 (2003) 599–607.5. van de Sandt JJ, van Burgsteden JA, Cage S, Carmichael PL, Dick I, Kenyon S,Korinth G, Larese F, Limasset JC, Maas WJ, Montomoli L, Nielsen JB, Payan JP,Robinson E, Sartorelli P, Schaller KH, Wilkinson SC, Williams FM. In vitro predictionsof skin absorption of caffeine, testosterone, and benzoic acid: a multi-centrecomparison study. Regul Toxicol Pharmacol. 39 (2004) 271–281.6. Wilschut A, ten Berge WF, Robinson PJ, McKone TE. Estimating skin permeation.The validation of five mathematical skin permeation models. Chemosphere. 30 (1995)1275–1296.432


V84Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenBeeinflussung der Penetration durch Externa (Hautschutz): Invivo- Erkenntnisse durch die MikrodialyseManigé Fartasch 1,2 , Alexandra Deters 2 , Esther Schnetz 3 , Thomas Göen 4 , Hans Drexler 4 , MartinSchmelz 51 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Hautklinik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 3 MedizinischeFakultät, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 4 Institut und Poliklinik für Arbeits-,Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen;5 Universitätsklinikum Mannheim der Ruprecht-Karl-Universität Heidelberg, Institut für Anästhesiologie &Operative Intensivmedizin, Klinische Schmerzforschung, MannheimManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.433


V85Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenPrävention durch feuchtigkeitsdichte Schutzhandschuhe oderHaut(schutz)mittelanwendung bei mehr als 4 Stunden Feuchtarbeit/Isopropanolhautkontakt?Margarete von Halem 1 , Ulrich Funke 21 Gesundheitsschutz, AUDI AG, Ingolstadt; 2 Gesundheitswesen, AUDI AG, IngolstadtStudiendesign und FragestellungenIn einer Lackiererei in der Automobilindustrie schleifen die Arbeitnehmer mit kleinenmotorisierten Handschleifgeräten Lackfehler aus der ansonsten fertiglackierten Karosserie. Anschließend wurde mit einer Sprühflasche einSchleifstaubentferner (Isopropanol 15% in wässriger Lösung) auf die geschliffene Stelleaufgetragen und mit einem in dem Schleifstaubentferner getränkten Lappen derSchleifstaub aufgenommen. Dabei wird der feuchte Lappen von den Mitarbeitern in derHand gehalten.Aus technischen Gründen zur besseren Fehlerentfernung bedurfte es einer Änderungder Isopropanolkonzentration auf 50% Isopropanol in wässriger Lösung.Ziel der Studie war eine Abschätzung der systemischen Isopropanolaufnahme (50% inwässriger Lösung) bei direktem Hand-Hautkontakt unter Berücksichtigung vonHautmittelanwendungen, sowie eine Abschätzung der Handekzemrelevanz vonFeuchtarbeit unter Berücksichtigung von Hautmittelanwendungen.Dazu wurden 57 Teilnehmer in drei Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe verwendeteHautmittel ausschließlich vor und während der Arbeit, eine zweite Gruppe verwendetedas gleiche Hautmittel ausschließlich nach der Arbeit und eine Kontrollgruppeverzichtete für die Dauer der Studie komplett auf die Verwendung von Hautmitteln. VorBeginn einer vierwöchigen Beobachtungsphase wurde der Hautstatus der Händestandardisiert erfasst. Dann wurde jeweils am Ende einer Arbeitswoche und am Endeder Tagesschicht erneut der Hautstatus der Hände standardisiert erfasst, eineabgegebene Urinprobe eingesammelt und in der vierten Woche einmalig zusätzlich zumgenannten Zeitpunkt eine Blutprobe genommen. Es folgte eine zweiwöchige Pause ohnedefinierte Hautmittelanwendungen, dann wurden die gleichen Parameter erhoben, imCross-Over-Design der beiden hautmittelverwendenden Gruppen. Des Weiteren wurdenfolgende Parameter erhoben: Alter, Geschlecht, Gewicht, Atopie-Kriterien,Hautkontaktzeit zur Isopropanol-Lösung, bisherige Tätigkeitsdauer, außerberuflicheHautmittelverwendung, Freizeitverhalten.434


V85Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenDie durchschnittlichen Haltedauern der feuchten Lappen in den Händen derArbeitnehmer betrugen je nach Gruppe 4 bzw. 3,5 Stunden pro Schicht.Sämtliche Befundung der Hautbefunde erfolgte standardisiert anhandvalidierter photographischer Vorlagen zur Einteilung chronischer Handekzemenach Coenraads [ 1 ] mit den Kategorien• clear• almost clear• moderate• severe• very severeAlle Teilnehmer wurden individuell über Hautmittelverwendung im Allgemeinen und die inder Studie notwendige Verwendungsart aufgeklärt. Zusätzlich erhielten alle Teilnehmereine individuelle Unterweisung des korrekten Auftragens von Hautmitteln. Die Hautmittelwurden den Teilnehmern persönlich, beschriftet mit Verwendungsregime und Namenausgehändigt. Anlässlich der Urinabgaben wurden die Teilnehmer nochmals an ihrpersönliches Verwendungsregime erinnert.Ergebnisse Laborbefunde:435


V85Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenIsopropanol lag in allen Urinproben und Blutproben unabhängig von derHautmittelanwendung unterhalb der Nachweisgrenze von 0,3mg/l.Ergebnisse Hautbefunde:Bei insgesamt 57 Teilnehmern wurden im Verlauf bei 25 Teilnehmern auffällige Befundefestgestellt. Es zeigte sich eine gleichmäßige Verteilung der auffälligen Befunde über alledrei Gruppen mit einer Häufung jeweils zu Beginn der vierwöchigen Periode in denhautmittelverwendenden Gruppen. Die Hautbefunde severe und very severe tratenwährend der gesamten Studie nicht auf.Schlussfolgerungen:• Es zeigte sich keine relevante Aufnahme von Isopropanol über die Haut oderüber die Atemwege (in nicht geschlossenen Räumen und bei Absaugung).• Es zeigte sich keine relevante Isopropanolaufnahme in Abhängigkeit derverschiedenen Hautmittelverwendungen.• Die Handekzemhäufigkeit lag insgesamt im Bereich derNormalbevölkerung . ( vgl. Meding: Handekzemhäufigkeit bei 10% derNormalbevölkerung [2, 3] )• Eine Abnahme der auffälligen Hautbefunde nach konsequenter Anwendung vonHautmitteln war zu beobachten.436


V85Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenKonsequenzen für den Arbeitsschutz:• Es ergab sich der Nachweis der fehlenden Relevanz von Hautmittelverwendungin Bezug auf die Isopropanolaufnahme unter den dargestellten Bedingungen.• Der bisherige Verzicht auf Handschuhe und die Verwendung von Hautmitteln hatsich bewährt.• Hautvorsorgeuntersuchungen nach GefStV mit Anleitung zurHautmittelanwendung sind erforderlich und wirksam, da offenbar ohneregelmäßige Beratung/Anleitung zur Hautmittelanwendung diese nurunzureichend erfolgt.Literatur[1] P.J. Coenraads; H. Van der Walle; K. Thestrup-Pedersen; T. Ruzicka; B. Dreno; C.De La Loge; M. Viala; S. Querner; T. Brown; M. Zultak Construction and validationof a photographic guide for assessing severity of chronic hand dermatitis. BritishJournal of Dermatology 2005; 152, pp 296-301.[2] B. Meding Epidemiology of hand eczema in an industrial city. Acta Derm Vernereol(Stockh) 1990; 153 (Suppl.): 1-43.[3] B. Meding; B. Jarvholm Hand eczema in Swedish adults – changes in prevalencebetween 1983 and 1996. J Invest Dermatol Symp Proc 2002; 118:719-23.437


V86Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenWirksamkeit von Hautschutz- und Hautpflegepräparaten unterKühlschmierstoffexposition – eine randomisierte undkontrollierte StudieDirk Taeger 1 , Beate Pesch 1 , Heinrich Dickel 2 , Anke Leiste 1 , Sandra Schöneweis 1 , NataschaGoldscheid 1 , Michael Haufs 1 , Rolf Merget 1 , Peter Altmeyer 2 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Klinik für Dermatologie und Allergologie, St. Josef-Hospital, BochumZiel der StudieDer Wirksamkeitsnachweis von Hautschutz- und Hautpflegepräparaten unterKühlschmierstoffexposition wird anhand von klinischen und hautphysiologischenParametern unter standardisierten Bedingungen untersucht. Dabei steht die Frage imMittelpunkt, ob ein definiertes Hautschutzkonzept (dreistufiger Hautschutzplan:Hautschutz, Hautreinigung, Hautpflege) zu einer besseren Hautgesundheit führt.MethodenAn einem Kollektiv von kühlschmierstoffexponierten Beschäftigen wird einerandomisierte, kontrollierte und einfach verblindete Interventionsstudie durchgeführt.Dabei wurden die Probanden nach einer hautphysiologischen und klinischenErstuntersuchung (Baseline) bezüglich der Anwendung von Hautschutz- (HS) undHauptpflegepräparaten (HP) randomisiert. Es erfolgt eine individuelle und wiederholteSchulung in der Anwendung von HS und HP. Die Exposition wird durch einenProbandenfragebogen und eine ausführliche Arbeitsplatzbeschreibung erfasst. Dieklinischen und physiologischen Hautuntersuchungen werden in einer Klimakammer (20°C, 50% Luftfeuchtigkeit, 20 Minuten Klimatisierungsphase) unter standardisiertenBedingungen durchgeführt. Es erfolgt ein klinischer Hautbefund durch einen Hautarztsowie die Messung folgender Untersuchungsgrößen: Transepidermale Wasserverlust(TEWL), pH-Metrie, Corneometrie, Hautschuppigkeit, -rauhigkeit und –kontrast.Nachuntersuchungen erfolgen nach 3, 6 und 12 Monaten. Eingeschlossen in die Studiewerden männliche Probanden, die an ihrem Arbeitsplatz Umgang mit Kühlschmierstoffenhaben und die vorwiegend ohne Schutzhandschuhe arbeiten müssen. Ausgeschlossenvon der Studie werden Personen mit sehr dunklem Hauttyp, mit einem klinischmanifesten und/oder therapierten Handekzem sowie bei Einnahme vonKortikosteroidpräparaten und Immunsuppressiva in den letzten drei Wochen vor derRekrutierung. Auch die Durchführung einer wirkstoffhaltigen Lokaltherapie im Bereich derHände führt zu einem Ausschluss.ErgebnisseVon 108 rekrutierten Probanden, mussten vier prävalente Fälle von berufsbedingtenHandekzemen von der Studie ausgeschlossen (‚Dropouts’) werden. Alle in die Studie,eingeschlossenen 104 Probanden zeigten keine makroskopisch auffälligen Befunde an438


V86Vorträge – Hautschutz, Nadelstichverletzungenden Händen und distalen Unterarmen, die eine Behandlung erforderten. Abbildung 1zeigt den erzielten Randomisierungsplan zur Baseline-Untersuchung.Abb. 1: Übersicht der Rekrutierung und Randomisierung zur BaselineNach der Randomisierung bestanden keine signifikanten Unterschiede (mittels Median-Vergleichs durch den Kruskal-Wallis Test) zwischen den verschiedenen HP/HS-Gruppenbezüglich transepidermalem Wasserverlust (TEWL) - bezogen auf die GesamtgruppeMedian 17,0 g/hm 2 , Hautfeuchtigkeit (Median 24,8), Hautoberflächen-pH-Wert (Median4,9), Hautschuppigkeit (Median 0,7), Hautrauhigkeit (Median 2,6) und Hautkontrast(Median 0,8). Bis auf TEWL diskriminierten die erhobenen hautphysiologischenParameter zwischen den eingeschlossenen und ausgeschlossenen Probanden(Abbildung 2).439


V86Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenAbb. 2: Box-Plots der vier Interventionsarme und der Dropouts (p-Werte mittels Kruskal-Wallis Test)SchlussfolgerungenEine ausreichende Homogenität der randomisierten Interventionsarme ist vorhanden.Der klinische Ausschluss der ‚Dropouts’ spiegelt sich in den Hautparametern wider.Unter Berücksichtigung der Exposition und individueller Faktoren kann die Wirksamkeitvon Hautschutzmitteln im Längsschnitt am Ende der Untersuchung ermittelt werden.440


V87Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenGesamtwirtschaftliche Kosten durch Nadelstichverletzungen undmöglicher Nutzen durch die Einführung sicherer InstrumenteAndreas Wittmann 1 , Vrca Zeljka 2 , Benno Neukirch 2 , Friedrich Hofmann 11 Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik, Bergische UniversitätWuppertal, Wuppertal; 2 Gesundheitswesen, Hochschule Niederrhein, KrefeldEinleitung:Im Gesundheitsdienst zählen Nadelstichverletzungen (NSV) zu den häufigstenArbeitsunfällen[1]. Während in der Chirurgie meist Verletzungen an massivenInstrumenten (Skalpelle, Nähnadeln) im Vordergrund stehen, kommt es in anderenBereichen überwiegend zu Verletzungen an Hohlnadeln, so genanntenKanülenstichverletzungen (KStV) Für die Kosten gemeldeter, also einer geregeltenVersorgung zugeführter KStV wurden national und international mehrere Studiendurchgeführt. Sowohl retrospektiv[2] (durch die Kostenanalyse von stattgehabten KStV)als auch prospektiv[3,4] (durch Ereignisablaufanalyse) konnten diese Kosten bestimmtwerden. Unklar waren allerdings bislang die Kosten, die durch die Infektionen nach nichtgemeldeten KStV entstehen. Mit einem neuen Rechenmodell konnten nun erstmals auchdie voraussichtlichen Kosten von nicht gemeldeten KStV bestimmt werden.Rund 85 % der Kanülenstichverletzungen lassen sich durch den Einsatz modernerSicherheitsprodukte vermeiden[5,6,7]. Für die Einführung dieser Sicheren Instrumente(SI) wurden gesamtwirtschaftliche Kalkulationen zu deren Mehrkosten und derenwirtschaftlichem Nutzen durch Vermeidung von Stichverletzungen durchgeführt.Material und MethodenAusgehend vom Ereignis „nicht gemeldete NSV“ wurden in einer Ereignisablaufanalysealle denkbaren Verläufe in Abhängigkeit vono unterschiedlichen Prävalenzraten der Erreger HBV, HCV und HIV,o unterschiedlichen Durchimpfungsraten gegen HBV und den jeweiligeno Wahrscheinlichkeiten für Serokonversionen, Infektionen und Erkrankungen sowiedereno Chronifizierungswahrscheinlichkeitenbestimmt und die entstehenden Kosten für einen Zeithorizont von rund 30 Jahrenaufsummiert und diskontiert, d.h. auf die Kosten zum Zeitpunkt der Stichverletzungzurückgerechnet.Die Anzahl der KStV in Deutschland kann auf Grundlage vieler Studien abgeschätztwerden, am häufigsten findet sich in der weiterführenden Literatur die Angabe von500.000 Stichverletzungen, wobei von einer Meldequote von lediglich 10% ausgegangenwird[8].Zusammen mit bereits existierenden Zahlen zu den betriebswirtschaftlichen Kostengemeldeter KStV ließen sich nun die Gesamtkosten durch Kanülenstichverletzungen im441


V87Vorträge – Hautschutz, Nadelstichverletzungendeutschen Gesundheitsdienst abschätzen. Die Mehrkosten der Sicherheitsproduktewurden durch Herstellerbefragungen in den Jahren 2003 und 2006 bestimmt. Hierzuwurde ausgehend von der Bezugssituation eines Krankenhauses der maximalenVersorgungsstufe 10 Hersteller gebeten, die Preise für eine komplette Umstellung aufSicherheitsprodukte bekannt zu geben wobei im Jahr 2003 alle zehn Hersteller Angabenmachten, im Jahr 2006 jedoch nur 5 Hersteller. Mittels aktueller Bettenzahlen derdeutschen Krankenhäuser wurden auch die Mehrkosten für eine flächendeckendeEinführung der Sicherheitsprodukte in Deutschland überschlägig bestimmt.ErgebnisseDie Kosten einer ungemeldeten NSV liegen undiskontiert bei 79 €, diskontiert auf 30Jahre bei rund 52 €. Die Kosten einer gemeldeten NSV liegen mit 480 € deutlichdarüber, wobei der größte Teil dieser Kosten durch die gesetzliche Unfallversicherunggetragen wird (338 €), ein deutlich geringerer Teil muss vom betreffenden Haus selbstübernommen werden (148 €). Die Anzahl der KStV in D wird auf rund 500.000 geschätzt,wovon nur rund ein Zehntel gemeldet wird. Damit liegen die Gesamtkosten durch NSVfür den Bereich der Bundesrepublik bei rund 47 Mio. Euro (23 Mio. € durch nichtgemeldete KStV und 24 Mio. € durch gemeldete Verletzungen).Im Jahr 2003 hätte die Umstellung auf Sicherheitsprodukte für ein Krankenhaus derMaximalversorgung noch rund 156.000 € gekostet, im Jahr 2006 lagen die Mehrkostenimmer noch bei 116.000 €, also bei 116 € pro Krankenhausbett. Die Mehrkosten für dieflächendeckende Einführung von SI in der Bundesrepublik Deutschland liegen bei derzeit530.000 Krankenhausbetten damit voraussichtlich bei 61 Mio. €; allerdings lassen sichdurch den Einsatz dieser Sicherheitsprodukte rund 85% der NSV verhindern.DiskussionDie Kosten einer KStV hängen sehr stark von der Durchimpfungsrate der Beschäftigtenab, weniger stark von der Prävalenz der gefährlichen Erreger im Patientengut.Betriebswirtschaftlich rentiert sich für ein Krankenhaus die Einführung sichererInstrumente nicht, auch bei deutlich besseren Meldequoten für Stichverletzungenkommen die durch die Reduzierung der Stichverletzungen erzielten Einsparungenzunächst nur dem Unfallversicherungsträger (UVT) zu gute (Tabelle 1).442


V87Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenTabelle 1: Betriebswirtschaftlicher Kosten-Nutzen-Vergleich für die Einführung SichererInstrumente (SI) in einem 100 Betten Haus mit z. Zt. 166 gemeldeten Stichverletzungen pro Jahr.Die Mehrkosten für Sicherheitsprodukte von rund 116.000 € amortisieren sich nur, wenn man dieEinsparungen durch weniger Stichverletzungen für Unfallversicherung (UVT) und Krankenhaus(KH) zusammen betrachtet.AnzahlAnzahlEingesparte Ersparnis UVTNSV nach Eingesparte EingespartegemeldeteKostenEinführung Kosten KH Kosten UVTNSVUVT+KH Mehrkosten KHvon SI500 75 62.000 € 207.000€ 269.000€400 60 50.000 € 166.000€ 216.000€300 45 38.000 € 124.000€ 162.000€200 30 25.000 € 83.000 € 108.000€166 25 21.000 € 69.000 € 90.000 €100 15 13.000 € 42.000 € 54.000 €207.000 €54.000 €166.000 €66.000 €124.000 €78.000 €83.000 €91.000 €69.000 €95.000 €42.000 €103.000 €Die durch NSV verursachten gesamtwirtschaftlichen Kosten liegen (knapp) unter den zuerwartenden Mehrkosten durch die flächendeckende Einführung von SI. Allerdings sinddie Preise für Sicherheitsprodukte in den letzten 3 Jahren um über 25% gesunken, sodass durch die steigenden Abnahmemengen bei den Sicherheitsprodukten in absehbarerZeit mit einer volkswirtschaftlich gesehen kostenneutralen Einführung gerechnet werdenkann. Durch die im Mai 2006 erfolgte Änderung der Technischen Regel für BiologischeArbeitsstoffe 250 ist die Verwendung dieser Sicherheitsprodukte für große Teile desGesundheitsdienstes bereits vorgeschrieben[9,10].443


V87Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenLiteratur1. Hofmann F, Kralj N, Beie M.Kanülenstichverletzungen im Gesundheitsdienst -Häufigkeit, Ursachen und Präventionsstrategien. Das Gesundheitswesen2002;5:259-672. Jagger J., et al.: Direct Cost of Follow-up for Percutaneos amd MucocutaneousExposures to At-Risk Body Fluids: Data From Two Hospitals. Virginia 1998. OnlineVersion unter: www.healthsystem-virginia.edu/internet/epinet/costart.pdf3. Graf-Deuel E.: Auswertung der Stichverletzungen am KSSG Jahre 2000, 2001 und2002, Personalärztlicher Dienst. St. Gallen 20024. Hofmann F, Wittmann A, Kralj N, Neukirch B, Thürmer C, Schroebler S, (2006). Wieviel kostet eine Kanülenstichverletzung? in: Dokumentationsband über die 45.Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong>, Hrsg.: Brüning, T., Harth, V., Zaghow, M.; 96-985. Dale J, Pruett S, Maker M. Accidental needlesticks in the phlebotomy service of theDepartment of Laboratory Medicine and Pathology at Mayo Clinic Rochester. MayoClin Proc 1998; 73: 611-56. Müller-Barthelmeh R, Buchholz L, Nübling M, Häberle E, Qualitätssicherung beiNadelschutztechniken,Interventionsstudie zur Senkung der Nadelstichverletzungendurch Instrumente mit Nadelschutztechnik, Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 41(2006) 210–2177. Sulsky SI, Birk T, Cohen LC, Luippold RS, Heidenreich MJ, Nunes A. Wirksamkeitund Wirtschaftlichkeit von präventiven Maßnahmen zur Vermeidung vonNadelstichverletzungen bei Beschäftigten in Gesundheitsberufen. Hrsg.:Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, (HVBG), Sankt Augustin20068. Kralj N. Zur Gefährdung von Beschäftigten im Gesundheitswesen durch beruflicheHBV-, HCV und HIV-Kontakte. In: Hofmann, Friedrich (Hrsg.): TechnischerInfektionsschutz im Gesundheitsdienst – Fortschritte in der Präventiv- undArbeitsmedizin. S. 23-35.9. Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe 250, Biologische Arbeitsstoffe imGesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege (TRBA 250), Ausgabe: November2003, Änderung und Ergänzung Juli 2006, Bundesarbeitsblatt 7-2006, S. 19310. Wittmann A. Änderungen der TRBA 250 – besserer Schutz Beschäftigter vorBlutkontakten? Prakt. Arb. med. 2006;6: 18-19444


V88Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenSchnitt- und Nadelstichverletzungen im Gesundheitsdienst:Risiken und Möglichkeiten der InterventionMonika A. Rieger 1 , Karen Kempe 2 , Brigitte Strahwald 21 Arbeitsmedizin, Fakultät für Medizin, Universität Witten / Herdecke, Witten;Innovationszentrum Medizintechnik und Pharma, Erlangen2 cognomedic GmbH,ZusammenfassungSchnitt- und Nadelstichverletzungen sind ein erhebliches Risiko für die Beschäftigten imGesundheitsdienst. Im Modellprojekt „STOP-Nadelstich: Sicherheit durch Training,Organisation und Produktauswahl“ wurden praxisnahe Lösungen erprobt, die denSchutz im Arbeitsalltag verbessern. Das Modellprojekt wird durch dasBundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gefördert. Die fachliche Begleitungerfolgt durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).Für die Teilnahme am Projekt wurden eine Klinik der Maximalversorgung, ein großerRettungsdienst inklusive Luftrettung und Intensivtransport sowie fünf unterschiedlichePraxen ausgewählt. In der ersten Phase des Projektes erfolgte die Datenerhebungmittels standardisierter Instrumente (Fragebogen, Begehungs-Checkliste) undExperteninterviews. Aus dem Bereich Krankenhaus antworteten 337/660 Beschäftigte,aus dem Bereich Rettungsdienst 25/25 Notärzte und 52/55 Rettungssanitäter bzw. –assistenten. Die Zahl der Stichverletzungen im Lauf der zurückliegenden 12 Monatebetrug bei Klinikärzten durchschnittlich 0,4 (Median: 0) bei Rettungssanitätern bis 2,6(Median: 0) bei Pflegekräften in der Klinik. Bei den Begehungen im Rettungsdienst zeigtesich, dass einzelne, wiederkehrende Tätigkeiten ein hohes Gefährdungspotentialaufweisen. In der Klinik war die Situation heterogen mit nur teilweise strenger Umsetzungvon Arbeitsschutzvorschriften. In den Praxen waren die Schutzmaßnahmen vorNadelstichverletzungen eher schlecht. In Klinik und Rettungsdienst gaben die Befragtenan, weniger als die Hälfte der Nadelstichverletzungen zu melden. Grund für diesesschlechte Meldeverhalten war – auch in den Praxen – vor allem die mangelnde Kenntnisder Meldewege und -verfahren. In der Interventionsphase des Projektes wurden daherAngebote gemacht, die den ermittelten Bedarf decken sollten: Standards, Praxishilfen,Schulungen, praktische Übungen und ein e-Learning-Modul. Zudem wurde der Einsatzsicherer Instrumente evaluiert.In der abschließenden Projektphase wurde evaluiert, ob und in welchem Umfang dieMaßnahmen angenommen wurden und den Arbeitsalltag verändert hatten. Es zeigtesich, dass die Beschäftigten sichere Instrumente akzeptieren und ihren Einsatzbefürworten, sofern sie an die jeweilige Arbeitsaufgabe angepasst und einfach zubedienen sind. Vor einer geplanten Einführung sicherer Instrumente sollte daherunbedingt eine Testphase mit anschließendem Votum der Beschäftigten erfolgen.445


V88Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenZiel des ProjektesNeben der Erfassung der Häufigkeit von Schnitt- und Nadelstichverletzungen inunterschiedlichen Arbeitsumgebungen sollten zielgruppenspezifische Angebote zu derenPrävention entwickelt, implementiert und evaluiert werden. Hintergrund ist die nach wievor hohe Zahl von Nadelstichverletzungen bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst. DieEinführung so genannter sicherer Instrumente für den technischen Arbeitsschutz wirdaktuell durch die Neufassung der TRBA 250 forciert (2).MethodenDas Projekt wurde von Oktober 2005 bis März <strong>2007</strong> unter der fachlichen Begleitung derBundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführt. Der Ablaufwurde in drei Phasen gegliedert: Erhebungsphase, Interventionsphase,Evaluationsphase.In der Erhebungsphase wurden standardisierte Instrumente, wie beispielsweiseFragebögen oder Checklisten verwendet sowie Experteninterviews durchgeführt. In derInterventionsphase wurden den teilnehmenden Einrichtungen vier Angebote gemacht:Bereitstellung von Musterkoffern mit sicheren Instrumenten, Kurse und Schulungen, eine-Learning-Modul und Praxishilfen. Vor Beginn der Schulungsmaßnahmen wurden diejeweils Verantwortlichen – teilweise erstmalig - zu Abstimmungsgesprächenzusammengeführt, um das Vorgehen nach Stich- und Schnittverletzungen zuvereinheitlichen. Die Ergebnisse von umfangreichen Literaturrecherchen flossen zudemin eine so genannte MemoCard ein, auf der die Sofortmaßnahmen nachNadelstichverletzung übersichtlich dargestellt sind.Die Musterkoffer enthielten verschiedene sichere Instrumente von mehreren Herstellern,die über den Bundesverband Medizintechnik (BVMed) für das Projekt gewonnen wurden.Dadurch wurde gewährleistet, dass unterschiedliche Produkt- und Sicherheitslösungenausprobiert werden konnten: Venenverweilkanülen, Injektionskanülen, Flügelkanülen undBlutzuckerlanzetten. Die Musterkoffer wurden vier Monaten lang bereitgestellt undjeweils alle zwei Wochen aufgefüllt. Jedes Produkt war mit einem kurzenEvaluationsbogen versehen, in dem vor allem die Handhabbarkeit erfragt wurde (Abb. 1).446


V88Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenAbb. 1: Evaluationsbogen sichere InstrumenteDie abschließende Evaluation der Projektangebote erfolgte mittels standardisierterFragebögen.ErgebnisseDie Beteiligung an der Befragung in der Erhebungsphase war sehr gut, bis auf einenleider geringen Rücklauf von Seiten der Klinikärzte:Klinik: Pflegekräfte 263/762, Ärzte 34/332, Hol-und Bringedienst 14/33,Spülküche 14/14Rettungsdienst: Notärzte 25/25, Rettungssanitäter bzw. –assistenten 52/55.Die Zahl der Stichverletzungen im Lauf der zurückliegenden 12 Monate betrugdurchschnittlich 1,9 (Median: 1) bei Klinikärzten und 2,6 (Median: 0) bei Klinik-Pflegekräften. Sie lag damit im Bereich der Ergebnisse anderer Erhebungen (1, 3). Etwaeine Nadelstichverletzung pro Jahr wurde von den Beschäftigten im Hol- undBringedienst angegeben (MW 0,9; Median: 0). Allgemein war die Spannbreite der447


V88Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenAngaben in der Klinik sehr groß, vereinzelt wurden tägliche Nadelstichverletzungenberichtet.Im Rettungsdienst gaben Notärzte durchschnittlich 3 (Median: 0) Nadelstichverletzungenan, Rettungsassistenten 1,4 (Median: 0) und Rettungssanitäter 0,4 (Median: 0). Bei denBegehungen zeigte sich, dass beispielsweise bei Venenpunktionen die benutztePunktionskanüle häufig an eine andere Person übergeben wurde, statt direkt imNadelabwurfbehälter entsorgt zu werden. Hintergrund ist, dass das Restblut aus derPunktionskanüle für die Blutzuckerbestimmung verwendet wird, um dem Patienten einenweiteren Stich zu ersparen.Im stationären Bereich war die Umsetzung von Arbeitsschutzvorschriften auf deneinzelnen Stationen sehr unterschiedlich. In den Praxen war der Schutz vorNadelstichverletzungen eher schlecht umgesetzt. In Klinik und Rettungsdienst gaben dieBefragten an, nur ca. 40-50% der Nadelstichverletzungen zu melden. Wichtigster Grunddafür ist die mangelnde Kenntnis der Meldewege und –verfahren, die jeweiligenAnsprechpartner waren in der Regel nicht bekannt.Basierend auf diesen Ergebnissen erfolgte die oben geschilderte multimodaleIntervention. An der Abschlussbefragung beteiligten sich 328 Beschäftigte (Klinik: 250,Rettungsdienst: 55, Praxen: 22). Dabei gaben n=142 Befragte an (Klinik: 99,Rettungsdienst: 31, Praxen: 12), die Kurse besucht zu haben. Kursteilnehmer und Nicht-Kursteilnehmer unterschieden sich weder im Anteil von Personen, dieNadelstichverletzungen im Befragungszeitraum angaben (41,5% der Teilnehmer vs.34,4% der Nicht-Teilnehmer), noch in der durchschnittlich angegebenen Zahl vonNadelstichverletzungen (MW 0,92 bei Teilnehmern vs. 0,69 bei Nicht-Teilnehmern;Median 0). Die Teilnehmer bewerteten die Kurse durchschnittlich als „sehr gut“ bis „gut“(Abb. 2), die Musterkoffer als „gut“ und die sicheren Instrumente in der globalenBewertung ebenfalls als „gut“. In der Bewertung der einzelnen sicheren Instrumentewurde deutlich, dass die Handhabbarkeit der Produkte sehr unterschiedlich empfundenwurde. Während bei Venenverweilkanülen ein Produkt eindeutig favorisiert wurde, warendie Ergebnisse bei Injektionskanülen und Flügelkanülen sehr heterogen. Sie wurdenschlecht bewertet, wenn die Handhabbarkeit trotz Übens schwierig war bzw. dieProdukte nicht für die jeweilige Anwendung geeignet erschienen. Generell positiv wurdendie angebotenen sicheren Blutzuckerlanzetten bewertet.448


V88Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenAbb. 2: Bewertung der durchgeführten Kurse durch die Teilnehmer (n=140, Mittelwert 1,7)Im Vergleich von Teilnehmern und Nicht-Teilnehmern an den Kursen gaben die ersterensignifikant häufiger an, ausreichend über das Vorgehen nach Nadelstichverletzungeninformiert zu sein als die Nicht-Teilnehmer (127/140 vs. 149/184, p


V88Vorträge – Hautschutz, NadelstichverletzungenIm Modellprojekt wurden entsprechende Präsenzschulungen und computerbasierteLernangebote entwickelt, deren Akzeptanz und Effektivität nachgewiesen werdenkonnte.Literatur(1) Müller-Barthelmeh, R., Buchholz, L., Nübling, M., Häberle, E.: Qualitätssicherung beiNadelschutztechniken, Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 41, 2006, 210-217.(2) N.N.: Technische Regel Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitsdienst und in derWohlfahrtspflege (TRBA 250). Ausgabe November 2003, Änderung und ErgänzungBArbBl 7, 2006, 163.(3) Wittmann, A.: Verletzungen an spitzen und/oder scharfen Gegenständen imGesundheitsdienst – Ein Beitrag zur Abschätzung der Risiken, edition ffas, Freiburg(2005)450


P01Poster – Arbeitsphysiologie IWirbelsäulenbelastung bei Pflegetätigkeiten: Kennwerte zurNutzung in Berufskrankheiten-FeststellungsverfahrenAndreas Theilmeier 1 , Claus Jordan 1 , Norbert Wortmann 2 , Stefan Kuhn 3 , Albert Nienhaus 2 , AlwinLuttmann 1 , Matthias Jäger 11 Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund, Dortmund;2 Grundlagen der Prävention undRehabilitation, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Hamburg;3 Präventionsdienst Mainz, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, MainzHintergrundSeit 1993 können bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule(verursacht durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch Tätigkeiten inextremer Rumpfbeugehaltung) als Berufskrankheit BK 2108 anerkannt werden. In denzugehörigen Feststellungsverfahren sind zur Prüfung der arbeitstechnischenVoraussetzungen retrospektive Erhebungen zur beruflichen Belastung durchzuführen.Die Einzelbelastungen– quantifiziert durch die Druckkraft auf die Bandscheibe L5-S1 –werden dazu üblicherweise unter Berücksichtigung der Einwirkungsdauer und derHäufigkeit zu einer „Tagesdosis” bzw. „Lebensdosis“ kumuliert und mit entsprechendenRichtwerten verglichen (Mainz-Dortmunder Dosismodell: Jäger et al. 1999). DieAnwendung dieses Verfahrens im Bereich der Alten- und Krankenpflege erfordert dieKenntnis der Lendenwirbelsäulenbelastung insbesondere bei Tätigkeiten mitPatiententransfer. Die bisher in Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren von derBerufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) genutztenWerte für „sicher gefährdende Tätigkeiten“ wurden durch Expertenbewertungen ermittelt(Kuhn et al. 2001); in dieser Arbeit werden neue, durch messtechnische Erhebungenermittelte Werte vorgestellt.VorgehensweiseFür verschiedene Patiententransfers wurde die Wirbelsäulenbelastung überbiomechanische Modellrechnungen mit dem Computer-Simulationswerkzeug DerDortmunder (Jäger et al. 2000) zeitvariant und dreidimensional erhoben. Die alsEingangsgrößen für die Berechnungen benötigten Daten zu den Aktionskräften derPflegeperson sowie zu Körperhaltungen und -bewegungen von Pflegeperson und Patientwurden in Laboruntersuchungen mit Hilfe von speziell entwickelten Kraft- undKörperhaltungs-Messsystemen erfasst (Jordan et al. 2005, Theilmeier et al. 2005).ErgebnisseDie früheren Kennwerte der Wirbelsäulenbelastung aus Expertenbewertungen der BGWwurden mit entsprechenden aus den Messungen abgeleiteten Werten gegenüber gestellt(Tab. 1): Für die Bandscheiben-Druckkraft ergab sich, dass die messtechnischerhobenen Werte für die meisten der untersuchten Patiententransfers etwas höher liegenals bei den Expertenbewertungen. Für Tätigkeiten, die mit großen horizontalen451


P01Poster – Arbeitsphysiologie IAktionskraftkomponenten verbunden sind (beispielsweise „Höherlagern in Bett“),ergaben sich dagegen deutlich höhere Werte (Theilmeier et al. 2006).Als Zusammenfassung der Ergebnisse der Untersuchungen wurden aus denmesstechnisch gestützt erhobenen Werten der Bandscheiben-Druckkraft entsprechendeEmpfehlungen für die Prüfung der arbeitstechnischen Voraussetzungen abgeleitet, diemittlerweile in Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren zur BK 2108 genutzt werden.Literatur• Jäger M, Luttmann A, Bolm-Audorff U, Schäfer K, Hartung E, Kuhn S, Paul R,Francks H-P. Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) zur Beurteilung der Belastungder Lendenwirbelsäule durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durchTätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung bei Verdacht auf Berufskrankheit Nr.2108: Retrospektive Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder.Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 1999; 34: 101-111.• Jäger M, Luttmann A, Göllner R, Laurig W. Der Dortmunder: BiomechanischeModellbildung zur Bestimmung und Beurteilung der Belastung der Lendenwirbelsäulebei Lastenhandhabungen. In: Radandt S, Grieshaber R, Schneider W (Hrsg)Prävention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen. Monade,Leipzig 2000, S. 105-124.• Jordan C, Theilmeier A, Luttmann A, Jäger M. Erfassung derLendenwirbelsäulenbelastung bei Kranken- und Altenpflegetätigkeiten mitPatiententransfer. In: Brüning Th, Harth V, Zaghow M (Hrsg) Dialog zwischenbetrieblicher Praxis und arbeitsmedizinischer Wissenschaft. CD-ROM: Gentner,Stuttgart 2005, S. 429-433.• Kuhn S, Baumann W, Lang R, Wortmann N. MDD-Pflege – VorläufigeDosisberechnung (Gesundheitsdienst). In: BG für Gesundheitsdienst undWohlfahrtspflege (Hrsg). BGW, Hamburg 2001.• Theilmeier A, Jordan C, Luttmann A, Jäger M. Messtechnisch gestützte Erfassungvon Körperhaltungen und Aktionskräften zur Erhebung der Wirbelsäulenbelastung beiPflegetätigkeiten. Z Arbeitswiss 2005; 59: 162-171.• Theilmeier A, Jordan C, Wortmann N, Kuhn S, Nienhaus A, Luttmann A, Jäger M.Belastung der Lendenwirbelsäule von Pflegepersonen bei Patiententransfers –Kennwerte zur Nutzung in Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren. Zbl Arbeitsmed2006; 56: 228-251.452


P01Poster – Arbeitsphysiologie ITabelle 1: Kennwerte der Belastung der Lendenwirbelsäule bei Patiententransfers aus Expertenbewertungen(linker Teil) und aus Messungen (rechter Teil)Nr.1Kennwerte der Belastung der Lendenwirbelsäule bei Patiententransfers- Druckkraft auf L5-S1 in kN -... aus Expertenbewertungen... aus MessungenBK-Hin- Rückwegweg EmpfehlungBK-TätigkeitNr.TätigkeitEmpfehlungAufsetzen im Bett, ggf. mitAufrichten vom Liegen zum4,4 1a 4,4 3,7 4,1Hochstellen des KopfteilsSitzen bzw. zurückHochstellen des Kopfteils des1b4,8 3,9 4,4Bettes bzw. zurück2Aus dem Liegen zum Sitzenan der Bettkante bzw. zurück4,6 2Setzen aus dem Liegen an dieBettkante bzw. zurück4,2 5,9 5,13Von Bettkante in Stuhl o.ä.bzw. zurück5,7 3Umsetzen von der Bettkante inden Stuhl o.ä. bzw. zurück5,6 6,5 5,94Vom Sitzen in den Stand bzw.zurück4,6 4Aufrichten vom Sitzen in denStand bzw. zurück5,4 4,3 4,95In die Badewanne hinein- bzw.herausheben4,6 5Bewegen in die Badewannebzw. zurück* * *6789Im Bett höher lagern (auch zuzweit)Umlagern von Bett zu Bett,Liege o.ä. (zu zweit)Vom Boden aufheben (zuzweit)Bettpfanne unterschieben undentfernen4,6 6 Höherlagern im Bett 7,2 - 7,34,6 74,6 8a8b3,8 910 Bein anheben 3,0 10a11Tragen von Menschen (zuzweit), ggf. mit Hilfsmitteln10b5,3 11Umlagern von Bett zu Bett,Liege o.ä.Aufrichten aus dem Liegen amBoden zum SitzenAufrichten aus dem Sitzen amBoden in den StandUnterschieben der Bettpfannebzw. zurückAnheben eines Beines bzw.zurückAnheben beider Beine bzw.zurückTragen von Menschen, ggf.mit Hilfsmitteln* - *4,1 - 4,14,1 - 4,13,1 5,6 4,63,1 2,6 2,94,1 3,2 3,7* Daten werden derzeit erhoben- Der Rückweg ist kein Bestandteil der Tätigkeit453


P02Poster – Arbeitsphysiologie IEvaluation der Lumbalbelastung beim Absortieren vonFlugreisegepäck an zwei unterschiedlichen FlughafenförderbändernClaus Backhaus 1 , Karl-Heinz Jubt 1 , Lutz Altenburg 21 Referat mech. Einwirkungen / Ergonomie, Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen, Hamburg;2 Bezirksverwaltung, Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen, BerlinZusammenfassung:Die Studie vergleicht die Lumbalbelastung beim Absortieren von Flugreisegepäck anzwei unterschiedlich hohen Gepäckförderbändern mit Hilfe der OWAS-Methode und demMainz-Dortmunder-Dosismodell.Durch eine ergonomisch günstige Gestaltung wird die Belastung der Lendenwirbelsäuleum 33% reduziert.Situation:Für den Umschlag von Reisegepäck werden auf Verkehrsflughäfen Gepäckförderbändereingesetzt, die üblicher Weise Förderbandhöhen von 700-800 mm aufweisen. Bei derNeukonzeption einer Gepäckförderanlage wurde lediglich eine Förderbandhöhe von 460mm realisiert. Bereits nach kurzer Zeit traten vermehrt Lumbalbeschwerden bei denMitarbeitern auf. Die nachfolgende Studie quantifiziert die Wirbelsäulenbelastung beimAbsortieren von Flugreisegepäck von zwei unterschiedlich hohen Gepäckförderbändern.Methode:Als Belastungsgrößen werden das Lastgewicht und die Körperhaltung unter Lastaufgezeichnet. Die Datenerfassung erfolgt schichtbegleitend mit Hilfe despersonengebundenen CUELA-Messsystems [1]. Damit werden die Torsion, Beugungund (Seiten-)Neigung des Körperrumpfes, die Stellung der unteren Extremitäten und - alsMaß für die gehandhabten Lastgewichte - die Bodenreaktionskräfte des Probandenkontinuierlich aufgezeichnet.Um die Vergleichbarkeit der Daten zu gewährleisten, wird für jedes Gepäckförderbandeine Expositionssequenz von 20 Minuten Dauer erstellt.Die Quantifizierung der Wirbelsäulenbelastung erfolgt durch den Einsatz der OWAS-Methode [3], bei der, auf Grundlage der Körperhaltung und des Lastgewichts, auf dieGesundheitsgefährdung der Lastenhandhabung geschlossen wird (OWAS-Klasse 1 -geringe Belastung bis OWAS-Klasse 4 - sehr hohe Belastung).Zusätzlich wird in Anlehnung an das Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) [2] dieBelastung der Lendenwirbelsäule als Dosis der Druckkraft zwischen dem 5. Lenden- unddem 1. Sakralwirbel (L5/S1) berechnet.Ergebnis:Als Proband wird ein männlicher Mitarbeiter des Flughafens mit einer Körperhöhe von1,90 m (~85. Perzentil Mann) ausgewählt. Das niedrige Förderband ist in L-Form,454


P02Poster – Arbeitsphysiologie IAbnahmehöhe = 460 mm, Lagewinkel des Bandes 30°, angeordnet (Typ B). AlsReferenz wird an einem horizontal angeordnetem Förderband, Höhe = 770 mm,gemessen (Typ A). Die Ergebnisse der Messung sind in Abbildung 1 dargestellt. Dieberechnete Beurteilungsdosis beträgt 0,503 kNh für das hohe (Typ A) und 0,757 kNh fürdas niedrige (Typ B) Gepäckförderband.OWAS-Klasse 1OWAS-Klasse 2Typ B (niedrig)Typ A (hoch)OWAS-Klasse 3OWAS-Klasse 4Rücken: GeradeRücken: GebeugtRücken: Tordiert oderseitlich geneigtRücken: Gebeugt undtordiert oder seitl. geneigt0 25 50 75 Häufigkeit 100 [%]Abb. 1: Verteilung der ermittelten Rückenhaltungen und OWAS-MaßnahmenklassenSchlussfolgerung:Aus Abbildung 1 geht hervor, dass am hohen Förderband (Typ A) belastendeKörperhaltungen in deutlich geringerem Umfang auftreten als am niedrigen Förderband(Typ B). Dieser Unterschied zeigt sich auch in den ermittelten Beurteilungsdosen. Durchdie horizontale Ausrichtung des Förderbandes und einer Anhebung um 310 mm wird dieBeurteilungsdosis L5/S1 um 33% verringert.Literatur:[1] Ellegast R. : Personengebundenes Messsystem zur automatischen Erfassung vonWirbelsäulenbelastungen bei beruflichen Tätigkeiten. BIA-Report 5/1998. Hrsg.:Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG), St. Augustin[2] Hartung E., Schäfer K., Jäger M., Luttmann A., Bolm-Audorff U., Kuhn S., Paul R.,Francks H.-P.: Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) zur Beurteilung der Belastungder Lendenwirbelsäule durch Heben und Tragen schwerer Lasten oder Tätigkeiten inextremer Rumpfbeugehaltung bei Verdacht auf Berufskrankheit Nr. 2108. Teil 2 -Vorschlag zur Beurteilung der arbeitstechnischen Voraussetzungen imBerufskrankheiten-Feststellungsverfahren. Arbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed.1999 Bd. 34, S. 112-122[3] Karhu O., Kansi P., Kuoriuka I.: Correction working postures in industry - A practicalmethod for analysis. Appl. Ergonomics, 1977 Bd. 8, Nr. 4, S. 199-201455


P03Poster – Arbeitsphysiologie IBesteht ein Zusammenhang zwischen Regenerations- undDegenerationsvorgängen und manueller Lastenhandhabung beiPatienten mit lumbalen Bandscheibenvorfällen?Annekatrin Bergmann 1 , Barbara Schumann 1 , Thomas Hoell 2 , Johannes Haerting 11 Institut für medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale; 2 Neurochirurgie, Krankenhaus Bergmannstrost, HalleManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor456


P04Poster – Arbeitsphysiologie IBewältigungsstrategien zur Kompensation hoher Wirbelsäulenbelastungenbei beruflichen TätigkeitenClaus Jordan 1 , Klaus-Helmut Schmidt 1 , Alwin Luttmann 1 , Matthias Jäger 11 Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund, DortmundZiel der StudieDie hier beschriebene Untersuchung geht der Fragestellung nach, wie Arbeitspersonenaktiv mit der Beanspruchung umgehen, die sie bei ihrer Tätigkeit empfinden (Jordan2004). Ziel der Untersuchung war die Ableitung und Prüfung von Hypothesen zuBewältigungsstrategien zur Selbststeuerung der wahrgenommenen Beanspruchung.Dazu wurden Daten aus früheren Erhebungen von Körperhaltungen undWirbelsäulenbelastungen auf der Basis von ganzschichtigen Felduntersuchungenaufbereitet und für diesen Ansatz genutzt.MethodeIn den Tätigkeitsfeldern „Baugewerbe“, „ Metallindustrie“, „IndustrielleFleischverarbeitung“ und „Müllentsorgung“ wurden für je zwei Schichten durchgängig dieKörperhaltungen und die ausgeübten Handkräfte der jeweils beobachtetenArbeitspersonen erhoben (Jäger et al. 1999a). Dies geschah mit einem speziell für dieErhebung großer Datenmengen, wie sie bei Ganzschichtuntersuchungen anfallen,entwickelten Klassierungssystem (Jordan et al. 1998). Dabei wurden alle Situationenerfasst und analysiert, in denen Lasten manipuliert wurden oder in denen der Oberkörperdeutlich vorgeneigt, seitgebeugt oder verdreht war. Die Wirbelsäulenbelastung wurde mitHilfe biomechanischer Simulationsrechnungen (Jäger et al. 2000) bestimmt; dasErgebnis waren zeitliche Verläufe von verschiedenen Kennwerten derWirbelsäulenbelastung, die genutzt wurden, um für die ausgewählten beruflichenTätigkeitsfelder Unterschiede in den Freiheitsgraden und Spielräumen fürAusführungsveränderungen zu identifizieren. Die eigentliche Hypothesenprüfung erfolgtedann getrennt für diese Tätigkeitsfelder mit unterschiedlicher externer Determinierung(„repetitiv” vs. „nicht repetitiv”).Die abgeleiteten Hypothesen beziehen sich auf die Strategien, die die betreffendenPersonen zur Anforderungsbewältigung einsetzen, um muskuloskelettaler Überlastungentgegenzuwirken. Es wurden zwei Kriteriumsvariablen zugrundegelegt: Die ersteKriteriumsvariable beinhaltet die Rumpfneigung, da sie die Höhe derWirbelsäulenbelastung wesentlich beeinflusst. Die zweite Kriteriumsvariable basiert aufIndikatoren der kumulativen Wirbelsäulenbelastung (Jäger et al. 1999b); in dieseKenngrößen gehen neben der Höhe der an der Wirbelsäule auftretenden Kräfte auch diejeweilige Häufigkeit und die Einwirkungsdauer ein (kumulierte Dosis). Entsprechend denAnnahmen des transaktionalen Stressmodells (Lazarus & Launier 1981) sollten beide457


P04Poster – Arbeitsphysiologie IKriteriumsvariablen Veränderungen im Bewältigungsverhalten indizieren, über die die imVerlauf einer Arbeitsschicht unterstellte Zunahme der Beanspruchung verringert wird.Für das Kriterium der Rumpfneigung wurde erwartet, dass stärker belastendeKörperhaltungen (mit großen Rumpfneigungswinkeln) im Schichtverlauf zunehmendweniger häufig und weniger lange eingenommen werden. Für die kumulativeWirbelsäulenbelastung wurde eine kontinuierliche Abnahme im Schichtverlauf erwartet.Diese beiden Effekte sollten zudem in Tätigkeitsfeldern mit großen Spielräumen fürAusführungsvariationen deutlicher ausfallen als bei stark extern determiniertenTätigkeiten. Der Nachweis der erwarteten Effekte erfolgte durch Regressionsanalysen,die eine Vorhersage der einzelnen Kriteriumsvariablen für die im stündlichen Abstandliegenden Berechnungspunkte erlauben.ErgebnisseDie Ergebnisse zeigen, dass sowohl bei den weitgehend extern determiniertenTätigkeiten als auch bei den Tätigkeiten mit größeren Spielräumen die Veränderung derRumpfneigung allenfalls eingeschränkt als Indikator für ein Bewältigungsverhaltenherangezogen werden kann. Die Kenngröße der kumulativen Wirbelsäulenbelastung(Belastungsdosis) erwies sich als deutlicher abbildungsempfindlich für einigehypothesengerechte Trends im Bewältigungshalten der untersuchten Personen.Beispielsweise war in einer Schicht des Hochbaus (Abb. 1) eine hochsignifikanteAbnahme der Belastungsdosis im Schichtverlauf zu erkennen (r 2 = 0,9475, T = -9,496, F= 90,173, p = 0,01). Darüber hinaus wurde ein Einfluss der Repetitivität auf den Einsatzvon Bewältigungsstrategien nachgewiesen.Schlussfolgerungen - Die Ergebnisse der Hypothesenprüfung zeigen, dass dasintegrative Maß der kumulierten Belastungsdosis ein besserer Prädiktor für dieAnwendung von Bewältigungsstrategien ist als die Rumpfneigung. Der Einfluss derRepetitivität auf den Einsatz der Bewältigungsstrategien konnte nachgewiesen werden.Insgesamt zeigten die Untersuchungen, dass Selbststeuerungsmechanismen zurReduktion muskuloskelettaler Belastungen eingesetzt werden.458


P04Poster – Arbeitsphysiologie IAbbildung 1: Beispiel für den zeitlichen Verlauf der für jeweils eine Stunde berechnetenkumulativen Wirbelsäulenbelastung (Belastungsdosis), normiert auf den höchsten Wert währendder Arbeitsschicht im Tätigkeitsfeld HochbauLiteratur• Jäger M, Luttmann A, Jordan C, Laurig W. Ganzschichtige Feldstudien zur Belastungder Lendenwirbelsäule bei berufsbedingten Lastenhandhabungen. Z. Arbeitswiss. 53,68-79, 1999a• Jäger M, Luttmann A, Bolm-Audorff U, Schäfer K, Hartung E, Kuhn, S, Paul R,Francks, H-P. Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) zur Beurteilung der Belastungder Lendenwir-belsäule durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durchTätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung bei Verdacht auf Berufskrankheit Nr.2108. Teil 1: Retrospektive Belastungsermittlung für risikobehaftete Tätigkeitsfelder,Arbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed., 34, 101-111, 1999b.• Jäger M, Luttmann A, Göllner R, Laurig W. Der Dortmunder - BiomechanischeModellbildung zur Bestimmung und Beurteilung der Belastung der Lendenwirbelsäulebei Lastenhandhabungen. In: Radandt S., Grieshaber R., Schneider W. (Hrsg)Prävention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen - 6. Erf.Tage. Monade Leipzig 2000, S 105-124.• Jordan C. Ermüdungsbedingte Veränderungen von Körperhaltung und kumulativerWirbelsäulenbelastung in Felduntersuchungen. Shaker Aachen 2004.• Jordan C, Jäger, M, Luttmann A, Dettmer U, Bongwald O, Laurig W. Belastung derLendenwirbelsäule bei ausgewählten beruflichen Tätigkeiten - DortmunderLumbalbelastungsstudie, Die BG, 342-348, 1998.• Lazarus R S, Launier R. Stressbezogene Transaktion zwischen Person und Umwelt:In: Nitsch J.R. (Hrsg) Stress – Theorien, Untersuchungen, Maßnahmen. Huber Bern,213-259, 1981.459


P05Poster – Arbeitsphysiologie IMehrstufendiagnostik von Muskel-Skelett-Erkrankungen in derarbeitsmedizinischen Praxis - überarbeitete Version 2005/2006Falk Liebers 1 , Joachim Grifka 2 , Oliver Linhardt 2 , Gustav Caffier 11 FB 3.4 "Arbeitsgestaltung bei physischen Belastungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen", Bundesanstalt fürArbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin; 2 Orthopädische Klinik, Universität Regensburg, BadAbbachMuskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) verursachen ca. ein Drittel der krankheitsbedingtenArbeitsausfallzeiten und stehen an erster Stelle der Arbeitsunfähigkeitsstatistiken. Füreine arbeitsmedizinische Beurteilung von Erkrankungen, Beschwerden undFunktionseinschränkungen durch MSE sind orthopädische Untersuchungen notwendig.Von Fachorthopäden (GRIFKA et al. 2001) wurde bereits 2001 im Auftrag der BAuA einerste Version eines mehrstufigen Untersuchungsprogramms entwickelt und evaluiert.Das Gesamtprogramm der Mehrstufendiagnostik besteht aus 4 Ebenen, die jeweils in 3Blöcke untergliedert sind (Block A - Inspektion; Block B - Halswirbelsäule, Schulter,Ellenbogen, Hand; Block C - Thoraxskelett, Brust- und Lendenwirbelsäule, Becken,Hüfte, Bein, Fuß). Die Ebene 1 (Check-up) und die Ebene 2 (Grunduntersuchung) desUntersuchungsprogramms wurden in Kooperation mit Betriebsärzten erarbeitet. DieseInstrumente zeichnen sich durch einen modularen Aufbau, eine hohe Aussagekraft,einen geringen Zeitbedarf, eine gute Dokumentierbarkeit sowie einen hohenBekanntheitsgrad der Untersuchungen aus. Diese Broschüre ist daher alsHandlungshilfe für den praktisch tätigen Arbeitsmediziner ausgelegt.Das Untersuchungsprogramm und die Anleitungen zur Durchführung der orthopädischenUntersuchungen wurde 2005 überarbeitet und in deutscher und englischer Sprachepubliziert (GRIFKA et al. 2005 und 2006). Es wird die überarbeitete Version desProgramms als klinisches Untersuchungsinstrument zur Untersuchung des Muskel-Skelett-Systems im Rahmen des G46 "Belastungen des Muskel-Skelett-Systems"vorgestellt.Die 2. Auflage der Mehrstufendiagnostik nach GRIFKA stützt sich auf den bewährtenAufbau der 1. Auflage. Erhalten geblieben ist die Gliederung in eine Check-up-Untersuchung und eine Grunduntersuchung sowie die Auswahl derEinzeluntersuchungen. Auf die parallele Darstellung der ablauforientierten und dergelenkbezogenen Zusammenstellung der Einzeluntersuchung wurde verzichtet.Präsentiert wird nur noch die gelenkorientierte Version mit den Blöcken "Inspektion","HWS-Schulter-Arm-Hand" sowie "Rumpfwirbelsäule-Thorax-Becken-Bein". DieFormulierung von Einzeluntersuchungen wurde präzisiert. Die Einzeluntersuchungenwurden nach Lokalisation bzw. speziellen Untersuchungen gruppiert (z.B. HWS-Region,460


P05Poster – Arbeitsphysiologie ISchulter-Region, Neurologie). Physiologische bzw. normale Befunde werden mit„unauffällig“ und pathologische Befunde mit „auffällig“ dokumentiert (siehe Abb.1 =Formular der Check-up-Ebene). Die Untersuchungsbögen wurden um Angaben zurPerson, anamnestische Angaben, die Möglichkeit zur Skizzierung von Befunden sowiedie Formulierung von Diagnosen ergänzt. Die Instruktionen zu denEinzeluntersuchungen in der Handlungsanleitung orientieren sich strikt an derGliederung der Einzeluntersuchungen in den Formbögen.Das lnstrumentarium soll dem Betriebsarzt eine standardisierte und systematischeklinische Untersuchung des Stütz- und Bewegungsapparates ermöglichen. Sie ist damitdie Basis für die fundierte Beratung von Arbeitnehmern unter Berücksichtigung derArbeitsbelastung. Dies eröffnet die Möglichkeit, Prävention durch Verbesserung derArbeitsbedingungen und Verhaltensänderungen der Arbeitnehmer gezielter einzusetzenund effektiver zu gestalten. Die standardisierte Untersuchung ist gleichzeitigVoraussetzung für die Schaffung epidemiologisch auswertbarer Datenbestände und fürLängsschnittbetrachtungen im Hinblick auf die Entwicklung von Muskel-Skelett-Erkrankungen.Literatur• J. Grifka, O. Linhardt, F. Liebers: Mehrstufendiagnostik von Muskel-Skelett-Erkrankungen in der arbeitsmedizinischen Praxis. - 2. Auflage. Bremerhaven:Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH 2005. (Schriftenreihe derBundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Sonderschrift, S 62), ISBN: 3-86509-404-X• J. Grifka, O. Linhardt, F. Liebers: Multi-step inventory for diagnostics ofmusculoskeletal disorders in the occupational medical practice. - 2. Edition.Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH 2006.(Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin:Sonderschrift, S 62), ISBN: 3-86509-404-X461


P05Poster – Arbeitsphysiologie IAllgemeine Angaben/PersonalienName, VornameGeburtstagDatum der UntersuchungUntersucherAnamnestische AngabenAllgemeinanamnese:Jetztanamnese:Ebene 1.AInspektion im Gehen und Stehen unauffällig auffällig Bemerkungen1 Gangbild, Hinken 2 Schulter-Nacken-Asymmetrie 3 Haltungsfehler/Skoliose 4 Beckenschiefstand 5 Beinachsenfehler (Varus, Valgus) 6 Fußdeformität (Fußgewölbe, Zehen) 7 Gelenkschwellungen 8 Narben, Finger-, Zehen oder Gliedmaßenverlustbei Auffälligkeiten > Ebene 2.AEbene 1.BUntersuchung von HWS, Schulter, Arm und Hand unauffällig auffällig BemerkungenHWS 1 aktive Beweglichkeit eingeschränkt Schulter- 2 Nackengriff/Schürzengriff eingeschränkt regionEllenbogen 3 aktive/passive Gelenkbeweglichkeit Hand/Handgelenkeeingeschränkt4 Epicondylus radialis/ulnaris druckschmerzhaft 5 aktive/passive Beweglichkeit eingeschränkt 6 Langfinger: Beuge-, Streck-, Spreizhemmung 7 Daumen, Oppositionsbewegung behindert 8 Veränderungen an der Greifhaut Neurologie 9 Sensibilitätsverluste bei Auffälligkeiten > Ebene 2.BEbene 1.CUntersuchung v. Rumpfwirbelsäule, Thorax, Becken und Bein unauffällig auffällig BemerkungenWirbelsäule 1 klopfschmerzhaft 2 Reklination schmerzhaft 3 Seitneigung schmerzhaft 4 Finger-Boden-Abstand > 20 cm Hüfte 5 Hüftbeweglichkeit eingeschränkt 6 Aufrichten aus der Hocke unsicher 7 Einbeinstand unmöglich oder unsicher Knie 8 Kniebeweglichkeit eingeschränkt 9 Patella-Reibegeräusche, Druckschmerz 10 Kniekontur verstrichen, Erguss Fuß 11 oberes Sprunggelenk: aktive Beweglichkeit eingeschränktNeurologie 12 Sensibilitätsverluste bei Auffälligkeiten > Ebene 2.CAbb.1: Mehrstufendiagnostik nach GRIFKA / Check-up Untersuchung/Ebene 1462


P06Poster – Arbeitsphysiologie IFunktionsuntersuchung des Bewegungsapparates in derArbeitsmedizin – Beispiel Untere ExtremitätMichael Spallek, Walter KuhnGesundheitsschutz, Volkswagen Nutzfahrzeuge, HannoverBeschwerden der unteren Extremität verursachen im arbeitsmedizinischen Alltag oftProbleme bei stehenden und knieend-hockenden Tätigkeiten sowie bei Arbeiten, die mitlangen Laufwegen verbunden sind. Akute Schäden im Bereich der Knie undSprunggelenke sind nahezu immer auf traumatische Einflüße aufgrund von Arbeits- oderSportunfällen zurückzuführen. Akutschäden mit funktionellen Defiziten schränken abernicht nur die aktuellen Einsatzmöglichkeiten ein, sondern erhöhen oft auch das Risiko inFolge davon vorzeitig an Arthorsen zu erkranken. Auch im Hinblick auf die derzeitigeDiskussion um die Anerkennung einer Gonarthrose als Berufskrankheit erleichtert einsystematischer und an den Funktionen der oberen Extremität orientierter zweistufigerUntersuchungsgang mit Screening und Funktionsdiagnostik in Verbindung mit einergezielten (Schmerz-) Anamnese die arbeitsmedizinische Beurteilung ganz wesentlich.Der vorgeschlagene Untersuchungsgang ermöglicht das Erkennen funktioneller Defizitean der unteren Extremtität (Knie-Sprunggelenksbereich) sowie das Einordnen derBeschwerden hinsichtlich relevanter Krankheitsbilder und zugehörigerDifferentialdiagnosen. Er ist modularer Bestandteil der funktionsorientierten körperlichenUntersuchungssystematik fokus®, die für die Wirbelsäule und die obere Extremitätbereits in 2004/2005 vorgestellt wurde. Arbeitsmedizinische Beurteilungen unterZuhilfenahme dieser fokus® Systematik ermöglichen aktuelle und im Hinblick auf dieverbleibenden Einsatzmöglichkeiten fundierte arbeitsmedizinische Aussagen. DieUntersuchungssystematik ist weiterhin geeignet, eine Entwicklung von einem„Normalzustand“ über progrediente Funktionsstörungen bis zu manifesten Erkrankungenüber einen längeren Zeitraum zu verfolgen; es können daher frühzeitig Störungenaufgedeckt und diagnostische, therapeutische oder rehabilitative Maßnahmen eingeleitetwerden.Bei der Screeninguntersuchung der unteren Extremität wird in erster Linie die aktiveFunktionsfähigkeit und Stabilität der gesamten unteren Extremität überprüft.Insbesondere die tiefe Hocke wie auch das Hüpfen auf einem Bein bieten eine sichereAbschätzung für Einsatzmöglichkeiten im Stehen, Knien oder Hocken insbesondere beievtl. bereits vorbestehenden Schäden, z.B. am Meniskus oder bei einemKreuzbandschaden. Die passive Überprüfung der Gelenkbeweglichkeiten bei derFunktionsdiagnostik im Knie und Sprunggelenk sowie die Ergänzung durch463


P06Poster – Arbeitsphysiologie IProvokationstestungen für Innen- und Außenbänder, Kreuzbänder und Menisken gebennotwendige Informationen über die Kniegelenksstrukturen für eine arbeitsmedizinischeBeurteilung (Abb.1)Knie-Sprunggelenk-RegionScreeningFunktionsdiagnostik( i üf i Li )Aktive Prüfung, im StehenPassive Prüfung, im LiegenKnieInspektion (Haltung, Asymmetrien…)Palpation (Patella, Innen- und Außenband)Hocke mit Ferse am Boden Extension / Flexion (5°-0°-150°)EinbeinstandValgus-/Varusstress (20° Beugung)Hüpfen auf einem Bein, wechselseitigSteinmann I (AR/IR in 90° Beugung)Zehen- / Fersenstand u. –gangLachmann-Test (15-30° Beugung)Stehen auf den FußaußenrändernApley-Test (grinding-distraction)M. quadriceps-TestSprunggelenkTalusvorschubAdduktion/Inversion/SupinationMalleolenkompressionstest„Klick“ - TestAbb. 1 Untersuchungsschema Untere Extremitäten (fokus®)Literatur(1) Spallek M., Kuhn W., Schwarze S., Hartmann B..: Arbeitsmedizinische Vorsorge beiBelastungen des Muskel-Skelettsystems Teil 2: Funktionsorientierte körperlicheUntersuchung (fokus© ) des Bewegungsapparates in der Arbeitsmedizin.Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 40 (4) 2005, S. 244-250(2) Konietzko J., Dupuis H., Letzel S. (Hrsg.): Handbuch der Arbeitsmedizin. 37.Erg.Lfg. 09/04, Ecomed Verlag Erlangen (2004) Kapitel I 5.1.7(3) Hartmann B., Spallek M., Libers F., Schwarze S., Linhardt O.: Leitfaden zurDiagnostik von Muskel-Skelett-Erkrankungen bei arbeitsmedizinischenVorsorgeuntersuchungen. Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 41 (1) 2006, S. 5-15464


P07Poster – Arbeitsphysiologie IMEDLIMS: Internetgestütztes arbeitsphysiologisches DatenmanagementsystemReinhard Vilbrandt 1 , Dagmar Arndt 2 , Steffi Kreuzfeld 1 , Matthias Weippert 1 , Regina Stoll 11 Institut für Präventivmedizin, Universität Rostock, Rostock; 2 Center for Life Science Automation, RostockZiel der StudieBei unterschiedlichsten Untersuchungen bezüglich tätigkeitsbezogener Beanspruchungwerden oftmals eine Vielzahl von physiologischen Parametern und Messwertenaufgezeichnet sowie subjektive und objektive Bewertungsmethoden eingesetzt. Datenaus Laboruntersuchungen werden durch vergleichende Tagesprofile im Feld ergänzt. Inder Regel muss eine Datenverdichtung erfolgen. Für die Anwendung undSchlussfolgerungen der Daten über die Belange der Untersuchungspopulation hinausmüssen die Daten statistisch analysiert werden.MethodenEs wurde ein System zur Unterstützung der Auswertung aufgenommener Datenentwickelt. Das System basiert auf einer zentralen Datenbank, in welche allephysiologischen Daten, z. B. Herzfrequenz, Blutdruck, und Atemgasparameter in einemeinheitlichen Format versuchsbezogen gespeichert werden. Diese Daten stammen vonzum Teil unterschiedlichen mobilen Messwertaufnehmern und werden automatisch überUploadmodule in die Datenbank gespeichert. Daneben werden Tätigkeiten undsubjektive Selbsteinschätzungen über ein Mobilfunktelefon mit geeigneter Softwareaufgezeichnet und automatisch an den Datenbankserver übertragen. Weitereversuchsbezogene Parameter und Werte können offline hinzugefügt werden.Bestimmte Daten können mit Hilfe von speziellen Auswerteroutinen vorausgewertetwerden. Eine solche Datenverdichtungsmethode ist die Spektralanalyse(Wavelettransformation) von Herzfrequenzintervallen. Beim Start der Analyse werdenVersuch, Intervall und eine Bezugsgröße für die Intervalltriggerung angegeben. NachAbschluss der Berechnungen werden die Daten in die Datenbank eingetragen und derNutzer über den Verlauf informiert.Ein spezielles Modul erlaubt die automatische Zusammenstellung von Versuchen zueiner Versuchsreihe. Darin können dann alle Parameter, welche in den Versuchenvorhanden sind, statistisch analysiert werden. Es werden dabei Bezugsgrößen,abhängige Größen und Zeitintervalle eingegeben. Die Ausgabe erfolgt in einemTextformat, welches z.B. über SPSS eingelesen und statistisch analysiert werden kann.ErgebnisseGrundsätzlich vereinfacht die teilautomatisierte Erhebung von physiologischenParametern, subjektivem Befinden und Arbeitsaufgabe die Durchführungarbeitsphysiologischer Untersuchungen. Der Datenzugang erfolgt über gesicherte465


P07Poster – Arbeitsphysiologie IInternetverbindungen. Eine gezielte Auswertung und Datenverdichtung ausgewählterParameter verringert die manuell notwendigen Eingriffe und stellt Ergebnisdaten schnellund übersichtlich zur Verfügung. Die Möglichkeit, Versuche in Versuchsreihenzusammenzufassen und gewünschte Parameter automatisch für eine statistischeAnalyse aufbereiten zu lassen, beschleunigt und verbessert die Auswertung dieserUntersuchungen.SchlussfolgerungenDas System wurde bereits für eine Reihe von Felduntersuchungen verwendet. Dabeiwurden u.a. Tagesprofile von einer Untersuchungsgruppe aufgezeichnet. WeitereUntersuchen umfassten manuelle, teilautomatisierte und vollautomatisierte Tätigkeiten ineinem biotechnologischen Laboratorium. Die Daten wurden mit Hilfe des dargestelltenSystems erfasst. Es folgte dann die Datenverdichtung der Herzschlagintervalle zuFrequenzspektren. Die anschließende statistische Analyse wurde mit Hilfe derautomatisch zusammengestellten Daten zeitsparend und effizient durchgeführt. Zukünftigkönnen aufgrund der modularen Konzeption des Systems weitere Aufbereitungs- undAnalysemethoden integriert werden.Abbildung 1: Übersicht MedLIMS466


P08Poster – Arbeitsphysiologie IIMuskel-Skelett-Befunde und Herz-Kreislauf-Risikofaktoren in derVorsorgeBernd Hartmann 1 , Dirk Seidel 21 Arbeitsmedizinischer Dienst, BG BAU, Hamburg; 2 Service Stelle f. statistische und epidemiologischeAuswertungen, BG BAU, HannoverProblem und Ziel der UntersuchungDer Zusammenhang zwischen Muskel-Skelett-Erkrankungen und Risikofaktoren fürHerz-Kreislauf-Erkrankungen wird aus pathophysiologischer Sicht diskutiert. Die Stärkedes vermuteten Einflusses wird unter den Bedingungen der arbeitsmedizinischenVorsorge analysiert.Methoden und MaterialDie Daten der arbeitsmedizinischen Vorsorge von 81.484 männlichen Beschäftigten derBauwirtschaft (1994 bis 2003 - mittleres Alter 36 Jahre) wurden analysiert. 38 % derUntersuchten waren 40 Jahre alt und älter. Es wurden Zusammenhänge zwischen denUntersuchungsbefunden am Muskel-Skelett-System und den RisikofaktorenÜbergewicht, Blutdruck, Hyperlipidämie und Harnsäure i. S. bei gleichzeitiger Kontrolledes Alters untersucht. Subjektiv klagen ab 45 Jahre 9 - 14% über Herz-Kreislauf-Beschwerden, 8 - 13% über Bluthochdruck und 6 - 10% über Brustschmerz beikörperlicher Belastung.Ergebnisse1. Die bei der Vorsorge erfassten Risikofaktoren eines metabolischen Syndromssind insbesondere bei den älteren Beschäftigten erheblich: Etwa 43% derBeschäftigten ab 45 Jahre haben einen Cholesterinspiegel i.S. >240 mg/dl, 26%Triglyzeride >210 mg/dl und 21% einen Harnsäurespiegel >7mg/dl. Zwischen 30und 35% haben einen Blutdruck >159 mm Hg systolisch bzw. >99 mm Hgdiastolisch. Nur der Raucheranteil sinkt von maximal 62% auf 43% bzw. 28%(Bild 1).2. Legt man bei Respektierung einer ggf. höheren aktiven Körpermasse vonBauarbeitern eine Überschreitung des BMI von 28,0 als Schwelle desÜbergewichts zu Grunde, dann sind bereits 12% der unter 25-Jährigen sowie45% der Beschäftigten ab 45 Jahre übergewichtig. Etwa 26% unter ihnen habeneinen BMI >30.3. Muskuläre schmerzhafte Befunde des Rückens treten in allen Regionen von derHWS bis zur LWS bei den Übergewichtigen mit einem BMI >30 seltener auf. DasÜbergewicht (BMI >30) steht jedoch in einem signifikanten Zusammenhang mitder erhöhten Häufigkeiten von Befunden an den unteren Extremitäten insgesamt(OR=1,16), darunter speziell an den Kniegelenken (OR=1,32) und an denSprunggelenken (OR=1,44).467


P08Poster – Arbeitsphysiologie II4. Cholesterin und Triglyzeride zeigen keine statistisch signifikante Beziehung zueiner erhöhten Befundrate an Rücken und Extremitäten. Die Häufigkeiten fürRücken- und Gelenkbeschwerden sind bei Personen mit erhöhtem Cholesterin-(>240 mg/dl) und Triglyzeridspiegel (>210 mg/dl) i.S. sogar deutlich geringer!5. Erhöhte Blutdruckwerte der Gelegenheitsmessungen, die oberhalb von 159 mmHg systolisch und / oder 99 mm Hg diastolisch liegen, sind bei den Beschäftigtenmit muskulären funktionellen Beschwerden am Rücken seltener zu finden.6. Bei Beschäftigten, die alle betrachteten Risikofaktoren gemeinsam aufweisen(nur 1,4%), findet sich kein signifikant erhöhtes Risiko einer der betrachtetenMuskel-Skelett-Erkrankungen. Ihre Beschwerdenhäufigkeit für Rücken- undGelenkbeschwerden liegt sogar signifikant unter der Rate der gesundenBeschäftigten.Schlussfolgerung• Der statistische Zusammenhang zwischen den Befunden am Herz-Kreislauf-System und am Muskel-Skelett-System ist schwach. Er reduziert sich weitgehendauf mechanisch wirksame Einflüsse zwischen Übergewicht und tragendenStrukturen der Extremitäten. Er kann als Nachweis der biomechanischenWirksamkeit bestimmter belastender Komponenten betrachtet werden.• Eine erwartete Multimorbidität älterer Beschäftigter, die sich in einer engerenstatischen Beziehung ausgedrückt hätte, wird wahrscheinlich durch healthyworker-Effekte,aber auch durch arbeitsbedingtes Training kompensiert, wie dernegative Zusammenhang zwischen den genannten Risikofaktoren undRückenbefunden bzw. Muskel-Skelett-Beschwerden zeigt.• Die teilweise in der wissenschaftlichen Literatur formulierte Hypothese, dassdirekte metabolische Effekte auf den Stoffwechsel der Strukturen des Muskel-Skelett-Systems einen erheblichen Einfluss auf die Entstehung chronischdegenerativerMuskel-Skelett-Erkrankungen ausüben, ist dagegen mit diesemglobalen methodischen Ansatz nicht zu bestätigen. Mögliche lokalemikrozirkulatorische und diffusionsabhängige Effekte in Knochen, Knorpel,Bandscheiben hätten somit allein eine schwache direkte Beziehung zurDegeneration und dürften sich eher in einem multidimensionalenReaktionskomplex von Anpassung und Überforderung bei unterschiedlichengenetischen Risiken für Erkrankungen niederschlagen.468


P08Poster – Arbeitsphysiologie II706050403020100Übergew icht - BMI >30 kg/m2Hypertonie - syst>160/diast >10061,159,9Raucheranteil54,9Cholesterin i. S. >240 mg/dlTriglyzeride i. S. >210 mg/dlHarnsäure i. S. > 7 mg/dl42,443,941,935,635,330,128,327,226,226,725,922,721,620,220,120,817,819,816,719,713,111,87,512,86,5 5,64,2


P09Poster – Arbeitsphysiologie IIAlters- und geschlechtsspezifische Arbeitsunfähigkeit durchdegenerative Muskel-Skelett-ErkrankungenFalk Liebers, Gustav CaffierFB 3.4 "Arbeitsgestaltung bei physischen Belastungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen", Bundesanstalt fürArbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), BerlinFragestellung:Arbeitsunfähigkeit (AU) in Deutschland wird häufig durch Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems (MSE) bedingt. In den Statistiken der Krankenkassen werden alters undgeschlechtsspezifische Darstellungen der Arbeitsunfähigkeit meist nur für breiteDiagnosegruppen und nicht für Einzeldiagnosen gegeben. In Hinblick auf dendemografischen Wandel sind zur Abschätzung des Präventionsbedarfs detailliertereAussagen zum Altersverlauf wichtig.Zielsetzung:Ziel ist die Darstellung und Differenzierung der alters- und geschlechtsspezifischenArbeitsunfähigkeit für degenerative Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) entsprechendder dreistelligen ICD-10-Kodierung (24 Diagnosen im Bereich M15 - M99 zzgl. G56 undI73) in der erwerbstätigen Bevölkerung in Deutschland.Methodik:Im Rahmen des Projekts F1996 wurden von der BAuA die aggregiertenArbeitsunfähigkeitsdaten des Jahres 2003 von vier gesetzlichen Krankenkassen (AOK,BKK, TK, GEK) mit Schichtung nach Beruf, Alter (5 Altersklassen zwischen 15 und 65Jahren) sowie Geschlecht angefordert und diagnose- sowie berufsspezifischausgewertet. Der Datenbestand bezieht sich auf insgesamt 18,5 Mio. erwerbstätigVersicherte (10,6 Mio. Männer und 7,9 Mio. Frauen) und hat damit eine hoheRepräsentativität. Berechnet wurde der altersbezogene Anstieg des Auftretens von AU-Fällen aufgrund von MSE entsprechend ICD-10 mit Differenzierung nach Geschlecht undAU-Fall-Häufigkeit (sehr seltenes bis sehr häufiges Auftreten, s. Abb. 1). Verglichenwurden die beiden oberen Altersklassen zu den beiden unteren. Der Altersverlauf vonAU wird für Häufigkeit von AU-Fällen dargestellt, da zwischen der Häufigkeit von AU-Fällen und der Dauer von AU-Zeiten eine enge Korrelation innerhalb der einzelnenDiagnosen besteht.Ergebnisse:Bei Männern fehlt eine altersbezogene Zunahme der AU-Fall-Zahl in den gelegentlich bisselten auftretenden Diagnosen M43, M65, M67, M79, M93, M99.Der Altersanstieg ist moderat (2-5fach) bei Mononeuropathien (G56),Kniebinnenschäden (M23), Deformitäten der Wirbelsäule und des Rückens (M40, M42),Spondylopathien (M47), sonstigen Krankheiten der Wirbelsäule (M50, M51, M53, M54)und des Weichteilgewebes (M70, M75, M76, M77). Lediglich Kniebinnenschäden (M23),470


P09Poster – Arbeitsphysiologie IISpondylosen (M47), Rückenerkrankungen (M51, M53 und M54), Schulterläsionen (M75)und sonstige Enthesiopathien (M77) sind im Alter häufig bis sehr häufig auftretende AU-Fälle.Altersabhängig sehr starke Steigerungen der AU-Fall-Zahlen (>5fach) zeigen sich beiDiagnosen, die bei jungen Männern sehr selten oder selten auftreten. Dies betrifftArthrosen (M15, M16, M17, M18, M19), Fibromatosen (M72) und peripherenGefäßerkrankungen (I73). (siehe Abb. 1)In der Gruppe der Frauen fehlt eine altersabhängige Zunahme der Zahl der AU-Fälle beiDeformitäten des Rückens (M43), Krankheiten der Synovialis und der Sehnen (M65,M67) und biomechanischen Funktionsstörungen (M99). Diese Diagnosegruppen führeneher nur gelegentlich zu AU-Fällen.Der Altersanstieg ist moderat (2 bis 5fach) bei Binnenschäden des Kniegelenks (M23),Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens (M40, M47, M50, M51, M53, M54),sonstigen Krankheiten des Weichteilgewebes (M70, M76, M77, M79) sowie beiChondropathien (M93).Ein starker Altersanstieg über fünffachen Anstieg der AU-Fälle findet sich vorrangig beiArthrosen (M15, M16, M17, M18, M19), peripheren Gefäßerkrankungen (I73),Mononeuropathien (G56), Osteochondrosen (M43) sowie Fibromatosen (M72) undSchulterläsionen (M75).Kniearthrosen (M17), Binnenschäden des Kniegelenks (M23), eine Reihe vonRückenerkrankungen (M51-M54, M47) sowie Enthesiopathien (M77) sind bei Frauen imAlter häufig bis sehr häufig Ursache für Arbeitsunfähigkeitsfälle.Diskussion:Die AU-Fall-Häufigkeit steigt nicht bei allen MSE mit dem Alter. Typisch für das höhereAlter sind Arbeitsunfähigkeitsfälle durch Arthrosen, Rückenerkrankungen undEnthesiopathien. Detaillierte Kenntnisse zur Häufigkeit und zum Altersverlauf von MSEsind eine wichtige Grundlage für die prognostische Bewertung von MSE beiArbeitnehmern.471


P09Poster – Arbeitsphysiologie IIAU-Fälle pro 1.000 erwerbstätig Versicherte .10001001010,10,01Abb. 1: Muskel-Skelett-Erkrankungen mit über 5fachem Anstiegder AU-Fallzahlen im Altersverlauf bei MännernMännerI73 M15 M16 M17 M18 M19 M72Diagnosegruppen (ICD X)15.-24. Lj.25.-34. Lj.35.-44. Lj.45.-54. Lj.55.-64. Lj.472


P10Poster – Arbeitsphysiologie IIPrävalenz und beeinflussende Kofaktoren von Beschwerden desBewegungsapparatesReinhard Bartsch 1 , Stefan Katzmann 1 , Gunter Spahn 2 , Rainer Schiele 11 Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität, Jena;2 Unfallchirurgie und Orthopädie, Praxisklinik EisenachZiel der Studie:Für Erkrankungen der Wirbelsäule ist die Datenlage relativ gut dokumentiert.Verlässliche epidemiologische Prävalenzdaten fehlen weitgehend für die degenerativenGelenkerkrankungen.Ziel der Untersuchung war es, das Patientengut einer Allgemeinpraxis hinsichtlich derPrävalenz von Beschwerden der Wirbelsäule und der Gelenke zu untersuchen. Es sollenPrädiktoren für das Entstehen von Beschwerden des muskulo-skelettalen Systemsgefunden und präventive Ansätze, die in den Praxisalltag integrierbar sind, entwickeltwerden.Methode:Vorbereitete Fragebögen wurden an Patienten ausgegeben. Die Teilnahme war freiwillig.Es wurden neben Angaben zu Alter und Geschlecht, anthropometrischen Daten, Datenzu Lebensumständen und -gewohnheiten auch Daten über Schmerzen im Bereich desBewegungsapparates erhoben. Anhand der Patientenkartei wurden relevanteBegleiterkrankungen zugeordnet. Zur Auswertung lagen die Fragebögen von 951Patienten vor. Die Auswertung erfolgte mit anonymisierten Daten. Ausgewertet wurdenmittels des SPSS-Statistikprogramms.Ergebnisse:Die Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden wurden insgesamt und nach Alter,Geschlecht, anthropometrische Daten, Lebensumstände, Lebensgewohnheiten,berufliche Belastung, Angabe von Schmerzen ausgewertet. Die Prävalenz vonWirbelsäulenbeschwerden betrug 56 %, die der Gelenkbeschwerden 50,1 %. Frauenleiden häufiger an Beschwerden des Bewegungsapparates als Männer.473


P10Poster – Arbeitsphysiologie II706057,05047,640302020,018,225,919,214,119,023,734,132,038,839,740,0männlichweiblich100bis 29 30 - 39 40 - 49 50 - 59 60 - 69 70 - 79 über 80Alt ersgruppen, geschlecht sabhängigAbb. 1 Prävalenz von Kniebeschwerden in Abhängigkeit von Alter und GeschlechtEin signifikanter Risikoindikator für die Entstehung von LWS-Beschwerden undBeschwerden des Schulter-, Knie- und Sprunggelenkes war ein zunehmender Body-Mass-Index. Das Kniegelenk wies die höchste Prävalenz hinsichtlich der Angabe vonBeschwerden auf. Kniepatienten leiden tendenziell häufiger an mit Adipositasassoziierten Erkrankungen. Raucher hatten tendenziell häufigerKniegelenksbeschwerden als Nichtraucher. Andere Lebensgewohnheiten, einschließlichBeruf, zeigten keine Assoziation mit dem Auftreten von Schmerzen des Kniegelenkes.1009087,5(n = 7)80706051,3(n = 20)504031,1(n = 133)37,0(n = 71)302019,3(n = 55)100bi s 24,9 25-29,9 30-34,9 35-39,9 über 40Body-M ass-Index [kg/ m²]Abb.2. Prävalenz von Kniebeschwerden in Abhängigkeit vom Body-Mass-IndexZusammenfassung:Weibliches Geschlecht, zunehmendes Alter, Übergewicht und Rauchen sindRisikoindikatoren für das Auftreten von Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden.Gewichtsreduktion und Rauchverzicht als beeinflussbare Faktoren könnten diePrävalenz derartiger Beschwerden senken.474


P11Poster – Arbeitsphysiologie IIBewegungstraining u. Ergonomie in der Lehrlings-Ausbildungam Bau (BELA-BAU)- Ergebnisse einer TeilnehmerbefragungBernd Jungclaus 1 , Emke Emken 2 , Jana Brandt 3 , Katharina Janssen 21 AMD - Zentrum Oldenburg, BG BAU, Oldenburg; 2 BAU-ABC Rostrup, Bad Zwischenahn; 3 AMD-ZentrumHannover, BG BAU, HannoverEinleitungSeit 1996 betreiben die Kooperationspartner AMD der BG BAU (Zentrum Oldenburg) undBAU-ABC Rostrup (Ausbildungszentrum der Bauwirtschaft) ein tätigkeitsbezogenesHebe-Trage- und Bewegungstraining für Lehrlinge 1+2BELA-BAU ist die Zwischenahner Form des bauspezifischen Rückentrainings 3+4undumfasst 12 Stunden. 10 bis 15 Lehrlinge bilden jeweils eine Teilnehmergruppe.Ziele von BELA-BAU :ein Rücken- und Körperbewusstsein bei den Auszubildenden zu wecken und ihnen dieEntstehungsmechanismen von Rücken- und Bandscheibenerkrankungen aufzuzeigenbesonders belastende Tätigkeiten und Gewichte von Arbeitsmaterialien zu benennenergonomische Arbeitsmittel vorzustellen und in die Ausbildung die regelhafte Nutzungdieser Hilfen zu integrieren („Ergonomie-Sammlung“)Rücken- und Bauchmuskulatur zu trainieren und eventuell schon vorhandeneVerkürzungen und Dysbalancen aufzudeckenDehntechniken und kleine Übungen für informelle Kurzpausen gemeinsam zu übenFragestellungDie Akzeptanz des Trainings bei den Auszubildenden, sowie Angaben zuvorbestehenden Beschwerden und zum Umfang der Beratung bei derJugendarbeitsschutz-Untersuchung vor Tätigkeitsaufnahme sollten erfragt werden.MethodeIm Ausbildungsjahr 2005/2006 haben 243 Auszubildende an dem Programmteilgenommen. (im BAU-ABC Rostrup und erstmals auch im ABZ Mellendorf). AlleTeilnehmer wurden am Ende der letzten Trainingsstunde gebeten, anonym einenFragebogen zur Bewertung auszufüllen. 190 Rückläufer konnten ausgewertet werden (nzu den einzelnen Fragen zwischen 182 und 190).ErgebnisseDie Abbildung zeigt einige Befragungsergebnisse. Weitere Resultate:45 % der Teilnehmer sagen, dass sie nach dem Training rückenschädigendeBelastungen besser erkennen können85 % sagen, der Kurs solle weitergeführt werden62 % sind vor Aufnahme der Lehre nach Jugendarbeitschutzgesetz untersucht worden,aber nur 355 sind speziell zu Rückenbelastungen beraten worden475


P11Poster – Arbeitsphysiologie II20 % geben an, bereits „häufig“ Rückenprobleme zu haben, 54 % sagen, das sei „selten“der Fall, nur 26 % kreuzen „gar nicht“ anSchlussfolgerungenDie Ergebnisse zeigen eine hohe Akzeptanz des Trainings bei den Lehrlingen und gebenHinweise auf Beratungsdefizite bei der Jugendarbeitsschutz-Untersuchung. Wir werdendas Training weiterführen und vermehrt arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungenmit individueller tätigkeitsbezogener Beratung für die Auszubildenden in der Frühphaseihres Arbeitslebens anbieten.Literatur:1. Jungclaus B, Emken E, Bürger J, Rempe C : Tätigkeitsbezogenes Hebe-Tragetraining für Lehrlinge des Tiefbaus. Tiefbau, 2001; 113 :33-342. Jungclaus B: Je früher, desto besser, BG BAU aktuell, 2006; 243. Dalichau D, Perrey R M, Solbach T, Elliehausen H-J: Erfahrungen bei derDurchführung eines berufsbezogenen Rückenschulmodells im Baugewerbe, ZblArbeitsmed 1998; 48: 72-804. Handbuch Bauspezifisches Rückentraining. Arbeitsgemeinschaft der Bau-Berufsgenossenschaften (Hrsg.) Frankfurt/Main, 1999476


P12Poster – Arbeitsphysiologie IIBeschwerdeprofile bei Bus- und LKW-Fahrern - Ergebnisse einerSekundäranalyseMartina Michaelis 1 , Matthias Nübling 1 , Ulrich Stößel 21 FFAS, Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin, Freiburg; 2 Universität Freiburg, AbteilungMedizinische SoziologieZiel dieser Studie ist es, zu prüfen, in welchen Bereichen sich gesundheitlicheBeanspruchungen bei Berufskraftfahrern von der Allgemeinbevölkerung unterscheiden.Material und MethodenAn Hand der umfangreichen Daten der BIBB-IAB Strukturerhebung 1998/99(Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn; Institut für Arbeits- und Berufsforschung,Nürnberg: „Erwerb und Verwertung beruflicher Qualifikationen“) mit rund 30.000 Fällenwurde eine Sekundäranalyse durchgeführt. Für LKW-Fahrer (n=481, Alter 41±10 Jahre)und Busfahrer (n=110, Alter 44±10) wurde die Prävalenz von insgesamt 21 Einzelitemszu Gesundheitsbeschwerden mit den Werten für die berufstätige Allgemeinbevölkerung(n=29.231, Alter 40±11 Jahre) verglichen. Die Einzelitems wurden mittels einer FaktorenundReliabilitätsanalyse zu drei Beschwerdefaktorenindices zusammengefasst: 1.körperliche, d.h. bezogen auf den Bewegungsapparat, 2. psychosomatische und 3.„sonstige“ Faktoren 1 und ebenfalls zwischen den Gruppen verglichen (zur Methodiksiehe Nübling et al. 2003 (1)).ErgebnisseBeide Fahrergruppen geben signifikant häufiger körperliche Beschwerden an als dieübrigen Befragten (Index, 23 bzw. 22% gegenüber 18%, PRR 1.3 bzw. 1.2). In derEinzelitemanalyse betrifft dies Lendenwirbelsäulenbeschwerden (57 bzw. 50%gegenüber 36%); Busfahrer sind darüber hinaus häufiger von Beschwerden im Schulter-Nackenbereich betroffen (38% vs. 29%), LKW-Fahrer von Beschwerden im Hüftbereich:8% vs. 5% (siehe Abbildung 1).Der psychosomatische Beschwerdeindex und auch die dazugehörigen Einzelitems sindnicht auffällig erhöht (12 bzw. 11% gegenüber 12%). Das Gleiche gilt für „sonstige“Beschwerden (3 bzw. 2% gegenüber 4%).1 Körperliche Faktoren: Schmerz unterer Rücken, Nacken, Schulter, Armen, Hände, Hüfte, Knie,Beine. Psychosomatische Faktoren: Kopfschmerzen, nächtliche Schlafstörungen, allgemeineMüdigkeit, Mattigkeit, Magen-, Verdauungsbeschwerden, Nervosität, Reizbarkeit,Niedergeschlagenheit. „Sonstige“ Faktoren: Herzschmerzen, -stiche, Atemnot, Husten, Laufen derNase, Niesreiz, Augenbrennen, -schmerzen, Hautreizungen, Ohrgeräusche, Hörverschlechterung,Schwindelgefühl477


P12Poster – Arbeitsphysiologie II60%Prävalenz50%40%30%20%alle and. BerufeBusfahrerLKW-FahrerSign. Differenzen (p


P12Poster – Arbeitsphysiologie IILiteratur5. Nübling, M.; Hasselhorn, H.-M. ; Hofmann, F.: Berufsassoziierte Beschwerdeprofilebei älteren Arbeitnehmer – eine Sekundäranalyse. In: Scheuch K, Haufe E (Hrsg):Verhandl. der Dtsch. Ges. Arbeits- und Umweltmed. (43). Rindt-Druck, Fulda 2003,194-1976. Winkleby, M.A.; Ragland, D.R.; Fisher, J.M.; Syme, S.L.: Excess risk of sickness anddisease in bus drivers: A review and synthesis of epidemiological studies. Int. J.Epidemiol. 17 (1988), 2, 255-627. Schäfer, T.; Steininger, S.: Krankheiten und Berufsverläufe von Kraftfahrzeugführerndes Straßengüterverkehrs. Bremerhaven: Verlag für neue Wissenschaft 1989(Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitschutz, Fb 558)8. Kompier, M.A.J.; di Martino, V.: Review of bus drivers’ occupational stress and stressprevention. Stress Med. 11 (1995), 253-629. Ellinghaus, D.; Steinbrecher, J.: Lkw im Straßenverkehr – Eine Untersuchung überdie Beziehungen zwischen Lkw- und Pkw-Fahrern. UNIROYAL-Verkehrsuntersuchung 27, 2002479


P13Poster – Arbeitsphysiologie IIEntscheidungsbäume zur Prädiktion des Hörverlusts bei 4 kHzEva Haufe 1 , Klaus Scheuch 1 , Bernd Hartmann 21 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus derTechnischen Universität Dresden, Dresden; 2 Arbeitsmedizinischer Dienst, BG BAU, HamburgEinleitungBereits Talbott et al. (1985) kommen zu dem Schluss, dass neben der Lärmexpositionprädisponierende Faktoren, wie etwa die Arteriosklerose die Entwicklung derLärmschwerhörigkeit beschleunigen. Heuchert&Enderlein (1990) gehen davon aus, dassdas Vorhandensein einer Hypertonie die Suszeptibilität für das Auftreten eineslärminduzierten Hörverlusts erhöht. Neuere Untersuchungen (Suzuki, Kaneko&Murai,2000; Erdem et al., 2003; Haufe, Hartmann&Scheuch, 2006) an unterschiedlichumfangreichen Probandenkollektiven geben Hinweise auf Zusammenhänge zwischenmetabolischem Status und Hörminderungen im 2-6 kHz-Bereich. Der vorliegende Beitraggeht der Frage nach, ob bei Beschäftigten mit kardiovaskulären Risikofaktoren und/odermetabolischem Syndrom in Abhängigkeit von der arbeitsbedingten Lärmbelastungausgeprägtere Hörminderungen als bei Personen ohne Herz-Kreislauf-Prädispositionauftreten. Datenbasis des Beitrages sind dabei Vorsorgeuntersuchungen nach demarbeitsmedizinischen Grundsatz G20 bei Beschäftigten der Bauwirtschaft aus denJahren 1991 bis 2002.Material und MethodenPopulation: 81.412 Männer, 18-65 Jahre alt, audiometrische Untersuchung (Luftleitung).Befunde mit einseitiger Schwerhörigkeit in folgendem Sinne: Differenz der Hörfähigkeitzwischen rechtem und linkem Ohr in mindestens einer der Frequenzen0,5/1/2/3/4/6/8kHz größer als 20dB, wurden ausgeschlossen. Es wurden mittlereHörverluste (HV) aus der Hörfähigkeit des linken und des rechten Ohres verwendet.Statistik: Als Verfahren zur Ermittlung der Haupteinflüsse auf den HV bei 4kHz kamenCHAID-Analysen (χ² Automated Interaction Detector, SPSS AnswerTree V. 3.1), wegender Altersabhängigkeit der einbezogenen Parameter geschichtet nach Altersgruppen in10-Jahres-Schritten, zum Einsatz. Dabei wurden folgende Einflussfaktoren betrachtet:Grad der Lärmbelastung am Arbeitsplatz, definiert durch berufsgruppenbezogenedurchschnittliche Schalldruckpegel: bis 80dB(A), 81-89dB(A), ab 90dB(A), systolischerund diastolischer Blutdruck: Grenzwerte 140/90mmHg, Übergewicht: BMI>25kg/m²,ausgewählte Laborparameter: HDL- (250mg/dl),Triglyzeride (>200mg/dl), Glukose (>110mg/dl), Harnsäure (>8mg/dl).ErgebnisseIn den fünf betrachteten Altersgruppen ergeben sich unterschiedlich strukturierteEntscheidungsbäume für die Zielgröße HV bei 4kHz. In der Altersgruppe bis 25 Jahre ist480


P13Poster – Arbeitsphysiologie IIder BMI der einzige Einflussfaktor: Übergewicht ist mit größeren Hörverlustenverbunden. Für Personen im Alter von 26 bis 35 Jahren ist der BMI der wesentlichsteEinflussfaktor auf den HV. Bei Normalgewichtigen ist höherer HV danach direkt mit derLärmbelastung über 90dB(A) assoziiert, weitere Faktoren wirken nicht. FürÜbergewichtige beeinflussen außer der Lärmexposition auch HDL- bzw.Gesamtcholesterol den Hörverlust bei 4kHz. In den höheren Altersgruppen erweist sichdie Exposition gegenüber Lärm als erster Prädiktor. Die Fortsetzung derEntscheidungsbäume ist jedoch altersgruppenspezifisch unterschiedlich. Altersgruppe 36bis 45 Jahre: Bei Pegeln ab 90dB(A) erleiden Personen mit erhöhtem diastolischemBlutdruck signifikant höhere HV als Normotoniker. Bei mittlerer Lärmbelastung wird derHV durch den BMI, gefolgt von verschiedenen Stoffwechselparametern und demsystolischen Blutdruck beeinflusst. Für eine Lärmexposition unter 80dB(A) ergibt sich einZusammenhang von HV und Harnsäurespiegel. Altersgruppe 46 bis 55 Jahre (Abbildung1): Die höchsten Hörverluste erleiden Personen mit pathologischen Werten desCholesterols und der Harnsäure, die mittleren Lärmbelastungen unterliegen. DieHörverluste übertreffen diejenigen der am höchsten Lärmexponierten. Der Blutdruck hatin dieser Altersgruppe keinen Einfluss auf den HV. In der Altersgruppe ab 56 Jahrelassen sich keine Zusammenhänge von HV und laborchemischen Parametern oderBlutdruck nachweisen. Hörverluste sind direkt mit dem Grad der Lärmexpositionassoziiert: Hoch Belastete erleiden auch den höchsten HV. Bei einer Lärmbelastung bis80dB(A) ist zusätzlich der BMI von Bedeutung.Diskussion und SchlussfolgerungenDer eingesetzte CHAID-Algorithmus bietet gegenüber den von vielen Autoren genutztenRegressionsanalysen den Vorteil der Robustheit und der Übersichtlichkeit: Die Variable,die die stärkste Wirkung hat, wird als erste verzweigt. Die so konstruiertenEntscheidungsbäume zeigen das komplizierte Geflecht der Einflussfaktoren, das zudemdurch das Alter dominiert wird. Eine Kontrolle dieses Konfounders ist deshalbunabdingbar. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Einflussfaktoren auf den erlittenen HV -wie physiologische und Stoffwechselparameter - in den Altersklassen verschiedenbedeutungsvoll sind. Die Vorverlagerung von HV in den jüngeren Altersgruppen hängtwesentlich vom metabolischen Status ab. Hieraus ergeben sich wichtige Ansätze, denendie Prävention Rechnung tragen sollte.481


P13Poster – Arbeitsphysiologie IILiteratur• Erdem, T.; Ozturan, O.; Miman, M.C. et al. (2003): Exploration of the early AuditoryEffects of Hyperlipoproteinemia and Diabetes mellitus Using Otoacustic Emissions.Eur Arch Otorhinolaryn 260, 62-66.• Haufe, E.; Hartmann, B.; Scheuch, K. (2006): Berufliche Lärmbelastung,Hörminderung und Herz-Kreislauf-Risikofaktoren bei Beschäftigten in derBauwirtschaft. In: Wrbitzky, R.; Bader, M.: Dokumentationsband über die 46.Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong>. Stuttgart: Gentner Verlag, 436-439.• Heuchert, G.; Enderlein, G. (1990): Beziehungen zwischen chronischen Herz-Kreislauf-Krankheiten, Lärmexposition und lärminduzierten Hörstörungen. In: Meyer-Falcke, A.; Jansen, G. (Hrsg.): Bericht über die 29. Jahrestagung der DGAM.Stuttgart: Gentner Verlag, 127-131.• Suzuki, K.; Kaneko, M.; Murai, K. (2000): Influence of Serum Lipids on AuditoryFunction. Laryngoscope 110/10, 1736-1738.• Talbott, E.; Helmkamp, J.; Metthews, K. et al. (1985): Occupational noise exposure,noise-induced hearing loss, and the epidemiology of high blood pressure. Am JEpidemiology 121/4, 510-514.482


P13Poster – Arbeitsphysiologie IIAbbildung 1: Mittlerer Hörverlust bei 4 kHz: Entscheidungsbaum für die Altersgruppe 46 bis 55 Jahre483


P14Poster – Arbeitsphysiologie IIKlassische kardiovaskuläre Risikofaktoren und Herzrhythmusanalysebei einer Gruppe von PolizeibeamtenBeate Peter, Irina Böckelmann, Eberhard Alexander PfisterInstitut für Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität, MagdeburgZielstellung:Einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben vorzubeugen, ist ein wichtigesAnliegen der Arbeitsmedizin. Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) spielen in diesemZusammenhang eine führende Rolle. Das trifft besonders für die neuen Bundesländerzu, was in der höchsten bundesweiten Mortalitätsrate eines akuten Herzinfarktes inSachsen-Anhalt zum Ausdruck kommt.In aktuellen Gesundheitsberichten der Landespolizei Sachsen-Anhalt werden HKE alsein Schwerpunkt genannt. Daher erscheint die Berufsgruppe der Polizisten für derartigeUntersuchungen gut geeignet.Der vorliegende Teil einer Präventionsstudie soll die Altersabhängigkeit ausgewählterklassischer kardiovaskulärer Risikofaktoren (RF) überprüfen. Eine weitere Überlegungist, dass sich durch Verknüpfung dieser RF mit Ergebnissen der Heart Rate Variability(HRV)-Analyse Gefährdete eventuell besser detektieren lassen als mit den klassischenRF allein. Dafür soll die Eignung einer 24-Stunden-EKG-Aufzeichnung untersuchtwerden.Probanden und Methodik:Es wurden 83 freiwillige männliche Polizeibeamte der Polizeidirektion Magdeburg(Bereiche Schutz-, Kriminal-, Wasserschutz- und Autobahnpolizei) untersucht, von denen3 wegen Einnahme von Betablockern für die HRV-Analyse ausschieden. Das mittlereAlter betrug 42,6 ± 5,1 Jahre. Es erfolgte die Einteilung in zwei Altersgruppen (< 40 LJ; n= 24 und ≥ 40 LJ; n = 59).Neben der Bestimmung der laborchemischen RF aus Kapillarblut (System Reflotron)erfolgten Anamneseerhebung, körperliche Untersuchung, BMI- undBlutdruckbestimmung sowie Ruhe-EKG-Aufzeichnung.Die 24-Stunden-EKG-Erfassung (Gerät Reynolds-Tracker) erbrachte bei 73 Probandenvollständige Daten. Neben der konventionellen EKG-Analyse zur Beurteilung derGrundfrequenz sowie ventrikulärer und supraventrikulärer Arrhythmien wurden diegewonnenen RR-Intervalle einer HRV-Analyse unterzogen. Diese erfolgte im Zeitbereich,Frequenzbereich (Leistungsdichtespektrum nach schneller Fourier-Transformation) undPhasenbereich (Phasenraum- oder Lorenz-Plots).Ergebnisse:In Anlehnung an die PROCAM-Studie (Prospective Cardiovaskular Münster Study)wählten wir 10 kardiovaskuläre RF aus. Danach wurden die Probanden in zwei484


P14Poster – Arbeitsphysiologie IIRisikogruppen eingeteilt: HK 0 ohne und HK 1 mit kardiovaskulärem Risiko. 17 Polizistenentfielen auf die HK 0 (davon n = 6 < 40 LJ und n = 11 ≥ 40 LJ) und 66 auf die HK 1(davon n = 18 < 40 LJ und n = 48 ≥ 40 LJ).Zusätzlich erfolgte mit dem System Reflotron bei allen Probanden ≥ 40 LJ dieBerechnung des individuellen Herzinfarkt-Risikos durch Abfrage folgender definierter RF:Cholesterin-, Triglycerid-, HDL-Wert, systolischer Blutdruck, Lebensalter,Zigarettenrauchen, Diabetes mellitus, Angina pectoris und Herzinfarkt beiVerwandtschaft 1. Grades.Es gab 38 Raucher (n = 16 < 40 LJ, n = 22 ≥ 40 LJ) und 17 ehemalige Raucher (n = 2


P14Poster – Arbeitsphysiologie IISchlussfolgerungen:Die hier vorgestellten Verfahren zur Ermittlung der HRV auf Grundlage eines 24-Stunden- EKG´s und zur Bestimmung der klassischen Risikofaktoren können für denEinsatz in der betriebsärztlichen Praxis empfohlen werden. Bezüglich der HRV wird aufdie Leitlinie „Herzrhythmusanalyse in der Arbeitsmedizin“ der <strong>DGAUM</strong> verwiesen.Es ist festzustellen, dass ein Herz-Kreislauf-Risiko abgeleitet aus den klassischenRisikofaktoren nicht a priori mit einer verminderten HRV gekoppelt ist, obwohl beideFaktoren das HKE-Risiko bestimmen. Das kann nur bedeuten, dass es sich umeigenständige und relativ unabhängige Sachverhalte handelt.Bei Polizeibeamten und anderen Berufsgruppen mit hohem Krankenstand undFrühberentungen sollte im Rahmen der betriebsärztlichen Untersuchungen hinsichtlichHKE noch stärkerer Wert auf die präventivmedizinische Betreuung gelegt werden, zumaldie meisten kardiovaskulären RF individuell beeinflussbar sind.486


P15Poster – Arbeitsphysiologie IIDas Verhalten der Herzfrequenzvariabilität in einerLaborsituation und individuelle Bewältigung beruflichenStresses als Grundlage für Präventionsmaßnahmen vonPolizeibeamtenIrina Böckelmann, Erik Dietze, Eberhard Alexander PfisterInstitut für Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität, MagdeburgEinführungBekanntermaßen hat die individuelle Verarbeitung beruflichen Stresses eine wichtigeBedeutung bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Polizeibeamte sind mitteilweise extremen beruflichen Stresssituationen konfrontiert, was einen hohenGesundheitsrisikofaktor darstellt. Daher liegt es nahe, dass das spezifischearbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebensmuster der Beamten ermittelt werden müsste,um präventiv ansetzen zu können. Erhöhte Anstrengung ist mit einer gesteigertenAktivierung des Herz-Kreislauf-Systems verbunden. Diese Umstellungsreaktion setzt einflexibles autonomes/vegetatives Nervensystem voraus. Die Herzfrequenzvariabilität(Heart Rate Variability – HRV) ist als Maß zur Charakterisierung neurovegetativerZustände des Organismus ausreichend belegt. An einem Kollektiv von freiwilligenPolizeibeamten sollte im Rahmen einer Präventionsstudie zur Herz-Kreislauf-Gefährdungsowohl deren individuelles HRV-Verhalten unter mentalen Provokationstests in einerLaborsituation einschließlich der Erholungsfähigkeit nach der Belastung als auch derenStressbewältigungsfähigkeit mittels arbeitspsychologischer Verfahren analysiert werden.MethodenEs wurden 83 männliche Landespolizeibeamte aus Sachsen-Anhalt einbezogen, 3 vonihnen schieden wegen medizinischer Ausschlusskriterien für die weitere Auswertungaus. Die restlichen 80 Probanden wurden im psychophysiologischen Labor untersucht.Von denen lagen aber nur bei 70 vollständige Datensätze der HRV vor. Das mittlere Alterdieser 70 Polizeibeamten betrug 42,5 ± 5,2 Jahre (30,7 – 56,0). Ein positives Votumdurch die Ethikkommission der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-UniversitätMagdeburg bestand.Es wurde eine umfangreiche arbeitspsychologische Befragung durchgeführt, wobei hiernur auf die Ergebnisse aus dem Verfahren „Arbeitsbezogenes Verhaltens- undErlebensmuster“ (AVEM) und dem „Stressverarbeitungsfragebogen“ (SVF) eingegangenwird. Die Analyse der HRV erfolgte im Zeit- und Frequenzbereich mittels System HeartRhythm Scanner Biocom (Biocom Technologies, USA) aus online gewonnenenHerzaktionsdaten.487


P15Poster – Arbeitsphysiologie IIErgebnisseMit einer Zuordnungswahrscheinlichkeit über 95 % konnten nur 23 Beamte eindeutig ineinen der AVEM-Typen A, B, G und S eingeteilt werden. In den gesundheitsgefährdenenTyp A fällt gar keiner und in B fallen nur drei. Dagegen waren jeweils 10 Polizeibeamtenvom gesundheitsförderlichen Typ G und Schontyp S. Nimmt man die Einteilung nachsog. Mischtypen mit überwiegender Zuordnungswahrscheinlichkeit zu einer AVEM-Gruppe vor, findet man für 76 Beamte folgendes: A 18,4 %, B 22,4 %, G 27,6 % und S31,6 %. Im Zusammenhang mit der AVEM-Typzugehörigkeit wurden die Ausprägungender SVF-Kategorien ausgewertet. Drei der 20 Kategorien zeigten eine besonders hoheAusprägung: Situationskontrollversuch, positive Selbstinstruktion undReaktionskontrollversuch, wobei diese Kategorien bei den gesundheitsschonendenGruppen S und G verglichen zur Gruppe B besonders deutlich waren. Die Probanden mitdem G- und S-Muster demonstrierten die negativen und positivenStressbewältigungsstrategien sehr unterschiedlich.RuheErholungLF/HFA B G SAVEM-GruppenAbb. 1: Koeffizient der sympatho-vagalen Balance LF/HF in der Ruhe- und Erholungsphase derpsychometrischen Labortestbatterie bei den vier AVEM-GruppenBei allen einbezogenen Studienteilnehmern wurde während verschiedener 5-minütigerVersuchsphasen (Ruhe, Belastungsphasen in Form mentaler Tests und Erholung) derzeitliche Verlauf der Herzfrequenz (Hf) und der HRV-Parameter als sehr starkunterschiedlich beobachtet. In Ruhe zeigten 51 Polizisten (72,9 %) eine im Normbereichliegende HRV, die Variabilitätsmaße der anderen 19 Probanden (27,1 %) wichen vondem Normbereich ab. Insgesamt wurde erkannt, dass das Erholungsgeschehen derHerzrhythmusparameter nach Beendigung der psychometrischen Tests bei allen488


P15Poster – Arbeitsphysiologie IIuntersuchten Probanden deutlich verlangsamt ist, besonders bei der AVEM-Gruppe A(Abb. 1). Die 5-minütige Erholungspause war nicht ausreichend, da die Hf und HRV-Parameter ihren Ausgangswert (Wert in der Ruhephase vor der Provokation) erreichen.Im Durchschnitt lagen die IBI-Intervalle bei 803,1 ± 117,6 ms (Erholung) gegenüber 833± 123,8 ms (Ruhe) bzw. die SDNN-Werte bei 59,0 ± 28,8 (Erholung) vs. 52,9 ± 24,2 ms(Ruhe). Der Koeffizient der sympatho-vagalen Balance (Low Frequency Band/HighFrequency Band = LF/HF), ein Parameter aus der HRV-Analyse im Frequenzbereich,betrug in der Erholungsphase 6,3 ± 4,6 vs. der Ruhephase 4,5 ± 3,7, was noch für einedeutliche Sympathikusführung des Herzens zu diesen Erholungszeitpunkt spricht.SchlussfolgerungenDie individuelle Stressverarbeitung, die sehr mit dem arbeitsbezogenen Verhaltens- undErlebensmuster zusammenhängt, und die Auslenkung der HRV-Parameter bei derAbsolvierung mentaler Provokationen im Labor können eine Grundlage für eineGesundheitsvorsorge von Arbeitspersonen sein, die sehr stark beruflichem Stressausgesetzt sind. Daher ist die Anwendung der einbezogenen Verfahren auch demPolizeiärztlichen Dienst anzuraten. Die vegetative Reaktivität einer Person als einewichtige organismische Ressource, ausgedrückt durch die HRV, und die individuelleStressbewältigungsfähigkeit sind langfristig präventiv zu beeinflussen. Das setztallerdings die Partizipation der Betroffenen voraus. Unsere Untersuchungsergebnissesind über den Polizeikörper hinaus auch auf andere Bereiche der Arbeitsweltübertragbar, soweit das Vegetativum der Arbeitspersonen besonders gefordert ist.489


P16Poster – Arbeitsphysiologie IIEine Steh-Sitz-Dynamik bei Bildschirmarbeit reduziertBeschwerden *Britta Husemann, Carolin von Mach, Daniel Borsotto, Eva Böhler, Carola Seitz, JuttaScharnbacher, Kirsten Isabel Löffler, Luis Escobar-Pinzón, Stephan LetzelInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz*Die vorliegenden Ergebnisse sind Bestandteil der Dissertation von D. Borsotto.Einleitung:In Deutschland verbringen derzeit etwa 35% der Erwerbstätigen ihren Arbeitsalltag imBüro. Der Anteil der Büroarbeit, der im Sitzen verbracht wird, beträgt durchschnittlich80% der Arbeitszeit und mehr. Bewegungsmangel, der durch Büroarbeit begünstigt wird,ist ein wesentlicher Risikofaktor für die Entstehung von adversen Effekten im MuskelundSkelettbereich. Mehr als 60% der Büroangestellten klagen über Beschwerden imMuskel-Skelett-System [1,2].Fragestellung:Welchen Einfluss erzielte die Reduktion der im Sitzen verbrachten Arbeitszeit durch eineSteh-Sitz-Dynamik bei Bildschirmarbeit auf das körperliche und psychische Befinden?Methode:Probanden: 60 männliche, gesunde Studenten der Johannes-Gutenberg UniversitätMainzStudiendesign: experimentelle, kontrollierte Studie mit zufälliger GruppenzuordnungArbeitsaufgabe: Dateneingabe (Buchstaben und Ziffern) an einem PC-ArbeitsplatzIntervention: Steh-Sitz Dynamik, Kontrollgruppe (KG): Sitzanteil 75%Untersuchungsgruppe (UG): Sitzanteil ca. 50%Arbeitszeit: Dateneingabe erfolgte an insgesamt fünf aufeinander folgenden Arbeitstagenzwischen 08:30 Uhr und 12:30 UhrArbeitsort: Bildschirmarbeitsplatz mit höhenverstellbarem Arbeitstisch impsychophysiologischen Labor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin derJohannes Gutenberg-Universität Mainz, Deutschland.Zielparameter: Gießener Beschwerdebogen [3] (Punktsummen): Erschöpfung,Gliederschmerzen und Beschwerdedruck; Mehrdimensionaler Befindlichkeitsfragebogen[4] (Punktsummen): Gute-Schlechte Stimmung, Wachheit-Müdigkeit und Ruhe-Unruhe.Arbeitsleistung: Richtig eingegebene Zeichen pro Minute, Oberflächen EMG des M.trapezius (µV) und Herzfrequenz.Messzeitpunkte: Fragebögen: am Beginn und am Ende jedes Untersuchungstages.Arbeitsleistung, Oberflächen EMG und EKG während des gesamten Arbeitsablaufs.490


P16Poster – Arbeitsphysiologie IIFörderung: KSB-Aktiengesellschaft Stiftung - Frankenthal, Verwaltungsberufsgenossenschaft,Fa. LeuwicoEthikkommission: Die Studie erhielt ein positives Votum der Ethikkommission derLandesärztekammer Rheinland Pfalz (Bearbeitungsnummer 837.251.05(4909)).Ergebnisse:Gruppenverteilung: Das Alter der Studenten lag in der Kontrollgruppe im Median bei 23,5± 4 Jahren und in der Untersuchungsgruppe bei 25,0 ± 3,7 Jahren. Beide Gruppenhatten im Durchschnitt einen BMI von 23 kg/m² und Unterschieden sich nicht in derHäufigkeit der Ausübung von Sport oder dem Konsum von Alkohol. In derUntersuchungsgruppe waren mit 14 Personen signifikant mehr Raucher als in derKontrollgruppe mit 5 Rauchern.Gießener Beschwerdebogen (physisches Wohlbefinden): die Untersuchungsgruppe warweniger erschöpft (p=0,2), hatte weniger Gliederschmerzen (p=0,023) und insgesamteinen geringeren Beschwerdedruck (p=0,03) (Abb. 1a).Mehrdimensionaler Befindlichkeitsfragebogen (psychisches Wohlbefinden): dieUntersuchungsgruppe war etwas besser gelaunt, weniger müde und fühlte sich ruhigerals die Kontrollgruppe. Alle Unterschiede waren jedoch nicht statistisch signifikant(Abb.1b).Arbeitsleistung: Die Arbeitsleistung war, trotz zufälliger Gruppenzuordnung derProbanden, von Beginn an in der Kontrollgruppe signifikant besser. Aus diesem Grundwurde eine multivariate lineare Regression mit Adjustierung der Arbeitsleistung an dieAusgangswerte (Baseline) und weiteren potentiellen Einflussfaktoren durchgeführt. DieErgebnisse dieser linearen Regression zeigen, dass neben der Intervention noch dasRauchen, das Alter der Probanden und die Konzentrationsleistung am Anfang derUntersuchung den Gruppenunterschied mit erklären (Abb. 1c). Alle Probanden lernten inder Woche mehr richtige Zeichen einzugeben. Die Kontrollgruppe hatte einen größerenLernzuwachs als die Untersuchungsgruppe (p=0,046) (Abb. 1c).Herzfrequenz: In beiden Gruppen nahm die Herzfrequenz ab. In der Kontrollgruppe sankdie Herzfrequenz signifikant stärker als in der Untersuchungsgruppe (p=0,023) (Abb. 1c).Muskelbeanspruchung: In der Untersuchungsgruppe nahm die Muskelbeanspruchung imVerlauf der Woche signifikant ab (p=0,006).491


P16Poster – Arbeitsphysiologie IIAbb 1: Physiches Wohlbefinden (Gießener Beschwerdebogen), psychisches Wohlbefinden(Mehrdimensionaler Befindlichkeitsfragebogen), Arbeitsleistung (Richtige Zeichen minus derFalschen), Herzfrequenz (Schläge pro Minute) und Muskelbeanspruchung (µV). Dargestellt istdie Differenz Freitag minus Montag als Median ± IQR.Diskussion:Die Untersuchungsgruppe zeigte im physischen Bereich geringere Beschwerden. Auchwenn die Gruppenunterschiede nicht groß waren, so kann doch von einer biologischenBedeutung ausgegangen werden, in Anbetracht der Kürze der Intervention und desAlters der Probanden.Kognitive Leistungen sind in stabileren Körperhaltungen besser als in instabileren, d. h.im Sitzen besser als im Stehen, da die posturale Kontrolle kognitive Ressourcen inAnspruch nimmt [5]. Auch wenn in der vorliegenden Untersuchung kein signifikanterUnterschied zwischen der Arbeitsleistung im Sitzen und Stehen nachweisbar ist, soerscheint es vor diesem Hintergrund doch plausibel, dass die erhöhte kognitive492


P16Poster – Arbeitsphysiologie IIBeanspruchung beim aufrechten Stehen den Lernzuwachs in der Untersuchungsgruppebeeinträchtigen kann.Eine geringere Herzfrequenz ist bei zentraler Ermüdung beschrieben (trophotropeReaktionslage). Demnach könnte dies auf eine stärkere Ermüdung in der Kontrollgruppezurückzuführen sein. Dies wäre im Einklang mit der subjektiv erfragtenErschöpfungsneigung.Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass die Steh-Sitz-Dynamik zu einerVerringerung der Aktivität im Oberflächen-EMG führt. Dies steht im Einklang mit dengeringeren Beschwerden, die von den Probanden der Untersuchungsgruppe angegebenwurden.Ausblick:Die vorliegende Studie weist darauf hin, dass Haltungsmonotonie bei Bildschirmarbeitdurch den Einsatz einer Steh-Sitz-Dynamik vermindert wird. Eine Steh-Sitz-Dynamikkann somit zu einer ergonomischeren Arbeitsplatzgestaltung beitragen. Beschwerdendes Stütz- und Bewegungsapparates können reduziert werden.Literatur:[1] Jährlicher Bericht der Bundesregierung über den Stand von Sicherheit undGesundheit bei der Arbeit und über Unfall- und Berufskrankheitengeschehen in derBundesrepublik Deutschland 2003, Hrsg. Bundesministerium für Wirtschaft undArbeit (BMWA), Berlin (2005)[2] Schlüsselverzeichnis des faktisch anonymisierten Einzelmaterials des Mikrozensus2000. Hrsg. Statistisches Bundesamt, Wiesbaden (2003)[3] Brähler, E., Scheer, J. Der Giessener Beschwerdebogen (GBB). Bern, Stuttgart,Wien: Hans Huber Verlag (1983)[4] Steyer, R., Schwenkmezger, P., Notz, P., Eid, M. MDBF Der MehrdimensionaleBefindlichkeitsfragebogen Hogrefe-Verlag (1997)[5] VanderVelde, T.J., M.H. Woollacott, and A. Shumway-Cook, Selective utilization ofspatial working memory resources during stance posture. Neuroreport, 2005. 16(7):p. 773-7493


P17Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IPrädiktive Bedeutung der Mehl-spezifischen IgE-Antikörper imSerum von Bäckern für das Ergebnis von Expositionstests mitMehlenVera van Kampen 1 , Rolf Merget 1 , Ingrid Sander 1 , Monika Raulf-Heimsoth 1 , Sylvia Rabstein 1 ,Horst Christoph Broding 2 , Claus Keller 3 , Horst Müsken 4 , Axel Overlack 5 , Gerhard Schultze-Werninghaus 6 , Jolanta Walusiak 7 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 3 Pneumologische Praxis, Frankfurt; 4 Praxis Allergologie undPneumologie, Bad Lippspringe; 5 Allergologie, Lungen- und Bronchialheilkunde, Bonn; 6 Abteilung fürPneumologie, Allergologie und Schlaflabor, BG Kliniken Bergmannsheil, Bochum; 7 Institute of OccupationalMedicine, LodzEinleitungEs sollte überprüft werden, welchen Hinweis die Konzentration weizen- bzw.roggenmehlspezifischer IgE-Antikörper (sIgE) im Serum von symptomatischen Bäckernauf das Ergebnis des spezifischen Expositionstests mit Mehl gibt.MethodenVon insgesamt 125 Bäckern mit arbeitsplatzbezogenen Beschwerden (Rhinitis und/oderAtemwegsbeschwerden) wurden im Rahmen von Begutachtungen 71 Bäcker mitWeizenmehl bzw. 95 Bäcker mit Roggenmehl im spezifischen Expositionstestuntersucht. Mit Weizenmehl erfolgte dieser in zwei Fällen, mit Roggenmehl in siebenFällen nasal, ansonsten bronchial mittels Extraktinhalation bzw. alsarbeitsplatzbezogener Inhalationstest. Die Beurteilung der Expositionstests wurde vonden jeweiligen ärztlichen Gutachtern vorgenommen. In den Seren aller untersuchtenPersonen wurde die Konzentration des Weizenmehl- bzw. Roggenmehl-sIgE mittelsUniCAP (Phadia) quantifiziert. Mit dem Ergebnis des Expositionstests als „Gold-Standard“ wurden für jede Weizenmehl- bzw. Roggenmehl-sIgE-KonzentrationSensitivität, Spezifität sowie der entsprechende positive (PPV) bzw. negative prädiktiveWert (NPV) ermittelt. Das positive Votum der zuständigen Ethikkommission lag vor.ErgebnisseIm Expositionstest mit Weizenmehl reagierten 37 (52%), mit Roggenmehl 63 (66%) deruntersuchten Bäcker. Die sIgE-Konzentrationen waren bei Bäckern mit positivemExpositionstest sowohl im Falle von Weizenmehl (Median 2,32 kU/L) als auchRoggenmehl (Median: 3,30 kU/L) signifikant höher als bei denen mit negativemExpositionstest (Weizen- und Roggenmehl, Median: < 0,35 kU/L). Im Mittel lagen diesIgE-Konzentrationen für Roggenmehl über denen für Weizenmehl.Bei einer sIgE-Konzentration von ≥ 2,3 kU/L für Weizenmehl bzw. ≥ 9,6 kU/L fürRoggenmehl betrug der entsprechende PPV 100%, was bedeutet, dass alle Bäcker mitdiesen sIgE-Konzentrationen (Weizenmehl: n = 19, Roggenmehl n = 20) ein positivesErgebnis im Expositionstest zeigten. Im Gegensatz dazu betrug der NPV selbst bei einer494


P17Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IsIgE-Konzentration unterhalb von 0,35 kU/L lediglich 82% (Weizenmehl) bzw. 71%(Roggenmehl). Somit wiesen im Falle von Weizenmehl 5 Bäcker und im Falle vonRoggenmehl 8 Bäcker trotz eines negativen sIgE-Befundes ein positives Ergebnis imExpositionstest auf. Möglicherweise spielen in diesen Fällen irritative Mechanismen eineRolle.SchlussfolgerungIn den untersuchten Bäckern war eine erhöhte Mehl-sIgE-Konzentration von hoherprädiktiver Bedeutung für ein positives Expositionstestergebnis. Dies machtmöglicherweise den Expositionstest bei Bäckern mit eindeutiger in-vitro Sensibilisierunggegen Mehl entbehrlich. Vergleichbare Ergebnisse wurden in anderen Untersuchungengewonnen [1,2]. Hier waren die Ergebnisse der bronchialen bzw. oralenProvokationsteste mit Mehl bzw. verschiedenen Nahrungsmitteln gut anhand derErgebnisse des Hauttests vorhersagbar.Literatur1. Quirce S, Fernandez-Nieto M, Escudero C, Cuesta J, de Las Heras M, Sastre J.Bronchial responsiveness to bakery-derived allergens is strongly dependent onspecific skin sensitivity. Allergy 61(10); 2006; 1202-12082. Verstege A, Mehl A, Rolinck-Werninghaus C, Staden U, Nocon M, Beyer K,Niggemann B. The predictive value of the skin prick test weal size for the outcome oforal food challenges. Clin Exp Allergy 35(9); 2005; 1220-1226495


P18Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIdentifizierung von Gliadin als relevantes Bäcker-AllergenCordula Bittner 1 , Britta Graßau 1 , Karsten Frenzel 2 , Xaver Baur 11 Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg, Hamburg; 2 AngewandteMolekularbiologie der Pflanzen Klein Flottbek, Universität Hamburg, HamburgEinleitung:Das Bäckerasthma ist die häufigste Form allergischer arbeitsbedingter obstruktiverAtemwegserkrankungen, dennoch ist die Diagnostik bislang nicht ausreichendstandardisiert. Ursächliche Bedeutung wird vorwiegend den wasserlöslichenGetreideallergenen beigemessen. Die Diagnostik mittels Pricktest und IgE-Antikörperbestimmung basiert auf wasserlöslichen nativen Extrakten, wobeimöglicherweise nicht alle relevanten Allergene repräsentiert werden. WasserunlöslicheProteine wurden bislang nur als Auslöser von Nahrungsmittelallergien beschrieben, alsInhalationsallergene war ihre Bedeutung bislang nicht belegt.Ziel:Mit dem Ziel, neue Inhalationsallergene aus dem Weizenmehl zu identifizieren, haben wirunser Augenmerk auf das wasserunlösliche Gliadin gelegt. Es handelt sich um einSpeicherprotein, das im Weizen in 4 Isoformen (γβαΩ) vorliegt. Ein Kollektiv von 153Bäckerasthmatikern wurde mit Gliadin gescreent.Methoden:Mit Hilfe des Phage display wurden aus einer cDNA-Expressionsbibliothek ausWinterweizen (Triticum aestivum L.) verschiedene Weizenklone gefischt. Bei deranschließenden Sequenzierung eines Klons ergab sich das wasserunlöslicheWeizenprotein alpha/beta-Gliadin (Abb. 1). Im CAP wurden die Seren von 153asthmakranken Bäckern und 100 beruflich gegenüber Weizen nicht exponiertenKontrollen auf IgE-Antikörper gegen natives Gesamtgliadin (γβαΩ) gescreent.Ergebnisse:Mittels Phage display wurde alpha/beta-Gliadin als potentielles Inhalationsallergen fürdas Bäckerasthma identifiziert. Die serologische CAP-Analyse mit nativemGesamtgliadin ergab unter den getesteten asthma-kranken Bäckern eineSensibilisierungsrate von 33% (50/153) (Abb. 2a). In einem 100 Seren fassendenKontrollkollektiv waren nur 3% sensibilisiert.Unter den auf Gliadin positiv getesteten Seren (n=50) waren im Weizen-CAP 3/50 (6%)negativ getestet, d.h. hatten zu einem falsch negativen Ergebnis geführt.496


P18Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IAbb. 1: Proteinexpression und Aufreinigung von r α/β-GliadinGliadinPositive3%GliadinNegative67%GliadinPositive33%GliadinNegative97%Abb. 2a: Sensibilisierung gegen natives Gesamtgliadin unter 153 BäckerasthmatikernAbb. 2b: Sensibilisierung gegen natives Gesamtgliadin in der AllgemeinbevölkerungDiskussion:Für das Bäckerasthma spielen die wasserunlöslichen Gliadine offensichtlich einebedeutendere Rolle als bislang angenommen. Somit sollten die diagnostischen Tests mitwasserunlöslichen Proteinen und im speziellen den Gliadinen ergänzt werden, um eineausreichend sensitive Diagnostik zu gewährleisten.2ba497


P19Poster – Atemwege, Allergien, Stäube ILungenfunktion und Endotoxin-Exposition bei LandwirtenMarcus Bauer, Klaus Siegmund, Thomas Muth, Sieglinde SchwarzeInstitut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, DüsseldorfZiel der StudieEndotoxine sind toxische Zellwandprodukte von gramnegativen Bakterien und haben fürinfizierte Wirtsorganismen als Oberflächenantigene Bedeutung. Sie stellen auf Grunddes Umgangs mit biologischen Arbeitsstoffen eine typische Exposition bei Landwirtendar. Auf der Beanspruchungsseite werden Symptome des ODTS (Organic Dust ToxicSyndrome) und insbesondere eine Verminderung der Einsekundenkapazität (FEV1)beschrieben [1]. Die vorliegende Studie untersucht, ob der Endotoxingehalt der Luft inden Ställen einen Einfluss auf die leicht vor Ort zu ermittelndenLungenfunktionsparameter FEV1 und FVC der Landwirte hat.MethodenIn 5 Ställen (5 Höfe mit Milchvieh- und Schweinehaltung) erfolgte die Probennahmegemäß BIA 9450 (Air-Sampler: 3 x 50 min, 3.5 l/min), zur Quantifizierung derEndotoxingehalte in der Luft wurde der LAL-Test (Limulus-Amoebozyten-Lysat)eingesetzt. Bei n = 17 Landwirten (davon 16 Nichtraucher) wurde nach Beendigung derStallarbeit die Lungenfunktionsprüfung mittels Handspirometer 2120 (Vitalograph)durchgeführt. Für die Sollwertberechnung wurden die Formeln nach Quanjer et al. von1993 [2] verwendet.Einverständniserklärungen der Teilnehmer und positives Ethikvotum liegen vor.ErgebnisseDie Endotoxingehalte in 4 Milchkuhställen (2 mit Spaltboden und 2 mit Stroheinstreu)und einem Abferkelstall (Spaltboden) differieren sehr stark. Sie reichen von 25.0 EU/m³bis maximal 3926.0 EU/m³ nach maschinellem Einstreuen von Stroh (MW 607.0, s 659.0,Med 315.0). Die Außenluft-Werte sind sehr niedrig (MW 3.0, s 1.2, Med 3.5, Min 1.3,Max 4.4).Das Alter der zu 76.5% männlichen Landwirte liegt zwischen 18 und 73 Jahren (MW41.3, s 17.5, Med 35.7). Bei fast einem Drittel der im Mittel schon 20.7 Jahre in ihremBeruf Tätigen (s 19.4, Med 19.4, Min 0.3, Max 58.5) liegt die relative FEV1 unter 80%.Der Quotient aus Ist- und Soll-FEV1-Wert beträgt im Mittel 0.96 (s 0.14, Med 0.98, Min0.74, Max 1.22). Bei 23.5% der Teilnehmer liegt die FEV1 und bei 17.6 % die FVCunterhalb des 80%-Sollwertes. Mit steigender Endotoxinkonzentration nimmt derQuotient aus Ist- und Sollwert ab. Dies gilt für beide Lungenfunktionsparameter (FEV1: r= -0.76, p < 0.01, FVC: r = -0.82, p < 0.01) und ist unabhängig von derBeschäftigungsdauer. Das veranschaulicht Abb.1.498


P19Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IFEV1 - Qutient aus Mess- zu Sollwert1,251,000,750,500,25R² = 0.58r = -0.76 (Pearson)p < 0.01n = 17Kontrollierte Variable:BeschäftigungsdauerFVC - Quotient aus Mess- zu Sollwert1,301,201,101,000,900,80r = -0.82 (Pearson)p < 0.01n = 17Kontrollierte Variable:BeschäftigungsdauerR² = 0.640,000,700 250 500 750 1000 1250 1500Mittl. Endotoxingehalt der Luft im Stall (EU/m³)0 300 600 900 1200 1500Mittl. Endotoxingehalt der Luft im Stall (EU/m³)Abb. 1 Lungenfunktion und mittlere Endotoxinkonzentration der Luft im StallSchlussfolgerungenDie Empfehlungswerte von 50 EU/m³ [3] bzw. 100 EU/m³ [4] werden bei den meistenMessungen deutlich überschritten. Im Vergleich zu anderen Untersuchungen aus derLandwirtschaft sind bei unserer die Endotoxinkonzentrationen aber eher gering. Derhöchste Endotoxingehalt von fast 4000 EU/m³ steht im Zusammenhang mit bestimmtenTätigkeiten wie dem Einstreuen von Stroh. Unabhängig von der Beschäftigungsdauer hatdie Endotoxinkonzentration in der Luft der Kuh- und Schweineställe einen negativenEinfluss auf die Lungenfunktion der Bauern (FEV1 und FVC sollwertbezogen). NebenVeränderungen der Arbeitsabläufe und Einsatz von PSA sind bei Landwirtenregelmäßige Lungenfunktionsprüfungen im Rahmen einer arbeitsmedizinischenBetreuung dringend zu empfehlen.Literatur[1] Vogelzang PFJ, van der Gulden JWJ, Folgering H, Kolk JJ, Heederik D, Preller L,Tielen MJM, van Schayck CP: Endotoxin exposure as a major determinant of lungfunction decline in pig farmers. Am J Respir Crit Care Med 1998; 157: 15-18[2] Quanjer PH, Tammeling GJ, Cotes JE, Pedersen OF, Peslin R, Yernault JC: Lungvolumes and forced ventilatory flows. Report working party sta-dardization of lungfunction tests European Community for Steel and Coal. Official statement of theEuropean Respiratory Society. Eur Respir J 1993; 6 Suppl 16: 5-40[3] DECOS Dutch Expert Committee on Occupational Standards, a Committee of theHealth Council of the Netherlands: Health based recommended occupationalexposure limit: Endotoxins. Rijswijk The Netherlands 1998[4] Rylander R: Endotoxin in the environment – exposure and effects. J Endox Res2002; 8: 241 - 252Projekt wurde gefördert aus Mitteln des MWF NRW.499


P20Poster – Atemwege, Allergien, Stäube ICharakterisierung der Rinderallergenexposition in Niedersächsischenund Baden-Württembergischen RinderstallungenSiegfried Turowski 1 , Johannes Baur 2 , A Seeckts 1 , M Lange 1 , Robert Metzner 1 , HansjörgScheuermann 3 , Ernst Hallier 1 , Astrid Rita Regina Heutelbeck 11 Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität, Göttingen;2 TAD, LBG Baden-Württemberg, Achstetten-Stetten; 3 LTAD a. D., Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niedersachsen-Bremen, HannoverHintergrund:Der Strukturwandel in der Landwirtschaft mit zunehmender Spezialisierung begünstigtdie Investition landwirtschaftlicher Betriebe in moderne Boxenlaufställe zur Vergrößerungdes Tierbestandes. Die Auswertungen der Berufskrankheitenverfahren der letzten Jahrezeigen allerdings, dass nicht nur in herkömmlichen Anbindeställen (Warmstall), sondernauch unter modernen Haltungsbedingungen mit gut belüfteten Boxenlaufställen(Außenklimastall) die Entwicklung allergischer Atemwegserkrankungen durchRinderallergene bereits bei jungen Landwirten zu beobachten ist (Heutelbeck 2005). Zielder vorliegenden Untersuchung war die Erfassung des Rinderallergens Bos d 2 in derLuft im Stall im jahreszeitlichen Verlauf unter Berücksichtigung der Art derGebäudeanlage (Warmstall, Außenklimastall), der Stallbelegungsdichte sowie derVerteilung des Rinderallergens auf die verschiedenen Staubpartikelfraktionen.Methodik:In fünf herkömmlichen Anbindeställen (Warmstall) und sieben Boxenlaufställen mitAußenklima wurden während der Arbeitszeit Luftgesamtstaubmessungen mittels VC25(22,5 m 3 /h Luftdurchsatz), in zwei weiteren Stallungen Luftmessungen zur Erfassung derverschiedenen Partikelfraktionen mittels Respicon 8522 Particle Sampler (Flussrate 3,11l/min) durchgeführt. Die Staubbelegung der Filter (Cellulosenitrat 8 µm) wurde in 0,1 molAmmoniumhydrogencarbonat extrahiert und der Gehalt an Rinderallergen Bos d 2 mittelsELISA untersucht (modifiziert nach Virtanen 1986).Ergebnisse:Bezogen auf die Stallbelegungsdichte lagen die Bos d 2-Werte in den Warmställensignifikant höher (0,43 - 13,37; Ø 3,04 µg pro Tier) als in den Außenklimaställen (0,03 -7,72; Ø 1,23 µg pro Tier). Die Außenklimaställe wiesen aber pro m 3 Luft einendurchschnittlich höheren Bos d 2-Gehalt (2,1 µg/m 3 ) auf als die Warmställe (1,06 µg/m 3 )und waren im Gegensatz zu den Warmställen durch eine hohe Variabilität von Stall zuStall (0,08 bis 13,53 µg/m 3 ) geprägt, die sich insbesondere in der warmen Jahreszeitabzeichnete: der Bos d 2-Gehalt in der Luft der Außenklimaställe stellte sich in derSommermessung signifikant höher als in der Luft der Warmställe dar (p


P20Poster – Atemwege, Allergien, Stäube Imessbaren Rinderallergens in der Partikelfraktion < 10 µm zu finden.Schlussfolgerungen:In allen Haltungsformen, auch im offen gestalteten Boxenlaufstall mit Außenklima, sindhohe Rinderallergenmengen in der Luft zu detektieren. Dies erklärt die Entwicklung vonRinderasthma und das Fortbestehen der Atemwegsbeschwerden auch unter modernenHaltungsbedingungen. Die natürliche Lüftung im Stall entsteht durch Temperatur- bzw.Druckunterschiede (Wind) zwischen innen und außen und wird beispielsweise durchÖffnen von Fenster und Türen beschleunigt. Bei sehr geringen Druck- undTemperaturunterschieden, z.B. im Sommer, kann die natürliche Lüftung sowohl imWarm- als auch im Außenklimastall mangels Thermik zum Erliegen kommen. Dies zeigtsich sehr eindrücklich in den im Sommer erhöhten Bos d 2-Allergenwerten in der Luft derAußenklimaställe im Vergleich zu den Warmställen. Dies deckt sich mit derBeobachtung, dass in Ställen mit niedriger Temperatur weniger Atemwegssymptome zubeobachten sind (Radon 1999). Eine bessere Luftqualität ist damit auch inAußenklimaställen nur mit zusätzlicher mechanischer Lüftung, beispielsweise mittelsGroßventilator zu erwarten. Messtechnisch auffällig war der hohe Anteil des an kleinePartikel gebundenen Rinderallergens. Diese kleinen Partikel sedimentieren kaum undkönnen bei der Einatmung tief in die Atemwege gelangen. Ebenso begünstigen dieseguten Schwebeeigenschaften eine Verschleppung des Rinderallergens über dieArbeitskleidung oder das Haar in den Wohnbereich. Daher hat die konsequente Nutzungeiner Umkleide mit strikter Trennung von Arbeits- und Freizeitkleidung nebenMaßnahmen des persönlichen Körperschutzes wie Atemschutzmasken oberste Priorität.Wir danken den Herren Grüssing und Thölken der LandwirtschaftlichenBerufsgenossenschaft Niedersachsen-Bremen für die messtechnische Assistenz.Literatur:• Heutelbeck A, Janicke N, Langer C, Reck C, Kuetting B, Drexler H, Hallier E,Bickeböller H: German cattle allergy study: prevention strategies for cattle allergy.Allergy Clin Immunol Int: J World Allergy Org Suppl. 1 (2005): 385• Radon K, Opravil U, Hartung J, Szadkowski D, Nowak D: Work-related respiratoryDisorders and farming characteristics among cattle farmers in northern germany. AmJ Ind Med 36 (1999): 444-449• Virtanen T, Louhelainen K, Mäntyjärvi R: Enzyme-Linked Immunosorbent Assay(ELISA) Inhibition Method to Estimate the Level of Airborne Bovine EpidermalAntigen in Cowsheds. Int Archs Allergy appl Immun 81 (1986): 253-257501


P20Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IAbb.1: Verteilung des Bos d 2-Gehaltes [µg/m 3jahreszeitlichen VerlaufLuft] in Warm- und Außenklimaställen im502


P21Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IPrävention von allergischem Berufsasthma bei professionellenKlauenpflegernThomas Herrmann 1 , Regine Pabst 1 , Robert Metzner 1 , Siegfried Turowski 1 , Albrecht Fiedler 2 ,Michael Kloó 3 , Ernst Hallier 1 , Dietrich Landmann 4 , Astrid Rita Regina Heutelbeck 11 Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität, Göttingen; 2 Verein geprüfter Klauenpflegere.V., Großbodungen; 3 Genossenschaft Klauenpfleger e.G. Sachsen, Lohmen; 4 LVA Echem, LVA Echem,EchemHintergrund:Der Strukturwandel in der Landwirtschaft mit einer zunehmenden Milchkuhhaltung inStallungen mit hartem Untergrund führt zu einer höheren Beanspruchung der Klauen derRinder bis hin zu manifesten Klauenerkrankungen. Dabei macht die Bewirtschaftungimmer größerer Betriebe es dem einzelnen Landwirt nicht mehr möglich, Klauenpflege inEigenregie durchzuführen. Daher kommen zunehmend professionelle Klauenpfleger zumEinsatz. Deren Tätigkeit umfasst die Pflege der Klauen, der Erhaltung derKlauengesundheit sowie der therapeutischen Mitbetreuung bei Klauenerkrankungen.Professionelle Klauenpfleger führen vollschichtig Tätigkeiten eng am Tier durch und sindsomit regelmäßig hohen Mengen von Rinderallergen ausgesetzt. Solch intensiverRinderallergenkontakt kann die Entwicklung eines berufsbedingten Rinderasthmasbegünstigen, wie beispielsweise aus der Milchwirtschaft hinlänglich bekannt ist (Janicke2004, Heutelbeck 2005). Die Implementierung geeigneter Präventionsansätze ist dahernotwendig. Da die noch junge Berufsgruppe sich seit etwa 10 Jahren im Verein fürKlauenpflege und Klauenhygiene Deutschlands (VKKD) organisiert, bietet sich eingeeignetes Forum für die Durchführung von Schulungen zur „Prävention allergischerAtemwegserkrankungen in der Klauenpflege“, um den aktuellen Kenntnisstand in dielandwirtschaftliche Praxis zu transportieren.Ziel der vorliegenden Untersuchung war die Implementierung geeigneter Ansätze zurPrävention von allergischen Atemwegserkrankungen in der Aus- und Weiterbildung derhoch exponierten Berufsgruppe der Klauenpfleger.Methodik:Über den VKKD wurden Seminare in der LVA Echem, dem Lehr-, Versuchs- undFachzentrum für Milchvieh- und Rinderhaltung in Achselschwang sowie derGenossenschaft Klauenpfleger e.G. Sachsen durchgeführt, die laienverständlichallergische Symptome, die Rolle der persönlichen Veranlagung zur Allergie,Möglichkeiten der persönlichen Schutzausrüstung sowie die Notwendigkeit vonArbeitshygiene zur Trennung von Arbeits- und Wohnbereich beinhalteten. Begleitenderfolgte eine Früherkennungsuntersuchung zur Abschätzung des persönlichenAllergierisikos, bestehend aus Anamnese, spirometrischer Lungenfunktionsprüfung undserologischem Allergiescreening unter Berücksichtigung ausgewählter Typ I503


P21Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IInhalationsallergene der allgemeinen Umwelt (All-Screen „Inhalation“) sowie Rind(HycorBiomedical GmbH, Kassel). Das zustimmende Votum der hiesigenEthikkommission liegt vor.Ergebnisse:Von den derzeit etwa 240 im VKKD organisierten professionellen Klauenpflegernbesuchten im Winter 2005/06 107 Klauenpfleger die Seminare; 74% (78 m, 1 w; 20-59Jahre; Ø 39,3 Jahre; Median 41 Jahre) nahmen das Angebot zurFrüherkennungsuntersuchung wahr. Spirometrisch zeigten fünf Teilnehmerabklärungsbedürftige Lungenfunktionswerte. Bei 30 Klauenpflegern (38%) fanden sichspezifische IgE-Antikörper gegen mindestens ein ubiquitäres Allergen wie Pollen,Hausstaubmilbe, Katze, Hund oder Schimmelpilze. 20 % der Klauenpfleger (n=16)zeigten spezifische IgE-Antikörper gegen Rind, die überwiegend (n=14) im Rahmen einerpolyvalenten Sensibilisierung, begleitet von Sensibilisierungen gegen Umweltallergeneauftraten (Abb. 1). Allen Klauenpflegern mit auffälligen Befunden wurde eineweiterführende fachärztliche Untersuchung empfohlen, um die klinische Relevanz derSensibilisierungen im Hinblick auf die Entwicklung einer möglichen Berufskrankheitabzuklären.Schlussfolgerungen:Der ausgeprägte wirtschaftliche Strukturwandel mit zunehmender Spezialisierung unddamit einhergehender einseitiger gesundheitlicher Belastung erfordert eine besondereBeachtung neuer Berufsgruppen wie beispielsweise die der professionellenKlauenpfleger. Bereits vorliegende Sensibilisierungen gegen Stoffe der allgemeinenUmwelt waren mit einem signifikant höherem Risiko verbunden, eine berufsbedingteSensibilisierung gegen Rind zu erwerben: jeder zweite Atopiker wies eineSensibilisierung gegen Rind auf, bei den nicht atopisch veranlagten Klauenpflegern nur4%. Ein gemäß der persönlichen atopischen Prädisposition gestaffelter Arbeitsschutzstellt daher einen geeigneten Ansatz zur Prävention von allergischem Berufsasthma dar,so dass der Schwerpunkt der Präventionsstrategie auf der Identifizierung dieserRisikokollektive und von Frühsymptomen liegen sollte. Follow-up Untersuchungen sollenin den nächsten Jahren die Praktikabilität und Effektivität der durchgeführtenArbeitsschutzmaßnahmen zeigen.Literatur:• Heutelbeck A, Janicke N, Langer C, Reck C, Kuetting B, Drexler H, Hallier E,Bickeböller H: German cattle allergy study: prevention strategies for cattle allergy.Allergy Clin Immunol Int: J World Allergy Org Suppl. 1 (2005): 385• Janicke N, Bickeböller H, Schippke D, Langer C, Kütting B, Drexler H, Hallier E,Heutelbeck A: Gesundheitspolitische Relevanz von Landwirten mit Rinderallergie inDeutschland. Allergo J 13 (2004): 515-516504


P21Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IAbb.1: Sensibilisierungsstatus der untersuchten Klauenpfleger (n=79)505


P22Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IHebt Übergewicht den protektiven Effekt des Stalltierkontaktsauf die Sensibilisierungsprävalenz auf?Katja Radon, Anja SchulzeInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, MünchenHintergrund und Ziel der StudieVerbesserte Hygienebedingungen und Übergewicht sind Marker des modernenwestlichen Lebensstils [1]. Eine erhöhte mikrobielle Exposition im Säuglingsalter ist inEuropa invers mit der Allergieprävalenz assoziiert [2, 3]. Im Gegensatz dazu bestätigenDaten aus Großstädten der USA diesen inversen Zusammenhang mit schlechterenHygienebedingungen nicht [1, 4]. Übergewicht scheint hingegen mit einer erhöhtenSensibilisierungsprävalenz einherzugehen [5]. Das Zusammenspiel dieser Faktorenwurde bislang nicht untersucht. Das Ziel unserer Analyse war es, die gemeinsameWirkung von mikrobieller Belastung im Kleinkindesalter und Übergewicht im späterenLeben auf die Sensibilisierungsprävalenz zu untersuchen.MethodenIm Rahmen der Niedersächsischen Lungenstudie (NiLS) wurden Erwachsene (Alter 18-44 Jahre) aus ländlichen Regionen Niedersachsens befragt [6]. In einer Zufallsstichprobewurden spezifisches IgE gegen ubiquitäre Allergene sowie der Body Mass Index (BMI)bestimmt. Basierend auf dem aktuellen Body Mass Index (BMI) (Übergewicht: BMI ≥30kg/m 2 ) und dem selbst berichteten Kontakt zu Stalltieren in den ersten 3 Lebensjahrenwurden die 1861 Probanden in 4 Gruppen eingeteilt. Als Vergleichsgruppe dientenTeilnehmer mit einem BMI


P22Poster – Atemwege, Allergien, Stäube ISensibilierung gegenüber ubiquitärenAllergenen2Adj. Odds Ratio(95% Konfidenzintervall)10< 30 kg/m 2 >= 30 kg/m 2 < 30 kg/m 2>= 30 kg/m 2Ohne StalltierkontaktMit Stalltierkontaktim Kleinkindesalterim KleinkindesalterBMIAbbildung 2: Zusammenhang zwischen Body Mass Index (BMI) und derSensibilisierungsprävalenz, stratifiziert für Stalltierkontakt im Kleinkindesalter. Odds Ratio mit 95%Konfidenzintervall adjustiert für Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Allergien in der Familie,Geschwisterzahl, Aktiv- und Passivrauchexposition, aktuellen Landwirtschaftskontakt.SchlussfolgerungenÜbergewicht, ein Risikofaktor für respiratorische Allergien, scheint den protektiven Effektdes Stalltierkontakts zu vermindern bzw. aufzuheben. Die hohe Prävalenz vonallergischen Erkrankungen in Teilen amerikanischer Großstädte mit vermindertenHygienebedingungen könnte somit möglicher Weise mit der hohen Prävalenz desÜbergewichts in diesen Städten zusammenhängen.Literatur1. Platts-Mills, T.A., et al., Is the hygiene hypothesis still a viable explanation for theincreased prevalence of asthma? Allergy, 2005. 60 Suppl 79: S. 25-31.2. Radon, K., A. Schulze, and D. Nowak, Inverse association between farm animalcontact and respiratory allergies in adulthood: protection, underreporting or selection?Allergy, 2006. 61(4): S. 443-6.3. Kilpelainen, M., et al., Body mass index and physical activity in relation to asthma andatopic diseases in young adults. Respir Med, 2006. 100(9): S. 1518-25.4. Perzanowski, M.S., et al., Endotoxin in inner-city homes: associations with wheezeand eczema in early childhood. J Allergy Clin Immunol, 2006. 117(5): S. 1082-9.5. Martin-Romero, C., et al., Human leptin enhances activation and proliferation ofhuman circulating T lymphocytes. Cell Immunol, 2000. 199(1): S. 15-24.6. Radon, K., et al., Atemwegsgesundheit und Allergiestatus bei jungen Erwachsenen inländlichen Regionen Niedersachsens. Pneumologie, 2005. 59(12): S. 897-900.507


P23Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IDurch allergisierende Stoffe verursachte obstruktiveAtemwegserkrankungen bei Floristinnen und deren PräventionKerstin Löffler, Joachim RöslerFachbereich Sozialversicherung, Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg, HennefEinleitung und Ziel der StudieIm Jahr 2005 waren in Deutschland n=32694 als Floristen und Floristinnen beschäftigt,davon 93,7% Frauen. Sie sind bei der Gestaltung und Verkauf von Blumen- undPflanzenschmuck einer Vielzahl von verschiedenen pflanzlichen Allergenen ausgesetzt.Es gibt nur wenige Untersuchungen über Atemwegserkrankungen durchBlumenallergene. Die Studie beschreibt die Entstehung und den Verlauf von obstruktivenAtemwegserkankungen bei Floristinnen, die als Berufskrankheit nach BK Nr. 4301 derListe der Berufskrankheiten anerkannt wurden. Darüber hinaus sollen Möglichkeiten zurPrävention aufgezeigt werden.MethodenEs wurden n=25 anerkannte Erkrankungsfällle an einer Berufskrankheit (BK) nach derNr. 4301 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung ausgewertet. Dabei wurdeermittelt, ob es Kriterien für die Anwendung von Maßnahmen zur Prävention obstruktiverAtemwegserkrankungen bei Floristinnen gibt, um ggfs. durch rechtzeitige Anwendungpräventiver Maßnahmen den Eintritt einer BK 4301 zu verhindern.Ergebnisse:Im Zeitraum von 2004 bis 2005 wurden n=25 Erkrankungen durch den zuständigenUnfallversicherungsträger als BK 4301 anerkannt. Der Verdacht wurde in 76,5% derFälle durch Ärzte bzw. Fachärzte gemeldet. 17,6% der Verdachtsmeldungen erfolgtendurch die Betroffenen selbst und 5,9% durch die Arbeitsagentur.Die mittlere Expositionsdauer gegenüber Berufsallergenen betrug 14,2 Jahre.Arbeitsplatzbezogene Beschwerden traten bei allen Versicherten auf. Jedoch berichteten24 der 25 Floristinnen auch über arbeitsplatzunabhängige Beschwerden. Auffällig wareine relativ lange mittlere Dauer der arbeitsplatzbezogenen Symptome. Vom Beginn derBeschwerden bis zur BK-Anzeige vergingen im Mittel 6,2 Jahre.Folgende Allergene traten am Arbeitsplatz auf und wurden in Testverfahren (Prickund/oder RAST) als auslösendes Allergen identifiziert: Gräserpollen, Lilie, Blütenpollen,Chrysantheme, Sonnenblume, Margerite, Aster, Dahlie, Tulpen, Orchideen, Kamille,Hyazinthe und verschiedene Schnittblumen.Die Verteilung der allergischen Manifestationen nach Rhinopathie, unspezifischerbronchialer Hyperreagibilität (UBH) und obstruktive Atemwegserkrankung (Asthmabronchiale) zum Zeitpunkt der BK-Anzeige zeigt die nachstehende Abbildung.508


P23Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IRhinopathieRhinopathie + UBHAsthma bronchialeRhinopathie + Astma bronchiale29%18%18%35%Abb.: Diagnosen zum Zeitpunkt der BK-AnzeigeDie Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) lag bei 68% der betroffenenVersicherten unter 20%, während 28% nach einer MdE von 20% und bei einerVersicherten eine MdE von 30% festgestellt wurde.Die Maßnahmen im Rahmen der beruflichen Rehabilitation nach Aufgabe dergefährdenden Tätigkeit und Anerkennung einer BK 4301 bestanden zum größten Teil inUmschulungen (49%). Dabei wurden Umschulungsberufe gewählt, die keine Belastungmit gefährdenden Stoffen aufwiesen.Schlussfolgerungen:Zur Prävention sollten neben der Prüfung von zusätzlichen technischenSchutzmassnahmen, lückenlose Unterweisungen der Beschäftigen durchgeführt undarbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen angeboten werden (§§ 11-12Arbeitsschutzgesetz).Literatur:[1] Akpinar-Elci M, Elci OC, Odabasi A. Work-related asthma-like symptoms amongflorists. Chest 2004: 2336-2339.[2] De-Jong N-W, Vermeulen A-M, Gerth-van-Wijk R, de-Groot H. Occupational allergycaused by flowers. Allergy 1998: 204-209.[3] Piirila P, Keskinen H, Leino T, Tupasela O, Tuppurainen M. Occupational asthmacaused by decorative flowers: review and case reports. Int Arch Occup EnvironHealth. 1994: 131-6509


P24aPoster – Atemwege, Allergien, Stäube IExogen allergische Alveolitis bei AbfallsortierernJürgen Bünger, Rolf Merget, Monika Raulf-Heimsoth, Ingrid Sander, Thomas BrüningInstitut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), BochumZielFälle von exogen allergischer Alveolitis (EAA) bei Abfallsortierern sind bislang nichtpubliziert, obwohl seit langem bekannt ist, dass an diesen Arbeitsplätzen hoheKonzentrationen an Schimmelpilzen und Actinomyceten auftreten und an anderenArbeitsplätzen in der Abfallwirtschaft mit vergleichbaren Expositionen bereits Fälle vonEAA publiziert wurden (Allmers et al. 1998, Bünger et al. <strong>2007</strong>). Ziel dieses Fallreports istdie Darstellung des BK-rechtlichen Zusammenhangs zwischen Atemwegsbeschwerdenvon Abfallsortierern und einer Exposition gegenüber Bioaerosolen (organischem Staub)im Sinne der BK 4201.EinleitungDie EAA ist eine durch IgG-vermittelte Typ III- und zellulär getriggerte Typ IV-Reaktionenverursachte Allergie, die zu einer akuten Inflammation der Alveolen und bei häufigenSchüben oder chronischem Verlauf zu einer restriktiven Lungenfunktionsstörung führt. Imanglo-amerikanischen Sprachraum wird die EAA auch als Hypersensitivity Pneumonitis(HP) bezeichnet.Etwa 4-12 Stunden nach Antigenexposition setzen grippeartige Symptome mitGliederschmerzen, Schüttelfrost, Fieber und Husten ein, die in Verbindung mit demverzögerten Einsetzen der Beschwerden oft zur Fehldiagnose eines grippalen Infektesführen. So wird die Diagnose EAA oft erst nach zahlreichen Krankheitsepisoden gestellt.KasuistikenZwei Beschäftigte in Abfallsortierkabinen wurden im Rahmen des BK-Verfahrensuntersucht. Von den Präventionsdiensten der zuständigen Berufsgenossenschaftenwaren Expositionszeiten von 6,5 Jahren in einer Wertstoffsortieranlage bzw. 5,7 Jahrenin einer Kompostieranlage ermittelt worden. Das Ende der Exposition lag in beidenFällen 15 Monate zurück. Bei Messungen in der Sortierkabine der Kompostieranlagewurde der Technische Kontrollwert (TKW) von 50.000 KBE/m 3 bis zu 12fachüberschritten.510


P24aPoster – Atemwege, Allergien, Stäube IFall 1: Herr C. M., 38 JahreExposition: 7/1998 – 12/2004 als Sortierer in einer DSD-Sortieranlage beschäftigt. TäglicheNassreinigung der Sortierkabine. Belüftung der Sortierkabine durch eine RLTüber dem Sortierband. Täglich frische Halbmasken (FFP2).Anamnese: Seit Anfang 2001 abends oft Fieber, Gelenkschmerzen, Frösteln. Im Verlaufimmer häufiger Beschwerden, zum Teil mit Atemnot. Besserung derBeschwerden an Wochenenden und in Urlauben. Seit Aufgabe der Tätigkeit Ende2004 symptomfrei. Keine Atemwegsmedikation.Klinik: Unauffälliger körperlicher Untersuchungsbefund. Gesamt IgE: 119 kU/L. Keinespezifischen IgE-Ak gegen Schimmelpilze. Erhöhte spezifische IgG-Ak gegenPenicillium notatum und Aspergillus fumigatus. Unauffällige Lungenfunktion, CO-Transferfaktor vermindert. Radiologisch 2004 ausgeprägte milchglasartigeTrübung beider Lungenflügel im Sinne einer Alveolitis. Bei Kontrollen Rückgangdes Befundes bis Mitte 2005. Im Januar 2006 kein pathologischerRöntgenbefund.Fall 2: Herr M. M., 45 JahreExposition: 7/1999 – 4/2005 in der Sortierkabine einer Biomüllkompostieranlage tätig.Gelegentliche Reinigungsarbeiten mit Hochdruckspülgerät. FiltrierendeHalbmasken vorhanden und benutzt. Messungen ergaben Schimmelpilze bis zu600.000 KBE/m 3 Luft in der Sortierkabine.Anamnese: Seit 1994 rezidivierende Atemwegsinfekte und Sinusitiden. 1998 stark erhöhtersRt, erniedrigte FEV 1 >70%, bronchiale Hyperreagibilität. Seit 2000 Beschwerdenmit Grippegefühl, Fieber und Schüttelfrost nach der Arbeit. Im Jahr 2003 etwa ½Jahr häufige Atemnot. Besserung am Wochenende und während des Urlaubs.Nach Kündigung 5/2005 rasche Besserung, seither nicht mehr krank gewesen.Das regelmäßig inhalierte Kortikoid wurde abgesetzt; keine Atemwegsmedikation.Klinik: Unauffälliger körperlicher Untersuchungsbefund. Gesamt IgE: 637 kU/L.Spezifische IgE-Ak gegen Aspergillus fumigatus. Erhöhte spezifische IgG-Akgegen Penicillium notatum und Aspergillus fumigatus. Leicht erhöhterAtemwegswiderstand (sRt = 1,44 kPa*s), sonst unauffällige Lungenfunktion.Verminderter CO-Transferfaktor. Positiver Methacholin-Test. Radiologisch keinpathologischer Befund. Keine Voraufnahmen.Beide Versicherten berichteten über Atemnot sowie grippeähnliche Symptome(Schüttelfrost, Fieber, Kopf- und Gelenkbeschwerden), die 2-6 Stunden nach derExposition eintraten. In beiden Fällen fanden sich erhöhte spez. IgG-Antikörper gegenSchimmelpilze (Aspergillen und Penicillien). Lungenfunktionsanalytisch ergaben sich beibeiden Beschäftigten eine geringe Einschränkung des CO-Transferfaktors (DCO) sowiebei dem Kompostwerker eine schon seit 1998 bekannte bronchiale Hyperreagibilität beisinubronchialem Syndrom und chronischer Sinusitis. Bei dem Wertstoffsortierer zeigte511


P24aPoster – Atemwege, Allergien, Stäube Ieine Röntgenaufnahme des Thorax aus dem Jahr 2004 eine milchglasartige Trübung imSinne einer Alveolitis. Die aktuellen Aufnahmen waren ebenso wie bei demKompostwerker unauffällig.DiskussionDie Diagnostik der EAA basiert nach den aktuellen Empfehlungen derArbeitsgemeinschaft Exogen Allergische Alveolitis (Sennekamp et al. <strong>2007</strong>) und der HPStudy Group (Lacasse et al. 2003) auf einer Kombination mehrerer Kriterien.Wegweisend sind die anamnestische Angabe einer Exposition durch antigenhaltigeStäube in Verbindung mit respiratorischen und grippeähnlichen Symptomen 4-12Stunden nach Exposition sowie der Nachweis spezifischer IgG-Antikörper (Tab. 1).Tab. 1: Diagnosekriterien der EAA (Sennekamp et al. <strong>2007</strong>)1. Antigen-Exposition2. Expositions- und/oder zeitabhängige Symptome3. Spezifische IgG-Antikörper im Serum4. Sklerophonie (Knisterrasseln)5. Röntgenzeichen der EAA, ggf. im HR-CT6. pO2 in Ruhe und/oder bei Belastung erniedrigt oder DCO eingeschränktSind alle 6 Kriterien erfüllt, liegt eine EAA vor.Fehlt eines der oben genannten Kriterien, so kann dieses durch eines derfolgenden ersetzt werden:Lymphozytose in der BALMit EAA zu vereinbarender histopathologischer Befund der LungePositiver KarenztestPositive inhalative Expositions- oder ProvokationstestungSind insgesamt 6 Kriterien erfüllt, liegt eine EAA vor.Differentialdiagnostisch ist das der EAA sehr ähnliche Organic Dust Toxic Syndrome(ODTS, Drescherlunge) abzugrenzen. Es wird durch hohe Expositionen gegenüberorganischen Stäuben ausgelöst, die Endotoxine (evtl. auch Mykotoxine und andereToxine) enthalten. Die Reaktion kann bereits bei der ersten Exposition auftreten. ImGegensatz zur EAA lassen sich keine erhöhten spezifischen IgG- Antikörpernachweisen. Bisher ist das ODTS nicht als Berufskrankheit anerkannt.Im 1. Fall waren die folgenden 6 Untersuchungskriterien erfüllt:1. Antigen-Exposition, 2. Expositions- und/oder zeitabhängige Symptome,3. Spezifische IgG-Antikörper im Serum, 4. Röntgenzeichen der EAA,5. DCO eingeschränkt, 6. Positiver Karenztest.Daher wurde die Anerkennung einer BK 4201 empfohlen.Im 2. Fall trafen die folgenden 5 Kriterien zu:512


P24aPoster – Atemwege, Allergien, Stäube I1. Antigen-Exposition, 2. Expositions- und/oder zeitabhängige Symptome,3. Spezifische IgG-Antikörper im Serum, 4. DCO eingeschränkt,5. Positiver KarenztestDa während der klinischen Beschwerden des Versicherten kein Rö-Thoraxbildangefertigt wurde, war eine entsprechende Bewertung dieses Kriteriums nicht möglich.Das zum Untersuchungszeitpunkt normale Röntgenbild schließt eine EAA nicht aus, wieauch der erste vorliegende Fall zeigt. Da 15 Monate nach Ende der Exposition auchdurch weitere Diagnostik vermutlich keine Klärung im Sinne der Erfüllung eines derzusätzlichen Kriterien zu erwarten gewesen wäre, wurde auf diese zum Teil invasivenUntersuchungen verzichtet. Durch die BK-unabhängig bestehende ausgeprägtebronchiale Hyperreagibilität lag außerdem eine relative Kontraindikation für einenExpositionstest vor. Wegen der typischen, klinischen Symptome wurde trotz der nichtvollständig erfüllten Diagnosekriterien die Anerkennung einer BK 4201 vorgeschlagen.Zusammenfassung und SchlussfolgerungenDurch eine Exposition gegenüber Actinomyceten- und SchimmelpilzhaltigenBioaerosolen können Beschäftigte an Sortierarbeitsplätzen in der Abfallwirtschaft aneiner EAA erkranken. Ob die Einhaltung des TKW diesen Erkrankungen vorbeugt, kannbislang nicht sicher beantwortet werden.Aufgrund der typischen Krankheitsverläufe wurde in beiden Fällen die EAA im Sinne derBK 4201 bejaht. Da zum Untersuchungszeitpunkt keine BK-rechtlich wirksamenLeistungseinschränkungen bestanden, wurde keine MdE festgestellt. Wie der 2. Fallzeigt, kann bei lang zurückliegender Exposition die Feststellung einer EAA unterZugrundlegung der Diagnosekriterien schwierig sein. Dies darf nicht zum Nachteil desVersicherten ausgelegt werden, da die Kriterien für die Diagnostik der akuten Erkrankungund nicht für eine spätere Begutachtung ausgelegt sind.Literatur:1. Allmers H, Huber H, Baur X (2000): Two year follow-up of a garbage collector withallergic bronchopulmonary aspergillosis (ABPA). Am J Ind Med 37:438-4422. Bünger J, Schappler-Scheele B, Hilgers R, Hallier E (<strong>2007</strong>): A 5-year follow-upstudy on respiratory disorders and lung function in workers exposed to organic dustfrom composting plants. Int Arch Occup Environ Health 80:306-3123. Lacasse Y, Selman M, Costabel U, Dalphin JC, Ando M, Morell F, Erkinjuntti-Pekkanen R, Muller N, Colby TV, Schuyler M, Cormier Y; HP Study Group (2003):Clinical diagnosis of hypersensitivity pneumonitis. Am J Respir Crit Care Med168:952-9584. Sennekamp J, Müller-Wening D, Amthor M, Baur X, Bergmann KC, Costabel U,Kirsten D, Koschel D, Kroidl R, Liebetrau G, Nowak D, Schreiber J, Vogelmeier C;German Extrinsic Allergic Alveolitis Study Group (<strong>2007</strong>): Guidelines for diagnosingextrinsic allergic alveolitis (hypersensitivity pneumonitis). Pneumologie 61:52-56513


P24bPoster – Atemwege, Allergien, Stäube IExpositionsstudie zu irritativen Wirkungen niedrigerFormaldehydkonzentrationen auf Konjunktiven und AtemwegeIsabelle Lang, Thomas Bruckner, Gerhard TriebigInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg, HeidelbergZieleIm Rahmen der Studie sollen die Schwellenkonzentrationen für irritative Wirkungen vonFormaldehyd in arbeitsplatzrelevanten Konzentrationen untersucht werden. Weiterhin istdie Frage zum Einfluss von Persönlichkeitsfaktoren auf die Symptomwahrnehmung derchemisch- irritativen Effekte zu beantworten. Außerdem wird getestet, ob Probandenausreichend zwischen Irritation und Geruchswahrnehmung differenzieren können.Kollektiv und MethodeIn einer Expositionskammer wurden 10 gesunde Frauen und 11 Männer im Alter von 19bis 39 Jahren an zehn aufeinanderfolgenden Tagen jeweils 4 Stunden gegenüberunterschiedlichen Formaldehyd - Konzentrationen exponiert (0 ppm; 0,15 ppm; 0,3 ppm;0,5 ppm; kurzzeitige Spitzenexpositionen 0,6 ppm bzw. 1,0 ppm). An 4 Tagen wurdezusätzlich gegenüber Ethylacetat exponiert, das zwar geruchsintensiv, in derverwendeten Konzentration von 12 bis 16 ppm jedoch nicht irritativ wirkt. DieFormaldehyd- und Ethylacetatkonzentrationen wurden kontinuierlich mittelschemosensorischen Detektoren gemessen. Die Expositionen erfolgten randomisiert unddoppelblind. Die Ethikkommission der Universität Heidelberg hat der Studie zugestimmt.Die Untersuchungen beinhalteten die Messung der konjunktivalen Rötung sowie derBlinkfrequenz, des nasalen Widerstandes und Flusses, der Lungenfunktion als auch derReaktionszeiten. Ferner wurde der SPES Fragebogen (Version AS 31) zurQuantifizierung subjektiver Einschätzungen von Symptomen herangezogen. Um denEinfluss von Persönlichkeitsfaktoren auf die Symptomausprägung beurteilen zu könnenwurde der PANAS Fragebogen verwendet (Lang et al. <strong>2007</strong>).ErgebnisseDie Blinkfrequenz und die konjunktivale Rötung zeigen gegenüber der Nullexpositioneine signifikante Zunahme bei der höchsten Exposition (0,5 ppm + 1,0 ppm). Der Anstiegder Blinkfrequenz beträgt etwa 60% gegenüber dem Ausgangswert (28,2 ± 30,2 auf 46,3± 45,0 Blinks je 90 sek; Mwt ± SD ). Die Ausprägung der Augenrötung entspricht demGrad 3 (moderate Rötung) der CCLRU Skala.Die Lungenfunktionsparameter sowie die nasale Atmung zeigen keine signifikantenVeränderungen unter den verschiedenen Belastungen.Die Ergebnisse der subjektiven Einschätzungen belegen, dass die konjunktivale Irritationbei 0,3 ppm (C) und die Irritation der Nasenschleimhaut bei 0,5 ppm mit514


P24bPoster – Atemwege, Allergien, Stäube ISpitzenexposition von 1,0 ppm (F) signifikant ansteigen (siehe Abbildung 1 und 2).Bezüglich der nasalen Irritation steigen die subjektiven Angaben von im Mittel 0,5Punkten (nicht im Geringsten bis kaum) auf 1,5 Punkte (etwas) an.Bei der höchsten Exposition korrelieren die Angaben zur konjunktivalen Reizungsignifikant mit der Blinkfrequenz (Rho 0,54; p


P24bPoster – Atemwege, Allergien, Stäube IPersönlichkeitsfaktoren beeinflussen die Angaben zu Symptomausprägungendahingehend, dass die „negative Affektivität“ mit höheren Beschwerdescores assoziiertist.DanksagungFür die sorgfältige Analytik danken wir Frau Ludwig und Herrn Dr. Dipl. Chem. Zimmerund für die finanzielle Förderung Formacare, Brüssel.Literatur• Lang et al. <strong>2007</strong>. Formaldehyde and chemosensory irritation in humans: acontrolled human exposure study. Regul. Toxicol. Pharmacol. Submitted <strong>2007</strong>.516


P25Poster – Biomonitoring IDer Blutbleigehalt von Sportschützen – aktuelle Gesichtspunktezu einer bekannten ProblematikElke Ochsmann, Thomas Göen, Karl-Heinz Schaller, Hans DrexlerInstitut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenEinleitung:Vor allem in geschlossenen Schießanlagen kann eine Exposition von Hobby-Schützengegenüber Blei bestehen. In Deutschland waren im Jahr 2005 ca. 1,5 MillionenSportschützen beim Deutschen Schützenbund als Mitglieder gemeldet. Diese Zahlmacht deutlich, dass hier rein zahlenmäßig eine gewisse Brisanz zu sehen ist,insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass Blei 2006 von der DeutschenForschungsgemeinschaft (DFG) in die Kanzerogenitätsklasse 2 eingestuft wurde.Fragestellung:Durch die vorliegende Untersuchung sollten folgende Problembereiche angesprochenwerden: 1) Wie ist die Bleibelastung von Sportschützen einzuschätzen? 2) Welcheaerogenen Bleikonzentrationen treten am Schießstand auf?Methodik:Untersucht wurden 7 Sportschützen eines kleinen Sportschützenvereins in einer VorundNachuntersuchung (Bleibestimmung im Vollblut und Fragebogen) im Abstand vonca. 3 Monaten. Bei fünf von sieben Schützen wurde außerdem bei derNachuntersuchung ein Personal Air Monitoring der aerogenen Bleibelastungdurchgeführt. A) Bleianalytik in Blut und Luft: Im Anschluss an die Schießübung wurdevon jedem Schützen eine Blutprobe in eine EDTA-Monovette abgenommen. DieBleibestimmung im Blut erfolgte unter Verwendung der Graphitrohr-AAS (2). BeimLuftmonitoring wurde die Bleikonzentration in der Atemluft personengebunden währendder Schießübungen und beim Kehren bestimmt. Die Sammlung erfolgte bei einerFlussrate von 1,4 l/min auf Cellulose-Filter (Ø 37 cm). Veraschung der Filter insalpetersaurer Lösung. Bleibestimmung unter Verwendung der Graphitrohr-AAS (1). B)Fragebogen: Abgefragt wurden das Trainingsverhalten der Sportschützen (z. B.Trainingshäufigkeit, Schusszahl), sowie potentielle Bleibelastungen außerhalb desHobbys. Außerdem wurde der Raucherstatus erfasst.Auswertung und Statistik:Aufgrund der kleinen Fallzahl v. a. deskriptive Darstellung von Zusammenhängen.Wilcoxon-Test für verbundene Stichproben (Signifikanzniveau: p < 0,05).517


P25Poster – Biomonitoring IErgebnisse:Bei den Sportschützen wurden Blutblei-Werte von bis zu 450 µg/l Blut detektiert (Abb. 1).Bei einem Schützen wurde sogar durch die private Exposition der noch gültigeArbeitsplatz-grenzwert von 400 µg Blei/l Blut überschritten. Alle Sportschützen lagendeutlich über dem Referenzwert der Allgemeinbevölkerung von 90 µg/l Blut. Im PersonalAir Monitoring konnte die höchste Bleibelastung in der Luft beim Kehren des Kugelfangsdetektiert werden. Alle Bleiwerte lagen über dem ehemals gültigen Luftgrenzwert amArbeitsplatz der TRGS 903. Diejenigen Schützen, die angaben den Kugelfang bei jedemTraining zu reinigen hatten im Biomonitoring der Voruntersuchung tendenziell diehöchsten Werte (Abb. 1).TRGS 903 (Männer): 400 µg/l BlutReferenzwert (Männer): 90 µg/l BlutAbb.1: Bleigehalt im Blut und Häufigkeit der Kugelfang-ReinigungSchlussfolgerungen:Die Bleibelastung von Sportschützen kann auch heute noch ein Problem darstellen. DieBiomonitoring-Werte der hier vorgestellten Sportschützen liegen deutlich über denReferenzwerten der Normalbevölkerung. Die Luftbleibelastung stellte sich, wie erwartet,im Bereich des Kugelfangs am höchsten dar. Die besondere Brisanz der Thematik ergibtsich durch die neue Einstufung von Blei in die Kanzerogenitätsklasse 2 und die hohe518


P25Poster – Biomonitoring IZahl der Sportschützen, die auch Jugendliche und Frauen im gebährfähigen Alter,einschließt.Literatur1) Angerer J (1988) Blei. In Greim H (Hrsg) Analytische Methoden zur Prüfunggesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, Luftanalysen, 6. Lieferung, WILEY-VHC,Weinheim2) Angerer J (1988) Blei. In Greim H (Hrsg) Analytische Methoden zur Prüfunggesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, Analysen in biologischem Material, 6.Lieferung, WILEY-VHC, Weinheim519


P26Poster – Biomonitoring IBiomonitoring bei Quecksilber-Exposition - Volumenbezug oderKreatininkorrektur bei Urinwerten?Wolfgang Will 1 , Dirk Pallapies 2 , Marvin Gerald Ott 31 GOA/CB Arbeitsmedizin und Gesundheitsschutz, BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen; 2 GOA/CP, BASFAktiengesellschaft, Ludwigshafen; 3 Epidemiology, BASF Corporation, RockawayZiel der StudieBiomonitoring-Untersuchungen bei beruflich gegenüber metallischem Quecksilberexponierten Personen sollen zeigen, ob der Volumenbezug oder die Kreatininkorrekturder Ausscheidung von Quecksilber im Urin die tatsächliche stoffliche Belastung besserbeschreibt.ArbeitshypotheseWegen der Biokinetik von Quecksilber (Halbwertszeit im Urin ~40 Tage) können beigleichbleibender äußerer Exposition kurzfristig keine großen Schwankungen der innerenExposition auftreten. Ob das Volumen oder der Kreatiningehalt als Bezugsgröße für dieQuecksilberkonzentration in Spontanurinproben vorzuziehen ist, wird bei zeitlichengmaschiger Probennahme an folgenden Kriterien entschieden:• Unterschiede der individuellen Quecksilberwerte im Untersuchungszeitraum• Abhängigkeit der Quecksilber- von den Kreatininwerten aller ProbenMethoden• Untersuchungskollektiv: 4 langjährige Mitarbeiter in Wechselschicht (12 hTagschicht, 12 h frei, 12 h Nachtschicht, 48 h frei) in einem Betrieb der Chloralkali-Elektrolyse nach dem Amalgamverfahren• Probennahmestrategie: Spontanurinproben über einen Zeitraum bis zu 6 Wochennach Möglichkeit in jeder Schicht, teilweise zweimal pro Schicht (Schichtanfang und-ende)• Analytische Parameter: Quecksilber und Kreatinin im Urin• Statistische Verfahren: Regressions- und VarianzanalyseErgebnisseAlle 48 Urinproben (Kreatinin 0,67 – 3,17 g/L) werden zur Auswertung herangezogen.• Individuelle Mittelwerte ± Standardabweichungen der 4 Personen:• 13,8 – 21,0 µg/L Urin ± 34 – 48 %• 9,6 – 13,4 µg/g Kreatinin ± 19 – 27 %• Differenz von zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgenden Proben im arith. Mittel:• 7,6 µg/L Urin oder 42 % vom individuellen Mittelwert• 2,7 µg/g Kreatinin oder 23 % vom individuellen Mittelwert⇒ Volumenbezogene Quecksilberwerte weisen im zeitlichen Verlauf größereSchwankungen auf als kreatininkorrigierte.520


P26Poster – Biomonitoring I• Lineare Regressionsanalyse:• Hg [µg/L Urin] = 12,6 × Krea [g/L Urin] - 1.8 r² = 0,663• Hg [µg/g Kreatinin] = 0,0 × Krea [g/L Urin] + 11,4 r² = 0• Varianzanalyse: Bei Annahme einer gleichbleibenden äußeren Exposition istKreatinin im Urin mit p < 0,0001 ein hochsignifikanter und der einzige Prädiktor desvolumenbezogenen Werts der Quecksilberausscheidung und bestimmt 60% dessengesamter Variabilität. Dagegen besteht kein Zusammenhang zwischen Kreatinin undder kreatininkorrigierten Quecksilberausscheidung.⇒ Volumenbezogene Quecksilberwerte zeigen eine direkte Abhängigkeit von Kreatininim Urin, die durch die Kreatininkorrektur aufgehoben wird.SchlussfolgerungenDurch die Kreatininkorrektur der Quecksilberausscheidung im Urin wird die tatsächlichestoffliche Belastung wesentlich besser beschrieben als bei reinem Volumenbezug.Biologische Grenzwerte für Quecksilber auf Basis der Quecksilberausscheidung im Urinsollten demnach auf den Kreatiningehalt der jeweiligen Probe bezogen werden.521


P27Poster – Biomonitoring IIn vivo Untersuchungen zum Korrosionsverhalten vonTitanonlays unter dem Einfluss der Zahnpflege mit 0,1% und1,25% fluoridhaltigen Zahncremes*Michael Erler, Rainer Schiele, Andreas Rein, Ulf Willing, Reinhard BartschInstitut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität, Jena* Mit freundlicher Unterstützung durch den Verbund Klinische Forschung am Klinikum der FSU.ZielstellungIm Rahmen der umweltmedizinischen Diskussion um Ersatzstoffe für Amalgam undandere Dentallegierungen wird als Alternative gerne Titan eingesetzt. Ursache dafür istseine hohe Korrosionsbeständigkeit und Biokompatibilität. Titan bildet unteratmosphärischen Bedingungen und im wässrigen Milieu spontan einePassivierungsschicht aus. Diese ist sehr widerstandsfähig gegenüber elektrochemischenAngriffen. Durch Fluoride kann sie jedoch angegriffen bzw. zerstört werden. Titan kanndaher in fluoridhaltigen Elektrolyten korrodieren (Hösch et al. 1994, Hildebrand et al.1995, Lenz et al. 1995).Die vorliegende Arbeit verfolgte deshalb das Ziel die Wirkung von Fluor-Prophylaxe-Präparaten auf Titan bei simulierter oraler Applikation zu untersuchen. Dazu wurdentemporär Applikationen von Titanonlays in die Mundhöhle eingebracht. Die innereTitanbelastung infolge der Mundhygienemaßnahmen wurde zu verschiedenenAbnahmezeitpunkten mittels Urinbiomonitoring festgestellt.MethodenAls Probekörper kamen vier Titanonlays pro Proband zur Anwendung. Diese wurden denBukkalflächen der 1. Molaren des Ober- und Unterkiefers anatomisch angeglichen. DieFlächen der einzelnen Titanonlays schwankten zwischen 40 und 55 mm2, die Dicke lagbei durchschnittlich 0,6 mm. Nach dem Ausarbeiten der Titanprobekörper erfolgte dieEingliederung mittels Ätz-Klebetechnik.Um Veränderungen der Probenoberfläche nach der Tragezeit zu erkennen, wurdendiese vor Eingliederung und nach Ausgliederung licht- und rasterelektonenmikroskopischanalysiert.Die Probandengruppe bestand aus zwei weiblichen und drei männlichenZahnmedizinstudenten im Alter von 22 und 24 Jahren.Es wurden die Zahncremes Salviagalen F mit einem Fluoridgehalt von 0,1 % und Elmex-Gelee mit einem Fluoridgehalt von 1,25 % eingesetzt. Die Zahnreinigung erstreckte sichjeweils über zwei Monate.Die Urinsammlung erfolgte im ersten Monat jeweils einmal wöchentlich und im zweitenMonat alle zwei Wochen.522


P27Poster – Biomonitoring IDie Titankonzentration im Urin wurde mit Hilfe der ICP-OES gemessen. DieNachweisgrenze betrug 0,25 µg/l (Wellenlänge: 334,941 nm).ErgebnisseDie Eingliederung der Titanonlays über einen Zeitraum von vier Monaten zeigte mitzunehmender Fluorideinwirkung keine signifikante Erhöhung der Titanausscheidung beiden Probanden. In den Versuchen mit dem 0,1 %-haltigen Zahnpflegeprodukt lag derMedianwert bei 0,5 µg/l und bei dem höher fluoridhaltigen Produkt bei 0,6 µg/l Abb.: 1).Gegenüber der polierten Titanoberfläche ist festzustellen, dass die fluoridhaltigenZahncremes in wässrigen Mundhöhlenmilieu nur eine geringfügige Korrosion bewirken.Die Repassivierung (Ausbildung von Titanhydroxid bzw. Titanoxihydraten) ist offenbarstärker und verläuft rascher als die Zerstörung der Passvierungsschicht durch dieFluorionen. Das Korrosionsverhalten von Titan im fluoridhaltigen Milieu wird somit nichtnur von der Aggressivität der Elektrolyten (Fluoridkonzentration, pH-Wert), sondern vonder Einwirkungsdauer bzw. den Möglichkeiten der raschen Repassivierung bestimmt.Die rasterelektronischen Aufnahmen der Titanoberflächen zeigten nach denFluoridapplikationen auch bei kurzzeitiger Anwendung in Intervallen Lochfraßkorrosion.Weitere rillenartige Veränderungen sind durch mechanische Einwirkungen infolge desZähneputzens entstanden.SchlussfolgerungenFür die zahnärztliche Praxis ist abzuleiten, dass periodisch wiederholte Verwendungenvon fluoridhaltigen Zahnpflegeprodukten (bis 1,25 % Fluoridanteil) keinen signifikantenEinfluss auf die oral-resorptive Titanaufnahme haben. Veränderungen derOberflächenstruktur sind aber elektronenmikroskopisch erkennbar. Diese werden durchablaufende Repassivierungsprozesse vor anhaltenden Korrosionsabläufen zwarweitestgehend geschützt, jedoch sollten hochkonzentrierte Fluoridierungsmittel beiVorliegen von Titanrestaurationen nicht verwendet werden.Literatur• Hösch,A.,Strietzel,R. (1994) Korrosion von Titan in thiocyanat-, chlorid- undfluoridhaltigen künstlichen Speicheln. Dtsch Zahnärztl Z 49, 767• Hildebrand,G., Kraft,D., Liefeiht,K., Mann,E., Lenz,E. (1995) VergleichendeKorrosionsprüfung von dentalen Legierungen im Laborbioreaktor.• Materials and Corrosion 46, 157• Lenz,E., Melle,B., Liefeith,K., Hildebrand,G., Kraft,D. (1995) Der Einfluss simulierterBedingungen des Mundmilieus auf das vitro-Korrosionsverhalten metallischerDentalwerkstoffe. Swiss Dent 16, Nr. 12, 5523


P27Poster – Biomonitoring I2,0Titankonzentration in µg/l1,51,0,5625131650,0VorErsteZweiteVersuchsreiheAbb.1: Vergleich der Titankonzentrationen (Versuchsreihe: Vor /vor Eingliederung/, Erste/Anwendung von Salviagalen F/, Zweite /Anwendung von Elmeex-Gelee/)524


P28Poster – Biomonitoring IMetall(oid)konzentrationen in Harnproben von DeponiearbeiternBarbara Gier-Stuschke 1 , Alfred V. Hirner 2 , Albert W. Rettenmeier 1 , Margareta Sulkowsii 21 Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen, Essen; 2 Institut für Umweltanalytik undAngewandte Geochemie, Universität Duisburg-Essen, EssenManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.525


P29Poster – Biomonitoring INeue Aspekte bei Speicheluntersuchungen zur innerenBelastungOtfried Mayer-Popken 1 , Bernd Roßbach 1 , Dirk-Matthias Rose 2 , Detlev Jung 1 , Stephan Letzel 1 ,Axel Muttray 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 Institut fürArbeits- und Sozialhygiene, KarlsruheEinführungZum Erkennen mancher Erkrankungen und ihrer Verlaufskontrolle wird Speichel seitJahren als diagnostisches Medium eingesetzt (1, 2). Die nicht invasive und einfacheProbenahmetechnik führt zu einer hohen Akzeptanz durch die Betroffenen auch unterschwierigen Randbedingungen. In der Arbeitsmedizin werden zurExpositionsüberwachung jedoch überwiegend Blut bzw. Plasma und Urin gewonnen. Nurvereinzelt wurden bisher Lösemittel (3-5), deren Metabolite (6) und Herbizide (7) imSpeichel quantitativ bestimmt. Obwohl sich teilweise gute Korrelationen ergaben, wirddie Speicheluntersuchung meistens nur als qualitative Screeningmethode verwendet.FragestellungZiel unserer Untersuchung war es, im Rahmen einer Studie zur neurotoxischen Wirkungvon n-Heptan mit freiwilligen Probanden die Möglichkeit einer quantitativen Bestimmungder inneren Belastung anhand von n-Heptan im Speichel zu evaluieren.Kollektiv/MethodikIn einer Expositionskammer wurden 12 gesunde, männliche Probanden (Nichtraucher,20-30 Jahre) 275 min gegenüber n-Heptan in Höhe des derzeit gültigen MAK-Wertes(500 ppm) exponiert. Die Probanden wurden angewiesen, 15 min vor den Probenahmennichts mehr zu essen und zu trinken und 5 min vorher den Mund geschlossen zu haltenund ausschließlich über die Nase zu atmen. Für die Übergabe und Abnahme derWatteröllchen (Salivette ® ) zur Speichelsammlung (Dauer 5 min) streckten die Probandenkurzzeitig ihren Kopf aus der Tür. Blut- und Speichelproben wurden unmittelbarnacheinander nach jeweils 30, 60, 105, 185 und 275 min (nur Blut) Exposition und 30min nach Expositionsende gewonnen, sofort in Headspacegefäße überführt, gasdichtverschlossen und bei -20°C bis zur Analyse eingefroren. Die n-Heptanbestimmungerfolgte gaschromatographisch mit einem Flammenionisationsdetektor (Blut) bzw. mitmassenspektrometrischer Detektion (Speichel) Ein positives Votum für die Studie durchdie Ethikkommission der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz lag vor.ErgebnisseErwartungsgemäß stieg die durchschnittliche Heptankonzentration im Blut innerhalb derersten Stunde stark an (30 min: 4,9 +/-1,0 mg/l (SD), 60 min: 5,6 +/-1,4 mg/l), um sichnach 185 min einem Plateau (7,3 +/-1,7 mg/l) zu nähern. Die durchschnittlicheHeptankonzentration im Speichel stieg dagegen nur in der ersten Stunde an (30 min: 5,4526


P29Poster – Biomonitoring I+/-3,8 mg/l, 60 min: 6,0 +/-4,7 mg/l). Nach 185 min fiel die durchschnittlicheHeptankonzentration im Speichel (3,7 +/-2,6 mg/l) deutlich unter die Blutkonzentrationab. Die durchschnittliche Heptankonzentration im Blut betrug 30 min nachExpositionsende noch etwa 60 % (4,2 +/- 1,5 mg/l) des Plateauwertes, während dieSpeichelkonzentration auf etwa 10 %(0,4 +/-0,6 mg/l) abgesunken war. Wie in Abb.1 zuerkennen ist, korrelierten die Heptankonzentrationen im Blut und im Speichel nichtmiteinander.DiskussionDie Ergebnisse zeigen, dass die Bestimmung von n-Heptan im Speichel für dieErmittlung der individuellen inneren Belastung nicht geeignet ist. Der anfängliche Anstiegder Konzentration im Speichel über die Konzentration im Blut hinaus, wie er fürverschiedene Lösungsmittel auch schon von anderen Autoren (4, 5) beobachtet wurde,ist auf den direkten Übergang von Heptan aus der Einatemluft in den Speichel zurück zuführen. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine vor derunmittelbaren Probenahmevorbereitungszeit nicht kontrollierte Nahrungsaufnahme zueiner Beeinflussung der Messergebnisse geführt haben könnte.Literatur(1) Kaufmann E, Lamster IB: The diagnostic applications of saliva – A review. Crit RevOral Biol Med. 2002; 13(2):197-211.(2) Streckfus CF et al.: Saliva as a diagnostic fluid. Oral diseases. 2003;8:69-76.(3) Rose D-M et al.: Saliva as an alternate for blood to measure concentrations ofAcetone under exposure to Isopropanol. Eur J Med Res. 1999; 4: 529-532.(4) Erstgård L et al.: Sex differences in the toxicokinetics of inhaled solvent vapors inhumans. 1. m-Xylene. Toxic Appl Pharmac 2003; 193: 147-157.(5) Erstgård L et al.: Sex differences in the toxicokinetics of inhaled solvent vapors inhumans. 2. 2-Propanol. Toxic Appl Pharmac 2003; 193: 158-167.(6) Erstgård L et al.: Uptake and disposition of inhaled Methanol vapors in humans. ToxicSci 2005; 88(1): 30-38.(7) Denovan LA et al.: Saliva biomonitoring of atrazine exposure among herbicideapplicators. Int Arch Occup Environ Health 2000; 73(7): 457-462.527


P29Poster – Biomonitoring I12Konzentrationim Blut [mg/l]108630 min60 min90 min180 min305 min4200 5 10 15 20Konzentration im Speichel [mg/l]Abbildung 1: Vergleich der Heptankonzentrationen im Blut und im Speichel (alle Werte)528


P30Poster – GesundheitsmanagementBetriebliche Gesundheitsförderung: Wie können wir langegesund arbeiten? Ein Erfolgsbeispiel aus einemmittelständischen FertigungsunternehmenRalf Ohlendorf 1 , Bernd Richter 2 , Werner Streicher 31 IFA, Institut für Arbeitsmedizin, Detmold; 2 Personalservice, Phoenix Contact GmbH & Co KG, Blomberg;3 Therapie, Staatsbad Pyrmont, Bad PyrmontManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.529


P31Poster – GesundheitsmanagementArbeitsmedizin und erfolgreiches „Wiedereingliederungsmanagement“Ein Beispiel aus einem mittelständischenFertigungsunternehmenRalf Ohlendorf 1 , Bernd Richter 2 , Werner Streicher 31 IFA, Institut für Arbeitsmedizin, Detmold; 2 Personalservice, Phoenix Contact GmbH & Co KG, Blomberg;3 Therapie, Staatsbad Pyrmont, Bad PyrmontManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.530


P32Poster – GesundheitsmanagementBetriebliches Eingliederungsmanagement in Klein- undKleinstbetrieben - ein „8-Punkte-Plan zur Eingliederung undGesundheit“Rudolf C. Zelfel, Matthias Mozdzanowski, Andreas WeberIQPR Institut für Qualitätssicherung in Prävention, Deutsche Sporthochschule, KölnAusgangslageSeit dem Inkrafttreten des neunten Sozialgesetzbuches am 1. 7. 2001 besteht für alleBetriebe die Verpflichtung, mit Mitarbeitern, die länger als sechs Wochen oder kumulativkrank sind, Gespräche darüber zu führen, wie die Arbeitsunfähigkeit überwunden und mitwelchen Leistungen einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatzerhalten werden kann. In Verbindung mit Arbeits- und Gesundheitsschutz undbetrieblicher Gesundheitsförderung ist das betriebliche Eingliederungsmanagement eineSäule des betrieblichen Gesundheitsmanagement und dient der Prävention sowie demErhalt von Beschäftigungsfähigkeit. Leider hat sich der Gesetzgeber in der Beschreibungvon Beteiligten und Prozeduren im Wesentlichen an größeren Betrieben orientiert,dennoch besteht die gesetzliche Verpflichtung für alle Betriebe, unabhängig ihrer Größe.Ziel der StudieDas Ziel des Projektes ist die Einführung von betrieblichen Eingliederungsmanagementin Klein- und Kleinstbetrieben unter Einbeziehung von Arbeits- und Gesundheitsschutzsowie betrieblicher Gesundheitsförderung.MethodenZielgruppe sind 15 Kleinstbetriebe des Hotel- und Gaststättengewerbes mit mindestenseiner/m Angestellten. Informationen folgender Träger wurden eingebunden:Berufsgenossenschaft (BGN), Integrationsamt, Krankenkassen, Rentenversicherung,Amt für Arbeitsschutz. Diese Grundinstruktion wurde um Arbeits- und Gesundheitsschutzsowie betriebliche Gesundheitsförderung und verschiedene anschaulicheVeröffentlichungen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement erweitert. Die IndustrieundHandelskammer zu Köln wurde als unterstützender Partner gewonnen.Mit Hilfe der Grundinstruktion „8-Punkte-Plan zur Eingliederung und Gesundheit“, die alsOrdner in Papierform den Betrieben zur Verfügung gestellt wurde, erfolgte eineInstruktionsschulung vor Ort im Betrieb und nach weiteren vier Wochen eine Vor-OrtNachschulung. Das Gesamtprojekt wurde begleitend in den vier ProjektschrittenEinbindung der Partner, Informationsaufbereitung, Instruktion im Betrieb, Nachschulungim Betrieb evaluiert.Das Projekt beinhaltet die Schritte Einbindung der Partner, Informationsaufbereitung,Instruktion im Betrieb, Nachschulung im Betrieb, Evaluation.531


P32Poster – GesundheitsmanagementErgebnisse:Betriebliches Eingliederungsmanagement in der im SGB IX vorgesehenen Form ist inKleinstbetrieben der Gastronomie noch nicht angekommen. Der Widerstand gegen neueRegelungen und Vorschriften ist groß, da sich die Betriebe eingeengt fühlen.Informationen der verschiedenen Träger kommen in den Betrieben nur bedingt an, dasIntegrationsamt ist unbekannt. Arbeitsunfähigkeitszeiten von einer Dauer über 42 Tagewaren nur zweimal, davon einmal als Arbeitsunfall zu beobachten. Der demografischeWandel berührt offensichtlich Betriebe dieser Größe und Branche nicht.Dennoch darf nicht davon ausgegangen werden, dass den Betrieben die Gesundheit derMitarbeiter/innen gleichgültig ist. Bei näherer Befragung stellt sich heraus, dassGesundheit, Arbeitsklima, Prävention durchaus zu diskutierten Themen gehört. Es fehltjedoch das Geld, um beispielsweise in präventive Gesundheitsmaßnahmen zuinvestieren. Viele jüngere Mitarbeiter/innen, so die Aussage von drei Betrieben, achtenvon sich aus auf ihre Gesundheit und betreiben regelmäßig Sport. BetrieblichesEingliederungsmanagement wurde in zwei Fällen, wenn auch nicht in institutionalisierterForm, ebenso durchgeführt wie eine stufenweise Wiedereingliederung, obwohl dies alsInstrument als gesetzlich vorgesehene Intervention nicht einmal bekannt war.Die Unterstützung durch die verschiedenen Träger und deren angebotenenInformationen werden durchweg als unzureichend bewertet. Diese seien nicht an dieRealität im Kleinstbetrieb angepasst.Grundsätzlich besteht in den Betrieben die Bereitschaft, sich des Themas Gesundheitbei der Arbeit anzunehmen. Hierzu sollten die Informationen zu Arbeits- undGesundheitsschutz, betrieblichem Eingliederungsmanagement undGesundheitsförderung nicht künstlich in verschiedene Informationsquellen und Trägersepariert werden. Eine vermutete „hire and fire“ Mentalität konnte erfreulicherweise inden befragten Betrieben nicht festgestellt werden. Dieses Ergebnis stimmt hoffnungsvollund kann Motivation für eine Verbesserung einer koordinierten oder „konzertierten“Informationspolitik der verschiedenen Träger sein.Mit gut aufbereiteten Instruktionen, die auch Anforderungen aus Arbeits- undGesundheitsschutz sowie Möglichkeiten betrieblicher Gesundheitsförderungeinschließen, kann die Bereitschaft der Betriebe, im Bedarfsfall dieses Instrument zunutzen, erhöht werden. Wichtig erscheint es, ein auf Schlagworte reduziertesInstruktionsmaterial sowie ein Verzeichnis von kurzfristig erreichbarenAnsprechpartner/innen zu entwickeln.Das Projekt wurde aus Mitteln der EU (ESF) gefördert. Partner war die Industrie- undHandelskammer zu Köln. Der vorläufige Abschlussbericht steht bei www.iqpr.de zumdownload.532


P33Poster – GesundheitsmanagementDie Rolle der Betriebs- und Werksärzte in der stufenweisenWiedereingliederungMarcus Schian, Hans-Martin Schian, Andreas WeberIQPR Institut für Qualitätssicherung in Prävention, Deutsche Sporthochschule, KölnManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.533


P34Poster – GesundheitsmanagementSchilddrüse und Gesundheit: Ergebnisse eines UltraschallscreeningsRaluca Petru 1 , Emmanuel Nikolaides 2 , Roland Gärtner 3 , Peter Angerer 11 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München;2 Gesundheitsdienst, MAN Nutzfahrzeuge AG, München;3 Medizinische Klinik, Ludwig-Maximilians-Universität, MünchenZiel der StudieMittels hochauflösender Sonographie lassen sich Schilddrüsenerkrankungen konklusivnachweisen und bei Darstellung einer normalvolumigen, homogen strukturierten undnormal vaskularisierten Schilddrüse (SD) eine Erkrankung und eine Funktionsstörung derSD ausschließen. Morphologische Veränderungen der Schilddrüse können frühzeitigmittels Sonographie nicht invasiv erfasst werden.Ziel der Studie war, im Rahmen betrieblicher Gesundheitsförderung bei Beschäftigten inder Autobau-Industrie morphologische Veränderungen und damit Erkrankungen der SDzu erfassen.MethodenAllen Mitarbeitern des Werkes wurde per E-Mail die Teilnahme am Screening angeboten,das im Juli 2006 im Werk durchgeführt wurde. Von ca. 8000 Mitarbeitern meldeten sich800 an, 781 kamen zum Termin. Nach einer kurzen organbezogenen Anamnese undMedikamentenanamnese wurde die SD sonographisch mittels B-Bild und Farbdopplerzur Bestimmung des Volumens, der Struktur und Vaskularisation untersucht.ErgebnisseDie Teilnehmer waren zu 68,9 % Männer und 31,1 % Frauen, durchschnittlich 39,59 ±9,53 Jahre alt. Anamnestisch ließ sich bei 13,8 % der Teilnehmer eine SD-Erkrankungfeststellen, bei 4,1 % gab es eine SD-Erkrankung in der Familie. SD-Hormonpräparatenahmen 2,8 %, Jodpräparate 4,2 % ein. In 6,6 % der Fälle wurde eine über die Normvergrößerte SD (Struma) und bei 25,2 % mindestens ein Knoten festgestellt.Bei Männer fanden sich Strumen signifikant häufiger als bei Frauen;geschlechtsspezifische Unterschiede ließen sich in der Knotenhäufigkeit nicht feststellen.Bei 22,1 % wurde erstmalig (d.h. Eigen- und Familienanamnese ohne Erkrankungen derSD) Knoten gefunden, bei 3 % mehr als 3 Knoten, bei 5,3 % der Fälle eine Struma.Infolge der Sonographie wurde 30,2 % eine weitere fachspezifische Untersuchunggeraten, 6 % zum Ausschluss eines Malignoms (unscharf begrenzter Knoten, mitvermehrter Vaskularisation, Halophänomen oder Mikroverkalkungen).SchlussfolgerungenDurch diese Screeningaktion konnte ein hoher Prozentsatz an morphologischenVeränderungen der SD bei asymptomatischen Patienten erfasst werden, die einerweiteren Diagnostik zugeführt werden mussten. Aufgrund der Untersuchung konnte bei534


P34Poster – Gesundheitsmanagementetwa einem Drittel der Mitarbeiter eine frühzeitige Behandlung in die Wege geleitetwerden und somit mögliche Spätschäden vermieden werden.654Knotenanzahl32100 20 40 60 80AlterAbb. 1: Verteilung der SD-Knoten Anzahl in Abhängigkeit vom Alter535


P35Poster – GesundheitsmanagementVeränderungen der Arbeitsfähigkeit durch gesundheitsförderlicheMaßnahmen im Setting KindertagesstätteReingard Seibt, Marleen Thinschmidt, Diana DutschkeInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus derTechnischen Universität Dresden, DresdenZielstellung:Erzieher fallen im bundesdeutschen Vergleich durch hohe krankheitsbedingteAusfallzeiten auf, die vor allem durch Muskel-Skeletterkrankungen, psychische undpsychosomatische Beschwerden verursacht sind (Nolting et al. 2000; Schad 2002).Unabhängig davon, dass auch berufliche Ressourcen, wie selbständige Arbeitsplanung,positiv erlebte Zusammenarbeit oder Kommunikation bestehen (Dippelhofer-Stiem &Kahle 1995), muss Gesundheit als wesentliche Voraussetzung für gute Arbeitsfähigkeit(Af) gefördert werden.Aber Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung für Erzieher inKindertagesstätten (Kita) werden bisher kaum realisiert, noch evaluiert. In achtEinrichtungen wurden kita-spezifische Gesundheitszirkel implementiert und derenWirkung auf die Af und die sie bedingenden Faktoren bei Erziehern in einerZweipunktmessung (Prä-/Postmessung) untersucht.Methodik:Die Af wurde mit dem Fragebogen Work Ability Index (WAI: BAuA 2001) im Rahmeneiner Gesundheitsdiagnostik erhoben. Diese besteht neben gesundheitlichen Indikatoren(Vitalität: Meißner-Pöthig 1997, Erkrankungen (WAI 3): BAuA 2001; Beschwerden (BFB):Höck & Hess 1975; Burnout-Risiko (MBI-GS): Schaufeli et al. 1996) auspersönlichkeitsrelevanten (Erholungsunfähigkeit (FABA): Richter et al. 1996;Kohärenzgefühl (SOC): Noack et al. 1991) und beruflichen Faktoren (Berufsanamnese:Seibt & Thinschmidt 2002, Effort-Reward-Imbalance (ERI): Siegrist, 1996). In denGesundheitszirkeln (Gz) wurden einrichtungsbezogene Lösungen zur Bewältigungpsychischer Belastungen sowie zur Verbesserung der Arbeitsumgebung/-organisationerarbeitet und umgesetzt. Zur Veränderungsmessung wurden 54 Erzieherinnen zumersten Messzeitpunkt in eine Gruppe verminderter (WAI: 7-36 Punkte; n=13; 50±8 Jahre)bzw. hoher Af (WAI: 37-49 Punkte; n=41; 44±8 Jahre) eingeteilt und hinsichtlich ihrer Afund deren Einflussfaktoren verglichen.Ergebnisse:In der Prämessung unterschieden sich die Schutzfaktoren (active job, günstige Effort-Reward-Balance, Kohärenzgefühl etc.) zwischen beiden Af-Gruppen nicht (Tab. 1).Jedoch arbeiteten Erzieherinnen mit verminderter Af länger im Beruf, betreuten häufigerältere Kinder in größeren Gruppen und wiesen im gesundheitlichen und personalenBereich ungünstigere Voraussetzungen auf: mehr Erkrankungen und Beschwerden,536


P35Poster – Gesundheitsmanagementschlechtere Erholungsfähigkeit (Tab. 1). Nach den Gesundheitszirkeln konnten vor allembei ihnen Verbesserungen festgestellt werden: höhere Af, weniger Erkrankungen undBeschwerden und verbesserte Erholungsfähigkeit. Zudem berichteten alle Erzieherinnengesundheitsbewussteres Verhalten. Die Af war umso höher, je weniger Berufsjahre (r=-.27) und Beschwerden (r=-.55) sowie Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, jegeringer das Burnout-Risiko (r=-.30) und je besser die Erholungsfähigkeit (r=.37) undstärker das Kohärenzgefühl (r=.23).Schlussfolgerung:Zur Bewältigung der beruflichen Anforderungen benötigen die Erzieher spezifischearbeitsmedizinisch-psychologische Unterstützung. Der eingesetzte Gesundheitszirkel hatsich als wirksame, vorwiegend verhältnis- (Verbesserung der Arbeitsbedingungen), aberauch verhaltenspräventive Maßnahme (Sensibilisierung für gesundheitsförderlichesVerhalten) in Kitas erwiesen und sollte gezielt weiterentwickelt werden. Von dieserMaßnahme profitierten besonders Erzieherinnen mit verminderter Af: Bei ihnenverbesserten sich Af und gesundheits- bzw. persönlichkeitsbezogene Faktoren. DerPräventionsbedarf für Kitas kann aber nur in Kombination mit Gesundheitsdiagnostik undGefährdungsbeurteilungen abgeleitet werden. Dieses Vorgehen kann erheblich zurVermeidung von Fehlbeanspruchung und langfristig zur Erhaltung der beruflichen Af undLeistungsbereitschaft von Erziehern beitragen. Maßnahmen sind vor allem auf dieStärkung persönlicher (Problemlösekompetenz) und beruflicher Ressourcen zu richten,die es intensiver zu nutzen gilt.537


P35Poster – GesundheitsmanagementLiteratur:• Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) (Hrsg.) (2001).Arbeitsbewältigungsindex - Work Ability Index (1. Aufl.). Tuomi K; Ilmarinen J;Jahkola A; Katajarinne L; Tulkki A. Work Ability Index. Helsinki: Finnish Institute ofOccupational Health. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW (Schriftenreihe der BAuA,Ü 14).• Dippelhofer-Stiem B; Kahle I (1995). Die Erzieherin im evangelischen Kindergarten.Bielefeld: Kleine.• Höck K; Hess H (1975). Der Beschwerdenfragebogen (BFB). Berlin: Dt Verl Wiss.• Meißner-Pöthig D (1997). Referenzstudie zur Vitalitätsdiagnostik. In: Meißner-PöthigD; Michalak U (Hrsg.). Vitalität und ärztliche Intervention: Vitalitätsdiagnostik:Grundlagen - Angebote – Konsequenzen. Stuttgart: Hippokrates, 73-113.• Noack H; Bachmann N; Olivieri M (1991). Fragebogen zum Kohärenzgefühl.Autorisierte Übersetzung des "Sense of Coherence Questionnaire" Antonovsky A(1987). Universität Bern, Institut für Sozial- und Präventionsmedizin.• Nolting H-D; Berger J; Niemann D; Schiffhorst G; Genz HO; Kordt M (2000). Stressbei Kindergärtner/innen. Hamburg: BGW Berufsgenossenschaft fürGesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege; DAK Deutsche Angestelltenkrankenkasse.• Richter P; Rudolf M; Schmidt CF (1996). Fragebogen zur Analysebelastungsrelevanter Anforderungsbewältigungen. Frankfurt/Main: Swets.• Schad M (2002). Erziehung (k)ein Kinderspiel. Gefährdungen und Belastungen despädagogischen Personals in Kindertagesstätten. Wiesbaden: UniversumVerlagsanstalt (Schriftenreihe der Unfallkasse Hessen, Band 7).• Schaufeli WB; Leiter MP; Maslach C; Jackson SE (1996). Maslach Burnout Inventory- General Survey (MBI-GS); In Maslach C; Jackson SE; Leiter MP (Eds.). MBI-Manual (3rd Ed.). Palo alto: CA. Consulting Psychologists Press.• Seibt R; Thinschmidt M (2002). Fragebogen zur Berufsanamnese von Erziehern.(unveröff.)• Siegrist J (1996). Adverse health effects of high Effort- Reward conditions at work. JOccup Health Psychol 1, 27-43.538


P35Poster – GesundheitsmanagementTab. 1: Gruppenvergleich von Erzieherinnen mit niedriger und hoherArbeitsfähigkeit zu beiden Messzeitpunkten (Prä- und Postmessung)Erzieherinnengruppen GruppenunterschiedeUntersuchte VariableAf vermindert Af hochPrüfgröße p-Wert(n = 13) (n = 41)Arbeitsfähigkeit:WAI-GesamtwertWertebereich: 7 – 49 PunkteArbeitsbezogene VariableEffort-Reward-Imbalance (ERI):ERI-RatioGesundheitsrisiko: ≥ 1Arbeitszeit [Stunden/Woche](Berufsanamnese)Anzahl betreuter Kinder(Berufsanamnese)Gesundheitsbezogene VariableAnzahl diagnostizierterErkrankungen (WAI 3):Wertebereich: 0 - 51 KrankheitenGesamtbeschwerden (BFB):Wertebereich: 0 – 71 BeschwerdenBurnout-Risiko (MBI-GS):Wertebereich: 0 – 6 PunktePersonenbezogene VariableErholungsunfähigkeit (FABA):Wertebereich: 6 – 24 PunkteKohärenzgefühl (SOC):Wertebereich: 13 – 91 PunkteAnmerkung:prä 31,6 ± 4,9 41,7 ± 3,0 t = 4,59 .000post 37,8 ± 5,4 41,8 ± 4,3 t = 2,63 .011Vt = 4,64;p = .001t = 0,38;p = .706prä 0,42 ± 0,1 0,44 ± 0,1 t = 0,46 .646post 0,48 ± 0,1 0,54 ± 0,1 t = 1,41 .163Vt = 1,82;p = .094t = 4,92;p = .000prä 31,4 ± 2,0 33,2 ± 2,5 t =2,40 .019post 31,3 ± 1,9 32,3 ± 5,9 t = 0,81 .458Vt = 1,06;p = .337t = 1,05;p = .330prä 19,7 ± 11,6 15,8 ± 6,2 t = 1,47 .148post 18,4 ± 8,6 15,1 ± 5,6 t = 1,65 .104Vt = 1,01;p = .223t = 1,03;p = .116prä 4,2 ± 2,3 1,8 ± 2,0 t = 3,64 .001post 3,4 ± 3,0 1,9 ± 2,5 t = 1,72 .089Vt = 1,92;p = .085t = 0,74;p = .475prä 13,8 ± 6,8 6,7 ± 5,6 t = 3,76 .000post 8,9 ± 6,5 5,3 ± 5,0 t = 2,15 .036Vt = 3,40;p = .005t = 1,77;p = .084prä 0,93 ± 0,5 0,84 ± 0,5 t = 0,59 .557post 0,77 ± 0,6 0,82 ± 0,5 t = -0,27 .791Vt = 1,50;p = .169t = 0,60;p = .569prä 16.0 ± 2.7 13.8 ± 3.0 t = 2,40 .020post 12.9 ± 2.7 13.0 ± 2.8 t = 0,20 .840Vt = 3,14;p = .009t = 2,21;p = .033prä 70,8 ± 10,3 70,1 ± 8,2 t = 0,24 .808post 72,1 ± 10,8 70,8 ± 8,1 t = 0,71 .491Vt = 0,75;p = .466t = -0,43;p = .669V … Veränderung von erster zu zweiter Messung innerhalb jeder Gruppe(Mittelwerte und Standardabweichungen; t-Test für abhängige bzw.unabhängige Stichproben)539


P36Poster – GesundheitsmanagementDas Unternehmermodell in der Arbeitsmedizinischen Betreuungvon Kleinbetrieben - Konzept und Erfahrungen einerBerufsgenossenschaft -Wolfgang Zschiesche, Ingeborg Eisenacher-Abelein, Susanne Bonnemann, Ralph HettrichPrävention, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik, KölnAusgangslage, Ziele und Konzept der Berufsgenossenschaft der Feinmechanikund ElektrotechnikDie arbeitsmedizinische Betreuung von Kleinbetrieben bis 50 Mitarbeitern (MA) kannnach der letzten Novellierung der BGV A2 auch im Rahmen eines so genanntenalternativen Betreuungsmodells (Unternehmermodells, U-Modells) erfolgen. In diesemRahmen werden Unternehmer bzw. Betriebsverantwortliche in Seminaren motiviert,sensibilisiert und geschult. Hierbei werden auch besondere Hinweise zu Aufgaben undStellung des Betriebsarztes sowie zur Erkennung von Anlässen betriebsärztlicherBetreuung vermittelt. Die betriebsärztliche Tätigkeit erfolgt dann bedarfsorientiert mitjeweiliger Einzelfall-Einschaltung durch den Unternehmer.Die BGFE ist nach ihren bisherigen Erfahrungen überzeugt, dass in Kleinbetrieben dasU-Modell aufgrund einer direkten Motivierung und Information der Unternehmer bessereAussichten einer angemessenen betriebsärztlichen Betreuung der Mitarbeiter ermöglicht,als dies in der Regelbetreuung der Fall wäre. Die BGFE strebt deshalb an, alle bei ihrversicherten Kleinbetriebe bis 50 MA nach Möglichkeit in das U-Modell einzubeziehen.Betroffen sind hiervon rund 80.000 Betriebe mit ca. 700.000 versicherten Mitarbeitern.Diese gehören hauptsächlich zu folgenden Branchen: Elektrohandwerke, Dentallabore,Orthopädietechniker, Augenoptiker, Uhrmacher, Hörgeräteakustiker, Feinmechanik,Metallbearbeitung und Musikinstrumente.Die Anlässe der bedarfsorientierten betriebsärztlichen Betreuung sind in der BGV A2 derBGFE im Vergleich zu dem Musterverordnungstext des BMAS in einigen Punktenerweitert. Dies betrifft insbesondere: Erforderlichkeit von arbeitsmedizinischenUntersuchungen, Beurteilungen und Beratungen; individuelle Beeinträchtigungen derGesundheit einschließlich Suchterkrankungen, die ein gefährdungsfreies Arbeitenbeeinträchtigen; Auftreten von Gesundheitsbeschwerden oder Erkrankungen, die durchdie Arbeit (mit)verursacht sein könnten; Fragen des Arbeitsplatzwechsels und der(Wieder-) Eingliederung von Beschäftigten; Häufung gesundheitlicher Probleme imBetrieb; Wunsch des Arbeitnehmers nach Untersuchung bzw. Beratung.Ablauf des Unternehmer-ModellsAufgrund der großen Zahl der erforderlichen Grund- und Aufbauseminare fürUnternehmer entsprechend der BGV A2 zur Erreichung aller potenziell infragekommenden Unternehmen kooperiert die BGFE mit rund 50 qualifizierten540


P36Poster – GesundheitsmanagementKursveranstaltern und ebenfalls etwa 50 qualifizierten externen Arbeitsmedizinern alsDozenten; darüber hinaus werden Innungen und Berufsfachverbände in dieKonzeption/Planung und Durchführung des U-Modells eingebunden. Um nach derMotivations- und Sensibilisierungsphase eine adäquate betriebsärztliche Betreuung beiBedarf sicherzustellen, hat die BGFE ein Netzwerk von Betriebsärzten eingerichtet,deren ärztliche Mitglieder von den interessierten Unternehmen über die Homepage derBGFE eingesehen und angesprochen werden können. Die einzelnen Abläufe derSeminarveranstaltungen für Unternehmer und die Vermittlung allgemeiner undbranchenspezifischer Aspekte der bedarfsorientierten betriebsärztlichen Betreuung sindin Abbildung 1 dargestellt.Steuerung und Führung des alternativen BetreuungsmodellsDie BGFE leistet zur Sicherstellung einer hohen Qualität des U-Modells folgendeAufgaben:• Regelmäßige engmaschige Weiterbildung und Erfahrungsaustausch vonKursveranstaltern und arbeitsmedizinischen Dozenten• Bereitstellung von Materialien für die Unternehmer• Bereitstellung von Präsentationen für Dozenten/Arbeitsmediziner• Vorgabe der Inhalte und Seminarziele• Vermittlung branchenspezifischer Kompetenz an die Dozenten/Arbeitsmediziner• Qualitätskontrolle und Evaluierung durch Seminarbesuche von BGFE-BeobachternErfahrungen und SchlussfolgerungenZ. Zt. Haben rd. 30.000 Unternehmen am Grundseminar und rd. 12.000 amAufbauseminar einschl. Information und Motivation zur betriebsärztlichen Betreuungteilgenommen.In der Regel werden alle Zielvorgaben und Inhalte vermittelt.Bisherige Bewertung der arbeitsmedizinischen Dozenten:• Inhalte und Ziele werden im Sinne der BGFE meist vermittelt• Aufgaben und Stellung von Betriebsärzten werden meist überzeugend undgewinnend dargestellt• Branchenspezifische Inhalte, Gefährdungen und Vorsorge werden zum Teil nichtvollständig vermittelt• Präsentation und Vortragsweise sind meist überzeugend und ansprechend, nur insehr seltenen Fällen unzureichend• Bisher überwiegend positive Resonanz der UnternehmenDie BGFE hält den eingeschlagenen Weg der Unternehmerschulung im Rahmen desalternativen Betreuungsmodells für überzeugend und vielversprechend.Erforderlich sind hierbei:541


P36Poster – Gesundheitsmanagement• Klare Vorgaben der zu vermittelnden Inhalte und Ziele durch die beauftragende BG• Intensive Betreuung und Schulung der Dozenten einschl. der Arbeitsmediziner• Sorgfältige Qualitätskontrolle und Evaluierung der Motivations- undSensibilisierungsmaßnahmen für die KMUInsgesamt ergibt sich hieraus ein hoher personeller und zeitlicher Aufwand, den diedurchführende BG zur Vermittlung guter Grundlagen in der Erkennung vonBeratungsbedarf und Sicherstellung einer hochwertigen bedarfsorientierten Betreuungder KMU betreiben muss.Abbildung 1: Motivation und Sensibilisierung von KMU zur arbeitsmedizinischen Betreuung imRahmen des alternativen Betreuungsmodells542


P37Poster – Genetische UntersuchungenDatenaufbereitung mittels nichtlinearer Klassifikationsverfahrenzur Erhöhung der statistischen Aussagekraft von Odds RatioAnalysenNorman Bitterlich 1 , Joachim Schneider 21 Biostatistik, Medizin & Service GmbH, Chemnitz; 2 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin,Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, GießenEinleitungUnterschiede individueller Empfindlichkeiten gegenüber Einwirkungen kanzerogenerGefahrstoffe werden u.a. durch Polymorphismen fremdstoffmetabolisierender Enzymeerklärt. Molekularepidemiologische Fall-Kontroll-Studien zu Lungenkrebserkrankungen,die die multiple logistische Regression (MLR) anwenden, verweisen mittels Odds-Ratio-Analyse (OR) auf erwartete Abhängigkeiten, können diese aber oft nicht als statistischsignifikant nachweisen. Adjustierung auf bekannte Einflussgrößen wie Alter undRauchkonsum verbessern die Aussagekraft meist nur wenig. Die Untersuchung vonSubgruppen verringern die Fallzahlen so, dass auch damit die statistische Signifikanznicht erreicht werden kann. Die OR-Analyse ist besonders bei geringerKlassifikationsgüte der zugrunde liegenden Regressionsmodelle interessant. Allein mitden betrachteten Einflussfaktoren lassen sich hierbei keine sicherenKlassenzuordnungen begründen. Andere, vor allem nichtlineare Klassifikationsverfahrenkönnen oft eine verbesserte Trefferquote erreichen. Fuzzy-basierte Verfahrenermöglichen zudem, aus dem Expertenwissen bekannte qualitative Zusammenhänge indie Modellbildung einfließen zu lassen.Material und MethodenVon 610 männlichen Personen eines Hochrisikokollektivs mit kanzerogenen Belastungenwurden Polymorphismen des Cytochromoxydasen (CYP) und des Glutathion S-Transferase (GST)-Systems bestimmt [1, 2]. Die DNA-Extraktion erfolgte nachStandardmethoden, die Analyse der Genprodukte mittels real-time-PCR-Analyse. DieBasisanalyse der Einzelparameter wurde mittels MLR durchgeführt. Als Einflussgrößenwerden das Alter, der Rauchkonsum und die bekanntermaßen LungenkrebserzeugendenGefahrstoffe berücksichtigt [1, 2]. Die systematische Subgruppen-Untersuchung zeigt Tendenzen auf, die in einer weiteren Analyse zu bestätigen sind [3].ErgebnisseAls Lösungsansatz werden fuzzy-basierte Klassifikationsverfahren (FBK) auf dieParameter der betrachteten Einflussfaktoren angewandt. Damit gelingt entweder eineSteigerung der Sensitivität oder bekannte Zusammenhänge können ohneSensitivitätsverlust berücksichtigt werden: Mittels MLR kann der aus den Datenresultierende scheinbar risikohemmende Einfluss des Alters, der den epidemiologischenErkenntnissen widerspricht, in der OR-Analyse nicht kompensiert werden. Das FBK543


P37Poster – Genetische Untersuchungenjedoch bildet den Alterseinfluss wie erwartet ab. Das Beispiel zeigt: Die Fuzzifizierungder Eingangsparameter eignet sich als Datenvorverarbeitung, da die OR-Analyse aninhaltlicher Aussagekraft gewinnt. Anstelle der ursprünglichen Messwerte können dietransformierten Kenngrößen der OR-Analyse zugeführt werden, um derStrukturerwartung besser zu entsprechen. Ohne Fallzahl-reduzierendeSubgruppenanalyse können nun Ergebnisse statistisch signifikant nachgewiesenwerden. Insbesondere ist der Einfluss der Genpolymorphismen deutlich. Bei einemsusceptiblen Patienten kann eine 115-fache Risikoerhöhung an Lungenkrebs zuerkranken für einen stark rauchenden 70-Jährigen (60 PJ) gegenüber einem 30-jährigenNichtraucher nachgewiesen werden, wohingegen bei fehlendem Gendefekt im CYP1B1-System eine 65-fache Risikoerhöhung resultiert (Abbildung).odds ratio140120100806040200Alter[Jahre]807060504030CYP1B1=110 203040506070 Rauchkonsum[PJ]odds ratio140120100806040200Alter[Jahre]807060504030CYP1B1>110 203040506070 Rauchkonsum[PJ]Abbildung: odds ratio zur Referenz „Nichtraucher, 30 Jahre, ohne Gendefekt“ mittels fuzzybasierterKlassifikation ohne Gendefekt (li.) bzw. mit Gendefekt (re.) im CYP1B1-SystemSchlussfolgerungDer Einsatz fuzzy-basierter Verfahren erhöht nicht nur die statistische Aussagekraft derOR-Analyse, sondern zeichnet sich dabei auch durch eine hohe Interpretationsfähigkeitder Ergebnisse aus und eignet sich für eine breite Klasse von Parametern.Literatur1. Schneider J, Bernges U, Philipp M, Woitowitz HJ: CYP1A1 and CYP1B1polymorphism and lung cancer risk in relation to tobacco smoking. Cancer Genomicsand Proteomics 1 (2004) 189-1982. Schneider J, Bernges U, Philipp M, Woitowitz HJ: GSTM1, GSTT1, and GSTP1polymorphism and lung cancer risk in relation to tobacco smoking. Cancer Letters208 (2004) 65-743. Raimondi S et al.: Meta- and Pooled Analysis of GSTT1 and lung cancer: A Huge-GSEC review. Am. J. Epidemiol. 164 (2006) 1027-1042544


P38Poster – Genetische UntersuchungenGenexpressionsanalysen von Zellen nach Beschallung miteinem InfrapulsgeneratorSilvester Siegmann 1 , Klaus Siegmund 1 , Bernd Prisack 2 , K. Thiel 3 , H. Bojar 2 , Elisabeth Borsch-Galetke 1 ,1 Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf; 2 Institut fürOnkologische Chemie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf; 3 Fraunhofer Institut für ChemischeTechnologie PfinztalMethode:Im Rahmen eines Forschungsvorhabens wurden Versuche mit einemInfrapulsgenerator (IPG, Bild 1) durchgeführt. Dabei wird in 4 Rohren ein Luft-Azetylen-Gasgemisch zur Knalldruckerzeugung gezündet und eine schussartige Belastungerzeugt. Testzellen waren Phytohämaglutinin stimulierte periphere menschlicheLymphocyten und dermale Fibroblasten. Nach 48 stündiger Vorkultivierung erfolgteihre Beschallung (500 Impulse) jeweils in einem Abstand von 3 und 12 m zum IPG. ProVersuchsstufe wurden 2 parallele Lymphocytenkulturen beschallt, zusätzlich wurdenKulturen ohne Infraschall-Einwirkung als Kontrollen verwendet.Belastung:Die Auswertung der Impulssignale erfolgte mit „Messsystemen zur Messung undAuswertung von Waffenlärm“ gem. der „Deutsch-Französischen Messvorschrift fürWaffenknalle“. Hierbei wurde der Kunstkopf auf den Entfernungspunkten postiert. Das füreine Knallbeurteilung erforderliche Freifeldmikrofon war schwingungsisoliert mit derMikrofonmembran nach oben am Kunstkopf befestigt.Die Schalldruckpegel des Freifeldmikrofons variierten in Abhängigkeit zur Entfernungmit Freifeldpegeln zwischen 155 dB (3 m) und 145 dB (12 m).Signifikanzanalyse mit SAM:Es wurde sehr homogen etwa die Hälfte der über 22.000 Gene auf einem Affymetrix-Genchip detektiert. Die Lymphocyten „Kontrolle“ gegen „Belastung“ nach Belastungzeigen in diesem Versuch je nach Nähe zur Pulsquelle eine Aufregulierung zwischen0,7% und 1,6%.Zur Signifikanzanalyse der Microarraydaten wurde die SAM-Methode eingesetzt. DieSAM- Methode (Significant Analysis of Microarrays applied to radiation response; Tusheret al. 2001 ) weist jedem Gen einen Score zu. Dieser Score beruht auf der jeweiligenGenexpressionsveränderung, unter Berücksichtigung der Standardabweichung diesesGens bei wiederholten Messungen. Die Anzahl der Gene, deren Expression alssignifikant verändert betrachtet wird, kann dadurch, dass der Mittelwert einerGenexpressionsserie sich um wenigstens einen vorgegebenen Faktor verändert,eingeschränkt werden.545


P38Poster – Genetische UntersuchungenSignificant: 59Median # false significant: 1,41594SAM PlotDelta 1,32519Fold Change 1,10000121086Observed420-6 -4 -2 0 2 4 6-2-4-6-8ExpectedAbbildung: Die Abbildung zeigt die Abweichungen der erwarteten Scores pro Gen von dentatsächlich ermittelten Scores an 5 verschiedenen Zellkulturen in 10 Experimenten. Beigewähltem Grenzwert gibt es keine Gene, die deutlich herunterreguliert sind. Mit den gewähltenEinstellungen sind viele Gene (rote Punkte) als signifikant aufreguliert eingestuft, und davonwurden nur 1,4 Gene durch die Permutationsmethode als falsch positiv erkannt.In der Regel erwartet man wenigstens eine Veränderung um den Faktor "2", um imRahmen der Messungenauigkeit von einer nicht auf Zufall basierenden Veränderungsprechen zu können. Wird diese Methode auf die Versuchsreihe angewendet, so ergibtsich eine Rate als falsch detektierter Gene von über 50%. Wählt man hier die Gene mitden 100 größten Scores aus, so sind davon 51 Gene allein auf die zufällige Varianz derExpression zurückzuführen. Auch wurden nur 2 Gene im Durchschnitt wenigstens umden Faktor zwei verändert.Folgerung:Von einer genschädigenden Wirkung der o.a. Schallbelastung durch einenInfrapulsgenerator ist nicht auszugehen.Moderne Analysemethoden liefern nach Belieben ohne Probleme Unmengen vonDaten. Die Kunst liegt darin, die richtigen rauszufiltern und daraus die richtigenSchlussfolgerungen zu ziehen.Literatur:• Tusher VG, Tibshirani R, Chu G.: “Significance analysis of microarrays applied to theionizing radiation response.” Proc Natl Acad Sci USA 98(9), 5116-5121 (2001)546


P39Poster – Genetische UntersuchungenSirtuin 1 (Sirt1) Polymorphismusstudien beim VibrationsbedingtenVasospastischen Syndrom (VVS)Susanne Völter-Mahlknecht 1 , Bernd Roßbach 1 , Stephan Letzel 1 , Ulrich Mahlknecht 21 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 MedizinischeKlinik, Universität Heidelberg, HeidelbergEinleitung und Ziel:Stickstoffmonoxid (NO) ist ein starker Vasodilatator. Sirtuine sind epigenetisch wirksameSubstanzen (1), welche u.a. in einer Zelle dafür verantwortlich sind, welche Gene inwelcher Situation und zu welchem Zeitpunkt an- bzw. abgeschaltet werden. Das SirtuinSirt1 wird durch den NO-Liberator Nitroprussid stärker exprimiert und seineenzymatische Aktivität nimmt zu. Ziel des Projektes war es zu untersuchen, ob es einengenetischen Polymorphismus (2, 3) für Sirt1 gibt, welcher möglicherweise dafürverantwortlich sein könnte, dass bei VVS-Patienten trotz der Anwesenheit von NO dervasodilatierende Effekt gering ist.Methoden und Kollektiv:Die potentiellen Sirtuin 1 SNPs wurden mit Hilfe folgender Datenbanken identifiziert: a)Database of Single Nucleotide Polymorphisms (dbSNP) (4), b) HapMap Database (5)und c) Applied Biosystems Database (6). Wir beschränkten unsere Experimente aufkodierende, nicht synonyme SNPs. 4 potentielle genetische Polymorphismen von Sirt1wurden anhand von DNA-Proben (5ml peripheres Blut (EDTA-Blut)) von VVS-Patientenund von gesunden Probanden untersucht. Die Allelverteilung für die SNPs rs35224060,rs1063114, rs 1063111 und rs1063112 wurde mit Hilfe von TaqMan-Hybridisierungssonden bestimmt, wobei ABI Prism 7000 RT-Cycler zum Einsatz kam.Das VVS-Kollektiv (n = 48) bestand aus 92,3 % Männern und 7,7 % Frauen mit einemmedianen Alter von 55 Jahren (min. 30 J., max. 74 J.). 63,5 % der Betroffenen waren vorUnterlassung der Vibrationsexposition im Bereich der Forstwirtschaft tätig. Die übrigenarbeiteten u.a. als Steinmetze, Zahntechniker, Gärtner. 51,3 % des Kontrollkollektivs (n =283) waren Frauen, 48,7 % Männer bei einem medianen Alter von 52,4 Jahren (min. 18J., max. 78 J). Ein Votum der Ethikkommission und Einverständniserklärungen deruntersuchten Personen liegen vor.Ergebnisse:Mittels der Analyse des in silico Expressionsprofils mit Hilfe des EST profile viewers(NCBI) konnte eine sehr starke Expression von Sirt1 in Gefäßendothelzellennachgewiesen werden. Aufgrund dieser Tatsache und aufgrund der verstärktenExpression von Sirt1 durch Nitroprussid wurden die Polymorphismen dieses Sirtuinsuntersucht. Bei der in silico Analyse von Sirt1 konnten 113 potentielle SNPs innerhalbder genomischen Region von Sirt1 festgestellt werden, wobei es sich bei n = 7 umkodierende, nicht synonyme SNPs handelte. Vier von diesen wurden bisher bezüglich547


P39Poster – Genetische Untersuchungeneines potentiellen genetischen Polymorphismus untersucht. Für den unter rs35224060gelisteten SNP ließ sich ein Polymorphismus innerhalb der kodierenden Regionen vonSirt1 nachweisen, der aber wahrscheinlich keinen Zusammenhang zum VVS hat.Diskussion und Schlussfolgerungen:Für die untersuchten SNPs ließen sich keine relevanten Unterschiede bezüglich derAllelverteilungen bei VVS-Erkrankten und Kontrollen nachweisen. Neben weiterenPolymorphismus-Untersuchungen ist geplant, Sirt1 mit Hilfe eines eukaryotischenExpressionsvektors zu überexprimieren und mittels RNA-Chipanalysen nach Sirt1-abhängigen intrazellulären Signalwegen zu suchen, welche an der Regulation desGefäßtonus beteiligt sind. Auf diese Weise wollen wir eine Auswahl an Genenzusammenstellen, die wir dann an einer größeren Gruppe von Gesunden sowie vonVVS-Kranken überprüfen wollen. Durch die Charakterisierung eines solchen Profilsaktivierter bzw. inaktivierter Gene, welche potentiell mit dem VVS assoziiert sind, könnteein Risikoprofil für gefährdete Berufsgruppen abgeleitet werden. Natürlich darf dabei imRahmen einer verbesserten Primärprävention nicht außer Acht gelassen werden, dassdie Gestaltung menschengerechter Arbeitsplätze oberste Priorität hat.Förderung: durch den Schwerpunkt „Präventive Medizin“ des Fachbereiches Medizinder Johannes Gutenberg-Universität MainzLiteratur(1) Fedoruk M. The science creative quarterly, issue 2 (2003)(2) Collins FS, Brooks LD, Chakravarti A. A DNA polymorphism discovery resource for researchon human genetic variation. Genome Res 8:1229-1231 (1998)(3) Barnes MR. Comp Funct Genom 3: 67-74 (2003)(4) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/SNP(5) http://www.hapmap.org/index.html.en(6) https://products.appliedbiosystems.comDanksagung:Wir möchten Herrn Christian-Lars Dransfeld für die technische Unterstützung danken.548


P40Poster – Genetische UntersuchungenMikrokernraten in Lymphozyten von Arbeitern in derHeißverarbeitung von BitumenPeter Welge 1 , Boleslaw Marczynski 1 , Monika Raulf-Heimsoth 1 , Anne Spickenheuer 1 , Anja Erkes 1 ,Rainer Bramer 1 , Dietmar Breuer 2 , Jens-Uwe Hahn 2 , Thomas Mensing 1 , Beate Pesch 1 , Heiko U.Käfferlein 1 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA), St. AugustinEinleitung und Ziel der StudieGussasphaltarbeiter können bei der Heißverarbeitung von Bitumen gegenüberpolyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) exponiert sein, die in Bitumenenthalten sind. Über das genotoxische Potential einer solchen Exposition ist wenigbekannt. Als Beitrag zur Klärung dieser Fragestellung wurden jeweils vor und nach derArbeitsschicht Mikrokernraten in Lymphozyten von Arbeitern, die Bitumen bei derHeißverarbeitung ausgesetzt sind, und von nicht exponierten Referenzpersonenuntersucht.MethodenIn Lymphozyten von 34 gegen Bitumen bei der Heißverarbeitung exponierten Arbeiternim Alter von 17 bis 53 Jahren (21 Raucher und 13 Nichtraucher) und von 14 nichtexponierten Straßenarbeitern im Alter von 18 bis 54 Jahren (8 Raucher und 6Nichtraucher) wurden die Mikrokernraten bestimmt. Die äußere Exposition gegenüberDämpfen aus Bitumen wurde mittels personenbezogener Luftmessungen ermittelt. DerMikrokerntest wurde nach der von Fenech (2000) beschriebenen Methode durchgeführt.Lymphozyten wurden mittels Dichtegradientenzentrifugation aus dem Vollblut isoliert,kultiviert und mittels Phytohämagglutinin (PHA, Endkonzentration 25 μg/mL) zur Teilungstimuliert. Nach 44 h Inkubation wurde die Cytokinese mit Cytochalasin B (6 μg/mL)gehemmt. Nach weiteren 28 h Inkubation wurden die Zellen mittels Zytozentrifugationgeerntet und mit May-Grünwald/Giemsa-Färbung gefärbt. Die Auszählung derMikrokerne (MN) erfolgte nach standardisierten Kriterien jeweils in 1000 zweikernigenZellen.ErgebnisseBei Bitumen-exponierten Arbeitern wurden im Median 8,3 MN/1000 zweikernige Zellen(P25-P75: 6,5-11,0) vor der Arbeitsschicht und 7,6 MN/1000 zweikernige Zellen (P25-P75: 5,5-10,1) nach der Arbeitsschicht gefunden. Damit besteht kein signifikanterUnterschied (P=0,53). In der Referenzgruppe lag der Median vor der Schicht bei 5,8MN/1000 zweikernige Zellen (P25-P75: 3,5-7,7) und nach der Schicht bei 6,9 MN/1000zweikernige Zellen (P25-P75: 5,4-9,0). Auch hier unterscheiden sich die Werte vor undnach Schicht nicht signifikant (P=0,60). Zwischen exponierten Personen undReferenzpersonen waren die Mikrokernraten nur vor der Schicht signifikant549


P40Poster – Genetische Untersuchungenunterschiedlich (P=0,03). Dieser Befund muss allerdings aufgrund des noch kleinenReferenzkollektivs vorsichtig interpretiert werden. Die Mikrokernraten nach der Schichtzeigten keinen Zusammenhang mit der äußeren Exposition gegen Dämpfe aus Bitumen(P=0,93).DiskussionDie in unserer Studie gemessenen Mikrokernraten liegen im Bereich der von Surrallesund Natarajan (1997) berichteten Hintergrundfrequenzen. Während Burgaz et al. (1998)in einer Gruppe von 28 gegen Dämpfe aus Bitumen exponierten Arbeitern höhereMikrokernfrequenzen (2,25 ± 0,42 mikrokernhaltige Zellen /1000 Zellen (Mittelwert ±Standardabweichung)) als in der Gruppe von 28 Referenzpersonen (1,79 ± 0,32mikrokernhaltige Zellen/1000 Zellen) gemessen haben, fanden Järvholm et al. (1999)zwischen 27 Straßen-Asphaltarbeitern (4,1 ± 2,0 MN/1000 Zellen (Geometrisches Mittel± Standardabweichung)) und 30 Referenzpersonen (4,5 ± 1,7 MN/1000 Zellen) keinenUnterschied in der Mikrokernfrequenz. Dies steht in Übereinstimmung mit unsererStudie. Burgaz et al. (1998) und Järvholm et al. (1999) verwendeten allerdings eine leichtabweichende Methode zur Bestimmung der Mikrokernraten (ohne Zusatz vonCytochalasin B).SchlussfolgerungenIn dem untersuchten Studienkollektiv führte die Exposition gegenüber Bitumen bei derHeißverarbeitung nicht zu erhöhten Mikrokernraten, verglichen mit der Referenzgruppe(Nach-Schicht-Werte). Vor der Schicht fand sich ein signifikanter Unterschied derMikrokernraten zwischen der Gruppe der exponierten Arbeiter und der Referenzgruppe.Innerhalb der beiden Gruppen fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen denMikrokernraten vor und nach der Schicht. Der Studienumfang wird vergrößert, ummögliche genotoxische Effekte in Zusammenhang mit einer Exposition gegenüberBitumen bei der Heißverarbeitung besser zu charakterisieren.Literatur1. Burgaz S, Erdem O, Karahalil B, Karakaya AE: Cytogenetic biomonitoring of workersexposed to bitumen fumes. Mutat Res 419; 1998, 123-302. Fenech, M: The in vitro micronucleus technique. Mutat Res 455; 2000, 81-953. Järvholm B, Nordstrom G, Hogstedt B, Levin JO, Wahlstrom J, Ostman C,Bergendahl C: Exposure to polycyclic aromatic hydrocarbons and genotoxic effectson nonsmoking Swedish road pavement workers. Scand J Work Environ Health 25;1999:131-136.4. Surralles J, Natarajan AT: Human lymphocytes micronucleus assay in Europe. Aninternational survey. Mutat Res. 392; 1997:165-74.550


P41Poster – Genetische UntersuchungenUntersuchungen zum Einfluss von Sequenzvariantenstyrolmetabolisierender Enzyme auf innere Belastungsparameternach StyrolexpositionHans-Peter Rihs 1 , Philipp Werner 2 , Gerhard Triebig 2 , Evelyn Heinze 1 , Sylvia Rabstein 1 , BeatePesch 1 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg,HeidelbergHintergrund:Am Arbeitsplatz werden nach vergleichbarer äußerer Exposition gegenüber Styrolinterindividuell unterschiedliche Konzentrationen von Styrol im Blut bzw.Styrolmetaboliten im Harn festgestellt.Zielsetzung:Ziel dieser Studie war die Untersuchung des Einflusses von 12 „Single NucleotidePolymorphisms“ (SNPs) der Gene GSTM1, GSTT1, GSTP1, CYP2E1, CYP1A2,CYP3A4, EPHX1, ERCC1 und ERCC2 auf innere Belastungsparameter von 89 StyrolexponiertenBeschäftigten eines Bootsbaubetriebes.Methoden:Im Rahmen dieser Feldstudie wurde nach Zustimmung der Ethikkommission die äußereund innere Belastung gegenüber Styrol an vier Untersuchungstagen (Montag –Donnerstag) ermittelt. Die Bestimmung der äußeren Styrolbelastung erfolgte mittelsPassivsammler (ORSA 5). Die innere Styrolbelastung wurde im Blut (Styrol) und im Urin(Mandel (MA)- und Phenylglyoxylsäure (PGA)) analysiert. Die SNP-Analyse vonEnzymen, die an der Styrolmetabolisierung beteiligt sind, bzw. bei der DNA-Reparatureine Rolle spielen erfolgte in allen Fällen mittels Real-time PCR. Exakte Tests auf Hardy-Weinberg Equilibrium, wurden ebenso durchgeführt, wie deskriptive Analysen derVerteilungen der Metaboliten nach Genotyp (Tab. 1). Anschließend erfolgte dieBerechnung von Spearman-Rangkorrelationen und die Überprüfung der Verteilung derBiomarker auf log-Normalität. Stratifizierte Analysen für Beschäftigte ohne und mitAtemschutz wurden durchgeführt um zunächst den Einfluss verschiedener Parameterohne SNPs in den Untergruppen zu analysieren. Schließlich wurden gemischte lineareModelle ausgewählt, um den Einfluss der Genotypen und die exogene Styrolexpositionauf die Konzentration des Styrol im Blut (Montag und Donnerstag nach Schicht) und derPGA im Urin adjustiert für den Messzeitpunkt (Montag-Donnerstag nach Schicht),Rauchen (aktuell ja oder nein), und Inhalationsschutz (Halbmaske bzw.gebläseunterstützte Schutzhaube) zu untersuchen.551


P41Poster – Genetische UntersuchungenErgebnisse:Die Anwendungen des gemischten linearen Modells kam für die PGA im Urin und dieStyrolkonzentration im Blut zur Anwendung, da beide Parameter, die Voraussetzungeiner log-Normalverteilung erfüllten. Die gemischten Modelle der Untergruppen PGA imUrin und Styrol im Blut zeigten jeweils einen signifikanten Effekt des Maskentyps fürProbanden, die eine Atemschutz trugen. Beschäftigte ohne Atemschutz zeigten einensignifikanten Einfluss der exogenen Styrolbelastung auf die Styrolkonzentration im Blut,die bei Arbeitern mit Inhalationsschutz (Halbmaske oder gebläseunterstützteSchutzhaube) nicht zu beobachten war. Ein Einfluss von Styrol aus der Umgebungsluftauf die PGA-Konzentration im Urin konnte nicht nachgewiesen werden. Für die in dasModell anschließend integrierten SNPs zeigten heterozygote Träger der GSTP1-Variante105IleVal (p=0.011) und der homozygoten SNP-Variante CYP2E1-71TT (p=0.015)signifikant erniedrigte, adjustierte Mittelwerte für die PGA-Konzentration im Urin.Dagegen wurde für die Styrolkonzentration im Blut kein signifikanter Einfluss deruntersuchten SNPs im linearen gemischten Modell beobachtet. Nur die homozygoteVariante des Reparaturenzyms ERCC2 751Gln war grenzwertig (p=0.056) mit einerErniedrigung der adjustierten Styrolkonzentration assoziiert. Die im Vorfeldangewendeten Kovarianzanalyse-Modelle zeigten keinen signifikanten Einfluss zum 5%-Niveau von exogener Styrolbelastung, Rauchen oder einem der untersuchten SNPs aufdie Zielparameter Styrolkonzentration im Blut und die Summe der UrinmetaboliteMA+PGA. Das Tragen von gebläseunterstützten Schutzhauben führte zu einersignifikanten Absenkung der gemessenen Metabolite im Urin (Summe MA+PGA).SchlussfolgerungenDas gemischte lineare Modell zeigte lediglich für zwei der untersuchten SNPs einensignifikanten modulierenden Einfluss hinsichtlich einer Absenkung der PGA-Konzentration im Urin.Die effektivste Form der Prävention gegenüber einer Styrolexposition lieferte das Tragenvon gebläseunterstützten Schutzhauben.552


P41Poster – Genetische UntersuchungenTab. 1: Überblick über die untersuchten „Single Nucleotide Polymorphisms“ (SNP) und dieVerteilung der Sequenzvarianten im Styrol-exponierten Kollektiv der Bootsbauer (N=89)SNP500Anzahl FrequenzSequenz-AminosäureaustauschSNPCancerN %variantenDatenbanknr*.CYP1A2-163C>ACYP2E1-1053C>TCYP2E1-71G>TCYP3A4-392A>GEPHX18668T>CEPHX115543A>GGSTM1*0GSTM1*1GSTT1*0GSTT1*1GSTP12627A>GGSTP13517C>TERCC119007G>AERCC235931A>CCCCAAACCCTTTGGGTTTAAAGGGTTTCCCAAAGGGDeletionAnwesenheitDeletionAnwesenheitAAAGGGCCCTTTGGGAAAAAACrs762551rs2031920rs6413420rs2740754rs1051749rs2234922KeineKeiners947894rs1799811rs3212955rs28365048Nein(Promotor)Nein(Promotor)Nein(Promotor)Nein(Promotor)Tyr113HisHis139ArgNeinNeinIle105ValAla114ValNeinLys751GlnCC* http://snp500cancer.nci.nih.gov**pHWE = p-Wert für den Test auf das Hardy-Weinberg Equilibrium13373986307810180725230761262494023663839127216120353445301414,641,643,896,63,4087,711,21,189,97.92,258,433,77,968,529,22,355,144,925,874,242,743,813,580,918,01,122,539,338,250,633,715,7pHWE**0,491,000,330,030,391,00--0,651,000,080,03553


P42Poster – Genetische UntersuchungenExposition gegenüber Dämpfen aus Bitumen: Effektmodulationvon Sequenzvarianten PAK-metabolisierender EnzymeHans-Peter Rihs 1 , Monika Raulf-Heimsoth 1 , Anne Spickenheuer 1 , Sylvia Rabstein 1 , BeatePesch 1 , Rainer Bramer 1 , Jürgen Angerer 2 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenHintergrund:Mit der Aussetzung des Grenzwertes für Dämpfe aus Bitumen bei der Heißverarbeitungfür Gussasphaltierer hat der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) eine flächendeckendearbeitsmedizinische Betreuung und genauere Untersuchungen der Beschäftigten, diewährend ihrer Tätigkeit deutlich höheren Konzentrationen von Dämpfen aus Bitumenausgesetzt sind, gefordert. Im Rahmen der „Humanstudie Bitumen“ werden irritative,genotoxische und modulierende molekulare Effekte bei beruflicher Bitumenexposition ineinem „Cross Shift Design“ untersucht.Zielsetzung:Der Einfluss von Sequenzvarianten PAK-metabolisierender Enzyme auf die Modulationder Konzentration von PAK-Metaboliten nach einer Exposition von Arbeitnehmerngegenüber Dämpfen aus Bitumen ist wenig untersucht. Um mehr Information über solchemodulierenden Effekte zu erhalten, wurden 11 Polymorphismen (SNPs) in den GenenPAK-metabolisierender Enzyme (CYP1A1, CYP1A2, CYP1B1, CYP3A4, EPHX1,GSTM1, GSTP1, GSTT1) [1] und 7 SNPs des humanen NAT2-Gens, die eine Ableitungdes Acetyliererstatus erlauben [2], analysiert.Methoden:Im Rahmen der „Humanstudie Bitumen“ wurden nach Genehmigung durch die örtlicheEthikkommission bisher 235 männliche Beschäftigte untersucht. Die Charakterisierungder Studienpopulation ist in Tabelle 1 zusammengefasst.Tabelle 1: Charakterisierung der StudienpopulationAlter [Jahre]Median, (Bereich)Aktuelle Rauchern (%)Deutsche Nationalitätn (%)Demographische DatenExposition gegenüber Dämpfen aus Bitumen [mg/ m 3 ]Median, (Bereich)Aktuelle Firmenzugehörigkeit [Jahre]Median, (Bereich)Referenzgruppen= 55-37(19-61)23(41.8%)48(87.3%)6.5(3-10)Exponierte (total)n= 1803.5(1.6-6.6)40(17-63)123(68.3%)136(76.0%)7(3-14)554


P42Poster – Genetische UntersuchungenDie aerogene Bitumenexposition wurde durch personenbezogene Luftmessungenermittelt. Die Konzentrationen von 1-Hydroxypyren (1-OHP) und der Summe aus 1-, 2+9-, 3-, und 4-Hydroxyphenanthrenen (OHPhe), sowie die Kreatininkonzentration wurdenim Vor-Schicht- und Nach-Schicht-Urin bestimmt. Die Analyse der SNPs erfolgte mittelsReal-time PCR auf einem LightCycler.Ergebnisse:Zunächst wurde der Einfluss der Schätzer auf die Konzentrationen der Biomonitoring-Marker OHPhe und 1-OHP analysiert. Anschließend erfolgte die Ermittlung dermodulierenden Einflüsse von SNPs auf die Assoziation zwischen Bitumen-Expositionund PAK-Metabolite mit einem gemischten linearen Modell unter Berücksichtigung derProbennahmezeit, sowie der Adjustierung nach Rauchstatus, Altersgruppen undNationalität. Träger der Variante CYP3A4 –392AG zeigten im geometrischen Mittelsignifikant höhere Urinkonzentrationen für beide Metabolite (relativer SNP-Effekt fürOHPhe =1.61, p=0.001 bzw. für 1-OHP =1.86, p=0.013). Auch die Träger der VarianteEPHX1 15543GG im Exon 4 der mikrosomalen Epoxidhydrolase waren imgeometrischen Mittel mit höheren Metabolitenkonzentrationen assoziiert, jedoch nur fürOHPhe signifikant (relativer SNP-Effekt=1.53, p=0.006) [3].Schlussfolgerungen:Auf der Basis von 180 exponierten Arbeitern und 55 nicht-exponierten Referenzen sindmodulierende Effekte bestimmter Varianten PAK-metabolisierender Enzyme (CytochromP450, mikrosomale Epoxidhydrolase) auf die untersuchten Biomarker sichtbar. Dabeiwird hinsichtlich der Variation der Metabolitenkonzentrationen der Faktor 2 nichtüberschritten.Eine abschließende Bewertung hinsichtlich des Stellenwertes der hier untersuchtenSNPs wird erst nach Beendigung der Rekrutierungsphase in der Humanstudie Bitumenmöglich sein.Literatur[1] Rihs HP, Pesch B, Kappler M, Rabstein S, Roßbach B, Angerer J, Scherenberg M,Adams A, Wilhelm M, Seidel A, Brüning T. Occupational exposure to polycyclicaromatic hydrocarbons in German industries: Association between exogenousexposure and urinary metabolites and its modulation by enzyme polymorphisms.Toxicol. Lett 157, 2005, 241-255.[2 ] Rihs HP, John A, Scherenberg M, Seidel A, Brüning T. Concordance between thededuced acetylation status generated by high-speed Real-time PCR based NAT2genotyping of seven single nucleotide polymorphisms and human NAT2 phenotypesdetermined by caffeine analysis. Clinica Chim Acta 376, <strong>2007</strong>, 240-243.[3] Rihs HP, Raulf-Heimsoth M, Spickenheuer A, Rabstein S, Pesch B, Schott K, BramerR, Angerer J, Hahn JU, Brünning T. Determination of sequence variants ofmetabolising enzymes after occupational exposure to fumes of bitumen under highprocessing temperatures. J Occup Environ Hygiene <strong>2007</strong> (im Druck).555


P43Poster – MalignomeHarnblasenkarzinom bei Anwendern von RissprüfspraysHans-Martin Prager 1 , Silke Kopps 2 , Stephan von Mende 3 , Meinolf Blaszkewicz 2 , Hermann M.Bolt 2 , Klaus Golka 21 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Castrop-Rauxel; 2 Institut für Arbeitsphysiologie, UniversitätDortmund, Dortmund;3 Klinik für Urologie und Kinderurologie, Knappschaftskrankenhaus Dortmund,DortmundIn der Metallindustrie und in metallverarbeitenden Betrieben werden in verschiedenenBereichen Rissprüfsprays bei der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung eingesetzt. Diesekonnten in der Vergangenheit auch Azofarbstoffe auf der Basis krebserzeugenderaromatischer Amine enthalten. Aus bioverfügbaren Azofarbstoffen können immenschlichen Organismus krebserzeugende aromatische Amine freigesetzt werden(Golka et al. 2004a,b). Im Rahmen von Berufskrankheitenverfahren wurden achtHarnblasenkarzinompatienten begutachtet, die in unterschiedlichen Metallberufen gegenverschiedene Rissprüfsprays exponiert waren.MethodeBei 8 Harnblasenkarzinompatienten mit angezeigter BK 1301 und vorliegenderExposition gegen Rissprüfmittel wurden ausführlich die beruflichen und außerberuflichenRisikofaktoren erhoben. In 6 Fällen wurde der Genotyp der N-Acetyltransferase 2 (NAT2)bestimmt. In einer Literaturrecherche wurden die Strukturformeln der in einigenRissprüfsprays früher enthaltenen Azofarbstoffe ermittelt.Werkstoffprüfung mit RissprüfspraysPrinzip der bereits 1943 patentierten Prüfung ist, dass ein auf die Prüfflächeaufgetragenes rot färbendes Eindringmittel auf Grund der Kapillarwirkung in denMaterialfehler eindringt und dort auch nach Zwischenreinigung verbleibt. Nach einemTrocknungsvorgang wird ein meist weißer Entwickler aufgetragen, der das Eindringmittelaus den Fehlstellen an die Oberfläche saugt, so dass die vergrößerte Anzeige desFehlers deutlich sichtbar wird.ErgebnisseDer Beginn der Exposition gegen Rissprüfmittel war in den begutachteten Fällenzwischen 1957 und 1986. Das Alter der zu Begutachtenden betrug bei Expositionsbeginnzwischen 14 und 34 Jahren, bei Erstdiagnose des Tumors zwischen 35 und 64 Jahren.Die Latenzzeit lag zwischen 17 und 45 Jahren. Der maximal angegebeneExpositionszeitraum betrug 27 Jahre. Sechs der acht zu Begutachtenden warenNichtraucher.556


P43Poster – Malignome1 Azofarbstoff 1967 14 30 44 NR S2 Sudanrot 1970 33 19 52 NR L3Tabelle 1: Anamnese und NAT2-Status der begutachteten RissprüferExpositionsrelevanterStoffExpo.-BeginnAlter beiExpo.-BeginnLatenzzeit AlterEDRaucherstatusNAT2-Statusp-Phenylazo-anilin-Nethyl-2-naphthylamin1986 18 17 35 NR L4 Rissprüffarbstoff 1966 15 30 45 R L5 Vergleichbar Sudanrot 1967 19 28 47 NR S6 Rissprüffarbstoff 1970 29 25 54 R n.b.7 Sudanrot 1957/1972 19/34 45/30 64 NR L8 Rissprüffarbstoff 1969 22 36 58 NR n.b.ED Erstdiagnose; NAT2-Status: S Schnell, L Langsam,n.b. nicht bestimmt; R Raucher; NR NichtraucherBeim Aufsprühen des roten Farbstoffes auf die zu untersuchende Stelle und demanschließenden Abwaschen des roten Farbstoffes mit einem Lappen kam es sowohl zueiner inhalativen Exposition als auch zu Hautkontakt. Die roten Rissprüfsprays, diegegebenenfalls in Rissen nach dem Abwaschen des überschüssigen Farbstoffes unddem Aufsprühen eines weißen Farbstoffes noch sichtbar waren, enthielten Solvent Red19 (Sudan Red 7B, N-Ethyl-1[4-phenylazo)phenylazo]-2-naphthylamin) bzw. einGemisch von p-Phenylazoanilin-N-ethyl-2-naphthylamin und p-Phenylazoanilin-N-ethyl-1-naphthylamin. 2-Naphthylamin ist ein krebserzeugendes aromatisches Amin derKategorie 1 (K 1) des Abschnittes III der MAK- und BAT-Werte-Liste (DFG 2006).Vier der sechs genotypisierten Gutachtenpatienten wiesen den „langsamen“ NAT2Acetyliererstatus auf. Bei Exposition gegen aromatische Amine stellt der „langsame“NAT2-Status einen Suszeptibilitätsfaktor für das Harnblasenkarzinom da (Golka et al.2002).SchlussfolgerungBei Harnblasenkarzinompatienten aus Metallberufen sollte gezielt nach der Tätigkeit„Prüfung auf Risse“ gefragt werden.557


P43Poster – MalignomeLiteratur• DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft (Hrsg.) MaximaleArbeitsplatzkonzentrationen und Biologische Arbeitsstofftoleranzwerte. Wiley-VCHVerlagsges., Weinheim 2006 MAK- und BAT-Werte-Liste 2006 (Mitteilung 42 derSenatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe)• Golka K., Kopps S., Myslak Z.W. Carcinogenicity of azo colorants: influence ofsolubility and bioavailability. Toxicol. Lett.; 151 (2004a) 203-210• Golka, K., Prior, V., Blaszkewicz, M., Bolt, H.M. The enhanced bladder cancersusceptibility of NAT2 slow acetylators towards aromatic amines: a reviewconsidering ethnic differences. Toxicol. Lett.; 128 (2002) 229-241• Golka K., Wiese A., Assennato G., Bolt H.M. Occupational exposure and urologicalcancer. World J. Urol. 21 (2004b) 382-391558


P44Poster – MalignomeZyto- und Genotoxizität von Benzo(a)pyren in primären humanenUrothelzellenSimone Schmitz-Spanke 1 , Peter -Jürgen Goebell 2 , Albert W. Rettenmeier 11 Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen, Essen; 2 Klinik und Poliklinik fürUrologie, Universitätsklinikum Essen, EssenPolyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) entstehen durch Pyrolyseorganischen Materials und kommen ubiquitär vor. PAK sind in der Innenraum- undAußenluft an Feinstaub-Partikel gebunden und gelangen über Inhalation oder Ingestionin den Körper. Neben einer hohen beruflichen Exposition in zahlreichen Arbeitsbereichen(Kokereien, Gießereien, Aluminium-/Elektrographitherstellung, Eisen-/Stahlerzeugung,Schornsteinfeger, Straßenbau) wird die Bevölkerung durch Straßenverkehr (Dieselruß),Tabakrauch oder Lebensmittel, die gegrillt, geröstet oder geräuchert wurden, belastet.Epidemiologische Studien lassen einen Zusammenhang zwischen der Expositiongegenüber PAK und der Entstehung von Blasenkarzinomen vermuten.Als Leitsubstanz der PAK wird Benzo(a)pyren (BaP) eingesetzt. BaP ist ein unreaktivesPräkanzerogen. Erst durch die intrazelluläre Metabolisierung entstehen ultimaleKanzerogene wie das Dihydrodiol-Bay-Region-Epoxid, welches die DNA durchAdduktbildung schädigen kann. Bei der Metabolisierung der PAH spielen die Enzyme derCytochrom-P450-Familie eine zentrale Rolle, wobei die Verteilung der Subtypengewebespezifisch ist. Allerdings befassen sich nur wenige Studien mit der Wirkung vonPAK in primären humanen Urothelzellen.humane GewebeprobenZellkulturExposition (BaP)„klassische“ ZelltestungAufnahmeZytotoxizitätProliferationDNA-Doppelstrangbrücheproteomische AnalyseLysat (ganze Zelle)2D-SDS-PAGEProteinauftrennungAbb. 1: StudiendesignIn Kooperation mit der Klinik für Urologie des Universitätsklinikum Essen wurdenGewebeproben aus dem Nierenbecken (Nierenbeckenplastik) von Kindern gewonnen.Nach mechanischer und enzymatischer Dissoziation wurden die primären humanenUrothelzellen kultiviert und mit 0, 1, 2.5, 5, 10, 25, 50, 100 µM BaP für 24h und 48hbehandelt. Die Zellen wurden danach zwei Untersuchungsschwerpunkten zugeordnet.559


P44Poster – MalignomeMit den Methoden der „klassischen“ Zelltestung sollten die intrazelluläre Aufnahme, daszytotoxische Potential, der Einfluß auf die Proliferation und die Fähigkeit DNA-Doppelstrangbrüche auszulösen untersucht werden. Mit Hilfe proteomischer Analysensollten charakteristische Veränderungen des intrazellulären Proteinmusters infolge derExposition gegen BaP untersucht werden.Aufnahme - mittels konfokaler Lasermikroskopie konnte gezeigt werden, dass BaP vonden Zellen aufgenommen wurde.Zytotoxizität – Messung der zellulären Freisetzung von Laktat-Dehydrogenase (LDH).Die 24-stündige Exposition verursachte keine nennenswerte Zellschädigung, wogegenBaP ab 50 µM nach 48h zytotoxisch wirkte. Allerdings wurden bisher nur wenige Probenuntersucht, da die Studie gerade erst begonnen wurde.Proliferation - Die Zellen wurden mit 5-Brom-2`-desoxy-uridin inkubiert. Das modifizierteUridin wird während der DNA-Synthese inkorporiert und anschließend mittels einesmonoklonalen Antikörpers nachgewiesen. Nach 24 stündiger Exposition gegen 50 µMBaP scheint die Proliferation negativ beeinflusst zu werden.DNA-Doppelstrangbrüche – Markierung der freien Fragmente der DNA (TerminalDeoxynucleotidyl Transferase-mediated dUTP Nick End-Labeling (TUNEL)). BaP führteKonzentrations- und Zeit-abhängig zu Doppelstrangbrüchen (48 h Exposition gegen 100µM BaPFür die proteomische Analyse wurden die Zellen gegen 0 µM und 100 µM BaP für 24hexponiert. Die Zellen wurden anschließend lysiert. Die Proteine der ganzen Zelle wurdenin der ersten Dimension nach ihrer elektrischen Ladung (IPG-Streifen pH 3-10 nonlinear,24 cm) und in der zweiten Dimension in einem 12.5 % Polyacrylamid Gel nach ihremMolekulargewicht getrennt. Anschließend wurden die Gele mit Coomassie angefärbt,mittels eines Densitometers digitalisiert und analysiert.Diese ersten Untersuchungen zeigten, dass BaP1. von den humanen Urothelzellen aufgenommen wird;2. in den humanen Urothelzellen erst ab 50 µM Konzentration nach 48 stündigerExposition zytotoxisch wirkt;3. die Proliferation negativ beeinflusst;4. DNA-Doppelstrangbrüche auslöst.Die genauere Art der intrazellulären Wirkung ist Gegenstand weiterer (proteomischer)Untersuchungen.560


P45Poster – MalignomePestizide und HodenkrebsNils Schmeißer 1 , Cornelia Baumgard-Elms 2 , Karl-Heinz Jöckel 3 , Andreas Stang 4 , ChristaStegmaier 5 , Wolfgang Ahrens 11 Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung, Bremer Institut für Prävention und Sozialmedizin,Bremen; 2 Patientenschutz und Sicherheit in der Medizin, Behörde für Umwelt und Gesundheit, Hamburg;3 Institut für medizinische Informatik, Biostatistik und Epidemiologie, Universitätsklinikum Essen, Essen;4 Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale; 5 Krebsregister Saarland, Statistisches Landesamt, SaarbrückenEinleitungVerschiedene Studien haben eine erhöhte Inzidenz von Hodentumoren unterlandwirtschaftlich Beschäftigten berichtet. Ebenfalls belegen einige Studien den Anstiegder Inzidenz von Hodentumoren seit Anfang der 1970er Jahre. In dieser Studie wurdeder Zusammenhang zwischen Pestizidgebrauch und Hodentumoren untersucht.Population und MethodenDas Studienkollektiv (269 Fälle, 797 Bevölkerungskontrollen) wurde in Bremen, Essen,Hamburg und dem Saarland rekrutiert. Die Datenerhebung erfolgte von 1995 bis 1997mittels standardisierten Interviews. Für die Feststellung einer beruflichenPestizidexposition dienten Angaben in der Berufsbiographie sowie Angaben inberufsspezifischen Fragebögen.ORs und 95%-Konfidenzintervalle (KI) wurden mittels bedingter logistischer Regression,adjustiert nach Alter, Region und bestätigter Diagnose Hodenhochstand, berechnet.Eine Datenbank [1] wurde abgefragt, um die potenzielle Expositionsdosis abzuschätzen.Die Abfrage wurde auf Wuchstyp der Pflanzen, Methode und verwendete Gerätschaftenbei der Applikation ausgerichtet. Median und unteres Quartil wurde zurDosisabschätzung bei Schutzmaßnahmen herangezogen. Als Dosis-Werte fürBystander wurden 10% des Median bei äquivalenten Schutzmaßnahmen angenommen.Dosis-Werte für Pestizidexpositionen aus dem nicht Agrarbereich wurden gesondertbestimmt. Alternativ wurde ein vorgeschlagener Algorithmus [2] zur Feststellung derExpositionsintensität verwendet.Ergebnisse14 Fälle (5,2%) und 33 Kontrollen (4,1%) gaben eine Pestizidexposition an. Die Nutzungvon Pestiziden ergab eine OR von 1,31; KI 0,77-2,25. Ein statistisch nichtsignifikanterhöhtes Risiko wurde für ausschließliche Pestizidanwender (OR=1,75; KI 0,65-4,71)sowie für passiv Exponierte (Bystander) (OR=2,07; KI 0,66-6,49) beobachtet, währendfür Anwender, die Pestizide zudem für die Ausbringung vorbereitet haben, kein erhöhtesRisiko feststellbar war (OR=0,85; KI 0,35-2,05). Ebenfalls lässt sich eine Risikoerhöhungnur bei den Personen feststellen, die eine ausschließliche Pestizidexposition im Bereichder Tierhaltung angeben (OR=3,85; KI 1,43-10,38). Keine der Expositionen aus diesemBereich kann als Bystander-Exposition klassifiziert werden.561


P45Poster – MalignomeEine Erstexposition zwischen 1986 bis 1995 ergab eine OR=2,26; KI 1,00-5,10, beifrüheren Erstexpositionen kann keine Erhöhung der OR festgestellt werden. FürExpositionsdauern ≤ 2 Jahren betrug die OR 1,20; KI 0,30-4,82 gegenüber OR 0,72; KI0,32-1,62 für ≥7 Jahre. Für die lebenslang kumulierte Anzahl von Tagen wurde für ≤ 15Tage ein OR von 1,74; KI 0,55-5,44, für > 15 Tage OR=1,00; KI 0,32-3,13 und für > 100Tage OR=0,95; KI 0,36-2,56 berechnet. Wird die Nutzung nach Pestizidklassenausgewertet, ergibt sich nur für den Gebrauch von Insektiziden eine erhöhte OR (2,19 KI0,90-5,31).Wurden als Indikator für die Belastung verschiedene Intensitätsmaße wie das Jahr oderder Tätigkeitsbereich mit der maximalen Anzahl von Pestizidanwendungen untersucht,ergab sich für alle Auswertungen ein mit steigender Anzahl der Tage fallenderRisikogradient.Die Abbildung der möglichen Expositionsdosis anhand der aus einer Datenbankerhaltenen Werte zeigt einen steigenden Gradienten für das Jahr mit der maximalenAnzahl von Expositionstagen (OR=2,10; KI 0,67-6,63). Wird der über alle Expositionenerhaltene Dosiswert kumuliert, kann eine Risikoverteilung in den festgelegten Strati nichtfestgestellt werden. Die berechneten Risikoschätzer des vorgeschlagenen Algorithmus[2] ergeben eine marginale Risikoerhöhung im mittleren Stratum (OR=1,50; KI 0,48-4,69). Eine Dosis-Wirkungsbeziehung lässt sich hier nicht, auch nicht für die potenzielleGesamtexposition, feststellen.DiskussionEin eindeutiger Zusammenhang zwischen Hodentumoren und Pestiziden konnte indieser Studie nicht festgestellt werden. Wobei die statistische Power zur Aufdeckungeiner Risikoverdopplung aufgrund der geringen Expositionsprävalenz relativ gering war.Mehrere Faktoren, wie der hauptsächlich städtische Hintergrund unter den Probandenkönnen zu den niedrigen Expositionsprävalenzen geführt haben. Eine weitereEinschränkung ist, dass Fragebogendaten in Fall-Kontrollstudien weiche Daten sind, diedurch eine Reihe von Faktoren verzerrt werden können.Die festgestellten erhöhten Risiken für Bystander, ausschließliche Pestizidanwendersowie Pestizidexpositionen im Bereich der Tierhaltung lassen einen Einfluss vonPestiziden bei der Tumorgenese nur vermuten. Obwohl gerade das erhöhte Risiko ausdem Bereich der Tierhaltung auch andere Möglichkeiten des Einflussfaktors offen lässt,könnte die zeitliche Nähe der Pestizidexposition zu dem Tumorereignis und, wie diemodellierte Körperbelastung zeigt, zusammen mit der möglichen Expositionsdosis einAusdruck für ein tumorpromovierendes Potential von einigen Pestiziden sein.Eingeschränkt werden die Ergebnisse durch die fehlende Angabe der Substanzklasse,die eine Analyse nach Wirkmechanismen möglich gemacht hätte.562


P45Poster – MalignomeDiese Vermutungen müssen jedoch durch weiteres Zahlenmaterial, wie z.B. auszusätzlichen Blutanalysen gestützt werden.Literatur[1] EUROPOEM http://europoem.csl.gov.uk[2] Dosemeci M, Alavanja MC, Rowland AS, Mage D, Zahm SH, Rothman N, et al.(2002): A quantitative approach for estimating exposure to pesticides in theAgricultural Health Study. Ann Occup Hyg. 46(2):245-60.563


P46Poster – MalignomeAnalyse von Mutationen der Gene TP53 und KRAS inAdenokarzinomen der Nase von Holzstaub exponiertenBeschäftigtenPeter Rozynek 1 , Georg Johnen 1 , Heike Stockmann 1 , Joachim Wolf 2 , Johannes Schulze 2 , HorstHannig 3 , Christiane Pierl 1 , Sigurd Hattenberger 3 , Konrad Donhuijsen 3 , Beate Pesch 1 , ThomasBrüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Holz-Berufsgenossenschaft, München; 3 Städtische Kliniken Braunschweig, BraunschweigEinleitung/ZielAdenokarzinome der Nase werden in Deutschland als Berufskrankheit anerkannt (BK4203), wenn eine Exposition gegen Eichen- oder Buchenholzstaub vorlag. Alsmitverantwortlich für die Entwicklung nasaler Tumoren werden Mutationen in den Genenfür den Tumorsuppressor TP53 und das Signalprotein KRAS diskutiert. Im Rahmen derStudie sollte daher untersucht werden, ob sich (a) die publizierten Mutationen in unseremKollektiv bestätigen lassen und (b) mögliche stoffspezifische Mutationsmuster innerhalbder beiden Gene nachweisen lassen. Mutationsmuster in Assoziation mit der Art derExposition (Holzstaub und/oder Additive) würden ggf. eine Abgrenzung der Holzstaub-Exposition von Expositionen gegenüber Holzbehandlungsstoffen ermöglichen.MethodenEs stand Material von ca. 100 Holzstaub-exponierten Arbeitern mit anerkannter BK 4203zur Verfügung, wobei aber nur von 48 Personen geeignetes Probenmaterial zu gewinnenwar. Die Probanden waren im Durchschnitt 64 Jahre alt und 32 Jahre (2 – 48 Jahre) inder Holzindustrie beschäftigt, wobei die meistgenannte Tätigkeit mit 70% Tischler war.Die Exposition erfolgte durchwegs durch Weich- und Hartholz sowie Holzfaserplatten,kombiniert mit Ko-Expositionen durch Formaldehyd und Färbemittel (>90%). Außerdemwaren über 90% der Probanden zumindest zeitweise Höchstexpositionen wegenfehlender Absaugeinrichtungen in den 50er/60er Jahren ausgesetzt. DNA wurde ausformalinfixiertem und paraffiniertem Gewebe sinonasaler Adenokarzinome desIntestinalen Typs sowie aus korrespondierendem tumorfreiem Gewebe isoliert undanschließend mittels PCR und DNA-Sequenzierung analysiert. Da das Gewebe zum Teilnur kleine oder nur sehr verstreut liegende Tumoranteile aufwies, konnten dieTumorzellen nur mittels Laser-Mikrodissektion herausgeschnitten werden. Limitierend fürdie molekularbiologischen Untersuchungen war nicht nur die Menge der isolierbarenDNA. Infolge der Formalinfixierung der Gewebe war die DNA der Proben auchhochgradig fragmentiert und unterschiedlich stark abgebaut. Die Sequenzen wurden mitder TP53-Referenzsequenz X54156 bzw. der KRAS-Referenzsequenz NT_009714verglichen.564


P46Poster – MalignomeErgebnisseTP53 Exon 7 konnte mittels PCR aus 32 Paraffinblöcken amplifiziert und anschließenddurch DNA-Sequenzierung analysiert werden. In der kodierenden Region von TP53Exon 7 fanden sich in fünf Tumorproben Mutationen, vier davon führten zuAminosäureaustauschen. Alle untersuchten 3’-Intronregionen von Exon 7 zeigten diebekannten SNPs 14168 G>T und 14234 + 5 T>C. Exon 8 von TP53 konnte imTumorgewebe von 15 der 48 Patienten untersucht werden. Insgesamt zeigten 13% derProben Mutationen im kodierenden Bereich. In den Exons 7 und 8 der gleichen Patientenin Nichttumorgewebe fanden wir keine Mutationen. In KRAS Exon 1 hatten drei (14%)der Tumorproben von 25 Patienten eine Mutation in Codon 12 Gly>Asp (Tab. 1). Eszeigte sich keine signifikante Assoziation zwischen einer aufgetretenen Mutation und derExposition gegenüber Holzstaub und Holzadditiven. Patienten mit Mutationen hattenallerdings eine nicht signifikant längere Beschäftigungsdauer in der Holzindustrie(Median = 37,5 Jahre mit Mutation vs. 30,5 Jahre ohne Mutationen, p = 0,30).ZusammenfassungDie gefundenen Mutationsfrequenzen in den Exons 7 und 8 des TP53 Gens sowie inExon 1 von KRAS stimmen gut mit publizierten Ergebnissen (zwischen 10-15% werdenangeben) überein. Bisher konnten keine Mutationsmuster gefunden werden, die auf einespezifische Exposition gegen Holzstaub und/oder Holzadditive hinweisen. MolekulareDefektmuster können sich über größere Bereiche des Genoms erstrecken und somit nurbei einer erweiterten Betrachtung erkennbar werden. Daher könnte die Untersuchungweiterer Genabschnitte, insbesondere der Exons 5, 6 und 9 von TP53 sowie auchepigenetischer Effekte, zur Klärung der Fragestellung beitragen.Tabelle 1Ergebnisse der Mutationsuntersuchungen in TP53 und KRAS bei Nasentumorproben vonHolzstaub-exponierten ArbeiternTP53 Exon 7 TP53 Exon 8 KRAS Exon 1Tumor Nichttumor Tumor Nichttumor Tumor NichttumorProben [N] 48 48 48 48 48 48sequenzierbar [N] 32 32 16 16 25 25Exon-Mutationen 5* # 0 2 † 0 3 ‡ 03’-Intron5 # 0 3 0 - -Mutationen* Codons 231 Thr>Ile, 232 Ile>Val, 234 Tyr>Stop, 248 Arg>Trp, 257 silent (kein resultierenderAminosäureaustausch)# In einem Fall wurde sowohl im Exon wie auch im Intron eine Mutation gefunden† Codons 262 Gly>Asp, 273, Asp>His, 280 Arg>Thr, 296, His>Pro, dabei in einem Fall dreiMutationen‡ ausschließlich Codon 12 Gly>Asp565


P47Poster – MalignomePilotstudie zur Erfassung der UV-Exposition beim fliegendenPersonalSusanne Völter-Mahlknecht 1 , Nadine Sacher 1 , Ingeborg Wegner 2 , Renate Schulze-Rath 3 ,Thomas L. Diepgen 4 , Maria Blettner 3 , Stephan Letzel 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 BetriebsärztlicheDienststelle, Lufthansa AG, Frankfurt am Main; 3 Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie undInformatik, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 4 Abteilung klinische Sozialmedizin, Schwerpunkt BerufsundUmweltdermatologie, Gesundheitssystemforschung, Universität Heidelberg, HeidelbergZiel der StudieAls potentieller Einflussfaktor für die in zahlreichen Studien festgestellte erhöhteHautkrebsinzidenz und –mortalität beim fliegenden Personal (Blettner et al. 2003,Hammar et al. 2002, Pukkala et al. 2002, Reynolds et al. 2002, Zeeb et al. 2002) wirdu.a. eine vermehrte UV-Exposition z.B. im Rahmen von Layover-Aufenthalten diskutiert.Darauf basierend wurde für die vorgestellte Pilotstudie ein Fragebogen zurObjektivierung und Quantifizierung der UV-Licht-Exposition von Cockpit- undKabinenpersonal entwickelt und hinsichtlich seiner Praktikabilität für eine zukünftiggeplante Kohortenstudie überprüft.Methode und KollektivIm Rahmen einer Querschnittsstudie wurden bei 101 Studienteilnehmern Geschlecht,Alter und Wohnort, UV-Anamnese, konstitutionelle Faktoren, Sonnenbrände, Aspekteder Familien- und Medikamentenanamnese und Inanspruchnahme eines Hautarzteswährend der letzten 2 Jahre erhoben. Unter den 101 Studienteilnehmern gehörten 19,6% (♂: n = 19, ♀: n = 1) zum Cockpitpersonal und 80,4 % (n = 82) zum Kabinenpersonal(♂: n = 11, ♀: n = 71). Das Alter der Probanden lag im Median bei 38 Jahren (min. 22Jahre, max. 61 Jahre).ErgebnisseBeim Vergleich der Dauer der unterschiedlichen Freizeitaktivitäten in den letzten 2Jahren fielen asymmetrische Verteilungen mit zum Teil extremen Ausreißern auf. BeimVergleich der Freizeitaktivitäten während der Layover-Zeiten, der Urlaubsaktivitätenwährend der letzten 5 Jahre und während der Kindheit zeigte sich, dass die Befragten inder Kindheit mehr Stunden pro Tag am Strand als während der anderen beidenZeiträume verbrachten. Mittels des entwickelten Fragebogens können konstitutionelleund verhaltensbedingte Einflussfaktoren erfasst werden. In einer künftigenKohortenstudie sollten in dem Fragebogen u.a. zusätzlich die Anzahl der Layover proMonat, die durchschnittliche Layover-Dauer, die Anzahl der im Kindes- und frühenErwachsenenalter erlittenen Sonnenbrände, Voll- und Teilzeitbeschäftigung sowieFlugmuster erhoben werden (Völter-Mahlknecht et al. 2006).566


P47Poster – MalignomeSchlussfolgerungenUm eine eventuell erhöhte UV-Exposition von fliegendem Personal besser beurteilen zukönnen, wäre es wünschenswert, im Rahmen einer weiterführenden Studie einVergleichskollektiv (z.B. andere Beschäftigte einer Fluggesellschaft, „Vielflieger“,Allgemeinbevölkerung) sowie eine größere Zahl an Probanden mit einzubeziehen. EinHautkrebs-Screening im Rahmen einer zukünftigen Kohortenstudie ist angesichts dererhöhten Hautkrebsinzidenz und –mortalität beim fliegenden Personal unter präventivenGesichtspunkten dringend erforderlich.Förderung: durch den Schwerpunkt „Präventive Medizin“ des Fachbereiches Medizin derJohannes Gutenberg-Universität Mainz und durch die Deutsche Akademie für Flug- undReisemedizinLiteratur1. Blettner, M., H. Zeeb, A. Auvinen, T.J. Ballard, M. Caldora, H. Eliasch, M.Gundestrup, T. Haldorsen, N. Hammar, G.P. Hammer, D. Irvine, I. Langner, A.Paridou, E. Pukkala, V. Rafnsson, H. Storm, H. Tulinius, U. Tveten, A. Tzonou:Mortality from cancer and other causes among male airline cockpit crew in Europe.Int. J. Cancer, 106(6) (2003) 46-52.2. Hammar, N., J. Kaprio, U. Hagstrom, L. Alfredsson, M. Koskenvuo, T. Hammar:Cancer incidence in airline and military pilots in Sweden 1961-1996. Aviat. SpaceEnviron. Med. 73(1) (2002) 2-73. Pukkala , E., R. Aspholm, A. Auvinen, H. Eliasch, M. Gundestrup, T. Haldorsen, N.Hammar, J. Hrafnkelsson, P. Kyyronen, A. Linnersjo, V. Rafnsson, H. Storm, U.Tveten: Incidence of cancer among Nordic airline pilots over five decades:occupational cohort study. Bmj. 325(7364) (2002) 5674. Reynolds, P., J. Cone, M. Layefsky, D.E. Goldberg, S. Hurley: Cancer incidence inCalifornia flight attendants (United States). Cancer Causes Control 13(4) (2002) 317-3245. Zeeb, H., M. Blettner, G.P. Hammer, I. Langner: Cohort mortality study of Germancockpit crew, 1960-1997. Epidemiology 13(6) (2002) 693-6996. Völter-Mahlknecht S, Sacher N, Wegner I, Schulze-Rath R, Escobar Pinzón LC,Diepgen TL, Blettner M, Letzel S. Pilotstudie zum Hautkrebs-Screening beiBeschäftigten der Deutschen Lufthansa AG unter arbeits- und sozialmedizinischenAspekten. Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, 41 (2006) 510-517567


P48Poster – MalignomeHaben Genpolymorphismen im detoxifizierenden Glutathion-S-Transferase System einen modifizierenden Einfluß auf dasBerufskrankheiten-bedingte Lungenkrebsrisiko?Joachim Schneider, Ulrike Bernges, Monika Philipp, Simone HelmigInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH,GießenEinleitung und FragestellungUnterschiede individueller Empfindlichkeiten gegenüber Einwirkungen kanzerogenerGefahrstoffe werden u.a. durch Polymorphismen fremdstoffdetoxifizierender Enzyme(GSTT1, GSTM1 oder GSTP1) erklärt [1, 2].Das Lungenkrebsrisiko in Abhängigkeit verschiedener Berufskrankheiten soll nachAnalyse der Genpolymorphismen abgeschätzt werden.Kollektiv und MethodenMittels real-time-PCR-Methode wurde in genomischer DNA mit Hilfe fluoreszierenderHybridisierungssonden die Polymorphismen von GSTP1 und GSTM1 bzw. GSTT1bestimmt. Schmelzkurvenanalysen dienten zur Identifizierung der verschiedenenGenotypen des GSTP1, bzw. fehlender Fluoreszenzanstieg zum Nachweis des Null-Allels bei GSTT1 und GSTM1. Es wurden n=39 Lungenkrebspatienten mit der BK-Nr.4104, n=7 der Nr. 4112, n=40 der Nr. 2402 BKV, n=19 Patienten mit diffusem malignenPleuramesotheliom der Nr. 4105 BKV sowie Patienten nach Einwirkung kanzerogenerGefahrstoffe ohne bisheriges Auftreten einer Lungenkrebserkrankung n=181 Patientender Nr. 4103 BKV, n=144 der Nr. 4101 untersucht und das Risiko (Odds Ratio) auf eingesundes Kontroll-Kollektiv (n=184) ohne relevante Einwirkung kanzerogenerArbeitsstoffe bezogen.Stets erfolgte eine Adjustierung nach Alter, Geschlecht und dem Rauchverhalten inPackungsjahren.ErgebnisseBei mindestens einem mutierten Allel lag das Risiko für den Polymorphismus desGSTP1- Gens für die verschiedenen Berufskrankheiten zwischen OR= 0,54 (95%-KI:0,19-1,52) der BK-Nr. 4105 und OR=1,40 (95%-KI: 0,83-2,39) der BK-Nr. 4101, sieheAbb. 1 oberer Teil.Für das GSTM1-Null-Allel lagen die Risiken zwischen OR= 1,14 (95%-KI: 0,72-1,78) derBK-Nr. 4103 und OR= 2,37 (95%-KI: 0,84-6,65) der BK-Nr. 4105, siehe Abb. 1 mittlererTeil.Für das GSTT1-Null-Allel lagen die Risiken zwischen OR= 0,47 (95%-KI: 0,15-1,51) derBK-Nr. 4104 und OR= 1,85 (95%-KI: 0,72-4,77) der BK-Nr. 2402, siehe Abb. 1 untererTeil.Stets waren die Ergebnisse nicht signifikant.568


P48Poster – MalignomeDiskussion und SchlussfolgerungDie Polymorphismen von GSTP1 sowie der Nachweis der Null-Allele von GSTM1 undGSTT1 zeigten noch keinen signifikanten modifizierenden Effekt hinsichtlich desBerufskrankheiten-bedingten Lungenkrebsrisikos.Literatur1. Schneider, J., Bernges U., Philipp M., Woitowitz H.-J.: GSTM1, GSTT1, and GSTP1polymorphism and lung cancer risk in relation to tobacco smoking. Cancer Letters208 (2004) 65-742. Schneider, J., Bernges U., Philipp M., Woitowitz H.-J.: CYP1A1 and CYP1B1polymorphism and lung cancer risk in relation to tobacco smoking. Cancer Genomicsand Proteomics 1 (2004) 189-198569


P49Poster – MalignomeStatus der UDP-Glucuronosyltransferase 2B7 bei Harnblasenkarzinompatientenaus Sachsen-AnhaltAnna Zimmermann 1 , Thilo Seidel 2 , Gerhard Roth 2 , Holger Dietrich 2 , Meinolf Blaszkewicz 1 ,Hermann M. Bolt 1 , Klaus Golka 11 Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund, Dortmund; 2 Klinik für Urologie und Kinderurologie,Paul-Gerhardt-Stiftung, Lutherstadt WittenbergDie Beteiligung der UDP-Glukuronosyltransferase 2B7 (UGT2B7), ein wichtiger Vertreterder UGT2 Isoformen, beim Verstoffwechseln von Benzidin oder seiner Metaboliten beimMenschen wurde in einer Studie mit rekombinanten humanen Glukuronosyltransferasen(Ciotti et al. 1999) und durch die Untersuchung an humanen Leberschnitten gezeigt(Zenser et al. 2002). Eine Studie in China ergab ein Überwiegen des T/T-Genotyps beian Harnblasenkarzinom erkrankten ehemaligen Benzidinarbeitern (Lin et al. 2005).Ziel dieser Studie war zu untersuchen, ob der Anteil der T/T-Merkmalsträger beimitteleuropäischen Harnblasenkarzinompatienten einen auffälligen Anteil aufweist.Untersuchte Kollektive und Methoden211 an einem Harnblasenkarzinom erkrankte Patienten der urologischen Klinik der Paul-Gerhardt-Stiftung, Lutherstadt Wittenberg und 209 nicht an einem Tumor erkranktePatienten derselben urologischen Klinik wurden UGT2B7 genotypisiert. Zusätzlichwurden die mittels Fragebogen erhobenen Raucheranamnesen und die Berufsgruppeder beruflich gegen Farben exponierten Personen ausgewertet. Nichtraucher warenPersonen, die zum Zeitpunkt der Erkrankung nicht geraucht haben. Raucher warenPersonen, die zum Zeitpunkt der Erkrankung geraucht haben.Die UGT2B7 Genotypisierung wurde in Anlehnung an die Veröffentlichungen von Holtheet al. (2002) und Lin et al. (2005) mit Standardmethoden (RFLP-PCR) durchgeführt.Variiert wurde aufgrund einer Gradienten PCR die Annealingtemperatur von 65°C auf62°C. Die Menge der Primer wurde reduziert um Primerdimere zu vermeiden.ErgebnisseHarnblasenkarzinompatienten und Kontrollen unterscheiden sich kaum hinsichtlich derHäufigkeit der drei verschiedenen Allelkombinationen (C/C: 25% vs. 22%, C/T: 48% vs.43%, T/T: 27% vs. 34%).Die Teilgruppe der gegen aromatische Amine in Zigarettenrauch exponiertenHarnblasenkarzinompatienten unterscheidet sich hinsichtlich des T/T Genotyps wedervon der Normalbevölkerung noch von Harnblasenkarzinompatienten ohneRaucherstatus.570


P49Poster – MalignomeTabelle 1: UGT2B7 Status bei Harnblasenkarzinompatienten (Fälle) und der Kontrollgruppe(Kontrollen) in ausgewählten TeilkollektivenFälleRaucherKontrollenRaucherFälleNichtraucherKontrollenNichtraucherFälleexponiertgegenFarbenKontrollenexponiertgegenFarbenGenotyp (n=61) (n=18) (n=150) (n=191) (n=33) (n=22)C/C 21%(n=13)28%(n=5)26%(n=39)22%(n=42)36%(n=12)18%(n=4)C/T 52%(n=32)44%(n=8)46%(n=69)45%(n=85)45%(n=15)55%(n=12)T/T 26%(n=16)28%(n=5)28%(n=42)34%(n=64)18%(n=6)27%(n=6)Allel (n=122) (n=36) (n=300) (n=382) (n=66) (n=44)C 48%(n=58)50%(n=18)49%(n=147)44%(n=169)59%(n=39)45%(n=20)T 52%(n=64)50%(n=18)51%(n=153)56%(n=213)41%(n=27)55%(n=24)Das heterogene Teilkollektiv der gegen Farben exponierten Fälle und Kontrollen lässtkeine sichere Aussage hinsichtlich eines Einflusses der UGT2B7 zu.Der Anteil der T/T Merkmalsträger im untersuchten Kontrollkollektiv war mit 34% bei 209Untersuchten höher als die in der Literatur für Australier (25%, n=91; Bhasker et al.2000) und Chinesen (9%, n=218; Lin et al. 2005) angegebenen Anteile.SchlussfolgerungDie geringen Unterschiede in der Verteilung der UGT2B7 Genotypen zwischenHarnblasenkarzinompatienten mit und ohne Raucheranamnese sprechen gegen einewesentliche Rolle des UGT2B7 Status als Suszeptibilitätsfaktor für das durcharomatische Amine ausgelöste Harnblasenkarzinom.Literatur• Bhasker C., Mc Kinnon W., Stone A. et al. (2000). Genetic polymorhism of UDPglucuronosyltransferase2B7 at amino acid 268: ethnic diversity of alleles andpotential clinical significance. Pharmacogenetics 10, 679-685• Ciotti M., Lakshmi, V. M., Basu N. et al. (1999). Glucuronidation of benzidine and itsmetabolites by cDNA-expressed human UDP-glucuronosyltransferases and pHstability of glucuronides. Carcinogenesis 20, 1963-1969• Holthe, M., Klepstad, P, Zahlsen K. et al. (2002). Morphine glucuronide-to-morphineplasma ratios are unaffected by the UGT2B7 H268Y and UGT1A1*28 polymorphismsin cancer patients on chronic morphine therapy. Eur. J. Clin. Pharmacol. 58, 353-356• Lin G., Guo W.C, Chen J.G. et al. (2005). An association of UDPglucuronosyltransferase2B7 C802T (His268Tyr) polymorphism with bladder cancerin benzidine-exposed workers in China. Toxicol. Sci. 85, 502-506• Zenser T.V., Lakshmi, V.M., Hsu, F.F. et al. (2002). Metabolism of N-acetylbenzidineand initiation of bladder cancer. Mutat. Res. 506-507, 29-40571


P50Poster – Psychosoziale FaktorenCortisol im Speichel während unterschiedlicher Belastungssituationenim Rettungsdienst (Notfallrettung / Krankentransport)Eva Backé 1 , Gerlinde Kaul 2 , Carmen Thim 1 , André Klußmann 3 , Falk Liebers 4 , Ulf Steinberg 5 ,Peter Maßbeck 61 FB 4.5, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin; 2 FB 2.7, Bundesanstalt fürArbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin; 3 Institut für Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik undErgonomie (ASER) e.V., Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal; 4 FB 3.4 "Arbeitsgestaltung beiphysischen Belastungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen", Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin(BAuA), Berlin;5 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin;6 DRKGeneralsekretariat, BerlinZiele:1. Überprüfung der Praktikabilität und der Aussagekraft von Speichelcortisol alsBeanspruchungsparameter im Feldversuch am Beispiel von Situationen mitunterschiedlicher Belastung im Rettungsdienst 2. Zusammenhang zwischen individuellenVerlaufscharakteristiken der Cortisolsekretion an einem Arbeitstag bzw. in einerEinsatzsituation und der psychischen Merkmalscharakteristik der Person sowie ihremBelastungserleben.Methode:Untersucht wurden 24 Mitarbeiter (19 m, 5 w) einer städtischen Rettungswache an 2aufeinanderfolgenden Tagen, an denen sie einmal zur Notfallrettung und einmal zumKrankentransport eingeteilt waren. Cortisol wurde aus Speichelproben analysiert, die amArbeitstag zum Zeitpunkt des Aufwachens, nach 45 min., um 12, um 15 und um 20 Uhrabgegeben wurden. Mit je 4 weiteren Proben ist die Veränderung des Speichelcortisolszu den Einsätzen ermittelt und mit der Änderung der Herzfrequenz verglichen worden.Beobachtet wurden 42 Notfalleinsätze und 24 Krankentransporte. Mittels standardisierterFragebögen wurde aus den Selbstauskünften der Person ihre psychische Charakteristikhinsichtlich ihres Erlebens und Bewältigens von leistungsbezogenen Anforderungen(AVEM und FABA), der reaktiven Ansprechbarkeit in akuten Belastungssituationen(SRS), der Lärmempfindlichkeit, ihres Gefühls allgemeiner Ängstlichkeit (STAI) und ihresTyps einer im ZNS begründeten, allgemeinen Reizverarbeitung (reducing / augmenting)ermittelt. Im Anschluss an die Einsatzsituation schätzte die Person mit Hilfe eines 9stufigen Ratings ihre emotionale und körperliche Belastung während des Einsatzes ein.Ergebnisse:Die Cortisolsekretion ist an beiden Einsatztagen immer individuell typisch und dieParameter (Cortisolanstieg am Morgen, Fläche unter der Tagesprofilkurve) beider Tagekorrelieren mit einer Signifikanz von p < 0,05 gut. Der Anstieg des Cortisol am Morgen istzum Einsatztag „Notfallrettung“ signifikant höher (p < 0,05) als zum Einsatztag„Krankentransport“. Gleichzeitig liegt am Tag der Notfallrettung der Cortisolwert beimErwachen niedriger als am Tag im Krankentransport. Zwischen Cortisoltagessekretion572


P50Poster – Psychosoziale Faktorenbzw. Anstieg am Morgen und den Merkmalen, mit denen sich das Leistungs- undAnspruchsverhalten einer Person kennzeichnen lässt, oder zu solchen, die für eineanlagebedingte Stressbereitschaft stehen könnten, fanden sich keine eindeutigenBeziehungen. In der Einsatzsituation zeigte sich nur in wenigen Fällen eine sehrausgeprägte „endokrine Reaktion“ (Anstieg des Cortisol um mehr als 200%). In 30% derbetrachteten Notfall- und Krankentransporteinsätze wurde ein Cortisolanstieg von über50% des Ausgangswertes gesehen. Genauer spiegelte dagegen die Änderung derHerzfrequenz während des Einsatzes die unterschiedliche Beanspruchung derMitarbeiter im Rettungsdienst wieder (siehe Tab). Subjektiv wurde die körperliche undemotionale Belastung im Einsatz eher gering eingeschätzt. Es zeigte sich im Einsatz keinZusammenhang zwischen Cortisolanstieg und Herzfrequenzanstieg und auch nicht zurindividuell erlebten Belastung.Parameter gemessene Veränderung Notfallrettung42 (40*) EinsätzeKrankentransport24 (21*) EinsätzeCortisolanstiegAnstieg derHerzfrequenzbis 1ng/ml 69% 71%über 1ng/ml oder > 50% 31% 29%< 30 Schläge/min 20% 81%30-40 Schläge/min 10% 14%> 40 Schläge/min 70% 5%* die Herzfrequenz konnte nicht in jedem Einsatz ausgewertet werdenDiskussion:Die Cortisolsekretion am Morgen scheint für den Arbeitstag bzw. die Arbeitsaufgabecharakteristisch. Ein höherer Morgenanstieg am Tag der Notfallrettung ist vielleicht imZusammenhang mit den an diesem Tag erwarteten „anspruchsvolleren“ Aufgaben zusehen. In vielen Einsatzsituationen reagieren Rettungskräfte nicht (mehr) mit einerAktivierung der HHN-Achse. Trotz Arbeitsroutine gibt es wenige starke „endokrineReaktionen“ sowohl in der Notfallrettung als auch beim Krankentransport, die in denmeisten Fällen nicht als belastend wahrgenommen wurden. Die Diskrepanz zwischender subjektiven Einschätzung von erlebter Belastung und der messbarenphysiologischen Reaktion spricht für einen parallelen Einsatz physiologischerMessparameter neben Befragungen zur Erfassung von Stress am Arbeitsplatz.573


P50Poster – Psychosoziale FaktorenFazit:Die Ergebnisse sprechen einerseits für einen „routinierten“ Umgang derRettungsdienstkräfte mit der Anforderung in den Einsatzsituationen, zeigen aber auch,dass die persönliche Einschätzung erlebter Belastungen und die physiologischeReaktion auf solche „Stressoren“ im gewohnten Arbeitsalltag nicht deckungsgleich sind.574


P51Poster – Psychosoziale FaktorenÜberstunden und GesundheitKristina Harth, Carola Seitz, Elizabeth Heins, Stephan Letzel, Eva BöhlerInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, MainzEinleitung:Internationale Studien zeigen, dass längere und unregelmäßige Arbeitszeiten mit einerschlechteren Gesundheit und einem schlechteren Wohlbefinden assoziiert sind 1-5.Entsprechende Untersuchungen zu Erwerbstätigen in Deutschland liegen nicht vor. Eswerden erstmalig für Deutschland mögliche Assoziationen zwischen Gesundheitszustandund der Überstundenleistung analysiert.Methode:Grundlage für die Analyse bilden die Daten des „Sozio-oekonomischen Panels“ (SOEP)aus dem Jahr 2005. Hierbei handelt es sich um eine seit 1984 jährlich wiederholterepräsentative Befragung von Deutschen, Ausländern und Zuwanderern der alten undneuen Bundesländer. Es werden u. a. Fragen zur Erwerbstätigkeit, zur generellenLebenssituation und zur Gesundheit gestellt 6. Neben dem subjektivenGesundheitszustand wurden unter anderem die generelle Leistung von Überstunden, dieLeistung von Überstunden im letzten Monat, die Vergütung der Überstunden, dieNationalität, die sozioökonomischen Daten der Befragten und der Umfang derErwerbstätigkeit (Vollzeit, Teilzeit, Nebentätigkeiten) erhoben. Die folgenden Ergebnissesind im Rahmen einer Sekundärdatenanalyse entstanden. Die Wahrscheinlichkeit derGruppenunterschiede wurde mittels Chi-Quadrat-Test nach Pearson ermittelt. ZurBerechnung der Assoziation unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren wurde diebinär logistische Regression (Selektion: Einschluss, Likelihood Ratio) angewandt. DasSignifikanzniveau wurde für alle Tests mit α= 5% angesetzt. Alle Analysen wurden mitSPSS in der Version 13.0 durchgeführt.Ergebnisse:Im Erhebungsjahr 2005 nahmen insgesamt 21.105 Personen (47,8% männlich;Altersmedian 47,0 Jahre) aus etwa 12.000 Haushalten in Deutschland an der Befragungteil. Vollerwerbstätig waren davon 8128 Personen (67,4% männlich). Teilzeiterwerbstätigwaren 2121 der Befragten (10,1% männlich). Nicht erwerbstätig waren insgesamt 43,3%der Studienteilnehmer (N= 10.856; 40,5% männlich).Die Analyse beschränkte sich auf Voll- oder Teilzeitbeschäftigte, die nicht selbständigtätig waren (N= 9090; 54,0% männlich). Signifikant mehr Männer als Frauen gingen einerVollzeitbeschäftigung nach (96,3% Männer vs. 56,8% Frauen). Umgekehrt warensignifikant mehr Frauen teilzeitbeschäftigt als Männer (43,2% Frauen vs. 3,7% Männer).Bei der Einschätzung des subjektiven Gesundheitszustandes gab es keinen Unterschiedin Bezug auf das Geschlecht. Etwa 60% der Befragten schätzten ihren575


P51Poster – Psychosoziale FaktorenGesundheitszustand als gut bzw. sehr gut ein. Rund 32% der Erwerbstätigen gabeneinen zufrieden stellenden, 10% einen weniger guten und etwa 1% einen schlechtenGesundheitszustand an. Allerdings ergaben sich geschlechtsspezifische Unterschiedebei der Betrachtung des Gesundheitszustands stratifiziert nach dem Geschlechtzwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten. Teilzeitbeschäftigte schätzten ihre Gesundheitinsgesamt schlechter ein als Vollzeiterwerbstätige.Männlichen Erwerbstätige (N= 4905) leisteten insgesamt mehr Überstunden alserwerbstätige Frauen (N= 4185). 77,6% der Männer bzw. 67% der Frauen gaben an,dass Sie generell Überstunden leisten. 55,8% der männlichen bzw. 45,2% der weiblichenBeschäftigten hatten im vergangenen Monat Überstunden erbracht. 14,0% der Männerbzw. 7% der Frauen bekamen die geleisteten Überstunden im letzten Monat bezahlt.Der selbst beurteilte Gesundheitszustand war nach Kontrolle von potentiellenEinflussfaktoren mit der generellen Überstundenleistung assoziiert. So zeigte sich imbinären logistischen Regressionsmodell mit Adjustierung nach Alter, Geschlecht,Nationalität, Familienstand, Vollzeit- bzw. Teilzeitbeschäftigung und Nebentätigkeit einTrend, dass Personen mit einem schlechten Gesundheitszustand im Vergleich zuPersonen mit sehr gutem und gutem Gesundheitszustand seltener Überstundenerbrachten (Tab. 1).Diskussion:In internationalen Publikationen sind geleistete Überstunden mit einer schlechterenGesundheit verbunden. Dies konnte mit den vorliegenden Ergebnissen nicht bestätigtwerden. In dieser Analyse findet sich das gegenteilige Ergebnis. Dieses für Deutschlandgefundene Resultat könnte durch einen Healthy Worker Effekt und die zeitlicheDimension der Erhebung erklärbar sein. Anhand der analysierten Daten ist keinRückschluss darauf möglich, ob eventuell vermehrte Überstunden bzw. beruflicheBelastungen zu einem schlechteren Gesundheitszustand geführt haben oder ob dieseraußerberuflich bedingt ist. Es erscheint dringen notwendig, die für Deutschlandaufgezeigte Assoziation zwischen Überstunden und Gesundheit detaillierter zuuntersuchen, um gezielt Präventions- und Gesundheitsförderungsprogramme entwickelnzu können.576


P51Poster – Psychosoziale FaktorenLiteratur:1. Costa, G. et al.: Flexible working hours, health, and well-being in Europe: someconsiderations from a SALTSA project. Chronobiology international 2004; 21(6): pp.831-844.2. Harma, M.: Workhours in relation to work stress, recovery and health. ScandinavianJournal of Work, Environment and Health 2006; 32(6): pp. 502-514.3. Van der Hulst, M: Long workhours and health. Scandinavian Journal of Work,Environment and Health 2003; 29(3): pp. 171-188.4. Sparks, K. et al.: The effects of hours of work on health: A meta-analytic review.Journal of Occupational and Organizational Psychology 1997; 70: pp. 391-408.5. Dembe, A. E. et al: The impact of overtime and long work hours on occupationalinjuries and illnesses: new evidence from the United States. Occupational andenvironmental medicine 2005; 62: pp. 588-597.6. Die für dieses Poster verwendeten Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)wurden vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, bereitgestellt.Tabelle 1: Risikoschätzer im adjustierten Endmodell für die Leistung von ÜberstundenLeistung vonGenerelle LeistungÜberstunden imvon Überstundenletzten MonatVariablenGeschlechtKategorieOddsRatio95%KonfidenzintervallOddsRatio95%KonfidenzintervallOddsRatioFrauen 1 1 1Leistung vonbezahltenÜberstunden95%KonfidenzintervallMänner 1,28 [1,14-1,43] 1,42 [1,13-1,37] 2,23 [1,85-2,68]Alter in Jahren 0,98 [0,98-0,99] 0,99 [0,98-0,99] 0,97 [0,96-0,98]NationalitätFamilienstandGesundheitdeutsch 1 1 1nicht deutsch 0,39 [0,33-0,46] 0,49 [0,41-0,58] 2,23 [1,69-2,96]verheiratet 1 1 1ledig 0,91 [0,79-1,04] 0,88 [0,78-0,99] 0,85 [0,70-1,04]geschieden 1,00 [0,84-1,19] 0,96 [0,82-1,12] 1,23 [0,94-1,62]verwitwet 0,93 [0,64-1,35] 0,90 [0,63-1,29] 1,73 [0,88-3,37]sehr gut, gut 1 1 1befriedigend 1,22 [1,09-1,36] 1,02 [0,93-1,12] 1,23 [1,05-1,45]weniger gut 0,98 [0,83-1,15] 0,87 [0,75-1,01] 1,10 [0,84-1,44]schlecht 0,80 [0,54-1,20] 0,61 [0,41-0,91] 0,80 [0,33-1,94]Umfang der Vollzeit 1 1 1Erwerbstätigkeit Teilzeit 0,46 [0,41-0,52] 0,53 [0,47-0,60] 1,52 [1,20-1,93]Nebentätigkeitnein 1 1 1ja 1,55 [1,25-1,92] 1,40 [1,17-1,66] 0,75 [0,56-1,01]577


P52Poster – Psychosoziale FaktorenBurnout-Syndrom bei SchuldnerberaternElizabeth Heins, Carola Seitz, Kristina Harth, Stephan Letzel, Eva BöhlerInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, MainzEinleitungBurnout-Syndrom (BOS) ist ein physischer und seelischer Zustand, der durchemotionale, kognitive und geistige Erschöpfung charakterisiert wird. 1 Diese Erschöpfungkann zur Depersonalisierung und reduzierter Leistungsfähigkeit führen. Vom BOS sind inerster Linie Personen betroffen, die in „Sozial- und Helferberufen“ arbeiten. Es wird beidiesen ein hohes Engagement in enger und intensiver zeitlicher Zusammenarbeit mitMenschen gefordert. 2,3Seit Anfang der 80er Jahre bieten Schuldnerberatungsstellen (SBS) in Deutschlandüberschuldeten Personen Beratung und Unterstützung bei der Lösung ihrer finanziellenund persönlichen Probleme an. 4 Schuldnerberater betreuen Menschen, die sich aufgrundder Überschuldungssituation in einer ökonomisch-materiellen, oft sozialen undpsychischen Problemsituation befinden.Ziel der UntersuchungErstmalig wird die Fragestellung untersucht, wie häufig Schuldnerberater am Burnout-Syndrom leiden. Mögliche Einflussfaktoren werden eruiert.MethodeEine Querschnittsstudie unter Schuldnerberatern wurde im Jahr 2006 in Rheinland-Pfalzdurchgeführt. Insgesamt nahmen 67 Berater von 52 offiziell anerkanntenSchuldnerberatungsstellen an einer schriftlichen Befragung teil (Teilnahmerate: 64,4%).Das Burnout-Risiko wurde mittels des nach J. Glaser modifizierten Fragebogens‚Maslach Burnout Inventory auf Deutsch‘ (MBI-D) erfasst. 5 Hier sind drei Subskalenvorhanden: emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und persönliche Erfüllung. Nachdem Modell von Maslach, Schaufeli und Leiter, stellt die emotionale Erschöpfung dieerste Phase in der Entwicklung eines Burnout-Syndroms dar 3 , so dass diese Variable zurDefinition des erhöhten Risikos für ein Burnout-Syndrom herangezogen wird. Ein Scoremit einem Wert größer als 3,5 in der Variablen ‚emotionale Erschöpfung‘ wurde alserhöhtes Burnout-Risiko etabliert.Neben den Items des MBI-D wurden u.a. Daten zur Arbeitsbedingungen erhoben.Mittels Chi²-Test wurden bivariat die kategorialen Variablen Geschlecht, Alter, lebt mitPartner zusammen, und Beratungen pro Woche in Bezug auf die Unterschiede in derVariablen ‚emotionale Erschöpfung‘ statistisch geprüft. Alle Analysen wurden mit SPSSVersion 12.0 durchgeführt.578


P52Poster – Psychosoziale FaktorenErgebnisseVon 62 Schuldnerberatern (Altersmedian: 46 Jahre, 53,2% weiblich) lagen vollständigeDaten zur Analyse vor (Tab. 1). 55% der Schuldnerberater haben eine festgelegteArbeitszeit im Arbeitsvertrag von 35 Stunden pro Woche oder mehr. 24% der Befragtenarbeiten seit 14 Jahren oder mehr als Schuldnerberater, weniger als 21% der Beraterseit 3 oder weniger Jahren. 35,5% der Berater führen durchschnittlich 15 oder mehrBeratungen pro Woche durch.43,5% von 62 Schuldnerberatern haben ein erhöhtes Risiko (Score >3,5), emotionalerschöpft zu sein. Jeweils ein Berater hat in der Subskala ‚Depersonalisation‘ und‚persönliche Erfüllung‘ einen Score höher als 3,5.47% der Schuldnerberater, die 45 Jahre und älter waren, sowie 48% der Männer habenein erhöhtes Risiko, unter emotionaler Erschöpfung zu leiden (Tab. 1). Tendenziellhaben Schuldnerberater, die nicht mit einem Partner zusammen leben, ein erhöhtesRisiko für emotionale Erschöpfung (Tab. 1).Diskussion und SchlussfolgerungDie Ergebnisse zeigen auf, dass Schuldnerberater häufig emotional erschöpft sind undsomit Handlungsbedarf zur Prävention des Burnout-Syndroms vorliegt. Ein statistischsignifikanter Zusammenhang zu potentiellen Einflussgrößen konnte aufgrund der kleinenFallzahl nicht nachgewiesen werden. Eine arbeitsmedizinische Betreuung derSchuldnerberater im Hinblick auf die emotional belastende Tätigkeit ist zu fordern.Literatur1. Löffler, K und Ewald, O.Burnout. Handbuch der Arbeitsmedizin. 44. Erg. Dezember2006.2. Imai, H., et al., Burnout and work environments of public health nurses involved inmental health care. Occup Environ Med, 2004. 61(9): p. 764-768.3. Maslach et al. Job Burnout. Annu. Rev. Psychol. 2001. 52:397–422.4. Was mache ich mit meinen Schulden? Broschüre des Bundesministeriums fürFamilie, Senioren, Frauen und Jugend. Juli 2005.5. MBI-D adaptiert nach Büssing, A. & Perrar, K-M. Die Messung von Burnout.Untersuchung einer Deutschen Fassung des Maslach Burnout Inventory (MBI-D).Diagnostica, 1992: 38,328-353.579


P52Poster – Psychosoziale FaktorenTab. 1: Soziodemografische Variablen und Anzahl der Beratungen pro Woche der Schuldnerberater,gesamt und stratifiziert nach dem Risiko für emotionale Erschöpfung (N=62)Alter< 45 JahrenN28Gesamt(N=62)%45,2N=2711EmotionaleErschöpfungErhöhtes Risiko(Score > 3,5)%39,3≥45 Jahren3454,81647,1GeschlechtMännlich2946,81448,3Weiblich3353,21339,4Lebt mit Partner zusammenNein1625,81062,5Ja4674,21737,0Beratungen pro Woche< 133556,51440,0≥132743,51348,1Arbeit als Schuldnerberater< 10 Jahre3353,21236,4≥10 Jahre2946,81551,7Alle Ergebnisse des Chi 2 -Tests > 0,05580


P53Poster – Psychosoziale FaktorenArbeitsbezogene Faktoren - Prädiktoren für psychischeGesundheit bei Lehrern?Reingard Seibt 1 , Marlen Galle 2 , Anja Hübler 1 , Klaus Scheuch 11 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus derTechnischen Universität Dresden, Dresden; 2 Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, FachrichtungPsychologie, Technische Universität Dresden, DresdenZielstellung:Die Arbeits- und Gesundheitssituation im Lehrerberuf wurde in der Vergangenheitkontrovers diskutiert. Tatsächlich ist der Gesundheitszustand der Lehrer vor allem durchpsychische Störungen und psychosomatische Erkrankungen auffällig beeinträchtigt. Diesspiegelt sich insbesondere in einem hohen Anteil frühzeitiger Pensionierungen wider(Weber, Weltle & Lederer, 2003). Die Gesundheit der Lehrer ist neben Qualifikation undMotivation eine unabdingbare Voraussetzung für gute Arbeitsfähigkeit und -zufriedenheit,beruflichen Erfolg sowie die Umsetzung des Bildungsauftrages. Der vorliegende Beitraguntersucht den Einfluss personen- und arbeitsbezogener Faktoren auf die psychischeGesundheit der Lehrer. Neben dem Auffinden von Prädiktoren psychischer Gesundheitliegt der Fokus auf dem Gruppenvergleich psychisch beeinträchtigter und psychischstabiler Lehrer.Methodik:Es wurde eine Stichprobe von 986 Lehrern aus 182 Schulen zu Gesundheitsstatus,soziodemographischen Angaben und gegenwärtigen Arbeitsbedingungen befragt. DieStichprobe setzte sich aus 860 Lehrerinnen (87%) und 126 Lehrern (375 Grundschul-,339 Mittelschul- und 272 Gymnasiallehrer) zusammen. Das Durchschnittsalter derTeilnehmer lag bei 47±7 Jahren, sie waren durchschnittlich seit 24 Jahren im Lehrerberuftätig und 63% von ihnen arbeiteten zum Untersuchungszeitpunkt in Teilzeit. ZurErhebung des Gesundheitsstatus wurde als zentrale Größe psychische Gesundheit mitdem GHQ-12 (Linden et al., 1996) erfragt. Zudem wurden aktuelle Beschwerden mit demBeschwerdenfragebogen (BFB: Höck & Hess, 1975) und die Arbeitsfähigkeit mit derKurzversion des Work Ability Index (WAI: BAuA, 2003) eingeschätzt.Soziodemographische und arbeitsbezogene Angaben wurden mit einer Berufsanamnese(Seibt & Dutschke, 2005), das berufliche Aufwand-Nutzen-Verhältnis mit dem Effort-Reward-Imbalance-Questionnaire (ERI: Siegrist, 1996) erfasst.Ergebnisse:Der durchschnittliche GHQ-12-Summenwert (Wertebereich: 0-12) beträgt 2,4 und fälltdamit eher günstig aus (Tab. 1). Unter Verwendung des Trennwertes GHQ-12-Summe ≥5 (Üstün & Sartorius, 1995) bestehen für 20% der Lehrer Hinweise auf psychischeBeeinträchtigung (GHQ 1 , N=192). Es zeigen sich keine Unterschiede der psychischenGesundheit hinsichtlich Alter, Geschlecht und Familienstand. In Gymnasien wurden581


P53Poster – Psychosoziale Faktorenjedoch mit 27% signifikant mehr Lehrer als psychisch beeinträchtigt klassifiziert als inGrund- (16%) und Mittelschulen (17%; p=.000). Im Vergleich psychisch beeinträchtigter(GHQ 1 ) und stabiler Lehrer (GHQ 0 , N= 794) berichten psychisch Beeinträchtigte mitdurchschnittlich elf Beschwerden signifikant mehr körperliche Leiden als Stabile (Tab. 1).Insbesondere die Symptome Erschöpfung und Müdigkeit, Vergesslichkeit undUnkonzentriertheit, Grübeleien und Zweifel, Kopfschmerzen sowie Schlafstörungenwerden bei psychisch Beeinträchtigten signifikant häufiger angegeben (Tab. 1). Zudemschätzen beeinträchtigte Lehrer ihre Arbeitsfähigkeit signifikant niedriger ein (33,6 vs.38,7 Punkte, p=.000). In den Merkmalen der Arbeitssituation unterscheiden sich dieGruppen GHQ 1 und GHQ 0 lediglich im ERI signifikant und praktisch bedeutsamvoneinander: Lehrer mit beeinträchtigter psychischer Gesundheit sind dabei durch einstärkeres Ungleichgewicht beruflicher Verausgabung und Anerkennung gekennzeichnet.Damit sind 25% der Gruppe GHQ 1 einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt, währendes in GHQ 0 nur 5% betrifft. Im Regressionsmodell leisten arbeitsbezogene Faktoreneinen geringen Beitrag (17%) zur Erklärung psychischer Gesundheit, durch arbeits- undpersonenbezogene Variable werden 28% dieser Varianz aufgeklärt werden.Schlussfolgerung:Neben dem beruflichen Aufwand-Nutzen-Verhältnis sind Arbeitsfähigkeit und körperlicheBeschwerden wesentliche Prädiktoren psychischer Gesundheit; Variablen derArbeitssituation klären nur einen geringen Anteil der Varianz psychischer Gesundheitauf. Gymnasiallehrer berichten häufiger psychische Beeinträchtigung und höhereWochenarbeitszeiten als Grund- und Mittelschullehrer. Insgesamt ist die Betrachtungobjektiver Merkmale der Arbeitssituation im Lehrerberuf nicht ausreichend, um denGesundheitsstatus vollständig erklären und präventiv beeinflussen zu können.Personelle Voraussetzungen sowie Merkmale der subjektiven Belastungsverarbeitungstellen wesentliche Faktoren bei der Analyse von Risiken und Ressourcen derLehrergesundheit dar.582


P53Poster – Psychosoziale FaktorenLiteratur• Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.) (2003).Arbeitsbewältigungsindex - Work Ability Index (2. Aufl.). Tuomi, K.; Ilmarinen, J.;Jahkola, A.; Katajarinne, L.; Tulkki, A. Work Ability Index. Helsinki: Finnish Institute ofOccupational Health. Schriftenreihe der BAuA, Ü 14. Bremerhaven: WirtschaftsverlagNW.• Höck, K.; Hess, H. (1975). Der Beschwerdenfragebogen (BFB). Berlin: DeutscherVerlag der Wissenschaften.• Linden, M.; Maier, W.; Achberger, M.; Herr, R.; Helmchen, H.; Benkert, O. (1996).Psychische Erkrankungen und ihre Behandlung in Allgemeinarztpraxen inDeutschland. Nervenarzt 67, 205-215.• Seibt, R.; Dutschke, D. (2005). Fragebogen zur Berufsanamnese von Lehrern.Unveröff.• Siegrist, J. (1996). Adverse health effects of high Effort- Reward conditions at work. JOccup Health Psychol 1, 27-43.• Üstün, T.B.; Sartorius, N. (1995). Mental Illness in General Health Care: AnInternational Study. New York: Wiley and Sons.• Weber, A.; Weltle, D.; Lederer, P. (2003). Frühpension statt Prävention? - ZurProblematik der Frühinvalidität im Schuldienst. Arbeitsmed, Sozialmed, Umweltmed38 (7), 376-384.583


P53Poster – Psychosoziale FaktorenTab. 1: Gruppenvergleich psychisch beeinträchtigter und psychisch stabiler LehrerUntersuchte VariablePsychische Gesundheit [Punkte](Wertebereich: 0 - 12)Personenbezogene FaktorenPhysische Beschwerden [Anzahl](Wertebereich: 0 – 42)GHQ 0psychischstabil(N = 794)1,2 ± 1,3Median: 1,06,8 ± 5,4Median: 6,0GHQ 1psychischbeeinträchtigt(N = 192)7,2 ± 2,0Median: 7,011,5 ± 6.3Median: 11,0p-Wert η 2.000 ,721.000 0,104Häufigste BeschwerdenErschöpfung, Müdigkeit [%] 59,1 87,0 .000 ---Nacken- und Rückenschmerzen [%] 69,3 76,0 .065 ---Grübeleien, Zweifel [%] 31,1 67,2 .000 ---Vergesslichkeit, Unkonzentriertheit [%] 42,1 59,9 .000 ---Schlafstörungen [%] 34,9 55,7 .000 ---Work Ability Index [Punkte](Wertebereich: 7 - 49)38,7 ± 5,1 33,6 ± 6,0 .000 0,131Arbeitsbezogene FaktorenArbeit in Teilzeit [%] 65,7 52,1 .000 ---Unterrichtsstunden (h)VollzeitTeilzeit16,4 ± 2,714,0 ± 2,916,4 ± 2,614,2 ± 2,3.066 ---Gesamtarbeitszeit (h) 1 VollzeitTeilzeit43,6 ± 8,437,4 ± 9,246,4 ± 11,339,9 ± 9,1.000 0,020Klassenstärke 19,4 ± 3,6 19,9 ± 3,4 .057 ---Zusatztätigkeiten – Zeitbedarf (h) 3,7 ± 3,6 3,5 ± 3,9 .302 ---Außerunterrichtliche Verantwortungen –Zeitbedarf (h)Arbeitsbedingtes Aufwand-Nutzen-Verhältnis18,4 ± 7,3 21,4 ± 9,0 .000 0,016ERI-Effort (Wertebereich: 6 - 30 Punkte) 14,5 ± 3,7 17,3 ± 4,1ERI-Reward (Wertebereich: 11 - 55 Punkte) 45,8 ± 6,4 41,3 ± 7,8ERI-Ratio (Risiko: ERI > 1) 0,6 ± 0,2 0,8 ± 0,3 .0001 Die wöchentliche Gesamtarbeitszeit setzt sich aus dem Zeitaufwand für Unterrichtsstunden,Vertretungsstunden, Aufsichtszeiten, Zusatztätigkeiten (z.B. Klassenleitertätigkeit, Leitung vonArbeitsgemeinschaften), schulbezogene außerunterrichltiche Verantwortungen (z.B.Unterrichtsvor- und -nachbereitung, Elternarbeit) sowie dem Zeitbedarf, der durch „Pendeln“zwischen mehreren räumlich getrennten Schulen entsteht, zusammen.2 Zusatztätigkeiten beziehen sich auf Aufgaben und Funktionen die neben dem Fachuntterichtgeleistet werden (z.B. Tätigkeit als Klassenleiter, stellvertretender Schulleiter;Funktionsraumbetreuung; Leitung von Arbeitsgemeinschaften).3 Unter Außerunterrichtliche Verantwortungen wird der Zeitaufwand für Unterrichtsvor- und -nachbereitung, Korrekturen und Benotungen, außerunterrichtliche Arbeit mit Schülern und Altern,Teilnahme an Lehrerkonferenzen, Projektmitarbeit, Fort- und Weiterbildungen verstanden..0000,102584


P54Poster – Psychosoziale FaktorenPsychische Gefährdungs- und Belastungsanalyse in einemIndustriebetrieb: Ergebnisse einer PilotbefragungHeribert Limm 1 , Jürgen Glaser 2 , Mechthild Heinmüller 3 , Harald Gündel 4 , Peter Angerer 31 Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Technische Universität München,München; 2 Lehrstuhl für Psychologie, Technische Universität München, München; 3 Institut und Poliklinik fürArbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, München;4 Psychosomatik undPsychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover, HannoverZiel der StudieDie Häufigkeit von Krankschreibungen wegen psychischer Belastungen ist seit 1997 um70 Prozent gestiegen, obwohl der Krankenstand bei Arbeitsnehmern insgesamtgesunken ist. Psychische Erkrankungen sind mittlerweile die vierthäufigste Ursache fürFehltage in Betrieben[1]. Nach Angaben der WHO (2004) stellen stressassoziiertearbeitsbezogene Gesundheitsprobleme zu 50-60% die Hauptursache für Fehlzeitendar[2]. Nach dem Arbeitsschutzgesetz und dem Sozialgesetzbuch VII sind Arbeitgeberund Berufsgenossenschaften dazu verpflichtet, nicht nur Unfälle und Berufskrankheiten,sondern auch arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren zu verhüten. Dazu zählen auchpsychische Belastungen, soweit sie gefährdend sind. Der Arbeitgeber hat somit diePflicht, auch psychische Fehlbelastungen in der Gefährdungsbeurteilung zu bewerten.Bisher fehlen jedoch inhaltliche wie methodische Richtlinien für die Durchführung einerpsychischen Gefährdungs- und Belastungsanalyse. In der vorliegenden Arbeit sollen dasVorgehen und die Ergebnisse einer Pilotstudie zur Umsetzung einer psychischenGefährdungs- und Belastungsanalyse in einem Industriebetrieb dargestellt werden.MethodenMit Betriebsrat und Unternehmensleitung wurden Abteilungen mit gewerblichen undangestellten Mitarbeitern ausgewählt und 16 Einzelgespräche geführt. Neben Fragen zurSoziodemographie und Arbeitstätigkeit wurde die Stressbelastung mit dem KFZA[3]beurteilt. Faktoren des KFZA mit Mittelwerten über 3,5 wurden als „Ressourcen“gewertet, solche mit Mittelwerten unter 2,5 als „Stressoren“[4]. Mittels Interviewleitfadenwurden die Mitarbeiter zusätzlich zur Einschätzung arbeitsbezogener Themengebeten[5].ErgebnisseJe 8 Mitarbeiter mit und ohne Personalverantwortung wurden befragt (Alter 38,1 Jahre,Wochenarbeitszeit 45,5 h). 69% der Befragten schätzten ihr Belastungserleben als hochein. Als wichtige Stressoren wurden allgemein die Arbeitsprozesse (75%), Zeitdruck(56%) und Führungsverhalten (50%) genannt. Die KFZA-Skalen „Vielseitigkeit“,„Ganzheitlichkeit“, „soziale Rückendeckung“ und „Zusammenarbeit“ wurden als„Ressourcen“ gewertet. Als Entwicklungspotenziale (Werte von 2,5 bis 3,5) wurden„Qualitative Arbeitsbelastung“, „Arbeitsunterbrechungen“, „Umgebungsbelastung“,585


P54Poster – Psychosoziale Faktoren„Information/ Mitsprache“, „Handlungsspielraum“ sowie „betriebliche Leistungen“identifiziert. Ein Stressfaktor war durchgängig die „Quantitative Arbeitsbelastung“(Abb.1).Handlungsspielraum5Betriebliche LeistungenVielseitigkeit4nformation und MitspracheUmgebungsbelastungen*321GanzheitlichkeitSoziale RückendeckungArbeitsunterbrechungen*Quantitative Arbeitsbelastung*ZusammenarbeitQualitative Arbeitsbelastung** Mit Umkodierung nach Impuls 2002Werte über 3,5: RessourcenWerte von 2,5 bis 3,5 EntwicklungspotenzialWerte bis 2,5 StressfaktorenAbbildung 1: KFZA-Ergebnisse nach Impuls 2002[4], (n=16).Mit Hilfe des KFZA konnten Unterschiede in der Gewichtung einzelner Dimensionensowohl zwischen gewerblichen wie angestellten Mitarbeitern als auch zwischenMitarbeitern mit und ohne Personalverantwortung gezeigt werden. In der Tendenzerlebten Angestellte mit Führungsverantwortung mehr KFZA-Dimensionen alsRessourcen als die Vergleichsgruppe. Im Interview wurden „Kooperation mitUnternehmensleitung“ (44%) und „Führungsverhalten“ (31%) als häufigste Belastungengenannt. Gefordert wurde eine glaubhafte Veränderungsperspektive.SchlussfolgerungenErste Ergebnisse zeigen, dass der KFZA als Screeninginstrument zur psychischenBelastungsanalyse geeignet ist; kritisiert wurde das Fehlen von Fragen zu persönlichemBelastungserleben, Angst vor Arbeitsplatzverlust, Vereinbarkeit von Familie und Berufsowie zur Kooperation mit Unternehmensleitung. Fragen zum Führungsverhalten und zurUnternehmenskultur sind zu wenig differenziert. Die Gesprächssituation erhöht dieAkzeptanz einer psychischen Belastungsanalyse, die nur dann sinnvoll erscheint, wennkonkrete Maßnahmen abgeleitet werden.586


P54Poster – Psychosoziale FaktorenDas Votum einer Ethikkommission war nicht erforderlich.Literatur1. DAK Gesundheitsreport, nach Süddeutsche Zeitung vom 29. Oktober 2006.2. WHO (2004), Pressemitteilung EURO/14/14/04.3. Prümper J., Hartmannsgruber K., Frese M.: KFZA - Kurzfragebogen zurArbeitsanalyse, in: Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 39 (1995),125-132.4. Wirtschaftskammer Österreich, Bundesarbeitskammer und ÖsterreichischerGewerkschaftsbund: Impuls: Betriebliche Analyse von Arbeitsbedingungen, 2002.Gefördert von der Europäischen Gemeinschaft.5. Broschüre der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE)und die Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft (TBBG), 2006.587


P55Poster – Psychosoziale FaktorenGesundheit und subjektiv empfundene Bedrohung desArbeitsplatzesEva Böhler, Kristina Harth, Carola Seitz, Elizabeth Heins, Stephan LetzelInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, MainzEinleitungStellenabbau und Änderungen in den Arbeitsverträgen hin zu befristetenBeschäftigungsverhältnissen prägen den Arbeitsmarkt in Deutschland und weiterenIndustrienationen.1 Internationale Studien zeigen auf, dass diese Arbeitsplatzbedrohungnegativ mit dem Gesundheitszustand assoziiert ist.2 Umfangreiche Untersuchungen fürDeutschland fehlen derzeitig.Ziel der StudieAssoziationen zwischen der subjektiv empfundenen Bedrohung des Arbeitsplatzes unddem Gesundheitszustand sowie potentielle Einflussfaktoren sollen für Deutschlanderuiert werden.MethodeBasis der Untersuchung waren Daten des deutschen sozio-oekonomischen Panels(GSOEP – German Socio-Economic Panel Study) aus den Jahren 2004 und 2005. DerGSOEP wurde bereits detailliert beschrieben.3 Kurz dargestellt handelt es sich dabei umeine repräsentative Längsschnittstudie von Privathaushalten in Deutschland und derenerwachsenen Mitgliedern. Seit 1984 werden in jährlichen Abständen Daten zu LebensundArbeitsbedingungen von über 12.000 Personen aus über 6.000 Haushalten erfasst.Der Analysedatensatz wurde auf Personen eingeschränkt, die im Jahr 2005 einer VolloderTeilzeitbeschäftigung nachgingen oder sich in der Ausbildungsphase einer Lehrebefanden. Als Zielgröße ‚Arbeitsplatzbedrohung’ wurde die selbst eingeschätzteWahrscheinlichkeit des Arbeitsplatzverlustes innerhalb der nächsten 2 Jahredichotomisiert. Personen mit einer Wahrscheinlichkeit des Arbeitsplatzverlustes von 50%und höher wurden mit einem hohen Risiko definiert, alle anderen mit einem niedrigenRisiko.Neben Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Schulabschluss undpersönlicher Risikobereitschaft wurde der selbst beurteilte Gesundheitszustand alsEinflussgröße untersucht.Die statistische Auswertung erfolgte mit dem Programmpaket SPSS 13.0. Mittels Chi²-Test wurden die kategoriellen Variablen bivariat, die Altersverteilung mittels t-Teststatistisch geprüft. Zur Adjustierung der potentiellen Einflussgrößen wurde eine binärelogistische Regression (Methode: Rückwärtsselektion) durchgeführt. DasSignifikanzniveau wurde mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von α=0,05 festgelegt.588


P55Poster – Psychosoziale FaktorenErgebnisseInsgesamt konnten 9894 Probanden (55,7% männlich; Altersmedian 44 Jahre)vollständig untersucht werden.Arbeitsplatzbedrohung war negativ mit dem Gesundheitszustand und weiterenEinflussfaktoren im bivariaten und multivariaten Modell assoziiert (Tabelle 1).SchlussfolgerungDas methodische Vorgehen ermöglicht es nicht, den Verlauf von Ursache und Wirkungfestzustellen. Es ist somit nicht bestimmbar, ob gesundheitliche Defizite auf dieArbeitsplatzbedrohung zurückzuführen sind oder ob Personen mit einem schlechtenGesundheitszustand resultierend aus dieser Situation vermehrt durch den Verlust desArbeitsplatzes bedroht werden. Diese Fragestellung lässt sich nur durch eineLängsschnittstudie klären. Soziodemografische Merkmale haben einen Einfluss auf dieArbeitsplatzbedrohung und sollten daher in weiteren Untersuchungen zur Assoziation mitdem Gesundheitsstatus mitgeführt werden. Generell stehen die Ergebnisse im Kontextder internationalen Forschung. Um Präventionsprogramme und Gesundheitsförderungsmaßnahmenentwickeln zu können, wären Ergebnisse aus Langzeitstudien inDeutschland wünschenswert.Literaturverzeichnis1. Eichhorst W., Walwei U.: Die deutsche Arbeitsmarktkrise-Probleme undReformansätze aus einer international vergleichenenden Perspektive in Badura Bet al.: Fehlzeiten-Report 2005, Springer-Verlag 20062. Ferrie JE: Health consequences of job insecurity: WHO Reg Publ Eur Ser.1999;81:59-993. Wagner, G., Burkhauser, R. V., & Behringer, F. (1993). The English languagepublic use file of the German socioeconomic panel study. Journal of HumanResources, 28, 429–433.589


P55Poster – Psychosoziale FaktorenTabelle 1: Arbeitsplatzbedrohung und potentielle assoziierte FaktorenRisiko Arbeitsplatzbedrohungniedrig hochN=7658 N=2236 OR1 95%-KI1Geschlecht weiblich 44,2 44,5 -männlich 55,8 55,5 -Alter in Jahren (Mittelwert) 44,3 *** 41,1 0,97 0,97-0,98Familienstand verheiratet 67,5 59,0 -ledig 22,8 31,8 -geschieden 8,3 7,9 -verwitwet 1,5 *** 1,3 -Staatsangehörigkeit deutsch 93,3 94,0 1 -nicht deutsch 6,8 6,0 0,82 0,66-1,02Schulabschluss Abitur/Fachhochschule 33,6 24,9 1 -Realschulabschluss 34,8 43,4 1,57 1,39-1,77Hauptschulabschluss 24,5 24,9 1,37 1,20-1,57ohne Abschluss 1,2 1,5 1,65 1,08-2,53anderen Abschluss 5,9 *** 5,4 1,36 1,07-1,74Persönliche Risikobereitschaftniedrig (0-40%) 39,5 38,0 -hoch (≥50%) 60,5 62,0 -Erwerbsstatus vollerwerbstätig 77,3 73,6 1 -teilzeitbeschäftigt 20,0 20,0 1,06 0,94-1,19Ausbildung (Lehre) 2,6 *** 6,4 1,50 1,17-192Gesundheitszustand sehr gut, gut 60,6 51,0 1 -zufrieden stellend 29,7 35,2 1,61 1,44-1,79weniger gut 8,6 12,3 2,06 1,75-2,42schlecht 1,2 *** 1,5 1,83 1,21-2,761 Ergebnisse der binären logistischen Regression (Methode: Rückwertsselektion);adjustiert nach Geschlecht, Alter, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Schulabschluss,persönliche Risikobereitschaft, Gesundheitszustand* p< 0,05 ; ** p < 0,01; *** p< 0,01 [p-Wert des Chi²-Tests; t-Tests (Alter)]590


P56Poster – Psychosoziale FaktorenPrivate sowie berufliche Lebensituation und beruflicheGratifikationskrisen kolumbianischer Arbeitnehmer imSicherheitsgewerbeMarc Ratayczak 1 , Kirsten Isabel Löffler 1 , Gloria Consuelo Herrera 2 , Luis Escobar-Pinzón 1 ,Stephan Letzel 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz;Ocupacional, Universidad del Norte, Barranquilla2 SaludZiel der Studie:Das Modell der beruflichen Gratifikationskrisen zur Messung chronisch psychosozialerund sozioemotionaler Arbeitsbelastungen wurde mit seinem Messverfahren inzahlreichen Studien eingesetzt (Siegrist et al., 2004). Der auf diesem Modell basierendeetablierte Fragebogen bestimmt zwei Stressindikatoren, zum einen den ER-Ratio (sieheunten) und zum anderen die übersteigerte Verausgabungsbereitschaft. Erhöhte Wertedieser beiden Indikatoren stehen im Bezug zu zahlreichen Pathologien wiebeispielsweise kardiovaskulären Erkrankungen (Van Vegchel et al., 2005). DerFragebogen wurde in zahlreichen Kulturkreisen und Ländern an unterschiedlichstenPopulationen in Studien eingesetzt. In dieser Studie wird zum ersten Mal einesüdamerikanische Population untersucht, die Population an sich stellt ebenfalls einNovum dar. Es wurden Arbeitnehmer im privaten Sicherheitsgewerbe untersucht. DasZiel der Studie ist es, herauszufinden inwieweit die private und beruflicheLebenssituation diese beiden Stressindikatoren beeinflusst.MethodenEs handelt sich um eine randomisierte Querschnittstudie mit zweiteiligen Fragebogendurchgeführt an 318 Arbeitnehmern aus fünf Firmen des Sicherheitsgewerbes ansässigin Barranquilla, Kolumbien. Das Studienkollektiv setzt sich zu 87,7% (n=279) ausmännlichen und zu 8,8% (n=28) aus weiblichen Arbeitnehmern zusammen, von 3,5%(n=11) fehlt diese Angabe. Es arbeiteten 11,3% (n=36) als Aufseher, 82,1% (n=261) alsWachmann,.3,1% (n=10) in einer anderen Tätigkeit und für 3,5% (n=11) lagen keineAngaben vor. Zum einen wurde der Fragebogen der beruflichen Gratifikationskrisenbenutzt, der bereits in einer spanischen Version (Macías-Robles et al., 2003) vorlag, dieleicht an die kolumbianischen Verhältnisse angepasst wurde. Die beiden mit diesemFragebogen ermittelten Stressindikatoren sind der berechnete Effort-Reward-Ratio (= Σ„Verausgabung“/ Σ „Belohnung“ x Korrekturfaktor) und die gemessene übersteigerteVerausgabungsbereitschaft. Mit dem Fragebogen wurde zudem die beruflicheLebenssituation der Arbeitnehmer erfasst. Zum anderen wurde ein Fragebogen über dieprivate Lebenssituation des arbeitsmedizinischen Instituts in einer spanischenÜbersetzung benutzt. Der Fragebogen wird in vier Kategorien unterteilt, diefolgendermaßen sind: Freizeitgestaltung, Beurteilung der privaten Lebenssituation/der591


P56Poster – Psychosoziale FaktorenFreizeit, Zusätzliche Arbeit und Pflichten im Alltag und Familie und Partnerschaft. ZurUntersuchung der Zusammehänge zwischen beruflicher und privater Lebenssituationsowie den Stressindikatoren wurden Rangkorrelationen nach Spearman berechnet,sowie der H-Test nach Kruskal-Wallis eingesetzt.Ergebnisse:Der ermittelte ER-Ratio (n= 306) war im Median= 0,38 (Q1= 0,29; Q3= 0,56) und nichtnormalverteilt. Die übersteigerte Verausgabungsbereitschaft (n= 302) hatte eineneMittelwert von 13,91 (SD= 3,22) und war normalverteilt. Ein Ungleichgewicht (ER-Ratio>= 1) hatten 5,56% (n=17) der Gesamtpopulation und eine übersteigerteVerausgabungsbereitschaft von 17-24 hatten 29,8% (n= 90), was in beiden Fällen einerhöhtes Risiko für Erkrankungen bedeutet. Signifikante Zusammenhänge zwischen derberuflichen Lebenssituation und Stressindikatoren fanden sich bei dem Alter, der Längedes Arbeitsverhältnisses, Schichtdienst und der arbeitgebenden Firma. Weiterhin wurdensignifikante Zusammenhänge zwischen der privaten Lebenssituation und denStressindikatoren aufgezeigt, wobei hier der Familienstand, die Unterstützung dessozialen Umfelds, sowie die subjektive Wahrnehmung des Alltags angeführt werdensollen. Die subjektiven Wahrnehmungen ergaben die stärksten Korrelationen.SchlussfolgerungEs fanden sich zahlreiche signifikante Korrelationen und Zusammenhänge, die das Zielder Studie unterstützen. Hervorzuheben sind hierbei die Zusammenhänge zwischenStressindikatoren mit familiären Faktoren bzw. der subjektiven Bewertung der Freizeit.Es bestehen signifikante positive Korrelationen zwischen einer negativwahrgenommenen Freizeit sowie einem schlecht funktionierenden familiärenZusammenleben und dem wahrgenommenen Stress. Wie bereits oben erwähnt stelltsowohl die Population als auch der Kulturkreis ein Novum dar, es sind deshalb weitereStudien in diesem Kulturkreis zu Vergleichbarkeit der Ergebnisse geplant. Die Studie istein erster Schritt in der Forschung mit dem Modell beruflicher Gratifikationskrisen inSüdamerika.Literatur:- Siegrist, J, Starke, D, Chandola, T, Godin, I, Marmot, M, Niedhammer, I, Peter, R. Themeasurement of effort-reward imbalance at work: European comparisons. Socialscience & medicine. 58 (8). 2004. 1483-1499.- Vegchel, N van, Jonge J de, Bosma, H, Schaufeli, W. Reviewing the effort-rewardimbalance model: drawing up the balance of 45 empirical studies. Social science &medicine. 60 (5). 2005. 1117-1131.- Macías Robles, M D, Fernández-López, J A, Hernández-Mejía, R, Cueto-Espinar, A,Rancaño, I, Siegrist, J. Measuring psychosocial stress at work in Spanish hospital’spersonnel. Psychometric properties of the Spanish version of Effort-Reward Imbalancemodel. Medicina clínica. 120 (17). 2003. 652-657.592


P57Poster – Psychosoziale FaktorenLebenssituation und berufliche Belastungen von Studierendender MedizinThomas Muth, Silvester Siegmann, Sieglinde SchwarzeInstitut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, DüsseldorfIn der Zeit des Studiums sehen sich viele Studierende persönlichen Herausforderungengegenüber: Ein völlig neues Lebensumfeld, veränderte Lernanforderungen, Trennungvon Elternhaus und Freundeskreis oder auch schwierige finanzielle Bedingungen.Psychische Beeinträchtigungen scheinen unter Studierenden weit verbreitet 1 .Mehrfachbelastungen sind häufig: Fast zwei Drittel der Studierenden sind, inunterschiedlichem Umfang, nebenher erwerbstätig 2 . Zur Beteiligung an derFamilienarbeit wie z.B. Versorgung und Pflege von Angehörigen gibt es keine Angaben.Ziel dieser Arbeit ist eine erste Beschreibung der Lebensumstände und Belastungen vonStudierenden der Medizin in Düsseldorf, um Ansatzpunkte für möglichePräventionsmaßnahmen abzuleiten.MethodeDie reguläre Arbeitsschutzunterweisung der Studierenden der Humanmedizin an derHHU wurde zu einer Befragung mit einem weitgehend standardisierten Fragebogengenutzt.Diese Pflichtveranstaltung zu Beginn des klinischen Studienabschnitts wird von denStudierenden meist in der Zeit vom 5.-7. Semester besucht.Ergebnisse171 von 190 Studierenden haben sich beteiligt (90%). Studentinnen stellten dabei dieMehrheit (n=99, 58%). Das mittlere Alter lag, unabhängig vom Geschlecht, bei 21,9Jahren (s=2,8). Die meisten StudentInnen waren 21-23 Jahre alt (70%). Gut die Hälftealler Befragten lebt bereits selbstständig in einer eigener Wohnung oder einerWohngemeinschaft. Von den Übrigen wohnen weibliche Studierende eher noch bei denEltern (29%), während von den Kommilitonen ein Platz im Studentenwohnheimbevorzugt wird (26%). Das Einkommen der hier befragten Medizinstudenten stammt imwesentlichen aus der Unterstützung durch die Familie (Eltern). Dieser Anteil macht imMittel 65% der verfügbaren finanziellen Mittel aus. Sowohl BAföG (17%) als auch eigeneErwerbstätigkeit, mit 12% Anteil am Einkommen, spielen insgesamt eher eineuntergeordnete Rolle.25% der weiblichen und 21% der männlichen Studierenden arbeiten regelmäßig nebendem Studium. Über die Hälfte aller Befragten wenigstens manchmal erwerbstätig (54%).Die ausgeübten Tätigkeiten haben sehr oft Bezug zum Studium (Bereich Gesundheit undPflege). Nachtarbeit fällt für 25% der Erwerbstätigen an. Die Studierenden schätzenihren persönlichen Zeitaufwand für Studium und Nebentätigkeiten insgesamt als sehr593


P57Poster – Psychosoziale Faktorenhoch ein: Im Semester 58,4 Stunden (s=21,7) in der vorlesungsfreien Zeit 37 Stunden(s=27,6) pro Woche. Die folgende Abbildung zeigt, welche Faktoren von denStudierenden als besonders belastend empfunden werden:langes SitzenZeitdruck / Terminhetzemangelnde InformationenÜberforderungemotionale BelastungUnvereinbarkeit von Aufgabenungünstige Arbeitszeitenwenig HandlungsspielräumeKonflikte m. Familie wg. Studium/Beruffinanzielle Schwierigkeiteneintönige Arbeit, Monotoniesoziale Isolationlange Anfahrtswegekörperl. Zwangshaltungenhohe VerantwortungInfektionsgefahrenAbb.1: Belastungssituation bei Studierenden der Medizin0 1 2 3 4 5MW empfundene Belastung (Häufigkeit x Intensität, max=9)In dieser Phase des Studiums spielen Belastungsfaktoren, die von anderenErwerbstätigen häufig genannt werden, wie Mobbing, sexuelle Belästigung usw.überhaupt keine Rolle.Zusammenfassung und SchlussfolgerungenDie befragten Studierenden der Humanmedizin an der HHU unterscheiden sich vonanderen StudentInnen: Der Anteil erwerbstätiger Studenten (54%) liegt hier unterdenjenigen, die z.B. aus Essen 3 (66%) oder auch aus Berlin 4 (70%) beschriebenwerden. Die Gruppe von Studenten, deren Unterhalt wesentlich von den Eltern bestrittenwird, ist mit 40% größer als in anderen Erhebungen 2 (z.B. 12%). Die beschriebenenBelastungen resultieren aus den spezifischen Gegebenheiten des Medizinstudiums. Esist deshalb zu erwarten, dass die Beanspruchung im Verlaufe des klinischen Abschnittseher zunimmt. Der Zeitaufwand mag bisweilen überschätzt werden, ist aber wohl bereitsin dieser Studienphase sehr hoch. Veränderungen sind im organisatorischen Bereich zufordern: Reduzierung passiver Phasen, Verbesserung der Kommunikation und dieEntzerrung von Terminen und Aufgaben mit dem Ziel einer Erweiterung der eigenenGestaltungsmöglichkeiten. Sinnvolle Angebote an die Studierenden wären nach denoben geschilderten Ergebnissen: Unterstützung beim Zeitmanagement und - besondersauch im Hinblick auf spätere Anforderungen im Berufsleben - Hilfestellung bei derBewältigung emotionaler Belastungen.594


P57Poster – Psychosoziale FaktorenLiteratur1 Graf G, & Krischke NR: Psychische Belastungen und Arbeitsstörungen im Studium.Stuttgart, Kohlhammer: 20042 Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Die wirtschaftliche und sozialeLage der Studierenden in der BRD. 17. Sozialerhebung des DeutschenStudentenwerks. Berlin: 20043 Nienhäuser W, Becker C, Jans M: Studentische Erwerbstätigkeit und Teilzeit-Studium.Forschungsbericht Universität Essen: 20004 DGB Berlin Brandenburg / Kooperationsstelle Wissenschaft/Arbeitswelt: Studierendemüssen Rechte am Arbeitsplatz kennen. www.berlinbrandenburg.dgb.de/article/articleprint/4822/-1/348/Stand: 13.3.<strong>2007</strong>595


P58Poster – Psychosoziale FaktorenKognitive Beanspruchung bei Führungskräften: Diephysiologischen „Kosten“ der LeistungSergei A. Schapkin 1 , Gabriele Freude 1 , Udo Erdmann 1 , Heinz Rüdiger 21 Arbeitsgestaltung bei psychischen Belastungen, Stress, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin(BAuA), Berlin; 2 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden, DresdenManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.596


P61Poster – ToxikologieZytotoxizität perfluorierter Tenside (PFOA und PFOS) inhumanen HepatozytenFrank Mosel, Karen Kledtke, Albert W. RettenmeierInstitut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen, EssenHintergrundPerfluoroktansulfonsäure (PFOS) und Perfluoroktansäure (PFOA) sind die quantitativbedeutendsten perfluorierten Tenside (PFT), die unter anderem als Imprägnierungsmittelverwendet werden. Die perfluorierten Tenside sind nicht weiter biologisch abbaubar undhaben sich daher in der Umwelt und der Nahrungskette ubiquitär angereichert. Der vomUmweltbundesamt veröffentlichte gesundheitliche Orient-ierungswert (GOW) für PFT imTrinkwasser beträgt 0,1μg/l. PFT sind ähnlich dem primären Metaboliten des PVC-Weichmachers DEHP Aktivatoren des PPA-Rezeptors und promovieren wie anderePeroxisomenproliferatoren im Tiermodell unterschiedliche Tumoren. ÖffentlichesInteresse erregte die kürzlich nachgewiesene Verunreinigung des im Bereich derMöhnetalsperre gewonnenen Trinkwassers mit PFT, verursacht durch illegaleEntsorgung durch Beimischung zu Kunstdünger. Am 25.10.2006 beschloss das EU-Parlament ein weitgehendes Verwendungsverbot für PFOSZiel der StudieDurch Messung der LDH-Freisetzung in vitro exponierter Hepatozyten sollte dieZytotoxizität von PFOA und PFOS mit derjenigen der als Peroxisomenproliferatorenbekannten DEHP-Metaboliten verglichen werden. Hierzu wurden neuartige transfektiertehumane Hepatozyten (HHL) verwendet. Mit diesen immortalisierten Zellen wärenLangzeitexpositionen gegenüber niedrigen Dosierungen möglich.MethodenDie als Zell-Modell verwendeten HHL entstammen keiner Tumorzelllinie, sondern wurdendurch die HPV-16 Onkoproteine E6 und E7 immortalisiert. Bei diesen Zellen ist auchnach mehreren Passagen immunhistochemisch keine Entdifferenzierung nachweisbar.Mit diesen Zellen wären Langzeitexpositionen gegenüber niedrigen Dosierungenmöglich. Um sie mit den bisher eingesetzten, nur wenige Tage lebensfähigen primärenRattenhepatozyten vergleichen zu können, wurden sie in der hier vorgestelltenVersuchsreihe mit demselben Hochdosis-Kurzzeit-Protokoll für 24 h gegenüber denTestsubstanzen in jeweils drei Konzentrationen (0,18; 0,36 und 0,72 mmol/l) exponiert.Nach der Exposition erfolgte die Bestimmung der LDH-Konzentration im Überstand.Verwendet wurden neben PFOA und PFOS die DEHP-Metaboliten MEHP, 5-OH-MEHP,5Carboxy-MEHP und 5Oxo-MEHP. Als Kontrollsubstanz diente Triton (entspr.Toxizität = 100 %). Die Rezeptor-unabhängige Wirkung wurde nach Vorbehandlung mitdem irreversiblen PPARα-Antagonisten GW6471 (Tocris Coocson) oder dem PPARγ-597


P61Poster – ToxikologieAntagonisten GW9662 (Cayman Chemical) ermittelt.ErgebnisseIm Vergleich zu primären Rattenhepatozyten sind HHLs erwartungsgemäß wenigervulnerabel gegenüber den untersuchten Peroxisomenproliferatoren.In der höchsten verwendeten Konzentration führen PFOA und PFOS zu einer höherenLDH-Freisetzung als DEHP-Metaboliten.Die Wirkung von PFOA, PFOS und MEHP ist nicht durch den PPARα-AntagonistenGW6471 antagonisierbar.In der höchsten verwendeten Konzentration zeigt sich nur eine sehr geringe Reduktionder Wirkung von PFOA und PFOS durch Vorbehandlung mit dem PPARγ-AntagonistenGW9662.SchlussfolgerungDie verwendeten transfektierten humanen Hepatozyten eignen sich als Modell zurUntersuchung der LDH-freisetzenden Wirkung von PFTs und DEHP-Metaboliten. Inhoher Dosierung führen PFOA und PFOS bei Leberzellen in vitro zu einer höherenFreisetzung des Zytotoxizitätsmarkers LDH als MEHP, ein als Peroxisomenproliferatorbekannter DEHP-Metabolit. Dies ist konform mit der aus tierexperimentellenUntersuchungen bekannten höheren Hepatotoxizität der PFTs.598


P62Poster – ToxikologieReizwirkungen durch Cyclohexylamin: Ergebnisse einerexperimentellen ExpositionsstudieChristoph van Thriel, Stephanie Anja Juran, Stefan Kleinbeck, Ernst Kiesswetter, MichaelSchäperInstitut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund, DortmundZiel der StudieCyclohexylamin (CHA) ist ein Arbeitsstoff, der bei der Reduktion derSpitzenbegrenzungskategorien im Jahr 2000 von einem „geruchsintensiven“ Arbeitsstoff(Kat. V) in die Gruppe der lokalen Reizstoffe (Kat. I) umgruppiert wurde (DFG, 2002). DerMAK-Wert wurde im Jahr 2003 von 10 auf 2 ppm herabgesetzt (DFG, 2003), umReizwirkungen zu vermeiden. Da nur anekdotische Berichte zu Reizwirkungen vorlagen,wurde die Absenkung überwiegend in Analogie zu Dimethylamin vorgenommen. ImAusschuss für Gefahrstoffe wird der Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) von 10 ppmaugenblicklich bearbeitet. In psychophysischen Experimenten wurde für CHA eineGeruchsschwelle von 2,4 ppm und eine Lateralisierungsschwelle von 373 ppm ermittelt(van Thriel et al. 2006). Diese Daten legen nahe, dass im Bereich der aktuell diskutiertenGrenzwerte vorwiegend Geruchseffekte zu erwarten sind. Die vorliegende Studie sollprüfen, ob in diesem Konzentrationsbereich bei längerer Exposition dennoch Reizeffektedurch CHA auftreten.MethodenAm Versuch nahmen 12 Frauen (Durchschnittsalter: 25,3±4,8 Jahre) und 12 Männer(25,5±3,8) teil, die gegenüber CHA in drei Konzentrationen (1 ppm konstant, 0,1–4 ppmvariabel, 10 ppm konstant) für 4 Std. exponiert wurden. Die Bedingung 0,1 - 4 ppm hatteeine durchschnittliche Exposition von 2 ppm (MAK-Wert) und vier Expositionsspitzen von4 ppm. Der Versuch wurde im Messwiderholungs-Design durchgeführt, wobei zwischenzwei aufeinander folgenden Versuchstagen ein expositionsfreies Intervall von mindesten48 Std. lag. Vor, während und nach den Expositionen wurden chemosensorische Effekteauf verschiedenen Ebenen durch Ratings von Empfindungsstärken, chemosensorischvermittelte Symptome, neuropsychologische Aufmerksamkeitstests, Messung derLuftströmung in der Nase, Lidschlussfrequenzmessung und biochemische Indikatorenerfasst. Die Experimente wurden durch die Ethikkommission des IfADo genehmigt unddie Teilnehmer erklärten ihr Einverständnis zur Teilnahme schriftlich.ErgebnisseAbbildung 1 zeigt die Profile der chemosensorischen Empfindungen für die dreiuntersuchten Bedingungen.599


P62Poster – ToxikologieGeruchsintensitätkaum wahrnehmbarschwachCyclohexylaminmäßigstarksehr starkLästigkeitstechendNasenreizungscharfbrennendekelerregendAugenreizungniesreiz-erregendkitzelndprickelnd0 100 200 300 400 500 600EmpfindungsstärkeAbb. 1 Profil der mittleren Intensität der Empfindungs-stärken für die drei Expositionen (●: 1 ppm,■: 1-4 ppm, ▲: 10 ppm), zusätzlich die mittleren Angaben (Streuungsbalken ■) währendder Expositionsminima und –maxima der variablen Bedingung.Während der Geruchskontroll- (1 ppm) und variablen Bedingungen (0,1 - 4 ppm) wurdennur schwache Geruchs- und keine Reizeffekte berichtet. Die mittlerenLidschlussfrequenzen waren unter beiden Bedingungen mit 18,6 und 19,5 min-1vergleichbar. Die Rhinomanometrie ergab keine Hinweise auf nasale Obstruktionen nachdiesen beiden Expositionsbedingungen. Der nasale Atemwiderstand nahm sogar um 18bzw. 24% ab. Abbildung 1 verdeutlicht, dass bei 10 ppm starke Geruchsbelästigungenund leichte Reizeffekte berichtet wurden. Während dieser Bedingung nahm der nasaleAtemwiderstand um 47% ab. Zum Ende der 4-stündigen Exposition zeigte sich bei 10ppm ein signifikanter Anstieg der Lidschlussfrequenz von anfänglich 19,8 auf 22,6 min-1.Eine Erhöhung der Substanz P Konzentration im nasalen Fluid, im Sinne einerneurogenen Entzündungsreaktion, wurde nicht beobachtet. Alle Indikatoren(Reaktionszeiten, Fehler) der neuropsychologischen Leistungstests waren während derdrei Bedingungen vergleichbar.SchlussfolgerungenReizerscheinungen zeigten sich bei Arbeitsplatzsimulationen für CHA nur oberhalb desaktuellen MAK-Wertes und in Abhängigkeit von der Expositionsdauer. Trotz der starkenLästigkeit, die durch den Geruch von CHA verspürt wurde, konnten die Probanden auchkomplexe Aufmerksamkeitstests unbeeinträchtigt bearbeiten. GeruchsvermittelteAblenkungseffekte sind somit auch bei 10 ppm eher unwahrscheinlich. Diephysiologischen Parameter verdeutlichen im Bereich des AGWs erste Effekte. Diedeutliche Abnahme des nasalen Atemwiderstands steht möglicherweise mit der600


P62Poster – Toxikologievasokonstriktiven Wirkung des basischen CHA auf die Blutgefässe in derNasenschleimhaut in Zusammenhang. Dieser mechanistische Zusammenhang bedarfallerdings noch einer differenzierten Überprüfung.Literatur• DFG. (2002). MAK- und BAT-Werte-Liste 2002. Weinheim: WILEY-VCH VerlagGmbH.• DFG. (2003). MAK- und BAT-Werte-Liste 2003. Weinheim: WILEY-VCH VerlagGmbH.• van Thriel, C., Schaper, M., Kiesswetter, E., Kleinbeck, S., Juran, S., Blaszkewicz,M., Fricke, H. H., Altmann, L., Berresheim, H., Bruning, T. (2006). Fromchemosensory thresholds to whole body exposures-experimental approachesevaluating chemosensory effects of chemicals. Int Arch Occup Environ Health, 79,308-21.601


P63Poster – ToxikologieExhalation von Trimethylbismut nach oraler Applikation einesBismutsalzes - ein Hinweis auf die Biomethylierung von Metallenbeim Menschen?Frank Mosel 1 , Jens Boertz 2 , Klaus Michalke 3 , Margareta Sulkowsii 2 , Alfred V. Hirner 2 , Albert W.Rettenmeier 11 Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen, Essen; 2 Institut für Umweltanalytik undAngewandte Geochemie, Universität Duisburg-Essen, Essen;3 Institut für Mikrobiologie, UniversitätDuisburg-EssenZiel der StudieDie Biomethylierung von Metallen und Metalloiden durch in der Umwelt vorkommendeMikroorganismen ist ein bekannter Prozess und führt im Allgemeinen zuMetall(oid)spezies mit höherer Toxizität. In einer Probandenstudie sollte untersuchtwerden, ob auch Vertreter der intestinalen Flora des Menschen zu dieserStoffwechselleistung befähigt sind. Als Modellsubstanz wurde ein Bismutpräparatverwendet, da es überwiegend über den Darm ausgeschieden wird und somit derintestinalen Mikroflora ausgesetzt ist.MethodenGesunden männlichen Probanden (n=21) wurden 215 mg Bismut (Bi) in Form vonBismutsubcitrat oral verabreicht (De-Noltab®, Yamanouchi Europe B.V., Niederlande),welches in einigen EU-Staaten zur Therapie von Magen- und Zwölffingerdarmulcerazugelassen ist. Venöses Blut wurde eine halbe Stunde vor und zu den Zeiten ½, 1, 2, 4,8, 24, 32, 48 und 56 Stunden nach oraler Bi-Gabe abgenommen, Ausatemluftprobenwurden vor sowie 1, 2, 4, 8, 24 und 48 Stunden nach Bi-Gabe in Tedlar-Bags (Supelco®,Taufkirchen, Germany) gesammelt. Spontane Urinproben wurden in Standard-Gefäßeund Stuhlproben unmittelbar nach Gewinnung in Gefäße mit Argon-Atmosphäreüberführt. Die Bestimmung von Gesamtbismut in den Proben erfolgte mittels simultangekoppelter GC-MS/ICP-MS, die des flüchtigen Trimethylbismut (Me 3 Bi) mit Hilfe der LT-GC-ICP-MS. In den unter anaeroben Bedingungen inkubierten Stuhlproben erfolgteaußerdem die Bestimmung der Summenbildungsrate von Me 3 Bi im Gasraum. Voneinigen Stuhlproben wurde parallel ein mit einem Antibiotikum versetztes Aliquoduntersucht.ErgebnisseDie Elimination von Bismut erfolgte wie erwartet überwiegend über die Faeces, renalwurde nur etwa 1% der verabreichten Dosis ausgeschieden. Die höchste Bi-Konzentration im Blut wurde in der ersten Messung 30 min nach Bi-Gabe gemessen. DieElimination von Bismut aus dem Blut erfolgt zweiphasig. Am Ende der schnellen Phasenach etwa 10 Stunden sind über 90% eliminiert. Trimethyl-Bismut ist erst 2 h nachBismut Gabe in Blut und Ausatemluft nachweisbar. Maximale Werte wurden erst nach24 bzw. 8 Stunden gemessen. Die über mehrere Tage andauernde Me 3 Bi-Bildung in602


P63Poster – Toxikologieden inkubierten Stuhlproben zeigt interindividuell große Unterschiede. In mit Antibiotikabehandelten Stuhlproben bleibt die weitere Me 3 Bi-Bildung aus.SchlußfolgerungenDie Ergebnisse der vorgestellten Studie deuten darauf hin, dass auch Vertreter derintestinalen Flora des Menschen zur Biomethylierung von Metallen und Metalloidenbefähigt sind. Die Identifikation und Isolierung der verantwortlichen Keime und dieBestimmung ihrer Fähigkeit zur Methylierung von Arsen und Quecksilber ist derzeitGegenstand weiterer Untersuchungen.ErklärungFür die vorgestellte Studie liegen die Zustimmung der Ethikkommission sowie dieschriftlichen Einwilligungen der Probanden vor.MeH 3 Bi in Blut und Ausatemluft[MeH 3 Bi] (Blut) /pg g -10.4580Blut0.40700.35Ausatemluft600.30n=21 500.25400.20300.150.10200.05100.0000 10 20 30 40 50 60Zeit nach Bi-Gabe /h[MeH 3 Bi] (Atemluft) /ng m - ³603


P64Poster – ToxikologieIn-vitro-Toxizität von MethylzinnverbindungenElke Dopp 1 , Ursula von Recklinghausen 1 , Louise M. Hartmann 2 , A.-M. Florea 1 , Alfred V. Hirner 2 ,Albert W. Rettenmeier 11 Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen, Essen; 2 Institut für Umweltanalytik undAngewandte Geochemie, Universität Duisburg-Essen, EssenZiel der StudieMethylzinnverbindungen werden als Hitzestabilisatoren bei der Herstellung von PVC-Produkten und als Zwischenprodukte bei der Synthese anderer Zinnderivate eingesetzt.Ein Kontakt (inhalative Aufnahme) kann vor allem bei manuellen Operationen(Materialzugaben, Probengewinnung) sowie bei Arbeiten an Extrudern und Kalandernstattfinden. Bisher mit diesen Verbindungen durchgeführte In-vitro- und In-vivo-Genotoxizitätstests führten zu widersprüchlichen Resultaten. In der vorliegenden Studiewurde daher untersucht, ob die Zyto- und Genotoxizität der Methylzinnverbindungen vonder intrazellulären Aufnahme abhängig ist und ob alternative Schädigungsmechanismen(z.B. intrazelluläre Calciumänderungen) eine Rolle spielen.Material und MethodenEtablierte Zellkultursysteme (CHO-9, HeLa) wurden gegenüber Monomethylzinntrichlorid(MMT, MeSnCl3), Dimethylzinndichlorid (DMT, Me2SnCl2) und Trimethylzinnchlorid(TMT, Me3SnCl) exponiert (1 µM bis 1 mM, 1h und 24 h) und die zelluläre Aufnahme (mitICP/MS), die Zytotoxizität (mit Trypan-Blau-Test) und die Genotoxizität(Chromosomenaberrationen, Mikrokerne, NDI) untersucht. Die intrazelluläreCalciumfreisetzung wurde mit Laser-Scanning-Mikroskopie und die Apoptoseinduktionmit Annexin V/PI gemessen.ErgebnisseDMT, gefolgt von TMT, wurde von den Zellen am besten aufgenommen [1] undinduzierte die stärksten zytotoxischen Effekte (Abb. 1). Nur schwache gentoxischeEffekte (Abb. 1) und keine Änderungen des Kernteilungsindex (NDI) wurden für DMT undTMT ermittelt, MMT war negativ im Testsystem (Abb. 1). Offensichtlich spielen andereWirkparameter als die Genotoxizität bei dem Schädigungsmechanismus vonMethylzinnverbindungen eine Rolle. So wurde nachgewiesen, dass sich der intrazelluläreCalciumspiegel ([Ca2+]i) nach DMT- und TMT-Zugabe ändert [2,3]. Die Erhöhung des[Ca2+]i in HeLa-Zellen nach TMT-Exposition war reversibel, wiederholbar undunabhängig von der extrazellulären Calciumkonzentration. Auch im Zellkern wurdenerhöhte Calciumwerte ermittelt. Diese Effekte könnten in Zusammenhang mit dernachgewiesenen Apoptoseauslösung [3] nach Methylzinnexposition stehen [4].604


P64Poster – Toxikologie(A)80120Bn cells with MN (1000 cells)60402010080604020Cell viability (% of control)0Co 5 10 100 500 1000Concentration (µM)0(B)Genotoxicity (1h)Cytotoxicity (1h)Genotoxicity (24h)Cytotoxicity (24h)80120Bn cells with MN (1000 cells)604020***10080604020Cell viability (% of control)0Co 5 10 100 500 10000Concentration (µM)(C)Genotoxicity (1h)Cytotoxicity (1h)Genotoxicity (24h)Cytotoxicity (24h)*p


P64Poster – Toxikologiemitochondriale Störungen (Calciumfreisetzung) oder die Beeinflussung von Signalwegenüber sog. „second messenger“ scheinen hier eine Rolle zu spielen. Jensen et al. [5]schlussfolgerten aus ihren Untersuchungen, dass Organozinnverbindungen (1) dieAnordnung der Spindelfasern während der Mitose blockieren und (2)Membranveränderungen hervorrufen. Weiterführende Untersuchungen zumWirkmechanismus von Organozinnverbindungen sind jedoch notwendig.Literatur[1] Dopp, E., Hartmann, L.M., von Recklinghausen, U., Florea, A.M., Shokouhi, B.,Rabieh, S., Hirner, A.V., Rettenmeier, A.W. (<strong>2007</strong>) Organotin compounds inducechromosomal alterations in CHO cells depending upon cellular uptake capability.Toxicol. (<strong>2007</strong>) in press[2] Florea, A.M., Dopp, E., Büsselberg, D. (2005) Elevated Ca2+ transients by trimethyltinchloride in HeLa cells: types and levels of response. Cell Calcium 37, 251-258.[3] Florea, A.-M. (2005). Toxicity of alkylated derivatives of arsenic, antimony and tin invitro: cytotoxicity, genotoxic effects, cellular uptake, perturbation of calciumhomeostasis, and cell death. Shaker-Verlag Aachen, Germany[4] Florea, A.M., Yamoah, E.N., Dopp, E. (2005) Intracellular calcium disturbancesinduced by arsenic and its methylated derivatives in relation to genomic damage andapoptosis induction: a mini-review. Environm. Health Perspect. 113, 659-664.[5] Jensen, K.G., Onfelt, A., Wallin, M., Lidums, V., Andersen, O. (1991) Effects oforganotin compounds on mitosis, spindle structure, toxicity and in vitro microtubuleassembly. Mutagenesis 6, 409-416.606


P65Poster – ToxikologieGefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen inPathologienWolfgang Wegscheider 1 , Ingrid Thullner 21 Fachbereich Gefahrstoffe und Toxikologie, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst undWohlfahrtspflege, Köln; 2 Prävention, Unfallkasse Hessen (UKH), Frankfurt am MainManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.607


P66Poster – ToxikologieFuzzy basierende QSAR - Modelle zur Vorhersage der Toxizitätorganischer KomponentenMohit Kumar 1 , Shefali Kumar 2 , Udo Kragl 2 , Regina Stoll 31 Automation assessment, Center for Life Science Automation, Rostock; 2 Analytische, Technische undUmweltchemie, Institut für Chemie, Rostock; 3 Institut für Präventivmedizin, Universität Rostock, RostockZielstellung:Die QSAR - Methode ermöglicht eine vielversprechende “tierversuchsfreie” Alternativezur experimentellen Bestimmung der Toxizität. Die QSAR - Methode basiert auf derAnnahme, dass die Toxizität eines Moleküls von seiner molekularen Struktur bestimmtwird. Diese Struktur wird dargestellt mit Hilfe einer numerischen Beschreibung. DasErreichen einer guten Verallgemeinerungsfähigkeit (z.B. Modellgültigkeit anunterschiedlichen Komponenten) ist ein Schlüsselanspruch bei QSAR - Studien.Methode:Die Entwicklung eines Toxizitäts-vorhersagenden Modells ohne die Berücksichtigung vonUnsicherheiten könnte ein Modell mit nur geringer Verallgemeinerungsfähigkeithervorbringen. Fuzzy - Modelle, basierend auf der “Fuzzy” – Theorie, werden alsgeeignet angesehen, wenn man mit Unsicherheiten umgehen muss. Im Rahmen derFuzzy - Modellierung ist es möglich, Wissen aus einer unsicheren und unpräzisenUmgebung darzustellen. Wir haben versucht, die auftretenden Unsicherheiten in derToxizitätsmodellierung durch ein Fuzzy System aufzufangen. Unsere Herangehensweisemit Unsicherheiten umzugehen, basiert auf den folgenden Grundideen:1. Die Entwicklung eines Fuzzy Filters mit Hilfe von Experimentaldaten, die dieUnsicherheiten aus dem experimentell gemessenen Wert -log (LC 50 ) herausfiltern.2. Entwicklung von QSAR - Modellen, die gefilterte -log (LC 50 ) - Werte benutzen. WennDatenunsicherheiten herausgefiltert werden, kann der Trainingsalgorithmus zurIdentifikation eines Modells mit guter Verallgemeinerungsfähigkeit führen - sogarwenn der Trainingsalgorithmus im Modellbildungssinne nicht robust wäre.Ergebnisse und Schlussfolgerungen:Um unsere Methode der Toxizitätsmodellierung mit Hilfe einer Unsicherheitsfilterung zuentwickeln und zu überprüfen, haben wir Daten der “U.S. Environmental Protection“Agency benutzt, welche die Toxizität organischer Komponenten betreffen. Der Datensatzbeinhaltet 568 Komponenten, die verschiedene Klassen toxikologisch relevanterchemischer Verbindungen und Wirkmechanismen repräsentieren. Die Heterogenitätdes Datensatzes macht eine Modellierung sehr schwer. Aufgrund dessen sollte einQSAR-Modell, welches mit diesem Datensatz trainiert wurde, eine recht guteAllgemeingültigkeit aufweisen. Wir wollen ein “feed–forward” neuronales Netz, das aus 3Schichten besteht, trainieren. Die erste Schicht hat 6 Neuronen, die zweite Schicht 4Neuronen, und die dritte Schicht ein Neuron. Eine Anzahl von608


P66Poster – ToxikologieStandardtrainingsalgorithmen wurden genutzt, um das Netz zu trainieren. Das Trainingstoppt, wenn die Anzahl von Epochen 5000 überschreitet oder der “root mean square”Fehler unter 0,01 fällt. Für einen Vergleich der Leistung werden derRegressionskoeffizient (R²) für jedes QSAR – Modell kalkuliert. Tabelle 1 zeigt dieLeistung von acht verschiedenen Modellen, die unter der Benutzung verschiedenerTrainingsalgorithmen trainiert wurden.Tabelle 1. Die Leistung von Algorithmen wird verbessert durch den Umgang mit UnsicherheitenTraining algorithmBatch Gradient Descentlearning rate = 0.05Batch Gradient Descent withMomentum learning rate = 0.05momentum constant = 0.9R²(training)R²(testing)R² - Fuzzy(training)R² - Fuzzy(testing)0.6876 0.6334 0.7163 0.67430.6615 0.6024 0.7150 0.6437Resilent Backpropagation 0.7146 0.5121 0.6425 0.6212Conjugate Gradient (Fletcher-Reeves)0.7368 0.5097 0.6407 0.6036Charalambous search methodScaled Conjugate Gradient 0.7556 0.3884 0.6430 0.6275One Step Secant algorithmBacktracking search method0.7624 0.5346 0.6424 0.6001Levenberg-Marquardt 0.7548 0.2359 0.6407 0.6098Bayesian regularization 0.7058 0.6250 0.7324 0.6831Es soll gezeigt werden, dass die Leistung von Algorithmen, die in Tabelle 1 aufgelistetsind, durch den effektiven Umgang mit Unsicherheiten, verbessert wird. Unsere Methode(die auftretenden Unsicherheiten in der Toxizitätsmodellierung durch ein Fuzzy-Filter zubehandeln) ist dafür gedacht, jedem Algorithmus, Robustheit zuzuschreiben. Tabelle 1zeigt, unter der Benutzung unserer Methode, die Leistung von verschiedenenTrainingsalgorithmen. Ein Vergleich von R² - Werten für Testdaten zeigt eineVerbesserung in der Verallgemeinerungsfähigkeit.609


P67Poster – ToxikologieBestimmung der pyrogenen Aktivität endotoxinhaltigerArbeitsplatzproben mittels Mediatorenfreisetzung aus FrischundKryoblutVerena Liebers, Monika Raulf-Heimsoth, Juliane Floßdorf, Heike Stubel, Maria Düser, ThomasBrüningInstitut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), BochumEinleitung und Ziel der StudieBelastungen mit organischen Stäuben spielen an vielen Arbeitsplätzen, z. B. in derLandwirtschaft, Tierhaltung oder Naturfaser verarbeitenden Industrie eine Rolle. Dabeibesteht ein erhöhtes Risiko, an Atemwegsbeschwerden zu erkranken Vor allem derInhalation luftgetragener Endotoxine kommt dabei eine wichtige Bedeutung zu [2]. Zielunserer Studie ist es, zusätzlich zum international akzeptierten LAL-Test (Limulus-Amöbozyten-Lysat-Test), das Verfahren des Vollbluttests zu etablieren, um die beruflicheBelastung mit organischen Stäuben besser abschätzen zu können. Im Gegensatz zumLAL-Test erfasst der Vollbluttest nicht nur Endotoxine sondern auch andere Stoffe mitpyrogener Aktivität wie z.B. β-Glucan [3]. Für den Test wird humanes Vollblut mit demStaubextrakt stimuliert und anschließend die Zytokinfreisetzung als Maß für die pyrogeneAktivität bestimmt.Material und MethodenDie Extraktion von verschiedenen Arbeitsplatzstaubproben erfolgte nachstandardisiertem Protokoll auf Grundlage der BGIA-Arbeitsmappe (9450) [1]. DieEndotoxinbestimmung erfolgte mit dem chromogen-kinetischen LAL-test Chromo-LAL(Haemochrom Diagnostica, Essen, Germany, CSE E. coli O113:H10).Der Vollbluttest wurde mit frischem oder kryokonserviertem Blut durchgeführt. Dasverdünnte, heparinisierte, frische Blut vier freiwilliger Spender wurde 18-24 Stunden bei37°C mit dem Endotoxinstandard oder dem Staubextrakt inkubiert (100 µl Blut + 100 µlProbe + 1 ml pyrogenfreies NaCl 0,9%).Die Inkubation des kryokonservierten Bluts (Qualis Laboratorium) [4] erfolgte für 18Stunden bei 37°C (100 µl Probe + 100 µl Blut + 800 µl RPMI). Der Überstand wurdejeweils abzentrifugiert (2 Min 10.000 g) und bei -70°C gelagert. Im ELISA wurdenanschließend die Zytokine IL-1β, IL-6, TNF-α (R&D, Wiesbaden) und IL-8 (BD,Heidelberg) gemessen.Ergebnisse:Die Einschätzung von 55 Arbeitsplatzproben (Tierhaltung und Büro) hinsichtlichEndotoxingehalt (LAL-Test) und pyrogener Aktivität (Freisetzung von IL-1β)-zeigte eineKorrelation der Testergebnisse von r2=0,83 (Pearson) für den mit Frischblutdurchgeführten Vollbluttest.610


P67Poster – ToxikologieMit zwei Staubproben wurde der Einsatz von kryokonserviertem Blut getestet. DerVariationskoeffizient (CV) eines dreimal wiederholten Experiments (Stimulation mitStandardendotoxin) lag mit Frischblut zwischen 67 und 120% (Mittelwert 90%). MitKryoblut verminderte sich der CV auf 13 bis 92% (Mittelwert 49%). D.h., die Variabilitätdes Tests kann durch das kryokonservierte Blut gesenkt werden. Außerdem stieg dieSensitivität: Im Bereich der Endotoxinkonzentrationen zwischen 10 und100 pg/ml setztekryokonserviertes Blut die fünffache Menge an IL-1β gegenüber Frischblut frei. Darüberhinaus ließen sich auch geringe Unterschiede in Staubproben noch mit dem Vollbluttestdifferenzieren, wenn Kryoblut eingesetzt wurde: Zwei Staubextraktproben, die sich imLAL-Test um das 3,4 fache unterschieden (4,7 EU/ml Staub T; 15,9 EU/ml Staub H),setzten im Vollbluttest die 2,5 fache Menge an IL-1β aus Staub H im Vergleich zu StaubT frei. Ein Anstieg der IL-1β-Freisetzung um durchschnittlich 43 % nach Zugabe vom 10pg Endotoxin zu einer Staubprobe zeigt, dass der Test bereits Veränderungen imPikogramm-Bereich detektiert.Schlussfolgerungen und Ausblick:Der Vollbluttest liefert wichtige Informationen im Hinblick auf die pyrogene Aktivität vonArbeitsplatzstäuben und stellt somit eine sinnvolle Ergänzung zum LAL-Test dar.Die Verwendung von kryokonserviertem Blut statt frischem Blut einzelner Spender erhöhtdie Sensitivität und ist ein wichtiger Schritt im Hinblick auf die standardisierte Messungvon Staubexpositionen am Arbeitsplatz.Erste Ergebnisse deuten außerdem daraufhin, dass das Zytokinspektrum zusätzlicheAussagen zur Differenzierung verschiedener Stäube erlaubt.Literatur:1. BGIA Arbeitsmappe: Expositionsermittlung bei, chemischen und biologischenEinwirkungen, Ergänzbare Sammlung, Hrsg.: Berufsgenossenschaftliches Institut fürArbeitssicherheit – BIA, Erich Schmidt Verlag, ISBN 3 503 02085 3: Verfahren zurBestimmung der Endotoxinkonzentrationen (Kennzahl 9450, neu in Lfg. 28 -IV/2002), in der Luft am Arbeitsplatz.2. Liebers V, Brüning T, Raulf-Heimsoth M: Occupational endotoxin-exposure andpossible health effects on humans. Am J Ind Med 2006; 49: 474-4913. Sander I, Liebers V, Brüning T, Raulf-Heimsoth M: Neue Methoden zum Nachweisvon Endotoxin und Glukan. Allergologie 2006; 11: 4464. Schindler S, Asmus S, von Aulock S, Wendel A, Hartung T, Fennrich S:Cryopreservation of human whole blood for pyrogenicity testing. J Immunol Methods2004; 294: 89-100611


P68Poster – ToxikologieUntersuchung biologischer Arbeitsstoffe im Befeuchterwasservon raumlufttechnischen Anlagen in VerwaltungsbetriebenMonika Raulf-Heimsoth 1 , Elisabeth Arnold 2 , Klaus Pohl 3 , Annette Kolk 4 , Anne Flagge 1 , ThomasBrüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Prävention/Arbeitsmedizin, Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, Mainz; 3 Verwaltungs-Berufsgenossenschaft, Mainz; 4 Fachbereich 2, Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA),St. AugustinEinleitungBisher geht man davon aus, dass schlecht gewartete raumlufttechnische Anlagen(RLTA) mit mikrobiell verunreinigtem Befeuchterwasser (BW) die Raumluft mit Bakterien(Bkt) und Endotoxinen (ET) belasten können [1, 2, 3]. Die Inhalation solcher Organismenund Stoffe kann Erkrankungen wie die Befeuchterlunge (exogen allergische Alveolitis)oder das Organic Dust-Toxic Syndrom auslösen. Diese stichprobenartige Untersuchungvon Befeuchterwasseranlagen in Bürobetrieben hatte zum Ziel, die Qualität desBefeuchterwassers nach VDI 6022 Bl. 1 zu überprüfen und nach denHygieneanforderungen zu beurteilen.MethodenFür die vorliegende Untersuchung wurden in 16 Bürotrieben insgesamt 54Materialproben aus 35 Befeuchterwasseranlagen und den dazugehörigenWasserzuleitungen (Referenzwerte) entnommen. Neben dem Gehalt an Bkt und ETwurden der Proteingehalt, die Antigenität (d.h. Nachweis der IgG-bindendenKomponenten) und die pyrogene Aktivität der BW-Proben mit Hilfe des einesVollbluttestes bestimmt [4]. In vier Verwaltungsbetrieben, deren BW hohe mikrobielleKontaminationen aufwiesen, wurden bei einer wiederholten Messung neben der BW-Probe auch Raumluftmessungen durchgeführt.ErgebnisseIm BW aus 17 von 35 RLTA wurde der Orientierungswertes nach VDI 6022 von 1000KBE/ml für Bkt überschritten. Nur vier der 18 Referenzwerte wiesenGesamtkoloniezahlen größer 1000 KBE/ml Bkt auf. Die höchste Konzentration von ETbetrug 3032 EU/ml BW. Nur in neun BW-Proben konnte Protein nachgewiesen werden.Der Vollbluttest zeigte, dass einige BW-Proben die Blutzellen derart stimulieren, dass siein erhöhtem Maße IL-1β und damit pyrogene Aktivität freisetzen. 18 BW-Proben hatteneine erhöhte spezifische Antigenität (gemessen als Nachweis der IgG-bindendenKomponenten). Die Analysen der Raumluftproben zeigen, dass die Konzentration an Bktund ET am Lüftungsauslass als auch in der Raumluft der Außenluftkonzentrationentspricht und damit, dass die mikrobielle Verunreinigung des BWs nicht in die Raumluftübertragen wurde.612


P68Poster – ToxikologieSchlussfolgerungDieses Ergebnis wird durch Daten anderer Messungen unterstützt und bestätigt dieErfahrung aus der Arbeitsmedizin und der Leistungsabteilung der VBG, da es ausBürobereichen von Verwaltungsbetrieben in den vergangenen Jahren keineentsprechenden Berufskrankheitenanzeigen gab. Eine potentielle Gefährdung desWartungspersonals von RLTA ist allerdings möglich, da beim Reinigen der AnlagenAerosole eingeatmet werden können. Persönliche Schutzausrüstungen bei der Wartungsind daher zu empfehlen.Literatur:1. Hugenholtz P, Fuerst JA: Heterotrophic bacteria in an air-handling system. Appliedand Environmental Microbiology 1992; 12: 3914-39202. Senkpiel K, Ohgke H: Aquatische Mikroorganismen in einem durch Düsenbefeuchtererzeugten Wasser-/Luft-Aerosol. Forum Städte-Hygiene 1995; 46: 297-3003. Küter B: Gefährdung durch Bakterien und Schimmelpilze in Luftbefeuchtern undKlimaanlagen von Druckereien – Technische Prävention. Zbl Arbeitsmed 1993; 43:293-2954. Raulf-Heimsoth M, Franke G, Küter B, Flagge A, Gellert B, Brüning Th: Bestimmungimmunologischer Parameter zur Überprüfung der Effektivität der Desinfektionraumlufttechnischer Anlagen. Allergologie 2003; 26: 322-324613


P69Poster – AsbestEDV-gestützte quantitative Expositionserfassung beiasbestexponierten Kraftwerksmitarbeitern als Basis für einedifferenzierte RisikoabschätzungChristian Eisenhawer 1 , Michael Felten 1 , Lars Knoll 1 , Christian Feldhaus 2 , Johannes Hüdepohl 3 ,Thomas Kraus 11 Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen, Aachen; 2 RWE Power AG, Essen; 3 Arbeitsmedizin,Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik, KölnEinleitungIn konventionellen Wärme-Kraftwerken waren früher Mitarbeiter in verschiedenenBereichen zum Teil hohen Dosen asbesthaltiger Stäube ausgesetzt. ExtremeBelastungen mit Asbest traten nach heutigen Erkenntnissen besonders beiTurbinenrevisionen auf. Aufgrund der großen Zahl der Betroffenen musste eingeeignetes Verfahren zur Expositionserfassung und Veranlassung geeigneterVorsorgeuntersuchungen gefunden werden (1,2,3).Ziel der StudieZiel der Studie war es, mit Hilfe eines praktikablen Vorgehens bei einer großen Kohorteasbestexponierter Arbeitnehmer aus Kraftwerken zu einer Dosisabschätzung zu kommen(4).KollektivAusgewertet wurden Daten aus einer Kohorte von 4440 ehemals AsbestexponiertenProbanden, bei denen eine Vorsorgeuntersuchung nach demberufsgenossenschaftlichen Grundsatz G1.2 durchgeführt wurde. Bei diesen Probandenlagen u.a. Angaben über Alter, Rauchgewohnheiten und die Dauer der Exposition vor.MethodeDie Probanden erhielten einen 2-seitigen Fragebogen mit genauen Angaben zuZeitraum, Dauer und Häufigkeiten von Tätigkeiten, die mit einer Asbestexpositioneinhergehen (z.B. Aufbringen von Matten, Bearbeitung asbesthaltiger Packungen etc.).Diesen Arbeitsgängen wurde dann in einem zweiten Schritt die jeweils freigesetzteAsbestfaserkonzentration anhand des BK-Reports „Faserjahre“ zugeordnet (5). ZurFestlegung von Faserdosis-Modulen wurden die Faserkonzentrationen auf eine Zeitbasisbezogen. Die Daten wurden in eine dafür entwickelte Software zur Berechnung derkumulativen Dosis eingegeben (s. Abb.).ErgebnisseVon 3698 Probanden (83%) wurden die Fragebögen vollständig EDV-verwertbarausgefüllt. Das durchschnittliche Alter der Probanden lag bei 53,2 Jahren (range 24 –90). Die mittlere Expositionsdauer (Abb.3) betrug 19,16 Jahre (Fragebogen) bzw. 17,64Jahre (Anamnese) (+/- 10,3). 35% der Untersuchten waren Nieraucher, 38% Exraucherund 27% Raucher. Im Rahmen von Revisionen betrug die durchschnittliche kumulative614


P69Poster – AsbestDosis 35,9 , außerhalb von Revisionen 6,27 und gesamt 42,26 Faserjahre (min.0,max.2558). Eine kumulative Dosis von 25 Faserjahren wurde in 23%, eine Dosis von 10Faserjahren in 38% überschritten. Zusätzlich wurden Angaben über Arbeiten bei- bzw.außerhalb von Revisionen ausgewertet.SchlussfolgerungenDie entwickelte Software unterstützt die Abschätzung der kumulativen Faserstaubdosisin praktikabler und effektiver Weise, so dass auch in großen Kollektiven quantitativeExpositionsdaten für eine Risikoabschätzung erhoben werden können. In 1/5 der Fällemuss dennoch wegen unvollständiger Daten „per Hand“ nachgebessert werden.Die Ergebnisse zeigen eine realistische Darstellung der Expositionsverhältnisse inKraftwerken. Das EDV-gestützte Vorgehen erscheint somit bei homogenen großenKollektiven geeignet, zu einer individuellen differenzierten Risikoabschätzungbeizutragen.Literatur1) Breuer J. Asbest - eine globale Herausforderung. Bundesarbeitsblatt 2005; 10:20-25.2) Hagemeyer O, Otten H, Kraus T. Asbestos consumption, asbestos exposure andasbestos-related occupational diseases in Germany. Int Arch Occup Environ Health2006.3) Kraus T, Raithel HJ. Frühdiagnostik asbestverursachter Erkrankungen.Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG), Sankt Augustin,1998.4) Hüdepohl J, Zschiesche W. Asbest – neues Vorsorgekonzept zur Früherkennung vonErkrankungen. Brücke 2004; 3:16-21.5) BK-Report 1/97 “Faserjahre”. Hauptverband der gewerblichenBerufsgenossenschaften, Sankt Augustin, 1996Abb.: Eingabesoftware615


P70Poster – AsbestEinfluss von biologischen und präanalytischen Faktoren aufSMRP (soluble mesothelin-related proteins) im SerumDaniel Weber 1 , Georg Johnen 1 , Dirk Taeger 1 , Beate Pesch 1 , Matthias Imöhl 2 , Thomas Kraus 3 , ThorstenVerch 4 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Institut für Klinische Chemie, BG Kliniken Bergmannsheil, Bochum; 3 Institut für ArbeitsundSozialmedizin, RWTH Aachen, Aachen; 4 Fujirebio Diagnostics, Inc. (FDI), Malvern, PA 19355Ziel der StudieMesotheliome werden in der Regel erst diagnostiziert, wenn sie bereits weitfortgeschritten sind und kaum mehr Heilungschancen bestehen. Eine Frühdiagnose,insbesondere im Rahmen von Nachgehenden Untersuchungen (NgU), würde daher dieAussicht auf Therapieerfolge deutlich verbessern. SMRP (soluble mesothelin-relatedproteins), die lösliche Variante des Mesothelins, ist ein viel versprechenderProteinmarker zur möglichen Frühdiagnose von Mesotheliomen aus Serum [1], der aberbisher noch nicht in geeigneten epidemiologischen Studien validiert wurde.Proteinmarker-Konzentrationen im Blut können durch biologische und präanalytischeFaktoren beeinflusst werden. Erstere umfassen u.a. Alter und Geschlecht, währendletztere mögliche Beeinflussungen der Probe vor der Messung betreffen. So sind inprospektiven Studien nicht immer optimale Lager- und Transportbedingungen derProben gegeben, während in retrospektiven Studien Proben verwendet werden, die seitJahren gelagert wurden. Das Ziel der Studie war daher die Untersuchung des Einflussesvon biologischen und präanalytischen Faktoren auf die Feldtauglichkeit des MarkersSMRP.Material und MethodenVon 57 Männern (Durchschnittsalter 47 Jahre) und 58 Frauen (Durchschnittsalter 46Jahre) wurden Serumproben gesammelt. Alle Probanden hatten keine bekannteAsbestexposition und wurden als gesund eingestuft. Der Nachweis des TumormarkersSMRP im Serum erfolgte mit dem Sandwich-ELISA Kit „MESOMARK“ der Firma FDInach einem optimierten Protokoll [2]. Dreißig zufällig ausgewählte Serumproben wurdenaliquotiert und unter unterschiedlichen Bedingungen gelagert: (a) 5 Tage bei -80°C, (b) 5Tage bei Raumtemperatur und (c) 10 Einfrier-/Auftau-Zyklen innerhalb von 5 Tagen. Voneinem Probanden standen neben der frischen Serumprobe drei weitere, bei -20°Cgelagerte Proben (10 Jahre, 4 Jahre und 1 Jahr alt) zur Verfügung. Von einem zweitenProbanden waren zusätzliche Serumproben von zwei Zeitpunkten (4 Jahre und 1 Jahralt) vorhanden.616


P70Poster – AsbestErgebnisseSMRP ist in der Studiengruppe gesunder, nicht asbestexponierter Probanden lognormalverteilt und die biologischen Faktoren Alter und Geschlecht haben keinen Einfluss auf dieKonzentration des Proteinmarkers im Serum.Langzeitlagerung der Serumproben bei -20°C für bis zu 10 Jahre führt zu keinersignifikanten Änderungen der SMRP-Konzentrationen, ebenso wie die kurzfristigeLagerung bei Raumtemperatur im Vergleich zur Lagerung bei -80°C. WiederholtesAuftauen und Einfrieren der Serumproben hingegen führt zu nur gering erhöhten SMRP-Konzentrationen, die statistisch signifikant sind.SchlussfolgerungenZusammenfassend können wir sagen, dass1. Die SMRP-Konzentrationen im Serum von gesunden, nicht-asbestexponiertenPersonen der natürlichen Variation unterliegen.2. Der Proteinmarker durch die untersuchten biologischen und präanalytischenFaktoren nicht beeinflusst wird.3. Es sich bei SMRP um ein sehr stabiles Antigen handelt.SMRP weist somit eine hervorragende Feldtauglichkeit auf und ist zur weiterenEvaluierung als potentieller Tumormarkers in der Früherkennung von Mesotheliomengeeignet. Zu diesem Zweck wird zurzeit die Pilotstudie „MesoScreen“ mit 627Probanden, als Vorstufe zu einer größeren prospektiven Studie, durchgeführt.Literatur1. Robinson BW, Creaney J, Lake R, Nowak A, Musk AW, de Klerk N, Winzell P,Hellstrom KE, Hellstrom I: Mesothelin-family proteins and diagnosis of mesothelioma.Lancet 2003; 362: 1612–16162. Johnen G, Weber DG, Imöhl M, Sardesai NY, Verch T, Brüning T: Mesothelin – einneuer Serum-Marker für die Frühdiagnostik von Mesotheliomen. ArbeitsmedizinSozialmedizin Umweltmedizin 2006; 41: 109-110617


P71Poster – AsbestValiditätsmaße des HRCT und des Röntgen-ThoraxÜbersichtsbildes bei Patienten mit AsbestfaserstaubverursachtenErkrankungen der Lunge und der Pleura (BK. Nr.4103)Gabriele Hauser-Heidt 1 , Rolf Arhelger 1 , K.D. Hering 2 , Hans-Joachim Woitowitz 1 , WolfgangRaab 3 , Joachim Schneider 11 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH,Gießen; 2 Ärztlicher Direktor, Beratender Arzt für Radiologische Diagnostik bei arbeits- und umweltbedingtenErkrankungen, Knappschaftskrankenhaus Dortmund, Dortmund;3 Berufsgenossenschaftliche Klinik fürBerufskrankheiten, Bad ReichenhallEinleitung und FragestellungIm Rahmen der differenzierten Vorsorge-Strategie wurde bereits geprüft, ob dieEffektivität zum Nachweis von fibrogenen Asbestinhalationsfolgen durch den Einsatz derHRCT Untersuchung gesteigert wird [1].Bei Patienten mit bereits anerkannter Berufskrankheit sollte die Sensitivität der HRCT-Untersuchung hinsichtlich der Beurteilung insbesondere fibrotischer Veränderungen anLunge und Pleura im Vergleich zu den Befunden der konventionellen Röntgentechnikermittelt werden.Kollektiv und MethodeAn einem Kollektiv mit n=169 Männern im Alter zwischen 35 und 74 Jahren mit Lungenund/oderPleuraasbestose wurden konventionelle Röntgen-Thorax Untersuchungen undhochauflösende Computertomogramme durchgeführt und standardisiert beurteilt [2]. DieVersicherten befanden sich zu einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in derBerufsgenossenschaftlichen Klinik in Bad Reichenhall. Die Röntgenthorax-Bilder wurdendoppelt blind nach der ILO-Klassifikation erst- und zweitbeurteilt und die HRCT-Bilderstandardisiert in Anlehnung an die neue internationale HRCT-Klassifikation befundet.ErgebnisseDer Interobserver-Vergleich der ILO-Codierung der Röntgenthoraxbilder zeigte einerelativ gute Übereinstimmung. Bei der Beurteilung der pleuralen Befunde wurden keinegrößeren Abweichungen festgestellt. Die Diagnose einer Hyalinosis complicata (n=14;12,1 %) erfolgte stets übereinstimmend durch den Erst- und Zweitbeurteiler. Eindeutige,Asbest-typische Veränderungen mit dem Nachweis von kleinen, unregelmäßigenSchatten der Form s/t/u und einem Streuungsgrad von mindestens ≥ 1/1 wurden vomErstbeurteiler bei 16,6 %, vom Zweitbeurteiler bei 14,8 % der Patienten mittelskonventionellem Röntgen-Thoraxbild festgestellt.Vergleicht man bezüglich der Diagnose „Pleuraasbestose“ HRCT und konventionellesRöntgenbild, kam es in 53,2 % zu einer positiven Beurteilung mittels beider Verfahren. In7,7 % der Patienten war durch keines der beiden Diagnosemethoden einePleuraasbestose nachweisbar. In 37,9 % der Patienten wurde nur im HRCT ein positiver618


P71Poster – AsbestBefund erhoben, in nur 1,2 % der Fälle ließ sich konventionell radio-morphologisch einePleuraasbestose nachweise, die sich im HRCT nicht nachvollziehen ließ (siehe Tab. 1).Bezüglich der Diagnose einer „Lungenasbestose“ konnte in 12,4 % der Fälle einepositive, übereinstimmende Befundung durch beide Verfahren erhoben werden. In 37,9% der Patienten wurde diese Diagnose allein durch das HRCT gestellt, da bei 47,3 % derPatienten konventionell radiologisch ein negativer Asbestose-Befund festgestellt wordenwar. Nur in 2,4 % wurde eine positive Beurteilung ausschließlich im Röntgen-Übersichtsbild erhoben (Tab. 1).Die Sensitivität, einen ehemals durch Asbestfaserstaub gefährdeten Versichertenhinsichtlich der Diagnose „Lungenasbestose“ richtig zu diagnostizieren liegt bei 84% imÜbersichtsbild. Hingegen ist mit 16% falsch negativer Diagnosen zu rechnen. Derpositive Vorhersagewert bezüglich des Vorliegens einer Lungenasbestose liegt nur bei24,7 %. Die Sensitivität der „Pleuraasbestose“ im Übersichtsbild liegt bei 97,8% bei einerSpezifität von nur 16,9 %. 2,2% sind somit hinsichtlich der Pleurasbestose falschnegativ. Der positive prädiktive Wert im Röntgenbild beträgt 58,4 %. In sämtlichen Fällenkonnte eine Hyalinosis complicata mit beiden Methoden nachgewiesen werden.SchlussfolgerungDie hochauflösende Computertomografie erweist sich auch bei Patienten mitanerkannten Berufskrankheiten als eine Methode zur Steigerung der Spezifität beipleuralen Veränderungen. Die Sensitivität zum Nachweis und des Schweregradesparenchymatöser Lungenveränderungen übersteigt die Ergebnisse im konventionellenRöntgenbild deutlich. Sie ist somit auch zur Beurteilung des Schweregrades und desVerlaufs von Asbestfaserstaub-bedingten fibrogenen Erkrankungen an Lunge und Pleuraein geeignetes diagnostisches Instrument.Literatur[1] Kraus T, Raithel HJ: Frühdiagnostik asbeststaubverursachter Erkrankungen.Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften,Sankt Augustin 1998[2] Hering KG, Borsch-Galetke E, Tuengerthal S, Kraus T, Raithel HJ: BildgebendeVerfahren zur Thoraxdiagnostik bei Pneumokoniosen und semiquantitativeAuswertung von HRCT-Befunden. Ergo Med. 23 (1999) 7-15[3] Hauser-Heidt G, Arhelger R, Schneider J: Wertigkeit der statischen Compliance-Messung bei Asbestfaserstaub-verursachten Erkrankungen der Lunge und derPleura. Wissenschaftlicher Abschlussbericht im Auftrag des Hauptverbandes dergewerblichen Berufsgenossenschaften, Sankt Augustin, 2006619


P71Poster – AsbestTab.1: Vergleich zwischen konventionellem Röntgen-und HRCT-Befund bzgl. fibrotischer undpleuraler Veränderungen. (Angaben in %, Anzahl in Klammern). Positiver Befund irregulärerund/oder linearer Schatten bei einer Streuung ≥ 1/1.KeinePleuraasbestosePleuraasbestose(HRCT negativ)Pleuraasbestose(HRCT positiv)GesamtKeinePleuraasbestose(ILO-Kodierung negativ)Pleuraasbestose(ILO-Kodierung positiv)GesamtLungenasbestose7,7(13)1,2(2)8,9(15)KeineLungenasbestose(HRCT negativ)37,9(64)53,2(90)91,1(154)Lungenasbestose(HRCT positiv)45,6(77)54,4(92)100(169)GesamtKeineLungenasbestose(ILO-Kodierung negativ)47,3(80)37,9(64)85,2(144)Lungenasbestose2,412,414,8(ILO-Kodierung positiv)(4)(21)(25)Gesamt49,7(84)50,3(85)100(169)620


P72Poster – AsbestEinfluss von β-Blockern auf das Ergebnis ergo-spirometrischerBelastungstests von asbestosekranken ArbeitnehmernNicola Kotschy-Lang 1 , Jörg Augustin 1 , Lars Marek 2 , Wolfgang Marek 21 Berufsgenossenschaftliche Klinik für Berufskrankheiten, Falkenstein, Falkenstein;Arbeitsphysiologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt, Bochum2 Institut fürZiel der Untersuchung:Chronische Lungenerkrankungen führen zu einer eingeschränkten körperlichenLeistungsfähigkeit und damit verbunden zu einer verringerten Lebensqualität.Körperliches Training mit dem einer verbesserten Ausdauerleistungsfähigkeit ist daherein wesentlicher Bestandteil stationärer Rehabilitationsmaßnahmen in der BG-KlinikFalkenstein. Für die Beurteilung des Rehaerfolges stellt sich jedoch die Frage derVergleichbarkeit der Ergebnisse von normotensiven Patienten und hypertensivenPatienten, die mit oder ohne β-Blocker-Therapie behandelt werden.Methoden:46 Versicherte (44m, 2w) mit Asbestose (BKV-Nr. 4103) im Alter von 64,9±4,4 Jahrenwurden im Rahmen eines stationären Aufenthaltes einem Trainingsprogramm zurVerbesserung der aeroben körperlichen Leistungsfähigkeit unterzogen. Darunter waren23 Patienten mit arterieller Hypertonie. Von diesen 23 Patienten wurden 13 (64,8±9,8Jahre, 171±3,8 cm, 88,2±17,9 kg, BMI 30,1±5,5) mit oralen β-Blockern behandelt,während 10 Patienten ohne β-Blocker antihypertensiv behandelt wurden (67,3±3,8Jahre, 170±6,1 cm, 99,2±21,7 kg, BMI 33,9 ±5,4). Die Gruppe der Kontrollpatienten warim Mittel 65,0 ±4,2 Jahre alt, 172±6,6 cm groß, 88,0±18 kg schwer und hatte einen BMIvon 29,7 ±5,5. Die körperliche Leistungsfähigkeit der drei Patientengruppen wurde zuBeginn und am Ende des Rehaaufenthaltes, gesteuert über die Herzfrequenz, durch eine10-minütige fahrradergometrische Belastung überprüft und die PWC max durchExtrapolation ermittelt (1,2).Ergebnisse:Patienten mit β-Blockern hatten in Ruhe mit 73±7,8 Schlägen/min bei einem arteriellenBlutdruck von 134±11 zu 82±5 mmHg eine niedrigere Herzfrequenz im Vergleich zu denHypertonikern ohne β-Blocker Therapie; 89±7 Schläge/min bei einem arteriellenBlutdruck von 144±10 zu 84±11 mmHg, und den übrigen Patienten ohne Bluthochdruckmit 84±11 Schlägen/min (p


P72Poster – AsbestRehaaufenthaltes wurde von den β-Blocker Patienten 92±22 Watt erreicht, von denHypertonikern 79±17 Watt und der Kontrollgruppe 89±23 Watt.Die maximale Leistungskapazität PWC max verbesserte sich in der β-Blocker Gruppeleichtgradig aber signifikant von 135±58 Watt auf 157±44 Watt (p


P72Poster – Asbesthypertensiven Patienten ohne β-Blocker Therapie im Mittel 2,5 Jahre älter und 11 kgschwerer waren, als die übrigen Patienten.Schlussfolgerungen:Die antihypertensive Therapie mit β-Blockern führt im hier durchgeführtenBelastungsbereich zu keinen messbaren Einflüssen auf die körperlicheLeistungsfähigkeit und den quantitativen Erfolg der durchgeführten Rehamaßnahme.Literatur:(1) Wasserman K, Hansen JE, Sue DY, Casaburi R, Whipp BJ. Principles of exercisetesting and Interpretation. 3 rd ed. Philadelphia: Lippincott-Williams and Wilkins. 1999(2) American Thoracic Society, American College of Chest Physiocians. ATS/ACCPStatement on cardiopulmonary exercise testing. Am J Respir Crit Care Med 167:211-277, 2003(3) Middeke M. Arterielle Hypertonie. Stuttgart: Georg Thieme - Verlag. 2005.(4) Hollmann W., Hettinger Th. Sportmedizin, 4. Auflage, Stuttgart: F.K. SchattauerVerlagsgesellschaft. 2000623


P73Poster – AsbestGefährdungsbeurteilung der hyperthermen intraoperativenintrapertitonealen Chemoperfusion (HIPEC) mit Mitomycin Cmittels experimenteller MethodenPetra Zoebelein 1 , Klaus Schmid 1 , Gintautas Korinth 1 , Jörg Pelz 2 , Thomas Meyer 2 , JürgenAngerer 1 , Hans Drexler 11 Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen; 2 Chirurgische Klinik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, ErlangenZiel der Studie:Die HIPEC mit Mitomycin C (MMC) am offenen Abdomen stellt ein neuesTherapieverfahren zur Behandlung der Peritonealkarzinose gastrointestinaler Tumoredar. Während dieser 90-minütigen Behandlung wird die auf 40-41°C erwärmte MMChaltigeZytostatikalösung durch den Chirurgen kontinuierlich manuell im Bauchraumdurchmischt, um eine homogene Verteilung zu erreichen. Das Expositionsrisiko derChirurgen gegenüber MMC wird aufgrund des intensiven Kontaktes mit derZytostatikalösung kontrovers diskutiert. Ziel der Untersuchungen war daher, dasSicherheitsrisiko des medizinischen Personals hinsichtlich der MMC-Belastung währendder HIPEC anhand unterschiedlicher Monitoring-Strategien zu bewerten.Abb. 1: Während HIPEC: die Haut wird durch einen Kunststoffbeutel geschützt. DieDurchmischung des Zytostatikums erfolgt manuell durch den Chirurgen.Kollektiv und MethodeEs wurde zum einen die MMC-Konzentration in Raumluftproben am OP-Feld bei dreiHIPEC untersucht. Zudem wurde mittels einer neuen Analytikmethode die MMC-Konzentration im Plasma der Patienten (n=5) und der Chirurgen (n=5) im Anschluss anden operativen Eingriff bestimmt. Im Rahmen von in-vitro Tests wurde die Permeabilitätvon drei verschiedenen, bei der HIPEC verwendeten doppelten Latexhandschuhe mittelszweier etablierter Methoden getestet: der statischen Diffusionszelle nach Franz (DZn=40) und einer Glaskammer (GK n=4). Die in-vitro Versuche wurden unterrealitätsnahen sowie unter „worst-case“ Bedingungen (hohe MMC-Konzentration, Einsatzvon künstlichem Schweiß) durchgeführt. MMC wurde in verschiedenen wässrigen624


P73Poster – AsbestVerdünnungen bis zur 100-fachen der bei einer HIPEC auftretenden Konzentrationgetestet.Ergebnisse und DiskussionEine MMC-Belastung in der Raumluft des jeweiligen Operationssaals ließ sich nichtnachweisen. Die MMC-Konzentration im Plasma der Patienten lag nach dem Eingriffdurchschnittlich bei 361 µg MMC/l, bei den Chirurgen (n=5) stets unterhalb derNachweisgrenze von1 µg/l. Bei den GK-Versuchen fand sich keine Penetration von MMC durch dasHandschuhmaterial. Auch bei den DZ-Experimenten wurde bis zur 4-fach höheren MMC-Konzentration kein Durchbruch festgestellt. Nur in einem DZ-Experiment wurde bei einerim Vergleich zu Realbedingungen 100-fach höheren MMC-Konzentration nach 15Minuten Exposition ein Durchbruch des Handschuhmaterials detektiert.SchlußfolgerungenDer Einsatz der von MMC während einer HIPEC macht die Etablierung validerSicherheitsempfehlungen zum Schutz des ärztlichen und nicht-ärztlichen Personalserforderlich. Anhand der vorliegenden Studie konnten hierzu folgende zusätzlicheErkenntnisse gewonnen werden:• Von einer relevanten Raumluftbelastung mit MMC muss bei vorgestellterBehandlungsmethode nicht ausgegangen werden.• Anhand der angewandten Analytikmethoden zur Gefährdungsbeurteilungerscheinen die getroffenen Sicherheitsmaßnahmen aus arbeitsmedizinischerSicht effektiv.• Durch Tragen doppelter Latex-Handschuhe sollten Operateure vor einerdermalen Exposition mit MMC im Rahmen einer HIPEC geschützt sein.Literatur:1. Begossi et al.: Cytoreduction and intraperitoneal chemotherapy for the managementof peritoneal carcinomatosis, sarcomatosis and mesothelioma. EJSO 2002; 28: 80-72. Stuart et al.: Safety monitoring of the coliseum technique for heated intraperitonealechemotherapy with mitomycin C. Ann Surg Oncol 2002; 9(2): 186-913. Sugarbaker et al.: Update on chemotherapeutic agents utilized for perioperativeintraperitoneal chemotherapy. Oncologist 2005; 10: 112-224. Connor et al.: Monitoring of hazardous drugs in the operating room. Ann Surg Oncol2003; 10 (7): 8215. Schmid et al.: Investigations on safety of HIPEC with Mitomycin C. EJSO 2006; 32:1222-1225625


P74Poster – Arbeitsphysiologie IIIIst Pflegetätigkeit im Alter möglich? – Ergebnisse von derEuropäischen NEXT-StudieHans-Martin Hasselhorn 1 , Angelika Kuemmerling 2 , Bernd H Müller 31 Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik, Bergische UniversitätWuppertal, Wuppertal; 2 Forschungsschwerpunkt Arbeitszeit und Arbeitsorganisation, Institut Arbeit undTechnik / Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen, Gelsenkirchen; 3 Arbeitssicherheit und Ergonomie,Bergische Universität Wuppertal, WuppertalManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.626


P75Poster – Arbeitsphysiologie IIIFluktuationsneigung bei Altenpflegekräften – legt die Ausbildungden Grundstein dafür?Alexander Nowak, Eva Haufe, Anja Beye, Katharina Ritter-Lempp, Klaus ScheuchInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus derTechnischen Universität Dresden, DresdenZiel der StudieBerufstätige in der Altenpflege weisen ein spezifisches hohes Beschwerdenniveau auf,zudem ist die Fluktuation aus dem Beruf besonders hoch. Veränderte Rahmenbedingungentragen zum Anstieg der Anforderungen an den Altenpflegeberuf bei. Diesäußert sich nicht nur in einer Zunahme der berufstypischen Belastungen wie Muskel-Skelett-Erkrankungen, sondern psychomentale Belastungen gewinnen zunehmend anBedeutung. Somit ist vor dem Hintergrund der aktuellen gesundheitlichen Situation miteinem weiteren Anstieg der bereits hohen Beanspruchung des Altenpflegepersonals zurechnen. Steigende Belastungen bei gleichzeitig reduzierten Ressourcen führenlangfristig zu negativen Beanspruchungsfolgen (Zimber, 2000). Bereits im Rahmenmehrwöchiger Praktika werden Azubis direkt mit den späteren Aufgaben und möglichenBelastungen des Berufes konfrontiert. Wird die Ausbildung von Altenpflegern, mit Blickauf die aktuelle gesundheitliche Lage, dem Anspruch suffizienter Berufsvorbereitunggerecht? Die vorliegende Untersuchung befragt und vergleicht Auszubildende undprofessionelle Altenpfleger.MethodenIm Frühjahr 2006 wurden 74 Auszubildende (27±10 Jahre) aus drei Ausbildungsjahrennach einer 6-wöchigen Praxisphase und 84 berufstätige Altenpfleger der ausbildendenAltenpflegeeinrichtungen (41±10 Jahre; Dienstjahre: 6 bis 10: 37%; 11 bis 20: 32%) mitdem gleichen Instrumentarium schriftlich befragt. Eingesetzt wurde ein gegliederterFragebogen, der im ersten Teil offene Fragen zur Aus- bzw. Fortbildungssituation (Ritter-Lempp & Haufe, 2005) enthielt und des Weiteren psychische Belastung und Beanspruchung(BGW, 2003), die Auswirkungen der Arbeit nach der Utrecht Work EngagementScale (Schaufeli & Bakker, 2003), körperliche Beschwerden nach der Beschwerdenlistevon Zerssen (1976) und Ressourcen (Bausch, 2004) erfragte.ErgebnisseAzubis und Berufstätige zeichnen sich durch sehr hohes Arbeitsengagement aus, es gibtkeine statistisch signifikanten Unterschiede. 65 bzw. 72% der befragten Schüler undAltenpfleger fühlen sich durch den Beruf stark/sehr stark belastet (Abb. 1). HäufigesArbeiten unter Zeitdruck sowie ein hohes Arbeitspensum wirken sich am stärkstenbelastend aus. Zu wenig Zeit für Patienten, ausbleibender Pflegeerfolg und hoherDokumentationsaufwand sind spezifisch. Nach der Praxisphase werden von den Azubis627


P75Poster – Arbeitsphysiologie IIIfolgende Probleme in freier Form benannt: Personalmangel (38%), Zeitdruck (u. a.mangelnde Gelegenheit zum Üben von Handlungsabläufen, 30%), mangelndeIntegration ins Pflegeteam (32%) und Einsatz als volle Arbeitskraft (25%). FürBeschäftigte sind vor allem Personalmangel (26%) und Zeitdruck (45%) die Hauptbelastungsfaktoren.Azubis und Berufstätige fühlen sich psychisch beansprucht. Das „Ausgebrannt-Sein“ istbei Azubis das dominierende Merkmal psychischer Beanspruchung (p


P75Poster – Arbeitsphysiologie IIILiteratur1. Bausch-Weis, G.: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:Modellprojekt zur Gesundheitsförderung von AltenpflegeschülerInnen, 2004.2. BGW (Hrsg.): Prävention und Rehabilitation, Bereich Psychologie: PsychischeBelastung und Beanspruchung, Anleitung zur Mitarbeiterbefragung für die ambulantePflege 20033. Ritter-Lempp K. & Haufe E.: Offene Fragen zur Aus- bzw. Fortbildungssituation,Eigenentwicklung, IPAS 20054. Schaufeli, W.B. & Bakker, A.: The Utrecht Work Engagement Scale. Manual. UtrechtUniversity: University Press 2003.5. Zerssen D. v., Koeller D-M.: Die Beschwerdeliste. Manual. Beltz Testgesellschaft,Weinheim 19766. Zimber, A., Albrecht, A., Weyerer, S.: Die Beanspruchung in der stationärenAltenpflege. Pflege aktuell (Mai/2000) 272-275629


P75Poster – Arbeitsphysiologie IIIAbbildung 1: Belastung und Beanspruchung in der Altenpflege: Vergleich von Auszubildenden und Beschäftigten630


P76Poster – Arbeitsphysiologie IIIArbeitsschutzrealität in der ambulanten und stationärenAltenpflegeStefan Baars, Heinz-Jürgen Köpsel, Hannelore Hafemann, Almut GephartGewerbeärztlicher Dienst, Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hannover, HannoverZiel:Einrichtungen der Altenpflege gehören zur Gruppe der Klein- und Mittelbetriebe mit dendort häufig anzutreffenden Arbeitsschutzdefiziten. In einem zweijährigengewerbeärztlichen Projekt sollten diese Defizite konkretisiert und die Einrichtungenzugleich intensiv beraten werden.Methodik:In den Jahren 2004 und 2005 erfolgte eine standardisierte Erhebung in 213 ambulantenPflegediensten (aP) und 116 Pflegeheimen (sP) durch eine Ärztin/einen Arzt desGewerbeärztlichen Dienstes. Meist wurde auch die technische Gewerbeaufsicht beteiligt.Die Betriebe wurden landesweit überwiegend zufällig ausgewählt. Es wurden dieArbeitsschutzorganisation (z. B. Bestellung und Einbindung von Betriebsarzt und FaSi),gesundheitliche Belastungen des Personals (Gefährdungsbeurteilung mit z. B.Feuchtarbeit, Gefahrstoffeinsatz, Infektionsgefahren, Heben und Tragen, Schichtarbeit,Teilnahme am Straßenverkehr) und die umgesetzten Arbeitsschutzmaßnahmen (z. B.Unterweisungen/Schulungen) strukturiert erfasst. Vor Beginn des Projektes erfolgte eineAbstimmung mit Arbeitgeberverbänden und der Berufsgenossenschaft fürGesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege. Um den Arbeitsschutz in den Einrichtungennachhaltig zu verankern, wurden parallel und im Anschluss an das ProjektFortbildungsveranstaltungen für Betriebe und Multiplikatoren (v. a. Verbände) angeboten.Ergebnisse:Die Anzahl der Beschäftigten lag im Durchschnitt bei 20 (aP, Streuung 4 - 107) bzw. 58(sP, Streuung 12 - 187). Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten bzw. Männer lag bei 77%bzw. 7% (aP) und 57% bzw. 12% (sP).Betriebsärzte (BA) und FaSi waren in 80% bestellt. Deren Tätigkeit war häufig nichtausreichend dokumentiert (Berichte nach §5 BGV A2 nur in 33% (BA) bzw. 53% (FaSi).Die Beschäftigten waren nur in 59% über ihren BA informiert. EinArbeitsschutzausschuss war nur in 57% der Einrichtungen mit mehr als 20 Beschäftigteneingerichtet. Die Mehrzahl der Betriebe beschäftigt weniger als 50 Mitarbeiter und kanndaher in Zukunft eine alternative Betreuung (Unternehmermodell) wählen: 94% (aP) bzw.50% (sP).Eine aktuelle, ausreichende Gefährdungsbeurteilung nach §5 ArbSchG konnten 17%(aP) bzw. 24% (sP), nach BioStofV 14% (aP) bzw. 22% (sP) vorlegen. Unterweisungenmit ausreichender Berücksichtigung des Arbeitsschutzes fehlten häufig, z. B.:631


P76Poster – Arbeitsphysiologie IIIInfektionsgefahren 44% (aP) bzw. 47% (sP), rückengerechte Arbeitsweise 59% (aP)bzw. 53% (sP).Die Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen nach BioStoffV warnicht sichergestellt: Durchführung insgesamt in 40% (aP) bzw. 65% (sP), vor Aufnahmeder Tätigkeit jedoch nur in 20% (aP) bzw. 30% (sP), fristgerechte Nachuntersuchungenin 26% (aP) bzw. 41% (sP). HepB-Impfungen wurden in 87% (aP) bzw. 91% (sP)angeboten.Nadelstichverletzungen (NSV) sind häufig: mindestens eine NSV in 52% (aP) bzw. 64%(sP). 30% der Betriebe, die angeblich keine NSV zu verzeichnen hatten, führten keinVerbandbuch (Dunkelziffer!). Besonders häufig wurden als ursächliche Instrumente Pens(52%), seltener Kanülen (49%) und Lanzetten (37%) genannt (Mehrfachnennungenmöglich). Kritische Verhaltensweisen waren insbesondere beidhändiges Recapping in77% (aP) bzw. 67% (sP) und ungeschützter Wechsel (Abschrauben!) von Pennadeln in80% (aP) bzw. 63% (sP). Geeignete Abwurfbehälter hatten 70% (aP) bzw. 78% (sP),eine Verfahrensanweisung nach NSV hatten 43% (aP) bzw. 55% (sP).Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen mit Angebotscharakter waren seltenBestandteil des betrieblichen Arbeitsschutzes: Bildschirmarbeit 33%, Fahrtätigkeit 13%,Nachtarbeit 8%, Feuchtarbeit 14% (aP) bzw. 37% (sP).Hautschutz wird bisher häufig nur unter hygienischen Aspekten betrachtet (Betriebewurden z. B. nach Tragen von Handschuhen beim Waschen, Vorrang vonHändedesinfektion oder Händewaschen gefragt). Hautschutzpläne wiesen 45% (aP)bzw. 77% (sP) nach, die Auswahl der Präparate liegt meist in der Hand derIndustrie/Lieferanten. Beratung hierzu durch BA oder FaSi erfolgte nur in 20% (aP) bzw.16% (sP). Das Verbot gepuderter Latexhandschuhe war hingegen weitgehendumgesetzt (80% (aP) bzw. 95% (sP)).Arbeitswissenschaftliche Empfehlungen zur Gestaltung von Nachtarbeit wurden in sPselten berücksichtigt (5 - 6 Nachtschichten in 20%, 7 Nachtschichten in Folge in 55%).Mindestanforderungen für die sichere Teilnahme am Straßenverkehr werden meistbeachtet (Wechsel auf Winterreifen in 73%, Warnwesten im Fahrzeug in 81%). Sinnvolleergänzende Maßnahmen wie ein Fahrsicherheitstraining (in 33%) sind nicht immerbekannt und stoßen häufig auf fehlende Akzeptanz. RegelmäßigeFührerscheinkontrollen führen 39% der aP durch.Schlussfolgerungen:Die Einbindung des Arbeitsschutzes und der Arbeitsschutzexperten (BA und FaSi) inbetriebliche Strukturen und Prozesse ambulanter und stationärer Altenpflegebetriebelässt noch zu wünschen übrig. Die Durchführung einer strukturiertenGefährdungsbeurteilung mit sachgerechter Ableitung der erforderlichen632


P76Poster – Arbeitsphysiologie IIIArbeitsschutzmaßnahmen in diesen Betrieben bedarf insbesondere einer qualifiziertenarbeitsmedizinischen Beratung. Wie diese auch unter den Rahmenbedingungen einer fürdie meisten Betriebe möglichen alternativen betriebsärztlichen Betreuungsform nach derBGV A2 in Zukunft gewährleistet werden kann, wirft viele Fragen auf.633


P77Poster – Arbeitsphysiologie IIIArbeitsbedingte Belastung beim Personal im Rettungsdienst:Transport von Adipositas-PatientenNenad Kralj, Friedrich Hofmann, Stephan BocktingArbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik, Bergische UniversitätWuppertal, WuppertalZiel der StudieDie Rettungsdienste werden immer häufiger mit dem Problem konfrontiert, dass sie starkübergewichtige Patienten zur Behandlung oder Untersuchungen in Krankenhäusertransportieren müssen. Die eingesetzten Rettungs- oder Krankentransport Fahrzeugesind für diese Zwecke nicht konstruiert und nicht geeignet. Im Rahmen des vorliegendenProjektes sollte ein Transportkonzept entwickelt werden, der diese Aufgabe befriedigenderfüllen kann, um die Belastung und Beanspruchung von Rettungskräften möglichst zuminimieren.MethodenZunächst wurden die Lösungseinsätze für das Transportproblem vonStarkübergewichtigen (die häufig Improvisationstalent und Ideenreichtum verlangen) ineiner deutschlandweiten Befragung erfasst. Anschließend wurde eine Lösung durchEntwicklung eines Sonderfahrzeugs vorgeschlagen, das allen zutreffenden Rechts- undSicherheitsnormen entspricht.ErgebnisseIn acht deutschen Städten mit einer Einwohnerzahl zwischen 138.000 und 3,4 Mio.führen Rettungsdienste der örtlichen Feuerwehren zwischen 3 bis 150 Transporte vonAdipositas-Patienten pro Jahr durch.Dabei werden- Niederflur-Hubwagen,- Omnibusse,- Absetzkipper,- KLW mit Kran und Raumzelle und- spezielle Krankentransportwagen eingesetzt (Tabelle 1).Die Probleme, die dabei anfallen, sind einerseits rechtlicher Natur, da sich die Patientenhäufig als Transportgut empfinden und schon deswegen gerichtlich vorgegangen sindund andererseits rein technischer Natur, da die Wagen für den Transport solcher Lastennicht konstruiert wurden oder so groß sind, dass sie sich im Krankenhausgeländebewegen können.Das im vorliegenden Projekt vorgeschlagene Fahrzeug basiert auf einem seriellproduzierten Kastenwagen (im Kofferbau), der mit einer Luftfederung ausgestattet ist, dienach hinten abgesenkt wird und so die Höhe der Ladekante (beim Einsatz vonLadebordwand) verringert. Zum Transport wird ein Tragesystem mit Auslastung bis 724634


P77Poster – Arbeitsphysiologie IIIkg eingesetzt, das direkt auf dem Boden arretiert wird und genug Platz zu Betreuungdes Patienten zulässt.SchlussfolgerungenDer Transport von stark übergewichtigen Patienten wird in der Zukunft immer häufigernotwendig sein. Dabei werden Speziellfahrzeuge notwendig, die diese Aufgabe sicher fürdie Patienten und ergonomisch für Beschäftigten erfüllen. Bei der Erstellung derTransportkonzepte müssen allerdings die Begebenheiten beachtet werden, die für dasEinzugsgebiet spezifisch sind.635


P78Poster – Arbeitsphysiologie IIIÜbergewicht bei AuszubildendenAlexander Mentel, Stephan Letzel, Eva Böhler, Jutta ScharnbacherInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, MainzEinleitung:Übergewicht ist unter Jugendlichen weit verbreitet. Schon unter den 14- bis 17-jährigengelten 17 % als übergewichtig, bei 8,5 % liegt eine manifeste Adipositas vor 1 .Übergewicht steht im Zusammenhang mit einer Vielzahl von Gesundheitsstörungen undkann zu Einschränkungen im Berufsleben, eventuell auch sekundär zu einem vorzeitigenAusscheiden aus dem Erwerbsleben führen. Daher ist es notwendig, früh in dieEntwicklung von Übergewicht einzugreifen 2 . In der betriebsmedizinischen Praxis zeigtsich, dass auch viele Auszubildende (Azubis) Probleme durch Übergewicht haben,jedoch konnten durch eine Literaturrecherche in medizinischen Datenbanken (u. a.MEDLINE, EMBASE und andere durch das Deutsche Institut für MedizinischeDokumentation und Information, DIMDI, zugängliche Literaturdatenbanken) keinerelevanten wissenschaftlichen Untersuchungen zu Übergewicht bei dieser Gruppearbeitsmedizinisch zu betreuender Personen ausfindig gemacht werden.Fragestellungen und Methoden:Mit dem Ziel, die Verbreitung von Übergewicht unter Auszubildenden zu ermitteln undbesonders gefährdete Untergruppen von Auszubildenden zu identifizieren, wurdenSekundärdaten aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) des Deutschen Institutsfür Wirtschaftsforschung (DIW) retrospektiv ausgewertet 3 . Es handelt sich dabei um einerepräsentative Wiederholungsbefragung privater Haushalte in der BundesrepublikDeutschland, die seit 1984 jährlich stattfindet. Im Jahr 2004 wurden einmalig Gewichtund Körpergröße der Teilnehmer ab 17 Jahren erfragt, woraus der Body Mass Index(BMI) errechnet werden konnte. Insgesamt ließ sich so bei 527 Auszubildenden(durchschnittliches Alter 20,2±2,3 Jahre) der Body Mass Index (BMI) nach Eigenangabenberechnen. Zusätzlich wurden 6 vermutete Einflussfaktoren auf das Übergewicht, dieebenfalls im SOEP erhoben wurden, ausgewertet. Um eine binäre logistischeRegression durchzuführen, wurde die vierstufige Antwortmöglichkeit zur Frage „Achtenauf gesunde Ernährung“ dichotomisiert. Das Lebensalter wurde als Differenz 2004 minusGeburtsjahr in das Regressionsmodell aufgenommen. Da in Deutschland keineallgemein anerkannten BMI-Referenzwerte für Jugendliche existieren 4 , wurde dieDefinition der Deutschen Adipositas-Gesellschaft für Erwachsene auch für die 17-jährigen angewendet, wonach ein Body-Mass-Index ab 25 kg/m 2 als Übergewichtdefiniert wird. Die von der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalterangegebenen Perzentilen des BMI 4 unterscheiden sich zwischen dem 17. und 18.Lebensjahr bei den Übergewichtigen nur um weniger als 2 Prozent und uneinheitlich (90.636


P78Poster – Arbeitsphysiologie IIIPerzentile 25,44 kg/m 2 bzw. 25,91 kg/m 2 ; 99,5. Perzentile 33,24 kg/m 2 bzw. 33,19kg/m 2 ), sodass diese Vereinfachung gerechtfertigt scheint. Als Vergleichsgruppe wurdendie im SOEP ebenfalls befragten Gymnasiasten (mittleres Alter 18,4±1,2 Jahre)herangezogen.Ergebnisse:Die Häufigkeit von Übergewicht unter Auszubildenden lässt sich mit diesen Datenbelegen: bei 105 Auszubildenden (19,9%) lag der BMI über 25 kg/m 2 . Bei 5,1 % (N=27)lag nach den Eigenangaben Adipositas vor (BMI ≥ 30 kg/m 2 ). Bei Gymnasiasten (N=446)war dies im Vergleich dazu deutlich seltener der Fall (10,3% bzw. 1,6 %). Die binärelogistische Regression (Tab. 1) ergab nicht signifikante Tendenzen zu einem höherenBMI für das männliche Geschlecht und höheres Alter sowie zu einem niedrigeren BMI fürstarkes oder sehr starkes „Achten auf gesundheitsbewusste Ernährung“ und regelmäßigenSport. Ein Einfluss der deutschen Staatsbürgerschaft und des Rauchens warnicht nachweisbar.Diskussion, Schlussfolgerungen und Ausblick:Die Daten beruhen ausschließlich auf Eigenangaben, was zu möglichen Verzerrungender Ergebnisse führt. Der Zusammenhang zwischen Schulbildung und Übergewicht istjedoch mit den Ergebnissen objektiver BMI-Bestimmungen konsistent 5 . Das annäherndhalb so häufige Auftreten von Übergewicht unter Gymnasiasten zeigt zwar einendeutlichen Unterschied zwischen diesen beiden Untergruppen Jugendlicher, lässt aberkeine direkten Rückschlüsse auf dessen Ursachen zu. Im Hinblick aufUrsachenermittlung und Interventionsmöglichkeiten wären objektivere unddifferenziertere Angaben als die im SOEP erhobenen wünschenswert, z. B. was untergesunder Ernährung verstanden wird.Eventuell kann bei Auszubildenden aufgrund ihrer biographischen Übergangssituationrelativ erfolgreich der Entwicklung und Chronifizierung von Übergewicht entgegengewirktwerden. Geringes Ernährungsbewusstsein und wenig regelmäßiger Sport sind unterAuszubildenden verbreitet und stehen im Zusammenhang mit Übergewicht. Darauskönnten Ansatzpunkte für Präventionsmaßnahmen an Berufsschulen oder imbetrieblichen Gesundheitsmanagement abgeleitet werden. Diese sollten jedoch bei dergegenwärtig geringen empirischen Datenlage gezielt eingerichtet, gefördert und evaluiertwerden.Literatur:1) Robert-Koch-Institut: Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen inDeutschland. http://www.kiggs.de2) Hauner, H. (2001), 'Therapie der Adipositas - Wo stehen wir heute?', Dtsch MedWochenschr 126(9), 226.637


P78Poster – Arbeitsphysiologie III3) Das Sozio-oekonomische Panel, Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung.http://www.diw.de/deutsch/sop/4) Wabitsch, M. & Kunze, D. (2005), 'Leitlinien', Arbeitsgemeinschaft Adipositas imKindes- und Jugendalter.5) Toschke, A. M.; Lüdde, R.; Eisele, R. & von Kries, R. (2005), 'The obesity epidemic inyoung men is not confined to low social classes', Int J Obes (Lond) 29(7), 875—877.Tab. 1: Verteilung der insgesamt 517 Azubis auf die Untergruppen, Anzahl und Anteil der105 Übergewichtigen in diesen Untergruppen und Risikoschätzer für Übergewicht imadjustierten Endmodell der binären logistischen Regression.Kovariate VariableAnzahlNAnteil[%]N derÜbergewichtigen% derÜbergewichtigenOdds-Ratio mit95%-KonfidenzintervallMännlichesGeschlecht286 54 66 63 1,56 [0,99 – 2,45]Achten auf gesundeErnährung 1 139 26 21 20 0,71 [0,42 – 1,24]Regelmäßiger Sport 174 33 31 30 0,80 [0,49 – 1,30]DeutscheStaatsbürgerschaft491 93 98 93 0,94 [0,40 – 2,23]Rauchen 241 46 49 47 0,98 [0,63 – 1,51]Lebensalter (2004 - 20,3Geburtsjahr) 2 ±2,32020,3±3,020 1,03 [0,94 – 1,13]1 Ausprägungen „stark“ oder „sehr stark“2 Angabe von Mittelwert ± Standardabweichung bzw. Median statt Anzahl und Anteil638


P79aPoster – Arbeitsphysiologie IIIAltersstrukturen in verschiedenen Berufsgruppen imEuropäischen VergleichCarola Seitz, Elizabeth Heins, Kristina Harth, Stephan Letzel, Eva BöhlerInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, MainzEinleitungNach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes werden im Jahr 2020 39% derErwerbstätigen zwischen 50 und 64 Jahre alt sein, wohingegen im Jahr 2000 nur ca.30% dieser Altersgruppe angehörten[1]. Diese Berechnungen zeigen, dass Arbeitnehmerimmer älter werden und somit auch die Notwendigkeit an Präventionsmaßnahmen fürdiese Altersgruppe steigt. Allerdings sind die Arbeitsbelastungen in den verschiedenenBerufen sehr unterschiedlich, was eine differenzierte Betrachtung der Altersstrukturender Berufe erfordert. Daten hierzu sind jedoch rar. Ziel dieser Analyse ist, dieAltersverteilungen einzelner Berufsgruppen in Deutschland und Europa darzustellen, umeine Grundlage zur Erstellung gezielte Präventionsmaßnahmen zu haben.MethodenGrundlage für die Analyse bilden die Daten des „European Social Survey“[2]. Hierbeihandelt es sich um einen Survey, der in über 20 europäischen Ländern durchgeführtwird. Mittels persönlichem oder telefonischem Interview wurden Fragen folgenderThemenkomplexe gestellt: Medien, politisches Interesse und Engagement, Religion undEthik, soziale Unterstützung, Familie, Gesundheit, Beruf und Wohlbefinden. An derBefragung nahmen in der zweiten Befragungswelle (2004/2005) 45681 Personen teil.Die Teilnahmerate der einzelnen Länder lag zwischen 43,6% (Frankreich) und 79,3%(Estland). Die Teilnahmerate in Deutschland betrug 52,6%. Die angegebenen Berufewurden anhand der Internationalen Standardklassifikation der Berufe (ISCO-88 COM)kodiert. Eingeschlossen wurden Personen, die über 15 Jahre alt waren und in einemPrivathaushalt wohnten; Nationalität, Sprache und Staatsangehörigkeit wurden bei derRekrutierung nicht berücksichtigt.Teilnehmende Länder:• Österreich, Belgien, Tschechien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich,Deutschland, Griechenland, Ungarn, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande,Polen, Portugal, Slowakei, Slowenien, Spanien, Schweden, Groß Britannien,Island, Norwegen, Schweiz, Türkei, UkraineErgebnisseIn Deutschland nahmen 2870 Personen an der Befragung teil (48,1% männlich; Alter46,7±17,9 Jahre, Median: 46 Jahre). In den übrigen europäischen Ländern wurden42811 Personen befragt (45,8% männlich; Alter: 46,5±18,5 Jahre, Median: 46 Jahre).Unter den Befragten waren in Deutschland 1267 (44,1%) Personen erwerbstätig, in denübrigen europäischen Länder waren dies 20767 (48,5%) Personen.639


P79aPoster – Arbeitsphysiologie IIIErwerbstätige waren in Deutschland im Mittel 42,6±11,2 Jahre, im übrigen Europa warensie 41,0±11,6 Jahre alt. Die Altersverteilungen einzelner Berufsgruppen sind in Tabelle 1beschrieben.DiskussionDie Ergebnisse zeigen, dass in den einzelnen Berufsgruppen unterschiedlicheAltersverteilungen vorliegen und in Deutschland im Vergleich zu Europa vermehrt älterePersonen erwerbstätig sind. Geschlechtsunterschiede treten ebenfalls auf.Gründe hierfür könnten in der unterschiedlichen Ausbildungsdauer, denarbeitsmarktpolitischen Bedingungen und der Bevölkerungsstruktur der einzelnen Länderzu finden sein.SchlussfolgerungIm Hinblick auf die demographischen Entwicklungen sollten Kenntnisse überberufsgruppenspezifische Altersverteilungen in Deutschland und Europa auf dieUnternehmensplanung Einfluss nehmen. Es ist unumgänglich bereits heute über gezieltePräventionsmaßnahmen für ältere Arbeitnehmer in bestimmten Berufsgruppennachzudenken.Literatur1. Pötzsch, O., Sommer, B.: Bevölkerung Deutschlands bis 2050 – Ergebnisse der 10.koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung: Statistisches Bundesamt –Pressestelle Wiesbaden: 2003.2. ESS round 2: R Jowell and the Central Co-ordinating Team, European Social Survey2004/2005: Technical Report, London: Centre for Comparative Social Surveys, CityUniversity (2005).640


P79aPoster – Arbeitsphysiologie IIITab 1.: Berufsgruppenspezifische Altersmittelwerte in Deutschland (nur ErwerbstätigeN=1267)und Europa (nur Erwerbstätige N=20767)Alter in JahrenDeutschlandMittelwertAnzahl (%)± StdMedianMinimum -MaximumkeineAngabeleitende Bedienstete,Führungskräfte120(9,5%) 45,8±10,31 46 21-67 -Wissenschaftler 223(17,6%) 44,9±9,60 45 24-67 1Techniker 280(22,1%) 43,1±10,70 43 17-74 2Bürokräfte, kaufmännische131(10,3%) 41,0±11,50 43 17-72 5AngestellteDienstleistungsberufe,Verkäufer150(11,8%) 39,3±12,27 40 17-78 2Fachkräfte Landwirtschaft undFischerei27(2,1%) 44,5±11,13 46 16-63 -Handwerks- und verwandteBerufe193(15,2%) 39,8±12,02 39 17-75 1Anlagen- undMaschinenbediener64(5,1%) 44,3±10,95 46 16-66 1Hilfsarbeitskräfte 67(5,3%) 43,8±11,88 47 17-70 1Soldaten 1(0,1%) 22 -keine Angabe 11(0,9%) 43,6±9,65 45 29-60 3gesamt 1267 42,6±11,24 43 16-78 17(1,3%)EuropaMittelwertAnzahl (%)± StdMedianMinimum -MaximumkeineAngabeleitende Bedienstete,Führungskräfte1995(9,6%) 43,8±10,84 44 19-85 7Wissenschaftler 3328(16,0%) 41,6±11,17 41 18-80 9Techniker 3518(16,9%) 40,7±11,13 40 15-77 7Bürokräfte, kaufmännische2041(9,8%) 40,4±11,26 40 15-83 9AngestellteDienstleistungsberufe,Verkäufer2857(13,8%) 39,6±12,22 40 16-82 7Fachkräfte Landwirtschaft undFischerei675(3,3%) 45,2±12,28 45 15-87 2Handwerks- und verwandteBerufe2643(12,7%) 39,5±12,02 39 15-84 9Anlagen- undMaschinenbediener1557(7,5%) 41,0±11,36 41 18-76 7Hilfsarbeitskräfte 1580(7,6%) 42,0±12,16 42 15-84 6Soldaten 71(0,3%) 33,2±9,21 31 19-70 -keine Angabe 502(2,4%) 40,1±11,39 40 16-79 12gesamt 20767 41,0±11,63 41 15-87 75(0,4%)641


P79bPoster – Arbeitsphysiologie IIIAugenbeschwerden an BildschirmarbeitsplätzenAndré Klußmann 1 , Hansjürgen Gebhardt 1 , Falk Liebers 2 , Monika A. Rieger 31 Institut für Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Ergonomie (ASER) e.V., Bergische Universität Wuppertal,Wuppertal;2 FB 3.4 "Arbeitsgestaltung bei physischen Belastungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen",Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Berlin; 3 Arbeitsmedizin, Fakultät für Medizin,Universität Witten / Herdecke, WittenEinleitungBildschirmarbeit kann zu Beschwerden im Bereich der Augen führen. In einerbetriebsepidemiologischen Untersuchung wurden die Prävalenz und möglichePrädiktoren für Augenbeschwerden ermittelt.MethodenBildschirmarbeitsplätze in einem Großbetrieb wurden mittels einer Kurz-Checkliste (inAnlehnung an den Bildschirmarbeitsplatzfragebogen „BiFra“ [1]) analysiert undBeschäftigte mit mehr als einer Stunde Bildschirmarbeit pro Tag mit einemstandardisierten Fragebogen (in Anlehnung an den „Nordic Questionnaire“ [2]) zu ihrerArbeit und zu etwaigen Beschwerden im Muskel-Skelett-System und an den Augenbefragt. Gefragt wurde u.a., ob nach oder während der Bildschirmarbeit „Ermüden“ oder„Brennen“ der Augen auftreten.ErgebnisseVon 614 Beschäftigten liegen Fragebogen vor (Alter w: 37,7±9,9 Jahre, m: 40,7±9,5Jahre, Anteil Frauen: 36%). Die 12-Monats-Beschwerdeprävalenz für „Augenermüden“betrug 49,2% (w: 61,3% / m: 44,8%) und für „Augenbrennen“ 37,1% (w: 48,9% / m:30,5%).Mittels logistischer Regressionsverfahren wurde der Zusammenhang zwischenindividuellen, arbeitsplatzspezifischen, psychosozialen und Arbeitsplatzgestaltungsfaktoreneinerseits und dem Auftreten von Augenbeschwerden andererseits untersucht.Als Prädiktoren (signifikant) für Augenbeschwerden konnten u.a. die tägliche Dauer derBildschirmarbeit und das Geschlecht (Frauen berichteten häufiger über Beschwerden alsMänner) ermittelt werden. Bei Beschäftigten, die nur selten oder nie Wechsel oderUnterbrechungen der Tätigkeit vornehmen konnten, waren die Angaben zuAugenbeschwerden erhöht (vgl. Bild 1).Kein signifikanter Zusammenhang konnte zwischen dem Alter der Befragten, demTragen von Sehhilfen, der Bildschirmart (CRT oder LCD) oder der Bildschirmgrößeeinerseits und den Augenbeschwerden andererseits gefunden werden. Wie schon inUntersuchungen zu muskuloskelettalen Beschwerden bei Bildschirmarbeit (vgl. z.B. [3])beschrieben, waren auch psychosoziale Faktoren (hier: Arbeitszufriedenheit mitAugenbeschwerden) mit den körperlichen Beschwerden assoziiert.642


P79bPoster – Arbeitsphysiologie IIIGeschlechtmännl.weibl.Bildschirmarbeit(täglich) unter 2h2 bis < 4h4 bis < 6h6h und mehrTätigkeitswechselmöglich oft/immerselten/nieUnterbrechungenmöglich oft/immerselten/nieArbeitszufriedenheithochmittelgeringAugenermüden bei BildschirmarbeitLegendeBasiskategorienicht signifikantsignifikanthoch signifikanthöchst signifikant0 1 2 3 4 5 6Odds RatioGeschlechtmännl.weibl.Bildschirmarbeit(täglich) unter 2h2 bis < 4h4 bis < 6h6h und mehrTätigkeitswechselmöglich oft/immerselten/nieUnterbrechungenmöglich oft/immerselten/nieArbeitszufriedenheithochmittelgeringAugenbrennen bei BildschirmarbeitLegendeBasiskategorienicht signifikantsignifikanthoch signifikanthöchst signifikant0 1 2 3 4 5 6Odds RatioBild 1: Ermittelte Prädiktoren für Augenbeschwerden bei Bildschirmarbeit.Odds Ratio mit 95%-KI.DiskussionDie regelmäßige Unterbrechung der Bildschirmarbeit und der Wechsel mit anderenTätigkeiten können sinnvolle präventive Maßnahmen sein, um sowohlAugenbeschwerden als auch muskuloskelettale Beschwerden zu reduzieren. Im Rahmender G-37 Untersuchung sollte auf diese arbeitsorganisatorische Maßnahme hingewiesenwerden.Literatur[1] Müller BH, Schäfer A (1998): Computergestützte Analyse vonBildschirmarbeitsplätzen. sicher ist sicher 49, 494.[2] Kuorinka I, Jonsson B, Kilbom A, Vinterberg H, Biering-Sorensen F, Andersson G,Jorgensen K (1987): Standardised Nordic questionnaires for the analysis ofmuskuloskeletal symptoms. Appl. Ergonom. 18, 233-237.[3] Gebhardt Hj, Klußmann A, Dolfen P, Rieger MA, Liebers F, Müller BH (2006):Beschwerden und Erkrankungen der oberen Extremitäten anBildschirmarbeitsplätzen. Schriftenreihe der BAuA, Forschungsbericht Fb. 1082, NW-Verlag, Bremerhaven.643


P80Poster – Ambient MonitoringRaumluftmessungen an ultrafeinen ZigarettenrauchaerosolenKlaus Rödelsperger, Bernd Brückel, Stefan Podhorsky, Egon Roth, Joachim SchneiderInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH,GießenZiel der Studie:Tabakrauch wird in Gaststätten durch Streulichtmessungen als gravierende Umwelt- undArbeitsplatzgefährdung beschrieben [1]. Die durch Nebenstrom- und exhaliertenHauptstromrauch gebildeten Aerosole enthalten Kondensattröpfchen und Rußpartikel [2].Registrierende Messungen der Teilchen- und Massenkonzentration in stark mitZigarettenrauch kontaminierter Raumluft wurden daher durch Gravimetrie undElektronenmikroskopie überprüft [3].Methode und UntersuchungsgutMessungen erfolgten beim Einziehen von Rauch von Filterzigaretten in einen Behälter, ineiner Expositionskammer mit 3 freiwilligen Rauchern, im Nichtraucher- undRaucherbereich von Gaststätten sowie über 2 Nächte in einer Diskothek und in einerKantine als einem rauchfreiem Referenzbereich. Mit dem Kondensationskernzähler3007(TSI) wurde die Teilchenkonzentration und mit dem Respicon TM dieMassenkonzentration des alveolengängigen A-, des thoraxgängigen T- und deseinatembaren E-Staubes registriert. Weiterer E-Staub wurde auch mit dem GSP-Kopfgesammelt. Für die Elektronenmikroskopie wurden TEM-Netzchen mit einer Formvarfoliedurch Diffusionsabscheidung und Kernporenfilter bei definiertem Luftdurchsatzbeaufschlagt.ErgebnisseBestimmung der Massenkonzentration: Beim direkten Einziehen von frisch erzeugtenZigarettenrauches zeigte sich ein Anstieg von der A- zur E-Fraktion von 1,8 auf 2,7mg/m³ (Behälter) bzw. 0,17 auf 0,24 mg/m³ (eine der Gaststätten). Dagegen erreichtendie 3 Fraktionen im Kammerversuch mit jeweils etwa 4,5mg/m und bei den Messungenin der Diskothek mit je etwa 0,6 mg/m³ annähernd übereinstimmende Konzentrationen,Abb.1. Letztere lagen etwa um den Faktor 6 über der mit dem GSP in der Kantine als„Nichtraucherlokal“ bestimmten E-Staubkonzentration. Für die A-, T- und E-Fraktion derunkorrigierten Streulichtsignale fällt auf, dass zunächst größere Unterschiede bestehen.Durch die Kalibrierung anhand der Filterniederschläge werden diese jedochausgeglichen, wobei im Bereich des Untergrundes das Paradoxon CA>CT>CEbeobachtet wird.Bestimmung der Teilchenkonzentration: Beim direkten Einziehen von Zigarettenrauchund im Kammerversuch ergaben sich aus den registrierenden Messungen im Mittel250.000 bzw. 500.000 T/cm³. Die mit dem TEM an Filtern bestimmte A+A-Konzentration644


P80Poster – Ambient Monitoringlag bei 1/87 bzw. 1/60 dieses Wertes. TEM-Netzchen zeigten bei Diffusionsabscheidungkeine Rußteilchen sondern Kondensattröpfchen, die sich zu Ketten zusammenlagertenund mehr oder weniger zerfließen können. Bei mehrstündiger Probenahme ergaben sichin zwei Gaststätten im Raucher- und Nichtraucherbereich mit 200.000 bis 300.000 T/cm³nur geringe Unterschiede. Bei zwei Messungen in einer Diskothek wurde in 2 Nächtenmit 500.000 und 1.000.000 T/cm³ etwa das 100-fache der Referenzmessung in einer als„Nichtraucherlokal“ gewählten Kantine angetroffen.SchlussfolgerungenZigarettenrauch besteht überwiegend aus Kondensattröpfchen. Daher sindStreulichtmessungen der Teilchenkonzentration zumindest dann fragwürdig, wenn nurultrafeine Rußteilchen bestimmt werden sollen. Auch für die Massenkonzentration desStaubes liefern sie erst nach individueller Kalibrierung – für die das Respicon eingerichtetist - richtige Absolutwerte. Dabei zeigen sich nur für frisch erzeugten Zigarettenrauchzwischen A-, T- und E-Staub größere Unterschiede, aber nicht für die beiDiskothekenmessungen und im Kammerversuch gesammelten Fraktionen. Insofern istauch kein größerer Unterschied zu der gegenüber dem A-Staub nochmals feinerenFraktion PM2,5 zu erwarten, die nach [1] gemessenen wurde. Die Kalibrierung desRespicons läßt außerdem erkennen, dass die E-Fraktion größere Anteile flüchtigerBestandteile enthält als die A-Fraktion. Auch diese Tröpfchen können durch ihreInhaltsstoffe wirksam werden [2]. Der Vergleich zwischen den Messungen in derDiskothek und der Referenzmessung in der Kantine führt mit 6 :1 zu einem weitgeringeren Unterschied für die Massenkonzentration als mit 100 : 1 für dieTeilchenkonzentration.Danksagung: Das Projekt wird durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin (Nr. F2075) gefördert.Literatur1. Deutsches Krebsforschungszentrum (Hrsg.): Tabakrauchbelastung in deutschenGastronomiebetrieben und in Fernreisezügen. Heidelberg (2006)2. Baker R, R: Smoke Chemistry. In: Davis D, L, Nielsen M, T, (edts.): Tobacco:production, chemistry and technology. Blackwell Science, Oxford (1999) 398-4393. Rödelsperger K, Brückel B, Podhorsky S: Wirkungen und elektronenmikros-kopischeCharakterisierung ultrafeiner Stäube am Arbeitsplatz und in der Umwelt. In:Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Hrsg.): ArbeitsbedingteErkrankungen der Atemwege. Epidemiologische Forschung und Umsetzung in derPraxis. Tagungsbericht TB 143. Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue WissenschaftGmbH, Bremerhaven (2005) 68-71, ISBN 3-86509-405-8645


P80Poster – Ambient MonitoringZigarettenrauch inBehälterKammer (3 Raucher,je 5 Zigaretten)GaststätteR-Ber.NR.Diskothek1Diskothek2Kantine..GSPRP-A*)RP-T *)RP-E*)CPCTEM: A+ATEM: PTGSPGSPRP-ARP-TRP-ECPCTEM: A+ATEM: PTGSPRP-ARP-TRP-ECPCCPCCPCCPCCPCRP-ARP-TRP-ECPCRP-ARP-TRP-ECPCRP-A*)RP-T *)RP-E*)GSPCPCCPC87:160:1mg/m³x100.000 T/mlE-Staub6:1Zahl d. Teilchen 100:10,01 0,1 1 10Massen-, TeilchenkonzentrationAbb.1: Bestimmung der Massenkonzentration mit Respicon und GSP-Sammler und derTeilchenkonzentration mit Kondensationskernzähler (CPC) und Transmissionselektronenmikroskop(TEM) bei Luftmessungen an Zigarettenrauchaerosolen.646


P81Poster – Ambient MonitoringUltrafeine Teilchen in TonerstäubenKlaus Rödelsperger, Bernd Brückel, Stefan Podhorsky, Joachim SchneiderInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH,GießenZiel der Studie:Tonerstäube werden als nicht ultrafein beschrieben, und zwar sowohl für Prüfsubstanzenim Tierexperiment [1] als auch in Reviews über Erkrankungen, für die einZusammenhang mit Emissionen aus Laserdruckern und Kopierern diskutiert wird [2,3,4].Den Tonerpartikeln wird hierbei ein Durchmesserbereich von 2 bis 20 µm zugeschrieben.Bei der Überprüfung der Proben des 19 Stäube-Versuchs von Pott und Roller [1, 5]wurden demgegenüber Aggregate und Agglomerate (A+A) aus ultrafeinen Primärteilchen(PT) mit einem Durchmesser von ca. 20 nm beobachtet. Eine Abklärung auch bezüglichder Relevanz für derzeit im Gebrauch befindliche Tonerstäube ist daher notwendig.Methode:Die Tonerprobe aus dem Tierexperiment war außer im 19-Stäubeversuch auch imInhalationsexperiment getestet worden [1]. Tonerstaub aus einem der Kopierer wurde mitder im Experiment eingesetzten Probe durch einheitliche raster- (REM)- undtransmissions-elektronenmikroskopische (TEM) Untersuchungen verglichen. Hierbeiwurde die Anzahl-konzentration der Agglomerate und Aggregate (A+A) und der siebildenden ultrafeinen Primärteilchen (PT) bestimmt. Messungen derTeilchenkonzentration beim Kopieren erfolgten mit dem Kondensationskernzähler3007(TSI). Daneben wurden Kernporenfilter und mit einer Formvar-Folie bespannteNetzchen für die TEM-Analyse beaufschlagt.Ergebnisse: Analyse von Tonerproben:Sowohl die experimentelle Tonerprobe als auch die aus dem Kopierer lässt im REMkompakte Teilchen mit Durchmessern >1 µm erkennen. Das TEM zeigt dagegen flockigeunter der Einwirkung des Elektronenstrahls instabile Strukturen aus ultrafeinen Teilchen.Bei Präparation in wässriger Suspension mit Ultraschall zerfallen die >1µm großenTeilchen in A+A mit einem Kugel-äquivalenten Durchmesser von 52 bzw. 74nm. Diesebestehen gleichermaßen vollständig aus ultrafeinen PT mit einem Durchmesser von ca.10 bis 20nm. Aus der TEM-Analyse bei 40.000-facher Vergrößerung resultierenAnzahlkonzentrationen je mg, die ähnlich hoch sind wie für die A+A im Dieselruß und diePT im ultrafeinen TiO 2 des 19 Stäube-Versuchs.Anzahl/mg Durchmesser nm PT/A+APt A+A PT A+A*)Toner aus dem Experiment 1,66E+12 1,38E+10 12 52 120Toner aus einem Kopierer 8,55E+11 2,61E+10 22 74 33*) Mittelwert des Kugeläquivalenten Durchmessers647


P81Poster – Ambient MonitoringTeilchenkonzentrationsmessungen beim Kopieren: Die Messungen mit demKondensationskernzähler zeigen, dass erhöhte Teilchenkonzentrationen bei 2 von 3Geräten (Kopierer 1 und 2) entstehen und zwar bereits beim Kopieren leerer Seiten -insbesondere bei Betriebsbeginn, Abb.1. Die Mittelwerte erreichten bis zu 9500Teilchen/cm³ über 48min. Die TEM-Auswertung zweier Kernporenfiltern ergab nur 325bzw. 700 Aggregate und Agglomerate (A+A) sowie je ca. 4000 Primärteilchen (PT) je ml.Diskussion und Schlussfolgerungen:Entgegen der bisherigen Auffassung können Tonerstäube durch Ultraschallbehandlungin wässriger Suspension in kleinere A+A zerfallen, die aus ultrafeinen PT mit einemDurchmesser von 10 bis 20nm bestehen. Im 19-Stäubeversuch zeigt der Toner einekanzerogene Wirkung, die besser durch die Kombination des applizierten„Staubvolumen“ mit der „Zahl der A+A“ oder der „Oberfläche“ als mit der „Zahl der PT“beschrieben wird [5]. Erste Luftmessungen mit dem Kondensationskernzähler lassenallerdings eine über die Hintergrundbelastung z.B. durch den Straßenverkehrhinausgehende Gefährdung nicht erkennen. Es ist außerdem davon auszugehen, dasses sich bei den registrierten Partikeln ganz überwiegenden nicht um feste Tonerteilchenhandelt, sondern um Kondensattröpfchen, die sich dem elektronenmikroskopischenNachweis entziehen.Danksagung: Das Projekt wird durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin (Nr. F2075) gefördert.Literatur:1. Pott F, Roller M: Untersuchungen zur Kanzerogenität granulärer Stäube an Ratten –Ergebnisse und Interpretationen. Kurzbericht über das Projekt F1843 derBundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. (28.08.2003)http://www.baua.de/fors/f1843.htm.2. Ewes U, Nowak D: Erkrankungen durch Emissionen aus Laserdruckern undKopiergeräten. Gefahrstoffe Reinhalt. Luft 66(2006) 203-2103. Käfferlein H,U, Wiethege T, Brüning T: Tonerstäube. Wissenschaftliche Begutachtungbisheriger Erkenntnisse. BGFA-Info (02/2006) 10-114. Siegmann S,.Jansing P-J: Innenraumbelastung durch Laserdrucker undFotokopiergeräte. Prakt. Arb. Med., (2005) 2:6-115. Rödelsperger K, Brückel B,. Podhorsky S: Wirkungsbezogene Messung vonNanoteilchen. 46. Jahrestagung der Dtsch. Ges. f. Arbeitsmed. u. Umweltmed. e.V.,Hannover (2006) Wrbitzky R, Bader M: Hrsg., ISSN1861-6577, ISBN 3-87247-693-7648


P81Poster – Ambient MonitoringAbb.1: Raumluftmessungenbeim Betrieb von Kopierern mitKondensationskernzählern(CPC).Rechts: Bei TEM-Auswertungengleichzeitig beaufschlagterKernporenfilter wird eine A+A-Konzentration ermittelt, die nuretwa einem 15tel der mit demCPCregistriertenTeilchenkonzen-trationentspricht.Unten: Die CPC-Messungenzeigen für Kopierer 2 - andersals für Kopierer 3 - einenAnstiegderTeilchenkonzentration, und zwarsogar bereits beim Kopierenunbedruckter Seiten.Kopierer1Kopierer2Kopierer3Kopierer1-3Kopierer2CPC 1CPC 2CPC 1CPC 2CPC 1CPC 2TEM: A+ATEM: PTCPC1TEM: A+ATEM: PTca.15:114:1MWMW+sA+A/ml100 1.000 10.000 100.000Teilchen/ml1.000.000Teilchen/mlTeilchen/ml1.0001.000.00011:08 11:18 11:28 Zeit11:38 11:48 11:58 12:08Teilchen/ml100.00010.0001.00015:26 15:46 16:06 Zeit16:26 16:46 17:061.000.000100.00010.000100.00010.0001.000Seiten: bedrucktJe 10 Kopien Einzelkopien Kopierer 2Seiten:unbedrucktJe 10 KopienbedrucktunbedrucktSeiten: bedrucktKopien einzeln und 10fachKopierer 310:31 10:36 10:41 Zeit10:46 10:51 10:56 11:01649


P82Poster – Ambient MonitoringMöglichkeiten und Grenzen probabilistischer Verfahren zurErmittlung beruflicher ExpositionenUdo Eickmann 1 , E Althaus 2 , Frank Bochmann 3 , Renate Knauff-Eickmann 41Fachbereich Gefahrstoffe und Toxikologie, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst undWohlfahrtspflege, Köln,2 Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, Mainz;3 Fachbereich 1, Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA), St. Augustin; 4 Statistische undMathematische Beratungen (SMB), BornheimZiel der Studie:Wenn Dosis-Wirkungsbeziehungen bekannt sind, kann eine quantitative Ermittlung derHäufigkeitsverteilung physikalischer und chemischer Expositionen in der Prävention undbei Berufskrankheiten sinnvoll sein. Im Rahmen dieser Arbeit war zu prüfen, obstatistische Verfahren der Probabilistik eine Möglichkeit zur Verbesserung derExpositionsbeschreibung und somit der medizinischen Beurteilungsgrundlage darstellenkönnen.Methode:Die Arbeiten umfassten die Entwicklung eines systematischen Vorgehens zur Ermittlungumfangreicher chemischer Expositionen an einem Arbeitsplatz (Erfassung desberuflichen Umfeldes, Ermittlung von Standardtätigkeiten, Erstellung vonExpositionsmodellen, Ermittlung der Spannweite und Verteilung vonExpositionsparametern, Durchführung der Modellberechnungen, Auswertung) und derenexemplarische Anwendung auf Standardtätigkeiten im Gesundheitsdienst. ZurBeschreibung der Schadstoffverteilung im Arbeitsbereich wurde überwiegend ein „1-Zonen-Modell“ unter Annahme homogener Vermischung gewählt /1,2/. DurchErmittlungen zur Variabilität der Expositionsparameter am Arbeitsplatz wurde eineDatengrundlage zur Anwendung probabilistischer Verfahren geschaffen. Die Anwendungdieser Berechnungsverfahren /3/ umfasste die zufällige Auswahl von jeweils 1000Eingangsdatensätzen pro Modellrechnung aus den ermittelten Verteilungen derExpositionsparameter und die Auswertung und Beurteilung der Häufigkeitsverteilungender berechneten Stoffkonzentrationen in der Luft anhand einer Software fürprobabilistische Risikomodelle (@RISK, Palisade Inc.).Ergebnisse:Bei den betrachteten Arbeitssituationen aus dem Gesundheitsdienst, speziell derKrankenpflege in Stationen und Operationsbereichen, konnten Expositionsmodelle fürdie meisten Standardtätigkeiten (div. Desinfektionsarbeiten, Arbeiten mitAnästhesiegasen und mit Lösungsmitteln) aufgestellt werden. Die Beschreibung deremittierenden Stoffquellen erfolgte entweder über die Bilanzierung des Verbrauches beider dokumentierten Tätigkeit, über bekannte Emissionsgleichungen in /1/, über dieVerwendung von Expertenwissen zum Material-Verbrauch und über die650


P82Poster – Ambient MonitoringVerbrauchsschätzung über Leitkomponenten. Die arbeitsorganisatorischenRahmenbedingungen dieser Tätigkeiten waren zuvor durch Befragungen vonBeschäftigten und Ermittlungen vor Ort erfasst worden und ermöglichten die Festlegungder Spannweite und Verteilung der in die Modelle eingehenden Parameter (z.B.Verbrauchswerte, behandelte Flächen, Arbeitszeit, Raumvolumen, Luftwechsel,Frischluftstrom etc.). Die variablen Parameter wurden über Gleich-, Dreiecks-, Normal-,Lognormal-Verteilungen usw. beschrieben, wobei aufgrund fehlender Angaben mancheVerteilungen geschätzt werden mussten. Die Berechnungen mit dem Programm @RISKlieferten für die zu beurteilenden, teilweise über mehrere Jahrzehnte reichendenExpositionsszenarien eine Reihe von lognormalen Expositionsverteilungen je Gefahrstoffund Standardtätigkeit , von denen einige zur aldehydischen Flächendesinfektioexemplarisch in Abb. 1 dargestellt sind.1Verteilungsfunktion0,90,80,70,60,50,40,3(5)(1)(4)(3)(2)0,20,100 0,2 0,4 0,6 0,8 1Formaldehyd-Konz. [mg/m³]Abb. 1: Verteilung von Expositionen bei der aldehydischen Flächendesinfektion: Vergleich vonModell-Daten (rot) mit Messdaten (schwarz). (1) Berechnung aus vier Szenarien: OP- undNebenraum-Desinfektion, jeweils bei natürlicher und technischer Lüftung. GM = 0,0638, GSD =6,2978. (2) Szenario OP-Desinfektion, natürliche Lüftung. GM = 0,6175, GSD = 1,6675. (3)Messungen Bau-Berufsgenossenschaften /5/, Desinfektion in OP-Sälen, natürliche undtechnischer Lüftung; GM = 0,6135, GSD = 3,6834. (4) Messungen Bau-BGen /5/,Rahmenbedingungen ähnlich zu (1). GM = 0,1991, GSD = 3,5951. (5) Verteilung aus Messdatender franz. Datenbank COLCHIC: Formaldehyd-Belastung in Operationsbereichen von Arztpraxen,Lüftung unbekannt. GM = 0,07, GSD = 4,3.Folgerungen:Die hier vorgestellte Methode führt zu strukturierten, umfangreichenExpositionsinformationen, die differenziertere Aussagen zulassen als aufgrund vonmittleren Expositionsannahmen oder „Worst Case“- Annahmen. Sie kann alsBerechnungsmodell schnell an ähnliche Arbeitssituationen angepasst werden und ist651


P82Poster – Ambient Monitoringvielfältig einsetzbar, sofern die benötigten Informationen zu den zu beurteilendenTätigkeiten oder Arbeitsplätzen vorliegen. Die berechneten Expositionen liegen in einemähnlichen Wertebereich wie die gemessenen (Abb.1). Im vorliegenden Fall konnten trotzeines sehr hohen Ermittlungsaufwandes einzelne Tätigkeiten nicht modelliert werden, daweder die Arbeitsverfahren noch die arbeitsorganisatorischen Rahmenbedingungen vonden befragten Beschäftigten ausreichend beschrieben werden konnten. Bei denerhobenen Daten zu Expositionsparametern konnte deren Repräsentativität für die in dieErmittlung eingebundenen Unternehmen angenommen werden. Es fehlen aber bis heutebranchenbezogene repräsentative Daten zur Verteilung und zur Spannweitewesentlicher Expositionsparameter (Raumgröße, Lüftungsdaten, tätigkeitsbezogeneArbeits- und Expositionszeiten, usw.) und insbesondere ausreichend detaillierte Daten zuden Stoffquellen. Da die ermittelten Expositionsdaten in Begutachtungs- undVerwaltungsverfahren genutzt werden sollen, muss das probabilistischeErmittlungssystem von den Gutachtern und der Rechtssprechung akzeptiert werden.Bisher spielt die Variabilität von Expositionen weder in der praktischen Prävention, z.B.bei der Überprüfung von Grenzwerteinhaltungen, noch im Berufskrankheitenverfahreneine große Rolle. Daher sollte dieses Verfahren, dass die Expositionsvariabilitätberücksichtigt, mit den entsprechenden Anwenderkreisen abgestimmt werden. /4/.Literatur:1. BIA-Report 3/2001: Berechnungsverfahren und Modellbildung in derArbeitsbereichsanalyse. Hrsg.: Hauptverband der gewerblichenBerufsgenossenschaften (HVBG), St. Augustin, 2001, ISBN 3-88383-588-92. Eickmann, U.; Liesche, A.; Wegscheider, W.; Harmonization and further developmentof models to calculate airborne contaminant concentrations at the workplace.Gefahrstoffe – Reinhaltung der Luft, 67(<strong>2007</strong>) 4, 127 - 132.3. Mosbach-Schulz, O.; Methodische Aspekte probabilistischer Modellierung. UWSF –Z. Umweltchem. Ökotox. 11(1999)5, S. 292-2984. Eickmann, U.; Kleine, H.; Wie sicher sind Aussagen zu Expositionen amArbeitsplatz? Gefahrstoffe- Reinhaltung der Luft, in Vorbereitung.5. Waldinger, C.; Jänecke, A.; Ermittlung der Aldehyd-Konzentration bei derFlächendesinfektion in humanmedizinischen Einrichtungen. Gefahrstoffe –Reinhaltung der Luft 63(2003) 7/8, 317-324652


P83Poster – Ambient MonitoringBesteht eine relevante umweltmedizinische Gesundheitsgefährdungdurch fast 40 Jahre alte Wasserleitungen?Heike Scherhag, Otfried Mayer-Popken, Bernd Roßbach, Stephan Letzel, Axel MuttrayInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, MainzZiel der StudieAlte Gebäude zeigen oft Korrosionsschäden der Rohrleitungen, die u.a. zu einemvermehrten Eintrag von Kupfer (Cu), Eisen (Fe) und anderen Schwermetallen in dasTrinkwasser führen können. Ein erhöhter Cu-Gehalt des Trinkwassers wird mitverschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht, wie z.B. der Non-Indian ChildhoodCirrhosis (NICC). Ein erhöhter Fe-Gehalt des Trinkwassers fördert nach einerexperimentellen Studie schon bei Konzentrationen bis 20 μg/l das Wachstum von E. coliüber 16 Tage (2). Blei im Trinkwasser kann u.a. die intellektuelle Entwicklung vonKindern beeinträchtigen (1). Anhand von Wasseranalysen war zu klären, ob in einemEnde der 60er Jahre erbauten Hochhaus eine Gesundheitsgefährdung durch Fe, Cuoder Pb besteht.MethodenIn 20 Räumen des Gebäudes wurden an einem Montagmorgen das Stagnationswasser(A-Probe), nach einer Stunde aus denselben Wasserhähnen Fließwasser (B-Probe),jeweils Kaltwasser, entnommen und mittels Atomabsorptionsspektrometrie der Gehalt anCu, Fe und Pb bestimmt. Für die Fließwasser-Analyse waren die Wasserhähne vorProbenahme 2-3 Minuten lang geöffnet.ErgebnisseDas ablaufende Stagnationswasser aus wenig benutzten Leitungen wies zunächst einehelle, dann eine zunehmend dunklere Färbung auf, das Fließwasser war farblos (Abb.1).Der Median des Cu betrug 69,5 μg/l (min. 5,5; max. 437,3; A-Probe), bzw. 11,15 μg/l(min. 6,5; max. 64,2; B-Probe). Die Cu-Konzentrationen lagen deutlich unter demgesundheits-basierten Grenzwert (2000 μg/l, Trinkwasserverordnung (TWV)). Fe ergabim Median 4,5 μg/l (min. 0,7; max. 421,0; A-Probe), bzw. 2,65 μg/l (min. 0,8; max. 63,6;B-Probe). Der technikbasierte Fe-Grenzwert (200 μg/l, TWV) wurde von 2 A-Probenüberschritten. Die Pb-Konzentrationen lagen bis auf je eine Messung (A und B-Probe)unter dem derzeitigen Grenzwert von 25 μg/l (TWV). Die Kontrolle der erhöhten B-Probeergab zwischen 2,1 und 9,1 µg/l Pb (Ablaufmenge bis 10 l). Sie unterschritt damit denGrenzwert von 10 µg/l (TWV ab 2013).653


P83Poster – Ambient MonitoringDiskussionJe nach Ablaufvolumen ist die Färbung des Stagnationswassers vermutlich durch dieunterschiedlichen Materialien (damit auch Rost) der Stagnationsbereiche (Armatur, Verbindungs-bzw. Steigleitung) begründet. Der maximale Cu-Wert betrug nur 1/5 desGrenzwerts, so dass Gesundheitsgefährdungen aus umweltmedizinischer Sichtunwahrscheinlich sind. Da in diesem Gebäude hauptsächlich verzinkte Fe-Rohre alsWasserleitungen verbaut wurden, sind die z. T. erhöhten Fe-Werte nachzuvollziehen.Aufgrund der 3-Wertigkeit des Fe ist eine verstärkte Aufnahme nicht zu erwarten. Beidem erhöhten Pb-Wert der B-Probe könnte es sich um ein lokales Depot gehandelthaben, da Kontrollen niedrige Pb-Konzentrationen zeigten. Durch Einflüsse wie z.B.Materialien, Konstruktion, Alter der Wasserversorgungsanlagen, Fließ- undStagnationszeiten sowie die chemische und physikalische Beschaffenheit des Wasserskönnen Messergebnisse sowohl örtlich als auch zeitlich stark variieren. Daher wird einerepräsentative Probe der durchschnittlichen wöchentlichen Wasseraufnahme durch denVerbraucher gefordert (3). Eine rechtlich verbindliche Richtlinie diesbezüglich fehlt.Unsere Untersuchungen führten aufgrund langer Stagnationszeiten durch das derProbenahme vorangegangene Wochenende zu eher höheren Werten und sind dahernicht als repräsentativ im Sinne der Empfehlung des Umweltbundesamtes (3) zu werten.SchlussfolgerungenGesundheitsgefahren durch die Aufnahme der oben angeführten Stoffe sind in den vonuns untersuchten Räumen nicht zu erwarten. Da ein höherer Eisengehalt des Wassersdas Wachstum von E. coli fördert, müssen weitere Untersuchungen möglicheInfektionsgefahren klären. Zu Trinkwasserzwecken sollte ausschließlich Fließwasserverwandt werden. Eine europaweite Standardisierung der Probenahme ist erforderlich.Literatur(1) American Academy of Pediatrics Committee on Environmental Health: Lead exposurein children: prevention, detection, and management. Pediatrics. 2005Oct;116(4):1036-46.(2) Appenzeller BM et al.: Advantage provided by iron for Escherichia coli growth andcultivability in drinking water. Appl Environ Microbiol. 2005 Sep;71(9):5621-3.(3) Beurteilung der Trinkwasserqualität hinsichtlich der Parameter Blei, Kupfer und Nickel.Empfehlung des Umweltbundesamtes nach Anhörung der Trinkwasserkommissiondes Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung. Bundesgesundheitsbl- Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2004; 47:296–300654


P83Poster – Ambient Monitoring655


P84Poster – Ambient MonitoringBestimmung von alkylierten und methylen-überbrücktenpolycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen inumweltrelevanten MatricesAlbrecht Seidel 1 , Heinrich Frank 1 , Hansruedi Glatt 2 , Andrea John 11 Biochemisches Institut für Umweltcarcinogene, Prof. Dr. Gernot Grimmer-Stiftung, Großhansdorf; 2 Abteilungfür Ernährungstoxikologie, Deutsches Institut für Ernährungforschung (DIfE), NuthetalManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.656


P85Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIEntwicklung eines zweiseitigen Enzymimmunoassays zumNachweis von Allergenen der Vorratsmilbe Acarus siroIngrid Sander 1 , Ricarda Hoppe 1 , Eva Zahradnik 1 , Sabine Kespohl 1 , Stefan Mayer 2 , ThomasBrüning 1 , Monika Raulf-Heimsoth 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Abteilung Prävention, Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft, MannheimZiel der StudieBei der Lagerung von Nahrungs- und Futtermitteln kann es zu einem Befall durchVorratsmilben kommen, deren allergene Bestandteile zu einer Sensibilisierung vonExponierten führen können [1;2]. Ziel war es, ein empfindliches und spezifischesNachweisverfahren für Allergene der Vorratsmilbe Acarus siro auf Basis polyklonalerAntikörper zu entwickeln.MethodenFür den Aufbau eines zweiseitigen Enzymimmunoassays (EIA) wurden aus dem Serumeines mit A. siro Protein immunisierten Kaninchens durch eine Protein-G-Säule anti-A. siro-Antikörper (aAs-Ak) als Fangantikörper isoliert und als Nachweisantiköper aAs-Akdurch Antigenaffinitätschromatographie gereinigt und biotinyliert. Nach Optimierung desA. siro-EIA wurde mit Extrakten aus verschiedenen Milben und Pflanzensamen dieTestspezifität überprüft. Die Reproduzierbarkeit wurde anhand von 75 in mindestens 3Verdünnungen gemessenen Proben aus Lagereibetrieben (Intraassay-Variationskoeffizient, CV) und 16 an verschiedenen Tagen durchgeführten Tests einerProbe (Interassay-CV) ermittelt. Zusätzlich wurden Staubproben vom Arbeitsplatz vondrei gegen Acarus siro sensibilisierten Patienten und Hausstaubproben ausStaubsaugerbeuteln analysiert.ErgebnisseDer entwickelte A. siro-EIA besitzt einen Messbereich von 0,16 − 4,1 ng/ml, einenmittleren Intraassay-CV von 11,6% und Interassay-CV von 12,4%. WährendPflanzensamen allenfalls bei hochkonzentrierten Extrakten eine schwache Reaktivität imA. siro-EIA aufwiesen (Dinkel ab 5 mg/ml, Soja ab 40 mg/ml, Hafer und Hirse ab 80mg/ml, Gerste, Leinsamen und Roggen ab 166 mg/ml, bzw. Weizen und Sesam keineReaktion), zeigten alle getesteten Milbenextrakte etwas Kreuzreaktivität. Die zur gleichenUnterfamilie gehörende Vorratsmilbe Tyrophagus putrescentiae zeigte die stärksteReaktivität im A. siro-EIA, die aber im Vergleich zu A. siro um einen Faktor 100 geringerwar.Die folgenden Milben wiesen um den Faktor 3000-140000 verringerte Aktivitäten ingenannter Reihenfolge auf: Dermatophagoides microceras, Lepidoglyphus destructor, D.farinae, D. pteronissinus, Blomia tropicalis, Glycyphagus domesticus, sowie Euroglyphusmaynei. Die 75 Material- und Staubproben aus Lagereibetrieben enthielten im Median657


P85Poster – Atemwege, Allergien, Stäube II0,89 µg/g Acarus siro Antigen (Abb. 1a), während in den Hausstäuben im Median nur0,104 µg/g zu finden waren (Abb. 1b). Dagegen zeigten die Stäube von ArbeitsplätzenSensibilisierter signifikant höhere Konzentrationen mit einem Median von 5,15 µg/g (Abb.1b).SchlussfolgerungenMit dem A. siro-EIA konnte Allergen der Vorratsmilbe A. siro reproduzierbar undspezifisch in Staubproben aus Lagereibetrieben nachgewiesen werden. Durch die imMinimum um einen Faktor 100 höhere Empfindlichkeit auf A. siro Protein im Vergleich zuanderen Milbenspezies kann der EIA Allergene verschiedener Milben gut differenzieren.Erste Messungen zeigen deutliche Unterschiede zwischen der Acarus siro Konzentrationin Hausstäuben und Arbeitsplatzstäuben von sensibilisierten Patienten. DasMessverfahren kann zum Nachweis von Acarus siro an Arbeitsplätzen und zurAllergieprävention eingesetzt werden.Literatur1. Müsken H, Franz JT, Wahl R, Paap A, Cromwell O, Masuch G, Bergmann KC.Sensitization to different mite species in German farmers: in vitro analyses. J InvestigAllergol Clin Immunol 13; 2003, 26-352. van Hage-Hamsten M, Johansson E. Clinical and immunologic aspects of storagemite allergy. Allergy 53; 1998, 49-53.Acarus siro Antigen im Staub [µg/g]10001001010.10.01aAcarus siro Antigen im Staub [µg/g]10001001010.10.01b0.00175 Proben aus Betriebender GroLa-BGMedian 0,89 µg/g0.001Hausstaub vonKontrollenMedian 0,104 µg/gArbeitsplatzstäubevon SensibilisiertenMedian 5,15 µg/gAbbildung 1: In Materialproben und Stäuben aus Betrieben der Großhandels- und LagereiBerufsgenossenschaft (a) und Hausstäuben aus Staubsaugerbeuteln sowie Arbeitsplätzen vongegen die Vorratsmilbe Acarus siro sensibilisierten Patienten (b) wurde nach Extraktion mit demneuentwickelten Acarus siro EIA der Gehalt an Acarus siro Antigen bestimmt.658


P86Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIUntersuchungsmethoden für die Arbeitsmedizinische Vorsorgebei Platinsalzexposition – eine exploratorische DatenanalyseThorsten Mashofer 1 , Rolf Merget 1 , Paul Degens 1 , Gerhard Schultze-Werninghaus 2 , RupprechtKulzer 3 , Rolf Breitstadt 4 , Thomas Brüning 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Abteilung für Pneumologie, Allergologie und Schlaflabor, BG Kliniken Bergmannsheil,Bochum; 3 Industriepark Wolfgang GmbH, Hanau; 4 Degussa AG, FrankfurtZiel der StudieBisher gibt es wenige Daten über die Effizienz verschiedener diagnostischer Werkzeugein der Arbeitsmedizinischen (AM) Vorsorge von Beschäftigten mit beruflicher Expositiongegenüber Atemwegsallergenen. Wesentliche „Kandidaten“ sind Anamnese,Sensibilisierungsnachweis mittels Pricktest (soweit verfügbar), spezifischesImmunglobulin E (sIgE), Spirometrie und bronchiale Hyperreaktivität. Mittelsexploratorischer Datenanalyse sollte herausgearbeitet werden, welche Werkzeuge in derAM Vorsorge sinnvoll einzusetzen sind.MethodikIm Rahmen einer Längsschnittstudie über 5 Jahre wurden Beschäftigte einesKatalysatorbetriebes mit Exposition gegenüber Platinsalzen (n=131) und nicht-exponierteKontrollen (n=108) in Jahresabständen mittels Fragebogen, Hautpricktest (SPT) mitHexachloroplatinsäure (Pt), Gesamt-IgE, FEV 1 und inhalativer Histaminprovokation(Effektparameter) untersucht (1,2). Das Votum der Ethikkommission lag vor. Es wurdenBeschäftigte mit mindestens 3 Untersuchungen eingeschlossen. Neben der Expositiongegenüber Platinsalzen wurden als Confounder Rauchen und Allergien gegenUmweltallergene berücksichtigt. Für jeden Probanden wurden Messreihen derEffektparameter über die Zeit erstellt und Regressionsgeraden errechnet. Die Steigungdieser Geraden und die Streuung der einzelnen Werte um die Regressionsgeradewurden benutzt, um die Untersuchungsparameter mittels „scatter-plots“ zu vergleichen:auf der X-Achse wurde die Steigung der Regressionsgeraden und auf der y-Achse dasBestimmtheitsmaß (BM), das die inverse Streuung um die Regressionsgerade ausdrückt,aufgetragen. Eine Beurteilung der Parameter erfolgte nach Kategorisierung derProbanden gemäß Exposition, Beschwerden und SPT(Pt). SPT mit 10 -2 mol Pt/L wurdebei einer Quaddelgröße von ≥ 4 mm als positiv bewertet. Als SPT(Pt)-Konversion(Konverter) wurde das erstmalige Auftreten eines positiven SPT(Pt) bei vorher negativerReaktion bezeichnet.ErgebnisseDie „scatter-plots“ wurden systematisch gesichtet. Folgende Ergebnisse waren dabeiauffällig: Eine Konversion des SPT(Pt) wurde bei 13 Personen beobachtet. InzidenteBeschwerden traten bei 46% der Beschäftigten mit SPT(Pt)-Konversion, aber nur bei659


P86Poster – Atemwege, Allergien, Stäube II12% ohne SPT(Pt)-Konversion auf. 39% der Personen mit SPT(Pt)-Konversionbeschrieben Symptome mit Bezug zur Arbeit (nur 6% der Personen ohne SPT(Pt)-Konversion). Personen mit hoher Platinsalzexposition gaben im Vergleich zu nichtExponierten vermehrt Beschwerden mit Arbeitsbezug (12% vs. 6%) und auch mehrinzidente Beschwerden an (25% vs. 6%). Inzidente Beschwerden waren aber nichtimmer arbeitsbezogen. SPT(Pt) war assoziiert mit Beschwerden und dem Gesamt-IgE,jedoch nicht mit FEV 1 und dem bronchialen Provokationstest mit Histamin. FEV 1 fiel imZeitverlauf bei Personen mit inzidenten Beschwerden ab, hierbei handelt es sichüberwiegend um Raucher und Atopiker (Abbildung).SchlussfolgerungenFür die AM Vorsorge bei Personen mit Pt-Exposition sollten bevorzugt Fragebogen undSPT(Pt) eingesetzt werden, wobei auch inzidente nicht-arbeitsbezogene Beschwerdenauf eine Pt-Allergie hindeuten können. Die Spirometrie sollte durchgeführt werden, weilsie ohne großen Aufwand durchzuführen ist und zur Früherkennung von nichtarbeitsbedingten Krankheiten geeignet ist. Des Weiteren weist der Anstieg des Gesamt-IgE bei Personen mit SPT(Pt)-Konversion darauf hin, dass die Platinsalz-Allergie ein IgEvermittelterProzess ist. Spirometrie und Hyperreaktivitätstest waren in diesen frühenKrankheitsstadien weder sensitiv noch spezifisch.Literatur1. Merget R, Caspari C, Dierkes-Globisch A, Kulzer R, Breitstadt R, Kniffka A, DegensP, Schultze-Werninghaus G. Effectiveness of a medical surveillance programme forthe prevention of occupational asthma due to platinum salts. A nested case-controlstudy. J Allergy Clin Immunol 2001;107:707-7122. Merget R, Kulzer R, Dierkes-Globisch A, Breitstadt R, Gebler A, Kniffka A, Artelt S,Koenig HP, Alt F, Vormberg R, Baur X, Schultze-Werninghaus G. Exposure-effectrelationship of platinum salt allergy in a catalyst production plant - Conclusions from afive-year prospective cohort study. J Allergy Clin Immunol 2000;105:364-370660


P86Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IILegende AbbildungScatter-plot für FEV 1 (n=34 Personen mit inzidenten Beschwerden). Schwarze Punkte: Atopiker oderRaucher. Weiße Punkte: Nichtraucher und Nichtatopiker. Rauten: SPT(Pt)-Konverter. Ein FEV 1 -Abfalltrat bevorzugt bei Rauchern oder Atopikern auf.661


P87Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIStickstoffmonoxidmessung im Exhalat von Büroangestellten-Untersuchungen im Rahmen einer Pilotstudie zu Expositiongegenüber tonerbasierten BürogerätenHenrik Schumann 1 , Anja zur Nieden 1 , Richard Gminski 2 , Tao Tang 2 , Jan Christof Selle 1 , ThomasEikmann 1 , Volker Mersch-Sundermann 2 , Caroline Herr 11 Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität, Gießen; 2 Institut für Innenraum undUmwelttoxikologie, Justus-Liebig-Universität, GießenZIEL.Tonerbasierte Bürogeräte sind weltweit in Gebrauch und stehen in Verdachtgesundheitliche Beschwerden zu verursachen. In der vorgestellten Pilotstudie sollten u.a.mögliche entzündliche Atemwegsreaktionen auf die Exposition zu tonerbasiertenBürogeräten erfasst werden. In der vorgestellten Pilotstudie wurde morgens (Leerwert)und mittags (nach Exposition am Büroarbeitsplatz) eine Lungenfunktion (Lufu)durchgeführt und die NO-Fraktion im Exhalat bestimmt. Es sollte untersucht werden• inwiefern sich auf der Basis von NO- und Lufu- Messungen Veränderungen derAtemwege vor und nach Exposition zu tonerbasierten Bürogeräten am Büroarbeitsplatzdarstellen lassen.• inwiefern die im Feld (Studie an Arbeitsplätzen) erhobenen Messwerte für NO undLungenfunktionsparameter zuverlässig sind und z.B. bekannte Assoziationen mitbestehenden Grunderkrankungen/individuellen Faktoren, z.B. aktuell vorliegender Infektbestätigt werden können.METHODEN.Die untersuchten Büroangestellten wurden rekrutiert aus einer Auswahl vonBüroarbeitsplätzen, die von der Interessensgemeinschaft Tonergeschädigter e.V. sowieden Instituten für Hygiene und Umweltmedizin bzw. Innenraum und Umwelttoxikologie,Universität Giessen vorgenommen wurden. Insgesamt wurden an vier verschiedenenOrten in Deutschland N=69 Büroangestellte während eines normalen Arbeitstagesuntersucht. Es wurden drei Unterkollektive auf Basis entsprechender Selbstberichte imFragebogen erstellt: Keine tonerbezogenen Beschwerden (kTB, N=26), selbstberichtetetonerbezogene Beschwerden (sTB, N=36) und selbstberichtete Tonerschädigung (sTS,N=7) am Büroarbeitsplatz. Fragen zu Alter, Geschlecht, Bildung sowie das Vorliegen vonGrundkrankheiten (Allergien, Asthma und Rauchverhalten) wurden demBundesgesundheitssurvey 1998 entnommen. Ergänzt wurde ein Item zum Vorliegeneines akuten Infekts. Im Labor wurde Gesamt-IgE und RAST (Inhalations-,Nahrungsmittel- und Schimmelpilz Allergene) und als Atemwegsparameter zuverschiedenen Tageszeiten Stickoxide im Exhalat (Nioxmino, Aerocrine, morgens vorArbeitsbeginn/mittags) bestimmt. Die Messung von NO im Exhalat ermöglicht einnichtinvasives, schnelles und einfaches Monitoring von Atemwegsentzündungen (z.B.662


P87Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIAsthma). Das durch Endothelzellen durch NO-Synthase gebildete Stickstoffmonoxid(NO) in den Atemwegen unterliegt einem schnellen Abbau, sodass die Bestimmung vonNO ein sensibler Indikator für aktuell ablaufende entzündliche Prozesse der Lunge ist.Zusätzlich wurde eine Lungenfunktion VC/FEV1 (Spiro Pro, Jäger, morgens vorArbeitsbeginn/mittags/abends) durchgeführt.ERGEBNISSE.Allgemeine Charakteristika der Kollektive: Geschlechtsverteilung (m 49%, w 51%),Bildungsstand (Hauptschule 21%, Realschule 41%, Gymnasium 30%). Je wenigerselbstberichtete tonerbezogene Gesundheitsbeschwerden ein Proband angab, destojünger war er (MW kTB 39j, MW sTS 51j) und desto häufiger rauchte er jemals (kTB33%, sTS 15%) bzw. war er am Arbeitsplatz zu Zigarettenrauch exponiert (kTB 22%,sTS 14%). Insgesamt waren die Häufigkeiten positiver RAST Tests wie folgt verteilt:Inhalationallergene (ca. 37%) > Nahrungsmittelallergene (ca. 7%) >Schimmelpilzallergene (ca. 2%). Während im kTB Kollektiv auf Inhalations- (Nahrungs-,Schimmelpilzallergene) 50% (8%, 8%) positiv getestet wurden, waren es bei sTB 35%(9%, 3%), sTS 14% (0%,0%). Wie in Tabelle 1 dargestellt, zeigten sich bei Personen mitselbstberichteten Allergien, akutem Infekt, IgE> 100 lU/ml oder positivem RAST höheremorgendliche NO Konzentrationen im Exhalat, Raucher wiesen niedrigereKonzentrationen auf. Wobei bei einigen selbstberichteten Nichtrauchern sehr niedrigeExhalatwerte gemessen wurden. In der Gruppe derer, die ihre Beschwerden auf Tonerzurückführen (sTB und sTS) zeigten sich keine Veränderung in der NO Konzentration imTagesverlauf. Das sTS Kollektiv wies die niedrigste werte von allen auf, s. Tabelle 1.SCHLUSSFOLGERUNG.Die Vitalkapazität (VC) und das forcierte expiratorische Volumen in 1 sec. (FEV1)wurden ohne Filter gemessen und waren deshalb orientiert an den Sollwerten der„American Thoracic Society“ (ATS) zu hoch. Deshalb wurden die Ergebnisse als nichtzuverlässig eingestuft. Auf das Gesamtkollektiv bezogen fanden sich im Rahmen dieserPilotstudie keine Hinweise auf entzündliche Veränderungen auf Basis des im Exhalatgemessenen Stickoxides im Tagesverlauf während Exposition zu tonerbasiertenBürogeräten. Unterschiede konnten bei den NO Werten im Exhalat beim Vergleichbestimmter Probandengruppen z.B. mit und ohne akutem Infekt gezeigt werden. Durchmangelnde Compliance (trotz standardisierter Schulung) erwies sich die Lufu im Feld alsweniger zuverlässig als die NO Bestimmung. Diese war zum einen gut reproduzierbarund zum anderen ohne langwierige Erklärungen gut durchführbar.663


P87Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IILITERATUR.• Bischof W., Bullinger- Naber M., Kruppa B., Müller B.H., Schwab R. (2003): Expositionund gesundheitliche Beeinträchtigungen in Bürogebäuden. Fraunhofer IRB Verlag,Stuttgart Robert Koch Institut, Berlin, (1998). Bundesgesundheitssurvey 1998(BGS ‚98), Robert Koch Institut, Berlin, (2002). Multizentrische Studie zum MCS-Syndrom(Multiple Chemikalienüberempfindlichkeit)• American Thoracic Society / European Respiratory Society Task Force. Standards forthe Diagnosis and Management of Patients with COPD [Internet]. Version 1.2. NewYork: American Thoracic Society; 2004 [updated 2005 September 8].• Jäger, Spiro Pro, www.jaeger-toennies.com; [updated <strong>2007</strong> March].• Aerocrine, Schweden, www.aerocrine.de; [updated 2006 November].Tabelle1: Mittelwerte des Stickoxides im Exhalat [ppb] für einzelne UnterkollektiveKollektiveMWNO[ppb]IgE>100 RASTAllegie Asthma RaucherInfekt kTB sTB sTSlU/ml pos.Ja Nein Ja Nein Ja Nein Ja Nein Ja Nein Ja Nein Mo Ab Mo Ab Mo Ab21 17 15 18 15 20 20 18 24 16 18 17 17 16 18 21 16 14664


P88Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIErhebung von SBS- Symptomen bei Büroangestellten –Untersuchung im Rahmen einer Pilotstudie zu Expositiongegenüber tonerbasierten BürogerätenJan Christof Selle 1 , Caroline Herr 1 , Anja zur Nieden 1 , Richard Gminski 2 , Tao Tang 2 , HenrikSchumann 1 , Thomas Eikmann 1 , Volker Mersch-Sundermann 21 Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität, Gießen; 2 Institut für Innenraum undUmwelttoxikologie, Justus-Liebig-Universität, GießenEINFÜHRUNG.Tonerbasierte Bürogeräte sind weltweit in Gebrauch und stehen in Verdacht gesundheitlicheBeschwerden zu verursachen.Ziel der hier vorgestellten Ergebnisse war es tonerassozierte Beschwerden am Büroarbeitsplatzund die Beurteilung der Büroarbeitsplatzumwelt von Büroangestellten mittonerassozierten Gesundheitsbeschwerden zu beschreiben, zu anderen Studien zumBüroarbeitsplatz zu vergleichen und aufzuzeigen, inwiefern ein bisher nichtbeschriebenes, spezifisches tonerassoziiertes Beschwerdebild existiert und welcheBezüge zum Sick Building Syndrom dargestellt werden können.METHODIK.Untersucht wurden 69 Büroangestellte während ihres normalen Arbeitstages an vier verschiedenenOrten und Bürogebäuden in Deutschland. Die Probanden wurden anhandder Fragebogenangabe nach Tonerschädigung ja/nein und tonerbezogene Beschwerdenam Arbeitsplatz in drei Gruppen aufgeteilt: keine tonerbezogenen Beschwerden (kTB),selbst berichtete tonerbezogene Beschwerden (sTB), selbst berichtete Tonerschädigung(sTS). Individuelle Charakteristika (Alter, Geschlecht, Bildung, Rauchen) wie die Persönlichkeit(FPI), der Gesundheitsstatus (Krankheiten) und soziodemographische Parameterwurden mittels Items aus den Fragebögen des Bundesgesundheitssurveys von 1998erhoben. Aus gesammelten Blutproben wurden Gesamt-IgE und RAST bestimmt.Erfragt wurden Büroarbeitsplatzbeschwerden (siehe Tabelle 1) (aus MM-40 Andersson,K. und G. Stridh, (1992)): Irritation von Schleimhäuten/ Atemwegen/ Haut undneurovegetative Beschwerden sowie die Büroarbeitsplatzumwelt (siehe Tabelle 1). AlsReferenzkollektive wurden Daten aus dem Bundes- Gesundheits- Survey von 1998, (RobertKoch Institut, (2002)) herangezogen. Die Angaben zur Befindlichkeit amBüroarbeitsplatz wurden zu zwei Studien (1. Reijula et al., (2002) und 2. Bischof et al.,(2003)) verglichen.ERGEBNISSE.Allgemeine Charakteristika der Kollektive: Die Geschlechtsverteilung (m 49%, w 51%)und der Bildungsstand (Hauptschule 21%, Realschule 41%, Gymnasium 30%). Jeweniger selbstberichtete tonerbezogene Gesundheitsbeschwerden ein Proband angab,desto jünger war er (MW kTB 39j, MW sTS 51j) und desto häufiger rauchte er jemals665


P88Poster – Atemwege, Allergien, Stäube II(kTB 33%, sTS 15%) bzw. war er am Arbeitsplatz zu Zigarettenrauch exponiert (kTB22%, sTS 14%).Von den Probanden mit sTS (N=7), sTB (N=36) und kTB (N=26) wurdendie am häufigsten benannten Büroarbeitsplatzbeschwerden allgemein untersucht und mitden SBS assoziierten Beschwerden und denen der Referenzkollektive verglichen (sieheTabelle 1). Sowohl sTS, sTB und kTB zeigten deutlich erhöhte Anzahl an SBSassoziierten Beschwerden in Bezug auf neurovegetative und irritativeBüroarbeitsplatzbeschwerden (siehe Tabelle 1). Für diese Kollektive wurde ebenfalls dieBüroarbeitsplatzumwelt bezüglich SBS assoziierten Beschwerden untersucht. Hierzeigten besonders Probanden mit sTS deutlich erhöhte Werte. 100% fühlten sich vontrockener Luft und Lärm/ Dauergeräuschen belästigt, während sich bei denReferenzkollektiven 79% bei trockener Luft (ProKlimA Studie 2003) und beiLärm/Dauergeräusche 49% (ProKlimA Studie 2003) am Arbeitsplatz belästigt fühlten.Von Probanden mit sTS und sTB (sTS+sTB N=43) wurden die 15 häufigsten benanntentonerbezogenen Beschwerden ausgewertet. Unter diesen waren 9 Beschwerden die mitdem Beschwerdemuster des SBS assoziiert werden können (gemäß WHO Definition1982). 65% gaben brennende Augen, jeweils 60% Heiserkeit und eine gereizte Nase und58% Konzentrationsschwäche an, 56% gaben Müdigkeit und juckende Gesichtshaut an,46% juckende Hände, 40% Husten und juckende Kopfhaut.SCHLUSSFOLGERUNGEN und ZUSAMMENFASSUNG.ALLE Probanden der Untersuchung haben insgesamt höhere Raten an typischen SBS-Beschwerden als die Referenzkollektive aus Büroräumen (s. Tab.1). DIESE auffällighohen Beschwerderaten können in der Tatsache begründet sein, da es sich bei dieserPilotstudie um Probanden und auffällige Büroarbeitsplätze handelte, die von einerspeziellen Interessengemeinschaft zugewiesen wurden. Probanden der Studie mit sTBund sTS beziehen typische Symptome eines Sick-Building-Syndroms (SBS) auf eine Expositiongegenüber Tonern (s. Tab.1) (Attribuierung).Probanden ohne Tonerbeschwerden beziehen typische Symptome eines SBS auf denArbeitsplatz insgesamt und haben niedrigere Raten irritativer Beschwerden als Probandenmit tonerbezogenen Gesundheitsbeschwerden (s.Tab.1). NeurovegetativeBeschwerden werden insgesamt eher auf den Arbeitsplatz generell und irritativeBeschwerden eher auf tonerassoziierte Beschwerden projeziert.Probanden der Untersuchung haben insgesamt höhere Raten von typischen SBS- Beschwerdenbezüglich der Büroarbeitsplatzumwelt als die Referenzkollektive (Responderbias?).Probanden mit sTB und sTS beklagen diese Probleme der Büroarbeitsplatzumweltin höherem Maß als Probanden mit kTB. Büroarbeitsplatzbeschwerden konntenanhand der Ergebnisse nicht tonerassoziierten Bürogeräten zugeordnet werden. Je mehrsich die Probanden durch tonerbasierte Bürogeräte geschädigt fühlten, desto höher666


P88Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIwurde der Anteil an definierten SBS Beschwerden (WHO, 1982). Die selbstberichtetenGesundheitsbeschwerden konnten weder durch die abgenommenen Blutparameter,noch durch die erhoben Lungenparameter nachgewiesen werden. Im Vergleich zu denReferenzkollektiven wurden deutlich höhere Werte für SBS assoziierte Parametererhoben, sodass für dieses Studienkollekiv für das Vorliegen eines Sick BuildingSyndroms auszugehen ist.LITERATUR:• Bischof W., Bullinger- Naber M., Kruppa B., Müller B.H., Schwab R. (2003): Expositionund gesundheitliche Beeinträchtigungen in Bürogebäuden. Fraunhofer IRB Verlag,Stuttgart Robert Koch Institut, Berlin, (1998). Bundesgesundheitssurvey 1998(BGS ‚98), Robert Koch Institut, Berlin, (2002). Multizentrische Studie zum MCS-Syndrom(Multiple Chemikalienüberempfindlichkeit)• Reijula, K., Sundman- Digert, C., (2004). Assessment of indoor air problems at workwith a questionnaire, Occupational Environmental Medicine 2004; 61;33-38• Andersson, K. und G. Stridhj: The use of standardized questionnaires in buildingrelatedillness (BRI) and sick building syndrome (SBS) surveys. In: NATO/ CCMSPilot study on indoor air quality. 4 th plenary meeting. Epidemiology and medicalmanagement of building-related complaints and illnesses. F Occupational Health,1992, S. 47-64667


P88Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IITABELLE 1: Ergebnisse der Fragebogenauswertung SBS assoziierterBüroarbeitsplatzbeschwerden und der Büroarbeitsplatzumwelt im Vergleich zu den vorgestelltenReferenzkollektiven.sT-Schädigung[N=6]sT-Beschwerden[N=36]kT-Beschwerden[N=26]Referenz ,Finnland,2002 [N=11154]ProKlimAStudie,2003 [N=4592]neurovegetative Büroarbeitsplatzbeschwerden [%]Konzentrationsschwäche 57 58 85 3 3Müdigkeit 57 55 78 16 0Benommenheit 43 17 56 9 1Kopfschmerzen 43 47 70 7 6irritative Büroarbeitsplatzbeschwerden [%]Juckende Augen 71 64 63 17 4Heiserkeit 71 58 70 14 7Laufende Nase 57 61 74 20 4Husten 57 36 44 5 2Juckende Kopfhaut 57 36 40 6 0Juckende Gesichtshaut 57 56 30 11 0Juckende Hände 57 42 33 15 0Büroarbeitsplatzumwelt [%]Trockene Luft 100 81 78 35 79Verbrauchte Luft 85 67 63 34 49Staub und Schmutz 85 53 48 25 0Lärm, Dauergeräusche 100 69 77 17 49Zu warme Temperaturen 85 50 45 17 57Zu wechselhafteRaumtemperaturen 71 36 33 16 37Statische Aufladung 71 61 56 8 0Passivrauchen 43 11 26 4 0668


P89Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIUrsachen allergischer und irritativer obstruktiverAtemwegserkrankungen unter Berücksichtigung von Gender-AspektenUte Latza, Xaver BaurOrdinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg, HamburgZiel der Studie:Berufliche inhalative Noxen verursachen 9-15% aller neu aufgetretenen Asthmaerkrankungenim Erwachsenenalter[1]. Zur Klärung, warum im Bäcker- undFriseurhandwerk in Deutschland im Gegensatz zu Finnland[2] bei Männern − sowohlabsolut als auch relativ (bezogen auf die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten) −häufiger eine berufsbedingte bronchialobstruktive Erkrankung bestätigt wurde als beiFrauen, wurden weitere Prozessdaten herangezogen.Methoden:Aus dem Datenbestand des Hauptverbands der gewerblichen Berufsgenossenschaftenwurde die Anzahl der bestätigten Fälle einer allergischen Atemwegserkrankung (BK4301) der Jahre 1995 bis 2004 nach zuerst meldender Stelle, Alter im Jahr derFeststellung und Dauer der Einwirkung ausgewertet (HVBG-Referat ZIGUV, St.Augustin; 24.05.2006)[3]. Hierfür wurden die Diagnosen „allergische Rhinopathie“ und„allergische Konjunktivitis“ (letztere sollte unter BK 5101 gelistet werden) sowie Fälleohne Diagnose ausgeschlossen.Ergebnisse:Zwischen 1995 und 2004 wurde bei 5652 Bäckern, 627 Bäckerinnen, 33 Friseuren und501 Friseurinnen der Verdacht einer Berufskrankheit mit Bronchialobstruktion bestätigt.Die meisten der bestätigten Verdachtsanzeigen wurden von Ärzten gestellt (der Anteilwar mit 63,3 % am geringsten bei Friseurinnen und mit 78,8 % am höchsten beiFriseuren). Das Arbeitsamt meldete einen höheren Anteil von Bäckerinnen/Konditorinnen/ Süßwarenherstellerinnen als von Bäckern/ Konditoren/Süßwarenherstellern (Abb. 1: 13,9 % vs. 9,1 %). Entsprechendes galt für Friseurinnen imVergleich zu Friseuren (14,4 %vs. 6,1 %). Im Jahr der Feststellung der Berufskrankheitwaren 40,5 % der Bäckerinnen unter 25 Jahre alt; bei den Bäckern waren dies nur 22,6%. Während die Dauer der Einwirkung bei 24,3 % der Bäcker mindestens 20 Jahrebetrug, traf dies nur auf 6,5 % der Bäckerinnen zu.Schlussfolgerungen:Wenn bei einer/m Versicherten der konkrete Verdacht auf das Vorliegen einer BKvorliegt, ist eine BK-Anzeige zu stellen. Behandelnde Ärzte oder Betriebsärzte sind nach§ 202 Satz 1 SGB VII bei Vorliegen eines begründeten Verdachts zur BK-Anzeigeverpflichtet. Für Unternehmer besteht nach § 193 Abs. 2 SGB VII Anzeigepflicht bei669


P89Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIAnhaltspunkten für das Vorliegen einer BK. Zur Beurteilung möglicherSelektionsprozesse in den am häufigsten betroffenen Berufen wurde die Anzahl derbestätigten Fälle einer allergischen Atemwegserkrankung der Jahre 1995 bis 2004zusammengefasst und nach der zuerst meldenden Stelle ausgewertet. Die meisten derbestätigten Verdachtsanzeigen wurden bei Männern und Frauen von Ärzten gestellt.Auffällig ist der höhere Anteil der primären Meldungen durch das Arbeitsamt unterweiblichen Erwerbstätigen im Bäcker- und Friseurhandwerk gegenüber der männlichen(14 % vs. 6-9 %). Wenn eine später bestätigte BK erst durch eine Arbeitsagenturangezeigt wird, haben hier die vorangegangenen Instanzen versagt. Bei der Prüfungeiner Kostenübernahme durch einen anderen Träger kann die Arbeitsagentur beiArbeitlosen, die einen Antrag auf eine berufliche Rehabilitation beimRentenversicherungsträger gestellt haben und bei denen der Verdacht besteht, dass derWunsch nach einem Tätigkeits- oder Berufswechsel bzw. die Arbeitslosigkeit auf eine BKzurück zu führen ist, eine BK-Anzeige stellen (Dr. Lorenz, Agentur für Arbeit Hamburg,telefonische Mitteilung). Anhand der Daten lässt sich nicht klären, ob mehr arbeitsloseFrauen, deren Atemwegsbeschwerden durch eine Berufskrankheit verursacht wurden,einen Antrag auf berufliche Rehabilitation gestellt hatten als arbeitslose Männer oder obdie Arbeitsagentur bei ihnen häufiger nachgefragt hat.In den über MEDLINE verfügbaren geschlechtssensitiven Auswertungen zuBerufsasthma[4] aus Finnland (SF) und Schweden (S) werden Friseurinnen (F) undBäcker (S, SF) und Bäckerinnen (SF) ebenfalls besonders häufig genannt. DieRegistrierung der Berufskrankheiten ist in den genannten Ländern sehr unterschiedlich.Während in Finnland basierend auf verpflichtenden Angaben von Ärzten undUnfallversicherungsträgern von einer hohen Qualität und Vollständigkeit der Erhebungausgegangen werden kann, ist diese in Schweden (Selbstangabe) eingeschränkt. ImGegensatz zu Deutschland unterschied sich die Inzidenz von Berufsasthma dermännlichen Beschäftigten im Bäcker- bzw. Friseurhandwerk in Finnland nicht wesentlichvon der der weiblichen (44,4 vs. 40,8 bzw. 3,3 vs. 3,7, jeweils pro 10.000 Beschäftigte).Nur eine analytische epidemiologische Studie kann klären, ob berufsbedingte,allergische obstruktive Atemwegserkrankungen bei Frauen seltener zur Anzeigekommen oder ob Frauen in Deutschland tatsächlich durch Teilzeitarbeit, Unterschiede inder Tätigkeitsstruktur und früheres Ausscheiden aus dem Beruf weniger belastet sind alsihre männlichen Kollegen.670


P89Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IILiteratur1. Latza U, Stahlkopf H, Weinssen U, Schneider D, van Kampen V, Sadowski H, GässlerA, Baur X. Prävention arbeitsbedingter obstruktiver Atemwegserkrankungen.Schriftenreihe Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, S 71,Wirtschaftverlag NW, Bremerhaven 2002.2. Karjalainen A, Kurppa K, Virtanen S, Keskinen H, Nordman H. Incidence ofoccupational asthma by occupation and industry in Finland. Am J Ind Med 2000;37:451-458.3. Latza U, Bittner C, Baur X. Berufsbedingte, allergische und irritative obstruktiveAtemwegserkrankungen im gewerblichen Bereich: Geschlechtssensitive Identifikationvon Präventionspotenzialen. Ergo Med (im Druck).4. Latza U, Baur X. Occupational obstructive airway diseases in Germany: Frequencyand causes in an international comparison. Am J Ind Med 2005; 48:144-152.Abb. 1: Bestätigte Verdachtsfälle obstruktiver Atemwegserkrankungen 2004 (ohne BK 4111)ausgewählter Berufe nach Geschlecht und zuerst meldender Stelle (HVBG)Aus dem Datenbestand des Hauptverbands der gewerblichen Berufsgenossenschaften(HVBG) wurden obstruktive Atemwegserkrankungen durch allergisierende Arbeitsstoffe(BK 4301) unter Ausschluss der Diagnosen allergische Rhinopathie und allergischeKonjunktivitis (sollte unter BK 5101 gelistet werden) sowie unter Ausschluss von Fällenohne Angabe einer Diagnose identifiziert. Angaben des HVBG zu Tätigkeiten: Bäcker,Konditoren, Süßwarenhersteller (7412) und Friseure (451411).671


P90Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIKohlenhydratstrukturen (CCD) als Screening-Tool für dieberufsrelevante Allergiediagnostik - Differenzierung zwischenklinisch manifester Latexallergie und asymptomatischerLatexsensibilisierungSabine Kespohl 1 , Uta Jappe 2 , Hans-Peter Rihs 1 , Andreas Lopata 3 , Mohammed F. Jeebhay 4 , SitiArija M. Arif 5 , Hoong Y. Yeang 5 , Thomas Brüning 1 , Monika Raulf-Heimsoth 11 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), Bochum; 2 Institut für Dermatologie und Venerologie, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg;3 Devision of Immunology-Allergy and Asthma Research Group, University of Cape Town; IIDMM; NHLS,Cape Town, South Africa; 4 Occupational and Environmental Health Research Unit, School of Public Healthand Family Medicine, University of Cape Town, Cape Town, South Africa; 5 Biotechnology and StrategicResearch Unit, Rubber Research Institute of Malaysia, Kuala LumpurZiel der Studie:Seit den 1980iger Jahren ist bekannt, dass Glykostrukturen (cross-reactive carbohydratedeterminants; CCDs) IgE-bindende Komponenten sind. Insbesondere pflanzlicheAllergene wurden als Glykoproteine identifiziert, die häufig für kreuzreaktive IgE-Reaktionen verantwortlich sind (1, 2). Neben zahlreichen Pollen- und Nahrungsmittel-Allergenen sind auch die Latexallergene Hev b 2, und Hev b 13, die bei Beschäftigtendes Gesundheitswesens (HCW) und Spina Bifida (SB) Patienten als Allergene bekanntsind, glykosyliert. Diese Studie befasst sich mit der Frage, ob CCDs als diagnostischerIndikator zur Abgrenzung zwischen klinisch relevanter Latexallergie undasymptomatischer Latexsensibilisierungen genutzt werden können.Methoden:Die spezifische IgE-Reaktivität von Latexeinzelallergenen und verschiedeneKohlenhydratkomponenten (CCD-Meerretich Peroxidase und CCD-Bromelain) wurdenim UniCAP-System (Phadia) getestet. Alle verwendeten Blutseren hatten spezifischesIgE gegen Latex. Das entsprechende Patientenkollektiv bestand aus 72 Latexexponierten Beschäftigten des Gesundheitswesens (mit manifester Latexallergie,getestet in einem berufsbedingten Expositionstest), 37 Latex exponierten Beschäftigtender Fischindustrie und 89 nicht Latex exponierten Wespengift-Allergikern.Ergebnisse:In 72 Seren von Beschäftigen des Gesundheitswesens mit klinisch relevanterLatexallergie wurden die Konzentration von spezifischem IgE gegen Latex und CCD ausMeerettich Peroxidase und Bromelain quantifiziert. Bei 8% der untersuchten Serenwurde spezifisches IgE gegen Kohlehydratkomponenten gemessen. In diesen CCDsensibilisiertenLatexallergikern wurde eine deutlich höhere sIgE-Konzentration gegenLatex (Median: 8,5 kU/L) gemessen, im Vergleich zu sIgE gegen HRP-CCD (Median: 1,1kU/L) bzw. Bromelain-CCD (Median: 3,23 kU/L). Obwohl bei ca. 80% der Beschäftigtendes Gesundheitswesens das glykosylierte Hev b 2 als Allergen nachgewiesen wurde,672


P90Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIkonnte die spezifische IgE-Bindung an Hev b 2 nicht durch HRP-CCDs inhibiert werden.Die IgE-Reaktion auf Hev b 2 erfolgt bei Latexallergikern demnach durch eine Bindungan den proteinogenen Teil des Allergens.Im Gegensatz dazu zeigten über 94% der 37 untersuchten Beschäftigten derFischindustrie eine spezifische IgE-Bindung an HRP- und Bromelain-CCD. Die IgE-Konzentration gegen CCDs war bei diesen Beschäftigten mit einem Medianwert von3,12 kU/L höher als gegen Latex (Median: 2,7 kU/L). Die Reaktivität auf rekombinante,nicht glykosylierte Allergene war gering und nur in drei Patienten wurde eine spezifischeIgE-Bindung an rHev b 8 gemessen. Die Prävalenz der IgE-Bindung an das native,glykosylierte Hev b 2 lag bei 90% der Beschäftigten. Gleiches wurde für die spezifischeBindung an HRP-CCD gemessen. Inhibierte man die IgE-Bindung an Latex durchZugabe von HRP-CCD, so wurde eine Reduktion von mehr als 80% erreicht. Diesenahezu vollständige Inhibition zeigt deutlich, dass die Latex-spezifischen IgE-Antikörperder Beschäftigten der Fischindustrie primär an die Glykostrukturen des Hev b 2 binden.Ein vergleichbares Phänomen wurde bei Hymenopterengift-Allergiker mit einer Latex-Sensibilisierung festgestellt. 87 der 89 untersuchten Patientenseren zeigten spezifischesIgE gegen Latex (Median: 1,13 kU/L) und HRP-CCD (Median: 2,48 kU/L). In 85Patientenseren wurde spezifisches IgE gegen Bromelain-CCD (Median: 2,0 kU/L)gemessen. Es besteht eine signifikante Korrelation (r=0,97) zwischen der spezifischenIgE-Bindung an Latex und an Kohlenhydratkomponenten (HRP, Bromelain) in dieserPatientengruppe. In Inhibitionsexperimenten konnte die Latex-spezifische IgE-Bindungdurch HRP-CCD vollständig unterdrückt werden (3).Schlußfolgerungen:Die Erweiterung des diagnostischen Panels durch verschiedene CCDs, wie HRP undBromelain ermöglicht eine effektivere Abklärung zwischen einer bestehenden,asymptomatischer Latexsensibilisierung und einer klinisch-relevanten Allergie durchLatex-Exposition. Zusätzliche Inhibitionsexperimente mit CCD als Inhibitor könnenebenfalls zur Differenzierung zwischen einer Latexsensibilisierung bzw. –allergie genutztwerden. Inwieweit CCDs auch für die Diagnostik anderer berufsbedingten Allergiengenutzt werden können, bedarf weiterer Untersuchungen.673


P90Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IILiteratur:1) Foetisch K, Westphal S, Lauer I, Retzek M, Altmann F, Kolarich D, Scheurer S, ViethsS: Biological activity of IgE specific for cross-reactive carbohydrate determinents. JAllergy Clin Immunol, 111, 20003, 889-8962) Altmann F: The Role of Protein Glycosylation in Allergy. Int Arch Allergy Immunol, 142,<strong>2007</strong>, 99-1153) Jappe U, Raulf-Heimsoth M, Hoffmann M, Burow G, Hubsch-Muller C, Enk A: In vitrohymenoptera venom allergy diagnosis: improved by screening for cross-reactivecarbohydrate determinents and reciprocal inhibition. Allergy, 61, 2006, 1220-1229674


P91Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IITetrahydrothiophen als Ursache von BerufsasthmaCordula Bittner, Xaver BaurOrdinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg, HamburgEinleitung:Tetrahydrothiophen (THT; C4H8S) wird aufgrund seines intensiven und unangenehmenGeruchs zur Gasodorierung verwendet. Vereinzelte Beobachtungen beim Menschenberichten u.a. über Übelkeit, Erbrechen, Husten, Atembeklemmung, Kopfschmerzen,Schwindel und Alkoholunverträglichkeit nach THT-Inhalation. Nach den neuestenAngaben der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Stoffe wurde aufGrundlage von Tierversuchen der Arbeitsplatzgrenzwert mit 50 ppm festgelegt.Ziel:Im Rahmen zweier Gutachtenfälle sollte die Frage beantwortet werden, ob THT Ursachefür obstruktive Atemwegserkrankungen war.Methoden:Zwei Klempner, die bei den Stadtwerken für die Erdgasodorierung zuständig gewesenwaren, stellten sich zu einer gutachterlichen Untersuchung vor. Fall A war 73 Jahre altund von 1968 und 71 exponiert, Fall B war 59 Jahre alt und von 1970 bis 82 exponiert.Es wurden eine Krankheits- und Arbeitsanamnese erhoben sowie eine körperlicheUntersuchung, Routine-Labor, Lungenfunktionsuntersuchung und Bronchospasmolyse,Spiroergometrie, serologische und Haut-Allergietests, EKG und Röntgen-Thorax-Untersuchungen durchgeführt.Ergebnisse:Beide Patienten waren bis zu dreimal wöchentlich für ca. eine Stunde mit derErdgasodorierung beschäftigt gewesen, wobei es auch zu Hautkontakt kam. Anpersönlichen Schutz-ausrüstungen kamen ab 1970 lederbesetzte Stoffhandschuhe, ab1982 Gummihandschuhe und eine Vliesmaske zum Einsatz. Vom TechnischenAufsichtsdienst wurde die Exposi-tionshöhe während der Odorierung zwischen 10 und15 mg/m³ geschätzt. In beiden Fällen kam es während der Odorierungstätigkeitenregelmäßig zu Übelkeit, Erbrechen, Augen-brennen und -tränen, Nasenlaufen,Reizhusten und Atemnot. Fall A war Nieraucher und führte aufgrund von chronifiziertenAtembeschwerden nach 1971 keine Odorierungen mehr durch, 1983 erfolgte dervorzeitige Altersruhestand. Fall B hatte einen Zigarettenkonsum von 16 PY bis 1980,chronische Atemwegsbeschwerden bestehen seit 1972.Die eingehende Diagnostik ergab jeweils eine chronisch obstruktiveAtemwegserkrankung. In Fall A waren die Atemwegswiderstände mit Rt = 0,56 kPa/l/smittelgradig erhöht , nach Bronchiospasmolyse lag eine partielle Reversibilität vor. In FallB waren die mit 0,37 kPa/l/s leichtgradig erhöhten Atemwegswiderstände komplett675


P91Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIreversibel. Darüber hinaus fanden sich in beiden Fällen Herzrhythmusstörungen, in FallA lag Vorhofflimmern mit tachykarder absoluter Arrythmie, in Fall B eine ventrikuläre undsuraventikuläre Arrythmie vor.Diskussion:Für eine Verursachung der obstruktiven Atemwegserkrankung durch dasOdorierungsmittel THT spricht in beiden Fällen der arbeitskongruente Verlauf. Ob dieHerzrhythmusstörungen auch in einem kausalen Zusammenhang stehen, bleibt unklar,ist aber auf Grundlage tierexperimenteller Daten möglich. Bei aktuell Exponierten sollteeine kardiopulmonale Diagnostik mit regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen erfolgen.Es ist fraglich, ob die ab einer Konzentration von 50 ppm an der Ratte beobachteteDosis-Wirkungs-Beziehung auf den Menschen übertragbar ist, oder ob nicht bereitsgeringere Belastungen schädigende Wirkungen auf den Menschen haben.Literatur:• DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft: MAK- und BAT-Werte-Liste,Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, 2005• Krieger HG: Umgang mit THT aus medizinischer Sicht. Betrifft Sicherheit,Sonderausgabe: 10-14, 1994• Gestis – Stoffdatenbank, Tetrahydrothiophen676


P92Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIEffektzuordnung bei multiplen Expositionen:Lungenfunktionsveränderungen bei Steinkohlenbergleuten imZeitraum 1974 bis 1998Sebastian Büchte 1 , Peter Morfeld 1 , Heinz-Johannes Bicker 2 , Hellmut Lenaerts 3 , BernhardKalkowsky 3 , Josef Pohlplatz 1 , Andreas Kösters 1 , Claus Piekarski 41 Institut für Arbeitswissenschaften, RAG Aktiengesellschaft, Dortmund; 2 Arbeitsmedizinisches Zentrum3Bottrop, Deutsche Steinkohle AG, Bottrop; Arbeitsmedizinisches Zentrum Herne/Pluto, DeutscheSteinkohle AG, Herne; 4 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universität zu Köln, KölnEinleitungMehrfachbelastungen und ihre gesundheitlichen Auswirkungen auf exponierteArbeitnehmer gewinnen an Bedeutung bei der arbeitsmedizinischen Beurteilung vonArbeitsplätzen. Schwierigkeiten sind bei hochgradig interkorrelierten Expositionen zuerwarten. Wir versuchen mit der sog. Ridge Regression Methode einen analytischenZugang zu dieser Thematik zu schaffen. Mit der Ridge Regression wird untersucht, ob eszwischen den im Modell berücksichtigten Einflussgrößen einen erheblichen und dieModellaussage beinflussende Korrelationen gibt. (Neter et al. 1985)Probanden, Material & MethodenStudienkollektiv: 1369 Berufsanfängern im deutschen Steinkohlenbergbau in zweiTeilkollektiven (Bergwerk Heinrich Robert, Walsum) an der Ruhr (Morfeld et al. 2001)wurden über den Zeitraum 1974 – 1998 verfolgt. Für die Probanden liegen Daten zurKohlengruben-A-Staub(KAS) Exposition sowie Daten zu ihren arbeitsmedizinischenLungenfunktionsbefunden vor. Es werden lineare und GEE-Regressionsanalysen für dieFVC in Abhängigkeit von den Expositionskomponenten mit adjustierten Modellendurchgeführt. Der Einfluss der Interkorrelation zwischen kumulierter Nichtquarz-A-Staubexposition (kum. NQAS-Exp.), Quarz-A-Staubexposition (kum. QAS-Exp.) und demUntersuchungsjahr wurde mit Hilfe der Ridge-Regressionsanalyse nach dataaugmentation betrachtet (Cameron und Trivedi 2005). Die Ergebnisse werden im ridgetrace Plot dargestellt.ErgebnisseDas GEE-Regressionsmodell ergibt einen signifikant negativen Einfluss (p


P92Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIVorzeichen (Bild 1). Für die Einflussgröße Untersuchungsjahr wird bei c=0,04 einVorzeichenwechsel beobachtet. Nach einem weiteren Anstieg strebt der Koeffizientebenfalls zunehmend stärker gegen Null.Die Durchführung der Ridge-Regression jeweils für die beiden Teilkollektive zeigt, dassder Vorzeichenwechsel für den Einfluss des Untersuchungsjahres aus dem TeilkollektivWalsum in das Modell eingetragen wird.Bild 1: ridge trace plot der Koeffizienten im GEE-Regressionsmodell über der gewähltenVerzerrungskonstante „c“ für die Einflussgrößen Untersuchungsjahr, kum. QAS-Exp. undkum. NQAS-Exp.DiskussionDie Ergebnisse verlangen eine vorsichtige Interpretation. Für dieExpositionskomponenten wird kein Kollinearitätsproblem festgestellt. Möglicherweiseführt eine Änderung des Bestimmungsverfahrens für den Quarzanteil in den 1990erJahren – von Röntgendiffraktometrie zu Infrarotspektroskopie - zur systematischenVerschiebung in der den Probanden zugewiesenen Höhe der Quarzexposition. Derebenfalls untersuchte Parameter Untersuchungsjahr ist instabil, dies zeigt sich imVorzeichenwechsel.SchlussfolgerungTrotz verschiedener erzielter Verbesserungen in der Datenqualität und eines vertieftenVerständnisses für den Aufbau des Datenköpers zeigen sich immer noch größereProbleme bei dem Versuch den beiden wesentlichen Expositionskomponenten jeweilseinen kausalen Effekt zu zuordnen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit zur weiterenintensiven Analyse des Datenkörpers. Auch bei umfangreichen Datensammlungen istdas Verständis des data generation process’ von entscheidender Bedeutung für diebelastbare Auswertung solcher Daten678


P92Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IILiteratur• Cameron, A.C. und Trivedi P.K. (2005). Microeconometrics. Methods andApplications., Cambridge University Press.• Morfeld, P., Ambrosy J., Bengtsson U., Bicker H., Kalkowsky B., Kösters A.,Lenaerts, H., Rühhter, M.,Piekarski C. (2001). "Aufbau einer epidemiologischenStudie zur Auswirkung von untertägigen Belastungen im Steinkohlenbergbau auf dieLungenfunktion und das Vorliegen einer Pneumokoniose im Röntgenbild beiSteinkohlenbergleuten." Atemwegs- und Lungenkrankheiten 27(8): 407-409.• Neter, J., Wassermann W., Kuttner M.H. (1985). Applied Statistical Models. SecondEdition. Homewood, Illinois, USA, Richard D. Irwin Inc.679


P93Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IILungenfunktion staubexponierter ArbeitnehmerKarl Hochgatterer 1 , Hanns Moshammer 21Ärztliche Leitung, Arbeitsmedizinisches Zentrum Perg GmbH, Perg; 2 Institut für Umwelthygiene,Medizinische Universität Wien, WienEinführung:Tausende österreichische Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sind an ihrenArbeitsplätzen staubexponiert. Um diese Gruppe der Beschäftigten zu schützen, hat derGesetzgeber eine Reihe von Maßnahmen festegelegt. In der Grenzwerteverordnungfinden sich Angaben über die Arbeitsplatz – bezogenen Grenzwerte für diverseStaubarten, die durch technische und persönliche Schutzmaßnahmen einzuhalten sind.Bei einer Reihe von Stäuben sieht das ArbeitnehmerInnen-Schutzgesetzarbeitsmedizinische Untersuchungen der Beschäftigten vor, um Auswirkungen einerStaubexposition auf die Gesundheit von Beschäftigten auszuschließen bzw. imFrühstadium zu entdecken.Methode:Das Arbeitsmedizinische Zentrum Perg GmbH führt seit vielen Jahren die obengenannten Untersuchungen in zahlreichen Betrieben Österreichs durch. Dem AMZ Pergsteht für diese Zwecke eine mobile Untersuchungseinheit zur Verfügung.Im Zeitraum von Jänner 2004 bis Dezember 2005 wurden im AMZ Perg 994 Personen(Männer 982, Frauen 12) untersucht. Das Durchschnittsalter betrug 37,6 Jahre (+/- 10,7),die Expositionsdauer betrug im Mittel 13,9 Jahre (+/- 10,2).Nach der Art der Staubexposition konnten folgende Gruppen unterschieden werden:Quarzstaubexposition (501), Schweißrauchexposition (379), Sonstige/Mischstaubexp.(114). Die letzte Gruppe diente als internes Vergleichskollektiv. Zum externen Vergleichwurden die Normwerte nach BGBl. II Nr. 27/1997 herangezogen.„Auffällige Werte“ wurden bei den Volumenparametern FVC und FEV1 mit weniger als80% des Referenzwertes definiert, beim MEF50 (wegen dessen größereninterindividuellen Variabilität) mit weniger als 60% des Referenzwertes.Ergebnisse:Das Rauchverhalten des Kollektives stellte sich wie folgt dar: Nichtraucher (442), < 20Zigaretten/Tag (366), > 20 Zigaretten/Tag (114).Alle drei untersuchten Parameter waren bei den Staubarbeitern im Durchschnittsignifikant schlechter als der jeweilige geschlechts-, alters- und größenspezifischeReferenzwert (FVC: -0,4 l; FEV1: -0,5 l; MEF50: -0,9 l/s). Die Differenz zumReferenzwert nahm mit zunehmender Expositionsdauer zu, wobei diese Zunahme fürMEF50 (auch nach Kontrolle des Rauchverhaltens) signifikant war. Etwa die Hälfte derStaubarbeiter waren gegenüber Quarzstaub exponiert, wobei für dieses Kollektiv von der680


P93Poster – Atemwege, Allergien, Stäube IIhöchsten Staubbelastung auszugehen ist. Wenn auch die anderen („Nicht-Quarz“)Staubarbeiter unabhängig vom Rauchverhalten in allen 3 Parametern signifikantschlechter waren als ihr Referenzwert, so war dieser Unterschied bei denQuarzstaubexponierten noch deutlicher ausgeprägt. Bei den Quarzstaubarbeiternzeigten 13,6 % bei FVC, 21 % bei FEV1 und 23 % bei MEF50 auffällige Werte, währendbei den anderen Staubarbeitern die jeweiligen Prozentsätze nur 10,1 (FVC), 14,2 (FEV1)und 13,4 (MEF50) betrugen. Insbesondere MEF50 reagierte somit sensitiv aufunterschiedliche Expositionsarten wie auch auf die kombinierte Einwirkung vonQuarzstaub und Tabakrauch.Diskussion:Die gewählte Methode erwies sich als sensitiv für frühzeitige Schäden durch dieBelastung am Arbeitsplatz. Die österreichischen Arbeitsplatz-Grenzwerte für Stäubesollten dringend überdacht und die messtechnische Überwachung einschlägigerArbeitsplätze intensiviert werden.MEF50, Differenz zur Norm (ml/s)0-250Staubarbeiter ohne Quarzexpositionalle Staubarbeiter (mit und ohne Quarz)Staubarbeiter mit Quarzexpositionkeine Zig. Zig < 20/d Zig > 20/d keine Zig. Zig < 20/d Zig > 20/d keine Zig. Zig < 20/d Zig > 20/d-500-750-1000-1250-1500-1750-2000-2250-2500681


P94Poster – Biomonitoring IIBiomonitoring auf Hantaviren bei stark exponierten Monteuren inder EnergiewirtschaftRolf Lorbach, Rudolf Schwarz, Eberhard JacobBetriebsärztlicher Dienst, Stadtwerke Köln, KölnZiel der Studie:In Frühjahr und Sommer 2005 wurde die höchste Anzahl von Hantavirus-Infektionen beiden Gesundheitsämtern gemeldet seit Einführung der Meldepflicht 2001 mit bundesweit448 symptomatischen Erkrankungen (1). Allein im Stadtgebiet Köln wurden 2005 41Fälle gemeldet (2), gegenüber 2 bis maximal 6 Fällen in den Vorjahren. Diese Häufungwar der Anlass der Untersuchung, in der die Infektions-Gefährdung von starkexponierten Elektro-Monteuren evaluiert werden sollte. Die Infektion erfolgt inhalativ oderdurch direkten Kontakt mit den Ausscheidungen von infizierten Mäusen oder Ratten. InElektrostationen und Umspannwerken kommt es immer wieder zu Verunreinigungendurch Nagetierexkrementen und –Kadavern (Wärmeentwicklung, Abschottung aufgrundVerkabelung unmöglich).Methoden:Bei 23 Elektromonteuren im Stromnetz, die ganz überwiegend mit Wartungs- undReinigungsaufgaben der Elektrostationen und Umspannwerke beauftragt waren, erfolgteeine Anamneseerhebung und eine labordiagnostische Untersuchung. Die Probandenwurden nach fieberhaften Erkrankungen (mindestens 38°C) und den Begleitsymptomeneiner Hantavirusinfektion (Myalgie, Kopfschmerzen, passagere Myopie oderNierenfunktions-einschränkungen) befragt. Bei allen Probanden wurde dann in dem vomRobert-Koch-Institut empfohlenen Konsiliarlaborator für Hantaviren ein ELISA-Test aufIgG-Antikörper der drei häufigsten Hantavirussubtypen Puumala, Dobrava und Hanta Adurchgeführt.Ergebnisse:Von den 23 untersuchten Elektro-Monteuren gaben 8 Probanden an, in derVergangenheit einen fieberhaften Infekt durchgemacht zu haben, der mit mindestenseinem der oben genannten Begleitsymptome einherging. Ein Proband gab einefieberhafte Erkrankung mit akuten Nierenfunktionsstörungen vor 2 Jahren an. Der IgG-Antikörpernachweis für die drei Hantavirusstämme war bei allen 23 Mitarbeitern negativ.Diskussion:Anlass der Untersuchung war die ungewöhnliche Häufung der Infektionen in denStadtgebieten sowie in Parkgebieten von westdeutschen Großstädten (Köln, Aachen).Es konnte in der Mäusepopulation eine Hantaviren-Durchseuchung von bis zu 50% imKölner Stadtgebiet festgestellt werden (3).682


P94Poster – Biomonitoring IIDie Elektrostationen und Umspannwerke von Stromversorgungsunternehmen werdenhäufig von Mäusen und Ratten behaust. Trotz umfangreicher Maßnahmen durchKammerjäger lässt sich der Befall nicht eliminieren. Ursache dafür dürften die beidenfolgenden Umstände sein: Einerseits ist eine dauerhafte Abdichtung aufgrund derVerkabelung dieser Betriebsstätten nicht möglich und auf der anderen Seite werdendiese Innenräume durch die elektrischen Anlagen aufgeheizt, wodurch bei kalterWitterung Nagetiere angelockt werden. Schätzungsweise 10% der Elektrostationen undUmspannwerke sind bei dem von uns betreuten Unternehmen befallen. Immer wiederwurden auch Mäuse- und Rattenkadaver gefunden, die dann mit Schutzhandschuhenentfernt worden sind.Wir sind davon ausgegangen, dass die von uns untersuchten Elektro-Monteure aus denoben genannten Gründen ein außerordentlich hohes Expositionsrisko aufwiesen. Es wirdvermutet, dass ein großer Teil der Hantavirus-Infektionen beim Menschenasymptomatisch oder mit unspezifischen Symptomen abläuft, so dass es wahrscheinlicheine erhebliche Dunkelziffer gibt. Trotz der intensiven Exposition der untersuchtenProbanden und der Häufung der Wirtstiere beziehungsweise der gemeldetenErkrankungen im Kölner Stadtgebiet hatte es in keinem Fall eine Hantavirus-Infektiongegeben. Möglicherweise erfolgte der Befall der Elektrostationen und Umspannwerkenicht durch Rötelmäuse sondern andere Nagetiere, die keine Wirtstiere für Hantavirensind. Die Zahl der untersuchten Probanden ist mit 23 sehr gering sodass weitere Studiensinnvoll erscheinen. Im Rahmen der arbeitsmedinischen Vorsorgeuntersuchungen solltebei entsprechender Exposition nach Erkrankungen mit Fieber und typischenBegleitsymptomen gefragt und bei akuter Erkrankung an die Möglichkeit einerHantavirus-Infektion gedacht werden.Schlussfolgerungen:Die Gefährdung durch Hantaviren scheint auch für stark exponierte Mitarbeiter in einemEnergieversorgungsunternehmen relativ gering zu sein. Trotz der lokalen Häufung vonHantavirus-Erkrankungen gab es in dem untersuchten Kollektiv von Elektromonteuren,die regelmäßig in durch Nagetierexkremente verunreinigten Innenräumen tätig waren,keinen Fall einer durchgemachten Infektion. Moderate Schutzmaßnahmen, wie guteRaumlüftung vor Arbeitsbeginn, Vermeidung von Staubaufwirbelung und dieVerwendung von FFP2-Masken sowie Einmalschutzhandschuhen scheinen ausreichendzu sein.683


P94Poster – Biomonitoring IILiteratur:1. RKI-Ratgeber Infektionskrankheiten - Merkblätter für Ärzte, Robert-Koch-Institut,Berlin2. Landesinstitut für den Öffentlichen Gesundheitsdienst NRW, Von-Stauffenberg-Str.36, 48151 Münster3. Gesundheitsamt der Stadt Köln, mündliche Mitteilung684


P95Poster – Biomonitoring IIGaschromatographisch-massenspektrometrisches Verfahren zurUntersuchung von Hämoglobinaddukten für das Biomonitoringvon EpichlorhydrinMichael Bader 1 , Wolfgang Rosenberger 1 , Frank Gutzki 2 , Dimitrios Tsikas 2 , Dirk O. Stichtenoth 2 ,Renate Wrbitzky 11 Abteilung Arbeitsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover; 2 Klinische Pharmakologie,Medizinische Hochschule Hannover, HannoverEinleitungEpichlorhydrin (ECH) ist eine Ausgangsverbindung für eine Reihe großtechnischerSynthesen (z.B. Glycerin, Epoxid- und Elastomerharze). Aufgrund der hohenchemischen Reaktivität des ECH führt eine innere Belastung zur Bildung von DNA- undProteinaddukten, Schwesterchromatidaustauschen und Chromosomenschädigungen inLymphocyten (Hindsø Landin 2000, DFG 2003). Epichlorhydrin hat sich imTierexperiment als kanzerogen erwiesen. Im Rahmen eines Projektes zur Untersuchungeiner akzidentellen Exposition von Einsatzkräften und Anwohnern gegenüber ECH nacheinem Bahnunglück im Großraum Hannover wurde ein Verfahren zur Analyse vonHämoglobinaddukten des ECH etabliert.MethodeDie analytische Bestimmung basiert auf dem sogenannten „N-Alkyl-Edman-Verfahren“(van Sittert et al. 1996), der Zielparameter ist N-(3-Chlor-2-hydroxypropyl)-Valin (CHPV),das Primäraddukt des Epichlorhydrins am N-terminalen Valin im Globin. NachAbspaltung der Aminosäure unter Umsetzung zum verdampfbaren Derivat wird dasReaktionsprodukt extrahiert, zur Trockne eingeengt und mitEssigsäureanhydrid/Triethylamin acetyliert. Die Proben werden erneut eingeengt,extraktiv gereinigt, in Toluol aufgenommen und mittels Gaschromatographie-Tandem-Massenspektrometrie (GC-MS/MS) nach kollisionsinduzierter Dissoziation im Selected-Reaction-Monitoring-Modus analysiert (CID-SRM). Kalibrierlösungen werden in einemKonzentrationsbereich von 10 – 250 nM in Ethanol hergestellt und aliquotiert bei -28°Cgelagert. Die Vergleichsstandards mit dotiertem Humanglobin werden für jedeAnalysenserie frisch hergestellt (Konzentrationsbereich: 10 – 250 pmol/g Globin). Alsinterner Standard wird ein d5-ECH-markiertes Globin (ceff = ~100 pmol/g Globin)mitgeführt.ErgebnisseDas GC-MS/MS-Verfahren weist eine Nachweisgrenze von 10 pmol/g Globin bzw. eineBestimmungsgrenze von 25 pmol/g Globin für das CHPV auf (nach DIN 32 645) underreicht damit eine für das Edman-Verfahren typische und für Untersuchungen umweltoderakzidentell verursachter Belastungen ausreichende Empfindlichkeit (van Sittert etal. 1996, Bader und Wrbitzky 2006). Die Präzision in der Serie liegt bei einer CHPV-685


P95Poster – Biomonitoring IIKonzentration von 100 pmol/g Globin für 10 Messungen bei 11 %. Die Präzision von Tagzu Tag (n = 10) wurde auf der Basis der Kalibriergeradensteigungen ermittelt (14 %), dieKalibrierung sollte aufgrund der begrenzten Stabilität der Vergleichsstandardsarbeitstäglich erfolgen. Die relative Wiederfindungsrate als Maß für die Richtigkeit desVerfahrens beträgt für eine Adduktkonzentration von 100 pmol/g Globin 85 – 110 %.Literatur• Bader M, Wrbitzky R: Follow-up biomonitoring after accidental exposure toacrylonitrile - Implications for protein adducts as a dose monitor for short-termexposures. Toxicol Letters 162 (2006) 125-131• DFG (2003) 1-Chlor-2,3-epoxypropan (Epichlorhydrin). ToxikologischarbeitsmedizinischeBegründungen von MAK-Werten. Senatskommission zurPrüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der DFG, 36. Lfg., Wiley-VCH,Weinheim• van Sittert et al. (1996) N-2-Cyanoethyl-Valin, N-2-Hydroxyethyl-Valin, N-Methyl-Valin. Analysen in biologischem Material. Senatskommission zur Prüfunggesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der DFG, 12. Lfg., Wiley-VCH, Weinheim• Hindsø Landin H (2000) Biomonitoring of epichlorohydrin and some relatedcompounds. Thesis, Department of Molecular Genome Research, UniversitätStockholm, SchwedenRelative Abundance (%)1009080706050403020100m/z 422 m/z 301CHPV1009080m/z 427 m/z 301706050d405 -CHPV302010018.5 19.0 19.5 20.0 20.5 21.0 21.5 22.0 22.5 23.0 23.5 24.0 24.5Time (min)Relative Abundance (%)1009080706050403020100m/z 422 m/z 301CHPV1009080m/z 427 m/z 301706050d405 -CHPV302010018.5 19.0 19.5 20.0 20.5 21.0 21.5 22.0 22.5 23.0 23.5 24.0 24.5Time (min)Abbildung 1: GC-MS/MS-Chromatogramme einer unbelasteten Globinprobe (links) und einerdotierten Globinprobe (25 pmol/g) (rechts) (d5-CHPV jeweils ca. 100 pmol/g)686


P96Poster – Biomonitoring IIBiomonitoring von aromatischen Aminen und Harnstoffderivatenbei Arbeitern in der EpoxidharzerzeugungGünter Rieder 1 , Klaus Köllinger 2 , Erna Aichberger 31 Analytisches Labor, Arbeitsmedizinischer Dienst GmbH, Linz; 2 Arbeitsmedizin, Arbeitsmedizinischer DienstGmbH, Linz; 3 Sicherheitstechnik, Arbeitsmedizinischer Dienst GmbH, LinzEinleitung:Aromatische Amine und Harnstoffverbindungen finden breite Verwendung bei derHerstellung von Kunststoffen (z. B. PUR), in Farben (z. B. Azofarben), beiPharmazeutika (z. B. das Anästetikum Lidocain), in Pflanzenschutzmitteln (z. B.Wirkstoffe Diuron, Vinclozolin, Propanil und Linuron), bei Holzschutzmitteln undSchmierölen als Stabilisatoren sowie bei der Gummiherstellung alsVulkanisationsbeschleuniger. Speziell aromatische Amine werden vielfach mitBlasenkrebs in Verbindung gebracht.Eine Belastung der Allgemeinbevölkerung ist über den Wasserkreislauf durchkommunale und industrielle Abwässer möglich. Weiters werden Amine durch den Abbauvon Azofarben und Pflanzenschutzmitteln in die Umwelt freigesetzt, wobei die Toxizitätbei den Metaboliten verglichen mit der Ausgangssubstanz erhalten bleibt oder sogarnoch zunimmt.Eine weitere Ursache für Amin-Expositionen ist der berufsbedingte Umgang mitaromatischen Aminen bzw. mit Stoffen, die sich in Arylamine zerlegen lassen. Amin-Expositionen sind bei landwirtschaftlichen Arbeiten, in der Farbenindustrie und vermehrtin der Kunststoffindustrie bekannt und konnten im Blut und Harn von Arbeitnehmernnachgewiesen werden.Derzeit ist bei der Untersuchung von Arbeitern, die gegenüber Aminen undHarnstoffverbindungen exponiert sind, kein Biomonitoring vorgesehen, weshalbPräventionsmaßnahmen erst sehr spät ergriffen werden können. Unser Ziel ist, mittelsBiomonitorings möglichst frühzeitig Belastungssituationen zu erkennen und präventiv zuagieren.Methode:Ein Teil der aufgenommenen Amine wird im Harn ausgeschieden. Diese Substanzensind Indikatoren für die Exposition während der letzten Arbeitsschicht.Da die Amine im Harn in extrem niedrigen Konzentrationen vorkommen, werdenbesondere Ansprüche an die Sensitivität der Analysengeräte gestellt. Durch dieEntwicklung einer Multimethode ist es uns möglich, gleichzeitig in einem Analysengangim Harn auf die Belastung durch vier verschiedene Aminverbindungen mittels GC-MS-SIM zu überprüfen. Die Analyse besteht aus 4 Teilschritten: Zuerst erfolgt eineSammlung des Urins am Schichtende. Der Harn wird mittels Salzsäure hydrolysiert.Danach erfolgt die Extraktion der freigesetzten Amin-Metaboliten mit Toluol und deren687


P96Poster – Biomonitoring IIDerivatisierung mit Pentafluorpropionsäureanhydrid. Schlußendlich werden die Analytenmittels GC-MS-SIM analysiert.Biomonitoring:Kollektiv: Mitarbeiter einer Fabrik zur Erzeugung von Verbundwerkstoffen für High-TechAnwendungen auf Epoxidbasis. Dort werden Diaminodiphenylmethan (DDM) und Diuronim Prozeß eingesetzt.Anamnese: Bei Arbeitern wurden im Rahmen von Eignungs- und Folgeuntersuchungenerhöhte Leberwerte beobachtet. Die Beschäftigten verwendeten z. T. keine persönlicheSchutzausrüstungen.Probenahme: am Donnerstag gegen Ende einer 8 h-Schicht.Ergebnis des Biomonitorings: Abb. 1 zeigt das Chromatogramm einer mit Diuron undDDM belasteten Urinprobe eines repräsentativen Arbeiters. Während einesNormalbetriebs konnten bei den Arbeitern innere Belastungen durch denDiuronmetaboliten 3,4-Dichloranilin (3,4-DCA) von bis zu 41 µg/L sowie durch DDM vonbis zu 100 µg/L im Harn nachgewiesen werden. Zum Vergleich: Die DFG hat einenbiologischen Leitwert von 10 µg/L im Urin für DDM festgelegt. Für 3,4-DCA bzw. Diuronsind kaum Literaturwerte vorhanden. Belastungen der Allgemeinbevölkerung mitähnlichen Aminverbindungen von 3-4 µg/L im Harn werden als nicht unbedenklichangesehen.In Staubproben aus der Fabrik wurden 2,4- und 2,6-Toluoldiamin (TDA) nachgewiesen.Im Harn der Arbeiter waren 2,4-TDA und 2,6-TDA in Konzentrationen von bis zu 190µg/L bzw. 50 µg/L bestimmbar. Als Quelle für diese Belastung konnte eineHarnstoffverbindung, die als Beschleuniger dient und technologisch aus 2,4- bzw. 2,6-Toluoldiisocyanat und Dimethylamin synthetisiert wird, eruiert werden. Derzeit ist unklar,ob das TDA ein Phänomen der Probenvorbereitung ist, oder ob im Körper eineMetabolisierung des Harnstoffderivates stattfindet bzw. eine indirekteIsocyanatbelastung vorliegt. Eine Freisetzung der Amine beim Produktionsprozeß istebenso denkbar. Eine weitere wissenschaftliche Abklärung des Metabolismus vonHarnstoffderivaten ist wünschenswert.AbundanceIon 490.00 (489.70 to 490.70): BRAND09.DIon 307.00 (306.70 to 307.70): BRAND09.D1600140012003,4-DCA1000800600ISTDDDM400200Time-->06.00 8.00 10.00 12.00 14.00 16.00 18.00 20.00 22.00Abb. 1: Chromatogramm einer mit Diuron und DDM belasteten Urinprobe688


P97Poster – Biomonitoring IIPhthalatweichmacher-Biomonitoring bei Kindern undErwachsenen im Wochen- und JahresverlaufSibylle Hildenbrand 1 , Roman Wodarz 1 , Thomas Gabrio 2 , Gerhard Volland 3 , Friedrich W.Schmahl 11 Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Tübingen, Tübingen; 2 Landesgesundheitsamt,Regierungspräsidium Stuttgart, Stuttgart; 3 Bautenschutz und Bauchemie, Materialprüfungsamt UniversitätStuttgart - Otto-Graf-Institut, StuttgartEinleitungPhthalsäuredialkylester werden als Weichmacher für PVC-Produkte verwendet, siekommen aber auch u. a. in Pharmaka oder Körperpflegemitteln zum Einsatz.Phthalsäuredialkylester und ihre Metabolite zeigen bei Nagern eine Fertilitäts-,Reproduktions- und Entwicklungstoxizität, wobei jüngere Tiere besonders gefährdet sind.Ziel der StudieDie Weichmacher-Konzentrationen im Urin von Kindern und Erwachsenen wurdeninnerhalb eines Jahres viermal jeweils eine Woche lang gemessen. Es solltenKonzentrationen, Schwankungen und der Einfluss der Jahreszeit ermittelt werden.Außerdem sollten durch den Studienansatz (Familienangehörige und Tagesprotokolle)mögliche Eintragspfade ermittelt werden.Material und MethodenBei sechs gesunden Personen aus dem Großraum Stuttgart/Tübingen (4-jähriger Junge,12-jähriges Mädchen, 43-jährige Mutter mit 8-jährigem Sohn, im selben Haushalt lebend,58-jähriger Vater mit 19-jährigem Sohn, im selben Haushalt lebend) wurden von Montagbis Sonntag meist sieben Morgenurinproben gewonnen. Die Sammlungen fanden imJanuar, April, Juli und Oktober 2005 statt. Die Personen führten Tagesprotokolle, worinsie u. a. Kleidung, Mahlzeiten, Hygieneartikel, Aufenthaltsorte und Tätigkeiten notierten,damit eine Analyse möglicher Eintragspfade später durchgeführt werden konnte.In den Proben wurden die Metabolite von DBP und DEHP, d. h. Monobutylphthalat,Mono(2-ethylhexyl)phthalat (MEHP), Mono(2-ethyl-5-hydroxyhexyl)phthalat (5-OH-MEHP) und weitere oxidierte Phthalathalbester mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie identifiziert und quantifiziert.ErgebnisseVon 160 Urinproben wurden bei den vier männlichen Personen in acht ProbenWeichmacherkonzentrationen gefunden, die deutlich höher waren als die sonstigenWerte dieser Personen. Das heißt, es gab acht besondere individuelle wochenbezogeneBelastungsereignisse (für 5-OH-MEHP: 1530, 1245, 859, 591, 523, 350, 322, 206 µg/l).Es lagen insgesamt zehn Werte von 5-OH-MEHP oberhalb des Referenzwertes von 220µg/l.689


P97Poster – Biomonitoring IIDie Messungen zu verschiedenen Jahreszeiten zeigten bei dem 12-jährigen Mädchen(Mediane von 5-OH-MEHP im Jahresverlauf: 64, 34, 33, 13 µg/l) (Abb. 1a) und der 43-jährigen Frau (Mediane von 5-OH-MEHP im Jahresverlauf: 79, 41, 25, 40 µg/l) niedrige5-OH-MEHP-Konzentrationen im Urin mit geringen wochen- und jahreszeitenbezogenenSchwankungen, nur die Januarwerte waren etwas höher.Der 58-Jährige zeigte ebenfalls eine niedrige, wenig schwankende Grundbelastung(Mediane im Jahresverlauf: 49, 25, 53, 15 µg/l). Sein 19-jähriger Sohn wies nur bei derJanuarbeprobung höhere Werte mit starken Schwankungen der Einzelwerte auf(Mediane im Jahresverlauf: 141, 30, 39, 50 µg/l).Die 5-OH-MEHP-Konzentrationen der Urine des 4-jährigen Jungen (Mediane imJahresverlauf: 171, 104, 118, 51 µg/l) (Abb. 1b) und des 8-jährigen Jungen (Mediane von5-OH-MEHP im Jahresverlauf: 171, 79, 68, 47 µg/l) lagen im höheren Bereich mitgrößeren Schwankungen der Einzelwerte.SchlussfolgerungenDie beiden weiblichen Probanden sowie der 58-Jährige zeigten, bis auf wenigeBelastungsspitzen beim 58-Jährigen, über das gesamte Jahr hinweg ein wenigschwankendes niedriges Belastungsprofil. Die 4- und 8-jährigen Jungen zeigten einhöheres und stärker schwankendes Belastungsprofil.Der jahreszeitliche Einfluss ist eher als gering zu bewerten. Bei der Januarbeprobungwaren etwas höhere Phthalatkonzentrationen zu erkennen.DanksagungFür ihre chemisch-analytische Arbeit bedanken wir uns bei Frau Isolde Wodarz, Institutfür Arbeits- und Sozialmedizin, für die finanzielle Förderung bei der LandesstiftungBaden-Württemberg.Die Studie wurde von der Ethikkommission der Landesärztekammer Baden-Württemberggenehmigt und das schriftliche Einverständnis der Probanden liegt vor.690


P97Poster – Biomonitoring II15012-jähriges Mädchen5-OH-MEHP µg/l100501a)00 1 2 3 4 5Januar April Juli Oktober5-OH-MEHP µg/l40035030025020015015304-jähriger JungeMontagDienstagMittwochDonnerstagFreitagSamstagSonntagMedian100501b)00 1 2 3 4 5Januar April Juli OktoberAbbildung 1: Tägliche Weichmacherkonzentrationen über eine Woche hinweg im Morgenurineines 12-jährigen Mädchens (1a) und eines 4-jährigen Jungen (1b). Viermalige Wiederholung derMessung im Laufe des Jahres, zusätzliche Angabe des Medians. Es zeigt sich bei dem Mädcheneine niedrige Belastung mit relativ geringen Schwankungen der Einzelwerte. Der Junge zeigthöhere Belastungen mit größeren Schwankungen der Einzelwerte.691


P98Poster – Biomonitoring IIBiomonitoring bei Isocyanat-Exposition-eine PilotstudieLygia Therese Budnik 1 , Xaver Baur 1 , Rolf Merget 2 , Dennis Nowak 31 Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg, Hamburg; 2 Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin (BGFA), Bochum;3 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität, MünchenManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.692


P99Poster – Berufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenDas Berufskrankheitsgeschehen am Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Zeitraum von 1961 – 2000Anja Krauspe, Anne Seidel, Rainer SchieleInstitut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität, JenaEinleitungDas Berufskrankheitsgeschehen des medizinischen Personals wird durch denEinsatzbereich und das Spektrum der behandelten Erkrankungen bestimmt. In dervorliegenden Untersuchung sollte mittels einer retrospektiven Auswertung sämtlichervorhandenen Meldungen auf den Verdacht einer Berufserkrankung von Mitarbeitern desKlinikums der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Zeitraum von 1961 bis 2000 dasBerufskrankheitsgeschehen am Klinikum untersucht werden.Hierbei wurden die Schwerpunkte auf die folgenden Fragestellungen gelegt:Art der versicherungsrechtlichen Entscheidungen der abgeschlossenenBerufskrankheitsverfahrenInzidenzraten der einzelnen BK-ZiffernInzidenzraten einzelner Diagnosen bei anerkannten BerufserkrankungenErmittlung der häufigsten Berufserkrankungen bzw. Diagnosen bezogen auf das Geschlecht,Alter, einzelne Berufsgruppen sowie ArbeitsbereicheMaterial und MethodeEs erfolgte eine retrospektive Auswertung sämtlicher BK-Verfahren von klinisch tätigenMitarbeitern der FSU Jena im Erfassungszeitraum 1961 bis 2000 (n = 320).Als Datenmaterial dienten die Anzeigen über den Verdacht einer Berufserkrankung, dieStellungnahmen und ärztliche Gutachten aus den Dokumentationen in den Archiven desArbeitsmedizinischen Institutes der FSU Jena sowie aus den Datenbanken derUnfallkasse ThüringenIn die Auswertung aufgenommene Parameter waren: Geschlecht,Versicherungsrechtliche Entscheidung, Berufserkrankung und Diagnose,Erkrankungsspezifische Angaben, Erkrankungsjahr, Alter zum Zeitpunkt der Erkrankung,Mitarbeiterjahre zum Erkrankungszeitpunkt, Berufsbezeichnung, Arbeitsbereich.Zusätzlich erfolgte die Kategorisierung in die Berufsgruppen: Ärztliches Personal,Pflegepersonal und sonstiges medizinisches Personal und Tätigkeiten mit operativemund konservativem Schwerpunkt693


P99Poster – Berufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenErgebnisseDie Rangfolge der Berufserkrankungen spiegelt die arbeitsmedizinische Relevanz derInfektionserkrankungen und Hautkrankheiten für medizinisches Personal imErfassungszeitraum wieder.Das ärztliche Personal ist im Vergleich zu den anderen Berufsgruppen am stärksten voneiner Infektionskrankheit betroffen (IR 2,28/1.000/a); das Pflegepersonal ist im Vergleichzu den anderen Berufsgruppen am stärksten von einer Hauterkrankung betroffen (IR1,01/1.000/a).1.. Rangliste sämtlicher anerkannter Berufskrankheiten(n = 209)I. BK 3101 Infektionskrankheiten (55,0 %; IR 1,47/1.000/a)II. BK 5101 Hauterkrankungen (34,4 %; IR 0,92/1.000/a)III. BK 4301 Obstruktive Atemwegserkrankungen (7,7 %; IR 0,2/1.000/a)IV. BK 2301 Lärmschwerhörigkeit (2,4 %; IR 0,06/1.000/a)V. BK 1303 Erkrankung durch Benzol (0,5 %; IR 0,01/1.000/a)3. Ausgewählte anerkannte BerufskrankheitenBK 3101 InfektionskrankheitenRangliste der häufigsten DiagnosenI. Hepatitis infectiosa (n = 85; 73,9 %)II. Lungentuberkulose (n = 12; 10,4 %)III. Keratokonjunktivitis epidemica (n = 7; 6,0 %)Durchschnittliche jährliche Inzidenzrate einer beruflich erworbenen Hepatitisinfektion pro1.000 klinisch tätige Mitarbeiter beträgt 1,1.Hohe Erkrankungsraten zeigen sich bei Berufen MTA/Laboratoriumsassistent(3,3/1.000/a) und Ärzten (1,6/1.000/a). Die höchste jährliche Inzidenzrate findet sich imZeitraum von 1981 bis 1985 mit 3,7 Hepatitisinfektionen auf 1.000 Mitarbeiter.In den konservativen Arbeitsfeldern ereigneten sich im Vergleich zu den operativendoppelt so viele beruflich erworbene Hepatitis-Infektionen (IR 1,0/1.000/a vs. IR0,5/1.000/a).BK 5101 HautkrankheitenSämtliche beruflich erworbenen Dermatosen (n = 72) stellten sich klinisch als einKontaktekzem dar. In 68 Fällen erfolgte eine Angabe der Sensibilisierung im Sinne einesallergischen Kontaktekzems. Dabei nehmen mit 67,4 % Desinfektionsmittel den694


P99Poster – Berufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenHauptanteil der beruflich relevanten Kontaktallergene ein, gefolgt von „Gummi“ (14,6 %)und Medikamenten (10,1 %). Allein in 57,3 % der Erkrankungen erfolgte die Angabeeiner Sensibilisierung auf Formaldehyd.Die durchschnittliche jährliche Inzidenzrate einer beruflich erworbenen Hauterkrankungbeträgt pro 1.000 klinisch tätigen Mitarbeiter: 0,9. Das Pflegepersonal ist mit einerjährlichen Inzidenzrate von 1,01 die am stärksten von einer beruflich erworbenenHauterkrankung betroffene Berufsgruppe. Die höchste jährliche Inzidenzrate findet sichim Zeitraum von 1981 bis 1985 mit 3,3 Hauterkrankungen auf 1.000 Mitarbeiter.Operative Arbeitsfelder sind doppelt so häufig von einer beruflich erworbenenHauterkrankung betroffen wie konservative(IR 1,1/1.000/a vs. IR 0,5/1.000/a).SchlussfolgerungenDurch die Einführung der Immunisierung gegen Hepatits B konnte dem steigendentätigkeitsbezogenem Risiko durch Einführung von invasiven diagnostischen undtherapeutischen Verfahren entgegen gewirkt werden.Der Rückgang bei Hauterkrankungen wurde durch arbeitsmedizinische Richtlinien fürden indikationsgerechten Umgang mit Desinfektionsmitteln und der Substituierung vonformaldhydhaltigen Mitteln erreicht werden.695


P100Poster – Berufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenDie Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf dem allgemeinenArbeitsmarkt beim Vibrationsbedingten VasospastischenSyndrom (VVS)Susanne Völter-Mahlknecht 1 , Axel Muttray 1 , Stephan Riedel 2 , Kristina Harth 1 , Heinrich Dupuis 1 ,Stephan Letzel 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz;2 Geschäftsführung, Ingenieurbüro für Ergonomie ibe, FeilbingertZiel der StudieDas Vibrationsbedingte Vasospastische Syndrom (VVS) kann bei Einhaltung dersozialrechtlichen Vorgaben in Deutschland nach der derzeit gültigenBerufskrankheitenliste als Berufskrankheit anerkannt (BK-Nr. 2104 BKV) und entschädigt(MdE) werden. Hinsichtlich der MdE-Einschätzung existieren derzeit in Deutschlandkeine einheitlichen Empfehlungen. Bis jetzt erfolgten die MdE-Empfehlungen in derRegel in Anlehnung an die international anerkannte Stockholm-Klassifikation, die denSchweregrad der Erkrankung getrennt nach vaskulären und neurologischen Symptomenklassifiziert (Brammer, 1987; Gemne 1987; Gemne et al. 1995). Ziel der vorgestelltenArbeit war die Beurteilung der bisherigen MdE-Empfehlungen.MethodenDie Datenerhebung wurde retrospektiv mittels eines standardisierten Erfassungsbogensanhand der einzelnen Berufskrankheitenakten von 317 Erkrankten durchgeführt. Eswurden u.a. Parameter wie Höhe der MdE, die Fähigkeit, kleine Gegenständeaufzuheben und zu tasten, die Lokalisation und Häufigkeit der Weißfingerattacken,differenziert nach Winter- und Sommermonaten, eine aufgrund der Erkrankungnotwendige Arbeitsunterbrechung erfasst, unter besonderer Berücksichtigungthermometrischer Befunde im Kälteprovokationstest und der pallästhesiometrischbestimmten Vibrationssensibilität der Haut. Aufgrund der retrospektiven Auswertunglagen nicht bei allen Erkrankten sämtliche Daten vor.Zur statistischen Auswertung wurden der Fisher´s Exact Test, der Kruskal-Wallis-Test,der Wilcoxon Rangsummentest, Spearman Korrelationskoeffizienten und zurÜberprüfung des Vorliegens einer Normalverteilung der Kolmogorov-Smirnov sowie derVorzeichen-Rang-Test von Wilcoxon herangezogen.ErgebnisseMeistens wurde eine MdE von 20 % vorgeschlagen, am zweithäufigsten eine MdE von10 %. Die MdE-Verteilung war in allen Berufsgruppen ähnlich. Im Rahmen vonNachuntersuchungen in ca. 2-jährigem Abstand kam es in der Regel nach Aufgabe derursächlichen Tätigkeit zu keiner Änderung der MdE-Einschätzung. Bei den Patienten, beidenen sich im Laufe der Begutachtungen die vorgeschlagene MdE änderte, bestandhäufiger eine Abnahme als eine Zunahme. Schwierigkeiten der Erkrankten, kleine696


P100Poster – Berufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenGegenstände aufzuheben und zu tasten, die Lokalisation der Weißfingerattacken sowiethermometrisch und pallästhesiometrisch erhobene Messwerte wurden durch die Höheder MdE-Empfehlung abgebildet. Kein statistisch signifikanter Zusammenhang fand sichzwischen der MdE-Empfehlung und einer VVS-bedingten Arbeitsunterbrechung und derDifferenzierung der Anfallshäufigkeit in Winter- bzw. Sommermonate.SchlussfolgerungenDie bisherige Einschätzung der MdE berücksichtigte den Umfang der Beeinträchtigungdes Leistungsvermögens und Aspekte nicht ausreichend, die zur Beurteilung derverbleibenden Arbeitsmöglichkeiten hilfreich sind (Voelter-Mahlknecht et al. <strong>2007</strong>(eingereicht)). Nützlich für die gutachtliche Praxis zur MdE-Einschätzung könnteneinheitliche MdE-Empfehlungen sein, wobei MdE-Tabellen als Orientierung dienenkönnen, aber individuelle Gegebenheiten berücksichtigt werden müssen (Bergner et al.1992). Darüber hinaus ist eine Qualitätssicherung notwendig.Literatur• Bergner T, Dippel H, Przybilla B: Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in derdermatologischen Begutachtung. Hautarzt 43 (1992) 258-263• Brammer AJ, Taylor W, Lundborg G. Neurological stages of the hand-arm vibrationsyndrome. Scand J Work Environ Health 13 (1987) 279-283• Gemne G. The Stockholm Workshop scale for the classification of cold-induced Raynaud`sphenomenon in the hand-arm vibration syndrom (revision of the Taylor-Pelmear scale).Scand J Work Environ Health 13 (1987) 275-278• Gemne, G et al.: Stockholm Workshop 94: Hand-arm Vibration Syndrome: Diagnostics andquantitative relationships to exposure. Arbete och hälsa, Nat. Inst. of Occup. Health, Solna,Schweden 5 (1995) 183• Voelter-Mahlknecht S, Muttray A, Riedel S, Stenzel B, Dupuis H, Letzel S.Development and assessment of the reduction in earning capacity in the case ofhand arm vibration syndrome (eingereicht)697


P101Poster – Berufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenZielgruppenorientierte Einflussfaktoren und Präventionsstrategienzum Risiko ArbeitswegKirsten Isabel Löffler 1 , Matthias Budinger 2 , Luis Escobar-Pinzón 1 , Stephan Letzel 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 Institut fürMedizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes Gutenberg-Universität, MainzZiel der StudieWegeunfälle, d.h. Unfälle auf dem Arbeitsweg, stellen sowohl von ihrer Anzahl als auchvon den durch sie bedingten Schadensleistungen einen wesentlichen Kostenfaktor dar.So ereigneten sich im Jahr 2005 laut dem Jahresbericht des Hauptverbandes dergewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG) insgesamt 953.475 meldepflichtigeUnfälle, von denen 801.834 meldepflichtige Arbeitsunfälle und 151.641 meldepflichtigeWegeunfälle waren. Es entstanden 23.513 Unfallrenten mit 17.414 neuenArbeitsunfallrenten und 6.099 meldepflichtigen Wegeunfallrenten [1]. Laut HVBG wurdendie Kosten von Wegeunfällen für das Jahr 2005 auf ca. 1,4 Milliarden Euro geschätzt [2].Das Ziel der Studie bestand darin, unfallspezifische, berufliche und gesundheitlicheVariablen zu erfassen und im Hinblick auf ihr Risikopotenzial für Wegeunfälle zuanalysieren.MethodenZur Erhebung der Einflussfaktoren wurde eine Fall-Kontrollstudie im Zeitraum vonAugust 2004 bis März 2006 durchgeführt.Das Gesamtkollektiv setzte sich zusammen aus 210 Wegeverunfallten und 324Kontrollpersonen der Firma Audi AG. Die Studienteilnehmer wurden mittels einesstandardisierten Interviewleitfadens telefonisch befragt. Zur Analyse potentiellerRisikofaktoren wurden logistische Regressionsanalysen berechnet. Es wurden Datenvon 201 Wegeunfällen erhoben. 123 Unfälle (58,6%) ereigneten sich auf dem Weg vonder Wohnung zum Arbeitsplatz, 78 (37,1%) auf dem Weg vom Arbeitsplatz zurWohnung. In der Unfallgruppe wurden 176 Männer (87,6%) und 25 Frauen befragt(12,4%). Die befragte Kontrollgruppe umfasste 324 Personen, davon 307 Männer(94,8%) und 17 Frauen (5,2%). Die Verunfallten waren im Durchschnitt 38,4 Jahre alt(Range: 15-58 Jahre). Das Durchschnittsalter der Kontrollpersonen betrug 41,6 Jahre(Range: 16-65 Jahre).ErgebnisseJunge Mitarbeiter unter 35 Jahren, insbesondere die unter 25-jährigen, hatten imVergleich zu den älteren Beschäftigten ab 36 Jahren ein erhöhtes Wegeunfallrisiko(OR=4,32; KI=1,93-9,67). Personen in der Produktion, die am Fließband arbeiteten,hatten ein geringfügig höheres Wegeunfallrisiko als Personen, die nicht am Fließbandbeschäftigt waren (OR=1,97; KI=1,16-3,34). Auf dem Hinweg geschahen die meistenWegeunfälle am Ende des Arbeitsweges und auf dem Rückweg zu Beginn des698


P101Poster – Berufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenArbeitsweges. Die meisten Wegeunfälle ereigneten sich somit in der Nähe desBetriebes. Das Kraftrad (OR=4,72; KI=1,69-13,01) und das Fahrrad (OR=8,16; KI=4,06-163) waren diejenigen Verkehrsmittel mit dem höchsten Wegeunfallrisiko im Vergleich zuden anderen Verkehrsmitteln wie PKW oder ÖPNV. Kraftradunfälle waren im Vergleichzu den Wegeunfällen mit anderen Verkehrsmitteln die folgenschwersten.SchlussfolgerungenEs konnten Risikogruppen wie z.B. junge Beschäftigte unter 25 Jahren, Fahrradfahreroder Kraftradfahrer identifiziert werden(siehe [3], [4] und [5]). Auf der Basis dieserIdentifizierung von Risikogruppen von Wegeunfällen können Präventionsvorschläge zurMinimierung des Wegeunfallrisikos erarbeitet werden. Beispielsweise könnten für dieRisikogruppe der jungen Beschäftigten unter 25 Jahren verstärkt Sicherheitstrainings,insbesondere für junge PKW-, Kraftrad- und Fahrradfahrer ggf. im Rahmen derAusbildung, angeboten werden. Präventionsmaßnahmen sollten auf die jeweiligenAltersgruppen abgestimmt werden. Eine Verbreiterung der Datenbasis ist für weitereInterpretationen unbedingt notwendig..Literatur[1] Rothe G. : Die finanzielle Bedeutung der Verkehrsunfälle. Die BG 03 (2005):15-20.[2] Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften. Statistiken Unfälle. 2005http://www.hvbg.de/d/pages/statist/unfall/wu/index.html.[3] Didier, V.: Bei den schweren Wegeunfällen sieht es noch immer schlecht aus.Kompaß, 12 (1996): 581-585.[4] Trimpop, R. & Kirkcaldy, B.: Arbeitsbedingte Teilnahme am Straßenverkehr.Unfallrisiken und Präventionsmöglichkeiten für Arzt- und Zahnarztpraxen.Arbeitsberichte zur Verkehrssicherheit Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienstund Wohlfahrtspflege (1995):1434-1344.[5] Escobar-Pinzón L C, Löffler K I, Schiffmann D, Budinger, Völter-Mahlknecht S, LetzelS (2005). Risikomanagement von melde- und nichtmeldepflichtigen Wegeunfällen.Journal of Public Health Zeitschrift für Gesundheitswissenschaften 13: 57.699


P102Poster – Berufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenAuswahlkriterien für spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungennach §16 GefStoffV in gesundheitsdienstlichenEinrichtungenGabriele Halsen 1 , Ute Pohrt 21 Fachbereich Gefahrstoffe und Toxikologie, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst undWohlfahrtspflege, Köln;2 Bereich Berufsdermatologie/Interventionsstrategien, Berufsgenossenschaft fürGesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, BerlinEinleitungDie arbeitsmedizinische Vorsorge wurde mit der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) vomDezember 2004 in den §§ 15,16 neu geregelt. In der betrieblichen Praxis ergeben sichsowohl für den Unternehmer als auch für den Arbeitsmediziner eine Reihe von Fragenbezüglich der Anwendung der Listen der Gefahrstoffe und Tätigkeiten nach Anhang VGefstoffV. Ziel der BGW war es daher, eine Hilfestellung bei der Auswahl speziellerarbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen nach §16 GefStoffV ingesundheitsdienstlichen Einrichtungen zu geben.MethodeFür die Kernarbeitsbereiche aus der human- und veterinärmedizinischen Versorgungwurden Untersuchungsindikation und Untersuchungsinhalt (z.B. Grundsatz) ermittelt. Diehierfür erforderliche Beurteilung der Gefährdungen durch die einzelnen Tätigkeitenerfolgte anhand von existierenden Expositionsbeschreibungen sowie BGW-spezifischenErfahrungen.ErgebnisseEs ist ein System für die Auswahl von Beschäftigten für spezielle arbeitsmedizinischeVorsorgeuntersuchungen aus den Bereichen Krankenhaus, Altenpflege, Arzt- undZahnarztpraxen, Apotheken inklusive assoziierter Hol-, Bringe- und Reparaturdienstesowie Veterinärmedizin entstanden. Dies umfasst Untersuchungsindikationen mit ganzwesentlicher Bedeutung, wie z.B. die Feuchtarbeit, bis hin zu Indikationen, die sich aufTätigkeiten mit Methanol oder Begasungen mit Ethylenoxid in vollautomatischenSterilisations- und Desinfektionsanlagen beziehen, und praktisch ohne Relevanz sind.Die systematische Zusammenstellung bietet Orientierung, wobei die persönlicheIndikation immer im Einzelfall festzustellen ist. Detailergebnisse sind bei den Autorenerhältlich.SchlussfolgerungAus dem Spektrum der möglichen Untersuchungen nach GefStoffV sind nur wenige fürBeschäftigte im Gesundheitsdienst von Bedeutung. Die hier vorliegende Position derBGW geht in die Gestaltung der neuen TRGS 525 „Umgang mit Gefahrstoffen inEinrichtungen zur humanmedizinischen Versorgung“ mit ein.700


P103Poster – Berufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenZur Frage der Sensitivität der arbeitsmedizinischenVorsorgeuntersuchung nach dem berufsgenossenschaftlichenGrundsatz G25Monika Gube 1 , Peter Koch 2 , Thomas Kraus 11 Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen, Aachen; 2 Klinik für Neurologie, RWTH Aachen,AachenEinleitungDie im berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G25 (Fahr-, Steuer-,Überwachungstätigkeiten) aufgeführten Gesundheitsstörungen sind meist mit dersicheren Durchführung dieser Tätigkeiten nicht zu vereinbaren. Sie begründen deshalb inder Regel gesundheitliche Bedenken. Da sich diese Gesundheitsstörungen einerorientierenden körperlichen Untersuchung zum Teil leicht entziehen können, verlangensie im Rahmen der Untersuchung nach G25 nach einer gezielten und sorgfältigenExploration [1].Kasuistische FalldarstellungEin 50-jähriger Patient, der seit 34 Jahren als Baggerfahrer in einem Bauunternehmentätig ist, wird während eines Aufenthaltes in der Neurologischen Klinik wegen folgendenSachverhaltes konsiliarisch in der arbeitsmedizinischen Poliklinik vorgestellt: Seit dem 2.Lebensjahr besteht eine symptomatische Epilepsie nach Hirnblutung in Folge einesSturzes. Trotz antikonvulsiver medikamentöser Therapie (3x täglich 200 mgCarbamazepin) treten an etwa 5 Tagen pro Monat täglich mehrfach komplex-fokaleAnfälle auf, welche teilweise mit Bewusstseinsverlust einhergehen. Früher seien ca. 10Sekunden vor den eigentlichen Anfällen Prodromi in Form von Schwindel und Übelkeitaufgetreten, so dass der Patient den Bagger noch selbst stoppen konnte. Die Latenzzeitzwischen Prodromi und Anfall werde nun aber zunehmend kürzer beziehungsweisetreten keinerlei Prodromi mehr ein, wodurch es nun zu einem Unfall ohnePersonenschaden gekommen sei. Dieser Vorfall ist Anlass des klinischen Aufenthaltes.Bei der Einstellungsuntersuchung und den regelmäßig erfolgten arbeitsmedizinischenVorsorgeuntersuchungen nach G25 habe er die Epilepsie aus Angst vor Verlust desArbeitsplatzes stets verschwiegen. Der behandelnde Hausarzt habe ihn nie auf diebestehende Fahruntauglichkeit hingewiesen. Nach entsprechender Belehrung undAufklärung durch den behandelnden Neurologen habe er diesen nicht mehr aufgesuchtund habe sich in Behandlung eines anderen Facharztes für Neurologie begeben.ProblematikNach einem Suizidversuch vor 10 Jahren ist der Patient aktuell wieder latent suizidal undbetont seine Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes sowie die damit verbundenenExistenzängste. Er weist mehrfach auf die Einhaltung der Schweigepflicht hin. Auch dieanonymisierte Information des zuständigen Betriebsarztes lehnt er zunächst ab.701


P103Poster – Berufskrankheitengeschehen, VorsorgeuntersuchungenErgebnisseIm cranialen MR liquorisointenser Marklagerdefekt links temporal lentrikulostriatär. ImEEG Spike-Wave-Komplexe links temporal bei klinisch gesichertem epileptischem Anfall.Die Analyse des Falles weist auf Schwachstellen in der Sekundärprävention hin, dietheoretisch erhebliche Konsequenzen haben könnten. Fallbezogene anonymisierteRecherchen bei Experten und Berufsgenossenschaften haben widersprüchlicheEmpfehlungen in Bezug auf die Frage der Schweigepflicht und rechtliche sowiebetriebliche Konsequenzen ergeben. Eine Entbindung von der ärztlichen Schweigepflichtwurde vom Patienten nicht erteilt.Ist die Fahrtauglichkeit nicht gegeben, so muss der behandelnde Arzt dies demPatienten gegenüber in klarer und eindeutiger Weise äußern. Eine Patientenunterschriftüber die erfolgte Aufklärung ist dringend empfehlenswert. Grundsätzlich besteht ärztlicheSchweigepflicht. Für den Arzt besteht keine generelle Meldepflicht, jedoch einMelderecht gegenüber den Straßenverkehrsbehörden bei uneinsichtigen Patienten.Wenn ein Arzt die Sicherheit der Öffentlichkeit für ein wichtigeres Rechtsgut als dieSchweigepflicht erachtet, kann er diese brechen und einen Epilepsiekranken melden,wenn dieser trotz der Karenzzeit beziehungsweise des Verbotes sich nicht an dieRegelungen hält [2].SchlussfolgerungenEs besteht Schulungs- und Informationsbedarf der betreuenden Haus- und Fachärzte,um frühzeitig arbeitsplatzbezogene Einschränkungen aufzuzeigen und gemeinsam mitdem Betriebsarzt und dem Patienten Lösungswege zu prüfen. Im Hinblick auf die Inhalteder Vorsorgeuntersuchung ist zu prüfen, inwiefern anamnestische Angaben zugravierenden Erkrankungen ausreichend sind, um Fremd- und Selbstgefährdungadäquat darzustellen und ob die Schweigepflicht in solchen Fällen gebrochen werdenmuss / darf.Literaturverzeichnis[1] Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG), St. Augustin;Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für arbeitsmedizinischeVorsorgeuntersuchungen; 3. Auflage, 2004; Seite 343 – 352[2] Rechtsvorschriften / Bundesrepublik Deutschland; Strafgesetzbuch; In der Fassungder Bekanntmachung vom 13.11.1998 (BGBI I S. 3322), zuletzt geändert durchGesetz vom 22.12.2006 (BGBI I S. 3416) m.W.v. 31.12.2006; §§ 138, 139702


P104Poster – InfektionskrankheitenKasuistik einer im Ausland beruflich erworbenen Dengue-Fieber-Infektion mit Entwicklung eines Myelodysplastischen Syndroms(MDS) bei einem DrehzementofenbauerBirgit Emmert 1 , Detlef Haase 2 , Ernst Hallier 11 Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität, Göttingen; 2 Hämatologie und Onkologie,Georg-August-Universität, GöttingenHintergrundDie durch Virusinfekte hervorgerufene Knochenmarksschädigung stellt neben derExposition gegenüber Benzol, ionisierender Strahlung oder Zytostatika einen Risikofaktorfür die Entwicklung hämatopoetischer Erkrankungen wie dem MyelodysplastischenSyndrom (MDS) dar, das zu 25% in eine akute myeloische Leukämie (AML) übergeht [1].Die Kasuistik beschreibt das seltene Auftreten einer beruflich erworbenen und lange Zeitunerkannten Dengue-Fieber-Infektion mit der Entwicklung eines MDS bei einemDrehzementofenbauer.EinleitungWeltweit erkranken ca. 50 Mio. Menschen jährlich in (sub)tropischen Ländern anDengue-Fieber, z.T. haüfiger als an Malaria. In Südostasien ist die hämorrhagischeVerlaufsform momentan die wichtigste Kinderkrankheit in Bezug auf Morbidität undMortalität [2]. Die Übertragung der Erreger (Flaviviren) erfolgt durch sich im Wasservermehrende Stechmücken (Aedes aegypti) und dem asiatischen Tigermoskito (Aedesalbopticus). Klinisch ist die häufigere Form des Dengue-Fiebers (DF) durch plötzlichenFieberanstieg bis 41°C, rötlichen Hautausschlag (Exanthem) sowie starken Kopf-,Muskel-, Kreuz-, Gelenk-, Knochen- und Gliederschmerzen („breakbone fever“)gekennzeichnet und klingt in der Regel komplikationslos ab. Beim hämorrhagischenVerlauf (hämorrhagisches Dengue-Fieber, DHS) kommt es zu inneren und äußerenBlutungen mit einer Sterblichkeit von 30% bei Entwicklung einer Hepatomegalie undeines hypovolämischen Schocks (Dengue-Schocksyndrom, DSS).Kasuistik und LaborergebnisseVon der Abteilung Hämatologie und Onkologie des Universitätsklinikums Göttingenwurde uns ein 43jähriger, deutscher Gemeindearbeiter mit fraglicher Benzolexposition inder Vorgeschichte konsiliarisch vorgestellt, bei dem 07/2005 eine MDS vom Subtyp einerrefraktären Zytopenie mit multilinärer Dysplasie bei einem normalen männlichenKaryotyp diagnostiziert wurde. Anamnestisch war er im Juli 1988 während einesberuflichen Auslandseinsatzes in Südindien im Rahmen seiner früheren Tätigkeit alsDrehzementofenbauer akut an hohem Fieber (>40°C), starken Halsschmerzen(Pharyngitis) mit grippeähnlicher Symptomatik, nicht blutigen Durchfällen und einemExanthem an beiden Oberschenkeln erkrankt. Die Laborwerte im indischen Krankenhaus(Bombay) belegen eine massive Leukopenie von 1.500/mm 3 mit einer Begleithepatitis.703


P104Poster – InfektionskrankheitenDifferentialdiagnostisch konnte eine Malaria-, HIV-, Hepatitis A- und B-, Typhus- undTuberkulose-Infektion bzw. ein Harnwegsinfekt ausgeschlossen werden. Unter i.v.-Antibiose mit Norfloxacillin 400mg 2x täglich sowie Vitamin C-Infusionen war dieBeschwerdesymptomatik rasch rückläufig und der Patient wurde auf eigenen Wunsch fürdie Rückreise nach Deutschland entlassen. In den folgenden 13 Jahren tratenrezidivierend subfebrile Episoden verbunden mit Bronchitiden und diskreten Leukopenienum 4.000/mm 3 auf. 01/07 wurden erstmals erhöhte Dengue-Virus-IgG-AK nachgewiesen(IgM-AK negativ) bei leichter Anämie und akutem Leukozytenabfall auf 1.700/mm 3 .09/2005 stellten wir eine ärztliche Anzeige bei V.a. auf Vorliegen einer Berufskrankheitder Nr. 3104 („Tropenkrankheiten, Fleckfieber“) ohne Hinweise auf relevante Expositiongegenüber Benzol, seinen Homologen oder Styrol während der aktuellen Tätigkeit alsGemeindearbeiter (ab 1993).SchlussfolgerungenDie Kasuistik stellt die diagnostischen Schwierigkeiten der in unseren Breiten nichtbeachteten, jedoch meldepflichtigen Dengue-Fieber-Infektion dar. Nach Schätzungendes Robert-Koch-Instituts treten in Deutschland durch gesteigerte berufliche und privateMobilität, durch internationalen Handel (z.B. Containerschiffe mit Obstimporten ausAfrika) und die globale Klimaerwärmung mehrere Hundert Fälle von DF pro Jahr beieiner hohen Dunkelziffer auf [3]. Bei Laborversuchen mit K526 Zellen persistierten dieDengue-Fieber-Infektionen über Monate in den Zellen und führten zu einer Veränderungder Proliferationsfähigkeit der humanen, hämatopoetischen Vorläufer-Zellen imKnochenmark [4, 5]. Da auch bei zahlreichen hämatopoetischen Erkrankungen wie demMDS Proliferations- und Differenzierungsstörungen der hämatopoetischen Zellenauftreten, ist der Zusammenhang mit der chronischen Knochenmarksschädigung durchdie Dengue-Fieber-Infektion im Rahmen des laufenden BK-Feststellungsverfahrens zuprüfen.Literatur[1] Krebs in Deutschland, Häufigkeiten und Trends. Gesellschaft der epidemiologischenKrebsregister in Deutschland e.V. in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut(RKI), 5. überarbeitete, aktualisierte Ausgabe, Saarbrücken, 2006.[2] Gubler DJ (1998) Dengue and Dengue Hemorrhagic Fever. Clin Microbiol Rev.11(3):480-96.[3] Robert-Koch-Institut (RKI) Epidemiologisches Bulletin Nr. 35, 02.09.2005.[4] Nakao S, Lai CJ, Young NS (1989) Dengue virus, a flavivirus, propagates in humanbone marrow progenitors and hematopoietic cell lines. Blood 74(4):1235-40.[5] Steinberg HN and Zeldis JB (1990) Effect of dengue virus on hematopoieticprogenitors. Blood 75(3):811-2.704


P105Poster – InfektionskrankheitenLatente Tuberkulose-Infektion im GesundheitsdienstAlbert NienhausGrundlagen der Prävention und Rehabilitation, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst undWohlfahrtspflege, HamburgZiel der Studie:Mit den Interferon-γ-Release Assay (IGRA) stehen neuerdings in-vitro Teste zurDiagnose einer latenten Tuberkuloseinfektion (LTBI) zur Verfügung, dei den Tuberkulin-Hauttest (THT) nach Mendel-Mantoux ersetzen können. Auf dem deutschen Markt sindmittlerweile zwei solcher Tests zugelassen. Beide Testverfahren beruhen auf derMessung der zellgebundenen Immunantwort auf Antigene, die für das Mycobacteriumtuberculosis spezifisch sind und bei den BCG-bovis-Impfstämmen nicht vorkommen (1).Der T-SPOT.TB (Oxford Immunotec, Oxford, Großbritannien) bestimmt die Anzahl derInterferon (INF)-γ sezernierenden T-Zellen mittels der Elispot Technik. DerQuantiFERON (QFT)-TB Gold in Tube (Cellestis, Victoria, Australia) verwendet denEnzym-Linked Immunosorbent Assay (ELISA) zur Bestimmung der Antigen spezifischenINF-γ Produktion. Der IGRA-Test ist spezifischer als der THT, da er durch eine BCG-Impfung und die meisten Umweltmycobakterien nicht beeinflusst wird. Entsprechendeiner Meta-Analyse ist der IGRA auch sensitiver als der THT (2). Die Einsatzfähigkeitdes IGRA in der betriebsärztlichen Praxis wird in einer fortlaufenden Evaluationsstudiegeprüft (3). Hier wird eine Zwischenauswertung präsentiert.Methoden:Im Jahr 2006 wurden 261 Beschäftigte im Gesundheitswesen im Rahmen derUntersuchungen nach der Biostoffverordnung simultan mit dem THT (RT23) und demIGRA (Quantiferon Gold in Tube) von Betriebsärzten drei Krankenhäusern* untersucht.Ein Indurationsdurchmesser von über 5 mm wurde als positiver THT gewährtet, da alleTeilnehmer gegenüber TB-Patienten exponiert waren (4). Ab einer Konzentration von0.35 UI wurde der Quantiferon-Test entsprechend der Angaben des Herstellers alspositiv gewertet. Angaben zum Alter, Geschlecht, Geburtsland sowie zur BCG-Impfungund TB-Vorsorgeuntersuchungen in der Anamnese wurden mittels eines standardisiertenBogens erhoben. Die Übereinstimmung beider Teste wurde mit dem Kappa-Koeffizientenabgeschätzt. Prädiktoren für ein positives Testergebnis wurden mittels multiplerlogistischer Regression berechnet. Die Responserate betrug 92%. Die Ethikkommissionder Ärztekammer Hamburg hat der Studie zugestimmt. Die Teilnahme an der Studie warfreiwillig und erfolgte nach entsprechender Aufklärung.Ergebnisse:Eine BCG-Impfung hatten 98 (37,5%) Teilnehmer. Bei Personen, die BCG-geimpft sind,bestand keine und bei den nicht BCG-geimpften Teilnehmern bestand eine mittlere705


P105Poster – InfektionskrankheitenÜbereinstimmung zwischen den beiden Testen (kappa 0,09 bzw 0,42). EinenStempeltest in der Anamnese hatten 161 Probanden, der bei 34,8 % positiv war. Einenpositiven THT nach Mendel-Matoux hatten 24,1% und einen positiven IGRA 9,6% derTeilnehmer. Eine BCG-Impfung (OR 3,0, 95%CI 1,6-5,7) und ein vorheriger THT (OR3,6, 95%CI 1,4-9,6) erhöhen das Risiko für einen positiven THT. Die IGRA-Ergebnissewerden durch diese Faktoren nicht beeinflusst. Mit dem Alter steigt dieWahrscheinlichkeit für einen positiven IGRA jedoch nicht für einen positiven THT. 47 von48 Personen mit einem positiven THT aber negativen IGRA waren BCG-geimpft oderhatten einen vorherigen THT. Personen mit positivem Ergebnis in beiden Testen warenim Durchschnitt 10 Jahre älter als diejenigen, die in beiden Testen negativ waren (38,8versus 50,9 Jahre). Probanden mit einem negativen THT aber positivem IGRA waren imDurchschnitt ähnlich alt (49,1 Jahre) wie diejenigen, die in beiden Testen positiv waren.Von den positiven THT wurden 24% im IGRA bestätigt. Der THT entdeckte 60% derpositiven IGRA (Tabelle).Tabelle: Ergebnisse THT und IGRATHT nach Mendel MantouxPositiv Negativ GesamtIGRA N (Z%) [S%] N (Z%) [S%] N (Z%) [S%]Positiv 15 (60,0) [23,8] 10 (40,0) [5,0] 25 (100,0) [9,6]Negativ 48 (20,3) [76,2] 188 (79,0) [95,0] 236 (100,0) [90,4]Total 63 (24,1) [100,0] 198 (75,9) [100,0] 261 (100,0) [100,0](Z%) = Zeilenprozent, [S%] = SpaltenprozentSchlussfolgerungen:Die Kombination von positivem THT und negativem IGRA beruht überwiegend auf falschpositive THT-Ergebnisse. Die Kombination von negativem THT und positivem IGRAberuht wahrscheinlich auf falsch negative THT-Ergebnisse, da der THT im Alter anSensitivität verliert und die Prävalenz der LTBI mit dem Alter zunimmt. Ein positiver THTsollte durch einen IGRA verifiziert werden bevor weitere Schritte (Rö) veranlasst werden.Allerdings würde eine Doppellstrategie (IGRA nur nach positivem THT) wie z.B. von Nice(5) empfohlen in diesem Kollektiv lediglich 60% der vorhandenen Infektionen entdecken.Der IGRA scheint deshalb für die betriebsärztliche Praxis der bessere Test zu sein.706


P105Poster – InfektionskrankheitenLiteratur1. Hauer B, Loddenkemper R, Detjen A, Forßbohm M, Haas W, Loytved G, Magdorf K,Mauch H, Nienhaus A, Rieder HL, Sagebiel D, Schaberg T. Interferon-gamma-Assays - Description and assessment of a new tool in the diagnosis of tuberculosis.Pneumologie 2006;60:29-44.2. Menzies D, Pai M, Comstock G. Meta-analysis: New tests for the diagnosis of latenttuberculosis infection: Areas of uncertainty and recommendations for research.Annals of Internal Medicine <strong>2007</strong>;146:340-523. Nienhaus A, Loddenkemper R, Hauer B, Wolf N, Diel R. Latente Tuberkulose-Infektion im Gesundheitswesen – Evaluation des Interferon-γ Release Assay.Pneumologie <strong>2007</strong>;61(4): (akzeptiert zum Druck am 27.12.2006)4. Lange C, Schaberg T, Diel R, Greinert U. Current concepts in the diagnosis oftuberkulosis. Deutsche Medizinische Wochenschrift 2006; 131: 341-3475. National Institute for Health and Clinical Excellence. Clinical Guideline 33.Tuberculosis: clinical diagnosis and management of tuberculosis, and measures forits prevention and control. NICE, London, UK (2006). http://www.nice.org.uk* Beteiligte BetriebsärzteG. Beckmann, Krankenhaus GroßhansdorfS. Nausester, St. Josef Krankenhaus LeverkusenR. Sternfeldt, ZAG Arbeitsmedizin LBK Hamburg707


P106Poster – InfektionskrankheitenSind Studierende der Medizin und Zahnmedizin ausreichendgegen Hepatitis B geschützt?Joachim Rösler, Sengül GülacarBetriebsärztlicher Dienst, Uniklinikum Köln, KölnEinleitungStudierende der Medizin und Zahnmedizin haben regelmässig und in grösserem UmfangKontakt mit potenziell infektiösem Material und ein erhöhtes Risiko für Hepatitis B (HBV)und Hepatitis C (HCV) - Infektionen. Als besondere Personengruppe wurden siefolgerichtig vom Gesetzgeber unter den Schutz der Biostoffverordnung gestellt. Hierausergeben sich für den „Arbeitgeber“ Universität besondere Pflichten hinsichtlichUnterrichtung über Gefährdungen, Durchführung der „verpflichtenden“arbeitsmedizinischen Vorsorge und Angebot von Schutzimpfungen. Studierende mitasymptomatischen, oftmals noch nicht bekannten HBV oder HCV-Infektionen können zurErhöhung des Risikos einer nosokomialen Übertragung auf Patienten beitragen.Systematische lückenlose Untersuchungen auf HBV und HCV sowie Hepatitis B -Impfungen vor Aufnahme des Studiums werden bei den ca. 113.000 Studierenden derMedizin und Zahnmedizin an deutschen Universitäten bisher nur vereinzelt durchgeführt.Ziel der Studie und MethodikDie Studie untersucht die Ergebnisse der Umsetzung einer Dienstanweisung zurVermeidung von HBV-, HCV- und HIV-Infektionen, nach der bei allen Studierenden derMedizin und Zahnmedizin zu Beginn des 1. vorklinischen Semesters betriebsärztlicheUntersuchungen auf HBV und HCV, sowie ggfls. eine Immunisierung gegen HBVdurchgeführt werden sollen. Eine Bestimmung des HIV-Antikörperstatus wird angeboten.Es wurden im Zeitraum von 01.04.2004 bis 30.06.2006 n= 1.149 Studierende derMedizin und n= 295 Studierende der Zahnmedizin auf HBV, HCV und HIV untersucht.Ergebnisse:Etwa 74% der zur Untersuchung aufgeforderten Mediziner und 98% der Zahnmedizinernahmen an der Untersuchung teil. N= 843 (59%) Studierende konnten bei derUntersuchung einen Impfausweis vorlegen, weitere n=224 (16%) gaben anamnestischan, bereits gegen Hepatitis B geimpft worden zu sein.N=225 (53%) der Erstsemester waren bereits vor Aufnahme des Studiums vollständiggegen Hepatitis B geimpft. Bei weiteren 13.5% war der Impfstatus noch unvollständig,bei 22% unbekannt und bei 11% war noch keine Impfung gegen HBV erfolgt.Alle Studierenden mit einer dokumentierten kompletten Grundimmunisierung gegen HBVhatten schützende Antikörper. Non-Responder wurden nicht beobachtet. Dagegen warenbei 4,5% der anamnestisch angegeben HBV-Impfungen, keine anti HBs – Antikörpernachweisbar. Die Prävalenz eines HBV- und HCV-Carrier-Status betrug jeweils 0,07 %.708


P106Poster – InfektionskrankheitenGrundimmunisierung gegen Hepatitis Bvor Aufnahme des StudiumsHBV- GrundimmunisierungFrauenN (%)MännerN (%)GesamtN (%)keine29 (9,8)18 (14,1)47 (11,1)unvollständig39 (13,2)18 (14,1)57 (13,5)vollständig162 (54,9)63 (49,6)225 (53,3)unbekannt65 (22,0)28 (22,1)93 (22,0)Gesamt295127422 (100,0)Schlussfolgerungen:StudentenInnen der Medizin und Zahnmedizin sollten lückenlos vor Aufnahme desStudiums gemäss § 15a Biostoffverordnung untersucht und gegen Hepatitis B geimpftwerden. Die Schutzrate nach dokumentierter Impfung liegt bei 100%. Non-Respondernach Impfung gegen HBV mit den heute zur Verfügung stehenden Impfstoffen sind indieser Personengruppe extrem selten. Die Organisation der arbeitsmedizinischenVorsorge muss optimiert werden, insbesondere bestehen noch Defizite bei derWahrnehmung der Arbeitgeberpflichten durch die Medizinischen Fakultäten.Literatur:[1] Tereskerz PM, Pearson RD, Jagger J. Occupational exposure to blood among medicalstudents. N Engl J Med 1996; 335:1150-1153.[2] Gerlich W, Caspari G. Hepatitis B immunisation before entry into medical schoolLancet 1994; 343:1572-1573.[3] Schmid K, Wallaschofski H, Drexler H. Student health policy of a German medicalschool – results of a cross sectional study concerning student´s immunity to vaccinepreventablediseases. Int J Hyg Environ Health 2004; 207: 595-600.Wir danken Frau I. Krämer für ihre engagierte Unterstützung bei der Untersuchung derStudierenden und Erhebung der Daten und dem Institut für Virologie der Uniklinik Köln(Direktor Prof. Dr. H. Pfister) für die Durchführung der virologischen Diagnostik.709


P107Poster – InfektionskrankheitenZur Frage der Dauer des Hepatitis- B-Impfschutzes beiBeschäftigten im GesundheitsdienstFriedrich Hofmann 1 , Nenad Kralj 1 , Rolf van Bürck 1 ,Stefan Schroebler 21 Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik, Bergische UniversitätWuppertal, Wuppertal; 2 Ressort 404.01 Arbeitsmedizinischer Dienst, Stadtverwaltung Wuppertal, WuppertalZiel der StudieMit Hilfe der serologischen Überwachung zweier Kollektive von Beschäftigten imGesundheitsdienst (Studienteil A) und der Auswertung von BK-Akten (Studienteil B)sollte die Frage beantwortet werden, wie zuverlässig und über welchen Zeitraum dieHepatitis-B(HB)-Impfung schützt und ob man regelmäßig eine Auffrischimpfungvornehmen sollte.MethodenStudienteil A: Beschäftigte in zwei großen Universitätskrankenhäusern (Klinikum I =Gruppe „K I“ und Klinikum II = Gruppe „K II“), die sich zur arbeitsmedizinischenVorsorgeuntersuchung vorstellten, wurden nach ihrer Impfanamnese befragt und aufanti-HBs untersucht. Probanden, bei denen Werte


P107Poster – InfektionskrankheitenDiskussionÜberraschend hoch war in der vorliegenden Studie der Anteil der Beschäftigten, beidenen sich hin und wieder ein Anstieg des anti-HBs objektivieren ließ. Dies dürfte aufWildviruskontakte auf Grund der beruflichen Tätigkeit zurückzuführen sein. Bei keinemder Impflinge ereignete sich im Studienzeitraum (retrospektiv bis 20 Jahre) eine HB oderHB-Virusinfektion. Ggf. wurde auch eine Postexpositionsprophylaxe angewendet. ZurFrage der Dauer des Hepatitis-B-Impfschutzes liegen in der international verfügbarenLiteratur nur wenige Daten aus prospektiven Impfstudien vor. Die Schutzdauer wird imAllgemeinen als die Zeitspanne betrachtet, während der Anti-HBs-Konzentrationen von >10 IU/l gemessen werden können. Darüber hinaus sorgt die zelluläre Immunität nacherfolgreicher Impfung (anti-HBs 4 – 8 Wochen p. v. > 100 IU/l) dafür, dass ein etwaigerWildviruskontakt i. d. R. nicht mit einer Erkrankung einhergeht, sondern mit eineradäquaten Immunantwort.FazitDie Ergebnisse der Studie zeigen, dass auf keinen Fall auf die serologische Bestimmungdes HB-Impferfolgs verzichtet werden kann, da Impflinge mit einem anti-HBs < 10 IU/lGefahr laufen, an einer akuten oder chronischen HB oder HB-Virusinfektion zu erkrankenund dass zumindest für zehn Jahre ein zuverlässiger Schutz besteht, wenn nach derGrundimmunisierung ein Anti-HBs-Wert von < 100 IU/l erreicht wurde.Tabelle 1: Studie der BK-Verdachtsmeldungsakten (Dg. HB/HBV-Infektion) 23 Fälle mitkompletter Dokumentation (anti-HBc vor und anti-HBs nach Impfung):N=1235; davon 92 Fälle mit Impfanamnese; Verimpft wurden 186 Impfdosen davon 77unbekannter Hersteller/Produkt, 25 Plasmaimpfstoff, 84 Gentechnischer Impfstoff; 45 Personenkomplett geimpft; 16 davon mit 1 – 4 Boosterdosen; 22 Fälle ohne prävakzinales anti-HBc-Screeninganti-HBsnAnti-HBc –Serokonversionakute Hepatitis BselbstlimitierendChronische HB/HBV-Infektion< 10 U/l 18 1 7 1011-99 U/l 1 0 0 1> 100 U/l 4 4 0 0711


P108Poster – InfektionskrankheitenFeedback Influenza: Effekt der Influenzaschutzimpfung undAuswirkung auf die betriebliche PraxisMichael Schneider 1 , Ralf-Dieter Hilgers 21 Werksärztlicher Dienst, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co KG, Ingelheim; 2 Institut für Biometrieund Medizinische Statistik der RWTH AachenEinleitungIm Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagement bietet Boehringer Ingelheim (BI)jedes Jahr allen Mitarbeitern kostenlos Influenzaschutzimpfungen an. Der positive Effektsolcher Schutzimpfungen auf die Gesundheit ist in der Literatur beschrieben 1 . Ziel dervorliegenden Untersuchung war eine systematische Analyse zur Auswirkung dieserMaßnahme anhand der Bewertung der Daten aus der Impfsaison 2005/2006.MethodenAnhand eines zweiteiligen Fragebogens (FB1, Rücksendung 3 Wochen nach Impfterminund FB2, Rücksendung im April 2006) wurden Daten zu Nebenwirkungen (NW) nachSchutzimpfung, Auftreten von Erkältungskrankheiten und assoziiertemMedikamentenverbrauch erfasst, sowie die Motivation hinsichtlich weiterer Teilnahme anImpfaktionen erfragt. Mitarbeiter, die nicht an einer Impfung teilnahmen, wurdeausschließlich anhand FB2 befragt. Die Auswertung erfolgte deskriptiv.Ergebnisse64.8% aller Mitarbeiter von BI nahmen das Angebot zur Influenza-Schutzimpfung wahr.72,3% der Geimpften (G1) und 36.7% der nicht geimpften Mitarbeiter (G2) gabenRückmeldung hinsichtlich Erkältungskrankheiten in den Wintermonaten 2005/2006.16.0% aller Geimpften berichteten über NW im Zusammenhang mit der Schutzimpfung(lokal 8.4%, systemische 5.5%, beides 2.1%), siehe Tab.1. Lediglich 0.7% derGeimpften, die über Nebenwirkungen klagten, waren nach durchgeführter Schutzimpfungarbeitsunfähig (MW 1,5d). Über grippale Infekte im Winterhalbjahr berichteten 8.3% (G1)gegenüber 24.4% (G2). Der Verbrauch an Medikamenten lag in G1 bei 6.9%, in G2 bei13.5%. Arbeitsunfähig infolge grippaler Infekte waren in G1 insgesamt 4.5% (MW 2,3d)gegenüber 8.8% in G2 (MW 4,5 d), siehe Tab. 2.1.7% (5/273) aller Geimpften gaben an, aufgrund von NW zukünftig auf eineInfluenzaimpfung verzichten zu wollen.DiskussionDie Durchführung der Grippeschutzimpfung 2005/2006 war mit einer geringeren Anzahlvon Erkältungskrankheiten und geringeren Ausfallzeiten im anschließendenWinterhalbjahr in der geimpften Gruppe assoziiert, gleichsam mit einer Reduktion desVerbrauchs an Erkältungsmedikamenten. Dieser Effekt ist aus der Literatur bekannt 2 .Das Auftreten von Nebenwirkungen führte nicht zu einer Verminderung derImpfbereitschaft für das Folgejahr.712


P108Poster – InfektionskrankheitenTab.1: Nebenwirkung (NW) nach Influenza-Schutzimpfung bei geimpften Mitarbeitern (G1)Rückmeldung 21 Tage nach Influenza-Schutzimpfung 2005/2006 differenziert nachlokalen und systemischen Nebenwirkungen. Die Auswertung erfolgte anhand der Datenaus Fragebogen 1 (FB1).Tab.2: Auftreten grippaler Infekte und Einnahme von Medikamenten in Abhängigkeit von derInfluenza-SchutzimpfungAuftreten von grippalen Infekten und Einnahme verschiedener Medikamente differenziertnach Mitarbeitern, die influenzaimmunisiert waren (G1-Infekt) und solchen ohneSchutzimpfung (G2-Infekt). Die Auswertung erfolgte anhand der Daten aus Fragebogen2 (FB2).Literatur• Nichol KL. Cost-benefit analysis of a strategy to vaccinate healthy working adultsagainst influenza. Arch Intern Med 2001; 161: 749-759• Bridges CB et al. Effectiveness and cost-benefit of influenza vaccination of healthyworking adults: a randomized controlled trial. JAMA 2000; 284: 1655-1663713


P109Poster – LeistungsdiagnostikObjektivierung des 6-Minuten Gehtests zur Überprüfung derkörperlichen Leistungsfähigkeit im Rahmen einer stationärenRehabilitationWolfgang Marek 1 , Lars Marek 1 , Petra Vogel 2 , Klaus Mückenhoff 3 , Nicola Kotschy-Lang 21 Institut für Arbeitsphysiologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt, Bochum; 2 Berufsgenossenschaftliche Klinikfür Berufskrankheiten, Falkenstein, Falkenstein, 3 Institut für Physiologie, Ruhr-Universität Bochum, BochumZiel der Untersuchung:Der 6-Minuten-Gehtest (6-MG) ist ein verbreitetes Testverfahren zur Objektivierung derkörperlichen Leistungsfähigkeit (1-3), der insbesondere bei älteren Patientenangewendet wird (4). Ein Zugewinn >54 m wird als signifikante Steigerung derWegstrecke und damit als Therapieerfolg gewertet. Neben dem Zugewinn anGehstrecke sollte auch das Verhalten der Herzfrequenz berücksichtigt werden. Häufiglegen Patienten am Ende eines Rehaaufenthaltes eine unveränderte Wegstrecke mitgeringerer Herzfrequenz wie zu Beginn zurück. Wir definierten daher einen ParameterEffizienz (E) als Quotient aus der Wegstrecke und der mittleren Herzfrequenz währenddes 6-MG, und führten ein numerisches Verfahren zur Objektivierung desWegstreckenzugewinns (Sz) ein. Er erfasst die Wegsstrecke, die ein Proband erreichthätte, wenn er sich im Ausgangstest genauso belastet hätte, wie im Eingangstest.Methoden:Ausgestattet mit einem Pulsoximeter wurden 6-Minuten-Gehtests an 263 Patienten(251m, 12w) zu Beginn und am Ende des 3-4 wöchigen Rehaaufenthaltes durchgeführt.Die Probanden waren in einem mittleren Alter von 72,1 ± 6,1 Jahren, 168 ± 7,1 cmgroß, 77,8 ± 15,3 kg schwer und hatten damit einen leicht erhöhten BMI von 27± 5,0.Auf der Grundlage einer linearen Beziehung zwischen Herzfrequenz und externerBelastung wurde ein numerisches Verfahren unter Einbeziehung der Herzfrequenzentwickelt, das eine weitgehende Objektivierung des Ergebnisses über die gemesseneWegstrecke hinaus ermöglicht. Der Zugewinn an Wegstrecke wird nach der Formel: Sz= ΔfC1/ΔfC2*S2-S1 berechnet (Abb.1). Darin sind Sz = Zugewinn an Wegstrecke, ΔfC1 =Differenz der Herzfrequenz vor Beginn und im steady state beim 1. Gehtest und ΔfC2entsprechend beim zweiten Gehtest. S1 und S2 sind die Wege. Die Effektivität derkörperlichen Leistungsfähigkeit wird durch den Quotienten aus Weg und der mittlerenHerzfrequenz während der Belastung (E =S/fC) beschrieben.714


P109Poster – LeistungsdiagnostikAbb. 1: Schematische Darstellung für die Berechnung des theoretischen Wegstreckenzugewinns(Sz) für Patienten mit wenig veränderter Wegstrecke (S2) am Ende einer 3-4wöchigenRehamaßnahme.Ergebnisse:Eine Steigerung der Gehstrecke wurde vornehmlich bei Patienten mit geringerEingangsgehstrecke gefunden. Insgesamt ereichten die Patienten beim Eingangstesteine Wegstrecke von 353±70m (73%Soll) bei einer Herzfrequenz von 108±18Schlägen/min. In der Wiederholungsuntersuchung am Ende des Rehaaufenthaltes wurdeeine mittlere Wegstrecke von 368±77m (76% Soll) bei einer Herzfrequenz von 107±18Schlägen/min erreicht. Aufgrund der zurückgelegten Wegstrecke im Eingangstestwurden die Patienten in 6 Gruppen eingeteilt: < 240m, 240-299m, 300-359m, 360-419mund >480m. Während die Wegstrecke in der Gruppe mit der geringstenEingangswegstrecke von 165±49m auf 234±60m anstieg (+38%) kam es zu einerdeutlicheren Steigerung des Parameters Wegstrecke/Herzschlag von 1,52 ± 0,58 auf2,36 ± 0,72 m/Herzschlag (+55%, p


P109Poster – LeistungsdiagnostikAbb. 2: Verhalten der Effizienz (Wegstrecke/HS) im Eingangs- (linke Säulen) und Ausgangstestam Ende der Rehamaßnahme (rechte Säulen). ** p< 0,005, * p


P109Poster – LeistungsdiagnostikLiteratur:• Enright PL, McBurnie MA, Bittner V, Tracy RP, McNamara R, Arnold A, Newman AB,for the Cardiovascular Health Group. The 6-min walk test: a quick measure offunctional status in elderly adulds.Chest, 123:387-389 (2003)• Guralnik J, Branch L, Cummings S, et al. Physical performance measures in agingresearch. J Gerontol Med Sci 44, M141-M146. 1989.• American Thoracic Society. ATS Statement: Guidelines for six-minute walk test.Official statement of the american thoracic society. Am J Respir Crit Care Med. 166,111-117. 2002.• Deutsche Gesellschaft für Pneumologie. Empfehlungen zur Durchführung undBewertung von Belastungsuntersuchungen in der Pneumologie. Pneumologe 52,225-231. 1998.717


P110Poster – LeistungsdiagnostikFahrradergometrische Untersuchung der körperlichenLeistungsfähigkeit Bochumer MedizinstudentenWolfgang Marek 1 , Eike Marek 1 , Alexandra Bode-Becker 1 , Felix Nensa 1 , Klaus Mückenhoff 21 Institut für Arbeitsphysiologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt, Bochum; 2 Institut für Physiologie, Ruhr-Universität Bochum, BochumEinleitung:Im Physiologiepraktikum der Ruhr-Universität Bochum werden ergospirometrischeUntersuchungen im aeroben Leistungsbereich zur Ermittlung respiratorischer und kardiovaskulärerAnpassungen des Organismus an körperliche Arbeit als didaktischerUnterrichtsversuch durchgeführt. Die Studenten sollen dabei die Ruhewerte vonAtmungs- und Kreislaufparametern und ihre Anpassungsmechanismen an körperlicheArbeit kennenlernen. Auf eine Ausbelastung der Studenten wird dabei verzichtet. Umdennoch Aussagen über die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit zu treffen,berechneten wir die physiologischen Grössen bei der maximalen altersbezogenenHerzfrequenz durch numerische Extrapolation der experimentell ermitteltenWertzusammenhänge.Methoden:85 gesunde Studenten (35 w, 50 m, Alter 22,6±2,3 Jahre), wurden auf demFahrradergometer im aeroben Bereich (


P110Poster – Leistungsdiagnostikerrechnet sich eine maximale O2-Aufnahme von 2,08 ± 0,77 l/min (33,7 ± 12,1ml/kg/min) und für die Studenten von 2,76 ± 0,53 l/min (35,6 ± 6,8 ml/kg/min),entsprechend einer mechanischen Leistung von 172 ± 45 Watt bzw. 232 ± 54 Watt. Beiden Studentinnen entspricht dies 103 ± 36% des Sollwertes und für die Studenten 84±16%. In einer fünfstufigen Klassifikation entspricht die VO2peak der Studentinnen in29% der niedrigsten Stufe, bei den Studenten sind dies 59%. 18% der Studentinnenverfügten über eine gute bis sehr gute VO2peak. Im Rahmen einer fünfstufigenSelbsteinschätzungsskala ihrer körperlichen Leitungsfähigkeit vor dem Test gaben 2,5%der männlichen Studenten die Stufe „sehr gut“, 65% „gut“, 22,5% „mittel“ und 10%schlecht“ an. Zurückhaltender waren die Angaben der weiblichen Studenten mit 3,5%„sehr gut“, 21,5% „gut“, 57,1% „mittel“ und 17,8% schlecht“. „sehr schlecht“ gabniemand an.Abb. 1: Zusammenhang von Herzfrequenz und externer Belastung am Fahrradergometer fürBochum Medizinstudentinnen (▲) und -studenten (♦)mit Markierung der PWC170 und dermaximalen Herzfrequenz von 200 – Lebensalter, im Mittel bei den hier untersuchten Studentenvon 197 Schlägen/min.Diskussion:Die maximale Sauerstoffaufnahme und die externen Leistungen entsprechen bei denStudentinnen den Sollwerten nach Wasserman (1), während die Werte für die Studentenim Mittel dem unteren Grenzwert zuzurechen sind. Dies steht deutlich im Widerspruchzur Selbsteinschätzung der körperlichen Leitungsfähigkeit, die von 68% der männlichen719


P110Poster – LeistungsdiagnostikStudenten als „gut“ eingeschätzt wurde, während nur 25% der Studentinnen ihreLeistungsfähigkeit als gut einstuften. Im Vergleich zu Kadersportlern erreichen dieMedizinstudenten gerade einmal 50% der Werte für die VO2max, die von RadrennfahrenRuderern oder Skilangläufern erreicht werden (3,4). Ob die Sollwerte für junge männlicheErwachsene zu hoch angesetzt sind, oder ob das Auswahlverfahren zumMedizinstudium verantwortlich für die unterschiedlichen Ergebnisse der Studentinnenund Studenten ist bleibt Gegenstand weiterer Untersuchungen. Auch im Statement derATS und der ACCP (2) werden neue Referenzwerte für die kardio-pulmonalenLeistungsuntersuchungen gefordert.Literatur:(1) Wasserman K, Hansen JE, Sue DY, Casaburi R, Whipp BJ. Principles of exercisetesting and interpretation. 3rd ed. Philadelphia: Lippincott-Williams and Wilkins, 1999.(2) American Thoracic Society., American College of Chest Physicians. ATS/ACCPStatement on cardiopulmonary exercise testing. Am J Respir Crit Care Med. 167,211-277. 2003.(3) Hansen JE, Sue DRWK. Predicted values for clinical exercise testing. Am Rev RespirDis 129[Suppl.], S49-S55. 1984.(4) Hartung GH, Krock LP, Crandall CC, Bisson RU, Myhre LG. Prediction of oxygenuptake from submaximal exercise testing in aerobically fit and nonfit men. AviatSpace Environ Med 64, 735-740. 2000.(5) Kroidl RF, Schwarz S, Lehnigk B. Kursbuch Spiroergometrie. Technik und Befundungverständlich gemacht. Thieme, Stuttgart 2006.720


P111Poster – LeistungsdiagnostikValidierung einer neuen HRV-Analysemethode für dasBeanspruchungsassessmentMatthias Weippert 1 , Mohit Kumar 2 , Steffi Kreuzfeld 1 , Dagmar Arndt 3 , Regina Stoll 11 Institut für Präventivmedizin, Universität Rostock, Rostock; 2 Automation assessment, Center for LifeScience Automation, Rostock; 3 Center for Life Science Automation, (Celisca), RostockEinleitung:Beanspruchungsmessung am realen Arbeitsplatz braucht zuverlässige und möglichstnichtinvasive physiologische Parameter. Diese sollten kontinuierlich messbar undaußerdem aussagekräftig für psychische und physische Formen der Belastung sein.Wird die Herzschlagvariabilität (HRV) – die rhythmische Variation der Herzschlagfolge –mit geeigneten Instrumenten erfasst und analysiert, kann sie vielfältige Informationenüber die Beanspruchung einer Person liefern.Um diese Informationen sichtbar zu machen, entwickelten wir ein neuesAnalyseverfahren, welches neben der Offline-Auswertung von Herzschlagintervallenauch ein Online-Monitoring der HRV ermöglicht. Ziel der Untersuchung war dieValidierung dieser neuen Methode mit Hilfe einer standardisiertenKipptischuntersuchung.Die Kipptischuntersuchung diente der Provokation autonomer Regulationsprozesse.Beim Kippen in die aufrechte Position kommt es zu einem venösen Pooling in denunteren Extremitäten. Dem resultierenden Blutdruckabfall wird unter anderem durch eineHerzfrequenzerhöhung entgegengesteuert. Diese wird über das autonomeNervensystem ver-mittelt. Die Analyse der Herzschlagvariabilität ermöglicht einendifferenzierten Einblick in das Zusammenspiel von Sympathikus und Parasympathikus.Methode:Wir untersuchten insgesamt 37 HKL-gesunde Probanden im Alter von 25-48 Jahren (29Frauen, 8 Männer) bei einer 20 minütigen Kipptischuntersuchung (10 min Liegen in 0°-Position, danach innerhalb von 3 Sekunden in eine aufrechte 70°-Position gekippt, fürweitere 10 min). Die RR-Intervalle (= Abstände zwischen den sukzessiven R-Zacken imEKG) eines jeden Probanden wurden kontinuierlich aufgezeichnet. Dies erfolgte onlinedurch Kopplung eines S810i mit einem mobilen PC. Die aufgezeichneten RR-Intervallebildeten die Grundlage für die HRV-Analyse im Frequenzbereich mit Hilfe derkontinuierlichen Wavelet-Transformation (CWT). Insgesamt wurden 240 dreiminütigeRR-Intervallaufzeichnungen analysiert.Ergebnisse:Mit Hilfe der CWT wurden verschiedene Frequenzbereiche der HRV differenziert, dieunterschiedlichen autonomen Regulationsmechanismen zugerechnet werden. Der Anteildes HF-Bandes am gesamten Leistungsdichtespektrum – als Marker desparasympathischen Einflusses auf das Herz – zeigte nach dem Kippen in die aufrechte721


P111Poster – LeistungsdiagnostikPosition einen starken Abfall (0,22 ± 0,13 zu 0,08 ± 0,06; p


P112Poster – LeistungsdiagnostikImpulsoszilloresistometrie (IOS) als Effektparameter in einerLängsschnittstudie in zwei Kalibergwerken*Gabriele Lotz, Erhardt GierkeFachgruppe Wirkung von biologischen und chemischen Arbeitsstoffen, Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin (BAuA), BerlinZiel der Studie:Die Impulsoszilloresistometrie (IOS) ist in Querschnittsuntersuchungen als einfachdurchzuführende Methode zur Erfassung atemmechanischer Parameter während derRuheatmung etabliert (Oostveen et al. 2003). Ihre Aussagefähigkeit inarbeitsmedizinischen Längsschnittuntersuchungen ist aber noch nicht sicher belegt. Ineiner Längsschnittstudie an zwei Kalibergarbeiterkohorten (Lotz et al. 2005) wurdeneben der traditionellen Methode der Spirometrie und der erweiterten Diagnostik mit derBodyplethysmographie (BP) die Impulsoszilloresistometrie eingesetzt. Dabei solltenneben den anderen lungenfunktionsdiagnostischen Ergebnissen erstmalig Dosis-Wirkungsbeziehungen zwischen der Exposition und den IOS-Befunden im Längsschnittdargestellt werden.Methoden:Zur Expositionsermittlung fanden folgende Verfahren Anwendung: gravimetrischeBestimmung der einatembaren und alveolengängigen Salzstaubkonzentration,coulometrische Bestimmung von Dieselruß (als elementarer Kohlenstoff) in deralveolengängigen Fraktion und Analyse von Stickstoffdioxid und Stickstoffmonoxidmittels elektrochemischer Sensoren (Kooperation mit dem IGF der Bergbau BG, der K+SKali-GmbH und K+S Aktiengesellschaft). Die medizinischen Untersuchungenbeinhalteten einen standardisierten Fragebogen, eine klinische Untersuchung und eineLungenfunktionsdiagnostik mit IOS sowie Spirometrie und Bodyplethysmographie. Dosis-Wirkungsbeziehungen wurden im multiplen linearen Regressionsmodell unterBerücksichtigung der Confounder Alter, Größe, BMI, Rauchen u.a. und derenÄnderungen im Follow-up von 5 Jahren geprüft. Als Indikator für die komplexe Expositionunter Tage wurde in den Berechnungen die Dieselrußdosis verwendet (wegen hoherKorrelationen mit den anderen Expositionskomponenten ohne diese im Modell).Für die Studie lag die Zustimmung der Ethikkommission und das schriftlicheEinverständnis der Probanden vor.Ergebnisse:Es wurden 290 Bergleute in Sachsen-Anhalt (Werk S) und 278 Bergleute in Hessen(Werk H) im Längsschnitt untersucht (75% bzw. 64% der Ausgangskohorte). In beidenBergarbeiterkohorten ist ein adjustierter expositionsabhängiger Effekt (p


P112Poster – LeistungsdiagnostikParameter (zentrale Resistance, Impedanz, Resistance bei 5 Hz) zu verzeichnen. Beiden spirometrischen Parametern zeigten sich expositionsabhängige Effekte auf FEV1 inbeiden Werken, auf FEV1%VCmax nur im Werk S und keine sicheren auf FVC. Bei denbodyplethysmographisch gemessenen Parametern ergaben sich expositionsabhängigeEffekte auf das Residualvolumen (RV und RV%TLC) in beiden Werken, auf dieResistance (RT) jedoch nur im Werk H. Mit dem angewandten Regressionsmodell istz.B. im Werk H folgender adjustierter expositionsabhängiger Effekt zu erwarten: für Rp(IOS) von 6,8 Pa/l/s/Jahr, für RT (BP) von 2,2 Pa/l/s/Jahr und für FEV1 von -9 ml/Jahrbei einer mittleren Belastung der Kohorte im 5-Jahreszeitraum (berechnet für denIndikator Dieselrußdosis = 4,9 mg/m 3 x Monate).Die Korrelationen zwischen den Änderungen von FEV1 sowie RT und den IOS-Parametern waren relativ gering. Sie betrugen für FEV1 und Rp -0,20 bzw. X5 0,17 imWerk S und für FEV1 und Rp -0,22 bzw. X5 0,21 im Werk H. Die Korrelationen von RTund Rp lagen bei 0,13 im Werk S und 0,25 im Werk H.Schlussfolgerungen:Die Impulsoszilloresistometrie ist bei epidemiologischen Längsschnittuntersuchungenund unter den Bedingungen einer mobilen Lungenfunktionsdiagnostik gut einsetzbar. DieIOS kann in Längsschnittuntersuchungen zum Nachweis vonExpositionswirkungsbeziehungen die spirometrische und bodyplethysmographischeDiagnostik sinnvoll ergänzen. Änderungen beim Atemwegswiderstand waren deutlichermit der impulsoszillometrisch gemessenen als mit der bodyplethysmographischgemessenen Resistance nachweisbar. Bei der IOS erwiesen sich in beiden Werken dieParameter periphere Resistance und Reactance bei 5 Hz als besonders sensibleParameter zum Nachweis von expositionsbedingten Änderungen im Follow-up.* Die Längsschnittstudie, Forschungsprojekt F 5130 der BAuA, wurde inZusammenarbeit mit dem Institut für Gefahrstoff-Forschung (IGF) der Bergbau-BG,Bochum, der K+S KALI GmbH und der K+S Aktiengesellschaft, Kassel durchgeführt.Literatur• Oostveen, E.; MacLeod, D.; Lorino, H. et al.: The forced oscillation technique inclinical practice: methodology, recommendations and future developments. Eur.Respir. J. 22 (2003) 1026-1041• Lotz, G.; Plitzko, S.; Gierke, E. et al.: Längsschnittstudie über Dosis-Wirkungsbeziehungen bei Belastungen durch Salzstaub, Dieselmotoremissionen undStickoxide in zwei Kalibergwerken. In: Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin (Hrsg.): Arbeitsbedingte Erkrankungen der Atemwege. Bremerhaven:Wirtschaftsverlag NW (2005), S. 49 - 58. (Schriftenreihe der Bundesanstalt fürArbeitsschutz und Arbeitsmedizin. <strong>Tagungsband</strong> Tb 143)724


P113Poster – LeistungsdiagnostikValidität von Bodyplethysmographie und Spirometrie zurErfassung der bronchialen Hyperreaktivität mit MethacholinRolf Merget, Evelyn Heinze, Thomas BrüningInstitut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut für Arbeitsmedizin(BGFA), BochumZiel der StudieDer Methacholin(MCH)-Test ist sowohl in der Prävention als auch in der Kompensationvon obstruktiven Atemwegserkrankungen von Bedeutung. Im Reichenhaller Merkblatt istausgeführt, dass eine arbeitsbedingte symptomatische bronchiale Hyperreaktivitätbereits den Leistungsfall einer obstruktiven Atemwegserkrankung begründen kann.Insofern kommt der Definition einer bronchialen Hyperreaktivität gerade in derKompensation eine große Bedeutung zu. Bislang gibt es nur wenige vergleichendeDaten über die Eignung von Bodyplethysmographie (spezifischer Atemwegswiderstand,sRt) oder Spirometrie (Einsekundenkapazität, FEV 1 ) für die Diagnostik einer bronchialenHyperreaktivität.MethodenDie Frage der Sensitivität und Spezifität von sRt und FEV 1 sollten an einem Kollektivjunger Erwachsener geprüft werden. Es wurden 829 Medizinstudenten im Alter zwischen20 und 40 Jahren im Rahmen des Arbeitsmedizinischen Praktikums rekrutiert. DasVotum der Ethik-Kommission lag vor. Der MCH-Test erfolgte als 5-Stufen-5-Konzentrationen-Dosimetertest nach den Angaben der American Thoracic Society (ATS)(1). Das Protokoll der ATS wurde mit 3 kleinen Modifikationen unverändert übernommen:(a) kein Atemanhalten nach jeder Inhalation, (b) Vernebelung 0.5 sec. nachInspirationsbeginn, (c) Messung von sRt nach 60 sec., Messung von FEV 1 nach 90 sec.Es wurden ein APSpro Dosimeter und ein DeVilbiss 646 Vernebler der Fa. Viasys,Würzburg verwendet. Positivkriterien waren ein FEV 1 -Abfall von ≥ 20% bzw. eineVerdoppelung des sRt bei gleichzeitiger Überschreitung von 2 kPa.s. Der Test wurdeerst abgebrochen, wenn beide Kriterien erfüllt waren. Als Goldstandard wurdenFragebogenantworten (ATS (1) sowie Zusatzfragen) verwendet.Ergebnisse431 Probanden (52%) führten den Test durch, 254 Probanden (31%) lehnten den Testab und 144 Probanden (17%) wiesen eine Kontraindikation (1) auf, meist akuteBronchitis in den letzten 6 Wochen (n=122). Von den 431 Probanden, die den Testdurchführten, wurden 36 (8.4%) wegen instabiler Atemtechnik (Wiederanstieg FEV 1 >5%) ausgeschlossen. In der Gruppe mit verfügbarem qualitätsgesicherten Test (n=395)gaben 58 (14.7%) ein pfeifendes Geräusch im Brustkorb im letzten Jahr an. Mit diesemSymptom als Goldstandard betrugen die Sensitivitäten nach Stufe 4 (die von der ATS alspathologisch definiert wird) 38% (sRt), 34% (FEV 1 ) und 31% (Kombination beider725


P113Poster – LeistungsdiagnostikMethoden), die Spezifitäten 90% (FEV 1 ) 95% (sRt) und 98% (Kombination beiderMethoden). Bei Stufe 5 lagen die Sensitivitäten bei 60%, 45% und 40%, die Spezifitätenbei 76%, 89% und 91%. Bei der selbstberichteten Arztdiagnose Asthma alsGoldstandard (n=46) lagen ähnliche Sensitivitäten und Spezifitäten vor. Wurde nur dieSubgruppe ausgewertet, die alle Frage des Fragebogens negativ beantwortet hatte(Lungengesunde; n=253), so bestätigte sich die hohe Spezifität des Tests, wennPositivität beider Kriterien gefordert wurde (5.9% positive Befunde in Stufe 5 und 0.8% inStufe 4; Tabelle). Auch in dieser Subgruppe fand sich eine höhere Zahl positiver Testsmit dem bodyplethysmographischen Kriterium bei gleichzeitig fehlendem Abfall von FEV 1(11.9% in Stufe 5 und 5.5% in Stufe 4; Tabelle) im Vergleich zu positiven Tests mit demspirometrischen Kriterium bei gleichzeitig fehlendem Anstieg des sRt (3.6% in Stufe 5und 2.8% in Stufe 4; Tabelle).SchlussfolgerungenDer in dieser Studie verwendete Dosimetertest ist vergleichbar mit der in derArbeitsmedizinischen Vorsorge überwiegend verwendeten Reservoirmethode (2).Bislang wird empfohlen, die obstruktive Reaktion des Probanden mittels FEV 1 zumessen. In der jetzigen Studie führten Bodyplethysmographie und Spirometrie imuntersuchten Kollektiv von jungen Medizinstudenten im beurteilungsrelevantenDosisbereich in etwa 8-16% zu diskrepanten Ergebnissen, wobei dieBodyplethysmographie mehr „falsch“ positive Tests ergab. Mit beiden Messmethodenwar die Sensitivität des Tests in diesem vergleichsweise gesunden Kollektiv erstaunlichgering, so dass in der Prävention (Arbeitsmedizinische Vorsorge) auch ein positivesTestergebnis in der 5 Stufe beachtet werden sollte. Für die Kompensation wird aufgrundder höheren Spezifität empfohlen, FEV 1 als Messparameter zu benutzen. Nur sehrwenige lungengesunde Probanden (3.6%) zeigten nach Stufe 4 einen signifikanten Abfallvon FEV 1 . Die Bodyplethysmographie war aber hilfreich, denn ein isolierter Abfall vonFEV 1 ohne gleichzeitigen Anstieg des sRt war sehr selten (2.8% in Stufe 4), so dassdurch die zusätzliche Bodyplethysmographie in vielen Fällen eine schlechte Atemtechnikbzw. ein falsch-positiver Abfall von FEV 1 vermutet werden kann.Literatur1. American Thoracic Society. Guidelines for methacholine and exercise challengetesting – 1999. Am J Respir Crit Care Med 2000;161:309-3292. Merget R, Heinze E, Neumann L, Taeger D, Brüning T. Vergleich einer Reservoir-(Pari Provotest II-) und Dosimeter- (ATS-)Methode zur Prüfung der bronchialenHyperreaktivität mit Methacholin. <strong>Tagungsband</strong> der 45. Jahrestagung der<strong>DGAUM</strong> (2006) 624-625726


P113Poster – LeistungsdiagnostikTabelle: Ergebnis des Methacholintests bei Lungengesunden(alle Fragen nach ATS 2000 negativ beantwortet; n=253 von 395 Probanden mit akzeptiertenTests)Nach Stufe 5Testausfall nach KriteriumAnzahl (Prozent)FEV 1 neg/sR t neg 199 (78.7)FEV 1 neg/sR t pos 30 (11.9)FEV 1 pos/sR t neg 9 (3.6)FEV 1 pos/sR t pos 15 (5.9)Nach Stufe 4Testausfall nach KriteriumAnzahl (Prozent)FEV 1 neg FEV 1 /sR t neg 230 (90.9)FEV 1 neg/sR t pos 14 (5.5)FEV 1 pos/sR t neg 7 (2.8)FEV 1 pos/sR t pos 2 (0.8)FEV 1 pos = Abfall ≥ 20%sR t pos = Verdoppelung und Anstieg ≥ 2 kPa.s727


P114Poster – LeistungsdiagnostikFrüherkennung der chronisch obstruktive Lungenerkrankung(COLD) mit den Methoden der arbeitsmedizinischenVorsorgeuntersuchungHeiz-Jörg ElliehausenArbeitsmedizinscher Dienst, Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, HannoverManuskript lag uns bei Redaktionsschluss nicht vor.728


P115Poster – NeurotoxikologieUmgang mit anticholinergen Substanzen: Die Pupillometrie alsneue Möglichkeit in der arbeitsmedizinischen DiagnostikMichael Schneider 1 , Bernd Röhrig 2 , Heinz Werner Gödert 3 , Helmut Wilhelm 4 , Axel Muttray 31 Werksärztlicher Dienst, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co KG, Ingelheim; 2 Institut für MedizinischeBiometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 3 Institut für Arbeits-,Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz;4 Augenklinik, UniversitätsklinikTübingen, TübingenDurch Bewertung der Pupillenreaktion ergibt sich die Möglichkeit, zentralnervöse Effektevon einwirkenden chemischen Stoffen qualitativ zu bewerten. Die Pupillometrie ist einenicht invasive Testmethode zur Erfassung solcher pharmakologischer Effekte 1 . Derberufliche Umgang mit Anticholinergika kann zu zentralnervösen Wirkungen führen. Einfrühes Zeichen einer Intoxikation ist die beidseitige Mydriasis. Tropenolester ist einezentral wirksame anticholinerge Substanz, die unter Nutzung persönlicherSchutzausrüstung in pulvrigem Zustand verarbeitet wird. Die Untersuchung sollte zeigen,ob der Umgang mit Tropenolester unter den derzeitigen Arbeitsbedingungen zu einerInkorporation führte und ob diese mit einer Pupillenerweiterung verbunden war.Kollektiv und MethodeIn einer explorativen Untersuchung wurden die Daten von 11 gegenüber Tropenolesterexponierten Männern (Alter im Median 28, 25-45 Jahre) mit denen von 12 männlichenKontrollpersonen (Median 29, 18-65 Jahre) verglichen. Die Konzentration vonTropenolester im Urin wurde mit HPLC-MS/MS bestimmt.Pupillometer – MesseinheitDie Pupillometer-Messeinheit setzte sich aus einer optischen Einheit (Sony HandycamDCR-PC109E mit Nahlinse +1 Dioptrin) und einer stufenlos innen beleuchtbarenMessbox zusammen. Zur Darstellung der Pupillen unter dunklen Lichtverhältnissen(1Lux) wurde ein Infrarot –Licht (Sony HLV-IRH 2) verwendet Die Messbox war mit zweigegenüberliegenden Aussparungen versehen. Auf der einen Seite wurde die Kamerapositioniert, auf der gegenüberliegenden Seite, an der innseitig eine cm-Messskala (cm-MS) angebracht war, befand sich eine Aussparung für die Augenregion. Die MersseinheitwurdePupillometrieDie Untersuchung der Pupillendurchmesser (Pupillometrie) erfolgte nach Validierung 2anhand eines standardisierten Messprotokolls. Nach Dunkel-Adaptation wurdenAufnahmen von beiden Pupillen unter Lichtverhältnissen „dunkel“ (1 Lux), „mittel“ (162,5Lux) und „hell“ (2740 Lux) erstellt. Die Messung begann immer mit dem rechten Auge.Das Interstimulusintervall lag bei 30 Sekunden. Pupillendurchmesser wurden jeweilsmanuell vermessen und anhand der cm-Messskala kalibriert. Die korrespondierendenMesswerte für jede Pupille wurden unter den jeweiligen Lichtintensitäten gemittelt. Die729


P115Poster – NeurotoxikologieGrößenangabe für den Pupillendurchmesser erfolgte in cm. Die Messungen für dieVerumgruppe erfolgten unter Expositionsbedingungen (Umgang mit Tropenolester) undnach einem expositionsfreien Intervall von 10 Wochen. Jeweils zu gleichen Zeitpunktenwurden die Messdaten für die Kontrollgruppe ermittelt. Die Daten wurden explorativ mitEinsatz des Mann-Whitney U-Tests statistisch ausgewertet.ErgebnisseDie Konzentration von Tropenolester im Urin betrug im Median für die Verumgruppe(VG) bei Exposition 300 pg/ml (< NWG bis 2160 pg/ml). In der Kontrollgruppe (KG)blieben alle Werte unter der Nachweisgrenze von 50 pg/ml. Die medianen Differenzender Pupillenweiten (Exposition – Leerwert) betrugen bei 1 Lux links -0,27 (VG) vs. -0,06(KG) mm, p=0,05 und rechts -0,59 (VG) vs. -0,02 (KG) mm, p


P116Poster – NeurotoxikologieBerufliche Exposition gegenüber Lösungsmittelgemischen –welche kognitiven Funktionen geben Hinweise auf neurotoxischeWirkungen?Monika Meyer-Baron 1 , Meinolf Blaszkewicz 1 , Henning Henke 2 , Michael Schäper 1 , Christoph vanThriel 11 Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund, Dortmund; 2 Fachbereich Statistik, UniversitätDortmund, DortmundZiel der StudieAn Arbeitsplätzen sind Lösungsmittel vor allem als Gemische bedeutsam, ihregesundheitsschädliche Wirkung auf das zentrale Nervensystem in der BK 1317anerkannt. Um Präventionsmaßnahmen zu ermöglichen, ist es wichtig zu wissen, ob esvulnerable Funktionen gibt, die geeignet sind, den ungünstigen Einfluss derLösungsmittelexposition abzubilden und bei welchen Expositionshöhen vonBeeinträchtigungen auszugehen ist.Eine Metaanalyse epidemiologischer Studien ermöglicht die Beantwortung der gestelltenFragen auf breiter Basis. Sie ermittelt, welche Funktionen von objektiven,reproduzierbaren und quantitativ beschreibbaren Wirkungen betroffen sind. Durch denBezug von Effekten zu Expositionsparametern kann beantwortet werden, bei welchenExpositionshöhen Veränderungen zu erwarten sind. Die Nutzung eines Bewertungsindex(Hygienic Effect, Summe der Lösungsmittelkomponenten in Relation zu ihremGrenzwert) ermöglicht den Vergleich von Studien trotz unterschiedlicher Gemische.Methoden und MaterialDie gewählte metaanalytische Methode basiert auf der Effektstärkeschätzung. Grundlageder Zusammenfassung bildet die standardisierte Mittelwertdifferenz zwischen derexponierten- und der Kontrollgruppe. Zur Ermittlung des gemeinsamen Effekts derStudien wurde ein Random Effects Modell angewendet. Analysiert wurden 46 Studienohne Patienten oder Berufskrankheitsfälle, publiziert zwischen 1975 und 2004.Achtundvierzig neuropsychologische Testvariablen u. a. aus den BereichenAufmerksamkeit, Gedächtnis und Motorik konnten analysiert werden. Expositionsdetailsgab es für 17 Studien.ErgebnisseFür 44 der Testvariablen wurden negative Effektstärken zwischen d= -0.01 und d= -0.64ermittelt, wobei 12 Ergebnisse signifikante Effektstärken zwischen d= -0.16 und d= -0.46zeigten (Tabelle 1). Schlechtere Leistungen der Exponierten wurden insbesondere fürdie Funktion Aufmerksamkeit (39% der Tests mit signifikantem Ergebnis) erzielt. DerBezug von Effektstärken zu Expositionsmaßen zeigte widersprüchliche Ergebnisse.Wurden Effektstärken zum Bewertungsindex oder zur Expositionshöhe in Beziehunggesetzt, wurden teilweise zunehmende, teilweise abnehmende Effektstärken mit731


P116Poster – Neurotoxikologiezunehmender Belastung festgestellt. Wurden nur die Studien in Berechnungeneinbezogen, für die der Bewertungsindex genau die Personen charakterisierte, dieuntersucht worden waren, zeigten sich keine signifikanten negativen Effekte (Tapping,dominante Hand -0.15 und Benton Visual Retention -0.57). In allen 3 Studien lag der HEunterhalb von 1.Tabelle 1: Signifikante metaanalytische Ergebnisse zu einzelnen TestvariablenTestAnzahlStudienEffektstärke95% KonfidenzintervallAufmerksamkeitDurchstreichtest, Fehler 4 -0.32 -0.61, -0.03Zahlenspanne, Summe 13 -0.23 -0.37, -0.38Zahlen Symbol Test 21 -0.35 -0.49, -0.22Einfache Reaktion, Zeit 28 -0.34 -0.53, -0.15Einfache Reaktion, Variabilität 6 -0.19 -0.35, -0.04Trail making, A 7 -0.43 -0.64, -0.21Trail making, B 7 -0.35 -0.51, -0.20Daueraufmerksamkeit, NES 7 -0.16 -0.30, -0.01Aufmerksamkeitswechsel, NES 5 -0.46 -0.82, -0.11Gedächtnis14 -0.20 -0.37, -0.02Benton Visual RetentionKonstruktionMosaiktest 22 -0.28 -0.41, -0.15MotorikTapping, nicht-dominante Hand 3 -0.36 -0.62, -0.09SchlussfolgerungenAufmerksamkeitsleistungen erscheinen mehr als andere Funktionen geeignet,Lösungsmittelwirkungen abzubilden, auch wenn die Effekte insgesamt als leicht zubewerten waren. Nicht nur Aufmerksamkeitsspanne, Vigilanz und Ausdauer zeigten sichbeeinträchtigt, sondern auch komplexere Leistungen wie Reaktionswechsel und -hemmung. Die Herstellung von Expositions-Wirkungsbezügen gestaltete sich aufgrunddes unzureichenden Datenmaterials und unangemessener Expositonsbeschreibungen(z. B. berichtete Konzentrationen beschreiben nicht die untersuchte Gruppe) schwierigund erbrachte inkonsistente Ergebnisse. Sehr punktuell ließ sich auf schmalerDatenbasis zeigen, dass bei Einhaltung der MAK-Werte von 2004 (Hygienic Effect≤1)kein negativer Effekte für Testleistungen nachweisbar war.Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass Studien verstärkt Aufmerksamkeit auf dieExpositionserfassung richten müssen, da Mängel in diesem Punkt die Ermittlungkritischer Konzentrationen verhinderte. In der Prävention von Lösemittelwirkungen anArbeitsplätzen sollten Tests zur Aufmerksamkeit zum Standardinstrumentarium gehören,um mögliche Beeinträchtigungen frühzeitig zu erfassen.732


P117Poster – NeurotoxikologiePrädiktoren der Hirnatrophie bei chronisch toxischerEnzephalopathieMarc Müller, Marieke Bode, Axel BuchterInstitut und Poliklinik für Arbeitsmedizin, Universität des Saarlandes, HomburgZielErfassung von Prädiktoren der Hirnatrophie im Rahmen einer chronisch toxischenEnzephalopathie durch langjährige Lösemittelexposition.MethodenIn einem Zeitraum von 7 Monaten wurden 2496 Patientenakten aus den Jahren 1989 bis2005 durchgesehen und die Daten und Befunde aller Patienten mit neurotoxischenKrankheitsbildern (117) ausgewertet.ErgebnisseBei 43 Patienten wurde die Diagnose CTE gestellt. Eine Monoexposition gegenüberLösemitteln war in 30% d.F. zu ermitteln (zumeist Perchlorethylen), die übrigen Patientenwaren im Sinne einer Mischexposition gegenüber Perchlorethylen, Toluol, Ethanol,Benzol, Methanol und anderen exponiert. Die mediane Expositionszeit betrug 14 Jahre[3 – 39], die mediane Latenzzeit ebenfalls 14 Jahre [1 – 42], das medianeErkrankungsalter 44 Jahre [19 – 59]. Es fanden sich 4 CTE Grad I, 19 x IIa, 19 x IIb und1 x III.37 Patienten gaben an, unter Exposition Rauschzustände, Übelkeit, Kopfschmerzen oderandere Expositionssurrogate bemerkt zu haben. Häufigste Nebendiagnose war derarterielle Hypertonus bei 60%, daneben Adipositas (21%), Hyperurikämie (12%),Diabetes mellitus und HLP (zu jeweils 9%). Einen „vermehrten“ Alkoholkonsum gaben 9Patienten an, 18 Patienten rauchten oder hatten geraucht.Bei 33 Patienten lagen die Befunde eines CT / MRI des Zerebrums vor, wobei sich bei18 Patienten (53%) eine kortikale Hirnatrophie zeigte. Bei einem Patienten zeigten sichunspezifische Entmarkungsherde (Stammganglien und Marklager). Bei den restlichenzeigten sich keine pathologischen (8) oder in Zusammenhang mit derLösemittelexposition (6) bringbaren Befunde.Beim direkten Vergleich der Patienten mit Hirnatrophie (18) und der ohne pathologischeBefunde (8) waren keine Unterschiede hinsichtlich gesamter Expositionsdauer, Stoffart,Latenzzeit, Erkrankungsalter und Schweregrade der CTE eruierbar. Dagegen waren dieP. mit nachgewiesener Atrophie pro Tag durchschnittlich 1.5 Stunden länger exponiert;daneben gaben diese Patienten häufiger an, unter Exposition an Symptomen gelitten zuhaben (64% vs. 29%).733


P117Poster – NeurotoxikologieSchlussfolgerungIn unserem Kollektiv korrelierten die Dauer der täglichen Exposition und eine positiveAnamnese für Rauschzustände unter der Exposition positiv mit dem Auftreten einerHirnatrophie (n.s.).Literatur• Buchter A: Lösungsmittel und Pestizide aus Sicht der Arbeitsmedizin,Nervenheilkunde 1998• Haaß A: Polyneuropathie und Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel –Klinik, Diagnostik, Differentialdiagnostik und Verlauf, Schriftenreihe Prävention 1998• Leira HL et al.: Cerebral magnetic resonance imaging and cerebral computerizedtomography for patients with solvent-induced encephalopathy, Scand J EnvironHealth 1992• Lorenz H et al.: Nachweis von Hirnschädigung durch Tetrachlorethen, Zbl Arbeitsmed1990• Lorenz H et al.: Schädigung des zentralen Nervensystems durch heterogeneLösungsmittelgemische, Zbl Arbeitsmed 1991734


P118Poster – NeurotoxikologieWirkung von methylierten Arsen-Metaboliten auf cerebraleProzesse des Lernens und des GedächtnissesNorbert Binding 1 , Katharina Krüger 2 , Ulrich Mußhoff 2 , Ute Witting 11 Institut für Arbeitsmedizin, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Münster; 2 Institut für Physiologie I,Westfälische Wilhelms-Universität Münster, MünsterEinleitungChronische arbeits- oder umweltbedingte Arsen-Exposition kann zu Hauterkrankungen,bösartigen Neubildungen, aber auch zu Störungen des Nervensystems führen. NeuereUntersuchungen haben gezeigt, dass Arsenverbindungen auch Lern- undGedächtnisprozesse beeinflussen und zu einer Reduktion intellektueller Fähigkeitenführen können (Wasserman et al. 2004). Die Metabolisierung von Arsenverbindungen zumethylierten Derivaten wurde bisher als wesentlicher Detoxifikationsprozess angesehen.Jedoch zeigen verschiedene Untersuchungen, dass einige der Metaboliten ebenfalls einhohes toxisches Potenzial haben (z.B. Styblo et al. 2000). Ziel dieser Arbeit war es zuprüfen, ob die methylierten tri- und pentavalenten Arsen-MetabolitenMonomethylarsonsäure (MMA V ), Monomethylarsonige Säure (MMA III ),Dimethylarsinsäure (DMA V ) und Dimethylarsinige Säure (DMA III ) cerebrale Prozessestören können und insbesondere einen Einfluss auf die synaptische Transmission unddie für Lern- und Gedächtnisprozesse essentielle Langzeitpotenzierung ausüben.MethodenDie Untersuchungen wurden an der Schaffer-Kollateral-CA1-Synapse in 500 µm dickenHippocampus-Schnitten adulter Ratten durchgeführt. Die Schnitte wurden vonkünstlicher cerebrospinaler Badflüssigkeit bei 32 °C umspült. Für dieelektrophysiologischen Messungen wurden eine bipolare Stimulationselektrode sowieeine Messelektrode implantiert.ErgebnisseDurch präsynaptische Stimulation mit der bipolaren Elektrode werden excitatorischepostsynaptische Feldpotenziale (fEPSP) ausgelöst, die überwiegend über AMPA (α-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazolpropionat)-Rezeptoren vermittelt werden. DieStimulationen (0.033 Hz) erfolgten in Abständen von 30 s mit einer Reizstärke (0,1 – 0,5mA), die ca. 50% der maximalen Potenzialamplitude hervorruft.Die pentavalenten Arsenverbindungen MMA V und DMA V in Konzentrationen bis zu 100µmol/l beeinflussen die Amplitude der fEPSP nicht. Die trivalenten Verbindungen MMA IIIund DMA III hingegen führen zu deutlichen, auch nach Auswaschen der Substanzen nichtreversiblen Reduktionen der fEPSP-Amplitude. DMA III führt bereits in einer Konzentrationvon 1 µmol/l zu einer signifikanten Reduktion. 50 µmol/l MMA III führen nach 60 min und100 µmol/l DMA III nach 30 min zu einer völligen Inhibierung.735


P118Poster – NeurotoxikologieDie Langzeitpotenzierung (long-term potentiation, LTP) ist eine persistierendeVerstärkung des fEPSP nach einem starken Reiz, die überwiegend durch NMDA (N-Methyl-D-aspartat)-Rezeptoren vermittelt wird. Sie spielt eine essentielle Rolle bei LernundGedächtnis-Prozessen. Experimentell kann die LTP durch eine dreimaligepräsynaptische Hochfrequenzstimulation (HFS) induziert werden (100 Hz, Dauer je 1 s,10 s Intervall zwischen den Stimulationen). Bei nachfolgenden normalen Stimulationen(0.033 Hz) zeigen die resultierenden fEPSP eine deutliche, langanhaltende Erhöhungder Amplitude.Die pentavalenten Arsenverbindungen MMA V und DMA V in Konzentrationen bis zu 100µmol/l beeinflussen die LTP nicht. Durch MMA III und DMA III wird die LTP signifikantreduziert und bei Konzentrationen von 25 µmol/l MMA III bzw. 10 µmol/l DMA III vollständigblockiert. Bereits 1 µmol/l DMA III führt zu einer Reduktion auf nahezu die Amplitude desAusgangspotenzials, 10 und 25 µmol/l führen zu Amplituden unterhalb desAusgangspotenzials.SchlussfolgerungenDie untersuchten trivalenten methylierten Arsen-Metaboliten führen zu signifikantenfunktionellen Störungen der durch AMPA- und NMDA-Rezeptoren vermitteltensynaptischen Transmission im Gehirn und insbesondere zu Störungen neuronalerProzesse, die für Lernen und Gedächtnis essentiell sind. Sie können daher wesentlich anden bekannten neurotoxischen Symptomen und der jüngst nachgewiesenen Reduktionder intellektuellen Leistungsfähigkeit nach Arsenintoxikationen beteiligt sein.Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG MU 1377/3-2) im Rahmender DFG-Forschergruppe FOR 415 „Metall(oid)organische Verbindungen in der Umwelt“Literatur1. Styblo M, del Razo LM, Vega L, Germolec DR, LeCluyse EL, Hamilton GA, ReedW, Wang C, Cullen WR, Thomas DJ (2000) Comparative toxicity of trivalent andpentavalent inorganic and methylated arsenicals in rat and human cells. ArchToxicol 74:289-2992. Wasserman GA, Liu X, Parvez F, Ahsan H, Factor-Litvak P, van Geen A,Slavkovich V, Lolacono NJ, Cheng Z, Hussain I, Momotaj H, Graziano JH(2004) Water arsenic exposure and children’s intellectual function inAraihazar, Bangladesh. Environ Health Perspect 112:1329-1333736


P119Poster – NeurotoxikologieWirkung der Umwelttoxine Monomethylzinn und Dimethylzinnauf die synaptische Transmission in Hippocampus-Schnittenjunger und adulter RattenNorbert Binding 1 , Katharina Krüger 2 , Ulrich Mußhoff 2 , Ute Witting 11 Institut für Arbeitsmedizin, Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Münster; 2 Institut für Physiologie I,Westfälische Wilhelms-Universität Münster, MünsterEinleitungDie Biomethylierung anorganischer Zinnverbindungen in der Umwelt zu Monomethylzinn(MMT), Dimethylzinn (DMT) und Trimethylzinn (TMT) kann zu Umweltbelastungenführen. Zudem kann es aber auch durch die Verwendung von MMT und DMT als HitzeundLichtstabilisatoren in PVC-Produkten, z.B. in Wasserleitungen (Cima et al., 2003)und Spielzeug (Ohno et al., 2003), zu Kontaminationen von Leitungswasser (Sadiki etal., 1996) oder z.B. Speichel (Ohno et al., 2003) kommen. Während die neurotoxischeWirkung von TMT gut untersucht ist, gibt es nur wenige Arbeiten über ein möglichesneurotoxisches Potenzial von MMT und DMT. Ziel dieser Arbeit war es zu prüfen, obMMT und DMT cerebrale Prozesse stören können und insbesondere einen Einfluss aufdie synaptische Transmission ausüben.MethodenDie Untersuchungen wurden an der Schaffer-Kollateral-CA1-Synapse in 500 µm dickenHippocampus-Schnitten junger (15 – 21 Tage alt) und adulter (2 – 4 Monate alt) Rattendurchgeführt, um insbesondere auch Einflüsse auf das sich entwickelnde Gehirn zuerfassen. Die Schnitte wurden von künstlicher cerebrospinaler Badflüssigkeit bei 32 °Cumspült. Für die elektrophysiologischen Messungen wurden eine bipolareStimulationselektrode sowie eine Messelektrode implantiert.ErgebnisseDurch präsynaptische Stimulation mit der bipolaren Elektrode werden excitatorischepostsynaptische Feldpotenziale (fEPSP) ausgelöst, die überwiegend über AMPA (α-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazolpropionat)-Rezeptoren vermittelt werden. DieStimulationen (0.033 Hz) erfolgten in Abständen von 30 s mit einer Reizstärke (0,1 – 0,5mA), die ca. 50% der maximalen Potenzialamplitude hervorruft. MMT (100 µmol/l) führtebei adulten Ratten zu einer leichten, bei jungen Ratten zu einer deutlicheren signifikantenErhöhung der Amplitude. DMT (10 µmol/l) führte bei adulten und jungen Ratten zu einerleichten Erhöhung der fEPSP-Amplitude, während 100 µmol/l zu signifikant erniedrigtenAmplituden führten. Bei jungen Ratten war die Reduktion deulich ausgeprägter.Die Langzeitpotenzierung (long-term potentiation, LTP) ist eine persistierendeVerstärkung des fEPSP nach einem starken Reiz, die überwiegend durch NMDA (N-Methyl-D-aspartat)-Rezeptoren vermittelt wird. Sie spielt eine essentielle Rolle bei LernundGedächtnis-Prozessen. Experimentell kann die LTP durch eine dreimalige737


P119Poster – Neurotoxikologiepräsynaptische Hochfrequenzstimulation (HFS) induziert werden (100 Hz, Dauer je 1 s,10 s Intervall zwischen den Stimulationen). Bei nachfolgenden normalen Stimulationen(0.033 Hz) zeigen die resultierenden fEPSP eine deutliche, langanhaltende Erhöhungder Amplitude.MMT (100 µmol/l) führte nur bei adulten Tieren zu einer Reduzierung der LTP, die 90 minnach dem LTP-Stimulus signifikant wurde. Bei jungen Tieren zeigte sich dagegen eineleichte, nicht signifikante Erhöhung der LTP. 10 µmol/l DMT führten bei adulten undjungen Ratten zu nicht signifikanten Reduktionen der LTP, 100 µmol/l zu signifikanten,bei jungen Tieren ausgeprägteren Reduktionen.Schlussfolgerungen:DMT und in geringerem Maße MMT beeinflussen die synaptische Transmission undinsbesondere die für Lern- und Gedächtnisprozesse wichtige Langzeitpotenzierung. Dienachgewiesene höhere Empfindlichkeit junger Tiere muss Anlass sein, insbesondereKleinkinder während der frühkindlichen Reifungsprozesse des Nervensystems vorBelastungen mit Methylzinnverbindungen zu schützen.Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG MU 1377/3-2) im Rahmender DFG-Forschergruppe FOR 415 „Metall(oid)organische Verbindungen in der Umwelt“Literatur1. Cima F, Craig PJ, Harrington C, (2003) Organotin Compounds in the environment.In: Organometallic compounds in the environment. ed. (Craig, PJ, Hrsg.), JohnWiley & Sons Ltd., Chichester, S 101-1492. Ohno H, Suzuki M, Aoyama T, Mitani K (2003) Determination of organotincompounds in polyvinyl chloride toys. J Food Hyg Soc Jap 44:208-2123. Sadiki A-I, Williams DT, Carrier R, Thomas B (1996) Pilot study on thecontamination of drinking water by organotin compounds from PVC materials.Chemosphere 32:2389-2398738


P120Poster – NeurotoxikologieKobalt-Intoxikation infolge eines Endoprothesenabriebs alsanerkannte Folge eines ArbeitsunfallsMarcus Oldenburg, Ralf Wegner, Xaver BaurOrdinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg, HamburgVorgeschichteEs wird ein 57jähriger Patient vorgestellt, der als Zureiter nach einem Sturz vom Pferdeine als Arbeitsunfall anerkannte Oberschenkelhalsfraktur akquiriert hatte. NachSchenkelhalsnagelung war eine volle Belastung wieder möglich. Im weiteren Verlaufentwickelte der Patient eine progrediente posttraumatische Coxarthrose. Im Oktober1999 erfolgte eine operative Versorgung seiner Hüfte mit einer zementfreienTotalendoprothese (TEP) bestehend aus einem Keramik-Hüftkopf und einemPolyethylen-Inlay. 2001 bildete der Patient zunehmende bewegungsabhängigeSchmerzen im Bereich seiner rechten Hüfte aus. Radiologisch wurde nach einemweiteren Sturz, diesmal außerhalb der versicherten Tätigkeit, ein Bruch des Keramik-Femurkopfes objektiviert. Im August 2001 erfolgte eine Revisionsoperation mit einerMetall-Polyethylen-Gleitpaarung.Klinischer VerlaufIm November 2001 entwickelte der Patient eine erhebliche Leistungs- undKonzentrationsschwäche sowie eine ausgeprägte Müdigkeit. Weiterhin traten Ende 2001erstmals Kopfschmerzen, Krämpfe und eine Polyneuropathie auf. In der cranialenComputertomographie sowie bei der Liquoruntersuchung ergab sich damals keinpathologischer neurologischer Befund.Im Januar 2002 klagte der Patient über eine diffuse Symptomatik mit Nagelverfärbungen,ein Erythem, Zungenbelag, Geschmacksstörungen, eine Reduktion seiner Muskelmasseund eine zunehmende Schwerhörigkeit. Im Vordergrund seiner Symptome stand eineanhaltende Sinustachycardie.Wegen zunehmender Hüftgelenksbeschwerden wurde bei dem Patienten im Februar2002 erneut ein Hüftkopfprothesenwechsel inklusive Inlaywechsel erforderlich. ImOperationsgebiet zeigte sich, dass eine übersehene Scherbe des im August 2001ausgetauschten, gebrochenen Keramikkopfes zu einem Metallabrieb des neuimplantierten Stahlkopfes um ein Drittel seines Volumens geführt hatte. Der histologischeBefund des periartikulären Gewebes der rechten Hüfte zeigte hyalines, vernarbtesGewebe mit schwarzen Ablagerungen.Innerhalb von sechs Monaten nach dem letzten Austausch des Femurkopfes bildetensich die internistischen Beschwerden komplett zurück. Die neurologischen Beschwerdendes Patienten persistierten dagegen bis dato.739


P120Poster – NeurotoxikologieErgebnisseSerologisch wurde im November 2001 erstmals eine Hypothyreose nachgewiesen. Inden arbeitsmedizinisch-toxikologischen Untersuchungen wurde im Februar 2002 eineKobalt- bzw. Chrom-Belastung im Blut von 625 bzw. 81 µg/l und im Harn von 16500 bzw.149 μg/l objektiviert. Diese Konzentrationen fielen nach Entfernung des verschlissenenHüftgelenkskopfes zunächst ab (Kobalt- bzw. Chrom-Belastung im Blut 34 bzw. 13 µg/lund im Harn 149 bzw. 32 μg/l) und stiegen seit März 2003 als Hinweis für einenpersistierenden, kontrollbedürftigen Metallabrieb der neuen Hüftgelenksendoprothesewieder etwas an. Erhöhte Konzentrationen anderer Schwermetalle (z. B. Molybdän,Nickel, Zink) waren im Biomonitoring nicht feststellbar.DiskussionIm vorliegenden Fall hatte der Patient eine außergewöhnlich hohe Kobalt-Intoxikationinfolge eines Prothesenabriebs akquiriert, die in dieser Ausprägung unseres Wissensnoch nicht in der Literatur beschrieben worden ist. Die Hypothyreose, Neuropathie undKardiomyopathie des Patienten interpretierten wir als Ausdruck der Kobalt-Intoxikation,entsprechende Zusammenhänge sind klinisch belegt. Der Zusammenhang zwischenArbeitsunfall und Kobalt-Intoxikation wurde berufsgenossenschaftlich anerkannt und derGesamtschaden mit einer MdE von 40% entschädigt.Der vorliegende Fall zeigt, dass Patienten mit wiederholtem TEP-Wechsel eineausgeprägte Kobalt-Intoxikation mit Ausprägung schwerer sekundärer Erkrankungen anunterschiedlichen Organen akquirieren können.740


P121Poster – NeurotoxikologieKlinischer Langzeitverlauf nach chronischer PerchlorethylenbelastungMarc Müller, Axel BuchterInstitut und Poliklinik für Arbeitsmedizin, Universität des Saarlandes, HomburgZielPerchlorethylen (PER) hat die Potenz, akute und chronische neurotoxische Schädenhervorzurufen. Die chronisch toxische Enzephalopathie (CTE) ist dabei einewohldefinierte Entität mit kognitiven Alterationen, Wesensänderung und affektivenStörungen. Der Verlauf solcher Enzephalopathien nach strikter Expositionskarenz istGegenstand der wissenschaftlichen Diskussion (s.a. Merkblattänderung zur 1317). Wirberichten über den Langzeitverlauf von 10 Patienten, die alle im Rahmen ihrer Tätigkeitin einer Tierkörperverwertungsanstalt und damit in vergleichbarem Maße gegenüberPER exponiert waren.MethodenVon 10 Patienten, die wir initial Anfang der 80er Jahre untersuchten (Lorenz et al. 1990),wurden die umfangreichen berufsgenossenschaftlichen und institutsinternen Befundeausgewertet. Jeder Patient wurde im Verlauf mehrfach nachuntersucht (Haas et al.1998). Darüber hinaus haben wir aktuell zwei Patienten klinisch und apparativnachuntersucht.ErgebnisseAlle 10 Patienten arbeiteten unter vergleichbaren Bedingungen (> 8 Stunden täglich, 5bis 6 Tage pro Woche). Kontakt gegenüber PER (Extraktions- und Reinigungsmittel)bestand ubiquitär in der Firmenhalle (Reinigung diverser Tankanlagen, Entweichen ausden Kesseln, permanente Undichtigkeiten im Leitungssystem).Bei 10 Patienten wurde initial und im Verlauf eine CTE diagnostiziert (4 x IIa, 5 x IIb, 1 xIII). Bei diesen fand sich ein hirnorganisches Psychosyndrom mit kognitiverLeistungsminderung, Wesensänderung und depressiven Zügen, bei 4 Patienten darüberhinaus eine frontale und zerebelläre Ataxie. Alle Patienten berichteten überExpositionssymptome („Rausch“ und andere). In 8 Fällen zeigten sich initialHirnatrophien.Die Nachuntersuchungen nach Expositionsende (9 Patienten) zeigten 5 persistenteVerläufe, 3 Höherstufungen der MdE im Verlauf (50 → 70, 50 → 80 und 60 → 80) infolgeBefundprogredienz sowie eine weitere „Progredienz“ laut hausärztlicherBefundübermittlung. In keinem Fall zeigte sich eine Besserung der Symptomatik nachExpositionsende. Auch in der Auswertung der aktuellen Nachuntersuchungen war keinewesentliche Änderung zum ausgeprägt pathologischen Ausgangsbefund erkennbar.741


P121Poster – NeurotoxikologieSchlussfolgerungDie langjährige Exposition gegenüber Perchlorethylen im Hochdosisbereich führt zupersistenten Schäden der zerebralen Strukturen und Funktionsabläufe.Literatur• Antti-Poika M: Prognosis of Symptoms in Patients with Diagnosed Chronic OrganicSolvent Intoxication, Int Arch Occup Environ Health 1982• Buchter A: Lösungsmittel und Pestizide aus Sicht der Arbeitsmedizin, Nervenheilkunde1998• Haaß A: Polyneuropathie und Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel –Klinik, Diagnostik, Differentialdiagnostik und Verlauf, Schriftenreihe Prävention 1998• Lorenz H et al.: Nachweis von Hirnschädigung durch Tetrachlorethen, Zbl Arbeitsmed1990• Seeber A: Neurobehavioral Toxicity of Long-Term Exposure to Tetrachloroethylene,Neurotoxicology and Teratology 1989• Wagner A et Müller C: Klinische und tierexperimentelle Untersuchungen über dieEinwirkung von Perchlorethylen auf die peripheren Nerven, Arbeitsmed SozialmedUmweltmed 1994742


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungEinheit von Aus-, Weiter- und Fortbildung in der Arbeitsmedizinaus Sicht der wissenschaftlichen FachgesellschaftScheuch, K. 1 ; Letzel, S. 21 Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Technischen Universität Dresden, 2 Institut fürArbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzObwohl Zielgruppen und Voraussetzungen für die arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- undFortbildung sehr unterschiedlich sind, gehen wir von der Notwendigkeit einereinheitlichen Betrachtung aus, da sie häufig von den gleichen Personen getragenwerden, die arbeitsmedizinischen Ressourcen für Qualifizierung in den nächsten Jahrenwahrscheinlich abnehmen werden, Nahtstellen und Wissensübernahme von anderenFachdisziplinen notwendig sind. Deshalb sollen im Folgenden einige Gedanken zurSituation in der Qualifizierung unseres Fachgebietes folgen. Dabei ist davonauszugehen, dass arbeitsmedizinische Qualifizierung zu mehr als 90 % direkt oderindirekt auf die betriebsärztliche Tätigkeit zielen muss. Die anderen Felderarbeitsmedizinischen Handelns haben zusätzlich Qualifizierungen in die speziellenRichtungen ihres Tätigkeitsfeldes zu organisieren.AusbildungZiele der Arbeitsmedizin in der Ausbildung der Medizinstudenten bestehen in derVermittlung von Einstellungen, Kenntnissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten für präventivesHandeln, zum Vorbeugen, Erkennen und Behandeln arbeitsbedingter Einflüsse auf dieGesundheit, insbesondere Berufskrankheiten, für die Beurteilung der Arbeits- undErwerbsfähigkeit sowie der Arbeitsunfähigkeit als Grundkompetenz des Arztes, für dieErkennung und Gestaltung arbeitsbedingter Einflüsse bei Leistungsgeminderten sowiefür die berufliche Rehabilitation, zur Wahrnehmung der Verantwortung des Arztes alsArbeitgeber und Arbeitnehmer (1). Die Arbeitsmedizin hat ihren Beitrag zum Ziel desStudiums, Ausbildung approbierter, allgemein einsetzbarer und weiterbildungsfähigerÄrzte zu leisten. In erster Linie geht es im Medizinstudium um die Vermittlung vonEinstellungen, Denkweisen und die Sensibilisierung für die Problematik Arbeit-Gesundheit-Krankheit. Dafür ist dem Medizinstudenten zu vermitteln, dass dieseProblematik in der medizinischen Wissenschaft und Praxis ein Gesicht hat, dieArbeitsmedizin.Die Voraussetzungen, die wir dafür an den Hochschulen haben, sind zwiespältigeinzuschätzen. Zum einen haben wir seit 2003 einen Themen- und Lernzielkatalog fürdie Arbeitsmedizin, waren damit eine der ersten medizinischen Disziplinen überhaupt. Esist jedoch nachzudenken, ob der Inhalt nicht zu sehr eine Aufsummierung von Inhaltendes Faches ist und zu wenig die oben genannte Zielstellung berücksichtigt. Zum anderensind die Umsetzungsmöglichkeiten an den einzelnen Fakultäten äußerst unterschiedlich.743


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungAn allen Hochschuleinrichtungen mit angestellter Professur stehen im Durchschnitt 2Semesterwochenstunden in6 Jahren Studium, 3 wissenschaftliche (nicht nur medizinische) Planstellen zurVerfügung. 12 Hochschulen mit externer Wahrnehmung der Arbeitsmedizinlehre habendeutlich eingeschränkte Möglichkeiten zur Vermittlung dieses „Gesichtes“Arbeitsmedizin, vor allem je integrativer Lehrvermittlung erfolgt.Für die Ausbildung haben wir ein Gremium für regelmäßigen Austausch – dieProfessorenrunde in Fulda.WeiterbildungGegenüber allen anderen medizinischen Fachgebieten besitzt die Arbeitsmedizinausgezeichnete Möglichkeiten für die Durchsetzung von inhaltlichen undQualitätskriterien der Weiterbildung zum Facharzt für Arbeitsmedizin/ZusatzbezeichnungBetriebsmedizin. 360 Stunden theoretischer Kurs an 7 Akademien für Arbeitsmedizin inder Bundesrepublik mit schätzungsweise mehr als 900 Referenten aus Wissenschaft undPraxis und etwa 60 bis 80 beteiligten Betrieben sind eine hervorragende Möglichkeit,Qualität und Inhalt zu steuern. Das Weiterbildungscurriculum für den theoretischen KursArbeitsmedizin/Betriebsmedizin wird durch die Bundesärztekammer in wenigen Wochenbestätigt und auch für die nächsten Jahre Bestand haben, da es auch die Möglichkeitenbeinhaltet, abgestimmt an allen Akademien, neuen Entwicklungstrends gerecht zuwerden. Die Akademieleiter stellen inzwischen zusammen mit Vertretern von <strong>DGAUM</strong>,VDBW und HVBG ein Gremium für den regelmäßigen Austausch zu Inhalten undMethoden der Weiterbildung dar. Schwerpunkt dieses weiter zu entwickelndenGremiums wird in Zukunft auch die Qualität der Weiterbildung bei denWeiterbildungsleitern sein. Ebenfalls muss die regionale Verantwortung derLandesärztekammern verstärkt werden. Dazu sollten alle LandesärztekammernAusschüsse für Arbeitsmedizin/Betriebsmedizin haben, die auch eine wesentlicheFunktion in der Wahrnehmung ärztlicher Verantwortung und Interessen im Arbeits- undGesundheitsschutz in den einzelnen Ländern übernehmen sollen.FortbildungEs gibt kein anderes medizinisches Fachgebiet, in dem die Fortbildung eine solcheBedeutung und Breite haben muss, wie in der Arbeitsmedizin. Das resultiert zum einenaus der Veränderung des Tätigkeitsfelds des Arbeitsmediziners. An Schlagworten seiengenannt:- Wandel von Anforderungs- und Beschäftigungsstrukturen der Wirtschaft,- Veränderung gesetzlicher Rahmenbedingungen,744


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und Fortbildung- Wandel inhaltlicher Aufgaben der Arbeitsmedizin in Praxis und Forschung,- wachsende Bedeutung der Gesundheit in der individuellen und gesellschaftlichenWertung sowie der Entwicklung der Produktivität,- Anforderungen und Aufgabenstellungen, die sich aus der EU ergeben,- globale Wissenszugangswege, die zur Gefährdung des Expertenstatus führen,- Adäquatheit der Wissensaneignung als Wettbewerbs- und Produktivitätsfaktor.Zum anderen resultiert die besondere Bedeutung aus unseren ärztlichenRahmenbedingungen. Genannt seien:- Realisierung der arbeitsmedizinischen Aufgabenstellungen außerhalb ärztlichbestimmter oder beeinflusster Strukturen durch Bezahlung von Arbeitgebern,- ärztliches Handeln in einem kompetitiven, nicht medizinisch geprägten Feld,fehlendeFortbildung und fehlende Kapazitäten führen zum Verlust von Tätigkeitsfeldern,- Fortbildungsverpflichtung ohne institutionelle oder fachliche Kontrolle undKonsequenzen, wie bei klinisch tätigen Ärzten,- Wahrnehmung arbeitsmedizinischer Aufgaben in Neben- oder Zweittätigkeit,- Wegfall von Qualitätsvoraussetzungen (Ermächtigungen),- mangelnde Akzeptanz vieler Ärztekammern von nichtmedizinisch ausgerichtetenInhalten in der Fortbildung.Die besondere Bedeutung der Fortbildung resultiert jedoch auch aus den Grundlagen derpolitischen Rahmenbedingungen für unser Handeln, das heißt, der politischenWahrnehmung von Problemen Arbeit, Gesundheit und Krankheit und die darausabgeleiteten Schwerpunkte des Handelns und der Akteure im Handlungsfeld. AußerKostensenkung und Deklaration von Bürokratieabbau bestimmen die politischenHandlungen Aussagen zu gesundheitsrelevanten Belastungen in der Arbeitswelt.Beispielhaft wird der Bericht der Bundesregierung über den Stand von Sicherheit undGesundheit bei der Arbeit (2) vom 04.12.2006 angeführt (Tab. 1) oder die Surveys derEU von 1991 bis <strong>2007</strong> (3, Abb. 1).Die Schwerpunktsetzung – auch für ärztliches Handeln – aus diesen Daten stellt sichanders dar, als die Inhalte unseres gegenwärtigen Handlungskonzeptes.Arbeitsmedizinisches, das heißt eben betriebsärztliches Handeln, ist nicht mehrvordergründig mit der Vermeidung von Berufskrankheiten, Arbeitsunfällen und aucharbeitsbedingten Erkrankungen in der notwen-745


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungTabelle 1: Arbeitsbedingungen und subjektive Belastungen (2), Angaben: % oft oder immerbetroffen, % davon belastet, (n = 20.000)Belastungen Angaben belastet michStarker Termin- und Leistungsdruck 53,6 59,6Lärm 24,0 54,3Heben, Tragen schwerer Lasten 22,8 52,0Kälte, Hitze, Nässe, Zugluft 21,1 53,1Tragen von Schutzbekleidung 21,1 11,9Zwangshaltungen 14,3 50,9Rauch, Gase, Staub, Dämpfe 13,9 57,2Öl, Fett, Schmutz, Dreck 17,6 31,8Zigarettenrauch 17,0 24,3Arbeiten an der Grenze der Leistungsfähigkeit 17,0 69,3Mikrobiologische Stoffe 7,5 36,1Umgang mit gefährlichen Stoffen, Strahlung 6,8 35,9Starke Erschütterungen, Stöße, Schwingungen 4,6 54,5[%]5040302010024,7333047 483328 26282420231722,3 22,6 22,8StressErmüdung<strong>2007</strong> 2000 1996 1991Eur. Found. Improvm. Living and Work. Cond., DublinAbbildung 1: Auswahl arbeitsbedingter Gesundheitsprobleme 1991, 1996, 2000, <strong>2007</strong> (3), <strong>2007</strong>Teilnahme 31 Länder27171196 68 77,8 67,2 6,6RückenbeschwerdenMuskelschmerzenAugenproblemeOhrproblemeHautproblemedigen Breite zu begründen. Unter besonderer und der immer wieder zu betonenden Rolledes Arztseins im Betrieb ist neben den arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren alsGrundlage für die Verhältnisprävention verstärkt den arbeitsbedingtenGesundheitsstörungen und Arbeitsfähigkeitsbeeinträchtigungen Aufmerksamkeit zuschenken. Die Arbeitsmedizin soll deutlich machen, dass sie einen wesentlichen Beitragzum lebenslangen Erhalt und der Entwicklung des Arbeitsvermögens und der746


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungReduzierung von Erwerbsminderungen im weitesten Sinne leisten kann. Dazu reichtunsere bisherige Fortbildung nicht aus.Ein Gremium zur Koordinierung der Fortbildung in der Arbeitsmedizin haben wir nicht.Als ausgewählte Konsequenzen für die Qualifizierung in der Arbeitsmedizin sind generellzu nennen:- Die Einheit von berufspolitischen und wissenschaftlichen Aktivitäten zu denTätigkeitsfeldern und -inhalten mit der Qualifizierung.- Die Wahrnehmung und auch Einforderung der wesentlichen Rolle derHochschulen inder arbeitsmedizinischen Qualifikation zur Entwicklung des Fachgebietes.- Ein engeres, auch organisatorisches Zusammenwirken von Hochschulen mit derbreiten arbeitsmedizinischen Praxis.- Ein stärkeres Wirksamwerden der Arbeitsmedizin in der Qualifizierung für andereFachgebiete („Arbeitsmedizin-Grundlage ärztlichen Handelns“).- Die institutionelle Verankerung aufgrund der Bedeutung von Weiter- undFortbildungdurch Ausschüsse Arbeitsmedizin an allen Landesärztekammern zurWahrnehmungder regionalen Verantwortung, insbesondere auch für die Weiterbildungsqualitätin den gesamten 5 Jahren.- Aufgrund der besonderen Rolle von Weiter- und Fortbildung in unserem Fachsollte ein Koordinierungsgremium der verschiedenen Träger derarbeitsmedizinischenQualifizierung zur zielgerichteten inhaltlichen Gestaltung, der Erhöhung derQualitätund Effektivität bundesweit geschaffen werden.Literatur(1) Arbeitsmedizin heute – Konzepte für morgen. <strong>DGAUM</strong> (Hrsg.), Gentner Verlag,2006(2) Arbeitsbedingungen und subjektive Belastungen. Bericht der Bundesregierung überden Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. 04.12.2006(3) Eurofound: European Working Conditions Surveys (1. – 4.), Dublin 1991, 1996,2000, <strong>2007</strong>747


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungKonzept zur Qualifizierung in der Arbeitsmedizin aus Sicht derBundesanstalt für Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinA. Seidler, B. Matschke, P. Kujath, F.K. KochanBundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), BerlinArbeitsmedizinische Qualifizierung stellt in ihren Inhalten wie in ihren Strukturen eingewachsenes System dar, an dessen Entwicklung nicht zuletzt auch die BAuA anverschiedenen Stellen beteiligt war und ist:- Arbeitsmedizinische Fortbildung spielt in der BAuA traditionell eine besonders hoheRolle: hinzuweisen ist beispielhaft auf vielfältige praxisnahe Fortbildungsangebote fürBetriebsärztinnen und Betriebsärzte, auf die praxisgerechte Vermittlunganwendungsorientierter Forschungsergebnisse, auf die Bereitstellung undVermittlung rechtlicher Normen, auf die Entwicklung und Evaluation praxisgerechterdidaktischer Konzepte und auf „individuelle Qualifizierungsangebote“ im Sinne derBereitstellung problemorientierten Expertenwissens.- Arbeitsmedizinische Weiterbildung wird in der BAuA beispielsweise in dem kürzlichabgeschlossenen Projekt „Didaktische Modelle für die betriebsärztliche Qualifikationgemäß § 3 AsiG“ (Enderle und Nemitz 2005) weiter entwickelt. Darüber hinausbeteiligen sich Arbeitsmediziner und Arbeitsmedizinerinnen der BAuA aktiv an derDurchführung der Weiterbildungskurse.- Die universitäre arbeitsmedizinische Ausbildung wurde von der BAuA in derVergangenheit lediglich punktuell unterstützt. Hier möchten wir allerdings auf eineaktuelle Entwicklung der BAuA hinweisen, die nicht zuletzt auch aus denEmpfehlungen des Wissenschaftsrats resultiert (dieser hat im vergangenen Jahr imRahmen der Evaluation der Ressortforschungseinrichtungen des Bundes auch dieBAuA aufgesucht): eine Entwicklung der BAuA hin zu einer engeren Zusammenarbeitmit universitären arbeitsmedizinischen Instituten, hin zu einer stärkeren Orientierungan etablierten Kriterien der Bewertung wissenschaftlicher „Outcomes“ und nichtzuletzt hin zu einer stärkeren Kooperation der BAuA mit den Universitäten in Bezugauf die Lehre im Fach Arbeitsmedizin.Das Vorhaben der <strong>DGAUM</strong> ist explizit zu begrüßen, vorhandene arbeitsmedizinischeQualifizierungsstrukturen und –inhalte auf ihre konzeptuelle Tragfähigkeit hin zuuntersuchen. Sicherlich hat der derzeitige wie auch der erwartete Wandel der Arbeitsweltzusammen mit der gestiegenen gesellschaftlichen Wertschätzung von Prävention undGesundheitsförderung die Notwendigkeit für <strong>DGAUM</strong> und VDBW mit begründet, neue –und aus unserer Sicht durchaus zukunftsfähige – Konzepte zur Arbeitsmedizin zuentwickeln; diese Konzepte haben Konsequenzen auch für die arbeitsmedizinischeQualifizierung.748


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungFür die BAuA lassen sich aus ihrer Positionierung im Spannungsfeld zwischensozialpolitischer Regelsetzung, wissenschaftlichem Auftrag und praktischerUmsetzungsaktivität einige zusätzliche Gesichtspunkte ableiten, die – als Ergänzung desgewachsenen Systems der „klassischen“ Arbeitsmedizin – in die Weiterentwicklungeines arbeitsmedizinischen Qualifizierungskonzepts einfließen können:1.) Arbeitsmedizinische Qualifizierungsinhalte müssen den Wandel der Arbeitsweltberücksichtigen. Die BAuA hat vor dem Hintergrund der erwarteten Veränderungen derArbeitswelt eine fachliche Strategie bis zum Jahre 2014 entwickelt und veröffentlicht(Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2006), auf deren Grundlage sichu.a. folgende Erfordernisse an die arbeitsmedizinische Qualifizierung ableiten lassen:a. Die erwartete demographische Entwicklung macht aus Sicht der BAuA die verstärkteEntwicklung evidenzbasierter Konzepte der alternsgerechten Arbeits- undOrganisationsgestaltung erforderlich.b. Angesichts des demographischen Wandels und der Komplexität der beruflichenTätigkeiten dürften Wechselwirkungen zwischen beruflichen und nichtberuflichenEinflüssen an Bedeutung gewinnen. Zur Aufklärung dieser Wechselwirkungen sindmethodisch anspruchsvolle große arbeitsepidemiologische Studien erforderlich, dieohne eine Beteiligung arbeitsepidemiologisch qualifizierter Betriebsärztinnen undBetriebsärzte kaum zu leisten sind. Als rechtliche Grundlage für eine betriebsärztlicheBeteiligung an epidemiologischer Forschung lässt sich §3 ASiG interpretieren.c. Infolge steigender Arbeitsintensität, sich erhöhender Komplexität vonArbeitsprozessen und Arbeitsaufgaben sowie zunehmender Flexibilisierung vonArbeitsformen und Beschäftigungsverhältnissen wächst die Verbreitung psychischbelastender Arbeitsbedingungen. Es entwickeln sich zunehmend „atypische“Erwerbsformen, zu denen sich die Arbeitsmedizin vielfach erst noch Zugängeschaffen muss. Neue psychosoziale berufliche Belastungen können aus derzunehmenden Variabilität individueller Arbeitsbiographien mit der zunehmendenVerflechtung von Arbeit und Nichtarbeit resultieren. Klassische Inhalte derarbeitsmedizinischen Qualifizierung greifen hier zu kurz; interdisziplinäreQualifizierungsstrategien und betriebliche wie außerbetrieblicheInterventionsstrategien müssen entwickelt werden. Einem im Auftrag der BAuAdurchgeführten Forschungsprojekt zum Tätigkeitsspektrum und Rollenverständnisvon Betriebsärzten (Kliemt und Voullaire 2003) zufolge erkennen nahezu allebefragten Betriebsärztinnen und Betriebsärzte die Notwendigkeit,Gesundheitsgefährdungen aufgrund psychomentaler Belastungen zu ermitteln.Allerdings sieht sich lediglich ein Fünftel der befragten Betriebsärztinnen undBetriebsärzte dazu auch im Stande.749


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und Fortbildungd. Ein erheblicher Präventionsbedarf wird im Bereich chronischer Muskel-Skelett-Erkrankungen und insbesondere der Herz-Kreislauf-Erkrankungen gesehen. Hierversprechen primär- und sekundärpräventive Interventionen im betrieblichen Settingeine höhere Wirksamkeit als im außerbetrieblichen Rahmen. Fragen derFinanzierung sind diesbezüglich noch zu klären, integrierte Versorgungsformen alsAnknüpfungspunkt für allgemeine Vorsorge zu diskutieren. Eine ausgeweitetebetriebsärztliche Tätigkeit im Rahmen der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen würde eine verstärkte Qualifizierung im Bereich Gesundheitsförderungund Public Health erfordern.2.) Neue Qualifikationsinhalte müssen mit neuen Qualifikationsformen einhergehen. Arbeitsmedizinische Qualifikation darf sich nicht auf die Wissensvermittlungbeschränken. Der Bedarf nach einer verstärkten Förderung sozialer Kompetenzen wirddurchaus auch von betriebsärztlicher Seite gesehen: Der oben angeführten Befragungvon Betriebsärztinnen und Betriebsärzten zufolge wird die „Förderung sozialerKompetenzen“ nach den „psychomentalen Belastungen“ am zweithäufigsten alsFortbildungsthema gewünscht (Kliemt und Voullaire 2003). In den letzten Jahren sinddidaktische Modelle entwickelt, erprobt und evaluiert worden, die explizit auf den Erwerbvon Handlungskompetenz ausgerichtet sind; hinzuweisen ist beispielhaft auf das bereitszitierte Forschungsprojekt der BAuA (Enderle und Nemitz 2005): Die angewandtenLehrkonzepte beziehen Formen des problemorientierten Lernens und die modulareArbeit in Kleingruppen ein. Weiter werden engagierte Betriebsärztinnen undBetriebsärzte als Mentoren im arbeitsmedizinischen Weiterbildungskurs eingesetzt, dieaus ihrer persönlichen Praxis heraus den Kursteilnehmern die praktische Realisierbarkeitdes im Kurs fachlich Gelernten verdeutlichen. Auch für die arbeitsmedizinischeFortbildung erprobt und evaluiert die BAuA gegenwärtig ein innovativesFortbildungskonzept (Heeg et al. <strong>2007</strong>): Dieses Konzept hat eine Methoden- undKompetenzerweiterung zum Erkennen und Bewerten von psychosozialen Belastungenim betrieblichen Alltag zum Ziel. In der Präsenzphase werden Wissen undHandlungskompetenz theoretisch vermittelt, in der betrieblichen Erprobungsphasepraktisch umgesetzt, in der wiederum anschließenden Präsenzphase reflektiert undmodifiziert. Die Verzahnung von Theorie und Praxis wird durch ein Mentorensystem(„Patenschaften“) sowie durch ein betriebliches Coaching ergänzt (Abb. 1).3.) Generell sollte die Qualifikation „Fachärztin, Facharzt für Arbeitsmedizin“ dieSchlüsselqualifikation für arbeitsmedizinische Kompetenz auch vor dem Hintergrundveränderter inhaltlicher Schwerpunkte und neuer Tätigkeitsfelder darstellen. Diekontinuierliche inhaltliche Anpassung der Qualifizierungsinhalte und die Entwicklung750


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und Fortbildungneuer Qualifikationsformen sollten soweit möglich nicht mit dem Erfordernis neuerQualifizierungsbezeichnungen einhergehen.Jedoch: Arbeitsmedizinische Qualifikation meint mehr als die Qualifikation vonArbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmedizinern. Vielmehr muss der Umfangarbeitsmedizinischer Qualifikation auch Nicht-Arbeitsmedizinern (Arbeitgebern, ärztlichenKolleginnen und Kollegen, Beschäftigten, Sicherheitsfachkräften) bekannt gemachtwerden, damit arbeitsmedizinische Kompetenz richtig abgerufen werden kann (Stichwort„Unternehmermodell“). Wenn die Arbeitsmedizin die formulierte Rolle als „vierte Säuledes Gesundheitssystems“ (Bundesärztekammer 2006) praktisch ausfüllen möchte, reichtdie wirksame Darstellung der präventivmedizinischen Kompetenz des FachgebietsArbeitsmedizin im betrieblichen und fachmedizinischen Umfeld nicht aus. Imakademischen Umfeld sollte arbeitsmedizinisches Wissen verstärkt auch innichtmedizinische Studiengänge (bspw. Public Health, Epidemiologie, Psychologie, aberauch Ingenieursstudiengänge) eingebracht werden. Die BAuA leistet hier – unterstütztdurch das Votum des Wissenschaftsrates – einen aktiven Beitrag.Zusammenfassend sehen wir auch und gerade vor dem Hintergrund neuer inhaltlicherQualifikationsbedarfe die Notwendigkeit einer Stärkung der Qualifikationsbezeichnung„Fachärztin/Facharzt für Arbeitsmedizin“. Der Wandel der Arbeitswelt wandelt dasBerufsbild der arbeitsmedizinisch tätigen Ärztinnen und Ärzte. Die Herausforderungbesteht darin, die Vermittlung der klassischen Inhalte an die aktuellen Anforderungenanzupassen, ohne das Fachgebiet seiner Identität zu berauben. Die Arbeitsmedizin sollteihre umfassende Qualifikation für die theoretische und praktische Beantwortungpräventivmedizinischer Fragen auch in nichtmedizinischen Kontexten deutlicher machen.Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin unterstützt aktiv die Entwicklungneuer praxisgerechter Qualifikationsformen im Bereich der Aus-, Fort- und Weiterbildung.Literatur:• Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Strategien für die Arbeitsweltvon morgen. http://www.baua.de/nn_8206/de/Ueber-die-BAuA/Strategie/Textversion-Strategie.pdf, 16.10.2006• Bundesärztekammer. Arbeitsmedizin – Betriebsärztliche Versorgung.http://bundesaerztekammer.de/page.asp?his=1.99.3477.3853, 18.10.2006• Enderle G., Nemitz B. Didaktische Modelle für die betriebsärztliche Qualifikationgemäß § 3 AsiG und modernem europäischen Arbeitsschutz – Forschung Projekt F5189. Abschlussbericht, Dortmund, Berlin, Dresden 2005• Heeg, F.J., Sperga, M., Karbe-Hamacher, S., Burgdorf, C. PsychosozialeBelastungen im betriebsärztlichen Alltag – Methoden- und Kompetenzerweiterung fürBetriebs- und Arbeitsmediziner – Projekt F 1992. Schriftenreihe der Bundesanstalt fürArbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Forschung Fb NN. Dortmund-Berlin-Dresden,Wirtschaftsverlag NW <strong>2007</strong>, Veröffentlichung in Vorbereitung• Kliemt G., Voullaire E. Tätigkeitsspektrum und Rollenverständnis von Betriebsärztenin Deutschland – Ergebnis einer bundesweiten Befragung – Projekt F 5131.751


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungSchriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Forschung Fb1000. Dortmund-Berlin-Dresden, Wirtschaftsverlag NW 2003Präsenzphase• Fachinput•Training• Erfahrungsaustausch• ErprobungsvereinbarungSelbststudiumPatenschaftenbeglei-Erprobungsphaseten-im eigenendesberuflichen Kontextmit angeleiteterCoa-ReflexionchingAbb. 1: Didaktisches Konzept des arbeitsmedizinischen Fortbildungsangebots zum Thema„Erkennen und Bewerten von psychosozialen Belastungen im betriebsärztlichen Alltag“, fachlicheBegleitung: Matschke B, BAuA Berlin752


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungKonzept für die Fortbildung in der Arbeitsmedizin aus Sicht derUnfallversicherungG. SchmeißerBerufsgenossenschaftliches Institut/Arbeit und Gesundheit, DresdenDie Träger der gesetzlichen Unfallversicherung bieten seit langer Zeit ein facettenreichesSpektrum an Fortbildungsveranstaltungen mit arbeitsmedizinischen Themen für alle imArbeitsschutz Verantwortung tragenden Berufsgruppen sowie für die Betroffenen an. DieSchwerpunktsetzungen verändern sich dabei. Für die Jahre <strong>2007</strong> und 2008 wurde dasThema der hautbelastenden Tätigkeiten gewählt.Bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften sind im Jahr 2005 mehr als 700arbeitmedizinische Themen mit verschiedensten Fragestellungen für alle Akteure imGesundheitsschutz angeboten worden. Speziell für Arbeitsmediziner und Betriebsärztestanden allgemeine Themen einschließlich eines branchenspezifischenErfahrungsaustausches im Vordergrund. Die in seminaristischer Form angebotenenFortbildungen dauerten überwiegend 1 bis 2 Tage, wobei neben Einzelthemen diepsychischen Belastungen einen etwas breiteren Raum einnahmen.Die Landesverbände der gewerblichen Berufsgenossenschaften widmen sich ebenfallsseit langem u.a. der Fortbildung von Betriebsärzten zu aktuellen Themen. Dies geschiehtz.T. auch deswegen, weil bisher durch die Ermächtigungsverfahren im Rahmen derDurchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen im Zusammenhang mit derAusübung gefährdender Tätigkeiten in ihrer Zuständigkeit liegen bzw. gelegen haben. Indiesem Zusammenhang wurden in den Jahren 2003 – 2006 ca. 2.700 Teilnehmer anFortbildungsveranstaltungen verzeichnet, die 15 verschiedene Themen zum Inhalthatten. Ein weiterer Fortbildungs-Schwerpunkt der Landesverbände befasst sich mit denjeweils aktuellen Fragestellungen des Berufskrankheiten-Geschehens. Im genanntenZeitraum nahmen ca. 850 Teilnehmer das Fortbildungsangebot zu den BK-Ziffern 5101(Hauterkrankungen), 2301 (Lärm) und 2108-2110 (bandscheibenbedingteWirbelsäulenerkrankungen) wahr. Weiterhin wurden ca. 400 Teilnehmer an Tagungen,die in diesem Zeitraum stattfanden, registriert. Die Zusammensetzung derTeilnehmerschaft war zwar nicht nach Fachgruppen zu differenzieren, grundsätzlichkann aber davon ausgegangen werden, dass sich neben Betriebsärzten undArbeitsmedizinern auch andere an den Themen Interessierte fortgebildet haben.Das Berufsgenossenschaftliche Institut Arbeit und Gesundheit (BGAG) in Dresden hatmit seinem Auftrag zur Qualifizierung und Beratung seit seiner Gründung im Jahr 2000u.a. einen Schwerpunkt berufsgenossenschaftlicher Fortbildung mit seinem Angebot fürBetriebsärzte und deren Assistenzpersonal gesetzt. Zwischenzeitlich wurden ca. 1.500Betriebsärztinnen und Betriebsärzte bzw. Arbeitsmedizinerinnen und Arbeitsmediziner753


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und Fortbildungsowie ca. 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des arbeitsmedizinischenAssistenzpersonals zu zahlreichen aktuellen Themenstellungen fortgebildet. Seminarewerden entweder für Ärzte oder für das Assistenzpersonal angeboten.Das BGAG verfolgt das Konzept, vorwiegend an Freitagen/ Samstagen, teilweise auchan anderen Wochentagen, die Teilnehmer multidisziplinär durch interne und externeExperten zu informieren. Dabei kommen neben Arbeitsmedizinern sowohl die relevantenOrgan-Fachärzte (Allergologie, Anästhesie, Augenheilkunde, Chirotherapie,Dermatologie/ Berufsdermatologie, Flugmedizin, HNO-Heilkunde, Innere, Mikrobiologie,Neurologie/Psychiatrie, Pathologie, Psychotherapie, Radiologie, Schmerztherapie,Sportmedizin, Tropenmedizin) aus Wissenschaft und Praxis als auch andere imArbeitsschutz relevante Disziplinen wie Arbeitswissenschaften, Aufsichtspersonen,Diplom-Gesundheitswirtschaft, Diplom-Ingenieurwesen verschiedener Fachrichtungen,Ergonomie, Jura, Physik, Psychologie, Rettungsassistenten, Sicherheitsfachkräfte undSozialversicherungsfachangestellte zu Wort. In jeweils 12 – 16 Lehreinheiten, inEinzelfällen auch deutlich mehr, werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse möglichstumfassend dargestellt und häufig durch ergänzende methodische Übungen in kleinenGruppen von 6 – 10 Teilnehmern praxisnah ergänzt. Die dort erarbeiteten Lösungensowie ergänzende Kasuistiken werden vorzugsweise im Plenum zur Diskussion gestellt.Aus den Diskussionen mit den Dozenten sowie im Kollegenkreis profitieren sowohl dielangjährig berufserfahrenen Teilnehmer als auch die sich noch am Anfang ihrerberuflichen Laufbahn befindlichen Ärzte in Weiterbildung und selbstverständlich auchdas Assistenzpersonal.Das breite Seminarangebot des BGAG wird ergänzt durch nationale und internationalewissenschaftliche Kongresse und Workshops sowie regionale und überregionaleErfahrungsaustausche, die in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fach-Gesellschaftensowie dem Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte durchgeführt werden.754


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungQualitätssicherung durch die <strong>DGAUM</strong>: Zertifizierungskurse„Arbeitsmedizinische Zusammenhangsbegutachtung“Siegmann S 1 , Borsch-Galetke E 1 , Woitowitz H-J 21 Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf; 2 Institut und Poliklinik fürArbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbHBereits im Jahre 1994 wurde von der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin undUmweltmedizin e.V. (<strong>DGAUM</strong>) in einem Grundsatzpapier der „ArbeitsmedizinischeFachgutachter <strong>DGAUM</strong>“ zur Gewährleistung fachlicher Kompetenzen bei der Erstellungarbeitsmedizinischer Zusammenhangsgutachten gefordert. Es besteht bei allenBeteiligten Konsens, dass sich die Erstellung dieser Gutachten einem zeitgemäßenQualitätsmanagement unterziehen muss. Dazu gehört, dass arbeitsmedizinischeZusammenhangsbegutachtung grundsätzlich von Ärzten mit spezifischen Kenntnissenüber einschlägige Arbeitsplätze und deren gesundheitliche Auswirkungen sowieErfahrungen zu deren Diagnose, Differentialdiagnose und Beurteilung kausalerZusammenhänge erstellt werden. Grundlage ist die Erkenntnis, dass Qualitätssicherungallein nicht ausreicht, Qualitätsanhebung muss das Ziel sein, wobei dies sowohl dieGutachten- wie die Gutachterqualität betrifft, da diese untrennbar miteinander verbundensind. Nur auf diese Weise kann der Unfallversicherungsträger seinen Gesetzesauftragsachgerecht ausführen. Zur Umsetzung dieser Forderungen bietet die <strong>DGAUM</strong> einenLehrgang zum Erwerb eines Zertifikates "ArbeitsmedizinischeZusammenhangsbegutachtung" an, mit dem eine spezielle fachliche Befähigung zur BK-Begutachtung ausgewiesen wird. Die Teilnahmevoraussetzung ist eineFacharztqualifikation (die alleinige Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin reicht alsTeilnahmevoraussetzung nicht aus). Das Zertifikat „ArbeitsmedizinischeZusammenhangsbegutachtung“ kann nur nach vollständigem Besuch der dreiKursblöcke A + B + C (insgesamt 60 Stunden) und abschließend erfolgreicherschriftlicher Prüfung (ca. 20 Multiple Choice-Fragen) erteilt werden.Der erste Entwurf des Curriculums stammte von H.-J. Woitowitz, G. Lehnert und G.Triebig in Abstimmung mit der „ad hoc – Arbeitsgruppe der KursleiterInnenArbeitsmedizinischer Akademien“ und dem Vorstand der <strong>DGAUM</strong>. Im Jahre 1998 gab esden ersten Probelauf in verkürzter Form in der Hochschullehrerkonferenz in Fulda. Eingeschlossener Kurs für arbeitsmedizinisch Habilitierte und Oberärzte fand unter derwissenschaftl. Leitung von E. Borsch-Galetke, D. Nowak und H.-J. Woitowitz im Jahre1999 statt, bevor ab 2000 die ersten „offenen“ 60h-Kurse durchgeführt wurden.Im Rahmen der Internet-Präsentation veröffentlicht der Vorstand der Fachgesellschaftein Verzeichnis von Ärzten mit eben dieser speziellen fachlichen Befähigung zurZusammenhangsbegutachtung, um z. B. Versicherungsträger und Rechtspflegeorganebei deren Suche nach qualifizierten Gutachtern zu unterstützen. Termine für755


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und Fortbildungbevorstehende Kurse werden auf der WEB-Seite „Aktuelle Mitteilungen / der Vorstandinformiert“ der <strong>DGAUM</strong> mitgeteilt.Das von der ad hoc – Arbeitsgruppe der KursleiterInnen ArbeitsmedizinischerAkademien erstellte Curriculum unterliegt einer ständigen Überarbeitung, um zum Einenneuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, zum Anderen aber auch Änderungen imUnfallversicherungsrecht Rechnung zu tragen. Im Folgenden werden daher „nur“ dieHauptthemen der Blöcke kurz vorgestellt:Block A: Grundlagen der Begutachtungskunde, Beurteilung des ursächlichenZusammenhanges, Rechte und Pflichten des ärztlichen Sachverständigen,Öffnungsklausel und Quasi-Berufskrankheit, Kausalanalyse und Zustandsbeurteilung,Wesensverschiedenheit zwischen Arbeitsunfall und BK, Fallbeispiele für BK ausphysikalischen Ursachen.Block B: GUV und Berufskrankheitenrecht, Begutachtung gefahrstoffverursachter BK,Begutachtung von BK aus biologischen Ursachen, Begutachtung von BK an der Haut.Block C: Aufgaben des Arbeitsmedizinischen Fachgutachters, Begutachtung von BK ausphysikalischen Ursachen, Begutachtung von BK aus biologischen Ursachen,Begutachtung von BKn des Atemtraktes und Berufskrebsproblematik.Welche formalen Kriterien das arbeitsmedizinische Fachgutachten allgemein zu erfüllenhat, wird anhand von realistischen Fallbeispielen dargestellt.Seit dem Jahr <strong>2007</strong> werden Auffrischungskurse angeboten. Diese führen aber nicht zurErlangung des Zertifikates und können auch von Teilnehmern besucht werden, die dasZertifikat noch nicht erlangt haben.Literatur:• Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizine. V. (<strong>DGAUM</strong>):Grundsatzpapier – Arbeitsmedizinischer Fachgutachter <strong>DGAUM</strong>;Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 29, 278, 1994• Borsch-Galetke E: Qualitätssicherung im Berufskrankheitenfeststellungsverfahren:Kurse der <strong>DGAUM</strong> „Arbeitsmedizinische Zusammenhangsbegutachtung“;Berufskrankheiten 2000, 3. Potsdamer BK-Tage, Erich Schmidt Verlag, 165-171,2001• Weihrauch M, Borsch-Galetke E, Lehnert G, Woitowitz H-J und Wrbitzky R:Qualitätssicherung in der arbeitsmedizinischen Begutachtung – Curriculum zumZertifikat „Arbeitsmedizinische Zusammenhangsbegutachtung“ der deutschenGesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin e. V.;Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 37, 4, 188-197, 2002• Siegmann S: Kurse der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin undUmweltmedizin: Ärztliche Zusammenhangsbegutachtung; Arbeitsmedizin heute –Konzepte für morgen, <strong>DGAUM</strong> (Hrsg.), Gentner Verlag, 162-164, 2006756


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungQualifizierte Fortbildung in der ASUProf. Dr. med. Dipl.-Chem. G. TriebigInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum HeidelbergDie Zeitschrift „ASU“ hat lange Tradition: Sie wurde 1965 vom Gentner VerlagStuttgart, zunächst mit der Bezeichnung „Arbeitsmedizin – Sozialmedizin –Arbeitshygiene“ und später „Arbeitsmedizin – Sozialmedizin – Präventivmedizin“,gegründet. Sie erscheint monatlich und erreicht die Kernzielgruppe der Arbeitsmedizinerim deutschsprachigen Gebiet, d. h. auch in Österreich und in der Schweiz, nahezuvollständig. Nach den Recherchen des Verlages wird die ASU in Deutschland von runde12.000 Ärztinnen/Ärzten mit arbeitsmedizinischer Fachkunde wahrgenommen bzw.gelesen. Da ASU als Leitmedium im Segment Arbeitsmedizin gilt hat sie für die Fort- undWeiterbildung auf unserem Fachgebiet – die Ausbildung ist weniger betroffen, daMedizinstudierende in der Regel keine Fachzeitschriften lesen – eine besondereBedeutung.ASU wendet sich primär an die Kernzielgruppe der Arbeitsmediziner und Betriebsärzte inLehre, Forschung und Praxis. Sie erreicht allerdings auch Ärzte anderer Fachrichtungenaufgrund der Tatsache, daß sie auch sozialmedizinische und umweltmedizinischeThemen aufgreift und behandelt. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, daßASU nicht nur von Medizinern, sondern auch von anderen Fachgruppen, z. B. Juristen,Naturwissenschaftlern, Verwaltungsfachleuten in den verschiedenenVersicherungssparten, regelmäßig gelesen wird. Wir gehen sogar davon aus, daß sieauch von Entscheidungsträgern in den Unternehmen, z. B. Geschäftsführung oderPersonalvorständen, zumindest zur Kenntnis genommen wird.Auch die Tatsache, daß ASU Organ mehrerer wissenschaftlicher Fachgesellschaftenund Fachverbände ist, stellt eine besondere Herausforderung und Verpflichtung an dieQualität und Bedeutung innerhalb der Printmedien dar. Dabei ist es das gemeinsameZiel von Schriftleitung und Verlag, die Qualität nicht nur zu sichern, sondern zu steigern.Nach der Basiskonzeption von ASU, die mit der Definition von Arbeitsmedizin derwissenschaftlichen Fachgesellschaft konform geht, werden aktuelle Beiträge ausForschung und Praxis zu allen Themen in der Arbeitsmedizin publiziert. In diesemZusammenhang ist die enge Zusammenarbeit mit den Hochschulinstituten undForschungseinrichtungen hervorzuheben, die es ermöglicht, neue Forschungsergebnissezur Verbesserung der Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz, zu modernenRisiken und arbeitsbedingten Gesundheitsgefährdungen zu publizieren und zu757


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und Fortbildungdiskutieren. ASU verfolgt damit vor allen das Ziel, den Entscheidungsträgern diewissenschaftlichen Grundlagen für eine menschengerechte Gestaltung von Arbeit zuvermitteln.In diesem Kontext sind die Wissenschaftler aufgerufen, ihre Forschungsergebnisse nichtnur in internationalen Fachzeitschriften zu veröffentlichen, sondern diese auch demdeutschsprachigen Nutzer bekannt zu machen. Der von außen ausgeübte Zwang,vorwiegend oder ausschließlich in Zeitschriften mit Impact-Faktor zu publizieren, ist zwarfür die Karriere der Nachwuchswissenschaftler ein Muß, für die praktischeArbeitsmedizin in Deutschland jedoch weniger nützlich.Verlag und Schriftleitung sowie auch frühere Präsidenten der <strong>DGAUM</strong> haben sichmehrfach bemüht, ASU in den Science Citation Index des ISI bzw. in die DatenbankMEDLINE der US National Library of Medicine aufzunehmen. Der bislang fehlende Erfolghat nichts mit der Qualität der Zeitschrift zu tun, sondern liegt nach unserer Einschätzungan der geringen Zitierrate von ASU in englischsprachigen Journalen. Auch können wiruns nicht des Eindrucks erwehren, daß für den Entscheidungsprozeß leider auchpolitische Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Der Verlag hat im vergangenen Jahr beiCurrent Contents sowie MEDLINE erneut die Listung beantragt, da wir der Meinung sind,daß alle von ISI geforderten Voraussetzungen von ASU erfüllt werden. LEHRL (2004)hat zu dieser Frage eine Literaturrecherche zu den SCI-Anforderungen und eineZitationsanalysen der ASU-Beiträge durchgeführt (Arbeitsmed. Sozialmed. Umweltmed.39 (2004) 108-118). Das Ergebnis der Recherche ist ausgesprochen erfreulich: Aufgrundder positiven Entwicklung der Zitationsraten ist nach Auffassung des Autors die ASUgeeignet, um in die Liste von Current Contents aufgenommen zu werden. LEHRL folgert,daß die Nichtaufnahme wegen ihrer Tradition, dem hohen Stellenwert und der fehlendenKonkurrenz in der deutschsprachigen Arbeitsmedizin sowie einer deutlichenUnterrepräsentanz deutschsprachiger Zeitschriften in der SCI-Kategorie „Public,Environmental and Occupational Health“ ein Verlust für die globaleWissenschaftsgemeinschaft darstellt.Da sich die ASU an verschiedene Zielgruppen richtet, ist ein differenziertesredaktionelles Konzept erforderlich. Dabei gilt zu berücksichtigen, daß diepraktizierenden Arbeitsmedizinerinnen/Arbeitsmediziner die größte Lesergruppe darstellt.Aus diesem Grund ist der immer wieder geäußerte Wunsch der Abonnenten nachpraxisrelevanten Themen begründet und nachvollziehbar.758


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungSchriftleitung und Verlag tragen diesem Anliegen insofern Rechnung, als das Ressort„Arbeitsmedizinische Praxis“ verstärkt ausgebaut und erweitert wird. Dabei ist deutlich zumachen, dass die Veröffentlichungen in der Rubrik „Arbeitsmedizinische Praxis“ keine„zweitklassigen“ Beiträge darstellen. Ebenso wie die als Originalia veröffentlichtenBeiträge werden auch diese Einsendungen von zwei Gutachtern durchgesehen undkommentiert.ASU veröffentlichte beispielsweise im letzten Jahr 10 Originalia, 5 Beiträge aus derarbeitsmedizinischen Praxis und mehrere Übersichten. Insgesamt erscheinen in den 11regulären Heften – ein Heft ist der Abstractband der Jahrestagung – ca. 50Veröffentlichungen bei insgesamt 600 Druckseiten. Alle Manuskripte werdengrundsätzlich von zwei Gutachtern kritisch durchgesehen. Aufgrund des hohenManuskriptaufkommens ist dieser Prozess mit einem hohen personellen und zeitlichenAufwand verbunden. Um diese Herausforderung bewältigen zu können, ist eine engeKooperation mit den Mitgliedern der Schriftleitung und des wissenschaftlichen Beiratessowie auch mit externen Gutachtern besonders wichtig.Auf den jährlichen Redaktionskonferenzen legt die Schriftleitung die redaktionelleSchwerpunkte der Zeitschrift fest. Grundlage für das redaktionelle Konzept von ASU sinddie internationalen Standards der Vancouver-Regeln, die 1997 zur Einreichung vonManuskripten bei biomedizinischen Zeitschriften von der informellen Gruppe„International Committee of Medical Journals Editors“ entwickelt wurden.Nach Abschluss der Begutachtung ist in den meisten Fällen eine Nachbesserung desManuskriptes erforderlich. Die Erfahrungen zum Peer-Review sind durchweg erfreulich,da die Kommentare und Anregungen der Gutachter von den Autoren positivaufgenommen werden und dadurch die Qualität des Beitrages verbessert wird. In einigenFällen ist es allerdings erforderlich, ein Manuskript abzulehnen. Dies trifft vor allem dannzu, wenn der Inhalt nicht mit den fachlichen Zielen der Zeitschrift übereinstimmt.Ausgenommen vom Peer-Review-Prozeß sind lediglich die arbeitsmedizinischen undumweltmedizinischen Leitlinien, die von einer besonders erfahrenen Arbeitsgruppeerstellt und vom Vorstand der <strong>DGAUM</strong> zur Veröffentlichung freigegeben werden. Es istnachvollziehbar, daß in diesem Fall keine weitere Begutachtung erforderlich ist.Die Leitlinien stellen gerade unter Qualitätsaspekten wichtige Beiträge für die ASU dar.759


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungDie Frage, ob Übersichtsartikel, die auch aktiv eingeworben werden, einem Peer-Reviewzu unterziehen sind, ist immer wieder Anlaß zu kontroversen Diskussionen innerhalb derSchriftleitung. Aus diesem Grund ist die Stellungnahme der Bundesärztekammerhilfreich, die in ihren „Empfehlungen zur guten ärztlichen Fortbildung“ fordert, daß dieInhalte von Fortbildung frei sein müssen von wirtschaftlichen Interessen. DieseVoraussetzung trifft für ASU uneingeschränkt zu. Ferner rät die Bundesärztekammerauch für erbetene Manuskripte eine Begutachtung im Vorfeld der Publikation. Trotzgrundsätzlicher Akzeptanz dieser Empfehlung wird man in der Praxis ein individuellesVorgehen wählen, nicht zuletzt, um die Gutachter vor Arbeitsüberlastung zu schützen.Als Fazit bleibt festzuhalten, daß ASU den Lesern aktuelle Informationen und neuewissenschaftliche Erfahrungen zu allen Themen der Arbeitsmedizin, betriebsärztlichenPraxis und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz anbietet, das qualitätsgesichert ist. DieInhalte werden fachlich und vor allem nutzwertorientiert aufbereitet und mit weiterenThemen ergänzt. Der Leser kann somit davon ausgehen, daß die Beiträge den aktuellenwissenschaftlichen Kenntnisstand wiedergeben .Artikel, die kontroverse Sachverhalte behandeln oder die die besondere Sichtweise einesAutors wiedergeben, werden durch ein Vorwort der Schriftleitung ergänzt, um dem Leserauf diese Situation hinzuweisen.Welchen Herausforderungen muß sich die ASU zukünftig stellen?Als verlegerisches Produkt muß sich die Zeitschrift dem Wettbewerb stellen,insbesondere die elektronische Vermarktung von Informationen stellt dabei die wichtigsteHerausforderung dar. Für den Bereich der arbeitsmedizinischen Fortbildung planenVerlag und Schriftleitung Beiträge nach dem CME-Konzept. Es soll aber nichtverschwiegen werden, daß dies ein ökonomisches Wagnis darstellt, da in derArbeitsmedizin bislang noch keine Pflicht zur ärztlichen Fortbildung mit entsprechendemNachweis besteht. Um zu einer Entscheidung zu gelangen, bedarf es diesbezüglich nochweiterer Abstimmungsgespräche mit den Vorständen von <strong>DGAUM</strong> und VDBW.760


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungE-Learning in der arbeitsmedizinischen Ausbildung anhandeines BeispielsKristina HarthInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzNach einer Definition von Michael Kerres versteht man unter E-Learning oderelektronisch unterstütztem Lernen (E-Lernen) alle Formen des Lernens, bei denendigitale Medien für die Präsentation und Verteilung von Lernmaterialien und/oder zurUnterstützung der zwischenmenschlichen Kommunikation zum Einsatz kommen 1 . InBezug auf die zugrunde liegenden Technologien unterscheidet man computerbasierteLernangebote (CBT: computer based training) und netzbasierte Lernangebote (WBT:web based training). Unter computerbasierten Lernangeboten versteht manLernprogramme, die üblicherweise auf CD-ROM oder DVD erhältlich sind 2 . Es Handeltsich hierbei um eine nicht tutorielle Lernform, bei der das Selbststudium im Vordergrundsteht. Diese Art des E-Learnings gibt es schon seit den 80er Jahren. Bei dennetzbasierten Lernangeboten können die Lerneinheiten online von einem Webserverunter Nutzung des Intra- oder Internets abgerufen werden. Hierbei kann auch dieMöglichkeit einer Kommunikation des Lernenden mit den entsprechenden Tutoren z.B.über E-Mails oder Diskussionsforen gegeben sein. Der Vorteil des WBT ist die Orts- undZeitunabhängigkeit der Nutzung. Der Lernende bestimmt selbst wann und wo er dieangebotenen Lerneinheiten absolviert 3,4 .Galt E-Learning noch vor einigen Jahren als die Lernform des 21. Jahrhunderts, so weißman heute, dass es die traditionellen Lehr- und Lernformen nicht ersetzen kann. Es stelltaber eine sinnvolle Ergänzung im Lernprozess dar. Theoretische oder abstrakteLerninhalte können vertieft und mit praktischen Beispielen verdeutlicht werden. Diesesog. Blended Learning (integriertes Lernen) ist eine Unterstützung und Ergänzung derklassischen Präsenzlehre durch die Möglichkeiten des E-Learnings (z.B. Filme oderÜbungen).Ein praktisches Beispiel des Blended Learnings ist der Film „mobbing“ des Instituts fürArbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.Mobbing stellt nicht nur in der Arbeitsmedizin ein zunehmendes Problem dar. Schon imLaufe ihrer universitären Ausbildung sammeln Medizinstudenten erste (negative)Erfahrungen auf diesem Gebiet. Ziel des Filmprojekts „Mobbing“ war es, den Inhalt derPräsenzlehre zu diesem Thema durch Einbindung moderner Medien zuveranschaulichen. Der 5-minütige Lehrfilm „mobbing“ wurde im Wintersemester2006/<strong>2007</strong> erstmalig in der Lehre eingesetzt und evaluiert. Der Aufbau desarbeitsmedizinischen Praktikums sieht im ersten Teil die interaktive Erarbeitung derMobbingstrategien und –handlungen nach Leymann, der möglichen Folgen und761


F1Arbeitsmedizinische Aus-, Weiter- und FortbildungPräventionsstrategien vor. Im zweiten Teil wird das Gelernte anhand des Films, derMobbinghandlungen, -folgen und Präventionsmöglichkeiten an einem Fallbeispiel ausdem Krankenhausalltag darstellt, überprüft. Darüber hinaus dient der Film alsDiskussionsgrundlage für einen Erfahrungsaustausch. Die Resonanz derMedizinstudenten des 6. Semesters auf den Film bzw. diese Art des Blended Learningswar sehr positiv. Anhand der sich ergebenden Diskussionen kam es zu einem regenErfahrungsaustausch der Studenten untereinander. In Zusammenarbeit mit demjeweiligen Dozenten konnten dabei praktische Handlungshilfen vermittelt werden. Diebisherigen Erfahrungen mit diesem Blended Learning Ansatz legen nahe, dass der Filmauch für die Weiterbildung von Arbeitsmedizinern oder die Ausbildung anderer sozialerBerufsgruppen geeignet ist. Durch die Sensibilisierung für das Thema und dieErarbeitung von Handlungshilfen kann der Film einen Beitrag zur Prävention bzw.Früherkennung von Mobbing leisten.1. Kerres, M.: Multimediale und telemediale Lernumgebung. Konzeption undEntwicklung; Oldenbourg Verlag, 2. Auflage ,München 20012. Das große Online-Lexikon für Informationstechnologie: http://www.itwissen.info/definition/lexikon//_cbtcbt_cbtcomputer%20based%20trainingcbt_cbtcomputerunterst%FCtzes%20training.html; DATACOM Buchverlag GmbH 2004-<strong>2007</strong>; Stand: Mai<strong>2007</strong>3. Das große Online-Lexikon für Informationstechnologie: http://www.itwissen.info/definition/lexikon//_wbtwbt_wbtweb%20based%20trainingwbt_wbt.html;DATACOM Buchverlag GmbH 2004-<strong>2007</strong>; Stand: Mai <strong>2007</strong>4. Leven, F. J., Bauch, M., Haag, M.: E-Learning in der Medizinerausbildung inDeutschlend: Status und Perspektiven; GMS Med Inform Biom Epidemiol. 2006,2(3): Doc28762


F2ArbeitsphysiologieLärm in BallungsgebietenBarbara Griefahn, Anke MarksInstitut für Arbeitsphysiologie an der Universität DortmundVerkehrsentwicklung, BetroffeneIm Gegensatz zu anderen Umweltbelastungen hat der Verkehrslärm in den letztenJahren mit der Verkehrsdichte erheblich zugenommen und diese Zunahme wird sich inden kommenden Jahren, insbesondere im Güterverkehr, fortsetzen. Da weder dasStraßen- noch das Schienennetz entsprechend ausgebaut werden, wird der Verkehrverstärkt auf die Tagesrandstunden und in die Nacht ausweichen.Damit ändert sich auch das Profil der Betroffenen, wozu in erster Linie die modernenArbeits- und Kommunikationsmittel beitragen, die zu erheblichen durch Tätigkeiten amBildschirm definierten Schnittmengen zwischen beruflichen und privaten Bereichenführen. Mit der Ausweitung des Dienstleistungssektors, dessen Betriebe sich –kundenorientiert – zunehmend in den Ballungszentren ansiedeln, entstanden zahlreicheBüros an lebhaft genutzten Verkehrswegen. Viele dieser Betriebe arbeiten, ebenso wieUnternehmen mit globaler Vernetzung, rund um die Uhr. Die Beschäftigten verrichtendaher nicht nur am Tage sondern auch in der Nacht, d. h. in der Phase reduzierterLeistungsreserven, unter Einwirkung von Verkehrslärm mentale Arbeiten am Bildschirm.Dasselbe gilt für Telearbeiter, ebenso wie für Lehrer, Schüler und Studenten sowie fürPersonen in der Fort- und Weiterbildung, die häufig in den Tagesrandstunden und in derNacht arbeiten.Die Wirkungen des Lärms manifestieren sich auf mehreren Ebenen. Lärm beeinträchtigtdie Kommunikation, das Befinden und kognitive Leistungen sowie den Schlaf undphysiologische Funktionen und steht im Verdacht, letztlich zur Entwicklungkardiovaskulärer Erkrankungen beizutragen [Babisch 2006]. Im Sinne der WHO, dieGesundheit als einen Zustand physischen, psychischen und sozialen Wohlbefindensdefiniert, stellt Lärm eine gesundheitliche Beeinträchtigung dar, wodurch dieLärmbekämpfung zu einem essenziellen Element eines umfassendenGesundheitsschutzes wird.Die Bekämpfung des Verkehrslärms stellt allerdings, abgesehen von der zunehmendenVerkehrsdichte, eine besondere Herausforderung dar, da der Lärm von zahlreicheneinzelnen Verkehrsmitteln emittiert wird, die sich mit variierender Anzahl undunterschiedlicher Geschwindigkeit in verschiedenen Richtungen (beim Flugverkehr auchin unterschiedlichen Ebenen) bewegen und sich so in ihrer zeitlichen und örtlichenZusammensetzung ständig ändern. Hinzu kommen tageszeitlich variierende qualitativeVeränderungen mit einem Überwiegen des Güterverkehrs in der Nacht. Diese zeitlicheMakrostruktur des Verkehrslärms lässt sich im Wesentlichen durch Maßnahmen des763


F2ArbeitsphysiologieVerkehrsmanagements beeinflussen. Die zeitliche Mikrostruktur erfordert hingegen imWesentlichen technische Maßnahmen. Sie bezieht sich vor allem auf länger dauerndeVorbeifahrten von Güterzügen und Lastkraftwagen und ist durch die Variation der Pegelund der Frequenzen bestimmt, zu der die Abstände zwischen den Rädern und bei Zügenzwischen den einzelnen Waggons, die unterschiedliche Höhe sowie die variableAufeinanderfolge von Waggons mit unterschiedlichen Bremssystemen beitragen. DieseZeitstruktur, die den spezifischen Informationsgehalt des Güterverkehrslärms ausmacht,tritt bei hohen Geschwindigkeiten und kurzen Vorbeifahrten in den Hintergrund, dominiertaber bei niedriger Geschwindigkeit und großer Vorbeifahrtdauer.Belästigung/LästigkeitIm Vordergrund der Lärmwirkungen steht die Belästigung. Sie bezeichnet ein Gefühl derVerärgerung, des Missfallens, des Unbehagens oder der Unzufriedenheit, wenn Lärm dieAusübung aktueller Tätigkeiten stört. Sie resultiert im Wesentlichen aus Störungen derKommunikation, der kognitiven Leistung und des Schlafs und stellt eine unmittelbareBeeinträchtigung der Lebensqualität dar. Die Belästigung erklärt sich jedoch zu nureinem Drittel aus den akustischen und zu einem weiteren Drittel aus individuellen undsituativen Faktoren, während das letzte Drittel derzeit nicht erklärt werden kann.Einen erheblichen Einfluss hat, wie sich aus der Zusammenfassung von 55Untersuchungen mit 58 000 Interviews Lärmbetroffener ergibt, die Verkehrslärmart (Abb.1 [Miedema & Vos 1998]). Danach verursacht Fluglärm die stärkste undSchienenverkehrslärm die geringste Belästigung. Basierend auf der unterschiedlichenBelästigung durch Schienen- und Straßenverkehrslärm haben einige Länder einen'Schienenbonus' etabliert, der an Bahntrassen einen höheren äquivalenten Pegel als anStraßen erlaubt (in der BRD 5 dB(A)). Darüber hinaus sind insbesondere beimStraßenverkehr ausgeprägte tageszeitliche Variationen mit Spitzen am Morgen und amfrühen Abend zu beobachten.Während die Belästigung dem Urteil über langfristige Belastungen z. B. der AnwohnerLärm emittierender Verkehrswege entspricht, bezieht sich die Lästigkeit auf die aktuelleSituation, wobei sich die Mechanismen der Lärmverarbeitung aber grundsätzlichentsprechen. Lästigkeit und Belästigung nehmen mit der akustischen Belastung zu,wobei das Ausmaß der Reaktion durch individuelle und situative Einflussfaktorenbestimmt ist. Der wichtigste Moderator der Belästigung ist, umfangreichen Metaanalysenzu Folge, die als stabiles Persönlichkeitsmerkmal identifizierte Lärmempfindlichkeit[Miedema & Vos 1999].Kognitive LeistungenIrrelevante, in keinem Zusammenhang mit der aktuellen Tätigkeit stehende Geräuschebeeinträchtigen grundlegende kognitive Prozesse und damit das Denken und764


F2ArbeitsphysiologieProblemlösen oder Verstehen gehörter und gelesener Texte. Solche Lärmwirkungen sindsomit bei zahlreichen alltäglichen Tätigkeiten von Bedeutung.Irrelevante Geräusche behindern die Enkodierung relevanter akustischer Informationenund stören die auf akustische und visuelle Informationen fokussierte Aufmerksamkeit.Die Betroffenen versuchen, solche ablenkenden Reize durch vermehrte Konzentration zuunterdrücken, was jedoch die Anspannung erhöht. Dies beansprucht mentaleKapazitäten, die somit für die weitere Informationsverarbeitung nicht mehr zur Verfügungstehen, woraus Leistungsabfall und vorzeitige Ermüdung resultieren. Lärm stört weiterhinProzesse im Arbeitsgedächtnis, die kurzzeitige Speicherung von Informationen undderen Verknüpfung mit weiteren neu eingehenden Informationen oder mit Inhalten desLangzeitgedächtnisses.Art und Ausmaß kognitiver Leistungsbeeinträchtigungen sind, abgesehen von derIntensität, von der zeitlichen Struktur der einwirkenden Geräusche determiniert.Kontinuierlicher Lärm (Straßenverkehrslärm bei hoher Verkehrsdichte) kann Sprachemaskieren und so die Perzeption und die Enkodierung und schließlich dasSprachverständnis beeinträchtigen. Intermittierter Lärm (Flug- und Schienenverkehrslärmbzw. Straßenverkehrslärm bei geringer Verkehrsdichte) kann zusätzlich dieAufmerksamkeit ablenken und im Arbeitsgedächtnis die Speicherung und Verarbeitungakustischer und visueller Informationen stören.Das Einwirken komplexer Verkehrslärmszenarien bewirkt daher Störungen kognitiverLeistungen vor allem durch Beeinträchtigung von Aufmerksamkeit und Arbeitsgedächtnismit den entsprechenden Folgen für das Befinden und das Gefühl der Lästigkeit.In zahlreichen Betrieben des Dienstleistungsgewerbes und in Betrieben mit globalerVernetzung wird zunehmend Nachtarbeit geleistet. Die Beschäftigten arbeiten in derPhase reduzierter Leistungsbereitschaft und sind in dieser Zeit empfindlicher gegenüberexternen Belastungen, zumal diese bei insgesamt reduziertem Grundpegel deutlicher inErscheinung treten. Entsprechende Klagen werden zwar zunehmend thematisiert,adäquate Antworten können jedoch aus Mangel an einschlägigen Untersuchungenbisher nicht gegeben werden.Physiologische Wirkungen, gesundheitliche RelevanzLärm verursacht durch Erregung des vegetativen und des endokrinen Systemszahlreiche, nicht gewöhnungsfähige Reaktionen, die ihn prinzipiell als möglichenRisikofaktor in der Genese kardiovaskulärer Erkrankungen klassifizieren [Griefahn &Muzet 1978]. Diese Reaktionen (Beschleunigung der Herzschlagfrequenz, Verengungperipherer Blutgefäße, Anstieg des Blutdrucks, vermehrte Ausschüttung vonStresshormonen) werden jedoch auch durch zahlreiche andere Umweltreize sowie durchEmotionen evoziert. Deshalb sind keine monokausal durch Lärm verursachten765


F2Arbeitsphysiologieextraauralen Erkrankungen zu erwarten. Plausibel ist jedoch die Annahme, dass Lärmzusammen mit vielen anderen Einwirkungen zur Entwicklung von Erkrankungen mitmultifaktorieller Genese beiträgt.Lärmbedingte SchlafstörungenDa Häufigkeit und Ausmaß lärmbedingter Schlafstörungen vor allem durch denInformationsgehalt der Geräusche bestimmt sind, war angenommen worden, dass die fürden Wachzustand ermittelte Rangfolge der Belästigungen auch für den Schlaf gilt.Mehrere Untersuchungen, in denen Flug-, Straßen- und Schienenverkehrslärm währenddes Nachtschlafs appliziert worden waren, bestätigen dies jedoch nicht. Im Widerspruchzur Ausgangshypothese ergaben sich weder für die subjektive Schlafqualität noch für diemorgens erfasste Leistung mit der Lärmart assoziierte Unterschiede. Dieelektrophysiologischen Parameter des Schlafs waren aber durch Schienenverkehrslärmam stärksten beeinträchtigt. Die Aufwachwahrscheinlichkeit war dann am höchsten, derTiefschlaf wurde später erreicht und dessen Anteile waren kürzer als unter Einwirkungvon Straßen- und Flugverkehrslärm. Auch die gleichzeitig registrierten kardialenReaktionen fielen, bei gleichem Maximalpegel, am stärksten bei der Einwirkung vonSchienenverkehrslärm aus [Griefahn et al. 2006].Insgesamt lassen die Ergebnisse dieser Arbeiten die Gültigkeit des Schienenbonus fürden Schlaf bezweifeln. Eine mögliche Ursache der stärkeren Reaktion ist die obenbeschriebene zeitliche Mikrostruktur der Schienenverkehrsgeräusche, verbunden mit denbei hoher Geschwindigkeit sehr kurzen Pegelanstiegszeiten.Deutliche Entlastungen lassen sich, wie neuere Untersuchungen zeigen, in erster Liniedurch eine Reduktion des Verkehrs in den frühen Morgenstunden erzielen, wohingegeneine auf den Beginn der Nacht beschränkte Verkehrsruhe keine Entlastung bewirkt.Ein großer Teil der Klagen, die im Vorfeld des Neubaus oder der Erweiterungfrequentierter Verkehrswege vorgetragen werden, betreffen den Schlaf derSchichtarbeiter, deren Anteil im europäischen Raum ca. 20 % der Beschäftigtenausmacht. Abgesehen von einigen älteren Untersuchungen mit eher explorativemCharakter und unrealistischen Geräuschszenarien ist über die Einwirkung vonVerkehrslärm auf den Tagschlaf nichts bekannt.766


F2ArbeitsphysiologieLiteratur• Babisch W, 2006: Transportation noise and cardiovascular Risk. Review andsynthesis of epidemiological studies. Dose-effect curve and risk estimation. WaBoLu-Hefte 01/06.• Griefahn B, Marks A, Robens S, 2006: Noise emitted from road, rail and air traffic andtheir effects on sleep. JSV 295:129-140.• Griefahn B, Muzet A, 1978: Noise-induced sleep disturbances and their effects onhealth. J Sound Vib 59:99-106.• Miedema HME, Vos H, 1998: Exposure-response relationships for transportationnoise. J Acoust Soc Am 104:3432-3445.• Miedema HME, Vos H, 1999: Demographic and attitudinal factors that modifyannoyance from transportation noise. J Acoust Soc Am 105:3336-3344.Anteil hoch belästigter Personen [%]50403020100LuftverkehrStraßenverkehrSchienenverkehr40 45 50 55 60 65 70 75 80Day-night-level [L den ]Miedema & Oudshoorn 2002Abb.1: Anteil hochbelästigter Personen nach Lärmbelastung und Verkehrslärmart767


F2Arbeitsphysiologie0.25Aufwachrisiko [0 bis 1]0.200.150.100.05SchienenverkehrLuftverkehrStraßenverkehr0.0040 45 50 55 60 65 70 75Maximalpegel [dBA]Abb. 2: Aufwachwahrscheinlichkeit in Relation zum Maximalpegel und zur Verkehrslärmart.768


F2ArbeitsphysiologieLärm: Belästigung und gesundheitliche WirkungenScheuch, KlausInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Technischen Universität DresdenIm Bundesimmissionsschutzgesetz wird erhebliche Belästigung neben dem Schutz derGesundheit und der Verhinderung von Schäden als Schutzziel eingefordert. ImArbeitsbereich gibt es DIN- und ISO-Normen, deren Ziel die Verminderung der Störung,Beeinträchtigung im Sinne der optimalen Erfüllung einer Aufgabe, von Erholung sowieSicherheit ist. In der EU-Lärmschutzrichtlinie 203/10/EU wird ausdrücklich formuliert,dass diese Richtlinie sich an Präventivmaßnahmen zum Schutze des Gehörs orientiert:„Für alle anderen Gefährdungen einschließlich extraauraler Lärmwirkung ist derderzeitige wissenschaftliche Kenntnisstand unzureichend, um Expositionsgrenzwertefestzulegen.“ Vor allem im Umweltbereich wird jedoch Belästigung als Vorstufe undUrsache von Krankheit diskutiert.Das Thema beinhaltet das grundlegende psychophysiologische Problem der Beziehungvon subjektiver Beanspruchung und Belastungserleben zu längerfristig auftretendenmöglichen Folgen. Deshalb sind gerade in diesem Bereich wissenschaftliche Kriterien fürtatsächlich vorhandene oder mögliche Konsequenzen Grundlage von Bewertungen undpräventivem wissenschaftlichem Handeln. Die Evidenzbasierung gilt auch undbesonders für dieses Feld. Da es um Kausalität geht, sind aus wissenschaftlicher Sichtdie Plausibilitätskriterien für eine solche Beziehung (1) unter anderem einzufordern.Im Zusammenhang mit Lärm und seiner Bedeutung für die Entstehung vonErkrankungen haben wir in der bisherigen wissenschaftlichen Publikationsweltgrundlegende Messprobleme, insbesondere bei epidemiologischen Untersuchungen.Das ist die meist fehlende tatsächliche Messung der Bezugs- und Regelungsgröße Lärmmit den vielfältigen Diskussionen, welcher Schallparameter relevant ist, die erheblichenProbleme und Unterschiedlichkeiten bei der Messung der Belästigung und dieerheblichen Probleme bei der Erfassung und Wertung von Krankheit. Das soll jedochnicht Gegenstand des Beitrages sein.Ausgewählte Ergebnisse zu Lärmbelästigung und KrankheitEs soll im Folgenden auf der Grundlage großer Studien der letzten Jahre dergegenwärtige Wissensstand und Probleme der Interpretation zum Thema dargestelltwerden. An Studien werden einbezogen die NaRoMi-Studie (2, 3), eine Herzinfarktstudiein Berliner Krankenhäusern, die LARES-Studie (4), eine internationale Studie zurWohnqualität, die Spandauer Studie, eine Ergänzung des 7. Durchlaufes des Spandau-Gesundheits-Survey durch einen Lärmfragebogen (5), die Zürich-Studie, eineUntersuchungs- und Befragungsstudie um den Flughafen Zürich (6).769


F2ArbeitsphysiologieIn der Spandauer- und LARES-Studie wurden „vom Arzt diagnostizierte“ Erkrankungenbei den einbezogenen Gruppen erfragt. Die vergleichbare Methodik beider Studien führtzu deutlich unterschiedlichen Ergebnissen mit einem Trend einer Beziehung zwischensubjektiver Lärmbelästigung und subjektiv erfragter Erkrankungen, wobei dieBeziehungen zu psychischen Störungen naturgemäß am eindeutigsten sind (Abb. 1).Abb. 1: Relative Risiken und Confidenzintervalle bei Belästigung und erfragten KrankheitenBelästigung durch Straßenlärm (Stra) und Fluglärm (Flug), moderate (mod), starke (sta)Belästigung, *signifikantIn der NaRoMi-Studie wurde eine paradoxe Beziehung zwischen Arbeitslärmbelästigungund Herzinfarkt festgestellt (Abb. 2), hohe Belästigung führt zu weniger Herzinfarkten. ZuVerkehrslärmbelästigungen und Herzinfarkt ergab sich in der NaRoMi-Studie ebenfallskeine konsistente Beziehung.In den vorher genannten Studien führen Belästigungen durch mehrere Lärmquellenhäufig paradox zu einem „präventiven“ Effekt.Auch in anderen Studien sind Beziehungen zwischen der Belästigung durch Lärm undsubjektiven Kriterien der Gesundheit durchaus annehmbar, wenn auch inkonsistent. Einewissenschaftliche Bestätigung der Hypothese „Belästigung durch Lärm führt zurKrankheit“ gibt es bisher nicht.770


F2Arbeitsphysiologie21,8621,51,41,6 1,631,51,71,241,22odds ratio10,5111,050,990,950,75M ä n n e r110,890,920,70,5 0,5F r a u e n0keine/niedrigeeherniedrigeeherhohehoheBelästigungBelästigung Belästigung Belästigungkeine/niedrigeeherniedrigeeherhohehoheBelästigungBelästigung Belästigung BelästigungAbb. 2: Relative Risiken und Confidenzintervalle zwischen Herzinfarkt undArbeitslärmbelästigungInhaltliche und methodische Schwierigkeiten zum Nachweis einer BeziehungLärmbelästigung und Krankheit- Pathophysiologischer Mechanismus zwischen Lärm oder/und Belästigung undKrankheit Grundlage aller Überlegungen ist, dass der Stressmechanismus einewesentliche Rolle zwischen konkreten Wirkungen des Lärms und Langzeitfolgensowie auch zwischen Belästigung und Krankheit darstellen kann. Belästigung,Kommunikations- oder Schlafstörungen sollen zu Stoffwechsel-, endokrinen- undHerz-Kreislauf-Veränderungen führen mit langfristig entsprechenden Erkrankungen.Für Lärm mit mittleren Pegeln sind diese Mechanismen nach wie vor weitgehendhypothetisch. Wir haben die Wirkung von Lärm auf die Stresshormone Adrenalin,Noradrenalin, Cortisol in Labor- und Feldstudien bis 2004 ausgewertet. Für Adrenalinkam es bei 20 % zu einer signifikanten Änderung unter Lärm, 60 % gleich bleibendoder Abfall, bei Noradrenalin waren es 27 % (59 % gleich bleibend), bei Cortisol 18 %signifikanter Anstieg, 70 % gleich bleibend oder Abfall. In einer der wenigen Studienmit Langzeitcharakter um die Flughäfen in Caerphilly und Speedwell wurden zumgleichen Zeitpunkt mit der gleichen Methodik im Vergleich von Belastungen von 66bis 70 dB(A) zu 51 – 55 dB(A) keine signifikant und relevant übereinstimmendenVeränderungen von Fibrinogen, Triglyceriden, Cholesterol und Blutdruckparameterngefunden (7). Wir haben demnach das Problem, dass der pathophysiologischeMechanismus Lärm zu Krankheit insbesondere in Feld-Untersuchungen bisher nuranzunehmen ist.- Einflussfaktoren auf die Belästigung und deren Beziehung zur KrankheitEinflussfaktoren auf die Beziehung Schall, Belästigung, Krankheit sind mannigfaltig.771


F2ArbeitsphysiologieSowohl schallgebundene Faktoren, wie Frequenz, Anstiegssteilheit, zeitlicheFaktoren,- Emergenz wie auch nicht akustische Faktoren wie Erfahrung, Vermeidbarkeit,Einbeziehung, vielfältige soziale Aspekte bewirken unterschiedliche Ergebnisse. Dieaufgeklärte Varianz zwischen Lärmpegel und Belästigung beträgt zwischen 6 undetwa 33 % in den unterschiedlichen Studien, d. h. die Belästigung ist hauptsächlichvon anderen Faktoren als dem Lärmpegel abhängig. Die häufig diskutiertenUnterschiede der Belästigungswahrnehmung zu den akustischen Maßen, z. B. Leq,Ldn, oder Maximalpegeln NAT68, NNI sind jedoch für die Beziehung zur Belästigungvon nachgeordneter Bedeutung (Wirth 2004). Es wird annähernd die gleicheKorrelation dieser unterschiedlichen Schallmaße zur Belästigung gefunden, etwa0.33, d. h. etwa 11 % Varianzaufklärung.- Qualitätsprobleme von Studien zu Lärmbelästigung und KrankheitDie Beteiligung an Studien ist stets freiwillig. Bevölkerungsbezogene Erhebungenwerden häufig unterstützt von Verbänden, Interessensvertretern, Rechtsanwälten.Die Folge ist die Untersuchung von Risikopopulationen oder von besondersGesundheitsinteressierten. Dies führt unter anderem zu den in denSozialwissenschaften bekannten Einschränkungen der Qualität von Studien durch„overreporting“, dem „Nimby-Effekt“ (Not in my backyward) oder „Intra-Class-Korrelationen“ (Familien, Verbandsmitglieder, Nachbarn haben häufig gleicheAntworttendenzen). Auf die Qualität der eingesetzten Methoden wurde bereitseingegangen. Auch die Auswertungsqualität lässt nicht selten zu wünschen übrig, daim Drang nach relevanten Ergebnissen, die eher publikationsfähig sind, kaum nochinhaltlich zu untersetzende Auswahl- und Rechenprozeduren vorgenommen werden.Das traurigste Beispiel, da es ansonsten eine sehr gute Untersuchung ist, stellt dieNaRoMi-Studie dar, bei der die Chariteauswertung (3) etwa zwei Drittel derStudienpopulation nicht mehr einbezog, was zu nahezu konträren Ergebnissen miteiner Auswertung des Umweltbundesamtes (2) an der gleichenUntersuchungspopulation führte.Wissensstand Lärm und KrankheitDer wissenschaftliche Erkenntnisstand zum Zusammenhang zwischen chronischerLärmeinwirkung und Schwerhörigkeit ist nachgewiesen, bei einzelnenHerzkreislauferkrankungen „begrenzt bis hinreichend“ (sufficient), bei Hormon- undStoffwechselveränderungen „begrenzt (limited)“, den anderen Erkrankungen „fehlend bisbegrenzt“ nachgewiesen. Die Beziehungen zwischen Belästigungen und Erkrankungensind als „begrenzt“ nachgewiesen einzuschätzen. Dies trifft für Populationsaussagen zu,772


F2Arbeitsphysiologieim Einzelfall können natürlich psychosomatische Mechanismen zu Einschränkungen derGesundheit und zur Krankheit führen.Die Belästigung sollte nicht über ihre mögliche Gesundheitsbeeinträchtigung undKrankheitsvermittlung als Kriterium für Lärmschutz dienen, da dies wissenschaftlichgegenwärtig in dem notwendigen Maße nicht zu untersetzen ist, sondern einen eigenenSchutzzielcharakter haben. Für den Umweltbereich ist, wie oben angeführt, die„erhebliche Belästigung“ das entsprechende Kriterium. Für den Arbeitsbereich vermitteltsich dies über die Störung. In den Fluglärmkriterien für ein Schutzkonzept beiwesentlichen Änderungen oder Neuanlagen von Flughäfen/Flugplätzen (8) wird derVermeidung von erheblicher Belästigung eine zentrale Rolle eingeräumt.Gerade bei Beziehungen zwischen den subjektiven wahrgenommenen Belästigungen,Belastungen, Beanspruchungen und Gefährdungen zu Erkrankungen bedarf es einerwissenschaftlich begründeten, rationaleren Untersetzung des gegenwärtigenErkenntnisstandes. Gesteuerte oder unkritisch hinterfragte Interessen führen zu diffusenÄngsten und bestimmen mitunter die Meinungsbildung. Das führt nicht nur zureigentlichen Auslösung von Risiko, sondern auch dazu, dass die Öffentlichkeit mitRisiken nur schwer umgehen kann.Wenn die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2004 zum Lärmschutz (9)argumentiert, dass im Büro die Anzahl von Krankheitstagen um 12 % zu senken ist,wenn man den hörbaren Straßenverkehrslärm von „manchmal“ auf „selten“ vermindert,oder die Häufigkeit von Herzinfarkten in der Arbeit generell um 50 % sinkt, wenn diesubjektive Lärmstörung von „häufig“ auf „selten“ in der Arbeit reduziert wird, dann hatdies mit vernunftsbasierter Wissenschaft und Erfahrung nichts mehr zu tun, auch nichtmit dem angemahnten Risikoumgang.773


F2ArbeitsphysiologieLiteratur(1) Hill, A. B.: The environment and disease: Association or causation? Proc Roy SocMed 58, 1965, 295-300(2) Babisch, W.: Chronischer Lärm als Risikofaktor für den Myokardinfarkt, Ergebnisseder 'NaRoMi'-Studie. WaBoLu-Hefte 02/04, Umweltbundesamt, Berlin, 2004, I 1-I 59(3) Keil, T. et al.: Chronischer Lärm als Risikofaktor für den Myokardinfarkt: Die NaRoMI-Studie. WaBoLu-Hefte 02/04, Umweltbundesamt, Berlin, 2004, ISSN 0175-4211(4) Niemann, H.; Maschke, C.: Noise effects and morbidities. WHO-LARES Study,Interdisciplinary Research Network “Noise and Health“, 2004http://www.tu-berlin.de/bzph/laerm-gesundheit/Veroeffentlichungen.htm.(5) Maschke, C.; Wolf, U.; Leitmann, T.: Epidemiologische Untersuchungen zum Einflussvon Lärmstress auf das Immunsystem und die Entstehung von Arteriosklerose.Forschungsbericht 29862515 UBA-FB 000387, Berlin, 2003(6) Wirth, A.: Lärmstudie 2000. Die Belästigungssituation im Umfeld des FlughafensZürich. Aachen: Shaker Verlag, 2004(7) Babisch, W.: Traffic noise and cardiovascular disease: Epidemiological review andsynthesis. Noise & Health 8, 2000, 9-3(8) Griefahn, B.; Jansen, G,; Scheuch, K.; Spreng, M.: Fluglärmkriterien für einSchutzkonzept bei wesentlichen Änderungen oder Neuanlagen vonFlughäfen/Flugplätzen, Z. Lärmbekämpfung 49, 2002, 171-175(9) Ising, H.; Sust, C. A.; Plath, P.: Gesundheitsschutz 4. Lärmwirkungen: Gehör,Gesundheit, Leistung. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,Dortmund, 2004774


F2ArbeitsphysiologieSchutz der Bevölkerung vor nächtlichem FluglärmAlexander Samel; Mathias BasnerDeutsches Zentrum für Luft- und RaumfahrtZusammenfassungDas Flugverkehrsaufkommen wird auch in den kommenden Jahren kontinuierlichansteigen. Einerseits wird durch Flugverkehr das Bedürfnis der Menschen nach Mobilitätfür sich und ihre Güter erfüllt, andererseits führt der Flugverkehr auch zu Belastungen.Besonders der durch den Flugbetrieb erzeugte Lärm wird von der Bevölkerung in derUmgebung von Flughäfen als sehr unangenehm oder belästigend empfunden. Dasgravierendste Problem stellen allerdings fluglärmbedingte Schlafstörungen dar, vordenen die Bevölkerung möglichst gut geschützt werden sollte. Mit umfangreichenStudien zum Einfluss von Nachtfluglärm auf den Schlaf hat das DLR-Institut für Luft- undRaumfahrtmedizin wichtige neue Erkenntnisse gewonnen. Die daraus abgeleitetenSchutzkriterien werden beim Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle zu einemNachtflugdrehkreuz für Frachtverkehr zum Nutzen sowohl der Betroffenen als auch derVerursacher von Fluglärm angewendet.EinleitungDie Wirkung von Lärm manifestiert sich aural und extra-aural. Aurale Lärmwirkungenkönnen vor allem an Arbeitsplätzen mit einer hohen Geräuschintensität auftreten. DieseLärmarbeitsplätze unterliegen gesetzlichen Bestimmungen, die verhindern sollen, dassvorübergehende oder langfristige Schädigungen des Gehörs auftreten. Verkehrslärm unddamit auch Fluglärm führen üblicherweise nicht zu auralen Lärmwirkungen, da er ineinem dafür zu niedrigen Schallpegelbereich auftritt. Allerdings können durchVerkehrslärm extra-aurale Lärmwirkungen entstehen, die wiederum zu einem großenTeil bekannt sind:Lärm kann zu Kommunikationsstörungen führen, Belästigungsreaktionen auslösen unddie Erholung beeinträchtigen [Guski 1987]. Selbst eine Gefährdung der Gesundheit wirdbei längerfristiger Verkehrslärmexposition nicht ausgeschlossen [Babisch 2005]. Einungestörter Nachtschlaf ist besonders wichtig für die Erholung von den Anstrengungendes Tages [Samel 2005a]. Seine Störung stellt die gravierendste Folge von Lärm, unddamit auch von Fluglärm dar [Griefahn 2002]. Nächtlicher Fluglärm führt daherwesentlich häufiger zu Beschwerden als am Tage auftretender Fluglärm. In Deutschlandwird diesem Unstand dadurch Rechnung getragen, dass die Schutzzonen, in denenSchallschutzmaßnahmen oder gar Bauverbote notwendig werden, sich zwischen TagundNachtstunden unterscheiden [Fluglärmschutzgesetz <strong>2007</strong>]. Das Gesetz definiertdazu unterschiedliche Grenzen für verschiedene Tageszeiten auf der Basis vonäquivalenten Dauerschallpegeln. Für die Nacht werden weitere Limitierungen775


F2Arbeitsphysiologievorgegeben, die sich aus der Begrenzung von Flugbewegungen oberhalb einesMaximalpegels ergeben. Allerdings ist das Belastungsmuster von Flugbewegungen nichtkontinuierlich einwirkender Lärm, sondern intermittierender Lärm: Nur wenn eineFlugbewegung stattfindet (bei einem Überflug nach einem Start oder vor einer Landung),tritt eine Lärmimmission ein, während zwischen Flugbewegungen eine (relative) Ruheherrscht. Waren es aber früher wenige laute Flugzeuge, deren Lärm störte, sind es durchdie technische Verringerung des Lärms an einem Flugzeug heute leisere; aber dafürstarten und landen heutzutage erheblich mehr Flugzeuge.Durch das gestiegene Verkehrsaufkommen stoßen immer mehr Flughäfen an ihreKapazitätsgrenzen. Daher beabsichtigen einige Flughäfen ihre Erweiterung durch denBau von zusätzlichen Start- und Landebahnen. Andernfalls ist mehr Flugverkehr nurdurch die Verlagerung von Starts und Landungen in die Tagesrandzeiten bzw. sogar indie Nacht möglich. Gleichzeitig steigt das Interesse, Post- und Frachtgut weltweit mitmöglichst kurzen Transportzeiten zu versenden. Hierfür sind Starts und Landungen inder Nacht unumgänglich. Die Anzahl der Flugbewegungen wird demnach auch in derNacht in Zukunft weiter zunehmen und sich dabei wahrscheinlich auf wenige Flughäfenkonzentrieren. Diese Flughäfen und deren Anrainer sehen sich somit besonders mit derNachtflugproblematik konfrontiert.Um ein weiteres Wachstum des Luftverkehrs zu ermöglichen, ist den berechtigtenForderungen der betroffenen Bevölkerung nach ausreichendem Schutz vor Fluglärm zuentsprechen. Deshalb werden dringend Strategien benötigt, die einen effektiven Schutzder betroffenen Bevölkerung ermöglichen. Sowohl administrative Eingriffe als auchtechnische oder operationelle Maßnahmen sind möglich. An der Mehrzahl der deutschenFlughäfen gilt ein konditioniertes Nachtflugverbot, welches normale Flüge (Passagier-,Fracht- und Postflüge) zu bestimmten Zeiten untersagt, oder welches nur eine gewisseAnzahl von Starts und/oder Landungen erlaubt. Technische Maßnahmen sind z.B.Lärmminderungsmaßnahmen, die direkt am Entstehungsort des Lärms ergriffen werdenkönnen; dazu zählen leisere Triebwerke und geringerer Umströmungslärm. OperationelleMaßnahmen sind veränderte Flugpfade sowohl hinsichtlich der vertikalen als auch derhorizontalen Führung; dazu gehören steilere Ab- und Anflüge als auch die Nutzung vongeringer besiedelten Regionen.Um die Bevölkerung in der näheren Umgebung von Flughäfen vor unvermeidbarenFluglärm zu schützen, werden in der Regel Schutzzonen um die Flughäfen ausgewiesen.Die Größe dieser Schutzzonen richtet sich nach der Frequenz und der zeitlichenVerteilung des Flugverkehrs, und wird üblicherweise auf Grund der Schallimmissionenam Boden berechnet [Isermann 1999]. Die innerhalb solcher Zonen lebenden Menschenhaben dann z.B. Anspruch auf den Einbau von speziellen Schallschutzfenstern. Die776


F2Arbeitsphysiologiebetroffene Bevölkerung hat dabei ein Interesse an möglichst großen, der Flughafenhingegen an möglichst kleinen Schutzzonen, da er die Schallschutzmaßnahmen in derRegel finanzieren muss.Eine entscheidende Rolle für die Festlegung von Schutzzonen spielt die Zumutbarkeit:Eine gewisse Belästigung und Belastung durch Fluglärm wird vom Gesetzgeber und vonder Rechtsprechung toleriert, da die Öffentlichkeit ein nicht unerhebliches Interesse aucham nächtlichen Flugverkehr hat. Durch die Belastung dürfen jedoch die Grundrechte deseinzelnen nicht verletzt werden. Hierzu zählt das Recht auf eine unversehrte Gesundheitund damit auch auf einen erholsamen Schlaf. Für die Abwägung von Eingriffen undMaßnahmen und für die Festlegung von Grenzwerten ist es deshalb unbedingterforderlich, über eine möglichst genaue Kenntnis zum Einfluss von Nachtfluglärm aufden Schlaf zu verfügen.Dazu hat es schon vielfältige Untersuchungen gegeben, allerdings waren die Ergebnisseselten schlüssig. Häufig beschränkten sie sich einerseits auf Fragebogenerhebungen,also Selbsteinschätzungen [Kastka 1999]. Diese stellen aber ein wenig geeignetesInstrument dar, da Schlaf, abgesehen von längeren Wachphasen, nicht bewusstwahrgenommen wird. Andererseits versuchten Untersuchungen über die Erfassung vonBewegungen eines Handgelenks Aussagen über Schlafqualität und Schlafquantität zutreffen [Ollerhead 1992, Passier-Vermehr 2002]. In weiteren, insbesondereamerikanischen Studien wurden Versuchspersonen angehalten, Wachphasen durcheinen Knopfdruck zu signalisieren. Allen diesen Studienansätzen ist gemeinsam, dassdie Daten relativ unaufwendig und kostengünstig erhoben und ausgewertet werdenkönnen. Ihre Aussagekraft ist hingegen beschränkt, da fluglärmbedingte Veränderungender Schlafstruktur mit diesen Verfahren nicht erfasst werden können. Hierzu wird diesogenannte Polysomnographie benötigt: Durch die gleichzeitige Erfassungschlafbezogener elektrophysiologischer Signale kann der Schlaf in verschiedene Stadienunterteilt werden, die sich in ihrer Bedeutung für die Erholsamkeit unterscheiden.Besonders wichtig sind z.B. der Tiefschlaf und der Traumschlaf. Auch kürzeresAufwachen, das nicht zwangsläufig zu Bewegungen führt, kann nur mit derPolysomnographie nachgewiesen werden.Bei der Polysomnographie handelt es sich somit um ein sehr aussagekräftigesVerfahren, das jedoch einen entsprechend hohen Aufwand bei Erhebung and Analyseder Daten erfordert. Daher wurden in der Vergangenheit nur vereinzelt recht kleinepolysomnografischen Studien zum Einfluss von Lärm auf den Schlaf durchgeführt [Samel2005a, b]. Diese wiesen zum Teil erhebliche methodische Unterschiede auf, so dasseine Vergleichbarkeit oder gar eine Zusammenfassung der Ergebnisse nur sehreingeschränkt möglich ist. Da verschiedene Menschen sehr unterschiedlich auf Fluglärm777


F2Arbeitsphysiologiereagieren, besteht zudem die Gefahr, dass in Studien mit kleinem Stichprobenumfangzufallsbedingt nur sehr empfindliche oder nur sehr unempfindliche Menschenteilnehmen. In solchen Fällen ist eine Übertragung der Ergebnisse auf die Bevölkerungnicht oder nur mit Einschränkungen möglich.Forschungsvorhaben des DLR – Methoden und ErgebnisseVor diesem Hintergrund führte das DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin imRahmen des HGF/DLR-Projektes "Leiser Flugverkehr" von 1999 bis 2004 umfangreicheLabor- und Feldstudien durch, um den Einfluss von Nachtfluglärm auf den Schlaf desMenschen zu untersuchen [Basner 2004]. Hierzu wurden insgesamt 192 Probanden in2.240 Nächten polysomnographisch untersucht. Die Versuche fanden mit identischenphysiologischen und psychologischen Methoden sowohl im Schlaflabor des Instituts fürLuft- und Raumfahrtmedizin als auch zu Hause bei Anwohnern in der Umgebung desFlughafens Köln-Bonn statt. Die Versuchspersonen waren zwischen 18 und 65 Jahre alt,altersentsprechend schlafgesund und normalhörend. Der Umfang der DLR-Fluglärmstudie übertraf bis dato den Gesamtumfang aller Untersuchungen, die mitvergleichbarem methodischen Ansatz durchgeführt wurden. Die Methodik und dievielfältigen Ergebnisse der DLR-Fluglärmstudie sind an anderer Stelle ausführlichbeschrieben worden [Basner 2004, Samel 2005b].Die Studien hatten das Ziel, durch den großen Umfang und die aufwendigesystematische und methodische Vorgehensweise gesicherte Aussagen über denEinfluss von Nachtfluglärm auf den Schlaf des Menschen vornehmen zu können. DieErkenntnisse dienten als Grundlage für die Bewertung der Zumutbarkeit vonNachtfluglärm und entsprechend zur Beratung von Politik und Rechtsprechung, da dieseletztlich für die Festlegung von Schutzzonen verantwortlich sind.Bislang wurden Schutzzonen ausschließlich anhand akustischer Kriterien ausgewiesen[z.B. Griefahn 2002, Isermann 1999]. Das gebräuchlichste Maß ist derenergieäquivalente Dauerschallpegel LAeq. Hier werden alle in einem bestimmtenZeitraum (z.B. in der Nacht) auftretenden Fluggeräusche energetisch gemittelt und zueinem Einzahlwert zusammengefasst. Dieser soll dann die Belastung durch Fluglärm inder Nacht adäquat beschreiben. Viele verschiedene Verkehrsmuster können aber zumgleichen Dauerschallpegel LAeq führen (z.B. wenige laute oder viele leise Geräusche).Es wird bei dieser Berechnungsmethode also implizit davon ausgegangen, dassunterschiedliche Belastungsmuster bei gleichem LAeq die gleiche Wirkung auf denSchlaf des Menschen ausüben. Bei Fluglärm handelt es sich jedoch umintermittierenden Lärm: Fluggeräusche sind durch Pausen so getrennt, dass sie vomOrganismus als Einzelgeräusche wahrgenommen werden. Dieser kann daraufentsprechend reagieren, z.B. mit einer Weckreaktion. Die Wahrscheinlichkeit einer778


F2ArbeitsphysiologieReaktion wird dabei, neben vielfältigen anderen Einflussfaktoren, maßgeblich durch dieLautstärke des Fluggeräusches beeinflusst. Aufwachreaktionen sind nicht spezifisch fürFluglärm, d.h. sie treten auch spontan auf. So wacht in einer achtstündigen ungestörtenNacht der gesunde Schläfer im Durchschnitt 24mal auf [Basner 2004]. Die meistendieser spontanen Aufwachreaktionen sind allerdings so kurz, dass man sich amnächsten Morgen daran nicht erinnert. Treten Fluggeräusche auf, verlängert sich in derRegel die induzierte Aufwachreaktion mit dem Pegel des Geräuschs. Sie wird dadurcherinnerbar und evtl. einem Fluglärmereignis zugeordnet. Unterschiede zwischen derDauer fluglärminduzierter und spontaner Aufwachreaktionen ergaben sich in derLaborstudie jedoch erst bei Maximalpegeln oberhalb von 65 dB.70%Aufwachwahrscheinlichkeit (PAWRS1)60%50%40%30%20%10%LRA LaborstudieLRA Feldstudie0%30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85Maximalpegel LAS,max [dB(A)] (am Ohr des Schläfers)Abbildung 1: Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen dem Maximalpegel und derAufwachwahrscheinlichkeit. Die Berechnung wurde mittels logistischer Regression mitZufallseffekt durchgeführt. Dargestellt sind die allein auf Fluglärm zurückzuführendenAufwachwahrscheinlichkeiten. Die Feldkurve schneidet die x-Achse bei ca. 33 dB(A).In der DLR-Studie sollten möglichst präzise Zusammenhänge zwischen dem Einflussdes Maximalpegels eines Fluggeräuschs und der Aufwachwahrscheinlichkeit empirischermittelt werden. Entsprechende Dosis-Wirkungsbeziehungen wurden daher sowohl fürdie Labor- als auch für die Feldstudien bestimmt [Basner 2004, Samel 2005b]. Zusätzlichwurde in den Feldstudien eine Aufweckschwelle gefunden, die bei ca. 33 dB(A) liegt(Abbildung 1).Die Vorteile der in der DLR-Feldstudie ermittelten Aufweckschwelle und Dosis-Wirkungsbeziehung liegt darin, dass sie mit akustischen Daten verknüpft werden kann.779


F2ArbeitsphysiologieDaraus kann eine wirkungsspezifische Größe (nämlich die Wahrscheinlichkeit durchFluglärm hervorgerufener Aufwachreaktionen) nunmehr explizit abgeleitet werden. Dieserlaubt die Ermittlung von wirkungsspezifischen Schutzzonen sowohl für bestehende alsauch für auszubauende oder neue Flughäfen [Basner 2005, 2006]. Die benötigtenakustischen Kenngrößen (Höhe und Häufigkeit der auftretenden Maximalpegel) werdenmit Fluglärmberechnungsverfahren für jeden Ort in der Umgebung eines Flughafensermittelt, so dass für die gesamte Flughafenumgebung die Anzahl der zusätzlich durchFluglärm hervorgerufenen Aufwachreaktionen vorhergesagt und somit dasSchutzbedürfnis der betroffenen Bevölkerung besser quantifiziert werden.Anwendung der Forschungsergebnisse am Flughafen Leipzig/HalleDie Ergebnisse der DLR-Forschung wurden schon kurz nach ihrer Veröffentlichunggenutzt. Das DLR-Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin wurde vomRegierungspräsidium Leipzig darum gebeten, Vorschläge für ein Schutzkonzept fürAnwohner des Flughafens Leipzig/Halle basierend auf den Ergebnissen der DLR-Feldstudie zu erarbeiten. Der Flughafen Leipzig/Halle soll zu einem Frachtdrehkreuzausgebaut werden. Das wird naturgemäß insbesondere in der Nacht mit erheblichenBelastungen für die betroffene Bevölkerung einhergehen, so dass entsprechendeSchutzkonzepte notwendig sind.In einem umfangreichen Gutachten wurde daher dem Regierungspräsidium Leipzig einauf drei Säulen basierendes Schutzkonzept empfohlen [Basner 2005, 2006]:(1) Im Mittel soll weniger als eine Aufwachreaktion pro Nacht zusätzlich durchFluglärm hervorgerufen werden. Da in einer ungestörten Nacht durchschnittlich24 Aufwachreaktionen beobachtet werden, ist mit einer zusätzlichenAufwachreaktion auch bei langfristiger Exposition nicht mit einer gesundheitlichenBeeinträchtigung durch Fluglärm zu rechnen.(2) Fluglärminduziertes erinnerbares Erwachen soll möglichst vermieden werden.Maximalpegel über 65 dB sind deshalb höchstens einmal pro Nacht erlaubt.(3) Das Wiedereinschlafen soll trotz Fluglärm möglichst wenig beeinträchtigt werden.Aufwändige Modellrechnungen zeigten, dass hierzu ein zusätzlicher Malus von1,4 dB für Flugbewegungen in der zweiten Nachthälfte Anwendung finden sollte[Basner und Siebert 2006].Die umhüllende Kontur des Nachtschutzgebiets, die sich aus der Überlagerung der dreiSäulen des DLR-Schutzkonzepts für das geplante Flugverkehrsaufkommen im Jahre2015 ergibt, ist in der Abbildung 2 dargestellt.780


F2ArbeitsphysiologieDLR-Nachtschutzgebiet PFBFLG (Novellierung 2006):bestehende Flugplätzeneue Flugplätze bis Ende 2010neue Flugplätze ab 2011Copyright: Flughafen Leipzig/Halle GmbHAbbildung 2: Vergleich der Nachtschutzzonen für den Flughafen Leipzig/Halle: Angegeben istdas DLR-Nachtschutzgebiet entsprechend des Planfeststellungsbeschlusses (PFB) desRegierungspräsidenten Leipzig und die Schutzgebiete, die entsprechend der Novellierung 2006des Fluglärmschutzgesetzes (FLG) eingerichtet werden müssten.Obwohl es sich bei der DLR-Feldstudie um die bislang umfangreichste Studie zumEinfluss von Nachtfluglärm auf den Schlaf handelt, beansprucht sie mit derUntersuchung von 64 Versuchspersonen keine Bevölkerungsrepräsentativität. Letzterekann selbst in einer derart aufwendigen experimentellen Studie nicht erreicht werden.Daher wurden die Ergebnisse der Feldstudie nicht 1:1 auf die Anwohner des FlughafensLeipzig/Halle übertragen: Durch diverse präventivmedizinische Annahmen wurdenerhebliche Sicherheiten in das Schutzkonzept integriert, die zum Schutz solcher Teile derBevölkerung gedacht sind, für die die Studie primär nicht repräsentativ war, die abergleichwohl empfindlicher auf Fluglärm reagieren. Daraus resultiert die Tatsache, dass dienach DLR-Kriterien entwickelte Schutzzone um ca. 60 km2 größer ist als dieNachtschutzzone, die sich nach dem aktuellen Vorschlag zur Novellierung desFluglärmgesetzes ab 2011 für wesentlich erweiterte Flughäfen ergeben würde.Inklusive des vom DLR erarbeiteten Nachtschutzkonzeptes wurde derPlanfeststellungsbeschluss zur Erweiterung des Flughafens Leipzig/Halle am 4.November 2004 erlassen. Wenige Tage später kündigte das Frachtunternehmen DHLan, sein europäisches Drehkreuz von Brüssel nach Leipzig/Halle zu verlegen. Die781


F2ArbeitsphysiologieAnsiedlung von DHL wird zum Entstehen von mehreren tausend neuen Arbeitsplätzenführen. Trotz der konservativen Annahmen bei der Entwicklung desNachtschutzkonzeptes gab es aber dennoch Unzufriedenheit in Teilen der am FlughafenLeipzig/Halle lebenden Bevölkerung. Es wurde daher der Planfeststellungsbeschlussgerichtlich angefochten. Das Bundesverwaltungsgericht wies einen Eilantrag jedoch am19. Mai 2005 zurück, so dass die Bauarbeiten planmäßig am 30.08.2005 beginnenkonnten. Mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9.11.2006 fand das DLR-Schutzkonzept seine höchstrichterliche Zustimmung [BVerwG]. Allerdings wurde derPlanfeststellungsbeschluss insofern aufgehoben und muss neu formuliert werden, dassnur eilbedürftige Frachtflüge in Leipzig/Halle in der Nacht abgefertigt werden dürfen,hingegen nicht Passagierflüge oder nicht-eilige Frachtflüge.FazitDurch die Untersuchungsergebnisse des DLR wurde die wissenschaftliche Grundlagegebildet, ein Schutzkonzept zu entwickeln, welches die physiologische Wirkungnächtlichen Fluglärms explizit berücksichtigt. Grundlage dafür bildeten die Ermittlungeiner Aufweckschwelle und die Entwicklung einer Dosis-Wirkungsbeziehung zwischenMaximalpegeln und Aufwachwahrscheinlichkeiten.Dieses wirkungsorientierte Schutzkonzept wurde im Planfeststellungsbeschluss für denAusbau des Flughafens Leipzig/Halle umgesetzt. Damit wird garantiert, dass der Schutzder um den Flughafen Leipzig/Halle lebenden Bevölkerung vor nächtlichem Fluglärmerheblich höheren Stellenwert erhält, als es bisherige, auf akustischen Maßen beruhendeSchutzkriterien gewähren würden. Durch das letztinstanzliche Urteil desBundesverwaltungsgerichts wird das DLR-Schutzkonzept anerkannt. Obwohl in derletzten Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes wieder auf akustische Grenzwerte alsSchutzkriterien zurückgegriffen wurde, bleibt zu hoffen, dass in der praktischenAnwendung bei zukünftigen Neu- oder Ausbauten von Flughäfen mit Nachtbetrieb daswirkungsorientierte DLR-Schutzkonzept Berücksichtigung findet.782


F2ArbeitsphysiologieLiteratur• Babisch W, Beule B, Schust, M, Kersten N, Ising H. Traffic noise and risk ofmyocardial infarction. Epidemiology 2005; 16: 33-40• Basner M, Buess H, Elmenhorst D, Gerlich A, Luks N, Maaß H, Mawet L, Müller EW,Müller U, Plath G, Quehl J, Samel A, Schulze M, Vejvoda M, Wenzel J.Nachtfluglärmwirkungen, Band 1, Zusammenfassung. Köln-Porz: DLR-Forschungsbericht FB-2004-07/D, 2004• Basner M, Isermann U, Samel A. Die Umsetzung der DLR-Studie in einerlärmmedizinischen Beurteilung für ein Nachtschutzkonzept. Z Lärmbekämpfung2005; 52: 106-123• Basner M, Isermann U, Samel A. Aircraft noise effects on sleep: application of theresults of a large polysomnographic field study. J Acoust Soc Am 2006; 119: 2772-2784• Basner M, Siebert U.: Markov Prozesse zur Vorhersage fluglärmbedingterSchlafstörungen. Somnologie 2006; 10: 176-191• Bundesverwaltungsgericht, Az. 4 A 2001.06.2006, 2006• Fluglärmschutzgesetz: Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm vom 30.3.1971,Novellierungverfahren 2006 / <strong>2007</strong>• Griefahn B, Jansen G, Scheuch K, Spreng M. Fluglärmkriterien für ein Schutzkonzeptbei wesentlichen Änderungen oder Neuanlagen von Flughäfen/Flugplätzen. ZLärmbekämpfung 49: 171-175• Guski R. Lärm – Wirkungen unerwünschter Geräusche. Bern: Hans Huber Verlag,1987• Isermann U, Schmid R. Bewertung und Berechnung von Fluglärm – Untersuchung imAuftrag des Bundesministeriums für Verkehr. DLR Göttingen, 1999• Kastka J. Untersuchung der Fluglärmbelastungs- und Belästigungssituation derAllgemeinbevölkerung der Umgebung des Flughafens Frankfurt. Gutachten imAuftrag der Mediationsgruppe Flughafen Frankfurt/Main. http://www.mediationflughafen.de/gutachte/oe4_g/gutacht.pdf• Ollerhead JB, Jones CJ, Cadoux RE, Woodley A. Report of a field study of aircraftnoise and sleep disturbance. London: UK Department of Transport, 1992• Passier-Vermehr W, Vos H, Steenbekkers JHM, van der Ploeg PD, Groithuis-Oudshoorn K. Sleep disturbance and aircraft noise exposure: Exposure-effectrelationships. TNO-Report 2002.027. Leiden: TNO 2002• Samel A, Basner M. Extrinsische Schlafstörungen und Lärmwirkungen. Somnologie2005; 2: 58-67• Samel A, Basner M, Maaß H, Müller U, Quehl J, Wenzel J. Wirkungen desNachtfluglärms auf den Schlaf: Ergebnisse aus dem Projekt „Leiser Flugverkehr“.Umweltmed Forsch Prax 2005; 10: 89 – 104783


F3Gefahrstoffe"Die BG-Grundsätze – Bedeutung und Stellenwert"Dr. med. Harald WellhäußerBG ChemieDer Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der Bundesverbandder Unfallkassen werden sich zum 1. Juli <strong>2007</strong> zur "Deutschen GesetzlichenUnfallversicherung" zusammenschließen. Es wird unter dem Dach diesesSpitzenverbandes noch neun gewerbliche Berufsgenossenschaften geben. DieseNeuordnung der Strukturen hat auch auf die Prävention Einfluss. DieBerufsgenossenschaften werden auch zukünftig als autonomes RechtUnfallverhütungsvorschriften erlassen, soweit dies zum Zweck der Prävention geeignetund erforderlich ist. Dies bedeutet, dass die Berufsgenossenschaften weiterhin in ihremautonomen Regelwerk und auf der Ebene von Leitlinien oder Empfehlungen daranmitwirken, ein für die Beschäftigten aller Gewerbezweige einheitliches Niveau vonArbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten.Der neu geschaffene Spitzenverband der Berufgenossenschaften wird zukünftig dieAufgabe wahrnehmen, auf dem Gebiet der Arbeitsmedizin einheitliche Empfehlungenoder Leitlinien zu entwickeln, die im gesamtgesellschaftlichen Konsens die Interessender Sozialpartner, der Arbeits- und Betriebsmediziner, der Fachgesellschaften und derBerufsgenossenschaften selbst berücksichtigen. Hierfür steht federführend derAusschuss Arbeitsmedizin, in dem sich verschiedene Arbeitskreise und Arbeitsgruppenmit arbeitsmedizinischen Themen beschäftigen. Nimmt der Verordnungsgeber für sich inAnspruch zu regeln, welches Personenkollektiv zu welchem Zeitpunkt einerarbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung zuzuführen ist, so nehmen dieBerufsgenossenschaften nach wie vor für sich in Anspruch, in Form von Empfehlungenzu beschreiben, wie die Inhalte dieser Untersuchungen auszusehen haben. Die breitefachliche Abstimmung, die der Veröffentlichung der Grundsätze vorausgeht,gewährleistet, dass diese Grundsätze die allgemein anerkannten arbeitsmedizinischenRegeln widerspiegeln.Die aktuelle Auflage der berufsgenossenschaftlichen Grundsätze stammt vom November2004 und konnte zum damaligen Zeitpunkt die jetzt gültige Gefahrstoffverordnung nichtberücksichtigen. Es wurde intensiv daran gearbeitet, die Grundsätze entsprechend zuaktualisieren. Hierzu wurden in bestehenden Grundsätzen die neuen Rechtsvorgabenumgesetzt, die Methoden ergänzt, Grundsätze, die von ähnlichen Stoffgruppenausgehen, zusammengefasst, neue Grundsätze etabliert und die Anhänge ausgebaut.Es ist vorgesehen, das Buch spätestens im Herbst diesen Jahres neu herauszubringen.784


F3GefahrstoffeEs war und ist Aufgabe der Grundsätze, den ärztlichen Kolleginnen und Kollegen einkonkretes Rüstzeug für ihre Tätigkeit mit möglichst konkreten Aussagen oderHandlungsempfehlungen vorzulegen. Diesen Konkretisierungsgrad haben dieRegelungen in der Gefahrstoffverordnung in der erforderlichen Tiefe nicht immer. DieGrundsätze können aber nicht dem Zweck dienen, in der staatlichen Verordnung nichteindeutige Aussagen abschließend zu präzisieren, da sie dadurch möglicherweise ineinen Widerspruch zur Verordnung geraten. Und umgekehrt dürfen Empfehlungen in denberufsgenossenschaftlichen Grundsätzen nicht hinter den Forderungen der Verordnungzurückbleiben, da staatliches Recht selbstverständlich Vorrang hat.Biomonitoring ist für die Berufsgenossenschaften integraler Bestandteil derarbeitsmedizinischen Vorsorge. Bei vielen der gefahrstoffbezogenen Grundsätze spieltdas Biomonitoring eine wichtige Rolle. In den Kapiteln „Untersuchungsprogramm“,„Spezielle Untersuchungen“ und "Nachuntersuchungen" oder bei„Ergänzungsuntersuchungen“ sowie im Kapitel „Biomonitoring“ sind Empfehlungenaufgeführt, soweit zuverlässige Methoden vorliegen. Der Anhang 3 „Leitfaden für denpraktischen Einsatz des Biomonitorings“ wurde neu verfasst. Der Leitfaden gibt dem ArztHilfestellungen zur praktischen Durchführung des Biomonitorings, zur Gewinnung desUntersuchungsmaterials, zur Interpretation der Untersuchungsbefunde und zurQualitätssicherung. Während hier der Schwerpunkt auf der praktischen Durchführungdes Biomonitorings liegt, wird der Leitfaden parallel ergänzt durch eine „Leitlinie Human-Biomonitoring" der <strong>DGAUM</strong>, die den Stand der Wissenschaft beschreibt. Hier wird ineiner Allianz zwischen der Wissenschaftsgesellschaft und den Berufsgenossenschaftendem Thema Biomonitoring eine große Bedeutung zugemessen, die in Zukunft nochwachsen wird.Mit dem Grundsätzen stehen den arbeitsmedizinisch tätigen Kolleginnen und Kollegen inder Zukunft wie in der Vergangenheit Werkzeuge zur Verfügung, die einen wertvollenBeitrag zur Prävention leisten. Voraussetzung hierfür sind eine qualifiziertearbeitsmedizinische Betreuung, eine intensive Zusammenarbeit mit den Fachkräften fürArbeitssicherheit und ein konstruktives Miteinander mit allen am Arbeitsschutznetzwerkbeteiligten Personen im Betrieb. Dem Unternehmer muss deutlich gemacht werden, dasses auch wirtschaftliche Aspekte sind, die solche präventivmedizinischen Aktivitätenrechtfertigen.785


F4PneumologieAktuelle Liste der Atemwegs-IrritanzienXaver BaurOrdinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin, HamburgEinleitungArbeitsbedingte obstruktive Atemwegserkrankungen werden neben Allergenen undSteinkohlengrubenstaub v. a. durch Atemwegs-Irritanzien ausgelöst. Die Kennzeichenchemisch-irritativ bedingter obstruktiver Atemwegserkrankungen sind: Fehlenpathogenetisch relevanter Immunphänomene, oft auch einer asymptomatischenLatenzphase, Läsionen der Bronchialschleimhaut, neutrophile Infiltration, Hinweise aufeine Beteiligung des nicht- adrenergen–nicht-cholinergen Nervensystems. Die Liste derals krankheitsverursachend identifizierten Irritanzien wächst ständig. Im Rahmen dieserStudie sollten alle Arbeitsstoffe erfasst werden, die mit R37 („reizt die Atemwege“) odereiner entsprechenden Eingruppierung der American Conference of GovernmentalIndustrial Hygienists (ACGIH, 2006) bezeichnet sind.ErgebnisseTabelle 1 zeigt die erste Seite der über 600 Stoffe umfassenden Liste der als Atemwegsreizendund/oder –sensibilisierend gekennzeichneten Stoffe. Die gesamte Liste kannheruntergeladen werden unter: www.uke.uni-hamburg.de/institute/arbeitsmedizin →Publikationen.In einem weiteren Schritt erfolgt derzeit die Auswertung der diesbezüglichenmedizinischen Literatur. Es werden zugängliche Übersichtsarbeiten sowie das Ergebniseiner Medline/PubMed-Recherche berücksichtigt. Die alphabetische Auflistung umfasstderzeit 160 atemwegsirritative Arbeitsstoffe; mindestens 50 werden noch hinzukommen.Daneben sind mehrere Expositions- bzw. Arbeitsbereiche aufzulisten, in denenüberhäufig irritativ bedingte obstruktive Atemwegserkrankungen beobachtet werden,ohne dass die ursächlichen Noxen bisher eindeutig bzw. vollständig bekannt sind. Hierzugehören: Getreidestaubexposition, pharmazeutische Betriebe, Friseursalons,Feuerwehreinsatz (z. B. World Trade Center-Katastrophe), Passivrauchexposition,Reinigungsarbeiten, Tätigkeiten in Aluminiumschmelzerein (Publikationen: Baur X; inDruck).In Deutschland stehen im Berufskrankheitengeschehen derzeit Schweiß-/Schneidrauche(n = 58), Isocyanate (n = 47), Friseurstoffe (n = 26), Lacke/Farben (n = 13), Reinigungs-/Desinfektionsmittel (n = 13) im Vordergrund (BK Dok. 2005; GewerblicheBerufsgenossenschaften) (Persönliche Mitteilung M. Butz, HVBG).786


F4PneumologieTabelle 1: Beginn der Liste der mit R 37 gekennzeichneten Atemwegs-Irritanzien bzw. mit entsprechender Einstufung nach ACGIH 2006.Occupational agents with respiratory effects according to ACGIH 2006 and / or classified with the R42 phrase* (may cause sensitization by inhalation) and/ or with the R37 phrase* (irritating to respiratory system) according to the European Union directives 67/548/EEC (1), 2001/59/EC (2), or 2004/73/EC (3)(identical to ILO/CIS 2002; http://www.ilo.org/public/english/protection/safework/cis/products/icsc/dtasht/riskphrs/index.htm)ChemicalnameSynonymsmolecularformulaCASACGIH 2006 European Union directives (1), (2), (3)R37 phrase*, R42 phrase* and Further R phrases*their combinations with other(respiratory) R phrases*TWA STEL Respiratory effect(s)(TLVbasis)Concentrations Concentrations1. acetaldehyde ethanal CH3CHO 75-07-0 - C 25 ppm URT irr2. acetic acid64-19-7 10 ppm 15 ppm URT irr;(1) acetic acidpulm func…%3. aceticanhydride4. acetone propan-2-one;propanone5. acetonecyanohydrin, asCN6. acetonitrile cyanomethan7. acibenzolar-Smethyl8. acrolein(2) acrylaldehydeebenzo[1,2,3]thiadiazole-7-carbothioicacid S-methylester(CH3CO)2O 108-24-7 5 ppm - URT irr67-64-1 500 ppm 750 ppm URT irr75-86-5 - C 5 mg/m3 URT irr75-05-8 20 ppm - LRT irr135158-54-2prop-2-enal 107-02-8 - C 0.1 ppm URT irr;pulmedema;pulmemphysema(1) 12-36/37-40(1) 10-20/22-3420/22-3437/38-4136(2) 36/37/38-43-50/53C≥25%C5%≤C


F4PneumologieDiskussionDie EU-Richtlinien 67/548/EEC, 2001/59/EC, 2004/73/EC und die ACGIH 2006 listenüber 200 Arbeitsstoffe auf, die als atemwegsirritativ eingestuft sind. Die meisten dieserVerbindungen haben Grenzwerte, die die Beschäftigten schützen sollen (MAK, TWA,STEL).Ein Vergleich mit den Berufskrankheiten-Statistiken belegt, dass in Deutschland jährlichüber 250 bestätigte Erkrankungsfälle erfasst werden. Wie mehrere detaillierte Studienzeigen, ist in der Regel von Dosis-Wirkungs-Effekten auszugehen.Die von der <strong>DGAUM</strong>-Arbeitsgruppe „Atemwege/Lunge“ beabsichtigte Vervollständigungder Auswertung der medizinischen Literatur über obstruktive Atemwegserkrankungendurch Atemwegs-Irritanzien ist noch nicht abgeschlossen. Die einzelnen Original-Arbeiten werden dabei nach anerkannten Kriterien hinsichtlich ihres Evidenz-Levelsgraduiert (Tabelle 2) (modifiziertes Scottish Intercollegiate Guidelines Network (SIGN)grading system). Zusätzlich wurden die Veröffentlichungen zu jedem atemwegsirritativenStoff zusammenfassend nach dem modifizierten Royal College of GeneralPractionners (RCGP)***-System hinsichtlich der Evidenz-Stärke beurteilt (Glasziou et al.2004; Michie und Johnston 2004; Arbeitsgemeinschaft der WissenschaftlichenMedizinischen Fachgesellschaften 2001). Die Daten sollen kurzfristig veröffentlichtwerden, so dass sie sowohl für die Diagnostik als auch für eine verbesserte Präventiongenutzt werden können. Diese Liste der atemwegs-irritativen Stoffe ist ständig zuaktualisieren.Tabelle 2Evidenz-basierte Aussagen und Empfehlungen zum Berufsasthma (AHCPR 1992, 92-0032: 100-107)StufeIaEvidenz-Typwenigstens ein systematischer Review auf der Basis methodischerhochwertiger kontrollierter, randomisierter Studien (RCTs)Ibwenigstens ein ausreichend großer, methodisch hochwertiger RCTIIaIIbIIIwenigstens eine hochwertige Studie ohne Randomisierungwenigstens eine hochwertige Studie eines anderen Typs quasiexperimentellerStudienmehr als eine methodisch hochwertige nichtexperimentelle StudieIVMeinungen und Überzeugungen von angesehenen Autoritäten (ausklinischer Erfahrung); Expertenkommissionen; beschreibendeStudien788


F4PneumologieLiteratur• ACGIH. TLVs ® and BEIs ® . 2006. Threshold limit values for chemical substances andphysical agents. Cincinnati, OH: ACGIH.• AHCPR Publication 1992;92-0032:100-107• Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften(AWMF): Das Leitlinien-Manual von AWMF und AZQ. Z Ärztl FortbildungQualitätssicherung 95 Suppl. I (2001)• Baur X. Airborne allergens and irritants in the workplace. In: Kay B, Kaplan A,Bousquet J, Holt P, eds. Allergy and allergic diseases. Oxford: Blackwell Publishing,<strong>2007</strong>; in Druck.• Butz M, HVBG. Persönliche Mitteilung• European Union. Commission directive 2001/59/EC of 6 August 2001 adapting totechnical progress for the 28th time Council Directive 67/548/EEC on theapproximation of the laws, regulations and administrative provisions relating to theclassification, packaging and labelling of dangerous substances. Official Journal ofthe European Communities 2001. Official Journal EC 2001;(L225):1-333http://europa.eu.int/eur-lex/pri/en/oj/dat/2001/l_225/l_22520010821en00010333.pdf• European Union. Corrigendum to Commission Directive 2004/73/EC of 29 April 2004adapting to technical progress for the 29th time Council Directive 67/548/EEC on theapproximation of the laws, regulations and administrative provisions relating to theclassification, packaging and labelling of dangerous substances. (‘Official Journal ofthe European Union’ L 152 of 30 April 2004). Official Journal EU 2004;(L216):3-310http://europa.eu.int/eur-lex/pri/en/oj/dat/2004/l_216/l_21620040616en00030310.pdf• European Union. Council directive 67/548/EEC of 27 June 1967 on the approximationof laws, regulations and administrative provisions relating to the classification,packaging and labelling of dangerous substances. Official Journal EC1976;(196):000-0098 Annex I Official Journal EU 1972;(C 34):11ffhttp://ecb.jrc.it/classification-labelling/• Glasziou P, Vandenbroucke J, Chalmers I. Assessing the quality of research. BMJ2004;328:39-41• Michie S, Johnston M. Changing clinical behaviour by making guidelines specific.BMJ 2004;328:343-345789


F5UmweltmedizinLungenkrebsrisiko durch Asbest und Radon in der UmweltKlaus SchmidInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-NürnbergZiel der Studie: Es soll eine Abschätzung des Lungenkrebsrisikos durch zwei in derNatur vorkommende Kanzerogene (Asbest und Radon) für den Umweltbereich erfolgen.Methoden: Auswertung der vorhandenen Literatur.Ergebnisse: Der erhebliche Verbrauch an Asbest in den vergangenen Jahren hat dazugeführt, dass auch heute noch viele asbesthaltige Produkte in unserer Umweltvorhanden sind. Bei der Beschreibung der Exposition im Umweltbereich mussberücksichtigt werden, dass definitionsgemäß bei der Berechnung von Faserjahren von240 Arbeitstagen pro Jahr ausgegangen wird, mit 8 Arbeitsstunden pro Schicht.Umweltmedizinische Expositionen bestehen jedoch grob abgeschätzt über eine um denFaktor 5 höhere jährliche Expositionsdauer.Die Abschätzung zusätzlicher Lungenkrebserkrankungen durch Asbest imNiedrigdosisbereich ist durch vielfältige epidemiologische Probleme kompliziert:• Lungenkrebserkrankungen sind in der Allgemeinbevölkerung häufig.• Das Zigarettenrauchen stellt einen mächtigen Confounder dar.• Eine sichere Expositionserfassung im Umweltbereich ist schwierig.• Häufig muss neben der Exposition im Umweltbereich zusätzlich eine beruflicheExposition berücksichtigt werden.• Dies führt dazu, dass die geringe zusätzliche Zahl an Krebserkrankungen durchUmwelteinflüsse in der natürlichen Schwankungsbreite untergeht und sich statistischnicht sicher erfassen lässt.• Die Risikoabschätzung im Bereich niedriger Dosen basiert meist auf einerExtrapolation wobei sich die Frage stellt, ob eine lineare Extrapolation in denNiedrigdosisbereich zulässig ist.Im Jahre 2003 veröffentlichten Bofetta und Nyberg eine Übersichtsarbeit überKrebsrisiken durch Umwelteinflüsse. Die Autoren kommen bei der Risikoabschätzung zuder Überzeugung, dass in der EU jährlich durch die Exposition gegenüber Asbest imUmweltbereich mit 104 bis 481 Mesotheliomen und 194 bis 977Lungenkrebserkrankungen zu rechnen ist. Kalkuliert man die Gesamtzahl dieserKrebserkrankungen für Deutschland, so wären dies etwa 64 bis 311 Fällen im Jahr.Im umweltmedizinischen Bereich spielt Radon als Ursache fürLungenkrebserkrankungen eine zunehmende Rolle. Die Radonaktivitätskonzentration inder Bodenluft kann dabei regional sehr unterschiedlich sein. Radon gelangt aus demUntergrund in Gebäude und reichert sich dort an.790


F5UmweltmedizinIm Jahre 2005 wurde im British Medical Journal eine Auswertung von 13Fallkontrollstudien aus 9 europäischen Ländern mit insgesamt über 7000 Fällen und über14000 Kontrollen publiziert. Die Autoren kommen zu der Schlussfolgerung, dass auchnach Berücksichtigung des Rauchverhaltens ein enger Zusammenhang zwischen derRadonkonzentration in Innenräumen und dem Auftreten von Lungenkrebserkrankungenbesteht. Bereits ab einer Konzentration von etwa 150 Bq/m3 konnte eine erhöhteLungenkrebsrate nachgewiesen werden. Auch fand sich, ähnlich wie bei Asbest, einmehr als additiver Effekt des Zigarettenrauchens. Die Autoren kommen zu derSchlussfolgerung, dass Radon in Innenräumen für etwa 9% aller Todesfälle anLungenkrebs verantwortlich ist.Das Umwelt-Bundesumweltministerium schätzt, dass in Deutschland etwa 3000Lungenkrebs-Fälle jährlich durch Radon verursacht werden. Geht man von 64-311Todesfällen jährlich durch Asbest im Umweltbereich aus, so erkennt man das ungleichhöhere Risiko durch Radon. Die Bundesregierung bereitet derzeit einRadonschutzgesetz vor, das abhängig von der Radonkonzentration Sanierungszeitenvon 3-10 Jahren vorsieht. Dabei ist die Sanierung möglichst so durchzuführen, dassWerte unterhalb von 100 Bq/m3 erreicht werden.Schlussfolgerungen:Für die Allgemeinbevölkerung ist das Risiko durch Asbestaltlasten eher gering.Asbesthaltige Bauprodukte können jedoch die Raumluft belasten und das Risikolangfristig erhöhen. Die größten Risiken treten dann auf, wenn wiederholt undunsachgemäß mit asbesthaltigen Materialien umgegangen wird.Radon ist nach dem Zigarettenrauchen die Hauptursache für Lungenkrebserkrankungen.Das Risiko wird nicht nur in der Bevölkerung sondern auch bei unseren Politikern weitunterschätzt. Es handelt sich um ein reines Innenraumproblem und es gibt gutepräventive Möglichkeiten sich vor einer erhöhten Radonbelastung zu schützen.Literatur:• Boffetta P, Nyberg F. Contribution of environmental factors to cancer risk.British Medical Bulletin 68(2003)71-94.• Darby S, Hill D, Auvinen A, Barros-Dios JM, Baysson H, Bochicchio F, Deo H, FalkR, Forastiere F, Hakama M, Heid I, Kreienbrock L, Kreuzer M, Lagarde F,Mäkeläinen I, Muirhead C, Oberaigner W, Pershagen G, Ruano-Ravina A,Ruosteenoja E, Schaffrath Rosario A, Tirmarche M, Tomásek L, Whitley E,Wichmann H-E, Doll R. Radon in homes and risk of lung cancer: collaborativeanalysis of individual data from 13 European case-control studies. BMJ 330 (2005)223-229.791


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionSekundenschlaf - Ursachen und GegenmaßnahmenBritta Geißler 1 , Lorenz Hagenmeyer 2 , Udo Erdmann 3 , Axel Muttray 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, Mainz; 2 Institut fürArbeitswissenschaft und Technologiemanagement, Universität Stuttgart, Stuttgart; 3 Arbeitsgestaltung beipsychischen Belastungen, Stress, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), BerlinZiel der StudieMikroschlafepisoden (engl.: microsleep), umgangssprachlich oft auch alsSekundenschlaf bezeichnet, werden für eine große Anzahl von Arbeits- undVerkehrsunfällen verantwortlich gemacht. Laut einer retrospektiven Unfallanalyse desGesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft wird vermutlich ein Viertelaller tödlichen Autobahnunfälle durch Einschlafen des Fahrers verursacht. AndereStudien schätzen den Anteil von Einschlafunfällen auf Schnellstraßen auf 15-20% 1 . Zielder vorliegenden Arbeit war es, anhand einer Literaturstudie, Charakteristika undUrsachen von Sekundenschlaf sowie geeignete Gegenmaßnahmen aufzuzeigen.MethodenWir führten eine Online-Literaturrecherche in PubMed, PsychLit und für aktuelleForschungsberichte in Google durch. Ferner wurde gezielt in verschiedenenarbeitswissenschaftlichen Zeitschriften, wie z. B. Ergonomics sowie in den Literaturlisteneinschlägiger Institute nach relevanten Einträgen gesucht.Ergebnisse1. Definition von SekundenschlafSekundenschlaf ist ein umgangssprachlicher Begriff, der Kurzschlafepisoden vonwenigen Sekunden Dauer beschreibt und z. B. für kurzzeitiges Einnicken am Steuerverwendet wird. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es keine einheitliche Definitionvon Sekundenschlaf. Entscheidendes Merkmal ist jedoch der Wahrnehmungsausfall: diePerson „ist sich ihrer Umgebung vorübergehend nicht bewusst“ 1 . Zu fordern ist fernerein Lidschluss von mindestens 2-4 Sekunden Dauer. Dies ist ein wesentlichesUnterscheidungskriterium zum sogenannten „Driving Without Awareness“ (DWA), beidem der Fahrer mit offenen Augen zu schlafen scheint, ein Zustand, der ebenfallssymptomatisch ist für Fahrerschläfrigkeit und Mikroschlafereignissen häufig vorausgehtbzw. diese begleitet 2 . Bei einer Befragung von LKW-Fahrern gaben 43% bzw. 25% an,im Vorjahr bzw. Vormonat am Steuer eingeschlafen zu sein. Hinsichtlich der Annahme,dass sich Fahrer gut an Einnickereignisse erinnern können 3 sollte berücksichtigt werden,dass sekundenschlafähnliche Zustände häufig nicht bemerkt werden 4 .2. Unfälle durch Sekundenschlaf - CharakteristikaUnfälle durch Sekundenschlaf sind oft durch das Fehlen von Fahrerreaktionen bzw.Gegenmaßnahmen kurz vor dem Aufprall charakterisiert. Typisch sind nebenAuffahrunfällen auch Unfälle mit Abkommen von der Fahrbahn, insbesondere wenn nur792


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur Präventionein Kraftfahrzeug am Unfallgeschehen beteiligt ist, und das Fehlen von Bremsspuren amUnfallort. Bedingt durch die oft hohen Aufprallgeschwindigkeiten gehen Einschlafunfällehäufig mit schweren Verletzungen, Tod und/oder hohen Sachschäden einher 1 .3. UrsachenSchlafstörungen durch Erkrankungen, wie z. B. das Schlafapnoesyndrom, oderStörungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, z. B. bei Schichtarbeit, führen zu Schlafdefiziten.Kumulative Schlafdefizite und prolongierte Wachphasen erhöhen die Wahrscheinlichkeitdes kurzen unabsichtlichen Einschlafens 1 . Das Risiko von Einschlafunfällen aufgrundschlafbezogener Atmungsstörungen variiert je nach Studie zwischen „kein Unterschied“bis zu vierfach erhöhtem Risiko 5 . LKW-Fahrer mit einem Body Mass Index über 30kg/m 2 haben ein erhöhtes Unfallrisiko im Vergleich zu normalgewichtigen Fahrern,möglicherweise auf der Grundlage vermehrter Tagesschläfrigkeit bei schlafbezogenerAtmungsstörung, die bei Adipösen gehäuft auftritt. Einschlafunfälle ereignen sich gehäuftzwischen Mitternacht und den frühen Morgenstunden, bei älteren Fahrern auch in denfrühen Nachmittagsstunden 1, 5 . Bis zu 50% aller Einschlafunfälle werden von jungenMännern verursacht 6 . Medikamente, die sedierende Effekte haben, können das Risikoeines schläfrigkeitsbedingten Unfalls um ein Sechsfaches erhöhen. Alkohol undinsbesondere dessen Kombination mit sedierenden Medikamenten (v. a.Benzodiazepine) und Drogen (v. a. Opioide, Cannabis) sind weitere Risikofaktoren. InKombination führen Alkohol und Schläfrigkeit bzw. prolongiertes Wachsein zu einergrößeren Beeinträchtigung der Fahrleistung und der Selbsteinschätzung als jedereinzelne Faktor für sich alleingenommen1 . Im Gegensatz zu kurvenreichen,anspruchsvollen Fahrstrecken führen lange Fahrten auf monotonen Strecken, wie z. B.Schnellstraßen, gehäuft zu Einschlafunfällen 5 . Fahrerschläfrigkeit ist größtenteils aufSchlafdefizite infolge verlängerter und unregelmäßiger Arbeitszeiten und Schichtarbeitzurückzuführen. An Unfällen beteiligte schläfrige Fahrer üben häufiger mehrereArbeitstätigkeiten parallel aus. Schwere körperliche Arbeit vor der Fahrt kann das Risikoerhöhen, während der Steuertätigkeit einzuschlafen 1, 7 .4. GegenmaßnahmenBei der Arbeitsorganisation und in der arbeitsmedizinischen Vorsorge sollten dieEinflussfaktoren von Sekundenschlaf berücksichtigt werden. Dazu gehörenbeispielsweise die Vermeidung von Nachtfahrten, Schichtpläne, die den Erfordernisseneines erholsamen Schlafes Rechnung tragen, oder das Screening und die Therapie vonschlafbezogenen Atmungsstörungen 8 . Schläfrigkeit anzeigende Symptome wie Gähnen,Lidschwere, Konvergenzschwäche etc. werden zwar vom Fahrer erkannt, derSchläfrigkeitsgrad und das sich hieraus ergebende Unfallrisiko aber häufig unterschätzt 1 .Hierüber sollten Fahrer aufgeklärt werden. Die beste Gegenmaßnahme bei Schläfrigkeit793


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur Präventionist anzuhalten und zu schlafen 5 . Die vigilanzsteigernde Wirkung von coffeinhaltigenGetränken ist nur vorübergehender Natur, kann jedoch durch ein sogenanntesPowernapping verstärkt werden 5 . Die Effekte von Modafinil sind bei Gesunden gering 9 ,eine medikamentöse Therapie von gesunden schläfrigen Personen kann nicht empfohlenwerden. Allenfalls sehr kurz wirksam sind Musikhören, Frischluftzufuhr oder körperlicheBewegung 5 . Technologische Maßnahmen wie Schläfrigkeitswarnsysteme befinden sichin der Erprobung 10 ; eine abschließende Bewertung ist aufgrund der derzeitigenDatenlage noch nicht möglich.SchlussfolgerungenSchläfrigkeit und speziell Sekundenschlaf stellen eine bedeutsame Gefährdung für dieVerkehrssicherheit dar. Im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge solltenArbeitgeber und Fahrer umfassend über die Gefahren von Schläfrigkeit undSekundenschlaf aufgeklärt und hinsichtlich vorbeugender Verhaltens- undGegenmaßnahmen beraten werden. Dies schließt eine Arbeitsorganisation ein, die denErfordernissen eines erholsamen Schlafes Rechnung trägt.Literatur1.Geißler B, Hagenmeyer L, Erdmann U, Muttray A. Sekundenschlaf - eine unterschätzteGefahr? ErgoMed, 31, <strong>2007</strong>:16-21.2.Karrer K, Briest S, Vöhringer-Kuhnt T, Baumgarten T, Schleicher R. Driving withoutawareness. In: International Association of Applied Psychology (Hrsg.): 3 rd InternationalConference on Traffic and Transportation Psychology; Nottingham, 2004.3.Müller L-D, Drysch K, Brehme U, Dietz K. Schlafverhalten und Schläfrigkeit bei LKW-Fernfahrern. Eine arbeitsmedizinische Querschnittsstudie. Arbeitsmed SozialmedUmweltmed, 41, 2006:464-474.4.O'Hanlon JF, Kelley GR. Comparison of performance and physiological changesbetween drivers who perform well and poorly during prolonged vehicular operation. In:Mackie RR (Hrsg.): Vigilance. Theory, operational performance and physiologicalcorrelates; New York: Plenum Press, 1977:87-109.5.Horne JA, Reyner LA. Vehicle accidents related to sleep: a review. Occup EnvironMed, 56, 1999:289-294.6.Horne JA, Reyner LA. Sleep related vehicle accidents. BMJ, 310, 1995:565-567.7.Brown ID. Driver fatigue. Hum Factors, 36, 1994:298-314.8.Weskott M. Screening der Schlafapnoe bei Fahrern von Schwebebahn und Bus derWuppertaler Stadtwerke. Somnologie, 10, 2006:57-58.9.Czeisler CA, Walsh JK, Roth T, Hughes RJ, Wright KP, Kingsbury L, Arora S, SchwartzJR, Niebler GE, Dinges DF. Modafinil for excessive sleepiness associated with shiftworksleep disorder. N Engl J Med, 353, 2005:476-486.10.Hagenmeyer L, Bekiaris E, Widlroither H. Towards guidelines for the development ofHCI elements for drowsy operators in transportation and process control. In: SalvendyG (Hrsg.): Human Computer Interaction International; Mahwah: Lawrence ErlbaumAssociates Inc., 2005: Conference Proceedings CD-ROM.794


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionVideoanalyse der Schläfrigkeit von Fahrern – eine PilotstudieAxel Muttray 1 , Lorenz Hagenmeyer 2 , Bastian Unold 1 *, Jean-Baptist du Prel 3 , Britta Geißler 11 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz; 2 Institut fürArbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT), Universität Stuttgart; 3 Kinderklinik der JohannesGutenberg-Universität Mainz, vormals Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik derJohannes Gutenberg-Universität Mainz*Daten aus der med. Diss. von B. Unold, in VorbereitungEinleitungSchläfrigkeit von Fahrern ist eine wesentliche Ursache von Unfällen im Straßenverkehr.Einer retrospektiven Analyse des Gesamtverbandes der deutschenVersicherungswirtschaft zufolge wird ca. ein Viertel aller tödlichen Autobahnunfälle durchEinschlafen des Fahrers verursacht [4]. In anderen Studien wurden vergleichbare Zahlenberichtet [3]. Eine Möglichkeit, Fahrerschläfrigkeit zu beurteilen, ist die Analyse vonVideoaufnahmen. Eine grundlegende Arbeit dazu wurde von Wierwille und Ellsworth [6]publiziert. Für die Klassifizierung von Schläfrigkeit verwendeten die Autoren einekontinuierliche Skala mit fünf Ankerpunkten von gar nicht schläfrig bis außerordentlichschläfrig. Ihre Klassifikation beruht auf den Analysen von ausschließlichSimulatorfahrten. Im Rahmen eines noch nicht abgeschlossenen Feldversuchs mitBusfahrern fertigt unsere Arbeitsgruppe Videoaufzeichnungen der Fahrer an. In einerPilotstudie sind wir der Frage nachgegangen, ob das Verfahren auch in der Praxis gutdurchführbar ist oder Modifikationen sinnvoll sind. Zeit sparendere Alternativen werdenauf Übereinstimmung mit diesem Standard untersucht.MethodenAufgrund von Vorversuchen wurden die Skala überarbeitet und die von Wierwille undEllsworth [6] publizierten Deskriptoren von Schläfrigkeit präzisiert. Da dieVideoaufnahmen der sechs realen Busfahrten keine sehr hohen Schläfrigkeitsstadienenthielten, wurden zusätzlich Videoaufnahmen von sechs Fahrten nach Schlafentzug aufeinem Fahrsimulator des IAT für die Analysen verwendet. Insgesamt wurden mehr als 30Stunden Videofilme ausgewertet. Die Schläfrigkeit in den einzelnen Videosegmentenwurde von einem trainierten Rater (B.U.) mittels einer Ordinalskala von 0 bis 4 beurteilt,die Intervalle betrugen jeweils 0,25. Die Ankerpunkte bedeuten: Z00 "gar nicht schläfrig",Z01 „etwas schläfrig", Z02 „mäßig schläfrig", Z03 „sehr schläfrig" und Z04„außerordentlich schläfrig". Drei Auswerteverfahren wurden verglichen: eine modifizierteForm nach Wierwille und Ellsworth mit Videosegmenten in randomisierter Reihenfolgeund von je 2,5 Min. Dauer, die zu fünfminütigen Blöcken aus chronologisch konsekutivenSegmenten zusammengefasst wurden, indem der jeweils höhere Score in dieBerechnungen einging (Goldstandard, Algorithmus A1); ein Algorithmus (A2) in795


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionAnlehnung an Wylie [7] mit Segmenten von fünf Minuten Dauer und Überspringen von 25Minuten bei einem Score S < 1, bei S ≥ 1 Rück- sowie Vorwärtsanalyse derangrenzenden Segmente bis zu einem S < 1, dann bei der Vorwärtsanalyse ggf.erneuter Sprung; und ein dritter Algorithmus (A3), bei dem die Segmente mit doppelterFilmgeschwindigkeit angesehen und nur bei einem vermuteten Score S ≥ 1 beinochmaliger Betrachtung mit normaler Geschwindigkeit ausgewertet wurden. Als einMaß für die Übereinstimmung der Auswertungsverfahren wurden Bland-Altmann-Diagramme erstellt [2]. Um Cohens Kappa [1] zu berechnen, wurden die Messwerte invier Gruppen aufgeteilt. Die statistischen Berechnungen wurden mit SPSS (Versionen 9und 12, SPSS Inc., Chicago, USA) durchgeführt. Das schriftliche Einverständnis derProbanden sowie die Zustimmung der zuständigen Ethikkommission waren vor denExperimenten eingeholt worden.ErgebnisseIn Vorversuchen hatte sich die stetige Skala als unzweckmäßig erwiesen und wurdedeshalb durch eine Ordinalskala (s.o.) ersetzt. Die Deskriptoren für die Ankerpunktewurden im wesentlichen von Wierwille und Ellsworth [6] übernommen. In ihrerKlassifikation ist das Stadium 3 „sehr schläfrig“ u.a. durch Lidschlüsse von zwei bis dreiSekunden Dauer oder länger charakterisiert. Im Sinne einer eindeutigen Definition wurdeder Deskriptor in ≥ 2 sec geändert. In weiteren Vorversuchen bewerteten zwei erfahreneRater (A.M. und L.H.) Segmente verschiedener Fahrer mit einem unterschiedlichen Gradan Schläfrigkeit unabhängig voneinander. Die Scores waren identisch oder wichen um0,25, d.h. um ein Skalenintervall, voneinander ab. Der Vergleich der dreiAuswerteverfahren ergab keine nennenswerte Zeitersparnis bei den alternativenVerfahren. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Tatsache, dass verhältnismäßig wenigeSegmente mit einem Score < 1 bewertet wurden (Abb. 1 und 2). Beide Bland-Altman-Diagramme zeigen eine gute Übereinstimmung der jeweiligen Alternativalgorithmen mitdem Goldstandard (Abb. 1 und 2). Cohens Kappa lag für den Vergleich der Algorithmen1 und 2 bei 0,671 (n = 346 Videosegmente à fünf Minuten, 95 %-Konfidenzintervall (KI)0,597 - 0,745) und für den der Algorithmen 1 und 3 bei 0,694 (n = 361, 95 %-KI 0,621 -0,767). Ein Kappa zwischen 0,61 und 0,80 bedeutet eine gute Übereinstimmung [1].SchlussfolgerungenBeide Äquivalenztests ergaben eine gute Übereinstimmung der beidenAlternativverfahren mit dem Goldstandard. Im Hinblick auf die relativ geringeZeitersparnis beabsichtigen wir,796


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionDifferenzen der Scores der beiden Methoden10MW+2*SDMWMW-2*SD-101234Mittelwerte der Scores der beiden MethodenAbb. 1: Vergleich der modifizierten Wierwille-Methode und des Überspringens von Segmenten(modifizierte Wylie-Methode) zur Bewertung von FahrerschläfrigkeitBland-Altman-Diagramm, bei dem „Blümchen“-Diagramm wird jeder Messwert durch einBlütenblatt repräsentiert; MW: Mittelwert; SD: Standardabweichungin Zukunft das modifizierte Wierwille-Verfahren einzusetzen. Die gute Übereinstimmungzwischen dem Goldstandard und den Alternativverfahren lässt den Schluss zu, dass dieIntra-Rater-Reliabilität des einen trainierten Raters gut ist. Jedoch sind nochUntersuchungen mit mehr Ratern, zur Inter-Rater-Variabilität und einer größeren Zahl anFahrern erforderlich, bevor allgemein gültige Schlussfolgerungen gezogen werdenkönnen. In früheren Publikationen [5, 6] zur Validierung wurde der Pearson’scheKorrelationskoeffizient als ein Maß für die Übereinstimmung verwendet, was jedochproblematisch ist [2]. Deshalb sind weitere Untersuchungen zur Validierung der Methode„Videoanalyse von Schläfrigkeit“ notwendig.797


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur Prävention1Differenzen der Scores der beiden Methoden0MW+2*SDMW-2*SDMW-101234Mittelwerte der Scores der beiden MethodenAbb. 2: Vergleich der modifizierten Wierwille-Methode und des Screenings von Segmenten mitdoppelter Filmgeschwindigkeit zur Bewertung von FahrerschläfrigkeitLegende wie bei Abb. 1DanksagungDie Studie wurde von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizinunterstützt.Literatur1. Altman DG. Practical statistics for medical research. Boca Raton: CRC Press,1999, 403-409.2. Bland JM, Altman DG. Statistical methods for assessing agreement between twomethods of clinical measurement. Lancet; i; 1986; 307-310.3. Geißler B, Hagenmeyer L, Erdmann U, Muttray A. Sekundenschlaf – eineunterschätzte Gefahr? ErgoMed; 31; <strong>2007</strong>; 16-21.4. Hell W. Unfallursache "Einschlafen". Auftreten und Prävention von Müdigkeitsunfällen im Straßenverkehr. Verkehrstechnisches Institut der DeutschenVersicherer, 2004.5. Vöhringer-Kuhnt T, Baumgarten T, Karrer K, Briest S. Wierwille’s method of driverdrowsiness evaluation revisited. In: International Association of Applied Psychology(Hrsg.): 3 rd International Conference on Traffic & Transport Psychology.Nottingham, 2004.http://www.psychology.nottingham.ac.uk/IAAPdiv13/ICTTP2004papers2/Impairment/Vohringer.pdf6. Wierwille WW, Ellsworth LA. Evaluation of driver drowsiness by trained raters.Accid Anal Prev; 26; 1994; 571-581.7. Wylie D. Driver drowsiness. Length of prior principal sleep periods, and naps.Transportation Development Centre Safety and Security Group Transport Canada.Publication No. TP 13237E, 1998.http://www.tc.gc.ca/TDC/publication/pdf/13200/13237e.pdf798


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionEignung von Lidschlagparametern zur SchläfrigkeitsmessungUdo Erdmann 1 , Lorenz Hagenmeyer 2 , Axel Muttray 3 , Britta Geißler 31 Arbeitsgestaltung bei psychischen Belastungen, Stress, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin(BAuA), Berlin; 2 Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement, Universität Stuttgart, Stuttgart;3 Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität, MainzEinleitungErhöhte Schläfrigkeit am Tage ist ein häufig unterschätztes Problem. EpidemiologischeStudien in Deutschland haben gezeigt, dass etwa 24 Millionen Menschen betroffen sind(Jordan & Hajak 1997). Der Drang einzuschlafen kann die Unfallhäufigkeit steigern, auchwenn es nicht zum Einschlafen kommt (George 2000). Besonders betroffen sindSchichtarbeiter und Berufskraftfahrer (Lakemeyer et al. 2000). In vielen Fällen ursächlichverantwortlich ist das weit verbreitete Problem des chronischen Schlafmangels.Schläfrigkeit ist diagnostisch schwer zu erfassen. Die meisten angewandtenMessverfahren sind labororientiert und unter Feldbedingungen nur begrenzt anwendbar.Viele Methoden erlauben es nicht, während der Arbeitstätigkeit Daten zu erheben odersind apparativ so aufwendig, dass sie die Tätigkeit zu stark behindern. Angesichts dernach wie vor hohen Anzahl von Unfällen mit Todesfolge oder schwerenPersonenschäden - insbesondere in den Nacht- und frühen Morgenstunden - ist einemöglichst genaue Bestimmung von Schläfrigkeit erstrebenswert.MethodenEs gibt zahlreiche Belege, dass spontane Lidschläge Informationen über den Grad derAufmerksamkeit und der Schläfrigkeit liefern können. Die Messung derLidschlaghäufigkeit, der Lidschlagdauer, des Lidschlagverlaufs und daraus abgeleiteterParameter liefern aussagekräftige Informationen (Hacker 1962, Stern et al. 1984; Baueret al. 1987; Stern at al. 1994; Wilson et al. 1994; Caffier 2002).Die hier vorgestellte Methode misst die Lidstellung unter Ausnutzung derunterschiedlichen Reflexionseigenschaften von Augenlid und Augapfel. Dazu wird einoptischer Sensor an einem Brillenbügel befestigt, ohne dass das Sichtfeld nennenswertbeeinträchtigt wird. Der Sensor arbeitet mit gepulstem Infrarotlicht sehr geringerIntensität, so dass die Grenzwerte für die maximal zulässige Bestrahlung des Auges(DIN EN 60 825-1) um mehr als eine Größenordnung unterschritten werden.Für den Einsatz des Messverfahrens bei einer Feldstudie an Busfahrern wurde durchdas IAT der Universität Stuttgart die Applikation des Sensors optimiert (Abbildung 1). BeiBrillenträgern wird der Sensor mit einer Klemmvorrichtung an der eigenen Brille desProbanden befestigt. Andernfalls wird eine modifizierte Sportbrille verwendet, die sehrgute Trageeigenschaften hat und bei unterschiedlichen Kopfformen ohne spezifischeAnpassung gut sitzt.799


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionDas Aufzeichnungsgerät (110*65*20mm / 180g) kann entweder in einer Jackentaschegetragen oder mittels vorhandenem Clip am Gürtel befestigt werden. Mit einemBatteriesatz (2*AA) kann über einen Zeitraum von ca. 12 Stunden die Lidschlagaktivitätkontinuierlich aufgezeichnet werden. Die Messdaten werden auf einer auswechselbarenSpeicherkarte abgelegt. Auf einer 128MB MMC können Lidschlagdaten von ca. 80Stunden abgespeichert werden.Die Auswertung der Messdaten erfolgt nach der Messung durch eine Software, die imSignalverlauf die typischen Muster eines Lidschlags identifiziert. Aufgrund desMessprinzips und der Ausführung des Sensors bilden sich sowohl spontane Lidschlüsseals auch Änderungen der Blickrichtung gleichermaßen als Amplitudenänderungen imSignal ab, weil sich in beiden Fällen die Stellung des Oberlids ändert. Die Softwareverwendet mehrere Kriterien, um Lidschlüsse von Blickrichtungsänderungen zuunterscheiden. Die Trefferquote bei der automatischen Analyse liegt bei ca. 95%. ZurSicherheit erfolgt beim gegenwärtigen Entwicklungsstand der Software eine visuelleKontrolle, um falsch erkannte oder unbrauchbare Lidschlüsse von der weiterenAuswertung auszuschließen. Für jeden Lidschlag werden neben dem Zeitpunkt desAuftretens die Dauer des gesamten Lidschlusses, die Geschwindigkeit des Lidschlussesund der Lidöffnung, die Zeitdauer für den Lidschlusses und die Lidöffnung und weitereaus der Signalform abgeleitete Parameter ermittelt.Zur weiteren Optimierung der Software und zur Validierung sollen Videoaufzeichnungenherangezogen werden, die während der Fahrt registriert wurden.Abb. 1a: Messgerät mit SensorAbb. 1b: Sensorbefestigung am SportbrillengestellErgebnisseIn einer Studie (Caffier 2002) wurden umfangreiche Untersuchungen unter Verwendungdes hier beschriebenen Messverfahrens durchgeführt. Die dabei ermittelten800


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionLidschlagparameter wurden in Bezug zu dem subjektiven Ermüdungszustand derProbanden gesetzt, um die Eignung des Messverfahrens als Schläfrigkeitsindikator zuprüfen. Die Erfassung des subjektiven Zustandes erfolgte mit Hilfe vonFragebogenerhebungen. Die tageszeitbedingten time of day-Effekte wurden in einerVersuchsserie mit 60 gesunden Probanden untersucht. Dabei erfolgte die Registrierungder Lidschlagparameter jeweils einmal am Morgen und einmal am Abend. Derstatistische Gruppenvergleich tageszeitlich unterschiedlicher Messzeitpunkte ergabwährend der Abendmessung eine signifikante Zunahme der Lidschlagdauer(Morgenmessung: 200,8 ±46,5ms, Abendmessung: 252,5 ±48,1ms, p


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionSchlussfolgerungenDer hier vorgestellte optische Sensor erfüllt die für einen Praxiseinsatz erforderlichenAnforderungen an Sensitivität, Applikabilität, Messsicherheit und berührungsfreieErfassung hinreichend gut. Die Applikation des Sensors mittels Brille istbeeinträchtigungsarm und wenig gewöhnungsbedürftig. Die Lidschlagbewegung kannbei frei beweglichem Kopf kontinuierlich erfasst werden.Literatur1. Bauer, L.O, Goldstein, R. & Stern, J.A. Effects of information-processing demands onphysiological response pattern. Human Factors; 29(2); 1987; 213-234.2. Caffier, P. Spontaner Lidschlag als Ermüdungsindikator bei Registrierung mittelskontaktfreiem Infrarotsensor. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin; Sonderschrift 69; 2002.3. George, C.F. Vigilance impairment: assessment by driving simulators. Sleep 23;Suppl. 4; 2000; 115-118.4. Hacker, W. Zur Modifikation des sogenannten spontanen Lidschlags imHandlungsvollzug. Probleme und Ergebnisse der Psychologie; 5; 1962; 7-435. Jordan, W. & Hajak, G., Gestörter Schlaf - was tun, Acris, München; 19976. Lakemeyer, M. Kämmerer, B. Herold, G.; Aretz, J.; Drexler, H. Schlafapnoe beiBerufskraftfahrern. Med. Review 1; 2000; 6-77. Stern, J.A. and Dunham, D.N. The ocular system. In: J.T. Cacioppo and L.G.Tassinary (Hrsg.); Principles of psychophysiology. Physical, social, and inferentialelements. Cambridge University Press; 1990; 513-553.8. Stern, J.A., Walrath, L.C. & Goldstein, R. The endogenous eyeblink.Psychophysiology, 21; 1984; 22-33.9. Wilson, G. F., Fullenkamp, P. & Davis, I. Evoked potential, cardiac, blink, andrespiration measures of pilot workload in air-to-ground missions. Aviation,- Space,-and-Environmental- Medicine; 65(2); 1994; 100-105.802


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionBewertung der Effektivität von Hypovigilanz-Management-SystemenLorenz Hagenmeyer 1 , Pernel van den Hurk 21 Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement, Universität Stuttgart, Stuttgart; 2 Institut fürTechnologiemanagement, Technische Universität Eindhoven, EindhovenZiel der StudieSchläfrigkeit bzw. Hypovigilanz nimmt in den westlichen Nationen stetig zu. Hierzutragen verschiedene Faktoren bei: Ein entsprechendes Beispiel ist die aus derGlobalisierung resultierende ”24h-Gesellschaft“, die viele Menschen veranlasst, Schlafzugunsten anderer Aktivitäten zu opfern [6]. Ein weiteres Beispiel ist die Schichtarbeit [1].So erfordern dort konkurrenzfähige, hocheffiziente Produktionsprozesse durch ihrenhohen und kapitalintensiven Automatisierungsgrad einen ”rund um die Uhr“-Betrieb.Weiterhin ist der starke Anstieg von Schlafstörungen in der westlichen Gesellschaft zunennen [3]. Alle diese Faktoren führen zu Schlafdefiziten und damit zu Hypovigilanz.Hypovigilanz ist u.a. von Einschränkungen der Aufmerksamkeit sowie derKonzentrationsfähigkeit begleitet. In der Folge sind die Fähigkeitenaufmerksamkeitsbasierte Tätigkeiten effektiv zu verrichten, die Geschwindigkeit derInformationsverarbeitung sowie die Qualität von Entscheidungsprozessen beeinträchtigt[5]. Damit führt Hypovigilanz zu einem stark erhöhten Unfallrisiko.Hypovigilanz ist eine der Hauptunfallursachen in verschiedenen Arbeitsumfeldern, wiez.B. im Verkehr [4] oder in Produktionsbetrieben mit Schichtarbeit [2]. AngemesseneGegenmaßnahmen können das Unfallrisiko senken. Zunächst sollten primäreMaßnahmen ergriffen werden, die die Entstehung von Hypovigilanz grundsätzlichvermeiden. Hierzu gehören u.a. die Gestaltung von Schichtarbeitsplänen nacharbeitswissenschaftlichen bzw. chronobiologischen Gesichtspunkten und die Behandlungvon Schlafstörungen. Trotz solcher primärer Maßnahmen kann die Entstehung vonHypovigilanz jedoch nicht immer ausgeschlossen werden.In diesen Fällen können Hypovigilanz-Management-Systeme (HVMSe) maßgeblich zurSenkung des Unfallrisikos beitragen. Diese Systeme messen Schläfrigkeit und warnenden Nutzer, z.B. einen Maschinenbediener, mittels geeigneter Warnstrategien undNutzerschnittstellen (HMI) rechtzeitig. Bei aktuellen Systemen sind diese jedoch nurrudimentär gestaltet. Ebenso wurde die Effektivität solcher Systeme bisher nichtnachgewiesen.Es wurde daher am IAT der Universität Stuttgart zunächst ein neuartiges, multimodalesHVMS entwickelt. Die Effektivität dieses Systems war nun nachzuweisen. Als Pilot füreine Langzeitstudie sollte daher in der hier vorgestellten Untersuchung die Effektivitätdes Systems im Rahmen einer realistischen Fabrikarbeitsaufgabe im Bezug auf eineSenkung von Fehlerzahlen sowie einer Steigerung der Produktivität untersucht werden.803


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionMethodenAuf der Basis eines realen Fabrikarbeitsplatzes mit Schichtarbeit wurde eineArbeitsaufgabe für das Labor entwickelt, die die standardisierte Messung von Leistungund Fehlerzahl ermöglichte: An einem nachgebildeten, semi-automatisiertenSchweißarbeitsplatz waren Stahlbänder zu fertigen; dabei konnten Fehler hinsichtlich derExaktheit und Orientierung der Positionierung sowie hinsichtlich der Schweißdauergemacht werden. Ale Leistungsmaß diente die Anzahl der produzierten Stahlbänder.Parallel dazu war – im Sinne eines Tests zur geteilten Aufmerksamkeit – einautomatisierter Produktionsprozess im Hintergrund zu überwachen; bei diesem wurdeein virtueller Teilespeicher gefüllt, welcher für maximale Effizienz möglichst spät durchTastendruck geleert werden musste. Bei zu später Leerung wurden Teile „beschädigt“und gingen somit in die Fehlerzahl mit ein, wohingegen die Anzahl korrekt produzierterEinheiten im Leistungsmaß berücksichtigt wurden. Abb. 1 zeigt eine Versuchspersonwährend der „Fabrikarbeit“ im Laboraufbau mit dem Schweißarbeitsplatz im Vordergrundund dem automatisierten Produktionsprozess im Hintergrund.Abb. 1: Laboraufbau des FabriktestesAls abhängige Variable für den beschriebenen, kombinierten „Fabriktest“ wurde nebenLeistung und Fehlerzahl ein Performanzwert als Quotient aus korrekt gefertigten Teilenund der Summe der bearbeitetet Teile gebildet. Diese praxisnahen abhängigen Variablenwurden durch die subjektive Schläfrigkeitsskala „Karolinska Sleepiness Scale“ (KSS)sowie die Sub-Tests „Alertness“ und „Executive Control“ der neuro-psychologischenTestbatterie „Test of Attentional Performance Mobility“ (TAP-M) ergänzt. Die804


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur Präventionentsprechenden Daten wurden jeweils vor und nach dem Fabriktest erhoben. Schließlichwurden Usability-Daten mit einem neu konstruierten Fragebogen erhoben.Eine homogene Stichprobe von 24 Studenten wurde randomisiert auf 3 nach Geschlechtund Chronotyp parallelisierte Versuchsgruppen aufgeteilt: Eine Kontrollgruppe, welchekeine Intervention erfuhr, eine Treatment-Gruppe, welche das entwickelte System nutztesowie eine Positivkontrollgruppe, welche ein System mit randomisierten Warnungennutzte.Die Probanden wurden über Ziele und Risiken der Studie sowie das Verfahrenaufgeklärt, was sie schriftlich bestätigten.Alle Gruppen wurden zunächst einem Training unterzogen, um Lerneffekte in denMessdaten zu vermeiden. Sie absolvierten dann eine Baseline-Messung am Abend beider die Fabrikaufgabe während 45 Minuten durchgeführt wurde. Nach einer Nachtkontrollierten Schlafentzugs fand die eigentliche Messung am frühen Morgen zwischen4.30 und 8.00 Uhr statt.ErgebnisseDie quantitative Auswertung der Daten erfolgte mit SPSS 14.0 bzw. mit PopTools. DieDaten waren nicht normalverteilt (Tests von Kolmogorov-Smirnov und Shapiro-Wilk) bzw.varianzhomogen (Levene’s test). Daher wurden nicht-parametrische Testverfahrenangewandt. Alle quantitativen Analysen wurden auf einem Signifikanzniveau von p ≤ .05durchgeführt. Die Usability-Daten wurden qualitativ mit MS Excel ausgewertet.Die VPN bewerteten dass HVMS als einfach und leicht erlernbar zu bedienen, es zeigtesich eine hohe generelle Akzeptanz des HVMS. Das HVMS beeinträchtigte dieDurchführung der Arbeitsaufgabe nicht wesentlich, die VPN der Treatment-Gruppe folgteden Anweisungen des Systems, im Unterschied zu den anderen Gruppen.Das Versuchsdesign war valide: Die Versuchspersonen waren bei der Messung (M =7.33) signifikant schläfriger als bei der Baseline (M = 5.04, T = 2.00, p < .05). Weiterhinzeigte sich in der Baseline zwischen den Gruppen in keiner Variablen ein signifikanterUnterschied. Für die Kontrollgruppe ohne Intervention hingegen zeigte sich einesignifikante Verschlechterung der Produktivität zwischen Baseline (M = 74.34) undMessung (M = 79.13, T = 32.00, p = .05). Die Performanz unterschied sich nichtsignifikant, was auf den Speed-Accuracy-Tradeoff zurückzuführen ist: Personen, dieschneller arbeiteten machten mehr Fehler.Das HVMS zeigte jedoch nur eine begrenzte kurzfristige Effektivität: Zwischen denVersuchsgruppen konnten bei der Messung keine signifikanten Unterschiede gefundenwerden, jedoch schätzte sich die HVMS-Gruppe tendenziell schläfriger ein (p = .052), alsdie beiden anderen Gruppen, was durch die erhöhte Aufmerksamkeit hinsichtlichSchläfrigkeit durch die Rückmeldung des Systems erklärt werden kann.805


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionSchließlich wurde beobachtet, dass die VPN der beiden Kontrollgruppen die zeitlicheLage ihrer Pausen anhand voller Stunden oder erreichter Stückzahlen wählten und so imBezug auf Ihre Schläfrigkeit meist zu früh oder zu spät eine Pause machten.SchlussfolgerungenEs konnten keine kurzfristigen Effekte des HVMS nachgewiesen werden. Dies könnteevtl. auf die im Verhältnis zu einer realen Arbeitsschicht kurze Versuchsdauer von 3hzurückzuführen sein; ebenso sind unterschiedliche Wirkungen von totalem Schlafentzugwie im Experiment im Vergleich zu akkumuliertem, partiellen Schlafentzug, wie ihnSchichtarbeiter erfahren, nicht gänzlich auszuschließen. Schließlich waren die VPN sehrmotiviert und sich der Beobachtungssituation bewusst, was die Vergleichbarkeit derErgebnisse hinsichtlich der Monotonie des Arbeitsalltages einschränkt.Die Ergebnisse lassen jedoch darauf schließen, dass HVMSe durch ihre objektiveRückmeldung der Schläfrigkeit des Nutzers diesem helfen können, seine Schläfrigkeitbesser einzuschätzen. Ebenso ist davon auszugehen, dass mit einem HVMS Pausen inAbhängigkeit vom Schläfrigkeitszustand gemacht werden und damit effizient sind.Schließlich ist eine Reduktion des Unfallrisikos gegeben, wenn der Nutzer – wieaufgezeigt – den Anweisungen des Systems folgt und seine gefährliche Tätigkeitunterbricht, um einen Kurzschlaf zu machen.Da HVMSe mehr dem Risikomanagement als dem direkten Leistungs-Managementzuzuordnen sind, und sich damit ihre Effekte eher über lange Zeiträume hinweg zeigen,ist anhand der Ergebnisse dieser Studie davon auszugehen, dass HVMSe einenwichtigen Beitrag zur Unfallreduktion leisten können. Dies ist jedoch im Rahmen einerLangzeitstudie im Feld nachzuweisen.Literatur1 Ǻkerstedt T. Shift work and disturbed sleep/wakefulness. Sleep Med Rev; 1998; 2117–128.2 Ǻkerstedt T, Fredlund P, Gillberg M, Jansson B. A prospective study of fataloccupational accidents - relationship to sleeping difficulties and occupational factors. JSleep Res; 11(1); 2002; 69–71.3 Backhaus J, Riemann D. Schlafstörungen. Hogrefe; 1999.4 Geißler B, Hagenmeyer L, Erdmann U, Muttray A. Sekundenschlaf – eineunterschätzte Gefahr? ErgoMed; 31; <strong>2007</strong>; 16-21.5 Hsiao H, Simeonov P. Preventing falls from roofs: Ergonomics; 44(5); 2001; 537–61.6 Rajaratnam S M, Arendt J. Health in a 24h society. Lancet; 358; 2001; 999–1005.806


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionSchläfrigkeitsbezogene Verkehrsunfälle - über den Einsatz derPupillographie zur Aufklärung und PräventionBarbara Wilhelm 1 , Caroline Weil de Vega 1 , Wilhelm Durst 1 , Gerhard Otto 21 Kompetenzbereich II, Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik und Funktionsprüfung, Tübingen;2 Referat 742 Arbeitsmedizin, Arbeitssicherheitsorganisation, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt,Gesundheit und Verbraucherschutz, München1. EinleitungMindestens 25% aller schweren Autobahnunfälle werden durch Sekundenschlafverursacht (2). Will man dies ändern, benötigt man Kenntnisse über die quantitativeBedeutung der Einschlafgefährdung im Straßenverkehr. Alkohol und Drogen alsGefahrenquelle in Straßenverkehr und Arbeitsleben sind im öffentlichen Bewusstseinetabliert und oftmals Gegenstand von Aufklärungskampagnen. Ganz anders ist dieSituation bezüglich der Problematik von Schläfrigkeit am Steuer. Tatsächlich aber istTagesschläfrigkeit die häufigste feststellbare (und meist vermeidbare) Ursache vonUnfällen im Straßenverkehr, zahlenmäßig bedeutsamer als Alkohol und Drogen /Medikamente. Bei einer Befragung von LKW-Fahrern berichteten immerhin 43%, in denletzten 12 Monaten während der Fahrtätigkeit eingenickt zu sein. Tatsächlich aber betrifftdas Problem in gleicher Weise den nicht professionellen Verkehrsteilnehmer. Eine weiteUrlaubsfahrt mit dem eigenen PKW kann Tagesschläfrigkeit ebenso induzieren wie langeLenkzeiten beim Berufsfahrer. Grundsätzlich tritt Schläfrigkeit sowohl bei den meistenunbehandelten Patienten mit chronischen Schlafstörungen wie auch bei Gesunden unterbestimmten Alltagsbedingungen (1, 2) auf. Vor allem junge Verkehrsteilnehmer sindschläfrigkeitsbedingtem Fehlverhalten und Unfällen ausgesetzt. Anders als erfahreneVerkehrsteilnehmer neigen sie bei Müdigkeit eher zu aggressivem Verkehrsverhalten.Weit verbreitet fallen eine gefährliche Bagatellisierung von Schläfrigkeit am Steuer undeine Unterschätzung des Gefahrenpotentials durch die Betroffenen auf. Fahrerbemerken zwar dass sie müde sind, aber wissen nicht wie müde bzw. einschlafgefährdetsie tatsächlich sind. Vergleicht man relative Risiken für Verkehrsunfälle bei bestimmtenErkrankungen, zeigt sich, daß ein eingeschränktes Sehvermögen das Risiko lediglich aufden Faktor 1,09 erhöht, Alkoholismus dagegen auf 2,0 und Schlafapnoe bzw.Narkolepsie auf 3,71 (www.immortal.or.at; Truls).Erst seit wenigen Jahren steht mit dem Pupillographischen Schläfrigkeitstest (PST,AMTech, Weinheim) ein physiologisches, objektives Verfahren zur Erfassung undQuantifizierung von Tagesschläfrigkeit zur Verfügung, das auch für den Einsatz vonFeldstudien geeignet ist (3, 4). Zur Beantwortung vieler Fragen wie z.B. optimalerPlanung und Gestaltung von Fahrten und Pausen sind objektive Daten für dieEntscheidungsfindung in Betrieben oder für Konsequenzen in Form entsprechenderVerordnungen und Gesetze unverzichtbar. An Beispielen und Ergebnissen jüngster807


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur Präventionverkehrsmedizinischer Feldstudien mit dem PST soll das Problem der Tagesschläfrigkeitaufgezeigt, seine Hintergründe analysiert sowie Lösungsmöglichkeiten diskutiert werden.2. MethodikAuf Initiative des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit undVerbraucherschutz (Ministerialrat Dr. med. Gerhard Otto, Referat 742 Arbeitsmedizin,Arbeitssicherheitsorganisation) wurden Verkehrsteilnehmer mit dem PupillographischenSchläfrigkeitstest (PST, AMTech, Weinheim) gemessen.Rekrutierung und Medienbegleitung. Bei den beschriebenen Autobahnaktionenwurden die Messungen und Befragungen auf freiwilliger Basis durchgeführt. Die Datenwurden pseudonomisiert gespeichert; Name und Geburtsdatum der Teilnehmer wurdennicht erfasst.Bei der Auftakt-Aktion am 29. Mai 2004 zu Beginn des Pfingstreiseverkehrs an derRaststätte Irschenberg (A8) wurden Reisende über die Gefahren von Schläfrigkeitaufgeklärt und zu wirksamer Vorbeugung und Gegenmaßnahmen beraten. Zu diesemZweck wurden Handzettel verteilt und Poster angebracht. BR3 Radio und BR3Fernsehen informierten die Öffentlichkeit im Vorfeld und während des Aktionstages. DieSendung WwieWissen der ARD bereitete das Thema ausführlich auf; der Beitrag wurdein der Folge in mehreren ARD-Sendungen wiederholt.Die Haupt-Aktion fand am 5. August 2004 unter reger Medienbeteiligung an derRaststätte Leipheim (A8) statt. Dabei wurden tagsüber Verkehrsteilnehmer für freiwilligeMessungen rekrutiert und mit mehreren PST-Geräten untersucht, Angaben zumNachtschlaf und zum Fahrverhalten wurden anonym erfasst. Die Fahrer wurden inAbhängigkeit vom Messergebnis beraten. Die Bereitschaft und das Interesse derVerkehrsteilnehmer zur Teilnahme an der Aktion waren gut.PST-Messung. In sitzender Haltung werden spontane Änderungen der Pupillenweitein Dunkelheit (11 min) mit Infrarot-Video-Pupillographie aufgezeichnet. Die Probandentragen im abgedunkelten Messraum eine Spezialbrille zum Ausschluss vonlichtinduzierten Artefakten. Während der Messung darf nicht gesprochen werden. DieProbanden werden aufgefordert, entspannt in die Richtung eines Fixationslichts auf derKameraöffnung zu schauen. Ergebnisparameter nach automatischer Auswertung ist derPupillenunruhe-Index (PUI; Einheit mm/min). Anhand der bekannten Normwerte fürMänner und Frauen im Alter von 20 bis 60 Jahren (4) werden die PST-Ergebnisse wiefolgt klassifiziert.808


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionTabelle 1: Einteilung des Pupillenunruhe-Index, basierend auf Normwertstudien (4).KategorieUnauffälligAuffälligPUI - Messwert-Bereich MW + 2 SDDatenmanagement und statistische Analyse. Die Daten wurden von der DatInfGmbH Tübingen zusammengeführt und ausgewertet.3. ErgebnisseInsgesamt beteiligten sich 63 Verkehrsteilnehmer an den Messungen. DieMessergebnisse zeigten lediglich bei 43% der Autofahrer einen normalenWachheitsgrad. Dagegen war in 25% der Fälle auffällige Schläfrigkeit zu finden, 32% derMesswerte lagen im grenzwertigen Bereich.Die Studienergebnisse wurden gemeinsam mit Messdaten von zweiAutobahnaktionen in Baden-Württemberg aus dem Jahr 2003 ausgewertet. Insgesamtwurden in 59% der Fälle normale, in 26% grenzwertige und in 15% derVerkehrsteilnehmer auffallend schläfrige Messwerte gefunden. In allen drei Studienbetrug die zurückgelegte Fahrstrecke lediglich durchschnittlich ca. 100km. Die Fahrerzeigten sich angesichts schläfriger Messwerte und entsprechender Warnungen alsbegrenzt einsichtig. Bei auffälliger Schläfrigkeit wurde vor allem eine Schlafpause vonetwa 15 Minuten empfohlen. Die dafür zur Verfügung gestellten Motelräume nahm keinerder einschlafgefährdeten Fahrer in Anspruch.4. DiskussionDie vorliegende Untersuchung zeigt Übereinstimmungen mit vorangegangenvergleichbaren Aktionen an der Raststätte Gräfenhausen (A5). Die dort gemessenenLKW-Fahrer zeigten bei einer Frühjahrsaktion einen wesentlich höheren Anteil auffälligerSchläfrigkeit als die PKW-Fahrer. Bei einer Untersuchung in Gräfenhausen während desSommer-Reiseverkehrs fielen hingegen vor allem Urlaubsfahrer und Schichtarbeiter mithohen Schläfrigkeitswerten auf (5, 6), von diesen hatten die meisten noch Fahrtstreckenvon weniger als 100 km bis 400 km vor sich..Die Hauptgefahren von Schläfrigkeit am Steuer bestehen in der Selbstüberschätzungder Fahrer bzw. der Unterschätzung des eigenen Einschlafrisikos. Erschwerend hinzukommt die bekannte Tatsache, dass Microschlaf-Ereignisse (Sekundenschlaf) sich derSelbstwahrnehmung entziehen. Mit dem PST bzw. einer mobilen Messeinheit des809


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur Präventiongleichen Verfahrens (F²D, AMTech, Weinheim) kann Tagesschläfrigkeit bei Messungenin Fahrpausen fahrzeugunabhängig und einfach festgestellt werden. Damit besteht dieMöglichkeit sowohl zur Gesundheitsbildung sowie zur Unfallprävention. In Oberösterreichwendet die Polizei seit Sommer 2005 den F²D-Pupillentest im Rahmen vonVerkehrskontrollen bei LKW-Fahrern an (www.nachrichten.at/motor/ 401710). Auch inDeutschland ist eine solche praktische Anwendung zur Prävention einschlafbedingterUnfälle keine Utopie mehr. Das Messsystem ist leicht anwendbar; Schulungen in derAnwendung sind einfach durchzuführen. Aber noch gibt es keinen gesetzlichfestgelegten Grenzwert zulässiger Schläfrigkeit.5. Literatur1. Findley L, Unverzagt M, Surrat P, 1988: Automobil accidents involving patients withobstructive sleep apnea. American Review of Respiratory Disorders, 138: 337-340.2. Zulley J, Crönlein T, Hell W, Langwieder K, 1995, Einschlafen am Steuer: Hauptursacheschwerer Verkehrsunfälle. Wien Med Wochenschr 145, 4733. Weeß H-G, Sauter C, Geisler P, Böhning W, Wilhelm B, Rotte M, Gresele C, Schneider C,Schulz H, Lund R, Steinberg R und Arbeitsgruppe Vigilanz der DGSM, 2000: Vigilanz,Einschlafneigung, Daueraufmerksamkeit, Müdigkeit, Schläfrigkeit - DiagnostischeInstrumentarien zur Messung müdigkeits- und schläfrigkeitsbezogener Prozesse und derenGütekriterien. Somnologie 4, 20-38.4. Wilhelm B, Körner A, Heldmaier K, Moll K, Wilhelm H, Lüdtke H, 2001, Normwerte despupillographischen Schläfrigkeitstests für Frauen und Männer zwischen 20 und 60 Jahren.Somnologie 5, 115 – 1205. Weeß H-G, Binder R, Schürmann T, Wilhelm B, Lüdtke H, Grellner W und Steinberg R,2003, Anteil erhöhter Schläfrigkeitswerte bei Kraftfahrern und deren Ursachen: Ergebnissezweier Feldstudien. Somnologie 7 (Suppl. 1): 9-88, S. 46.6. Wilhelm B, Weeß H-G und Binder R , 2003. Objektive Erfassung von Tagesschläfrigkeit beideutschen Autofahrern. Arbeitsmedizin-Sozialmedizin-Unfallmedizin ASU 38, 3810


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionBaustein A7 „Ermüdung“ aus dem BGF-Programm „Gesund undsicher – Arbeitsplatz Omnibus“Thorsten LandshöftBerufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen, Wiesbaden„Gesund und sicher – Arbeitsplatz Omnibus“ will Gesundheits- und Unfallgefahren imFahrdienst reduzieren, Strategien zum Umgang mit unvermeidbaren Belastungenvermitteln das Bewusstsein für die Notwendigkeit aktiver Gesundheitsvorsorge bilden.Dieses moderierte Programm ist speziell für Fahrerinnen und Fahrer von Linien- undReisebussen entwickelt worden. Es besteht aus insgesamt 18 Bausteinen, unterteilt indie Abschnitte:A Belastung und Beanspruchung im Fahrdienst(Bausteine A1 bis A10)B Sicherheit rund um den Bus(Bausteine B1 bis B4)C Beförderung besonderer Personengruppen(Bausteine C1 und C2)D Stress und Konflikte am Arbeitsplatz(Bausteine D1 und D2)Jeder Baustein kann unabhängig von den anderen durchgeführt werden. Ermüdung wirdim Baustein A7 behandelt.Lernziele: Die Teilnehmer sollen wissen, wie Ermüdung entsteht und welche FaktorenErmüdung begünstigen, Auswirkungen von Ermüdung (Verlängerung der Reaktionszeit,Sekundenschlaf usw.) und damit verbundenen Unfallgefahren kennen, in der Lage undbereit sein, Ermüdungserscheinungen bei sich selbst zu erkennen und sichentsprechend zu verhalten, erfahren, dass Kaffee, Tee usw. nicht in der Lage sind,Ermüdungsprozesse nachhaltig aufzuhalten, wissen, dass durch richtigePausengestaltung, Trink- und Essgewohnheiten die Ermüdung verringert undLeistungsfähigkeit optimiert werden kann, bereit sein, bei der Gestaltung ihresTagesablaufs für ausreichend Schlaf- bzw. Erholungszeiten zu sorgen. Zeit ca. 60Minuten. Die Teilnehmer werden gebeten, mittels Flipchartabfragen Antworten undKommentare zu geben, wie oft und zu welchen Tageszeiten sie sich innerhalb der letztendrei Monate am Steuer schläfrig gefühlt haben. Nach diesem Erfahrungsaustauschfolgen Informationen u. a. über Dämpfungs-/Aktivierungssystem,811


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur Präventiondie Bedeutung von Pausen und Wirkung verschiedener Getränke. Anschließend werdenErmüdungssymptome gesammelt und Gegenmaßnahmen diskutiert. Abschließenwerden einige Bewegungsübungenfür die Pause durchgeführt. Teilnehmer entdecken bzw. entwickeln ihre Erkenntnisse indiesen moderiertenVeranstaltungen selbst. Dadurch identifizieren sie sich mit ihren Ergebnissen und sind somotiviert diese auch anwenden.812


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionManagement der Schlafapnoe in einem VerkehrsbetriebMartin WeskottAllergologie/Notfallmedizin/Umweltmedizin, Wuppertaler Stadtwerke AG, WuppertalProblemstellung:Die Schlafapnoe ist eine in der männlichen Bevölkerung mit ca. 5% und in der weiblichenBevölkerung mit ca.2% weit verbreitete schwere Erkrankung. Als Folge- undBegleiterkrankungen sind unter anderem Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall,chronisch obstruktive Lungenerkrankungen sowie psychische Krankheiten bekannt. DieSchlafarchitektur wird durch die Erkrankung zerstört, Erholung für Geist, Seele undKörper durch den Nachtschlaf sind nicht möglich. Während der Apnoephasen und derHypopnoen mit verminderter Sauerstoffsättigung im Blut werden im KörperStresshormone ausgeschüttet und erzeugen und unterhalten Begleit- undFolgeerkrankungen. Die Schlafapnoe selbst und die genannten Folgeerkrankungen sindgeeignet, die Lebensqualität und die Einsatzfähigkeit der Betroffenen im Berufslebennachhaltig einzuschränken und führen darüber hinaus zu erheblichenSicherheitsproblemen in Hinsicht auf Arbeitssicherheit, Unfallschutz und Produktqualität.Die für das Fahrpersonal von Bus und Bahn geltenden Untersuchungsgrundsätze(BOStrab / BOKraft / FeV) [Betriebsordnungen Straßenbahn- und Kraftverkehr /Fahrerlaubnisverordnung] schreiben die Reihen-Untersuchung auf schlafbezogeneAtemregulationsstörungen bislang nicht explizit vor, der nicht rechtsverbindlicheberufsgenossenschaftliche Untersuchungsgrundsatz „ G25 Fahr-, Steuer- undÜberwachungstätigkeiten “ nennt seit seiner letzten Änderung 12/2004 unbehandelteschlafbezogene Atemstörungen als Grund für „dauernde gesundheitliche Bedenken“gegen die Ausübung dieser Tätigkeiten. Die meisten Arbeitsmediziner sind zudem imBereich der Schlafmedizin unerfahren und über die Verbreitung und die Folgen derErkrankung nicht ausreichend informiert. Zusätzlich fehlte bislang ein in derArbeitsmedizinischen Praxis geeignetes Diagnoseverfahren zum Risikoscreening, dasheißt zur vorsorglichen Breitenuntersuchung taugliches Messgerät.Das Team der Gesundheitsschutzpraxis der WSW AG untersuchte in den letzten dreiJahren, in wie weit das Personal der Wuppertaler Stadtwerke, welches Tätigkeiten mithohen Anforderungen an die Vigilanz ausübt, von dieser Erkrankung betroffen und nochnicht diagnostiziert und therapiert war.Ziele der Untersuchung:Diagnostik der Beschäftigten, insbesondere aber der Zielgruppen, zur Sicherstellung vonFahrdiensttauglichkeit und Verkehrs- oder Anlagensicherheit und Produktqualität.Verbesserung der Bedingungen für eine frühe Erstdiagnose und frühen Therapiebeginnschlafbezogener Atemregulationsstörungen. Ermittlung der Prävalenz von813


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionRisikobeschäftigten im Betrieb. Prävention vermeidbarer Verkehrsunfälle mit Omnibusund Schwebebahn und vermeidbarer Störfälle im Bereich der Trinkwasser-, Gas- undEnergieversorgung. Implementierung eines geeigneten diagnostischen Werkzeuges indie arbeitsmedizinische Routinediagnostik. Flächendeckendes Screening allerFahrberechtigten der Schwebebahn aufgrund der überregionalen Sonderstellung diesesVerkehrsmittels.Methoden:Bei den 2 ½ jährigen regelmäßigen arbeitsmedizinischen Untersuchungsterminen nachdem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G25 sowie den Regeln von BOKraft /BOStrab erfolgte eine gezielte anamnestische Befragung mittels Schlüsselfragen(1) undmit dem Epworth-Sleepiness-Scale-Fragebogen (ESS) (2) zur Früherkennung vonEinschlafneigung, Tagesschläfrigkeit und Vigilanzstörungen bei Fahrpersonal vonKraftomnibus (KOM) und Schwebebahn (3) sowie von Leitstandspersonal in Kraft- undWasserwerken. Beschäftigte anderer Berufsgruppen, die sich gezielt mit Klagen übertypische Beschwerden schlafbezogener Atemregulationsstörungen an denGesundheitsschutz wandten, wurden ebenfalls in die Untersuchungen einbezogen.Nach unseren Erfahrungen über die letzten drei Jahre ist die persönliche Befragung,Aufklärung und Dokumentation durch den Arzt für die Diagnosefindung unerlässlich undkann durch den Fragebogen allenfalls ergänzt, nicht aber ersetzt werden. Eineausschließliche Fragebogenauswertung führt einerseits dazu, dass Beschäftigte ausdem - bewussten oder unbewussten - Wunsch, nicht aufzufallen und aufgrund einermöglichen Angst um den Arbeitsplatz die Fragen eher zurückhaltend und damit imErgebnis „unauffällig“ beantworten. Andererseits ist die Selbsteinschätzung bei bereitslangandauernder Erkrankung möglicherweise gestört im Sinne einer Adaptation an einbereits deutlich vermindertes Leistungsvermögen.Ergibt sich ein Hinweis auf schlafbezogene Atemregulationsstörung (SBAS) im Epworth-Score oder in der mündlich individuell erhobenen Anamnese, erfolgt ambulantesApnoescreening mit ApneaLink® (früher MicroMesam) (4) und begleitendeFunktionstests von Atmung (Bodyplethysmographie, Pulsoximetrie) und Kreislauf (EKG).Der Einsatz des Risikoscreeners ApneaLink® hat sich bewährt, da die Vorbereitung fürArzt und Patient kurz, das Screening für den Patienten nicht unangenehm und dasErgebnis am Folgetag für den Arzt eindeutig und den Patienten klar und verständlich ist.Für den Einsatz in der Arbeitsmedizin sind das Messverfahren und das Messergebnissicher und zuverlässig, spezielle schlafmedizinische Erfahrungen sind nicht erforderlich,und der Einsatz eines mehrkanaligen Polygraphen (wie beim Lungenfacharzt oder imSchlaflabor) kann ergänzend in Zweifelsfällen sinnvoll sein. Dem Patienten wird -einkanalig mit einer Nasensonde gemessen - das Atemverhalten in der Messnacht und814


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur Präventiondie festgestellten Atemstillstände (Apnoen) und die Phasen der Minderatmung(Hypopnoen) gezeigt, erklärt (5) und als Ausdruck für sich und den Hausarztmitgegeben.Bei positivem Befund erfolgt kurzfristig stationäre Abklärung im Schlaflabor mittelsPolysomnographie und Therapie durch nCPAP-Beatmung. Die direkte Zuweisung derPatienten durch den Gesundheitsschutz WSW AG an kooperierende Schlaflabore in derNähe der WSW AG und eine kurzfristige Terminvergabe von in der Regel weniger als einbis zwei Wochen. Wir kooperieren ausschließlich mit denjenigen Schlaflaboren undLungenfachärzten in Solingen-Aufderhöhe und Wuppertal, die von der DGSM (DeutscheGesellschaft für Schlafmedizin) akkreditiert sind. Dies sichert die hohe Versorgungs- undBehandlungsqualität für die Beschäftigten / Patienten unseres Werkes. Hierzu wurdenbereits im Vorfeld der Studie eingehende persönliche Kontakte zu diesen Schlaflaboreneinschließlich gegenseitiger Hospitationen geknüpft und die für eine patientenorientierteZusammenarbeit notwendigen Netzwerk-Vereinbarungen von uns initiiert.Ergebnisse:Von rund 2500 insgesamt in diesem Zeitraum untersuchten Beschäftigten erhieltenca.1500 aufgrund ihrer Tätigkeit mit hoher Anforderung an die Vigilanz den ESS-Fragebogen zur Beantwortung. War der Punkterang im ESS oder die persönlicheärztliche Anamnese auffällig oder bestand eine Fahrtberechtigung für die Schwebebahn(104 Beschäftigte), wurde das Screening mit ApneaLink® durchgeführt. Bei 123 deruntersuchten Beschäftigten wurde eine obstruktive Schlafapnoe (ICD10:G43.7) durch dieÄrzte des Gesundheitsschutzes der WSW AG erstdiagnostiziert und durch dasSchlaflabor mit nCPAP-Beatmung therapiert. Dies entspricht einer Prävalenz von mehrals 10% in der untersuchten Gruppe. Der weit überwiegende Teil dieser Erkrankten istmännlich (119m/4w) und eher übergewichtig (Ø BMI 30). Die Zahlen bestätigen dieErgebnisse internationaler Untersuchungen. 57 der 123 Beschäftigten mit neudiagnostizierter Schlafapnoe waren KOM-, 24 waren Schwebebahnfahrer, 9 warenLeitstandsfahrer in Kraft- oder Wasserwerken. Auch 1 Manager des Unternehmens isterkrankt und wird behandelt.In 102 Fällen konnte eine vollständige Tauglichkeit für die bisherige Tätigkeitwiedererlangt werden. In den übrigen Fällen erfolgte eine innerbetriebliche Umsetzung inandere Tätigkeiten, in 5 Fällen trat während des Behandlungszeitraumes die betrieblicheVorruhestands- oder Altersteilzeitregelung in Kraft, nur ein Beschäftigter ist derzeit nochbefristet untauglich zum Einsatz im Fahrdienst. In unserem Konzept konnte der Zeitraumvon erster Verdachtsdiagnose bis zum Wiedererlangen der Fahrtauglichkeit von rund 9Monaten auf unter 2 Monate verkürzt werden. Während dieser Zeit war keine durchArbeitsunfähigkeit bedingte Fehlzeit erforderlich, die betroffenen Beschäftigten wurden815


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur Präventioninnerbetrieblich mit alternativen Aufgaben ohne hohe Anforderungen an die Vigilanzbeschäftigt. Häufige Begleiterkrankungen der Schlafapnoe waren - wie in der Literaturbeschrieben - obstruktive Atemwegserkrankungen, insbesondere COLD und Asthmabronchiale, arterielle Hypertonie, Herzerkrankungen sowie seelische Erkrankungen(Angststörungen, Depression usw.).Wir erfassten in der Anamnese ebenfalls, ob unsere Beschäftigten mit anderen Ärztenbereits über schlafbezogene Atemstörungen (SBAS) als Auslöser der Beschwerden undBegleiterkrankungen gesprochen hatten. Danach war nur in wenigen Fällen dieVerdachtsdiagnose einer Schlafapnoe bereits durch Hausarzt, Lungenfacharzt oderHNO-Arzt oder anlässlich eines REHA-Verfahrens geäußert worden. Die mit 99 weitüberwiegende Zahl der Erstdiagnosen, ja bereits der diskrete Verdacht darauf, wurdedurch den Gesundheitsschutz der WSW AG gestellt. Dies bedeutet konkret, dass ohnedas hier beschriebene Konzept der Früherkennung sicher 99 Beschäftigte derWuppertaler Stadtwerke AG mit einer schweren und behandlungsbedürftigenSchlafapnoe als Bus-, Schwebebahn- oder Leitstandsfahrer ihrer anspruchsvollen - daspersönliche Leistungsvermögen jedoch weit übersteigenden - Tätigkeit noch heutenachkommen müssten.Schlussfolgerungen:Das ambulante Apnoescreening mit dem Atemmonitor ApneaLink® durch die Werksärztevon Verkehrs- und Versorgungsunternehmen stellt eine einfache, wirksame undgeeignete Maßnahme zur Erstdiagnostik von SBAS wie der Schlafapnoe dar. Im Falleunseres Unternehmens gelang die flächendeckende Untersuchung der beschriebenenRisikogruppen vollständig: die WSW sind bundesweit und europaweit das erste undeinzige in Hinsicht auf SBAS durchuntersuchte Unternehmen. Aktuell stehen die Fahrerder Tochterunternehmen, die im Service für WSW Omnibusfahrer stellen, unabhängigvon der Anamnese in einem flächendeckendem Screening mit ApneaLink®. Hierbeisollen - wie bereits bei der Schwebebahn - auch Erkrankte mit gering ausgeprägtersubjektiver Symptomatik beim Fahrpersonal gefunden werden.Das Untersuchungsverfahren ist für jeden Arbeitsmediziner einfach durchzuführen, dieAuswertung erfolgt programmunterstützt. Eine manuelle Nachbearbeitung derUntersuchungsdaten ist in der Regel entbehrlich, denn die eingesetzten ApneaLink®liefern zuverlässige Informationen zur Stellung der Verdachtsdiagnose, die dannstationär im Schlaflabor mit der Polysomnographie bestätigt wird. Spezifischeschlafmedizinische Kenntnisse sind zur Diagnosestellung nicht zwingend erforderlich,jedoch zum Verständnis des komplexen Krankheitsbildes sicher nützlich und somitwünschenswert. Die Belastung und Belästigung durch das Messverfahren ist für dieBeschäftigten sehr gering, ebenso die Kosten für den Arbeitsmediziner oder den Betrieb.816


SY1Unfälle durch Übermüdung – von den Ursachen zur PräventionIn Unternehmen mit eigener Betriebskrankenkasse besteht weiterhin die Möglichkeit zurAbstimmung der Kostenübernahme für Gerät und/oder Untersuchung zwischenArbeitsmedizinischem Dienst und BKK, ein Vorgehen, das wir eindeutig befürworten. InVerbindung mit gezielter Weiterleitung an ein akkreditiertes Schlaflabor führt dieMaßnahme zu einer deutlichen strukturellen Verbesserung der frühenarbeitsmedizinischen Erstdiagnostik und Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe.Damit ist das Konzept geeignet zur Primärprävention vermeidbarer Verkehrs- undArbeitsunfälle und erheblicher Sicherheitsprobleme für die Produktqualität und zurSekundärprävention von Erkrankungen von Herz-Kreislauf- und Gefäßsystem, wie sie inder Literatur als typische Folgeerkrankungen der Schlafapnoe beschrieben werden.Weiterhin führt die strukturelle Verbesserung und Abkürzung des Weges von derVerdachtsdiagnose zur Erstdiagnose und zur definitiven Therapie der Schlafapnoe fürdie betroffenen und oft hoch motivierten Beschäftigten zu einer Verkürzung unnötiglanger Fahrdienstuntauglichkeits-Zeiten.Das hier dargestellte präventive Untersuchungs- und Behandlungskonzept ist für einVerkehrsunternehmen wirtschaftlich und effektiv, da lange AU-bedingte Fehlzeiten, auchfür Folgeerkrankungen, entfallen. Dies ist insbesondere bei kleinen und mittlerenUnternehmen ohne die Möglichkeit, Beschäftigten alternative Tätigkeiten anzubieten, vonBedeutung. Die Effektivität wird verstärkt durch die Wiedereingliederung der therapiertenBeschäftigten in die bisherige Tätigkeit und die Vermeidung von Versetzung undUmschulung. Für den Werksarzt bietet sich die Gelegenheit, den Patienten von derErstdiagnose bis zur Wiedererlangung der vollen beruflichen Tauglichkeit zu begleitenund primär- und sekundärpräventiv tätig zu werden.817


SY2Zukunft der Gehöruntersuchung – Entwicklung in Wissenschaft und RechtLärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordung – Aspekte für dieArbeitsmedizinKlaus PontoBerufsgenossenschaft Metall SüdDie Lärmschwerhörigkeit gehört nach wie vor zu den häufigsten Berufskrankheiten. Sowurden im Jahr 2005 bei 8648 Verdachtsanzeigen in 6266 Fällen diese Berufskrankheitanerkannt, davon 486 Fälle aufgrund ihrer Schwere mit einer Rente.Angesichts einer Anzahl von ca. 4,5 Millionen Beschäftigten mit relevantenLärmexpositionen bei ihrer Tätigkeit hat die Lärmprävention einschließlich Maßnahmender arbeitsmedizinischen Vorsorge weiter eine hervorgehobene Bedeutung.Mit dem Inkrafttreten der neuen Arbeitsschutz – Lärm- und Vibrationsverordnung zum 9.März <strong>2007</strong> gilt die UVV „Lärm“ nicht mehr. Auch die Arbeitsmedizinische Vorsorge ist fürLärm abschließend geregelt denn die Unfallverhütungsvorschrift „ArbeitsmedizinischeVorsorge“ gilt in diesem Bereich ebenfalls nicht mehr.Was bedeutet dies für die praktische Arbeitsmedizin?Bei Expositionen gegenüber gehörgefährdendem Lärm sind vom Arbeitgeber künftigarbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen „Lärm“ als Pflichtuntersuchungen zuveranlassen, wenn der obere Auslösewert für den Tages-Lärmexpositionspegel von 85dB(A) oder den Spitzenschalldruckpegel 137 dB(C) erreicht oder überschritten wird.Die arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen sind als Erstuntersuchungen,Nachuntersuchungen in regelmäßigen Abständen, als Nachuntersuchungen, beiBeendigung der gefährdenden Tätigkeit und bei besonderen Anlässen durchzuführen.Für die betroffenen Beschäftigten ist die Durchführung dieser UntersuchungenVoraussetzung für die Ausübung einer Tätigkeit mit Lärmexposition. Der Arbeitgebererhält über das Ergebnis der Untersuchung eine Kopie der ärztlichen Bescheinigung undist verpflichtet, für die betroffenen Beschäftigten eine Vorsorgekartei zu führen.Bei Überschreiten des unteren Auslösewertes für den Tages-Lärmexpositionspegel von80 dB(A) oder für den Spitzenschalldruckpegel von 135 dB(C) sind den Beschäftigtenarbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen „Lärm“ anzubieten. Wegen des geringenHörverlustrisikos bei Tages-Lärmexpositionspegeln unter 85 dB(A) bzw.Spitzenschalldruckpegeln unter 137 dB(C) ist es oft ausreichend, die Beschäftigten überdieses Angebot im Rahmen einer allgemeinen arbeitsmedizinischenBeratung/Unterweisung zu unterrichten.An den Untersuchungsfristen, die nunmehr ausschließlich im G 20 vorgegeben sind, hatsich nichts geändert.818


SY2Zukunft der Gehöruntersuchung – Entwicklung in Wissenschaft und RechtErstuntersuchungErsteNachuntersuchungWeitereNachuntersuchungenvorzeitigeNachuntersuchungenvor erstmaliger Aufnahme einer Tätigkeitnach 12 Monaten• nach 36 Monaten;• nach 60 Monaten bei Tages-LärmexpositionspegelnL EX,8h < 90 dB(A) oder SpitzenschalldruckpegelnL pC,peak < 137 dB(C)• bei Beendigung der Tätigkeit*z. B.• nach ärztlichem Ermessen in Einzelfällen, z. B. beibefristeten gesundheitlichen Bedenken• auf Wunsch eines Beschäftigten, der denursächlichen Zusammenhang seiner Erkrankung undseiner Tätigkeit am Arbeitsplatz vermutet• wenn infolge einer Erkrankung oder eines UnfallsHörstörungen auftreten (wie z. B. nach Schädel-Hirn-Trauma) und/oder bei Ohrgeräuschen* Untersuchungen bei Beendigung der Tätigkeit sind zu veranlassen, wennwährend der Tätigkeit Pflichtuntersuchungen erforderlich waren.Mit den Untersuchungen können künftig nur Fachärzte für Arbeitsmedizin oder Ärzte mitder Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ beauftragt werden. Analog zu denFestlegungen in der Gefahrstoffverordnung entfällt das bisherigeErmächtigungsverfahren.Die Durchführung der Vorsorgeuntersuchung „Lärm“ erfordert jedoch weiter besondereFachkenntnisse, die z. Z. in anerkannten Spezialseminaren verschiedenerFortbildungsträger vermittelt werden. Die besonderen Fachkenntnisse sind – wie auchdie spezielle Audiometerausrüstung – dem Arbeitgeber nachzuweisen.Die Untersuchungen werden weiterhin nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz„Lärm“ (G 20) durchgeführt. Der G 20 wurde inzwischen entsprechend angepasst.Neu ist bei der Gefährdungsbeurteilung „Lärm“ die Berücksichtigung der Wechsel- oderKombinationswirkungen mit arbeitsbedingten ototoxischen Substanzen oder Vibrationen.Sie werden auf den neuen Untersuchungsbögen Lärm I und II im Abschnitt Angabenzum Arbeitsplatz erfasst.Nach dem aktuellen Erkenntnisstand ist bei Einhaltung der gültigen Grenzwerte derbekannten ototoxischen Stoffe ein wesentlicher Hörverlust wenig wahrscheinlich. Lärmbleibt weiterhin der der stärkste Risikofaktor für Gehörschäden.819


SY2Zukunft der Gehöruntersuchung – Entwicklung in Wissenschaft und RechtAuch neu ist die Pflicht des Arbeitgebers, für die entsprechend exponierten Beschäftigtenbereits bei Überschreiten der unteren Auslösewerte für Lärm die bereits erwähnteallgemeine arbeitsmedizinische Beratung sicherzustellen.Bei den Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge „Lärm“ haben sich gegenüberden bisherigen Regelungen substanziell somit nur geringfügige Änderungen ergeben.820


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieStudiendesign der Deutschen Wirbelsäulenstudie*J. Grifka 1 , O. Linhardt 1 ,U. Bolm-Audorff 6 , A. Bergmann 2 , D. Ditchen 3 , R. Ellegast 3 , G. Elsner 4 , O.Geiß 5 , J. Haerting 2 , F. Hofmann 7 , M. Jäger 5 , A. Luttmann 5 , M. Michaelis 7 , M. Nübling 7 , G. Petereit-Haack 1 , B. Schumann 2 , A. Seidler 4, 81 Orthopädische Universitätsklinik Regensburg; 2 Institut für medizinische Epidemiologie, Biometrie undInformatik der Universität Halle/Wittenberg;3 Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz,St. Augustin; 4 Institut für Arbeitsmedizin der Universität Frankfurt/Main; 5 Institut für Arbeitsphysiologie an derUniversität Dortmund;6 Landesgewerbearzt, Wiesbaden;7 Freiburger Forschungsstelle Arbeits- undSozialmedizin; 8 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin*mit finanzieller Unterstützung des HVBG, ausgeführte ForschungsarbeitBei der Deutschen Wirbelsäulenstudie handelt es sich um eine multizentrische populationsbezogeneFall-Kontroll-Studie, in welcher die Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischenberuflichen Wirbelsäulenbelastungen durch Lastenhandhabung und Rumpfbeugung bzw.-verdrehung sowie Bandscheibenerkrankungen der Lendenwirbelsäule untersuchtwurde. In den vier klinischen Studienzentren (Frankfurt am Main, Freiburg, Halle,Regensburg) erfolgte die Aquirierung der Fälle und Kontrollen. Die Studienleitung, beiwelcher alle Studiendaten gesammelt und ausgewertet wurden, unterlag dem Zentrum inWiesbaden.Insgesamt wurde bei 915 Fällen mit lumbaler Erkrankung der Bandscheiben und 901Kontrollprobanden die Dosis-Wirkungs-Beziehung untersucht. Bei den 915 Fällenhandelt es sich im Einzelnen um folgende Fallgruppen:- 286 männliche Patienten (Fallgruppe 1) und 278 weibliche Patienten (Fallgruppe 2)mit stationärer oder ambulanter Behandlung in einer Klinik wegen LWS-Prolaps mitsensiblem und/oder motorischen Wurzelsyndrom.- 145 männliche Patienten (Fallgruppe 3) und 206 weibliche Patienten (Fallgruppe 4)mit stationärer oder ambulanter Behandlung in einer Klinik oder ambulanterBehandlung in einer orthopädischen Praxis wegen einer fortgeschrittenen Chondrosemit Bandscheibenverschmälerung der LWS und Nachweis eines sensiblen und/odermotorischen Wurzelsyndroms oder eines lokalen Lumbalsyndroms (letzteres miteinem Finger-Boden-Abstand von mindestens 25 cm).Die Fälle wurden in Kliniken oder orthopädischen Praxen im Raum Frankfurt, Freiburg,Halle und Regensburg rekrutiert und einbezogen, sofern sie in einem bestimmtengeographischen Gebiet im Umkreis dieser Städte ihren ersten Wohnsitz hatten. Bei denKontrollprobanden handelt es sich um eine Zufallsstichprobe der Wohnbevölkerung inderselben Region. Fälle und Kontrollen mussten zum Zeitpunkt der Rekrutierung einAlter zwischen 25 und 70 Jahren aufweisen. Die Diagnose bei den Fällen wurde durcheine radiologische und klinische Zweitbeurteilung überprüft.821


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieBei Fällen und Kontrollen erfolgte nach Überprüfung der Einschlusskriterien ein ca. 1,5-stündiges, standardisiertes persönliches Erstinterview durch geschulte Interviewerinnenzu beruflichen Wirbelsäulenbelastungen durch Lastenhandhabung, Rumpfbeugung undGanzkörperschwingungen. Ferner wurden Informationen u.a. zu Belastungen durchHobby und Sport sowie Größe, Gewicht und Vorerkrankungen der Wirbelsäule erhoben.Probanden, die eine Mindestdosis beruflicher Wirbelsäulenbelastungen im Erstinterviewüberschritten, wurden an das Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz(BGIA) gemeldet. Im BGIA erfolgte die Koordination der Technischen Aufsichtsdienste(TAD) der Unfallversicherungsträger. Hierauf wurde ein ca. 2-stündiges,semistandardisiertes Zweitinterview durch Mitglieder der TAD zur Höhe der beruflichenBelastungen durch Lastenhandhabung, Rumpfbeugung und –verdrehung sowieGanzkörperschwingungen durchgeführt.Die Ergebnisse der TAD-Befragung zu externen Belstungsfaktoren wurden im Institut fürArbeitsphysiologie an der Universität Dortmund (IfADo) biomechanisch analysiert; alsKennwerte der Wirbelsäulenbelastung wurde die Druckkraft auf die lumbosakraleBandscheibe für jeden Belastungsvorgang berechnet und nach insgesamt 10Dosismodellen einschließlich des Mainz-Dortmunder Dosismodells mit teilweiseherabgesetzten Schwellenwerten für Rumpfbeugung und Lastenhandhabung,Berücksichtigung von anderen Formen der Lastenhandhabung wie Ziehen, Schieben,Fangen und Werfen und anderer Wichtung der Druckkraft (linear, kubisch odertetradisch) kumuliert.Weitere Einschlusskriterien – Erstmanifestation der ErkrankungDie Erstmanifestation der Erkrankung nach ärztlicher Diagnosestellung durfte nichtlänger als 10 Jahre vor Erfassung des Patienten als Fall in dieser Studie zurückliegen.Dabei bezog sich die Erstdiagnose auf das jeweilige Wirbelsäulensegment entsprechenddem aktuellen Befund.Weitere Einschlusskriterien - Vorbehandlung (invasiv/konservativ)Als Vorbehandlung wurden früher im Lendenwirbelsäulenbereich durchgeführteOperationen, aber auch konservative, stationär durchgeführte Behandlungen derentsprechenden Fallgruppenerkrankungen verstanden. Die Operation bzw. stationäreBehandlung durfte nicht länger als 10 Jahre zurückliegen, sonst wurde der Patient vonder Rekrutierung ausgeschlossen.Definition des BandscheibenprolapsDie Fallrekrutierung erfolgte neben der klinischen Untersuchung auf der Basis radiologischerBefunde des LWS-Bandscheibenprolaps durch den niedergelassenen bzw. den822


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieKlinikradiologen. (Röntgen- bzw. MRT- oder CT-Bilder wurden für die Studie nichterstellt.) Alle radiologischen Ergebnisse wurden durch einen zweiten, von derStudienleitung beauftragten Radiologen validiert. Im Sinne der Falldefinition lag ein LWS-Bandscheibenprolaps vor, wenn Bandscheibengewebe im CT und/oder MRT mehr als 5mm über die gerade Verbindungslinie der dorsalen Begrenzung der Wirbelhinterkantehinaus nach dorsal ragte. Massenverschiebungen der Bandscheibe um mehr als 3 mmund kleiner als 5 mm über die Verbindungslinie der dorsalen Begrenzung derWirbelkörperhinterkante wurden als Grenzbefund bewertet. Je fokaler der Befundausgedehnt war, desto eher wurde ein Prolaps diagnostiziert. Bei der Bewertung warendie räumlichen Verhältnisse zu beachten, die fokale Ausdehnung des Befundes wurdenach der visuellen Einschätzung in Relation zu den umgebenen Strukturen eingeordnet.Ein basaler Abgangswinkel des verlagerten Bandscheibengewebes von 60° bis 90°sprach für die Einordnung als Bandscheibenvorfall, ebenso eine im Verhältnis zur Längedes dorsalen Bandscheibenumfangs sowie zur dorsalen Ausdehnung des Befundesgeringe Breite der Bandscheibenverlagerung. Bei Fällen einer Massenverschiebung von≤3 mm sowie bei Fällen einer Massenverschiebung um >3mm bis


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieRadiologische ZweitbeurteilungDurch einen Radiologen wurde eine zweite Befundung des Bildmaterials vorgenommen.Die radiologische Beurteilung umfasste dabei folgende Befunde an Hals-, Brust- undLendenwirbelsäule mit entsprechender Gradeinteilung:Ausmessung der Bandscheibenhöhe, Ermittlung des Chondrosegrades, Befundungbezüglich des Ausmaßes einer Spondylose, Spondylarthrose, Retrospondylose, Bandscheibenprotrusionund -prolaps, Signalverlust der Bandscheiben, Spinalkanalstenose(knöchern und weichteilig bedingt), Rezessusstenose, Variationen, Fehlbildungen, Spondylolisthesis,Spondyloretrolisthesis, Skoliose, Kyphose, Sakrumwinkel, statische Achseder LWS, Pseudospondylolisthesis, Schmorlsche Knötchen, Keilwirbel.Die radiologische Zweitbeurteilung erfolgte nach oben genannter Röntgenklassifikationzur Begutachtung der Berufskrankheit 2108 (Bolm-Audorff et al. 2005).Radiologische DrittbeurteilungDurch einen Drittgutachter wurden die Ergebnisse des radiologischen Zweitgutachtersstichprobenhaft validiert. Für die radiologische Drittbeurteilung des Bildmaterials galtendie gleichen Kriterien wie für die radiologische Zweitbeurteilung. Dazu wurden die Bilderder ersten 25 rekrutierten Patienten jedes Studienzentrums herangezogen und befundet(insgesamt 100 Fälle).Der Vergleich der radiologischen Zweit- und Drittbeurteilung bei 100 Fällen ergab einenKappa-Wert von 0,80 bei Bandscheibenvorfällen (Fallgruppen 1 und 2) sowie einenKappa-Wert von 0,86 für fortgeschrittene Chondrosen (Fallgruppen 3 und 4).Klinische ZweitbeurteilungIn der Orthopädischen Universitätsklinik Regenburg wurden für alle von den Kliniken undPraxen gemeldeten potentiellen Fälle der klinischen Befundbogen und die radiologischeZweitbeurteilung anhand der Ein- und Ausschlusskriterien sowie die Übereinstimmungzwischen klinischem und radiologischem Befund überprüft. Die Fälle wurden in eine derFallgruppen 1 bis 4 eingruppiert bzw. als Fall verworfen. Bei 1.112 potentiellen Fällenwurde eine klinische Zweitbeurteilung durchgeführt. 915 Fälle entsprachen dabei denEinschlusskriterien und wurden für die Studie freigegeben. 197 Fälle (17,7 %) wurdenausgeschlossen.ResponserateDie Responserate bei den Fällen lag bei 66,4% und bei den Kontrollen bei 53,4%. DieNonresponderanalyse ergab, dass die Responserate sowohl bei Fällen als auch beiKontrollen bei Probanden mit Dienstleistungsberufen höher war als bei Probanden mitArbeiter- und Handwerkerberufen. Hinweise für einen differenziellen Response bei Fällenund Kontrollen in Abhängigkeit vom sozialen Status fanden sich somit nicht.824


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieArbeitstechnische Ermittlungen der TechnischenAufsichtsdienste*R. Ellegast 1 , D. Ditchen 1 , A. Bergmann 2 , U. Bolm-Audorff 3 , G. Elsner 4 , O. Geiß 5 , J. Grifka 6 , J.Haerting 2 , F. Hofmann 7 , M. Jäger 5 , O. Linhardt 6 , A. Luttmann 5 , M. Michaelis 7 , M. Nübling 7 , G.Petereit-Haack 3 , B. Schumann 2 , A. Seidler 81 Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz, Sankt Augustin;2 Institut für medizinischeEpidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg; 3 Landesgewerbearzt,Regierungspräsidium Darmstadt, Wiesbaden;4 Institut für Arbeitsmedizin, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt/M.; 5 Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund; 6 OrthopädischeUniversitätsklinik Regensburg, Bad Abbach; 7 Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin,Freiburg; 8 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin* mit finanzieller Unterstützung des Hauptverbandes der gewerblichenBerufsgenossenschaften e.V. ausgeführte ForschungsarbeitEinleitungIm Rahmen der Deutschen Wirbelsäulenstudie (DWS), einer multizentrischenpopulationsbezogenen Fall-Kontroll-Studie bei 915 Fällen mit lumbaler Erkrankung derBandscheiben und 901 Kontrollprobanden, wurde die Dosis-Wirkungs-Beziehungzwischen beruflichen Wirbelsäulenbelastungen durch Lastenhandhabung undRumpfbeugung und Bandscheibenerkrankungen der Lendenwirbelsäule untersucht [1].Um eine hohe Güte bei der Quantifizierung der beruflichen Exposition der Probanden zuerreichen, wurde ein mehrstufiges, expertengestütztes Verfahren eingesetzt.MethodenIm ersten Schritt wurden zunächst alle Fälle und Kontrollen in einem ca. anderthalbstündigenpersönlichen Interview von geschulten Laien-InterviewerInnen standardisiertzu ihren beruflichen Wirbelsäulenbelastungen durch Lastenhandhabung, Rumpfbeugungund Ganzkörperschwingungen befragt (Erstinterview). Zur groben Abschätzung derHöhe der beruflichen Belastungen wurde eine „Auslöseschwelle“ definiert, die sich ausMindestbelastungen für kumulativ gehandhabte Lastgewichte, durchgeführte Arbeiten inRumpfbeugehaltungen, durchgeführte Zieh- und Schiebetätigkeiten sowie Einwirkungenvon Ganzkörperschwingungen zusammensetzte (Tabelle 1, Abbildung 1). Hierdurch wareine Einteilung aller Probanden der DWS in drei Belastungsgruppen möglich:• „relevant belastete“ Probanden, deren kumulative Belastungen oberhalb derBelastungsauslöseschwelle lagen,• „gering belastete“ Probanden, deren kumulative Belastungen unterhalb derBelastungsauslöseschwelle lagen und• „nicht belastete“ Probanden, die keine wesentlichen Belastungen im Sinne der Studieaufwiesen.Mit allen „relevant belasteten“ Probanden wurde eine zweite intensive Ermittlung derberuflichen Belastungen durch die Technischen Aufsichtsdienste (TAD) der gesetzlichen825


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieUnfallversicherungsträger durchgeführt („TAD-Interview“). Von den anderen beidenBelastungsgruppen schloss sich bei jeweils einer Stichprobe (10 % der „geringbelasteten“ und 3 % der „nicht-belasteten“ Probanden) ein TAD-Interview mit intensiverBelastungsermittlung an.Insgesamt wurden 42 TAD-Interviewer, die als arbeitstechnische Experten ausverschiedenen Branchen ausgewählt wurden, zur Durchführung der Interviewseingesetzt und vom Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitsschutz (BGIA)koordiniert.Das BGIA erhielt aus den vier klinischen Zentren während der gesamtenErhebungsphase die Daten der TAD-Probanden, die neben den Adressen derProbanden Angaben über deren berufliche Tätigkeiten und Beschäftigungsabschnitte -jedoch keine Aussage zum Fall-Kontroll-Status beinhalteten („Blindung“). Anhand derBerufsdaten erfolgte im BGIA die Auswahl des geeigneten TAD-Interviewers, deranschließend die Belastungsermittlung durchführte. Zur Rekonstruktion derExpositionsdaten aus branchenfremden Bereichen konnte er dabei auf das Fachwissenvon Kollegen (Kontakt-Aufsichtspersonen) zurückgreifen. Nach Abschluss des Interviewswurde der gesamte Expositionsdatensatz des Probanden an das BGIA gesendet, dortauf Plausibilität geprüft und nach erfolgreicher Prüfung an das Institut fürArbeitsphysiologie an der Universität Dortmund (IfADo) zur weiteren biomechanischenAnalyse (Abschätzung der Wirbelsäulenbelastung) weitergeleitet.Inhalte der TAD-Ermittlung waren mechanische, körperliche Belastungen der Probandenim Berufsleben, die in Form von externen Belastungsfaktoren erfasst wurden (z.B.Lastgewichte, Körperhaltungen). Ein wesentliches Merkmal der TAD-Erhebung bestandim Schichtbezug der einzelnen erfassten Tätigkeiten. Ziel war es, alle erhobenenBelastungen auf typische Arbeitsschichten zu beziehen, um dadurch die späterenBerechnungen der Belastungen in Form von Tagesdosen gewährleisten zu können.Der zugehörige TAD-Erhebungsbogen war modular aufgebaut und konnte je nachBerufsleben des Probanden individuell zusammengesetzt werden. Er war in diefolgenden Bestandteile gegliedert [1]:• Allgemeine Angaben zum Probanden,• chronologische Zusammenstellung seiner Beschäftigungsabschnitte,• Beschreibung der zu jedem Beschäftigungsabschnitt zugehörigen typischenArbeitsschichten und• für jede typische Arbeitsschicht die Angaben zu Art und Häufigkeit vonbelastungsintensiven Körperhaltungen wie verschieden stark ausgeprägtenRumpfbeugen (20°, 45°, 75° oder 90°), manuellen Lastenhandhabungen wie Heben,826


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieTragen, Ziehen, Schieben, Fangen, Werfen oder Schaufeln von Lasten undEinwirkungen von Ganzkörpervibrationen im Sitzen.Mit dem TAD-Erhebungsinstrument ließ sich eine weitest gehend standardisierteErhebung der beruflichen Belastungen für einen Großteil der betroffenen Branchenerreichen. Da sich in den Bereichen Forst-, Landwirtschaft und Kranken-/ Altenpflegekeine standardisierte Erfassung der beruflichen Belastungen realisieren ließ, wurden hierergänzend branchenspezifische Tätigkeiten detailliert abgefragt („Sondermodule“).Aufgrund der Komplexität der Erhebung wurde den TAD-Interviewern eine spezielleSoftware zur Verfügung gestellt, die neben der Hilfe bei der Interviewführung auchPlausibilitätsprüfungen sowie die Möglichkeit zum elektronischen Datentransfer enthielt.Um ein hohes Niveau der Expositionsermittlung zu erreichen, wurde neben dem Einsatzvon arbeitstechnischen Experten und den Plausibilitätsprüfungen auch eineReliabilitätsuntersuchung in Form von insgesamt 79 Wiederholungs- bzw.Doppelinterviews durchgeführt, die sich wie folgt zusammensetzen:• 40 Interviews zur Abschätzung der Intra-Rater-Reliabilität (Wiederholung desInterviews durch denselben Interviewer),• 39 Interviews zur Abschätzung der Inter-Rater-Reliabilität (Wiederholung desInterviews durch einen anderen Interviewer).Die Reliabilitätsanalyse bezog sich auf zwei unterschiedliche Dosismodelle DM1 (Mainz-Dortmunder Dosismodell – MDD, [2]) und DM 4 (MDD ohne Schwellenwerte [1]). DieReliabilität wurde anhand von Kappa-Werten diskutiert [3].ErgebnisseInsgesamt gehörten 1317 Probanden nach dem Erstinterview zu den „relevantbelasteten“. Von den „gering belasteten“ und „nicht belasteten“ Probanden war eineStichprobe von 56 Probanden für das TAD-Interview vorgesehen, so dass insgesamteine intensive TAD-Expositionsermittlung bei 1373 Probanden durchgeführt werdensollte. Von diesen erklärten sich letztlich 1202 Personen zur Teilnahme am TAD-Interview bereit, was einer Responserate von 87,6% entspricht. Zwei bereits befragteProbanden wurden nachträglich aufgrund der radiologischen Zweitbeurteilung aus derStudie ausgeschlossen, so dass insgesamt 1.200 TAD-Probanden in die Auswertungeingingen. Wie durch die niedrigen Auslöseschwellen im Erstinterview zu erwarten war,unterschieden sich die Berufe der TAD-Probanden z.T. deutlich von den in Feststellungsverfahrenzur Berufskrankheit 2108 üblicherweise anzutreffenden Berufsgruppen. Sostellten die Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufe neben den Warenkaufleutendie am häufigsten auftretenden Berufsgruppen der TAD-Probanden dar. Die Ergebnisseder Intra-Rater-Reliabilitätsanalyse ergaben für beide Dosismodelle DM 1 und DM 4sowohl für Fälle als auch für Kontrollen eine akzeptable bis gute Übereinstimmung827


SY5Deutsche Wirbelsäulenstudie(Tabelle 2). Die Inter-Rater-Reliabilitätsanalyse führte für beide Dosismodelle DM 1 undDM 4 zu unzureichenden Übereinstimmungen bei den Kontrollen und nur bei DM 4 zuakzeptablen bis guten Übereinstimmungen bei den Fällen (Tabelle 2). Aufgrund dergeringen Probandenzahlen und der z.T. sehr langen Zeitspannen zwischen Interviewund Wiederholungsinterview (Median 1 Jahr, Max 2 Jahre) sind diese Ergebnisseallerdings unter Vorbehalt zu betrachten.DiskussionIm Rahmen der DWS wurde eine qualitätsgesicherte, detaillierte, retrospektiveBelastungsermittlung durch die TAD-Interviewer durchgeführt. Grenzen derretrospektiven Belastungsermittlung zeigten sich insbesondere bei den Inter-Rater-Reliabilitätsanalysen, die z. T. unzureichende Übereinstimmungen der Expositionen beiden durchgeführten Doppelinterviews aufwiesen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen,dass die Fallzahlen bei den verglichenen Doppelinterviews sehr gering waren und dieAussagekraft hierdurch eingeschränkt ist. Es wird insgesamt davon ausgegangen, dassdie Validität der Expositionsabschätzung in dieser epidemiologischen Studie wesentlichhöher ist als in allen bislang zu diesem Thema durchgeführten Untersuchungen.Allerdings unterliegt auch die Expositionsabschätzung in der vorliegenden Studie den fürretrospektive Ermittlungen über lange Zeiträume bekannten Limitationen. Insofern istauch in dieser Untersuchung eine gewisse Missklassifikation der Expositionsabschätzungnicht zu vermeiden. Zukünftig könnte hier die Nutzung von Katasterdaten,die sich für berufsbezogene Muskel-Skelettbelastungen im Aufbau befinden, einewesentliche Verbesserung bringen. Da die TAD-Interviewer bei ihrem Interview bezüglichdes Fall-Kontroll-Status „geblindet" waren, wird eine differentielle Missklassifikationausgeschlossen.Literatur[1] Bolm-Audorff, U., Bergmann, A. K., Ditchen, D., Ellegast, R., Elsner, G., Geiß, O.,Grifka, J., Haerting, J., Hofmann, F., Jäger, M., Linhardt, O., Luttmann, A.,Michaelis, M., Nübling, M., Petereit-Haack, G., Schumann, B., Seidler, A.:Forschungsvorhaben "Epidemiologische Fall-Kontroll-Studie zur Untersuchungvon Dosis-Wirkungs-Beziehungen bei der Berufskrankheit 2108" (DeutscheWirbelsäulenstudie); Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften(Hrsg.), Sankt Augustin, <strong>2007</strong>, in Vorbereitung.[2] Hartung, E., Schäfer, K., Jäger, M., Luttmann, A., Bolm-Audorff, U., Kuhn, S.,Paul, R., Francks, H-P.: Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) zur Beurteilungder Belastung der Lendenwirbelsäule durch Heben oder Tragen schwerer Lastenoder durch Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung bei Verdacht auf eineBerufskrankheit Nr. 2108, Teil 2: Vorschlag zur Beurteilung derarbeitstechnischen Voraussetzungen im Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren. Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin 34 (1999):112 - 122.[3] Fleiß, J.: Statistical methods for rates and proportions, 2nd ed. New York, 1981.828


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieTabelle 1: Auslöseschwellen im Erstinterview zur Initiierung einer TAD-ErhebungMindestwerteBelastungsartBeschreibungMänner FrauenHeben, beidhändig kumulativ pro Tag gehobene Last 600 kg 300 kgHeben, einhändig kumulativ pro Tag gehobene Last 400 kg 200 kgTragen pro Tag getragene Lasten x Dauer 4000 kg x s 2000 kg x sExtremeRumpfbeugehaltungStarkeRumpfbeugehaltungZiehen/Schiebenmit FortbewegungZiehen/Schiebenohne FortbewegungGanzkörpervibrationenGesamtzeit pro Tag mit ≥ 90° nachvorne gebeugtem OberkörperGesamtzeit pro Tag mit 45° bis < 90°nach vorne gebeugtem OberkörperGesamtzeit pro Tag mitZiehen/Schieben von Lastgewichten >100 kgkumulativ pro Taggezogene/geschobene Last (z.B. Kistenaus Regal ziehen)Einwirkung vonGanzkörperschwingungen im Sitzen(Gesamtzeit pro Tag)10 min 10 min10 min 10 min5 min 5 min1000 kg 1000 kg2 h 2 hGA =KLbHKLeHLDTDeRDstRDZSFDZSoF+ + + + + + +DGKV> 1ASbHASeHASTASeRASstRASZSFASZSoFASGKVmit:KL bHAS bHKL eHAS eHLDTAS TD eRAS eR= kumulative Last, beidhändiges Heben= Auslöseschwelle beidhändiges Heben= kumulative Last, einhändiges Heben= Auslöseschwelle einhändiges Heben= Lastgewicht x Dauer beim Tragen= Auslöseschwelle Tragen= Dauer extreme Rumpfbeuge= Auslöseschwelle extreme RumpfbeugeD stR = Dauer starke Rumpfbeuge (45-90°)AS stR = Auslöseschwelle starke RumpfbeugeD ZSF = Dauer Ziehen/Schieben mit FortbewegungAS ZSF = Auslöseschwelle Ziehen/Schieben mit FortbewegungD ZSoF = Dauer Ziehen/Schieben ohne FortbewegungAS ZSoF = Auslöseschwelle Ziehen/Schieben ohne FortbewegungD GKV = Dauer der Einwirkung von GanzkörpervibrationenAS GKV = Auslöseschwelle GanzkörpervibrationenAbbildung 1: Berechnung der Gesamtauslöseschwelle für das TAD-InterviewTabelle 2: Ergebnisse der Reliabilitätsabschätzung von insg. 79 durchgeführten Doppelinterviewsfür die Dosismodelle DM 1 und DM 4; Bewertung anhand von Kappa-Werten ( [3]Intra-Rater-Reliabilität(40 Interviews)Inter-Rater-Reliabilität(39 Interviews)κ(DM 1) κ(DM 4) κ (DM 1) κ(DM 4)Fälle (n=19) 0,68 0,62 Fälle (n=19) 0,33 0,68Kontrollen (n=21) 0,65 0,64 Kontrollen (n=20) 0,12 0,14Gesamt (n=40) 0,68 0,64 Gesamt (n=39) 0,37 0,46κ > 0,75Exzellente Übereinstimmung0,40 ≤ κ ≤ 0,75 Akzeptable bis gute Übereinstimmungκ < 0,40Unzureichende Übereinstimmung829


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieBiomechanische Erhebungen zur Wirbelsäulenbelastung *M. Jäger 1 , A. Luttmann 1 , O. Geiß 1 , A. Bergmann 2 , U. Bolm-Audorff 3 , D. Ditchen 4 , R. Ellegast 4 , G.Elsner 5 , J. Grifka 6 , J. Haerting 2 , F. Hofmann 7 , O. Linhardt 6 , M. Michaelis 7 , M. Nübling 7 , G. Petereit-Haack 3 , B. Schumann 2 , A. Seidler 81 Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund; 2 Institut für medizinische Epidemiologie,Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg;3 Landesgewerbearzt,Regierungspräsidium Darmstadt, Wiesbaden; 4 Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz, SanktAugustin; 5 Institut für Arbeitsmedizin, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt/M.; 6 OrthopädischeUniversitätsklinik Regensburg, Bad Abbach; 7 Freiburger Forschungsstelle, Arbeits- und Sozialmedizin, Freiburg;8 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin* mit finanzieller Unterstützung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaftene.V. ausgeführte ForschungsarbeitHintergrundFür die Bewertung langjähriger Tätigkeiten mit Lastenhandhabung undbelastungsintensiven Körperhaltungen in Hinblick auf eventuelle biomechanischeÜberlastungen der Lendenwirbelsäule sind bei der Analyse von Dosis-Wirkung-Beziehungen sowohl Angaben zur Exposition als auch zu Erkrankungen unabdingbar. Indiesem Zusammenhang sind in den vergangenen Jahren kumulative Dosismodellebekannt geworden, bei denen neben der Belastungshöhe - in der Regel beschriebendurch Kompressionskräfte an lumbalen Bandscheiben - auch die jeweiligeEinwirkungsdauer und Vorgangshäufigkeit berücksichtigt werden. AußerhalbDeutschlands sind Dosiserhebungen zur Wirbelsäulenbelastung von relativ wenigenArbeitsgruppen beschrieben worden (z.B. Kumar 1990; Norman et al. 1998; Callaghanet al. 2001). In Deutschland haben Dosisermittlungen eine relativ große Bedeutung imZusammenhang mit Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren zur BK 2108 erhalten.Dabei wurden zunächst „lineare Dosisberechnungen” durchgeführt, bei denen Werte derBandscheibenkompression mit der Einwirkungsdauer der jeweiligen relevantenBelastungsabschnitte multipliziert und für alle Tätigkeiten aufsummiert wurden (z.B.Hartung u. Dupuis 1994; Pangert u. Hartmann 1994). Von der überwiegenden Zahl derUnfallversicherungsträger wird mit dem „Mainz-Dortmunder Dosismodell - MDD”inzwischen ein Ansatz verwendet, bei dem die Bandscheibenkompression quadratischund somit überproportional zur Belastungsdauer gewichtet wird (Hartung et al. 1999,Jäger et al. 1999, BK-Report 2004).Ziel der biomechanischen Analysen innerhalb der „Deutschen Wirbelsäulenstudie(DWS)” war - für etwa 1200 Personen („Fälle”, „Kontrollen”) - die individuelle quantitativeBeschreibung der situativen Wirbelsäulenbelastung mit Hilfe von vorgangsspezifischenSimulationsrechnungen und „Schätzgleichungen” sowie der kumulativenWirbelsäulenbelastung mit 10 Dosismodellen einschließlich des MDD auf Basis vondetaillierten Erhebungen durch die Technischen Aufsichtsdienste der830


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieUnfallversicherungsträger zu externen Belastungsfaktoren (z.B. Körperhaltungen,Lastgewicht, Häufigkeit, Dauer; s. dazu Bolm-Audorff et al. <strong>2007</strong>).VorgehensweiseDurch ein von den klinischen Studienzentren (Frankfurt, Freiburg, Halle, Regensburg)betreutes „Erstinterview” wurden die Probanden, für die eine detaillierteExpositionsermittlung aufgrund des Überschreitens sogenannter Auslöseschwellendurchzuführen war, ausgewählt. Anschließend wurden, unter der Federführung desBerufsgenossenschaftlichen Instituts für Arbeitsschutz (BGIA), die externenBelastungsfaktoren für das gesamte Berufsleben der Probanden durch die TechnischenAufsichtsdienste (TAD) der Unfallversicherungsträger erhoben. Die biomechanische„Umsetzung” der TAD-Angaben in Kennwerte der internen Belastung(Wirbelsäulenbelastung) erfolgte durch das Institut für Arbeitsphysiologie an derUniversität Dortmund (IfADo). Diese biomechanischen Auswertungen wurden zurPrüfung von Dosis-Wirkung-Zusammenhängen zwischen beruflicher Exposition undErkrankungen durch die Studienleitung genutzt.Biomechanische AuswertungEinen Überblick über die biomechanischen Analysen zeigt Abb. 1: Im linken Teil sind dieexternen Belastungsfaktoren angegeben, aus denen Kennwerte der internen Belastungbestimmt wurden (rechts). Die Belastung der Wirbelsäule wird durch die bei der Tätigkeiteingenommene Körperhaltung und -bewegung, durch die Eigenschaften dergehandhabten Last und durch die Dauer und Häufigkeit der Belastungsvorgängewesentlich bestimmt. Für die Auswertungen wurde die mechanische Belastung derWirbelsäule in Form der Bandscheibenkompression im Bereich der unterenLendenwirbelsäule (unterste Bandscheibe „L5-S1”) bestimmt und zu Dosiswertenkumuliert.Situative WirbelsäulenbelastungEin besonderes Ziel der Studie war die möglichst genaue Ermittlung der Belastung derLendenwirbelsäule anhand von spezifischen biomechanischen Modellrechnungen mitdem Simulationswerkzeug „Der Dortmunder” (Jäger et al. 2000) für alle alsbelastungsrelevant bezeichneten Einzeltätigkeiten in den TAD-Erhebungen. Die alsEingabegrößen notwendigen Körperhaltungsbeschreibungen wurden fürLastenhandhabungen aus der Lastposition relativ zum Körper (z.B. nah, weit, seitlich),aus der Oberkörperhaltung (Rumpfvor-, -seitneigung, -verdrehung) und der Arbeitshöhe(Boden, ... Überkopfhöhe) abgeleitet. Dazu wurden in Labornachstellungen dieSegmentstellungen im Raum, d.h. die Winkelstellungen aller Körperteile zu einem festenKoordinatensystem sowie die Rumpfkrümmungen je nach Konfiguration von 10Lastpositionen, 8 Oberkörperhaltungen und 6 Arbeitshöhen erfasst und für die831


SY5Deutsche Wirbelsäulenstudienachfolgenden Berechnungen digital abgelegt. Für das Bewegen von Lastobjektenwurden aus derartigen Körperhaltungsbeschreibungen zu Vorgangsanfang und -endeentsprechende Bewegungsverläufe der Körpersegmente abgeleitet. Die Vielfaltmöglicher Haltungskombinationen zeigt die Notwendigkeit vorgangsspezifischerBelastungsberechnungen trotz der vorgenannten Kategorisierungen bezüglichLastposition, Oberkörperhaltung und Arbeitshöhe, zumal auch Lastgewicht undAusführungsdauer in der Regel variieren und demzufolge individuell zu berücksichtigensind. Für den Sonderfall „belastungsintensiver Körperhaltungen” ohneLastenhandhabung waren Segmentstellungen unmittelbar aus den TAD-Angabenableitbar.Einige berufliche Tätigkeiten wurden anhand von branchenspezifischen „Sonderbögen”erfasst, so dass die zuvor beschriebene Vorgehensweise in Absprache mit denzuständigen BGen modifiziert wurde. Tätigkeiten in der Land- oder Forstwirtschaft (z.B.Grünfutter mit der Gabel vorlegen, Entmisten mit Gabel; Baumaufsuchen, Fällung)wurden in Einzelvorgänge wie Anheben, Umsetzen, Absenken usw. aufgeteilt und mitden entsprechenden Lastpositionen, Oberkörperhaltungen, Arbeitshöhen sowie derjeweiligen Dauer und Häufigkeit verknüpft. Für Pflegetätigkeiten wurde aufExpertenbewertungen (Kuhn et al. 2001) oder, sofern erforderlich, auf zusätzlicheLabormessungen im IfADo (s.a. Jäger et al. 2006) und nachfolgende biomechanischeBerechnungen der Bandscheiben-Druckkräfte zurückgegriffen.Für den Vergleich mit Belastungsermittlungen, wie sie bei Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren zur BK 2108 mit dem Mainz-Dortmunder Dosismodellüblicherweise durchgeführt werden, wurde die Bandscheibenkompression auch aufBasis der „Gleichungen zur retrospektiven Abschätzung der Druckkraft an derLendenwirbelsäule” (Hartung et al. 1999) bestimmt. Dazu wurden den oben genanntendetaillierten Körperbewegungsbeschreibungen die entsprechenden Tätigkeiten „Heben”,„Umsetzen” bzw. „Tragen” zugeordnet.Kumulative WirbelsäulenbelastungZur quantitativen Beschreibung der kumulativen Wirbelsäulenbelastung wurdeninsgesamt 10 Dosismodelle verwendet, die sich - ausgehend vom Mainz-DortmunderDosismodell – bezüglich Erhebungsschwellen, Wichtung von Druckkraft relativ zurEinwirkungsdauer und Verwendung einer Wurzelfunktion bei der Tagesdosis-Ermittlungunterscheiden. Entsprechend dem Konzept der TAD-Erhebung blieben Situationenunberücksichtigt, (a) bei denen Lasten bis zu etwa 5 kg gehandhabt wurden, (b) keineLasten gehandhabt wurden und allenfalls Rumpfvorneigungen bis zu ca. 20 Gradauftraten oder (c) die sich auf kurze Beschäftigungsabschnitte (< ½ Jahr) bezogen. Die„Lebensdosis” ergibt sich einheitlich aus der Tagesdosis, multipliziert mit der832


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieSchichtanzahl im Berufsleben.Kriterien der jeweiligen Dosismodelle sind in Tabelle 1 zusammengestellt: Bei denDosismodellen (DM) 1 bis 3 werden Erhebungsschwellen bezüglich Rumpfvorneigung(90°), Bandscheiben-Druckkraft (3,2 kN / Männer bzw. 2,5 kN / Frauen) sowieTagesdosis (5,5 kNh / Männer bzw. 3,5 kNh / Frauen) analog zum MDD berücksichtigt,die sich an den Kriterien des Ärztlichen Merkblattes zur BK 2108 orientieren. DieDosismodelle 1 und 2 unterscheiden sich nur dahingehend, dass dieDruckkraftbestimmung bei DM 1 mit „Schätzgleichungen” und somit stark kategorisierterfolgt, während bei DM 2 detaillierte Simulationsrechnungen für alleLastenhandhabungen durchgeführt werden. Im Gegensatz zu DM 1 und 2 werden beiden anderen Modellen nicht nur Hebe- oder Tragevorgänge einbezogen, sondernbeispielsweise auch Ziehen oder Schieben. Bei den Dosismodellen 4 bis 10 wird keineTagesdosisschwelle vorgesehen und insbesondere der Einfluss unterschiedlicherRumpfvorneigung untersucht; bei DM 5 bis 10 ist die Druckkraft-Schwelle einheitlich auf2 kN abgesenkt. Der besondere Aspekt des MDD, aufgrund des vermuteten höherenSchädigungspotentials hoher Kräfte die Bandscheiben-Druckkraft in Relation zurBelastungsdauer überproportional einzubeziehen, wird mit Hilfe verschiedenerWichtungen (linear bis tetradisch) geprüft.Ausgewählte BelastungsverteilungenAuswertungen zu Belastungsverteilungen zeigen, dass in der Regel die von Frauengehandhabten Lasten eine geringere Masse aufweisen als die von Männern bewegtenLastobjekte. Die jeweiligen Körperhaltungen bei Frauen können als biomechanischgünstiger angesehen werden, da die Lastobjekte eher körpernah, selten auf der Schulteroder dem Rücken und weniger häufig asymmetrisch, d.h. seitlich oder einhändiggehandhabt werden. Lastenhandhabungen sind bei Frauen weniger häufig und seltenervon Rumpfvorneigung und -verdrehung begleitet. Die Bandscheiben-Druckkraft, als Maßder situativen Wirbelsäulenbelastung, ist bei Frauen im Durchschnitt geringer als beiMännern, und hohe Werte treten vergleichsweise sehr selten auf. Vergleiche zurSchichtdosis - als Kenngröße der kumulativen Wirbelsäulenbelastung - zeigen, dass dieAnzahl „relevanter Schichten” bei den Dosismodellen 1 bis 3 aufgrund derBerücksichtigung von Tagesdosis-Schwellen lediglich etwa ein Viertel gegenüber denDosismodellen 4 bis 10 beträgt.833


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieLiteratur• BK-Report 2/03: Wirbelsäulenerkrankungen (BK-Nrm. 2108 bis 2110). Hauptverbandder gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg), Sankt Augustin, 2004• Bolm-Audorff U, Bergmann A, Ditchen D, Ellegast R, Elsner G, Geiß O, Grifka J,Haerting J, Hofmann F, Jäger M, Linhardt O, Luttmann A, Michaelis M, Nübling M,Petereit-Haack G, Schumann B, Seidler A: Epidemiologische Fall-Kontroll-Studie zurUntersuchung von Dosis-Wirkungs-Beziehungen bei der Berufskrankheit 2108(Deutsche Wirbelsäulenstudie); Hauptverband der gewerblichenBerufsgenossenschaften (Hrsg), Sankt Augustin (eingereicht)• Callaghan JP, Salewytsch AJ, Andrews DM: An evaluation of predictive methods ofestimating cumulative spinal loading. Ergonomics 2001; 44: 825-837• Hartung E, Dupuis H: Verfahren zur Bestimmung der beruflichen Belastung durchHeben und Tragen schwerer Lasten oder extreme Rumpfbeugehaltungen und derenBeurteilung im Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren. Die Berufsgenossenschaft1994; 7: 452-458• Hartung E, Schäfer K, Jäger M, Luttmann A, Bolm-Audorff U, Kuhn S, Paul R,Francks H-P: Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) zur Beurteilung der Belastungder Lendenwirbelsäule durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durchTätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung bei Verdacht auf Berufskrankheit Nr.2108: Vorschlag zur Beurteilung der arbeitstechnischen Voraussetzungen imBerufskrankheiten-Feststellungsverfahren. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 1999;34: 112-122• Jäger M, Luttmann A, Bolm-Audorff U, Schäfer K, Hartung E, Kuhn S, Paul R,Francks H-P: wie zuvor: Retrospektive Belastungsermittlung für risikobehafteteTätigkeitsfelder. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 1999; 34: 101-111• Jäger M, Theilmeier A, Jordan C, Luttmann, A: Lumbale Belastungsanalysen zurbiomechanischen Prävention bei Pflegetätigkeiten mit Patiententransfer. In: WrbitzkyR, Bader M (Hrsg): Dokumentation <strong>DGAUM</strong>, 46. Jahrestagung, Lübeck, 2006, S 305-310• Jäger M, Luttmann A, Göllner R, Laurig W: Der Dortmunder: BiomechanischeModellbildung zur Bestimmung und Beurteilung der Belastung der Lendenwirbelsäulebei Lastenhandhabungen. In: Radandt S, Grieshaber R, Schneider W (Hrsg)Prävention von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Erkrankungen. Monade,Leipzig, 2000, 105-124• Kuhn S, Baumann W, Lang R, Wortmann N: MDD-Pflege - VorläufigeDosisberechnung (Gesundheitsdienst). BG für Gesundheitsdienst undWohlfahrtspflege (Hrsg), Hamburg, 2001• Kumar S: Cumulative load as a risk factor for back pain. Spine 1990; 15: 1311-1316• Norman R, Wells R, Neumann P, Frank J, Shannon H, Kerr M, Ontario UniversitiesBack Pain Study Group: A comparison of peak vs. cumulative physical workexposure risk factors for the reporting of low back pain in the automotive industry.Clin Biomech 1998; 13: 561-573• Pangert R, Hartmann H: Kritische Dosis für die berufliche Belastung derLendenwirbelsäule als gutachterliche Entscheidungshilfe. Zbl Arbeitsmed 1994; 44:124-130834


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieBiomechanische AuswertungExterneBelastungsfaktorenKennwerteder internen Belastungfür alle Belastungsvorgängein allen typischen Arbeitsschichtenbei allen Beschäftigungsabschnittenauf Basisder Angaben zuexternen BelastungsfaktorenKörperhaltungLastverbal, PiktogrammeHandhabungsartHeben, Tragen ...GewichtPosition⇒ Bewegung⇒ KräfteAbstand u. Höhezu Beginn u. EndeKörperteile u. Last(en)Zeit Dauer u. Vorgang, Schicht,Häufigkeit BeschäftigungsabschnittBandscheiben-KompressionDosiskumulierteDosisfür alleBelastungsvorgängefür alleBelastungsvorgängefür alleArbeitsschichtenfür alleBeschäftigungsabschnitteje „Berufsleben”Abbildung 1: Überblick über die biomechanische Auswertung zur Bestimmung von Kennwertender internen Belastung bezüglich der situativen und kumulativen Wirbelsäulenbelastung auf Basisexterner BelastungsfaktorenDosismodell1*2345678910Rumpfvorneigung9020457545Druckkraftmw3,2 kN2,5 kNalleWerte2,0 kNTagesdosismw5,5 kNh3,5 kNhalleWerteHandhabungenau§erHeben oder Tragenneinja(Halten, Um-/Absetzen, Absenken,Ziehen/Schieben, Fangen/Werfen,Schaufeln, Kraftaufwendung)Wichtung derDruckkraft F iquadratisch mit Wurzelbildung Ć F i2F iF i3F i4F i2Tabelle 1: Dosismodelle zur quantitativen Beschreibung der kumulativen Wirbelsäulenbelastungje Arbeitsschicht mit Angabe zu „Erhebungsschwellen” für Rumpfvorneigung, Bandscheiben-Druckkraft, Tagesdosis und Handhabungsart sowie zur Druckkraft-Wichtung relativ zurBelastungsdauerErläuterungen:* Druckkraftwerte aus „MDD-Schätzgleichungen” ,ansonsten: spezifische Berechnungen mit Simulationswerkzeug Der Dortmunderm: männlich, w: weiblich, Index i: Laufvariable für Belastungsvorgänge835


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieRisikoberufe und Risikobranchen für die Entwicklung einesLWS-Prolaps oder –Chondrose*F. Hofmann 1 , M. Michaelis 2 , U. Bolm-Audorff 3 , A. Bergmann 4 , D. Ditchen 5 , R. Ellegast 5 , G.Elsner 6 , O. Geiß 7 , J. Grifka 8 , J. Haerting 4 , F., M. Jäger 7 , O. Linhardt 8 , A. Luttmann 7 , M. Nübling 2 ,G. Petereit-Haack 6 , B. Schumann 4 , A. Seidler 6, 91 Fachbereich Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Universität Wuppertal; 2 FreiburgerForschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin; 3 Landesgewerbearzt Wiesbaden; 4 Institut für medizinischeEpidemiologie, Biometrie und Informatik, Universität Halle;5 Berufsgenossenschaftliches Institut fürArbeitsschutz, St. Augustin; 6 Institut für Arbeitsmedizin, Universität Frankfurt; 7 Institut für Arbeitsphysiologie,Universität Dortmund; 8 Orthopädische Universitätsklinik, Regensburg; 9 Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin, Berlin*Mit finanzieller Unterstützung des Hauptverbands der gewerblichenBerufsgenossenschaften e.V. ausgeführte ForschungsarbeitZielstellungIm Rahmen der Deutschen Wirbelsäulenstudie (DWS) wird der Frage nachgegangen,welche Branchen bzw. Berufsgruppen bei Patienten mit radiologisch nachgewiesenemBandscheibenvorfall oder nachgewiesener Chondrose überrepräsentiert sind.Die Analyse ergänzt die Hauptfragestellung der DWS zur Dosis-Wirkungsbeziehungzwischen definierten kumulativen Belastungen und diagnostiziertenbandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbelsäule (1). Zudem soll dieUntersuchung Erkenntnisse früherer Fall-Kontroll-Studien auf größerer Datenbasiserweitern. Im Rahmen einer Nativ-Röntgen-gestützten Untersuchung (2) fanden dieAutoren ein überzufällig erhöhtes Relatives Risiko bei Männern in Metall- undbestimmten anderen gewerblichen Berufen für degenerative LWS-Diskopathien. Ineinem MRT/CT-basierten Teilprojekt der Freiburger Wirbelsäulenstudie zuBandscheibenvorfällen und -protrusionen waren aktuell in Pflege-, Bau- undMetallberufen arbeitende Personen als Patienten mit lumbalem Bandscheibenvorfallsignifikant häufiger vertreten als in der arbeitenden Normalbevölkerung (3).Material und MethodenEs wurden die Daten von 1.816 Probanden mit validen Berufsangaben analysiert (915Fälle und 901 Kontrollen, Alter 51±12 bzw. 47±12 Jahre, 884 Männer und 932 Frauen).Die Berufsangaben wurden entsprechend den Vorgaben des Statistischen Bundesamtes(Klassifikation der Berufe 1992/ der Wirtschaftszweige 2003) kodiert und validiert sowienach verschiedenen Kategorien analysiert (Branchen der Betriebe, Berufsbereiche und -abschnitte sowie in ausgewählten Fällen nach einzelnen Berufen). UnterBerücksichtigung der gesamten Berufsanamnese wurden die berufsspezifischenExpositionsjahre einer Person aufaddiert und Relative Risiken für die „jemals erfolgteExposition“ analysiert (odds ratios (OR), 95% Konfidenzintervall (CI), Standardisierungnach Alter, Geschlecht und Studienzentrum). Eine Differenzierung der Sub-FallgruppenProlaps und Chondrose wird an dieser Stelle nicht vorgenommen, um die statistische836


SY5Deutsche WirbelsäulenstudiePower zu erhöhen. Diskutiert werden Berufskategorien mit mehr als fünf Nennungen.Statistisch signifikante Resultate (CI ohne Einschluss des Wertes 1.0) werden nur beiihrem Auftreten erwähnt.Ergebnissea) Branchen: In der Kategorie der Wirtschaftszweige der Betriebe weisen bei Männen –bis auf die Branche Gesundheits-/ Veterinär-/ Sozialwesen – alle Branchen, für die einehohe Belastung der Wirbelsäule angenommen wird, ein erhöhtes Relatives Risiko für dasAuftreten in der Fallgruppe auf (OR: Land- und Forstwirtschaft 1.6, Verkehr/Nachrichtenübermittlung sowie Baugewerbe jeweils 1.5 (CI 1.1-2.2 bzw. 1.1-2.1),Energie-/ Wasserversorgung 1.4, Bergbau/ Stein-/ Erdölgewinnung 1.3, verarbeitendesGewerbe 1.1, öffentliche Verwaltung 1.1).Der gleiche Befund gilt für Frauen (OR: Energie- und Wasserversorgung 1.7, Land- undForstwirtschaft 1.4, verarbeitendes Gewerbe 1.3, Gesundheits-/ Veterinär-/ Sozialwesen1.1). In beiden Geschlechtergruppen wurde zudem auch bei Beschäftigungen imGastgewerbe ein – bei Frauen auch signifikant – erhöhtes Risiko gefunden (Männer:OR=1.3; Frauen: OR=1.6, CI=1.1-2.4).b) Berufsbereiche: Berufsbereiche mit mindestens 1.5 facher Erhöhung des Auftretens inder Fallgruppe betreffen bei Männern papier- und lederverarbeitende Berufe,Maschinisten, Maler/Lackierer, Ausbau-, Ernährungs- und Verkehrsberufe sowieBergleute (Tabelle 1). Bei anderen, ebenfalls als exponiert geltenden Berufsbereichenkonnten hingegen keine erhöhten Risiken festgestellt werden (OR: Metallerzeugung/ -bearbeitung: 1.0, Montierer/ Metallberufe 0.9, Holz-/ Kunststoffverarbeitung 0.5). BeiFrauen sind in der Fallgruppe die Berufsbereiche Warenprüferinnen/Versandfertigmacherinnen, Ernährungs-, metall-, und lederverarbeitende Berufe,Hilfsarbeiterinnen, Maschinistinnen und Warenkauffrauen mindestens 1.5 fachüberrepräsentiert. Keine erhöhten Risiken wurden wiederum in Gesundheitsdienst- (OR0.9), aber auch in Chemie-/ Kunststoff- (OR 0.8) sowie land-/ tier-/ forstwirtschaftlichenBerufen (OR 0.8) gefunden.c) Berufsabschnitte und ausgewählte Berufe: Detailliertere Betrachtungen erlaubt dieKategorie „Berufsgruppe“ insbesondere bei Berufsbereichen mit heterogenerZusammensetzung (siehe Tabelle 2). So zeigt sich beispielsweise, dass – obwohl imGesundheitsdienst in der Kategorie Berufsbereiche kein erhöhtes Risiko festgestelltwerden kann – Pflegeberufe in der Detailbetrachtung eine OR von 1.3 für eine der hierbetrachteten Lendenwirbelsäulenerkrankungen aufweisen. Das Gleiche gilt fürLandwirte. Bei den Ernährungsberufen haben insbesondere männlicheFleischverarbeiter ein erhöhtes Risiko (OR 2.1), sowie männliches und weiblichesKüchenpersonal (Speisenbereiter, OR: Männer 1.8, Frauen 2.3, CI 1.3-4.0).837


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieTab. 1: Berufsbereiche bei Patienten mit LWS-Bandscheibenvorfall oder -Chondrose; OddsRatios (OR) für Beruf jemals ausgeübt (F=Fall-, K=Kontrollgruppe, CI= Konfidenzintervall)MännerFrauenBerufsbereich N OR 95%CI N OR 95%CILand-, Tier-, Forstwirtschaft; BergbauK F (adj.) von bis K F (adj.) von bisBerufe in der Land-, Tier-, Forstwirtschaft, im 30 35 1,2 0,7 1,9 23 21 0,8 0,4 1,5GartenbauBergleute, Mineralgewinner, -aufbereiter 4 8 1,7 0,5 5,7 1 0 - - -FertigungsberufeBerufe in der Steinbearbeitung und1 1 - - - 1 0 - - -BaustoffherstellungKeramik-, Glasberufe 2 1 - - - 3 2 0,5 0,1 2,9Chemie-, Kunststoffberufe 10 12 1,3 0,5 3,0 9 9 0,8 0,3 2,1Papierherstellung, -verarbeitung, Druck 5 15 2,9 1,0 8,3 6 10 1,4 0,5 3,9Holzbearbeitung, Holz- und2 2 - - - 0 1 - - -FlechtwarenherstellungMetallerzeugung und -bearbeitung 24 24 1,0 0,5 1,8 3 5 1,3 0,3 5,4Metall-, Maschinenbau und104 124 1,3 1,0 1,8 12 12 1,0 0,4 2,2Metall(hilfs)arbeiterElektroberufe 40 44 1,2 0,8 1,9 5 8 1,4 0,4 4,3Montierer und Metallberufe außer6 5 0,9 0,3 3,2 2 5 2,2 0,4 12,1Metall(hilfs)arbeiterTextil- und Bekleidungsberufe 3 4 1,1 0,2 5,0 23 32 1,2 0,7 2,1Lederherstellung, -verarbeitung,3 8 2,2 0,6 8,5 4 8 1,5 0,4 5,0FellverarbeitungErnährungsberufe 22 30 1,6 0,9 2,8 14 36 2,3 1,2 4,4Hoch-, Tiefbauberufe 37 43 1,1 0,7 1,8 1 2 - - -Ausbauberufe, Polsterer 19 28 1,7 0,9 3,0 1 1 - - -Holz- und Kunststoffverarbeitung 27 13 0,5 0,2 1,0 1 3 - - -Maler, Lackierer 10 17 1,7 0,8 3,9 0 2 - - -Warenprüfer, Versandfertigmacher 7 4 0,6 0,2 2,3 5 15 2,6 0,9 7,2Hilfsarbeiter 13 15 1,3 0,6 2,9 17 31 1,7 0,9 3,2Maschinisten 11 21 2,0 0,9 4,2 3 6 1,7 0,4 6,9Technische BerufeTechnische Berufe 100 80 0,7 0,5 1,0 35 37 1,0 0,6 1,7DienstleistungsberufeWarenkaufleute 58 50 0,9 0,6 1,4 96 144 1,5 1,1 2,0Bank- und andere Dienstleistungskaufleute 41 37 1,0 0,6 1,6 40 33 0,8 0,5 1,2Verkehrsberufe 74 102 1,5 1,1 2,2 30 32 1,0 0,6 1,6Verwaltungsberufe 116 89 0,7 0,5 1,0 18 196 0,9 0,7 1,19Ordnungs- und Sicherheitsberufe 63 54 0,8 0,6 1,3 17 14 0,7 0,3 1,5Künsterische Berufe 21 16 0,8 0,4 1,6 26 12 0,4 0,2 0,8Gesundheitsdienstberufe 24 14 0,7 0,4 1,4 80 79 0,9 0,6 1,3Sozialberufe 49 35 0,7 0,4 1,1 94 88 0,8 0,6 1,2Sonstige Dienstleistungsberufe * 23 22 1,0 0,5 1,8 82 116 1,3 0,9 1,8Sonstige Arbeitskräfte ohne nähereBezeichnung8 5 0,6 0,2 1,8 8 9 1,0 0,4 2,5838


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieTab. 2: Berufsabschnitte und Berufe bei Patienten mit LWS-Bandscheibenvorfall oder -Chondrose; Odds Ratios (OR) für Beruf jemals ausgeübt (F=Fall-, K=Kontrollgruppe, CI=Konfidenzintervall)N OR 95%CIBerufsabschnitt (Männer) Code Beruf K F (adj.) von bisLand-, Tier-, Forstwirtschaft 1 Landwirte 14 22 1,5 0,7 3,0Bergleute, Mineralgewinner, - 7 Bergleute 4 8 1,7 0,5 5,7aufbereiterChemie-, Kunststoffberufe 14 Chemiearbeiter 7 11 1,8 0,7 4,6Papierherstellung, -17 Drucker 4 13 3,1 1,0 9,8verarbeitung, DruckMetall-, Maschinenbauer, - 26 Feinblechner, Installateure 27 34 1,5 0,9 2,5(hilfs)arbeiter27 Schlosser 26 36 1,4 0,8 2,530 Metallfeinbauer und8 10 1,6 0,6 4,1zugeordnete BerufeErnährungsberufe 40 Fleisch-, Fischverarbeiter 7 12 2,1 0,8 5,541 Speisenbereiter 9 13 1,8 0,7 4,2Hoch-, Tiefbauberufe 44 Maurer, Betonbauer 23 29 1,2 0,7 2,1Verkehrsberufe 714 Kraftfahrzeugführer 38 59 1,7 1,1 2,6Lagerverwalter, Lager-, 744 Lager-, Transport-,14 19 1,4 0,7 2,8TransportarbeiterHafenarbeiterBerufsabschnitt (Frauen)Land-, Tier-, Forstwirtschaft 1 Landwirtinnen 6 16 1,6 0,9 2,8Textil- und Bekleidungsberufe 35 Textilverarbeiterinnen 20 29 1,3 0,8 2,4Ernährungsberufe 41 Speisenbereiterinnen 9 27 2,3 1,3 4,0Warenkaufleute 66 Verkaufspersonal 60 10 1,5 1,1 2,14Gesundheitsdienstberufe 853, Kranken- und Altenpflegerinnen, 38 53 1,3 0,8 2,1854,864PflegehelferinnenSonstige Dienstleistungsberufe 90 Körperpflegerinnen 10 13 1,2 0,5 2,891 Gästebetreuerinnen 34 46 1,3 0,8 2,193 Reinigungspersonal 28 47 1,3 0,9 2,0Diskussion und SchlussfolgerungDie vorliegenden Ergebnisse belegen bei den meisten der als wirbelsäulenbelastendgeltenden Branchen und Berufsbereiche ein erhöhtes Risiko für eine Erkrankung derlumbalen Wirbelsäulenabschnitte. Die statistische Signifikanzschwelle wird allerdings nurin wenigen Kategorien erreicht. Unplausible Ergebnisse bei heterogen klassifiziertenBerufsbereichen mit Exposition, jedoch ohne auffälliges Relatives Risiko bei gleichzeitigausreichender Fallzahl (z.B. Gesundheitsdienst-, Metall- oder land-/forstwirtschaftlicheBerufe) werden in der Regel durch die Analyse genauerer Kategorien (Berufsabschnitte,Berufe) relativiert. Daraus folgt, dass die Kategorie „Berufsbereich“ als Indikator fürberufliche Belastungen nur bedingt tauglich ist und diese auf der Basis einzelnerBerufsgruppen prognostiziert werden sollten.Belegt durch statistische Signifikanz auf allen Klassifikationsebenen zeigt sich in dieserStudie ein erhöhtes Risiko für einen Prolaps oder eine Chondrose in derLendenwirbelsäule bei Berufskraftfahrern, Verkäuferinnen und beim Küchenpersonal.Dies deutet nicht zuletzt in diesen Gruppen auf einen besonderen Präventionsbedarf hin.Weiterer Analysen bedarf die Differenzierung zwischen den Einzeldiagnosen Prolapsund Chondrose bei bestimmten Berufsgruppen sowie die Betrachtung zeitlicher839


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieDimensionen im Sinne einer mindestens zehn Jahre dauernden beruflichen Exposition(als eines der Mindestkriterien für die Annahme eines Verdachts auf dieBerufsbedingtheit von Lendenwirbelsäulenerkrankungen im Rahmen der BK 2108).Literatur1. Bolm-Audorff, U., Ellegast, R., Grifka, J., Haerting, J., Hering-von Diepenbroick, V.,Hofmann, F., Jäger, M., Seidler, A. und die DWS-Studiengruppe: Design derDeutschen Wirbelsäulenstudie (DWS). In: Hofmann, F., Reschauer, G., Stößel, U.(Hrsg.): Arbeitsmedizin im Gesundheitsdienst (Bd. 17). Edition FFAS, Freiburg 2004,194-205. <strong>Download</strong>: www.ffas.de, Publikationen/Forschungsprojekte2. Elsner, G., Nienhaus, A., Seidler, A.: Berufsbedingte degenerative Diskopathien imLendenwirbelsäulenbereich. Sozial- und Präventivmedizin 42 (1997), 144-1543. Hofmann F., Siegel, A., Michaelis, M., Stößel, U., Dietz, S.: Zur Prävalenz deslumbalen Bandscheibenvorfalls: Die Freiburger Radiologiestudie. In: Hofmann, F.,Reschauer, G., Stößel, U. (Hrsg.): Arbeitsmedizin im Gesundheitsdienst (Bd. 8).Edition FFAS, Freiburg 1995, 227-233840


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieZusammenhang zwischen manueller Lastenhandhabung sowieLWS-Prolaps und –Chondrose*U. Bolm-Audorff 1 , A. K. Bergmann 2 , D. Ditchen 3 , R. Ellegast 3 , G. Elsner 4 , O. Geiß 5 , J. Grifka 6 , J.Haerting 2 , F. Hofmann 7 , M. Jäger 5 , O. Linhardt 6 , A. Luttmann 5 , M. Michaelis 7 , M. Nübling 7 , G.Petereit-Haack 1 , B. Schumann 2 , A. Seidler 4, 81 Landesgewerbearzt, Wiesbaden; 2 Institut für medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik derUniversität Halle/Wittenberg; 3 Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz, St. Augustin; 4 Institut fürArbeitsmedizin der Universität Frankfurt/Main; 5 Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund;6 Orthopädische Universitätsklinik Regensburg; 7 Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin;8 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin*mit finanzieller Unterstützung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften e.V.ausgeführte Forschungsarbeit.EinleitungDie vorliegende Studie soll die Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen manuellerLastenhandhabung, Rumpfbeugung oder -verdrehung sowie bandscheibenbedingtenErkrankungen der Lendenwirbelsäule (LWS) untersuchen. Ziel ist die Validierung desMainz-Dortmunder Dosismodells (MDD) (Jäger et al. 1999 und Hartung et al. 1999) unddie Überprüfung alternativer Dosismodelle (DM).MethodeBei der Studie handelt es sich um eine multizentrische Fall-Kontroll-Studie in denklinischen Erhebungszentren Frankfurt/Main, Freiburg, Halle und Regensburg bei 915Fällen mit bandscheibenbedingter Erkrankung der LWS [Fallgruppe (FG) 1: 268 Männermit LWS-Prolaps, FG 2: 278 Frauen mit LWS-Prolaps, FG 3: 145 Männer mit LWS-Chondrose und Fallgruppe 4: 206 Frauen mit LWS-Chondrose] sowie einerKontrollgruppe von 901 Probanden (453 Männer und 448 Frauen). Details derFallgruppendefinition sowie der Rekrutierung der Fälle und Kontrollen sind Grifka et al.<strong>2007</strong> zu entnehmen. Die Responserate bei den Fällen lag bei 66,4% und bei denKontrollen bei 53,4%. Bei Fällen und Kontrollen wurde ein ca. 1,5-stündiges Erstinterviewdurch geschulte Interviewerinnen und bei einem Teil der Probanden mit einerbestimmten Expositionshöhe ein ca. 2-stündiges Interview durch den technischenAufsichtsdienst der Unfallversicherungsträger zur Höhe der beruflichen LWS-Belastungdurch Lastenhandhabung und Rumpfbeugung durchgeführt (Zweitinterview, TAD-Interview). Anschließend erfolgte auf der Grundlage des TAD-Interviews einebiomechanische Analyse zur Berechnung der kumulativen Dosis nach dem MDD sowieneun alternativen Dosismodellen. Zu Details siehe Ellegast et al. (<strong>2007</strong>) und Jäger et al.(<strong>2007</strong>). Zur Beschreibung des Zusammenhangs zwischen kumulativer Dosis und Prolapsoder Chondrose wurden Odds Ratios mit Hilfe der unkondizionalen logistischenRegressionsanalyse berechnet und für Confounder wie Alter, Studienzentrum undpsychosoziale Belastungen adjustiert. Ferner wurden folgende Confounder geprüft undnicht in das finale Modell einbezogen, weil sie entweder nicht mit der Gesamtdosis nach841


SY5Deutsche Wirbelsäulenstudiedem MDD oder dem DM 4 relevant korrelierten oder die Odds Ratio nicht zu mindestens10% änderten: Body-Mass-Index, Körpergröße, Rauchen (Packungsjahre), sportlicheBelastungen, andere Wirbelsäulenerkrankungen (z.B. Skoliose, Morbus Bechterew,Morbus Scheuermann, Spondylolisthesis, Übergangswirbel etc.) undGanzkörperschwingungen. Die Güte der Modellanpassung wurde mit dem AkaikeInformation Criterion (Agresti 2002)) und dem Bootstrap-Experiment (Efron undTibshirani 1998) geprüft. Aus den annähernd gleichwertigen Dosismodellen wurden diebesten DM nach den Plausibilitätskriterien Geschlecht (Vermeidung unterschiedlicherDM bei Männern und Frauen), Monotonie (treppenförmiger Anstieg der Dosis-Wirkungs-Beziehung), Einfachheit (einfache Berechnungsgrundlage des DM) und Spezifität(möglichst geringer Prozentsatz von Kontrollen in der höchsten Dosisklasse) ausgewählt.Ergebnisse:Nach den Ergebnissen des Akaike Information Criterion und des Bootstrap-Experimentszeigten folgende Dosismodelle eine annähernd gleich gute Modellanpassung: FG 1: DM7 und 10, FG 2: DM 6 und 9, FG 3: DM 4 und FG 4: DM 4 und 6. Das MDD (DM 1)gehört nicht zu den am besten anpassenden DM, sondern bei den Fallgruppen 1, 2 und4 zu den am schlechtesten anpassenden DM. Bei der Fallgruppe 3 liegt es im Mittelfeldder geprüften Dosismodelle. Tabelle 1 zeigt die Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischenkumulativer Dosis und der Odds Ratio für lumbalen Prolaps bei Männern und Frauen.Dabei werden aus Platzgründen nur die Ergebnisse für das MDD und die Dosismodelle 6und 7, die nach den o.g. Plausibilitätskriterien die meisten Vorteile aufwiesen, dargestellt.Tabelle 2 ist die Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen kumulativer Dosis und der OddsRatio für lumbale Chondrose bei Männer und Frauen zu entnehmen. Aus Platzgründenwerden nur die Ergebnisse für das MDD (DM 1) und die nach den o.g.Plausibilitätskriterien für diese Fallgruppen besten Dosismodelle 4 und 6 präsentiert.DiskussionDie Studie zeigt, dass eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen kumulativerWirbelsäulenbelastung durch Lastenhandhabung und Rumpfbeugung sowie lumbalemProlaps und Chrondrose bei Männern und Frauen besteht. Hierzu lagen bislang nurwenige Daten vor (Bolm-Audorff 2003).Das MDD gehört zu den am schlechtesten anpassenden Dosismodellen. Dabei ist zuberücksichtigen, dass das MDD für die Prüfung der arbeitstechnischen Voraussetzungenim Rahmen von Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren bei der Berufskrankheit 2108entwickelt wurde und entsprechend des Ärztlichen Merkblattes der Bundesregierung zurBerufskrankheit 2108 bestimmte Schwellenwerte für die Höhe der Druckkraft, dieRumpfvorneigung sowie die Tagesdosis enthält. Ferner ist bemerkenswert, dass sich inkeiner der vier Fallgruppen in der höchsten Dosisklasse, entsprechend mehr als 80%842


SY5Deutsche Wirbelsäulenstudiedes Richtwertes für die MDD-Gesamtdosis, eine signifikant erhöhte Odds Ratio fand, inFallgruppe 2 und 4 war sie sogar nicht signifikant auf 0,8 erniedrigt.Die DM mit der besten Modellgüte zeichnen sich im Vergleich zum MDD durch folgendeKennzeichen aus:1. Abgesenkte Schwelle für die Druckkraft bei Lastenhandhabung (DM 6 und 7: 2,0kN, keine Schwelle bei DM 4 mit Erfassung aller Lastenhandhabungen ab ca. 5kg, MDD: 2,5 kN bei Frauen und 3,2 kN bei Männern) und die Rumpfbeugung(DM 4: 20°, DM 7: 45°, DM 6: 75° und MDD: 90°).2. Kein Schwellenwert für die Tagesdosis bei den DM 4, 6 und 7 im Vergleich zumMDD (3,5 kNh bei Frauen und 5,5 kNh bei Männern).3. Berechnung der lumbalen Belastung mit einem biomechanischen Modell undnicht mit Bestimmungsgleichungen wie beim MDD.4. Berücksichtigung von Belastungen durch Ziehen, Schieben, Fangen, Werfen oderSchaufeln von Lasten.Dies bedeutet, dass die Dosismodelle 4, 6 und 7 mit der besten Modellanpassungbezüglich der Schwellenwerte für die Druckkraft und die Rumpfvorneigung nicht derjetzigen Legaldefinition der Berufskrankheit 2108 und dem Ärztlichen Merkblatt bezüglichder Begriffe "schwere Last" und "extreme Rumpfbeugehaltung" entsprechen.Die niedrige Teilnahmequote dieser Studie ist kritisch zu sehen. Allerdings zeigt die Non-Responderanalyse, dass nach allen Informationen, die über die nicht teilnehmenden Probandenverfügbar sind, ein differenzieller Response, d.h. eine unterschiedlicheTeilnahmequote bei Fällen und Kontrollen in Abhängigkeit von expositionsrelevantenVariablen wie sozialem Status nicht wahrscheinlich ist.843


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieLiteratur• Agresti, A.: Categorical Data Analysis. 2nd edition, New York, Wiley & Sons, 2002.• Bolm-Audorff, U.: Dosiskonzepte für manuelle Lastenhabung – EpidemiologischeGrundlagen. Zbl. Arbeitsmedizin 53 (2003) 11-14.• Efron, B., Tibshirani, R. J.: An introduction to the bootsstrap. Boca Raton, Chapmann& Hall, 1998.• Ellegast, R. et al.: Arbeitstechnische Ermittlungen der technischen Aufsichtsdienste,In: Letzel, S. et al. (Hg:): Dokumentation der 47. Jahrestagung der deutschenGesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin, Stuttgart, Gentner-Verlag, CD-ROM, <strong>2007</strong>, in diesem <strong>Tagungsband</strong>.• Grifka, J. et al.: Studiendesign, In: Letzel, S. et al. (Hg.): Dokumentation der 47.Jahrestagung der deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin,Stuttgart, Gentner-Verlag, CD-Rom, <strong>2007</strong>, in diesem <strong>Tagungsband</strong>.• Hartung, E., Schäfer, K., Jäger, M., Luttmann, A., Bolm-Audorff, U., Kuhn, S., Paul,R., Francks, H-P.: Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) zur Beurteilung derBelastung der Lendenwirbelsäule durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oderdurch Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung bei Verdacht auf eineBerufskrankheit Nr. 2108, Teil 2: Vorschlag zur Beurteilung der arbeitstechnischenVoraussetzungen im Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren. Arbeitsmedizin,Sozialmedizin, Umweltmedizin 34 (1999) 112 - 122.• Jäger, M., Luttmann, A., Bolm-Audorff, U., Schäfer, K., Hartung, E., Kuhn, S., Paul,R., Francks, H-P.: Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) zur Beurteilung derBelastung der Lendenwirbelsäule durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oderTätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung bei Verdacht auf eine BerufskrankheitNr. 2108, Teil 1: Retrospektive Belastungsermittlung für risikohafte Tätigkeitsfelder.Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin 34(1999) 101 - 111.• Jäger, M. et al.: Biomechanische Erhebungen zur Wirbelsäulenbelastung, In: Letzel,S. et al. (Hg.): Dokumentation der 47. Jahrestagung der deutschen Gesellschaft fürArbeitsmedizin und Umweltmedizin, Stuttgart, Gentner-Verlag, CD-Rom, <strong>2007</strong>, indiesem <strong>Tagungsband</strong>.844


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieTabelle 1: Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen kumulative Dosis und Odds Ratio für lumbalen Prolaps bei Männern und FrauenFG DM Gesamtdosis F % K %1 71 12 62 1Adjustierte OR 1(95 %-KI)


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieTabelle 2: Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen kumulativer Dosis und Odds Ratio für lumbale Chondrose bei Männer und FrauenFG DM Gesamtdosis F % K %3 43 14 64 1Adjustierte OR 1(95 %-KI)= 82,90 *10 6 Nh 19 13,1 23 5,1 3,6 (1,6-7,8)0 Nh 93 64,8 361 79,7 1,0(>0 – 0 - 0 –


SY56Deutsche WirbelsäulenstudieZusammenhang zwischen beruflicher Exposition durch Ganzkörpervibrationenund bandscheibenbedingten Erkrankungender Lendenwirbelsäule*J. Haerting 1 , A. Bergmann 2 , B. Schumann 1 , S. Fischer 3 , U. Bolm-Audorff 4 , D. Ditchen 3 , R.Ellegast 3 , G. Elsner 5 , O. Geiß 6 , J. Grifka 7 , F. Hofmann 8 , M. Jäger 6 , O. Linhardt 7 , A. Luttmann 6 , M.Michaelis 8 , M. Nübling 8 , G. Petereit-Haack 5 , A. Seidler 5,91 Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik und; 2 Sektion Arbeitsmedizin, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; 3 Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA) St.Augustin; 4 Landesgewerbearzt, Wiesbaden; 5 Institut für Arbeitsmedizin der Universität Frankfurt/Main;6 Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund; 7 Orthopädische Universitätsklinik Regensburg;8 Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin; 9 Bundesanstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin, Berlin*Mit finanzieller Unterstützung des Hauptverbands der GewerblichenBerufsgenossenschaften e.V. ausgeführte ForschungsarbeitHintergrundBisherige Untersuchungen bestätigten, dass neben der manuellen Lastenhandhabungauch die langjährige berufliche Einwirkung von Schwingungsbelastungen ein Risikofaktorfür Erkrankungen der Lendenwirbelsäule ist. In Deutschland wurde Anfang der 90erJahre in einer großen Kohortenstudie der Zusammenhang zwischen einerSchwingungsbelastung und bandscheibenbedingten Erkrankungen derLendenwirbelsäule untersucht (Schwarze et al. 1999). Zur Diagnosesicherung wurden infrüheren Studien Röntgenbilder der Lendenwirbelsäule herangezogen, weshalb bislangeine Aussage speziell für Prolapserkrankungen nicht möglich war. Die DeutscheWirbelsäulenstudie bietet nun aufgrund der ausführlich erhobenen Röntgenbefunde, dieauch CT- und MRT-Untersuchungen einschließen, die Möglichkeit, den Zusammenhangzwischen Ganzkörpervibration und den beiden Krankheitsbildern Prolaps und Chondrosegetrennt zu betrachten. So kann die Frage beantwortet werden, ob in unsererStudienpopulation eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen einer beruflichen Einwirkungvon Ganzkörpervibration (GKV) und einer Prolapserkrankung bzw. einerfortgeschrittenen Chondrose der Lendenwirbelsäule besteht. Dabei war die Betrachtungder Schwingungsbelastung nicht primäres Auswertungsziel der DeutschenWirbelsäulenstudie.MethodenDie Sicherung der Diagnose Prolaps bzw. fortgeschrittene Chondrose erfolgte anhandder vorliegenden radiologischen Untersuchungen. Die Bilder wurden standardisiert durcheinen Radiologen befundet. Die Diagnosekriterien für einen Bandscheibenvorfall bzw.eine fortgeschrittene Chondrose entsprachen den HVBG-Konsensus-Kriterien (Bolm-Audorff, 2005). Die Exposition wurde zunächst in einem standardisiertencomputergestützten Interview erfragt. Wenn hier eine definierte Auslöseschwelleüberschritten wurde, erhielt der Proband ein Experteninterview durch einen TAD-847


SY5 Deutsche Wirbelsäulenstudie6Beamten der zuständigen Berufsgenossenschaft. Das TAD-Interview enthielt ein Modulzur Vibrationsbelastung. Hier wurden unter Verwendung von Piktogrammen Angaben zurArt und zum Typ des Fahrzeuges sowie zum Sitz, speziell auch zur Sitzfederung erfragt.Des Weiteren wurden Arbeitsbedingungen während der Vibrationseinwirkung erfasst,z.B. Oberkörperdrehung, Fahrweise und Fahrbahnbeschaffenheit. Das Modul enthieltweiterhin Fragen zur Dauer der Vibrationsbelastung für die einzelnen Tätigkeiten (Dauerpro Tag, Tage/Woche, Wochen/Jahr).Aus diesen Angaben wurden durch das BGIA die Werte für die frequenzbewerteteSchwingungsbeschleunigung a we in horizontaler und vertikaler Richtung festgelegt.Grundlage hierfür war die Datenbank VIBEX des BGIA, in der für viele FahrzeugeAngaben aus früheren Vibrationsmessungen vorlagen. Für Fahrzeuge, die nicht in derDatenbank enthalten waren, wurde die Vibrationsbelastung anhand ähnlicherFahrzeugtypen geschätzt. Die Berechnung der Tagesdosis a w(8) für dieSchwingungsbelastung erfolgte durch Gewichtung mit der Expositionsdauer derEinzeltätigkeit T nach der Formel:Aus der mit den Expositionsdauern gewichteten Summe der Werte für die Tagesdosiserrechnete sich eine kumulative Lebensdosis. Für jede der 4 Fallgruppen erfolgtenjeweils 4 Auswertungen. Zunächst gingen nur Werte ein, die den Schwellenwert von 0,63m/s 2 (Schwellenwert im BK-Verfahren, vgl. VDI-Richtlinie 2057) für die Tagesdosisüberschritten hatten. Hier waren unter den männlichen Studienteilnehmern insgesamt 38Prolapsprobanden, 27 Probanden mit Chondrose und 48 Kontrollprobandenschwingungsexponiert. In einer zweiten Auswertung wurde der Schwellenwert auf 0,43m/s 2 abgesenkt. Die Zahl der männlichen Exponierten erhöhte sich hierdurch auf 60Prolapspatienten, 36 Chondrosepatienten und 69 Kontrollen. Für beide Schwellenwertewar die Anzahl der exponierten Frauen (n=4 bzw. 12) so gering, dass hier eine weitereAuswertung nicht sinnvoll erschien. Für beide Schwellenwerte wurden je einmalausschließlich Schwingungen in vertikaler Richtung (z-Richtung) berücksichtigt und ineinem zweiten Ansatz auch Schwingungen in den horizontalen Richtungen, wobei derjeweils größte Effektivwert in die Berechnung einging.Zur Berechnung der Odds Ratios wurden die exponierten Kontrollprobanden hinsichtlichder Gesamtdosis (*) in drei gleich große Gruppen (Tertile) aufgeteilt. Odds Ratioswurden für die jeweiligen Fallprobanden derselben Expositionskategorie berechnet.Hierbei wurden zu-nächst „rohe“ , nur für Alter und Region adjustierte OR (**) berechnet.Im Folgenden wurden zusätzlich für Lastenmanipulation (basierend auf dem jeweils ambesten anpassenden Dosismodel der jeweiligen Fallgruppe in der Auswertung derprimären Studienhypothesen) und den dazugehörenden Confoundern adjustierte Odds848


SY5 Deutsche Wirbelsäulenstudie6Ratios (***) berechnet. Die Ergeb-nisse werden für Prolaps und Chondrose mit jeweilszwei Schwellenwerten der Tagesdosis a w(8) dargestellt.ErgebnisseGanzkörperschwingung und LWS-Prolaps bei Männern: Es zeigte sich keinZusammenhang zwischen der kumulativen Belastung durch Ganzkörpervibrationen undeinem Prolaps der LWS bei Männern. Weder die für Alter und Region noch die zusätzlichfür psychosoziale Be-lastungen am Arbeitsplatz und Lastenmanipulation adjustiertenOdds Ratios stiegen mit höherer Exposition durch GKV signifikant an. EinZusammenhang konnte weder bei einem Schwellenwert von a w(8) =0,63 m/s 2 (Tab. 1)noch bei einem auf 0,43 m/s 2 abgesenkten Schwellenwert (Tab. 2) festgestellt werden.Tab. 1: Assoziation zwischen Ganzkörperschwingung ab einer Tagesdosis von 0,63 m/s 2 undlumbalem Prolaps bei MännernGesamtdosis *0> 0 – < 440440 – < 1.460>= 1.460F248161210%86,75,64,23,5K405161616%89,43,53,53,5Rohe** OR(95%-CI)1,01,5 (0,7-3,0)1,2 (0,5-2,5)1,0 (0,4-2,3)Adj.*** OR(95%-CI)1,01,2 (0,6-2,5)0,9 (0,4-1,9)0,8 (0,4-1,9)Tab. 2: Assoziation zwischen Ganzkörperschwingung ab einer Tagesdosis von 0,43 m/s 2 undlumbalem Prolaps bei MännernGesamtdosis *F%K%Rohe** OR(95%-CI)Adj.*** OR(95%-CI)022679,038484,81,0 -1,0 -> 0 – < 430269,1235,11,8 (1,0-3,3)1,5 (0,8-2,7)430 – < 1.490155,2235,11,0 (0,5-2,0)0,8 (0,4-1,6)>= 1.490196,6235,11,4 (0,7-2,6)1,0 (0,5-2,0)Ganzkörperschwingung und Chondrose bei MännernHingegen zeigte sich ein monoton ansteigender Zusammenhang zwischen Ganzkörperschwingungenund einer Chondrose bei Männern, und zwar bei einem Schwellenwertsowohl von a w(8) =0,63 m/s 2 (Tab. 3) als auch von 0,43 m/s 2 (Tab. 4). Bei Adjustierungfür das Dosismodell 4 sinkt das Odds Ratio in allen Expositionskategorien zum Teildeutlich, bedingt durch die Assoziation dieser Faktoren sowohl mitGanzkörperschwingung als auch mit dem Auftreten einer Chondrose. Beim abgesenktenTagesschwellenwert von 0,43 m/s 2 nimmt das adjustierte Odds Ratio für die höchstenGesamtdosiskategorie einen grenzwertig signifikanten Wert von 2,0 an.849


SY5 Deutsche Wirbelsäulenstudie6 Tab. 3: Assoziation zwischen Ganzkörperschwingung ab einer Tagesdosis von 0,63 m/s 2 undeiner Chondrose bei Männern,Gesamtdosis *F%K%Rohe** OR(95%-CI)Adj.*** OR(95%-CI)011881,440589,41,01,0> 0 – < 44064,1163,51,3 (0,5-3,5)1,2 (0,4-3,3)440 – < 1.46085,5163,51,6 (0,6-3,9)1,3 (0,5-3,2)>= 1.460139,0163,52,2 (1,0-5,0)1,8 (0,8-4,2)Tab. 4: Assoziation zwischen Ganzkörperschwingung ab einer Tagesdosis von 0,43 m/s 2 undeiner Chondrose bei MännernGesamtdosis *F%K%Rohe** OR(95%-CI)Adj.*** OR(95%-CI)010975,238484,81,0 -1,0 -> 0 – < 43074,8235,11,1 (0,5-2,8)1,1 (0,4-2,7)430 – < 1.49085,5235,11,3 (0,5-3,0)1,0 (0,4-2,3)>= 1.4902114,5235,12,5 (1,3-4,8)2,0 (1,0-4,0)DiskussionEs zeigte sich für den Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule kein Zusammenhangmit einer beruflichen Exposition gegenüber Ganzkörpervibration. Für Probanden mitfortgeschrittener Chondrose hingegen deutet sich eine Dosis-Wirkungsbeziehung an miteiner Verdopplung des Ausgangsrisikos in der höchsten Expositionskategorie. Dies stehtin Übereinstimmung mit der Vermutung, dass Prolaps und Chondrose auch im Hinblickauf die GKV als unterschiedliche Krankheitsbilder betrachtet werden müssen. DesWeiteren deuten die Ergebnisse darauf hin, dass auch bereits unterhalb desSchwellenwertes für die Tagesdosis von 0,63 m/s 2 relevante Effekte zu beobachten sind.Literatur• Schwarze, S. et al: Epidemiologische Studie „Ganzkörpervibration“,Abschlussbericht, Schriftenreihe des Hauptverbandes der gewerblichenBerufsgenossenschaften. Sankt Augustin, 1999• VDI-Richtlinie 2057: Einwirkungen mechanischer Schwingungen auf den Menschen.Blatt 1/Part 1: Ganzkörperschwingungen, Beuth Berlin, 2002• Bolm-Audorff, U. et al: Medizinische Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingtenBerufskrankheiten der Lendenwirbelsäule (I). Konsensempfehlungen zurZusammenhangsbegutachtung der auf Anregung des HVBG eingerichteteninterdisziplinären Arbeitsgruppe. Trauma und Berufskrankheit, Vol. 7, 3, 2005, 211-252850


SY56Deutsche WirbelsäulenstudieZusammenhang zwischen psychosozialen Belastungen sowieLWS-Prolaps und –Chondrose*G. Petereit-Haack 1 , A. Seidler 2,8 , A. Bergmann 3 , D. Ditchen 4 , R. Ellegast 4 , G. Elsner 2 , O. Geiß 5 , J.Grifka 6 , J. Haerting 3 , F. Hofmann 7 , M. Jäger 5 , O. Linhardt 6 , A. Luttmann 5, M. Michaelis 7 , M.Nübling 7 , B. Schumann 3 , U. Bolm-Audorff 11 Landesgewerbearzt Wiesbaden; 2 Institut für Arbeitsmedizin der Universität Frankfurt am Main; 3 Institut fürEpidemiologie, Biometrie und Informatik der Universität Halle/Wittenberg; 4 BerufsgenossenschaftlichesInstitut Arbeitsschutz Sankt Augustin;5 Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund;6 Orthopädische Universitätsklinik Regensburg; 7 Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin;8 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin Berlin*Mit finanzieller Unterstützung des Hauptverbandes der gewerblichenBerufsgenossenschaften e.V. (HVBG); ausgeführte Forschungsarbeit.Ziel der StudieNeben dem hauptsächlichen Forschungsziel der Deutschen Wirbelsäulenstudie, dieDosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Lastenhandhabung und Rumpfbeugung bzw. -verdrehung sowie LWS-Prolaps und LWS-Chondrose zu untersuchen (Bolm-Audorff etal. <strong>2007</strong>), ist das Design der Studie so konzipiert, dass auch weitere relevante Themenbearbeitet werden konnten (Haerting et al. <strong>2007</strong>, Hofmann et al. <strong>2007</strong>). Dem Bereich„psychosoziale Belastung am Arbeitsplatz“ und damit verbundenem Krankheitsbild stehtdurch den umfangreichen Wandel, den unsere heutige Arbeitswelt erfährt, einevermehrte öffentliche Aufmerksamkeit gegenüber. Nicht zuletzt der präventive Gedankeangesichts des durch Rückenerkrankungen verursachten hohen Krankenstandes bzw.der Frühinvalidisierung und die in der Arbeitswelt geforderte Gefährdungsanalyse forderndie Forschung in diesem Gebiet. Neben kardiovasculären Erkrankungen stehenErkrankungen des Muskel-Skelett-Apparates im Mittelpunkt der wissenschaftlichenDiskussion (Elfering et al.; 2002; Hasenbring & Pfingsten, 2004; Lundberg & Johnson,2000; Pfingsten et al, 2004; Mühlpfordt & Richter, 2003; Siegrist 1996, 2004).Verschiedene psychosoziale Modelle (Job demand-control-model, JDC, Karasek &Theorell, 1990; Gratifikationskrisen-Modell, Effort-Reward-Model, Siegrist, 1996, 2004;Melin & Lundberg, 1997, Lundberg & Johansson, 2000) und davon abgeleitete Modelleversuchen den Zusammenhang zwischen einer arbeitsplatzbedingten psychosozialenBelastung und einer Muskel-Skelett-Erkrankung darzustellen.MethodeIn dieser multizentrischen populationsbezogenen Fall-Kontroll-Studie wurde in den vierklinischen Studienzentren ein standardisierter Laptop-gestützter personenbezogenerFragebogen angewendet (Grifka et al <strong>2007</strong>). Als Screening-Erhebungsinstrument derberuflichen psychosozialen Belastung wurde der FIT-Fragebogen eingesetzt. Das vonRichter et al. (2000) erarbeitete FIT-Modell ist dem JDC-Modell von Karasek & Theorell(1990) angelehnt und erfasst in 13 Fragen das berufliche psychosoziale Risiko (R) an851


SY5 Deutsche Wirbelsäulenstudie6Hand der Belastungsfaktoren „Arbeitsintensität“ (AI) sowie „Tätigkeitsspielraum“ (TSR).Von 900 Fallprobanden der 915 DWS-Fall-Probanden sowie von 855 Kontrollprobandender 901 DWS-Kontroll-Probanden konnten vollständige Antworten zur psychosozialenberuflichen Belastung vor 10 Jahren bzw. zur psychosozialen Belastung der längstenBerufsphase erfasst werden. Die Fallgruppe 1 (FG1, männliche Probanden mit LWS-Prolaps) umfasste 283 Probanden, Fallgruppe 2 (FG2, weibliche Probanden mit LWS-Prolaps) umfasste 273 Probanden, Fallgruppe 3 (FG3, männliche Probanden mitfortgeschrittener LWS-Chondrose) umfasste 142 Probanden und Fallgruppe 4 (FG4,weibliche Probanden mit fortgeschrittener LWS-Chondrose) 202 Probanden. AlsFaktoren der psychosozialen Belastung wurden die „Arbeitsintensität“ (AI, Faktor 1) mitsechs Fragen und der „Tätigkeitsspielraum“ (TSR, Faktor 2) mit sieben Fragen erhoben.Der Quotient aus Arbeitsintensität und Tätigkeitsspielraum (AI/TSR) beschrieb dabei daspsychosoziale Risiko am Arbeitsplatz. Entsprechend der Variablenbildung der DeutschenWirbelsäulen-Studie wurde die Variable „psychosoziales Risiko“ (R=AI/TSR)kategorisiert. Es erfolgte eine Einteilung entsprechend der Kontrollprobanden in Terzilesowie die Bildung einer Hochrisikogruppe, da das höchste Terzil mehr als 10Kontrollprobanden enthielt. Als Risikoschätzer wurden Odds Ratios (OR) mit Hilfe unkonditionalerlogistischer Regressionsanalysen gebildet. Adjustiert wurde nach Studienzentrum,Alter sowie dem bestanpassenden Dosismodell zur Beschreibung der Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen beruflicher Belastung und Erkrankung (Jäger et al. <strong>2007</strong>).Bei den Probanden der Fallgruppe 1 war dies Dosismodell 7, bei den Probanden derFallgruppe 2 und der Fallgruppe 4 Dosismodell 6 und bei den Probanden der Fallgruppe3 Dosismodell 4 mit getrennter Betrachtung von Lastenhandhabung und Körperhaltung.Weitere Confounder konnten nach dem change-in-estimate Verfahren ausgeschlossenwerden (Körpergröße, Körpergewicht, Zigarettenkonsum, Anzahl der Kinder, sportlicheAktivitäten). Eine Abweichung von mehr als 10% wurde durch diese Parameter nichtbewirkt.ErgebnisseBei den männlichen Probanden (siehe Tabelle 1) konnte ein grenzwertig signifikantesErgebnis mit Tendenz einer Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen psychosozialem Risikound Erkrankung in FG1 dargestellt werden. Kein signifikanter Zusammenhang zwischenpsychosozialer Belastung am Arbeitsplatz und LWS-Prolaps sowie -Chondrose zeigtesich in FG3. Lediglich in der Hochdosiskategorie der FG 3 zeigte sich ein grenzwertigsignifikanter Zusammenhang. In den nach klinischer Symptomatik gegliedertenUntergruppen (nur motorischen Ausfälle, keine motorischen Ausfälle) konnte keinsignifikanter Zusammenhang dargestellt werden. Bei den weiblichen Fallgruppen (FG 2und FG 4) (siehe Tabelle 2) konnte in Fallgruppe 2 (weibliche Probanden mit LWS-852


SY5 Deutsche Wirbelsäulenstudie6Prolaps) ein grenzwertig signifikanter Zusammenhang mit einer tendenziellen Dosis-Wirkungs-Beziehung dargestellt werden. Ein signifikantes Ergebnis war in derUntergruppe „ohne motorische Ausfälle“ der Fallgruppe 2 vorhanden. In Fallgruppe 4(weibliche Probanden mit LWS-Chondrose) lag ein signifikanter Zusammenhang vor, derauch in allen Untergruppen signifikant war. In FG 4 zeigt sich ein deutlich signifikanterZusammenhang sowie ein deutlicher Anstieg bei höherer psychosozialer Belastung. Inden Untergruppen war der Zusammenhang ebenso signifikant.DiskussionBei den Probanden mit LWS-Prolaps zeigte sich sowohl bei Männern als auch beiFrauen ein grenzwertig signifikantes Ergebnis, insbesondere bei den Personen ohnemotorische Ausfälle. Eine tendenzielle Dosis-Wirkungs-Beziehung ist zu erkennen.Hingegen zeigt sich bei den Fällen mit einer LWS-Chondrose ein geschlechtsbezogenerUnterschied: Bei den weiblichen Probanden besteht eine klare Dosis-Wirkungsbeziehungmit signifikantem Ergebnis; bei den Männern hingegen nicht. In der Literatur sind vieleArbeiten vorhanden, die einen Zusammenhang zwischen psychosozialer Belastung amArbeitsplatz und Muskel-Skelett-Beschwerden aufzeigen (z.B. Mühlpfordt & Richter2003). Marras et al. (2000) konnte unter Laborbedingungen zeigen, dass Stress denDruck auf die Wirbelsäule verstärkt. Einen Zusammenhang zwischen psychosozialerBelastung und LWS-Prolaps beschrieben Seidler et al. (2003) und Boos et al. (1995).SchlussfolgerungDie Erfassung der psychosozialen Belastung in der DWS-Studie ist nur als eineScreening-Erfassung (FIT) zu betrachten. Trotzdem stützen die Ergebnisse die bereits inder Literatur vorhandenen Daten. Die Ergebnisse der DWS-Studie fordern dazu auf,weitere Forschung auf dem Gebiet „psychosoziale Belastung und Muskel-Skelett-Erkrankungen“ zu betreiben.Literatur• Bolm-Audorff U et al. Deutsche Wirbelsäulen Studie: Zusammenhang zwischenmanueller Lastenhandhabung und Rumpfbeugung sowie LWS-Prolaps und -Chondrose. Vortrag, 47. Wissenschaftliche Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong>, Symposium5: Deutsche Wirbelsäulen Studie, 23.03.<strong>2007</strong>.• Boos N, Rieder R, Schade V et al. The diagnostic accuracy of magnetic resonanceimaging, work perception, and psychosocial factors in identifying symptomatic discherniation. Spine 20, 1995, 2613 - 2625.• Elfering A, Semmer NK, Schade V, et al. Supportive colleague, unsupportivesupervisior. The role of provider-specific constellations of social support at work in thedevelopment of low back pain. Journal of Occupational Health Psychology, 7, 2002,130 – 140.• Grifka J et al. Deutsche Wirbelsäulen Studie: Studiendesign. Vortrag, 47.Wissenschaftliche Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong>, Symposium 5: Deutsche WirbelsäulenStudie, 23.03.<strong>2007</strong>.853


SY5Deutsche Wirbelsäulenstudie6• Hasenbring M & Pfingsten M: Psychologische Mechanismen der Chronifizierung .Konsequenzen für die Prävention. In H. D. Baseler C, Franz B, Kröner-Herwig H &Rehfisch P (Hrsg.), Psychologische Schmerztherapie. Berlin: Springer, 2004, 99 –118.• Haerting J et al. Deutsche Wirbelsäulen Studie: Zusammenhang zwischenGanzkörperschwingung sowie LWS-Prolaps und -Chondrose. Vortrag, 47.Wissenschaftliche Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong>, Symposium 5: Deutsche WirbelsäulenStudie, 23.03.<strong>2007</strong>.• Hofmann F et al. Deutsche Wirbelsäulen Studie: Risikoberufe und Risikobranchen fürdie Entwicklung eines LWS-Prolaps und einer -Chondrose. Vortrag, 47.Wissenschaftliche Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong>, Symposium 5: Deutsche WirbelsäulenStudie, 23.03.<strong>2007</strong>.• Jäger M et al. Deutsche Wirbelsäulen Studie: Biomechanische Erhebungen zurWirbelsäulenbelastung. Vortrag, 47. Wissenschaftliche Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong>,Symposium 5: Deutsche Wirbelsäulen Studie, 23.03.<strong>2007</strong>.• Karasek R, Theorell T. Healthy work: stress, productivity and the reconstuction ofworking life. New York: Basic Books 1990.• Lundberg U, Johansson G: Stress and health risks in repetitive work and supervisorymonitoring work. In RW Backs & W Boucsein (Eds), Engineering Psycholophysiology.Issues and Applications. Mahwah, NJ: Erlbaum, 2000, 339 – 359.• Marras WS, Davis KG, Heaney CA, et al. The influence of psychosocial stress,gender, and personality on mechanical loading of the lumbar spine. Spine 25, 2000,3045 – 3054.• Melin B, Lundberg U: A biopsychosocial approach to work-stress andmusculoskeletal disorders. Journal of Psychophysiology, 11, 3, 1997, 238 – 247.• Mühlpfordt S, Richter P: Evaluation eines orientierenden Verfahrens zur Erfassungpsychischer Belastungen am Arbeitsplatz. Forschungsbericht FB 995 derBundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Dortmund/Berlin/Dresden:Wirtschaftsverlag NW 2003.• Pfingsten M: Angstvermeidungs- Überzeugungen bei Rückenschmerzen.Gütekriterien und prognostische Relevanz des FABQ. Der Schmerz, 18, 2004, 17 –27.• Richter P, Hemmann E, Merboth H, et al. Das Erleben von Arbeitsintensität undTätigkeitsspielraum – Entwicklung und Validierung eines Fragebogens zurorientierenden Analyse (FIT). Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie,44, 3, 2000, 129-139.• Seidler A, Bolm-Audorff U, Siol T, et al. Occupational risk for symptomatic lumbardisc herniation; a case-control study. Occup Environ Med, 60, 2003, 821 – 830.• Siegrist J: Soziale Krisen und Gesundheit. Göttingen: Hogrefe 1996.• Siegrist J, Starke D, Chandola T, et al. The measurement of effort-reward imbalanceat work: European comparisons. Social Sciences & Medicine, 58, 2004, 1483 -1499.854


SY5 Deutsche Wirbelsäulenstudie6 Tabelle 1: Berufliches psychosoziales Risiko (R=AI/TSR) bei männlichen Probanden der DWS-Studie (FG1 mit LWS-Prolaps, FG3 mit LWS-Chondrose); F = Fallprobanden, K =Kontrollprobanden.R=AI/TSR F % K % Adj.* OR (95%-CI)F G 1F G 3


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieUnterscheiden sich Chondrose-Risiken von Risiken für Lowback-pain?*A. Seidler 1 , U. Bolm-Audorff 2 , A.K. Bergmann 3 , D. Ditchen 4 , R. Ellegast 4 , G. Elsner 5 , O. Geiß 6 , J.Grifka 7 , J. Haerting 3 , F. Hofmann 8 , M. Jäger 6 , O. Linhardt 7 , A. Luttmann 5 , M. Michaelis 8 , M.Nübling 8 , G. Petereit-Haack 2 , B. Schumann 31 Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Berlin; 2 Landesgewerbearzt, RegierungspräsidiumDarmstadt, Abteilung Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, Wiesbaden;3 Institut für medizinischeEpidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg, Halle/Saale;4 Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz, St. Augustin; 5 Institut für Arbeitsmedizin, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt/M.; 6 Institut für Arbeitsphysiologie an der Universität Dortmund, Dortmund;7 Orthopädische Universitätsklinik Regensburg, Bad Abbach; 8 Freiburger Forschungsstelle, ArbeitsundSozialmedizin, Freiburg* Mit finanzieller Unterstützung des Hauptverbandes der gewerblichenBerufsgenossenschaften e.V. ausgeführte ForschungsarbeitZiel der Auswertung der DWS als „Low-back-pain-Studie“In der Deutschen Wirbelsäulenstudie (DWS) findet sich ein deutlicher Zusammenhangzwischen kumulativer körperlicher Belastung und bandscheibenbedingten Erkrankungenim Sinne einer fortgeschrittenen Chondrose. Wenn a) Chondrosen zufällig mitRückenbeschwerden einhergingen und wenn b) kumulative körperliche Belastung mitRückenbeschwerden einherginge, dann könnten sich in der DWS gefundene„Chondrose-Risiken“ als „Low-back-pain-Risiken“ erklären. Vor dem Hintergrund dieserÜberlegungen ist das Ziel der vorliegenden Auswertung der Vergleich der relativenRisiken für Patienten mit Chondrosen versus beschwerdefreie Kontrollpersonen mit denrelativen Risiken für Kontrollpersonen mit Low-back-pain (LBP) versus beschwerdefreieKontrollpersonen.MethodeIm Sinne eines Fall-Kontroll-Ansatzes werden für Confounder adjustierte Odds ratios fürDWS-Kontrollpersonen mit chronischen Rückenbeschwerden (die in dieser Subanalysedie „Fälle“ darstellen) im Vergleich mit Kontrollpersonen ohne Rückenbeschwerdenerrechnet. Ausgegangen wird jeweils von dem in dieser Studie am besten anpassendenDosismodell (zur Modellanpassung s. Bolm-Audorff et al. <strong>2007</strong>; Übersicht zu den DWS-Dosismodellen s. Jäger et al. <strong>2007</strong>): für Männer ist dies das Dosismodell 4 (Dosismodell„ohne Schwellen“ mit Einbeziehung von Belastungen durch Rumpfvorneigung ab 20° unddurch Handhabung von Lasten ab ca. 5 kg), für Frauen das Dosismodell 6 (Mainz-Dortmunder Dosismodell ohne Tagesdosisschwelle und mit Berücksichtigung derRumpfvorneigung ab 75° und der Druckkraft ab 2 kN). Als Confounder in die Analyseeinbezogen werden entsprechend den „finalen“ Modellen der DWS-Studie bei MännernAlter und Studienregion, bei Frauen Alter, Studienregion und psychosoziale beruflicheBelastungen.856


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieIn Anlehnung an den NORDIC-Fragebogen (Kuorinka et al. 1987) wurden im Rahmendieser Studie unterschiedliche Fragen zu Rückenbeschwerden gestellt. Dienachfolgenden Auswertungen beziehen sich auf diejenigen Probanden (24% dermännlichen, 28% der weiblichen Kontrollpersonen), die die folgenden beiden Fragenbejaht haben:Frage 18.2.: Hatten Sie während der letzten 12 Monate Beschwerden im Bereich desunteren Rückens? undFrage 18.3.: Waren Sie wegen der unteren Rückenbeschwerden während der letzten 12Monate in ärztlicher Behandlung?Getrennt für Männer und Frauen wurden Kontrollpersonen mit ärztlich behandeltenRückenbeschwerden (Bejahung der Fragen 18.2. und 18.3.) mit Kontrollpersonen ohneRückenbeschwerden (Verneinung der Frage 18.2) verglichen. Um einen Vergleich derRisiken für ärztlich behandelte „Low-back-pain“ mit den Risiken für fortgeschritteneChondrose zu ermöglichen, wurden weiterhin – ebenfalls getrennt für Männer undFrauen – Patienten mit fortgeschrittener Chondrose mit Kontrollpersonen ohneRückenbeschwerden (Verneinung der Frage 18.2) verglichen. Die letztgenannteAuswertung erfolgte getrennt für Chondrosen mit neurologischen (sensiblen odermotorischen) Ausfallserscheinungen sowie für Chondrosen ohne neurologischeAusfallserscheinungen.ErgebnisseBei Männern (Abb. 1) zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der kumulativenkörperlichen Belastung und der Diagnose einer Chondrose mit Nachweis neurologischerAusfallserscheinungen (linkes Diagramm): Die Odds ratio im Vergleich mitbeschwerdefreien Kontrollpersonen beträgt in der höchsten Belastungskategorie 7,4(95% Konfidenzintervall CI 3,3-16,9). Bei Männern mit Chondrose ohne neurologischeAusfallserscheinungen (mittleres Diagramm) beträgt die Odds ratio im Vergleich mitbeschwerdefreien Kontrollpersonen in der mittleren Kategorie 2,7 (95% CI 1,2-6,0),erreicht in der höchsten Belastungskategorie jedoch lediglich einen Wert von 2,0 (95% CI0,9-4,3). Demgegenüber beträgt die Odds ratio für die Angabe ärztlich behandelterRückenbeschwerden (rechtes Diagramm) in der mittleren Kategorie 1,3 (95% CI 0,7-2,5)und erreicht in der höchsten Belastungskategorie einen Wert von 1,9 (95% CI 1,0-3,5).Bei Frauen zeigt sich in der mittleren wie höchsten Belastungskategorie gemäßDosismodell 6 ein statistisch signifikant erhöhtes relatives Chondrose-Risiko größer 2(Abb. 2, linkes und mittleres Diagramm) unabhängig von dem Vorliegen neurologischerAusfallserscheinungen. Demgegenüber findet sich bei Frauen kein Zusammenhangzwischen kumulativer körperlicher Belastung und ärztlich behandeltenRückenbeschwerden (Abb. 2, rechtes Diagramm).857


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieSchlussfolgerungDie vorliegende „Kontrollgruppen-interne“ Auswertung der DWS als „Low-back-pain-Studie“ weist bei Männern auf einen Zusammenhang zwischen kumulativer körperlicherBelastung und ärztlich behandelten Beschwerden im Bereich des unteren Rückens hin.Damit deutet sich ein erhebliches präventives Potenzial an.Die belastungsbezogenen Risiken für fortgeschrittene Chondrosen mit neurologischenAusfallserscheinungen liegen bei Männern wie Frauen deutlich über den Risiken fürärztlich behandelte Rückenbeschwerden. Dies gilt bei Frauen auch für fortgeschritteneChondrosen ohne neurologische Ausfallserscheinungen.Insgesamt weisen die Ergebnisse der vorliegenden Subanalyse darauf hin, dass sich dieErgebnisse der Deutschen Wirbelsäulenstudie zum Zusammenhang zwischenkumulativen körperlichen Belastungen und bandscheibenbedingten Erkrankungen nichtallein aus der Verursachung von „Low-back-pain“ durch berufliche körperlicheBelastungen erklären lassen.Literatur• Bolm-Audorff et al. Deutsche Wirbelsäulenstudie: Zusammenhang zwischenmanueller Lastenhandhabung sowie LWS-Prolaps und –Chondrose (<strong>2007</strong>, dieser<strong>Tagungsband</strong>)• Jäger et al. Deutsche Wirbelsäulenstudie: Biomechanische Erhebungen zurWirbelsäulenbelastug (<strong>2007</strong>, dieser <strong>Tagungsband</strong>)• Kuorinka I, Jonsson B, Kilbom A, Vinterberg H, Biering-Sorensen F, Andersson G,Jorgensen K. Standardised Nordic questionnaires for the analysis of muskuloskeletalsymptoms. Appl Ergonom 1987;18:233-237.858


SY5Deutsche WirbelsäulenstudieAbb 1.: Chondrose-Risiken (Odds ratios) für kumulative körperliche Belastung gemäß Dosismodell4 bei Männern mit ärztlich behandelten Rückenbeschwerden im Vergleich mit Männernohne RückenbeschwerdenFrage 18.3.: Waren Sie wegen der unterenRückenbeschwerden während der letzten 12 Monatein ärztlicher Behandlung?FortgeschritteneChondrose mit motorischenoder sensiblenAusfällen (n=79)FortgeschritteneChondrose mitLokalsyndrom (n=66)Ärztl. Beh. wg. LBPletzte 12 Monate(n=232)Abb 2.: Chondrose-Risiken (Odds ratios) für kumulative körperliche Belastung gemäßDosismodell 6 bei Frauen mit ärztlich behandelten Rückenbeschwerden im Vergleich mit Frauenohne RückenbeschwerdenFrage 18.3.: Waren Sie wegen der unterenRückenbeschwerden während der letzten 12 Monatein ärztlicher Behandlung?FortgeschritteneChondrose mit motorischenoder sensiblenAusfällen (n=93)FortgeschritteneChondrose mitLokalsyndrom (n=112)Ärztl. Beh. wg. LBPletzte 12Monate(n=206)859


SY6UV-Licht induzierter HautkrebsPrimäre Prävention von HautkrebsHans DrexlerInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, ErlangenHautkrebs wird häufig als Synonym für maligne Erkrankungen der Haut verwendet.Unterschieden wird zwischen den epithelialen Tumoren (Plattenepithelkarzinome undVorstufen, Morbus Bowen, Basaliome) und den nicht epithelialen Tumoren (maligneMelanome, Sarkome und lymphatische Tumore). Insbesondere das Entstehen derepithelialen Tumoren, sowie das der malignen Melanome wird durch ultravioletteStrahlung gefördert. Für das Plattenepithelkarzinom lässt sich eine exponentielle Dosis-Wirkungs-Beziehung beschreiben. Für Basaliome und maligne Melanome scheintweniger die kumulative UV-Belastung bedeutsam als die intermittierende Bestrahlungund die frühkindliche UV-Belastung. Die ultraviolette Strahlung ist der Bereich derelektromagnetischen Strahlung, die nicht mehr ionisiert und noch nicht sichtbar ist. Manunterscheidet die UV-A, UV-B und UV-C-Strahlung. Sehr kurzwelliges UV-C-Lichterreicht die Erdoberfläche nicht, weil es in der Ozonschicht vollständig absorbiert wird.Allerdings gibt es künstliche UV-C-Quellen (u.a. beim Schweißen). UV-C-Licht wirdbereits in der Hornschicht absorbiert und zeigt daher nur am Auge (Keratitis, sogenanntes Verblitzen der Augen beim Schweißen) adverse Wirkungen. UV-B-Licht istder Teil der ultravioletten Strahlung, der die Erdoberfläche erreicht und im Stande ist,Sonnenbrand zu induzieren. UV-B-Licht hat auch die höchste genotoxische Wirkung undführt zu charakteristischen molekularen Veränderungen an der DNA. UV-A-Lichtinduziert keinen Sonnenbrand, ist aber für die Hautalterung, für die Photoaktivierung vonAllergenen, für die Enzyminduktion und Immunsuppression verantwortlich. Das Potentialzur DNA-Schädigung ist weit weniger ausgeprägt als beim UV-B-Licht und beruht imWesentlichen auf indirekten Mechanismen.Physiologischer LichtschutzDer Organismus schützt sich vor ultravioletter Strahlung einerseits durch Ausbildungeiner Lichtschwiele (Verdickung der Hornschicht), die einen Lichtschutzfaktor bis zumFaktor 4 bedingt und auch UV-A-Strahlung abhält und anderseits durch diePigmentbildung; diese wird vorwiegend durch UV-B-Licht hervorgerufen und verursachtden braunen Lichtschutz (Bräunung der Haut), der bis zu einem Lichtschutzfaktor 10ausmacht.860


SY6UV-Licht induzierter HautkrebsPräventionDie Prävention vor ultravioletter Strahlung kann, wie für andere Bereiche auch, intechnische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen untergliedert werden(TOP).Technische MaßnahmenFür ultraviolette Strahlung existieren für verschiedene Bereiche Grenzwerte. Bei derGrenzwertsetzung werden einerseits die Wellenlänge und andererseits dieExpositionsdauer berücksichtigt. Die Grenzwertsetzung für ultraviolette Strahlung istjedoch problematisch, weil Interaktionen mit sichtbarem Licht und anderenphysikalischen Größen nur schwer zu erfassen sind, dass Zeitintervall schwerkalkulierbar ist und auch individuelle Faktoren (Hauttyp, Adaptation) nicht eingehen.Höchst wirksam zum Schutz vor ultravioletten Strahlen sind mechanische Maßnahmenwie Sonnensegel, adäquate Kleidung und Kopfbedeckung. Dabei gilt es jedoch dieunterschiedlichen Schutzwirkungen zu berücksichtigen. Wolken am Himmel halten nuretwa 2/3 der UV-Dosis zurück, weil ultraviolette Strahlung im Gegensatz zurInfrarotstrahlung durch Wasser nur relativ schlecht absorbiert wird. Natürlicher undkünstlicher Schatten vor Sonnenlicht bedingt einen Lichtschutzfaktor zwischen 3 und 10.Kleidung hingegen bietet einen sehr guten Schutz. Einer australischen Studie zur Folgehaben 90% aller getesteten Sommertextilien einen Lichtschutzfaktor von größer 10 und80% dieser getesteten Sommerkleidungstücke einen Lichtschutzfaktor größer als 15.Neben Beschattung und Bekleidung stehen als UV-Schutz Sonnenschutzmittel zurVerfügung. Zu unterscheiden ist zwischen physikalischen und chemischen UV-Filtern.Gelegentlich werden die physikalischen UV-Filter als „Blocker“ bezeichnet, wasallerdings nicht zutreffend ist, weil auch mit den physikalischen UV-Schutzmitteln keinvollständiger Lichtschutz erreichbar ist. Physikalische Sonnenschutzmittel reflektieren,streuen und brechen ultraviolettes Licht. Die neueren sollen darüber hinaus auch eineAbsorption von UV-Strahlung bewirken. Häufig verwendete Substanzen sind Titanoxidund Zinkoxid. Die Nachteile sind insbesondere die kosmetische Akzeptanz (so genannterWeißeffekt) und die Instabilität. Die chemischen Lichtschutzfilter absorbieren Licht(Umwandlung von UV-Strahlung in Wärme). Als nachteilige Effekte sind hierbeiinsbesondere die Allergieneigung (Sensibilisierung) und die Hautresorption derFiltersubstanzen zu nennen. Beim Einsatz von Sonnenschutzmitteln ist zuberücksichtigen, dass in der Praxis ein Lichtschutzfaktor von allenfalls 10 erreicht wird.Durch Vermeidung eines Sonnenbrandes entfällt die Warnwirkung, was häufig zu einerlängeren kumulativen Sonnenexposition führt. Die Schutzwirkung chemischer861


SY6UV-Licht induzierter HautkrebsLichtschutzmittel im UV-A-Bereich ist in der Regel ungenügend und durch dieAnwendung von Lichtschutzmitteln wird natürlicher Lichtschutz (Pigmentierung,Lichtschwiele) verzögert. Dieses führt möglicherweise zu einer verstärktenintermittierenden Bestrahlung. Es konnte allerdings nachgewiesen werden, dassSonnenmittel nachweisbar zur Reduktion der Inzidenz von Vorstufen vonPlattenepithelkarzinomen führen, wobei eine Schutzwirkung, insbesondere für diesenTumor, als evidenzbasiert gesichert gelten kann. Die Anwendung von Lichtschutzmittelnist daher stets zu empfehlen, wenn ein UV-Schutz auf anderem Wege nicht realisiertwerden kann.Kritisch zu sehen ist der Einsatz von Antioxidantien (Betakarotin, Vitamin C und E, u.a.),da die im Reagenzglas nachweisbare antioxidative Wirkung in vivo meistens nichterreicht wird. Antioxidantien können allenfalls adjuvant zu anderen Maßnahmen des UV-Schutzes eingesetzt werden, diese aber keinesfalls ersetzen.Organisatorische MaßnahmenZwei Drittel der täglich auftreffenden UV-Strahlung erreichen die Erde zwischen 10 und14 Uhr (Normalzeit). Nach 15.30 Uhr treffen nur noch 7% der täglichen UV-Strahlungund nach 17.30 Uhr trifft nur noch 1% der täglichen UV-Strahlung auf. Außenarbeitensollten womöglich in die Morgenstunden oder Abendstunden verlegt werden. SindAußenarbeiten in der Mittagszeit unvermeidbar, so könnte eine Rotation vonArbeitnehmern erfolgen. Arbeiten, die nicht zwangsweise im Freien durchgeführt werdenmüssen (beispielsweise auf Baustellen), sollten in Innenräume verlagert werden. Zuberücksichtigen ist auch, dass die Sonnenintensität an einem kalten Tag im April gleichintensiv ist, wie an einem heißen Augusttag.Persönliche MaßnahmenHier ist insbesondere das Bewusstsein für protektives Verhalten zu schaffen, damitArbeitnehmer im Freien von sich aus den Schatten suchen, wo immer dies möglich ist.Das Tragen von Kleidung und einer Kopfbedeckung im Freien sollte gefördert und positivbelegt werden. Sonnenschutz ist natürlich auch in der Freizeit einzuhalten.Sonnenschutzmittel dürfen nur dort eingesetzt werden, wo eine UV-Exposition nichtmeidbar ist und deren Anwendung sollte die Exponierten nicht dazu verleiten, diekumulative Exposition zu erhöhen.862


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGOtotoxische Arbeitsstoffe und Lärm aus Sicht der PraxisKlaus PontoBerufsgenossenschaft Metall SüdSubstanzen, deren Wirkung zu einer Schädigung des Gehörs führen kann (Ototoxizität),verlangen bei gleichzeitiger Einwirkung von Lärm am Arbeitsplatz eine besondereBeachtung bei der Gefährdungsbeurteilung. Mit der nationalen Umsetzung der Richtlinie2003/10/EG über die Lärm- Vibrations-Arbeitsschutzverordnung ist dies inzwischen einefür die Betriebe verbindliche Vorgabe.Im Text der Lärm- Vibrations-Arbeitsschutzverordnung heißt es hierzu im § 3 Abs. 3konkret: „Mögliche Wechsel- und Kombinationswirkungen sind bei derGefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Dies gilt insbesondere bei Tätigkeiten mitgleichzeitiger Belastung durch Lärm, ototoxischen Arbeitsstoffen oder Vibrationen, soweitdies technisch durchführbar ist.“Obgleich noch einige Wissensdefizite hinsichtlich der substanziellen Risiken bei derKombinationswirkung bestehen, ist bekannt, dass besonders folgende Stoffe für dieArbeitswelt ein ototoxisches Potential haben können:Blei Quecksilber Benzol*n – Hexan* Kohlenstoffdisulfid Styrol*Toluol* Trichlorethylen* Xylol*Lösemittelgemische* Kohlenmonoxid Zyanide*) Neurotoxische Lösemittel gemäß Liste zur BK 1317Für einige dieser Gefahrstoffe sind z. Z. Arbeitsplatzgrenzwerte bzw. verbindliche EU –BLV festgesetzt. Hierbei blieb deren ototoxische Wirkung bisher noch unberücksichtigt.In diesem Beitrag sollen relevante Tätigkeiten und Arbeitsbereiche einzelnerGewerbezweige mit den dort vorhandenen Kombinationsexpositionen näher betrachtetwerden. Neben vorliegenden Erkenntnissen über das Ausmaß der Expositionen sollenAngaben zur Betroffenheit ausgewählter Gewerbezweige gemacht werden.Im Bereich der chemischen Industrie sind Tätigkeiten bzw. Arbeitsbereiche z. B. inFlugzeugwerften, in Viskosefaserspinnereien und in Laminierbetrieben relevantbetroffen. Tätigkeiten und Arbeitsbereiche mit Lärm als Kombinationsbelastung zuototoxischen Arbeitsstoffen sind in der chemischen Industrie eher weniger häufig.Auswertungen von regelmäßigen Gehörvorsorgeuntersuchungen geben keineErkenntnisse über Auffälligkeiten zu Hörverlusten ohne gleichzeitige Lärmexposition.Bei Untersuchungen im Bereich der Bauwirtschaft sind folgende Thesen berücksichtigtworden:- Lärm ist stärkster Risifaktor für Hörschädigungen863


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBG- Lärm kommt in der Bauwirtschaft als Belastungsfaktor sehr häufig vor- Der Einfluss weiterer Noxen einschließlich ototoxischer Arbeitsstoffe ist sekundärund bisher kaum nachgewiesen.Vor diesem Hintergrund ergibt sich die Fragestellung, inwiefern anhand vorliegenderDaten aus der Arbeitsmedizinischen Vorsorge ein Zusammenhang zwischen derWirkung von Lärm und ototoxischen Arbeitsstoffe nachgewiesen werden kann.Für den Bereich der Bauwirtschaft liegen umfangreiche Kenntnisse über Lärm- undGefahrstoffexpositionsmesungen zu den verschiedensten Tätigkeiten undArbeitsbereichen vor. Weitere Erkenntnisse über berufs- und altersbezogene Hörverlustevon Angehörigen typischer Berufe des Baugewerbes können für die erforderlichenweiteren Untersuchungen zum Problemkreis herangezogen werden.Die bisherigen Untersuchungen im Baugewerbe lassen folgende Aussagen zu:- Alterseffekte und Lärmbelastungen spiegeln sich in den Daten zu Hörverlusten wider.- Jeder zweite männliche Beschäftigte der Bauwirtschaft hat auffällige Hörverluste, diein etwa das zehnfache der Hörverluste von jungen Beschäftigten ausmachen.- Der Einfluss weiterer Noxen einschließlich ototoxischer Arbeitsstoffe stellt sichuneinheitlich dar.- Bei gegenüber Lösemitteln exponierten Malern ist ein leichter Effekt bei Hörverlustenvon Beschäftigten in der Altersgruppe der 35- bis 50-jährigen auszumachen.Valide Ergebnisse liefert die von der BG Druck und Papierverarbeitung initiierte undgeförderte Studie „Toluol in Tiefdruckereien“. Diese Feldstudie bestand aus den TeilenExpositionsermittlung, Quer- und Längsschnittstudie, Kohortenstudien 1 und 2, derStudie zur Reproduktionstoxizität und einer sich anschließenden Langzeitstudie. Bei denFragestellungen zur akuten und chronischen Toxizität, dem kanzerogenen Potential undder Reproduktionstoxizität wurde auch gezielt die Kombinationswirkung von Lärm mitToluol untersucht. Neben Messungen der Exposition wurden Kohortenmitglieder einererweiterten Untersuchung nach G 20 unterzogen.Zur Frage der Kombinationswirkung von Toluol und Lärm können die Ergebnisse wiefolgt zusammengefasst werden:- Toluolbedingte Minderungen der Hörschwelle wurden nicht ermittelt.- Hinweise auf eine Interaktion zwischen Lärm und Toluol im Sinne einergegenseitigen Verstärkung ergaben sich nicht.- Die Mittelwerte der alterskorrigierten Hörschwellen für alle Frequenzen liegendeutlich unterhalb von 20 dB und damit im Bereich des normalen Hörens.In der Metallbranche, die durch eine erhebliche Zahl von Arbeitsplätzen mitLärmexposition gekennzeichnet ist, wird eine Reihe ototoxischer Arbeitsstoffe verwendet.Dabei handelt es sich überwiegend um Lösemittel, aber auch um Kohlenmonoxid,864


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGeinzelne zyklische Kohlenwasserstoffverbindungen und Schwermetalle. Diese Stoffekommen bei Tätigkeiten und in Arbeitsbereichen z. B. in Metallgießereien, inGalvanikbetrieben,, in Schlossereien, im Kfz – Handwerk oder in der spanendenFertigung vor. Häufig sind diese Belastungen mit Lärmexpositionen kombiniert. Aufgrundder vorliegenden Daten aus Expositionsmessungen kann ausgesagt werden, dass für dieGefahrstoffe Arsen, Ethylacetat, n-Hexan und Styrol die Arbeitsplatzgrenzwerte in derRegel eingehalten werden.Bei den Gefahrstoffen Blei, Benzol, Mangan und Kohlenmonoxid kommt es meist zuÜberschreitungen der Arbeitsplatzgrenzwerte bzw. der verbindlichen BLV der EU.Bei den vorgenannten betroffenen Tätigkeiten bzw. Arbeitsbereichen kommt es nebender Lärmexposition zu gleichzeitigen Expositionen gegenüber mindestens vierototoxischen Arbeitsstoffen.Erkenntnisse zu verstärkten Hörverlusten bei der Kombinationsexposition liegen für dieMetallbranche z. Z. nicht vor.Einen großen Beitrag beim weiteren Erkenntnisgewinn über Kombinationswirkungen vonLärm mit ototoxischen Arbeitsstoffen können die in den Expositionsdatenbanken MEGAgespeicherten Daten zu Lärm- und Gefahrstoffmessungen der messtechnischen Diensteder Berufsgenossenschaften leisten. Zu den in der o. a. Tabelle angeschuldigtenGefahrstoffen und zu Lärm stehen z. Z. insgesamt über 200.000 Messdaten für gezielteAuswertungen zur Verfügung.Die Zusammenführung des Datenbestandes bietet die Möglichkeit, Hinweise aufGruppen zu gewinnen, die durch Kombinationsbelastungen ggf. einem größerenHörverlustrisiko ausgesetzt sein können. Neben den Angaben zu den Messwertenenthalten die Datensätze jeweils Angaben zum Arbeitsbereich, zur Art des Betriebes, zurExpositionsquelle, zum Beruf, zur Teiltätigkeit und den Berufsjahren im ausgeübtenBeruf mit entsprechender Exposition.Diese Daten wären mit Daten zur Gehörverlustentwicklung der entsprechendexponierten Beschäftigtengruppen im Vergleich zu Beschäftigtengruppen ohne jeweiligeKombinationsbelastung bzw. ohne entsprechende Einzelexpositionen wissenschaftlichzu verknüpfen bzw. abzugleichen.Aus den Erkenntnissen über entsprechend exponierte Beschäftigtengruppen lassen sicherste Hinweise auf Risikogruppen und Schutzmaßnahmen ableiten. Zu denerforderlichen Präventionsmaßnahmen gehören:- Lärmminderung und persönlicher Gehörschutz- Substitution ototoxischer Arbeitsstoffe- Verringerung der Exposition gegenüber ototoxischen Arbeitsstoffen865


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBG- Gezielte Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge einschließlich Beratung(auch zum Freizeitverhalten)Im Ausblick auf die erforderlichen Problemlösungen kann festgestellt werden, dassweiterer Untersuchungs- bzw. Forschungsbedarf zur Kombinationswirkung von Lärm mitototoxischen Arbeitsstoffen besteht. Insbesondere sind Daten ausGefährdungsbeurteilungen und Daten aus gezielter Arbeitsmedizinischer Vorsorgeaufzubereiten und auszuwerten.Zu gegebener Zeit ist der erweiterte Erkenntnisstand zu bilanzieren, und es sind dieerforderlichen Rahmenbedingungen für die Gefährdungsbeurteilung und die Festlegungvon Präventionsmaßnahmen erneut festzulegen.Aufgrund der z. Z. vorliegenden Erkenntnisse zeichnet sich bereits jetzt ab, dasshinsichtlich des Hörverlustrisikos Lärm und dessen Bekämpfung in den betroffenenBranchen weiterhin eine prominente Bedeutung hat.866


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGOtotoxische Arbeitsstoffe und Lärm aus der Sicht derWissenschaftAndreas SeeberInstitut für Arbeitsphysiologie an der Universität DortmundZiel des BeitragesDie Ototoxizität von Arbeitsstoffen oder Pharmaka (z. B. Blei bzw. Azetylsalizylsäure,Chinidin) ist seit langem bekannt. In den letzten Jahren hat sich das Interesseinsbesondere den Hörschwellenveränderungen nach Lösungsmittelexpositionenzugewandt. Zunehmend mehr Informationen aus tierexperimentellen undepidemiologischen Studien liegen vor, die z. B. Wirkungen nach Toluol-, Styrol- undLösungsmittelgemischexpositionen betreffen. Der Beitrag stellt, ausgehend vontierexperimentellen Ergebnissen, typische epidemiologische Studien vor, die daskritische Problem der Suche nach Wirkschwellen beleuchten. Es gibt in derwissenschaftlichen Diskussionen keinen Dissens über mögliche Synergismen beimHörverlust nach kombinierter Lärm- und Lösungsmittelexposition. Es gibt aberwidersprüchliche Meinungen darüber, welche Kriterien für den Nachweis ototoxischerWirkungen nach Lösungsmittelexpositionen und für die Suche nach Wirkschwellenanzusetzen sind.Tierexperimentelle ErgebnisseAus tierexperimentellen Studien ist bekannt, dass gleichzeitig oder nacheinanderauftretende Einwirkungen von Lärm- und Lösungsmittelexpositionen additive undüberadditive Effekte als Hörschwellenveränderungen haben können. Abbildungen 1 und2 stellen die Effekte bzw. deren Assoziation zum Verlust von Haarzellen in der Cochleadar.Abbildung 1 zeigt Hörverluste bei kombinierter Exposition, die das Ausmass eineradditiven Wirkung überschreiten. Abbildung 2 zeigt, dass der Verlust an Haarzellen beikombinierter Exposition stärker ist als bei alleiniger Toluolexposition. Äußere Reihen vonHaarzellen sind eher als innere vom Zellverlust betroffen. Damit ist tierexperimentell dieOtotoxizität nach Lösungsmittelexposition gezeigt als Hörverlust im mittlerenFrequenzbereich sowie als Schädigung oder Verlust von Haarzellen der Cochlea. Mannimmt an, dass die Mechanismen der Lärm- bzw. Lösungsmittelbedingten Schädigungenunterschiedlich sind. Für Lärm wird ein mechanischer, für Lösungsmittel ein chemischerWirkmechanismus angenommen, wobei beide die Bildung eines reaktiven oxidativenStress involvieren sollen. Synergistische Effekte sollen entstehen, weil Lösungsmittel dieMembranstruktur der äußeren Haarzellen verändern, indem sie diese empfindlichergegenüber Lärmeinwirkungen machen (EU-Workshop, Lodz, 2006). Man kann für diekombinierten Effekte von Lärm und Arbeitsstoffen Schwellen annehmen. So wurde bei867


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGRatten mit Styrolexpositionen aufsteigender Konzentrationen gezeigt, dass einSynergismus nur auftritt, sofern ein kritisches Konzentrationsniveau von 300 ppmüberschritten wird, bei dem ohne zusätzliche Lärmexposition kein Styroleffekt an denHaarzellen beobachtbar ist (Makitie et al., 2002, 2003). Für Toluol wird tierexperimentellein Schwelleneffekt der Ototoxizität bei 1000 ppm geschlussfolgert (EU-Workshop, Lodz,2006).Inzwischen liegt eine Studie zu 21 Lösungsmitteln vor, die 8 Substanzen (z.B. Styrol,Toluol, Ethylbenzol, p-Xylol) als ototoxisch aktiv, weitere 13 (z. B. verschiedeneBenzene) als nicht aktiv ausweist (Gagnaire & Langlais, 2005).Abbildung 1: Modell der Überadditivität des Hörverlusts (Schwellenverschiebung in dB) nachLösungsmittelexposition und Lärm, 4 Wochen-Exposition von Ratten: ○ Lärm 92 dB, 8 kHz; ■Toluol 2000 ppm; □ Prädiktion des kombinierten Toluol- und Lärmeffekts; ▲GemesseneVeränderung der Hörschwelle nach Toluol + Lärm. *** Signifikante Differenz des Hörverlustes fürdie angegebene Frequenz gegenüber Kontrollbedingung (hier nicht gezeigt) (Lataye & Campo,1997, Fig. 8).Abbildung 2: Verlust (in Prozent) an Harzellen in der Cochlea: IHC innere Haarzellen, OHC 1 bisOHC3 erste bis dritte Reihe der äußeren Haarzellen; Abszisse (mm) als Abstand der Zellen vonCochleabasis sowie (kHz) als zuordenbarer Frequenzbereich. Links: Toluol 2000 ppm. Rechts:Lärm 92 dB, 8 kHz + Toluol 2000 ppm (Lataye & Campo, 1997, Fig. 9).868


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGEpidemiologische Ergebnisse mit Belegen der OtotoxizitätArbeitsgruppen von M. Sliwinska-Kowalska (Nofer Institut, Lodz) und T. Morata (NIOSH,Cincinnatti) stellten wiederholt Studien vor, die kombinierte Effekte von Lärm- undchemische Expositionen an Arbeitsplätzen (Toluol, Styrol, Lösungsmittelgemische)aufzeigen. Sie analysieren bevorzugt Wirkungen über ein Kriterium, Personen mit einemHörverlust von > 25 dB in einer der untersuchten Frequenzen (vorwiegend zwischen 1und 8 kHz) als “Fall” zu definieren. Diese Definition entspricht nicht dem LärmbezogenenHörschadenkriterium (VDI 2058), das einen Hörverlust > 40 dB bei 3 kHz als kritischbewertet. Eine Übersicht zu den polnischen Untersuchungen aus dem Schiff- undBootsbau, aus der Plastikindustrie, der Schuhfertigung sowie nach Umgang mit Farbenund Lacken (Sliwinska-Kowalska et al., 2005) zeigt Odds Ratios auf, die fürKombinationen von Lärm, Styrol und Toluol sehr hoch sind (OR > 20). Die Hörverlust-Effekte werden, bezogen auf Lösungsmittel, Frequenzbereichen unterhalb 4 kHz, vonetwa 4 - 6 kHz sowie von 8 kHz zugeordnet. Bezogen auf Lärm werden 4 – 6 kHz alsempfindlich dargestellt. Es wird geschlussfolgert, dass bei Einwirkungen vonLösungsmitteln ein OR von 2 -5 für einen Hörverlust anzunehmen ist, bei kombinierterEinwirkung von Lärm und einem Lösungsmittel sei mit einer weiteren Verdoppelung desRisikos zu rechnen, das sich weiterhin erhöht bei mehreren Lösungsmitteln und Lärm.Kritische Überlegungen betreffen bei diesen Studien, dass (1) teilweise mehr als 50%der Untersuchten oberhalb gültiger Grenzwerte (Faktor 1,6 bis 4,8) chemisch exponiertwaren, dass (2) auch die Lärmexpositionen bis zu 65% der Untersuchten als“überexponiert” ( Mittelwerte von 90 dB erwähnt) ausweisen und dass (3) in keiner derStudien Dosis-Wirkungsbezüge zu Raumluftmessungen der Arbeitsstoffe dargestelltwerden konnten. Die Morata-Arbeitsgruppe publizierte Studien aus dem Tiefdruck, ausder Farbenproduktion, aus Raffinerien sowie aus der Glasfaser- undMetallproduktherstellung. Die dargestellten Risiken des Hörverlustes (siehe oben 25 dB-Kriterium) ereichen z. B. für kombinierte Expositionen von Toluol und Lärm ein OR = 11,für Lärm allein ein OR = 4. Bemerkenswert für diese Gruppe sind auch Befunde auf derGrundlage biologischer Expositionsnachweise, die zu Extrapolationen eineswahrscheinlichen Hörverlustes bei z. B. 50 ppm Toluol oder 20 ppm Styrol (jeweils MAK-Wert) genutzt werden. So wird für die angegebenen Konzentrationen jeweils einedoppelte Wahrscheinlichkeit vorhergesagt, einen Hörverlust des genannten Kriteriums zuerleiden (Morata et al., 1997, 2002). Die Autoren schlussfolgern, dass Lärm bzw.chemische Expositionen jeweils zu OR = 2 führen und dass die Kombination beiderEinwirkungen mit einem OR = 4 zu schätzen sei. Die schon genannten kritischen Punktelassen sich auch auf die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe übertragen.869


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGEpidemiologische Ergebnisse ohne Nachweise von OtotoxizitätDie Befundlage zur Ototoxizität von beruflicher Lösungsmittelexposition ergibt auchkonträre Ergebnisse gegenüber den bisher erwähnten Tendenzen. Toluol und Styrolkönnen wiederum als Beispiel herangezogen werden. Für eine Übersicht zuStyroleffekten (Lawton et al., 2006) wurden sieben Studien analysiert, von denen dreikeine entsprechenden Nachweise erbrachten. Das Niveau der Styrolexposition lag beizwei der verfügbaren Studien bei oder unterhalb 26 ppm, bei der dritten Studie wurdenvereinzelt Konzentrationen oberhalb 50 ppm erfasst. Vergleicht man diese Werte mitdenen aus den Studien mit ototoxischen Effekten, die im Mittel zwischen 8 und 32 ppm,teilweise auch höher liegen, dann ergibt sich kein konsistentes Bild darüber, wo eineSchwelle beruflich bedingter ototoxischer Styroleffekte anzusetzen ist. Die genanntenAutoren begründen deshalb die ausbleibenden Effekte nicht nur über (1) niedrigeExposition, sondern auch (2) über eine zu geringe Sensitivität der konventionellenAudiometrie. Für eine repräsentative Übersicht zu ototoxischen Toluoleffekten ist bisherkeine Publikation zugänglich. Eine Arbeit von Schäper et al. (2002) beruht abweichendvon allen bisher erwähnten Querschnittstudien auf einem Längsschnittansatz mit 4Untersuchungen in fünf Jahren. Sie zeigt bei durchschnittlichen aktuellen Expositionenvon 26 ppm keine Effekte und kann mit weiteren Arbeiten (Morata et al., 1993, 1997) fürdie Suche nach einer Effektschwelle herangezogen werden. So wurden bei arbeitstäglich208 bzw. 264 ppm-Stunden kombiniert mit durchschnittlich 81 dBA bzw. 71-93 dBA keineaudiometrischen Hörverluste gezeigt, während bei 1500 ppm-Stunden kombiniert mit 88-98 dBA diese auftraten (Zum Vergleich: Tierexperimentell bei 6000 ppm-Stunden und 96dB über wenige Wochen deutliche Effekte). Zwischen beiden Expositionsmarkierungenkann somit eine Schwelle der ototoxischen Toluoleffekte in Kombination mit Lärmgesucht werden.SchlußfolgerungenMit Bezug auf Empfehlungen eines Workshops zum Problem (EU-Workshop, Lodz,2006) können einige Schlussfolgerungen gezogen werden:• Trotz fehlender direkter neuroanatomischer Beweise liegen Befunde zuHörfunktionen vor, die eine Übertragung von tierexperimentellen Erkenntnissen aufberufliche Expositionen beim Menschen nahe legen.• Es gibt bisher keinen Konsensus zu den kritischen Effektschwellen, obwohl in derTendenz mit zunehmender Dosis die Wahrscheinlichkeit für Effekte steigt.• Lösungsmittelbedingte Effekte sollen vordringlich bei Frequenzen zwischen 4 bis 6kHz zu finden sein, aber auch breitere Frequenzbereiche werden genannt. Deshalberscheint, insbesondere als Abgrenzung gegen Lärmeffekte, eine Aussage zusensitivsten Frequenzbereichen noch nicht ausreichend abgesichert.870


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBG• Es gibt Empfehlungen, nicht nur den audiometrisch erfassten Hörverlust, sondernauch „objektive“ Tests (z. B. otoakustische Emissionen, contralateralerStapediusreflex, evozierte Potentiale) sowie Sprachverständnis-Tests undUntersuchungen zur Gleichgewichtsfunktion in künftigen Studien einzusetzen.• Als praktische Empfehlung des Workshops ist festzuhalten, dass bei kombinierterEinwirkung von chemischer Exposition und Lärm gegebenenfalls die bisherigenGrenzwerte sowie Arbeitsschutzempfehlungen nicht ausreichen. Konsequenzen beider Grenzwertsetzung sowie bei der Festlegung von R-Sätzen („Hinweise aufbesondere Gefahren“) werden angeregt.Literatur• EU-Workshop: Health effects of exposure to noise and chemicals; InternationalWorkshop Lodz, Poland, November 15-16th, 2006, Papers and Summary ofworkshop sessions and discussion (unpublished)• Gagnaire, F. & Langlais, C.: Relative ototoxicity of 21 aromatic solvents. Arch Toxicol,79, 2005, 346-354• Lataye, R. & Campo, C.: Combined Effects of a Simultaneous Exposure to Noise andToluene on Hearing Function; Neurotoxicology and Teratology. Vol. 19, No. 5, 1997,373-382,• Lawton, B.W., Hoffmann J. and Triebig, G.: The ototoxicity of styrene: a review ofoccupational investigations. Int Arch Occ Env Health, 79, 2, 2006, 93-102• Makitie A. A., Pirvola, U., Pyykko, I., Sakakibara, H., Riihimaki, V., Ylikoski, J.: Theototoxic interaction of styrene and noise. Hear Res. 179, 2003, 9-20• Makitie A. A., Pirvola, U., Pyykko, I., Sakakibara, H., Riihimaki, V., Ylikoski, J.:Functional and morphological effects of styrene on the auditory system of the rat.Arch Toxicol, 76, 2002, 40-47.• Morata, T.C., Dunn, D.E., Kretschmer, L.W., Lemasters, G.K., Keith, R.W.: Effects ofoccupational exposure to organic solvents and noise on hearing. Scand. J. WorkEnviron. Health 19, 1993, 245-254• Morata, T.C., Fiorine, A.C., Fischer, F.M., Colacioppo, S., Wallingford, K.M., Krieg,E.F., Dunn, D.E. Gozzoli,L., Padrao, M.A., Cesar. C.L.G.: Toluene-induced hearingloss among rotogragravure printing workers. Scand. J. Work Environ. Health 23,1997, 289-298• Morata, T.C., Johnson, A., Nylen, P., Svensson, E.B., Cheng, J., Krieg, E.F.,Lindblad. A., Ernstgard, L., Franks, J.: Audiometric Findings in Workers Exposed toLow Levels of Styrene and Noise. J. Occup. Environ. Med. 44, 2002, 806-814• Schäper, M., Demes, P., Zupanic, M., Blaszkewicz, M., Seeber, A.: Occupationaltoluene exposure and auditory function: Results from a follow-up study. Annals ofOccupational Hygiene 47 (6), 2003, 493-502• Sliwinska-Kowalska, M., Zamyslowska-Szmytke, E., Szymszak, W., Kotylo, P.,Fiszer, M., Wesolowski, W., Pawlczyk-Luszczynska, M.: Exacerbation of noiseinducedhearing loss by workplace chemicals. Environmental Toxicology andPharmacology 19 (3), 2005, 547-554871


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGOtotoxische Arbeitsstoffe und Lärm – Bilanz und AusblickJürgen MildeBG-Zentrale für Sicherheit und Gesundheit (BGZ), HVBG, Sankt AugustinMit Inkrafttreten der LärmVibrArbschV hat der Arbeitgeber bei derGefährdungsbeurteilung festzustellen, ob seine in Lärmbereichen tätigen Beschäftigtenmit Gefahrstoffen zu tun haben, die das Ohr schädigen und ob aufgrund dieser Tätigkeiteine Gefährdung besteht. Neben der grundsätzlichen Frage, was den europäischenGesetzgeber veranlasst hat, dieses Thema in der Richtlinie zu verankern, stellt sich dieFrage, was wissen wir über ototoxische Arbeitsstoffe? Diese Frage gab Anstoß für eineFachveranstaltung des HVBG im Juni 2006 auf der erörtert wurde• wie der Kenntnisstand über die schädliche Wirkung von Arbeitsstoffen auf dasInnenohr aussieht,• wie hoch die Gefährdungen sind und• wie man den aus der betrieblichen Praxis zu erwartenden Fragen begegnen könnte.Ototoxizität (wörtlich übersetzt „Ohrgiftigkeit“) bezeichnet Substanzen, die zu einerSchädigung von Gehör, Gleichgewichtsorgan aber auch des VIII. Hirnnervs führen. Sindnun Substanzen gemeint, die in jedem Fall sowohl die Sinneszellen in der Peripherie alsauch die Neuronen im ZNS schädigen – oder ist es hinreichend, wenn auf einer derbeiden Ebenen Schäden verursacht werden? Und im letzteren Fall, wie scharf wäre danneine Trennlinie zur Neurotoxizität? Bereits bei dieser Frage stößt man an Grenzen,jedoch wird man sie beantworten müssen, wenn man den Mechanismen derPathogenese auf die Spur kommen möchte.Die Haarzellen des Innenohres arbeiten an der Grenze des physikalisch realisierbaren.Hier finden wir extreme sensorische Empfindlichkeit gepaart mit hohen Anforderungenan den Metabolismus – ein ideales Ziel für schädigende Stoffe. Die Annahme, dassadverse Stoffeffekte äußere Haarzellen vor allen anderen Sinneszellen treffen könnten,ist aus dieser Sicht plausibel.Gesicherte Erkenntnisse am Menschen für derartige Zusammenhänge liegen aus demBereich ototoxischer Arzneistoffe vor. Im klinischen Bereich gibt es eine Reihe vonArzneimitteln, die ototoxische Nebenwirkungen aufweisen - bestimmte Antibiotika(Aminoglykoside), Zytostatika (cis-Platin), Schleifendiuretika aber auch Salizylate(Aspirin) und Chinin. Im Gegensatz zur Arbeitswelt, wo ototoxische Stoffe schleichendund unbemerkt in den Körper gelangen können, handelt es sich in der Medizin um einebewusste Entscheidung unter Güterabwägung von Schaden und Nutzen. Zudem bestehtdie Möglichkeit eine therapeutisch erforderliche Verabreichung ototoxischerMedikamente durch einen Hörtest zu begleiten, um im Fall der Fälle sofort korrigierendeingreifen zu können. Nimmt man das Wissen um ototoxische Arzneimittel als Messlatte872


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGist festzuhalten, dass über ototoxische Arbeitsstoffe vergleichsweise wenig gesicherteErkenntnisse vorliegen.In der Arbeitswelt scheint sich das Phänomen der Ototoxizität auf Lösungsmittel,Schwermetalle, Kohlenmonoxid und Zyanide zu beschränken. Hier wäre es von Vorteilanalog zur Liste neurotoxischer Lösungsmittel eine vergleichbare Liste ototoxischerLösungsmittel in Händen zu habenEin weiteres Problem stellen mögliche Kombinationswirkungen von ototoxischen Stoffenmit Lärm dar. Schließlich haben wir es hier mit zwei völlig unterschiedlichenEinwirkungen zu tun, die eine physikalischer - die anderer chemischer Natur. Schädigensie das Gehör in gleicher Weise oder gibt es spezifische Kriterien, die es erlaubenchemisch und physikalisch verursachte Effekte zu trennen? Und wie sehen Interaktionenaus? Addieren sich die einzelnen Effekte oder müssen gar überadditive Mechanismeneinkalkuliert werden?Wenn man das Thema in der wissenschaftlichen Literatur verfolgt, dann fällt auf, dass esgewisse Epizentren gibt, die das Thema auf internationaler Ebene in Schwung gebrachthaben und in Schwung halten. Wo diese Zentren liegen und wie man ihre Ergebnisseunter Berücksichtigung aktueller Expositionen am Arbeitsplatz bewerten kann, ist imBeitrag von Seeber näher ausgeführt.Die EU-Kommission hat unter dem Titel „NoiseChem“ eine multi-zentrische, multinationaleStudie gefördert, die den Effekten kombinierter Expositionen gegenüber Lärmund Chemikalien gewidmet war. Das Projekt ist seit Frühjahr 2005 beendet, ohne dassein Abschlussbericht erschienen wäre. Dennoch wurden und werden bestimmte unddurchaus brisante Kernaussagen unter Bezug auf NoiseChem veröffentlicht:• Die berufliche Exposition gegenüber organischen Lösungsmitteln geht mit einererhöhten Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines Gehörverlustes einher.• Gehörverluste treten bereits unterhalb derzeit gültiger Grenzwerte auf• Kombinationsbelastungen sind mit erheblich höherem Risiko behaftet alsExpositionen gegenüber Lärm oder ototoxischen Arbeitsstoffen alleine.Aus der Praxis des Arbeitsschutzes lassen sich diese Aussagen bisher nicht bestätigen.Ziehen wir ein Fazit:• Bei den ototoxischen Arbeitsstoffen handelt es sich um eine Vielfalt von Chemikalienmit unterschiedlichen Eigenschaften, deren Toxikologie und Risikopotenzial für dasGehör nicht hinreichend genau bekannt ist. Vermisst werden vor allemBetrachtungen zu Pathomechanismen, Dosis-Wirkungs-Beziehungen undEffektschwellen.• Die wissenschaftlichen Befunde am Menschen leiden unter Problemen bei derpräzisen Expositionserfassung und liefern kaum Erkenntnisse im Bereich geringer873


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGExpositionen, wie sie an aktuellen Arbeitsplätzen vorkommen. Ebenso fehlenbelastbare Daten über die möglichen Kombinationswirkungen von Lärm undototoxischen Arbeitsstoffen.• Handfeste Hinweise auf Probleme aus der Praxis des Arbeitsschutzes fehlen.• Die Wissensdefizite gestatten es zurzeit nicht, mit der nötigen Genauigkeitfestzustellen, ob und von welchen der unter Verdacht stehenden Stoffe in derArbeitswelt substanzielle Risiken ausgehen und unter welchen Arbeitsbedingungensie zum Tragen kommen könnten.Was kann man nun angesichts dieser Sachlage tun, wie soll man in der Praxis mitdieser neuen Herausforderung umgehen? Im Positionspapier des AusschussesARBEITSMEDIZIN, das auf den Ergebnissen der Fachveranstaltung beruht, wirdfolgendes festgestellt:1) Bei Einhaltung der derzeit gültigen Grenzwerte für ototoxische Arbeitsstoffe ist einwesentlicher Hörverlust wenig wahrscheinlich.2) Ein erhöhtes Risiko kann bei Tätigkeiten mit ototoxischen Arbeitsstoffen auftreten,wenn es zu Überschreitungen der Grenzwerte kommt.3) Lärm ist der stärkste Risikofaktor für Hörschäden. Bei zusätzlicher hoher Expositiongegenüber ototoxischen Gefahrstoffen sind auf der Basis des derzeitigenErkenntnisstandes Effekte in der Größenordnung anderer Confounder, wie z.B.Zigarettenrauch oder genetisch bedingte erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Lärm,nicht auszuschließen. Die Bekämpfung der Lärmschwerhörigkeit besitzt weiterhinallererste Priorität.Der Fokus sollte sich somit auf Arbeitsplätze mit erhöhtem Risiko richten. Wo heißt esvorsichtig zu sein? Wie im Beitrag von Ponto vorgestellt, wurden im GewerbezweigMetall in einer ersten Risikoanalyse Arbeitsbereiche mit Expositionen von Lärm undototoxischen Arbeitsstoffen ermittelt, denen künftig besondere Aufmerksamkeit zuwidmen sein wird. Parallel dazu werden die zentral beim BGIA angesiedeltenExpositionsdatenbanken MEGA (Gefahrstoffe) und OMEGA (Lärm) derzeitzusammengeführt, um weitere Hinweise auf Gruppen zu gewinnen, die durchKombinationsbelastungen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sein könnten.Im Positionspapier ist zusätzlich eine Reihe von Empfehlungen festgehalten, die alsLeitlinie für das weitere Handeln dienen können:• Unterstützung von Maßnahmen des Risikomanagements mit dem Ziel der Senkungder Exposition gegenüber ototoxischen Arbeitsstoffen (Substitution,Emissionsminderung, Änderung der Verfahrenstechnik, etc.)874


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBG• Förderung der öffentlichen Risikokommunikation unter Einbeziehung allerAnsprechpartner (Hersteller, Anwender, Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte)• Verankerung der Problematik in der Arbeitsmedizinischen Vorsorge (Aufklärung undBeratung von Arbeitgebern sowie Beschäftigten, Berücksichtigung bei derAnamnese)• Entwicklung von Früherkennungsinstrumenten• Unterstützung wissenschaftlich basierter Ansätze (z.B. Längsschnittstudien) zurCharakterisierung des Risikopotenzials ototoxischer Arbeitsstoffe und derKombinationswirkungen mit Lärm im Hinblick auf die Gefährdungsbeurteilung• Einbeziehung des Endpunktes „Ototoxizität“ bei Festlegungen vonArbeitsplatzgrenzwerten• Erarbeitung einer abgestimmten Liste ototoxischer Arbeitsstoffe analog zur Listeneurotoxischer Lösungsmittel im Zusammenhang mit der BK 1317Hintergrund dieser Empfehlungen ist das Vorsorgeprinzip der EU-Kommission, das auchbei Vorliegen unzureichender, nicht eindeutiger oder unsicherer wissenschaftlicher Datenein ausreichend hohes Schutzniveau der Beschäftigten fordert, um mögliche Risiken zuminimieren. Dabei gilt es, beim weiteren Umgang mit der Problematik ototoxischerArbeitsstoffe unbedingt das rechte Maß zu wahren und sich der im Verhältnis zurLärmschwerhörigkeit limitierten Bedeutung des möglichen neuen Problems bewusst zusein.Weitere Informationen im Internet unter www.hvbg.de, Webcode: 2162018.875


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGNeue Entwicklungen zu den Berufskrankheiten der WirbelsäuleStephan BrandenburgBerufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, HamburgSeit ihrem Inkrafttreten zum 1.1.1993 stellen die mit einer zeitlich beschränktenRückwirkung eingeführten Berufskrankheitentatbestände für verschleißbedingteWirbelsäulenerkrankungen Nr. 2108-2110 vor allem für die medizinische Begutachtungeine besondere Herausforderung dar. Trotz der mittlerweile vorliegenden umfangreichengutachterlichen Erfahrungen und der Bestrebungen, eine nachvollziehbareBegutachtungspraxis zu entwickeln, werden viele zentrale Aspekte wie z.B. dieBeurteilung konkurrierender Ursachenfaktoren nicht einheitlich gesehen. Um denverschiedenen Schwierigkeiten und unterschiedlichen Auffassungen zu begegnen, hates in jüngster Zeit eine Reihe von Neuerungen in Bezug auf die Berufskrankheiten derWirbelsäule gegeben:I. Konsensus-Arbeitsgruppe „Medizinische Beurteilungskriterien bei denBerufskrankheiten der Lendenwirbelsäule“II. Deutsche WirbelsäulenstudieIII. BK-Nr. 2110: Neues Merkblatt für die ärztliche UntersuchungIV. BK-Nr. 2108: Neues Merkblatt für die ärztliche UntersuchungV. Aktuelle RechtsprechungZu IIn den Ausgaben 3 und 4/2005 der Zeitschrift „Trauma und Berufskrankheit“ sind dieErgebnisse der interdisziplinär zusammengesetzten Arbeitsgruppe „MedizinischeBeurteilungskriterien bei den Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule“ veröffentlichtworden. Teil I enthält medizinische Beurteilungskriterien zum belastungskonformenKrankheitsbild und Ausführungen zur Bewertung möglicher Konkurrenzursachen; Teil IIbefasst sich mit Fragen des Unterlassungszwangs und der Einschätzung der Minderungder Erwerbsfähigkeit.Zu IIIm Herbst 2002 wurde die Deutsche Wirbelsäulenstudie initiiert. Es handelt sich bei ihrum eine epidemiologische Fall-Kontroll-Studie zur Untersuchung von Dosis-Wirkungsbeziehun-gen bei der BK-Nr. 2108. Ihre Ergebnisse werden erstmals imRahmen des Symposiums 5 am 23.3.<strong>2007</strong> vorgestellt. Die Deutsche Wirbelsäulenstudieist daraufhin konzipiert, auf der Grundlage einer differenzierten, durch innerbetrieblicheErhebungen abgesicherten Ermittlung der beruflichen Belastungen den Zusammenhangzwischen definierten kumulativen Belastungen und der Diagnose einerbandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule bei Männern und Frauen zuuntersuchen.876


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGZu IIIDas Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung hat im Bundesarbeitsblatt7/2005, Seiten 43 ff. und 8-9/2005, Seite 47 seine Bekanntmachung vom 01.05.2005 zudem vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat, Sektion „Berufskrankheiten“,beschlossenen Merkblatt zu der BK-Nr. 2110 amtlich veröffentlicht. Das Merkblatt zurBK-Nr. 2110 in der Fassung der Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeitund Sozialordnung vom 18.12.1992 wurde überarbeitet. Die medizinischenAusführungen wurden an einigen Stellen präzisiert. Neu aufgenommen wurdebeispielsweise der ausdrückliche Hinweis, dass Belastungen im Sinne der BK 2108 unddie Einwirkungen von Ganzkörper-Schwingungen als synergistisch wirkendeBelastungen zu betrachten sind.Zu IVDas Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Bundesarbeitsblatt 10/2006,Seiten 30 ff. seine Bekanntmachung vom 01.09.2006 zu dem vom ÄrztlichenSachverständigenbeirat, Sektion „Berufskrankheiten“, beschlossenen Merkblatt zur BK-Nr. 2108 amtlich veröffentlicht. Das Merkblatt zur BK-Nr. 2108 in der Fassung derBekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 18.12.1992wurde überarbeitet. Schwerpunkt war dabei die Beurteilung der arbeitsbedingtenBelastungen. Beispielsweise sind isolierte Beanspruchungen der Wirbelsäule durchZiehen oder Schieben von Lasten nach wie vor bei der BK-Nr. 2108 nicht zuberücksichtigen.Zu V• BSG, Urteil vom 18.03.2003, B 2 U 13/02 R, www.bsg.bund.de:Das Mainz-Dortmunder-Dosismodell ist derzeit ein geeignetes Modell, um diekritische Belastungsdosis eines Versicherten durch langjähriges Heben und Tragenschwerer Lasten für eine Arbeitsschicht und für das Berufsleben zu ermitteln und inBeziehung zu setzen.• BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 34/03 R, www.bsg.bund.de:Es gibt keinen medizinischen Erfahrungssatz des Inhalts, dass schwere körperlicheBelastungen am Arbeitsplatz nur dann generell geeignet sind, einebandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule herbeizuführen, wenn siewenigstens zehn Jahre lang angehalten haben.• BSG, Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 12/04 R, SozR 4-5671 Anl 1 2108 Nr 2:Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule liegt vor, wenn nebeneinem durch Veränderungen an der Bandscheibe verursachten objektiviertenSchaden chronische oder chronisch wiederkehrende Beschwerden mitFunktionseinschränkungen gegeben sind.877


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBG• BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 13/05 R, www.bsg.bund.de:Welche Bedingungen für die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangszwischen beruflichen Belastungen und Krankheitsentstehung erfüllt sein müssen undwelche Faktoren für oder gegen einen solchen Zusammenhang sprechen, ist stetsauf der Grundlage des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wie z.B. derKonsensusempfehlungen zu entscheiden. Dieser Erkenntnisstand muss deshalb –ggf. unter Zuhilfenahme von Sachverständigen – vom Gericht ermittelt und seinerEntscheidung zu Grunde gelegt werden.• BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 9/05 R, www.bsg.bund.de:In einem solchen Fall, in dem die Einwirkungen durch das Heben und Tragen vonLasten und durch die vertikalen Ganzkörperschwingungen zusammengewirkt haben,ohne dass es möglich ist, die beiden schädlichen Einwirkungen getrennt zu bewertenund ihre Verursachungsanteile zu quantifizieren, ist vom nebeneinander Vorliegenbeider Berufskrankheiten auszugehen. Die Auswirkungen der beidenBerufskrankheiten auf die Erwerbsfähigkeit können nicht getrennt bewertet werden,vielmehr ist eine gemeinsame MdE zu bilden.• BSG, Urteil vom 27.06.2006, B 2 U 20/04 R, www.bsg.bund.de:Zwar ist dem Wortlaut der BK-Nr. 2110 für die Notwendigkeit einerMindestbelastungsdosis nichts zu entnehmen. Aus dem Fehlen einer Angabe zumGrad der erforderlichen Einwirkungen kann aber nicht gefolgert werden, dassGanzkörperschwingungen schlechthin, unabhängig von ihrer Intensität und Stärke,als geeignet angesehen werden, Bandscheibenschäden zu verursachen, sofern sienur langjährig einwirken.Wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Möglichkeiten der Krankheitsverursachungdurch schädliche Einwirkungen am Arbeitsplatz sind keine Tatsachen desEinzelfalles, sondern allgemeine (generelle) Tatsachen, die für alle einschlägigen BK-Fälle gleichermaßen von Bedeutung sind. Ihre Ermittlung dient nicht nur derAnwendung allgemeiner oder spezieller Erfahrungssätze auf einen konkretenSachverhalt. Vielmehr geht es um die Feststellung so genannter Rechtstatsachen,die für die Auslegung, d.h. für die Bestimmung des Inhalts einer Rechtsnorm – hierder BK-Nr. 2110 – benötigt werden. Solche Rechtstatsachen unterliegen nicht der in§ 163 SGG angeordneten Bindung des Revisionsgerichts an tatrichterlicheFeststellungen. Es obliegt dem BSG, Feststellungen, die der Konkretisierung einer imTatbestand der Berufskrankheit geforderten arbeitstechnischen Voraussetzungdienen, auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen.• LSG Hamburg, Urteil vom 11.08.2006, L 3 U 27/98, UVR 3/<strong>2007</strong>, 149-162:Zur Überzeugung des Senats geben die Konsensusempfehlungen den aktuellen878


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGStand der Wissenschaft wieder. Danach ist für die Anerkennung von entsprechendenSchäden als Berufskrankheit das Vorliegen eines belastungskonformenSchadensbildes Voraussetzung. Dieses werde beschrieben durch den Vergleich derVeränderungen zwischen Beschäftigten mit hoher Wirbelsäulenbelastung und derNormalbevölkerung hinsichtlich der Kriteriena. Lebensalter beim Auftreten der Schädigungb. Ausprägungsgrad in einem bestimmten Alterc. Verteilungsmuster der Bandscheibenschäden an der Lendenwirbelsäuled. Lokalisationsunterschiede zwischen biomechanisch hoch und mäßig belastetenWirbelsäulenabschnitten der gleichen Persone. Entwicklung einer Begleitspondylose (Randzackenbildung an den Wirbelkörpern).Danach seien Grundvoraussetzungen für die Anerkennung als Berufskrankheit zumeinen eine nachgewiesene bandscheibenbedingte Erkrankung, wobei der bildgebenddarstellbare Bandscheibenschaden seiner Ausprägung nach altersuntypisch seinmüsse, und zum anderen eine ausreichende berufliche Belastung, wobei diese eineplausible zeitliche Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingtenErkrankung aufweisen müsse. Die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangsnehme mit der Länge des Zeitraums zwischen Ende der Exposition und erstmaligerDiagnose der Erkrankung ab. Erst bei Erfüllung dieser Grundvoraussetzungen seiabzuwägen, ob ein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich sei. Diese Abwägunghabe unter folgenden Kriterien zu erfolgen:- eine Betonung der Bandscheibenschäden an den unteren drei Segmenten derLendenwirbelsäule spreche für einen Ursachenzusammenhang,- ein Befall der Hals- und/oder Brustwirbelsäule könne je nach Fallkonstellationgegen einen Ursachenzusammenhang sprechen,- eine Aussparung der beiden unteren Lendenwirbelsäulensegmente spreche gegeneine berufliche Verursachung,- eine Begleitspondylose müsse über das Altersmaß hinausgehen und mindestenszwei Segmente betreffen, um eine positive Indizwirkung für eine berufsbedingteVerursachung zu haben,- bei monosegmentaler Höhenminderung im Röntgenbild ohne Begleitspondylosesprächen Plausibilitätsüberlegungen bei fehlendenmagnetresonanztomographischen Begleitbefunden eher gegen das Vorliegen einerBerufskrankheit, wenn das 45. Lebensjahr überschritten ist.879


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGExpositionsermittlung der WirbelsäulenbelastungRolf EllegastBerufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA); Sankt AugustinGezielte präventive Maßnahmen am Arbeitsplatz setzen die genaue Kenntnisarbeitsplatzspezifischer Expositionen voraus. Dies gilt sowohl für dieVerhaltensprävention, bei der durch gezielte Schulung des Beschäftigten bzgl. seinesArbeitsverhaltens (z.B. korrekte Lastenhandhabung) Belastungen vermindert werdensollen, als auch für die Verhältnisprävention, bei der Gleiches durchArbeitsplatzgestaltung erreicht werden kann.Exposition findet dann statt, wenn der Organismus bestimmten Belastungsfaktorenausgesetzt ist. Bezüglich der Wirbelsäulenbelastungen sind vor allem folgendeBelastungen relevant:• Biomechanische (z.B. bei der Lastenhandhabung)• Physikalische (z.B. bei Ganzkörpervibrationseinwirkung)• Psychosoziale (z.B. Stress)In den berufsgenossenschaftlichen Präventionsaktivitäten spielen alle dreiWirbelsäulenbelastungsarten eine Rolle. In den folgenden Ausführungen wird vor allemdie erste Belastungsart im Mittelpunkt stehen.Unter äußeren biomechanischen Wirbelsäulenbelastungen sind insbesondere die ausder Tätigkeit resultierenden Körperhaltungen und –bewegungen sowie die z. B. bei dermanuellen Lastenhandhabung auf die Arbeitsperson einwirkenden Kräfte zu verstehen.Mithilfe biomechanischer Modellrechnungen können die äußerenWirbelsäulenbelastungen dann in innere biomechanische Belastungsgrößen, wie z.B.Bandscheibenkompressionskräfte, umgerechnet werden (siehe z. B. [1]). Durch dieVielzahl der verschiedenen äußeren biomechanischen Belastungsfaktoren ist eineBewertung von potenziellen Risiken für die Wirbelsäule im Arbeitsprozess oftmalskomplex. Während z. B. beim Möbelpacker eine erhöhte Wirbelsäulenbelastung aufgrundvon häufigem Heben und Tragen schwerer Lastgewichte zu finden ist, ist beimBauhelfer während Schaufeltätigkeiten eine Wirbelsäulenbelastung aufgrund derHandhabung leichterer Lastgewichte in ungünstiger Körperhaltung bei ungünstigenHebelverhältnissen zwischen Last und Körper zu beobachten. Beim Elektroinstallateurbesteht eine erhöhte Belastung der Wirbelsäule aufgrund lange andauernder statischerOberkörperhaltungen, während der Gleisbauer eine erhöhte Wirbelsäulenbelastungdurch das Aufbringen hoher Aktionskräfte in ungünstiger Körperhaltung beim Ziehen undSchieben, z. B. von Schleifmaschinen ausgesetzt ist. Hinzu kommt, dass die zeitlicheVerteilung der Belastungen während des Arbeitstages eine entscheidende Rolle bei derRisikobewertung spielt. Kriterien hierfür sind z. B.880


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBG• die Dauer und Häufigkeit von belastenden Einzelvorgängen,• die Verteilung von Erholungs- und Belastungszeiten während der Arbeitsschicht,• der Anteil an repetitiven Tätigkeiten während der Arbeitsschicht.In den letzten Jahren sind von den Berufsgenossenschaften verschiedeneStrategien/Methoden zur Erfassung und Bewertung von Wirbelsäulenbelastungeneingesetzt worden. Diese unterscheiden sich je nach Anwendungsgebiet imGenauigkeitsanspruch, mit denen die Expositionen erhoben und dementsprechendspätere präventive Schlussfolgerungen gezogen werden können. Prinzipiell können diefolgenden Kategorien von Verfahren mit ihren jeweiligen Anwendungsgebietenunterschieden werden:• Retrospektive Verfahren, mit denen eine retrospektive Expositionsermittlung zurAbschätzung von Belastungen, z. B. über ein ganzes Berufsleben, erfolgt,• Screening-Verfahren, mit denen eine schnelle Belastungsermittlung am Arbeitsplatzhinsichtlich genau festgelegter Risiken durchgeführt wird,• Expertenverfahren für die Praxis, bei denen mittels intensiver Beobachtung oderMessverfahren eine zeitliche Dokumentation und Bewertung auch von komplexenArbeitsabläufen erfolgt,• Laborverfahren, in denen Arbeitsplatzsituationen nachgestellt werden und mit Hilfevon Messsystemen sehr genau analysiert werden können.Im Folgenden werden die verschiedenen Verfahrensarten anhand von praktischenBeispielen verdeutlicht.Retrospektive Verfahren zur Ermittlung von Wirbelsäulenbelastungen müssen immerdann angewendet werden, wenn die zu untersuchenden Arbeitsplätze nicht mehrzugänglich sind bzw. es sich um eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsplätze handelt.Dies ist bei der Rekonstruktion von Expositionen über längere Zeiträume, z. B. in BK-Feststellungsverfahren, wo mitunter Belastungen ganzer Arbeitsleben nachvollzogenwerden, oder in epidemiologischen Studien, notwendig. Ein Beispiel einer mehrstufigenretrospektiven Belastungsermittlung wurde in der gerade abgeschlossenen „DeutschenWirbelsäulenstudie (DWS)“, einer epidemiologischen Fall-Kontrollstudie zur Klärung derDosis-Wirkungsbeziehungen zwischen kumulativer beruflicher Belastung und derDiagnose einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule, eingesetzt[2].Screening-Verfahren richten sich in erster Linie an den betrieblichen Praktiker undermöglichen im Sinne einer Gefährdungsbeurteilung eine schnelle Einschätzung dervorliegenden Belastung. Sie geben erste Hinweise für mögliche präventive Ansätze. EineZusammenstellung entsprechender Verfahren findet sich in den Auswahlkriterien für diespezielle arbeitsmedizinische Vorsorge nach dem Berufsgenossenschaftlichen881


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGGrundsatz G 46 „Belastungen des Muskel- und Skelettsystems“ (BGI 504-46) [3] und imBGIA-Report 4/2005 [4].Expertenverfahren werden in der Praxis zur Analyse von komplexen Arbeitsabläufeneingesetzt. Ein Beispiel für ein bei den Berufsgenossenschaften in den letzten Jahren ofteingesetztes Verfahren ist das CUELA-Messsystem (Computer unterstützte Erfassungund Langzeitanalyse von Muskel-Skelettbelastungen) zur kontinuierlichen Erfassung undAnalyse von Wirbelsäulen- und anderen Muskel-Skelettbelastungen an Arbeitsplätzen.Dieses System besteht aus Miniatur-Sensoren, die auf der Arbeitskleidung angebrachtwerden und äußere biomechanische Belastungsparameter (Körper-/Gelenkbewegungenund einwirkende Kräfte) in hoher Auflösung über mehrstündige Messzeiten erfassen undanalysieren [5]. Das CUELA-Verfahren eignet sich besonders gut zur Identifizierung vonBelastungsschwerpunkten im Arbeitsablauf und damit zur Einleitung von zielgerichtetenPräventionsmaßnahmen. Nach Implementierung dieser Maßnahmen können derenbelastungsreduzierende Wirkungen mit dem Messsystem evaluiert und quantifiziertwerden. Die hierdurch gewonnenen Erkenntnisse können für konkrete Empfehlungen derVerhaltens- und Verhältnisprävention in branchenspezifischen Handlungsanleitungen fürdie Praxis aufbereitet und auch kleineren Betrieben zugänglich gemacht werden. DiesePräventionsstrategie wurde erfolgreich u. a. an Näharbeitsplätzen [6,7] und imRaumausstatterhandwerk angewandt.Bei spezifischen Fragestellungen, z. B. im Rahmen von Forschungsprojekten, die einenhohen Genauigkeitsgrad bei der Belastungsermittlung und –analyse erfordern, ist derEinsatz von Laborverfahren notwendig. Mithilfe präziser Messdaten der äußerenBelastungsfaktoren lassen sich innere Wirbelsäulenbelastungskenngrößen, wie z. B.Bandscheibenkräfte und –momente, berechnen. Derartige Verfahren wurden z. B. zurUntersuchung von Wirbelsäulenbelastungen von Flugbegleiterinnen beim Ziehen undSchieben von Servicewagen (Trolleys) in Flugzeugen eingesetzt. Aus den Ergebnissenkonnten konkrete Präventionsempfehlungen in Abhängigkeit verschiedenertätigkeitsspezifischer Randbedingungen (Handhabungsart, Trolleytyp und –masse,Neigung des Flugzeuges) abgeleitet werden [8].Die Expositionsermittlung von Wirbelsäulenbelastungen und deren Bewertung stellt einewichtige Voraussetzung sowohl für die Prävention als auch für die einheitliche Bewertungin BK-Feststellungsverfahren dar. Zur Archivierung und Recherche berufs- undtätigkeitsspezifischer Wirbelsäulenbelastungsdaten wurde das bisher für Gefahrstoff-,Lärm- und Vibrationsdaten genutzte BGIA-Datenbanksystem „OMEGA“ um einentsprechendes Modul „Muskel-Skelettbelstungen“ erweitert [9]. Es wurde damitbegonnen, bisher erfasste Belastungsprofile von Arbeitsplätzen verschiedener Branchenin die OMEGA-Datenbank, deren Struktur später eine expositionsübergreifende Analyse882


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGzulässt, einzustellen. Neben Wirbelsäulenbelastungsdaten sieht das System auch eineArchivierung von anderen berufsbezogenen Muskel-Skelettbelastungsdaten der unterenund oberen Extremität vor. Die hierdurch gewonnenen Belastungskataster könntenzukünftig auch in epidemiologischen Untersuchungen genutzt werden.Literatur[1] Jäger, M., Luttmann, A., Der Dortmunder Denkansatz zur biomechanischenAnalyse der Wirbelsäulenbelastung bei Lastenhandhabungen, Z. ARB. WISS.,59, 2005/3, S. 249-262.[2] Bolm-Audorff, U., Ellegast, R., Grifka, J.; Haerting, J.; Hering-v.Diepenbroick, V.;Hofmann, F.; Jäger, M.; Seidler und die DWS-Studiengruppe, Design derDeutschen Wirbelsäulenstudie. Hofmann – Reschauer- Stößel (Hrsg.), EditionFFAS, Bd. 17, 2004, Freiburg, S.194-205.[3] BGI 504-46: Auswahlkriterien für die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge nachdem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 46 „Belastungen des Muskel- undSkelettsystems. Arbeitsmedizin Sozialmedizin Präventivmedizin, 40, 2005, S. 528– 540.[4] BGIA-Report 4/2005, Fachgespräch Ergonomie 2004. HVBG (Hrsg,), 2005, SanktAugustin, http://www.hvbg.de/d/bia/pub/rep/rep05/bgia0405.html.[5] Ellegast, R.P., Kupfer, J., Portable posture and motion measuring system for usein ergonomic field analysis, In: Landau, K. (Hrsg.), Ergonomic Software Tools inProduct and Workplace Design, Ergon, Stuttgart, 2000, S. 47-54.[6] Ellegast R., Herda C., Hoehne-Hückstädt U., Lesser W., Kraus G., Schwan W.,Ergonomie an Näharbeitsplätzen, HVBG (Hrsg.), BIA-Report 7/2004, SanktAugustin, 2004, http://www.hvbg.de/d/bia/pub/rep/rep04/bia0704.html.[7] BGI 804-2: Ergonomie an Näharbeitsplätzen – Handlungsanleitung, Textil- undBekleidungs-BG (Hrsg.), Augsburg, 2005, http://www.textil-bg.de/<strong>Download</strong>/BGI-804-2_TBBG.pdf.[8] Glitsch, U., Ottersbach, H.J., Ellegast, R., Hermanns, I., Feldges, W., Schaub, K.,Berg, K., Winter, G., Sawatzki, K., Voß, J., Göllner, R., Jäger, M., Franz, G.,Untersuchung der Belastung von Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern beimSchieben und Ziehen von Trolleys in Flugzeugen, HVBG (Hrsg.), BIA-Report5/2004, 2004, Sankt Augustin,http://www.hvbg.de/d/bia/pub/rep/rep04/bia0504.html.[9] Ditchen, D., Ellegast, R., Development of a database for analysis of and researchinto occupational strains on the spinal column. In: McCabe, P.T. (Edit):Contemporary Ergonomics 2004, Taylor & Francis, UK, 2004, S. 202-206.883


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGPrävention von Wirbelsäulenerkrankungen – Vorgehen in derbetriebsärztlichen PraxisMichael SpallekLeitender Werkarzt Vokswagen Nutzfahrzeuge, HannoverIm der arbeitsmedizinischen Praxis sind Fragen zur Belastbarkeit der Wirbelsäule unddes Stütz- und Bewegungsapparates nicht nur im Rahmen einer Versorgung aufgrundakuter Beschwerden, sondern auch beispielsweise bei Einstellungs- oderEignungsuntersuchungen und Wiedereingliederungen an der Tagesordnung.Insbesondere bei Beurteilungen zur Einsatzmöglichkeit aufgrund chronifizierterWirbelsäulenerkrankungen oder nach Operationen, bei tätigkeitsbezogenen Problemenam Arbeitsplatz wie auch im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen isteine sinnvolle betriebliche wie auch individuelle Prävention nur möglich, wenn derArbeitsmediziner in der Lage ist, sich selbst umfassend über verbleibende Funktionenbzw. Störungen am Bewegungsapparat ein Bild zu verschaffen. Schließlich spiegelt sichauch im beruflichen Alltag die besondere epidemiologische Situation und diesozioökonomische Bedeutung der „Volkskrankheit Rückenbeschwerden“ wieder. Obwohlin den letzten Jahren in nahezu allen Branchen die Arbeitsunfähigkeitszeiten fürRückenerkrankungen deutlich rückläufig sind, beinhaltet die Hauptdiagnosegruppe„Muskel- und Skeletterkrankungen“ in der Krankheitsartenübersicht der deutschen BKKfür VW Nutzfahrzeuge in Hannover immer noch nahezu ebensoviel Fälle wie die Gruppeder Atemwegserkrankungen. In beiden Gruppen werden fast 50 % derArbeitsunfähigkeitsfälle in 2005 erfasst, wobei die Muskel-Skeletterkrankungenhinsichtlich der Arbeitsunfähigkeitsdauer eindeutig dominieren.Für zielführende Präventionsaktivitäten ist ein aufeinander aufbauendes modularesVorgehen unter Berücksichtigung folgender Inhalte notwendig:• Gefährdungsbeurteilung des aktuellen Arbeitsplatzes und Belastungsabschätzung• Anamnese und Vorbefunde zu Erkrankungen des Bewegungsapparates• Gezielte Funktionsuntersuchung• Möglichkeit der unterstützenden Beurteilung durch Assessmentverfahren• Beanspruchungsabschätzung und Bewertungskriterien• Konkurrierende oder ergänzende Faktoren• BeratungsaspekteDie unabdingbar erforderliche Kenntnis der Gefährdungsbeurteilungsdaten zuBelastungen am aktuellen Arbeitsplatz ist für alle Erkrankungen desBewegungsapparates von großer Bedeutung. Dies betrifft nicht nur dieLastenhandhabung oder anderweitige körperliche Schwerarbeit, sondern auch Arbeitenmit Zwangshaltungen oder großen Anteilen haltungskonstanter Arbeiten, z.B.884


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGÜberkopfarbeiten oder Tätigkeiten in knieender oder hockender Haltung sowie manuellrepetitiveArbeiten mit hohen Belastungen beispielsweise der Unterarme undHandgelenke.Die Gefährdungsbeurteilung kann im Hinblick auf Belastungen des Bewegungsapparatesin 2 Stufen erfolgen. Mit Hilfe einer einfachen orientierenden Checkliste werden die inFrage kommenden Arbeitsplätze auf die Notwendigkeit einer detaillierteren Bewertung,z.B. zu Lastenhandhabung o.ä. durch den Betriebsarzt in Kooperation mit demUnternehmer und der Sicherheitsfachkraft überprüft. Falls notwendig können dann für diedetailliertere Beurteilung erprobte Verfahren wie Leitmerkmalmethode fürHeben/Tragen/Ziehen oder Schieben, eine Grenzlastermittlung nach DIN EN 1005-2resp. das Ergon-Lift-PC-Programm und bei komplexeren Fragestellungen auch dasCuela-Meßverfahren oder die MDD Kriterien Hilfestellung bieten (vgl. BGI 504-46, imInternet verfügbar unter http://www.hvbg.de/d/bgz/praevaus/amed/bg_grund/g46/)Zur zielgerichteten Anamnese am Bewegungsapparat existiert ein strukturierterzweiseitiger Anamnesevorschlag, der bei einer Untersuchung nach G 46 sowohl gezieltnach eigenanamnestischen Daten und evtl. vorhandenen Vorbefunden des Mitarbeitersfragt wie auch eine problembezogene ärztliche Anamnese bis zu Schmerzbewertung unddifferenzialdiagnostischen Einschätzunge der Beschwerdesymptomatik zuläßt [1]. Meistergeben sich aus der Anamnese bereits wichtige Hinweise für die notwendigekörperliche Untersuchung.Zur effektiven Prävention und Rehabilitation arbeitsassoziierter Beschwerden amBewegungsapparat ist eine funktionsbezogene ärztliche körperliche Untersuchungennotwendig. Diese orientiert sich in erster Linie an arbeitsmedizinischen Fragestellungenund den daraus abzuleitenden präventiven Konsequenzen und unterscheidet sich inwesentlichen einigen Aspekten von einer eher therapeutisch ausgerichtetenDifferentialdiagnostik anderer klinischer Fachrichtungen. Bei der Untersuchung stehen 3Kriterien im Mittelpunkt, die für den untersuchten Mitarbeiter und seineEinsatzfähigkeiten von unterschiedlicher Wichtigkeit sind :• Sind die festgestellten Funktionsstörungen relevant für die ausgeübte Tätigkeit bzw.sind weitere Gesundheitsschäden beim Verbleib in dieser Tätigkeit zu erwarten ?• Gibt es Hinweise für konkrete arbeitsbezogene Funktionsstörungen oder fürBerufskrankheiten ?• Sind weitere diagnostische, therapeutische oder rehabilitative Maßnahmennotwendig ?Für die arbeitsmedizinische Bewertung sind in erster Linie individuelle funktionelleStörungen und daraus resultierende Leistungs- oder Bewegungseinschränkungen vonInteresse und erst in zweiter Hinsicht die diesn Einschränkungen zugrundeliegenden885


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGStrukturschäden. Nur anhand einer funktionellen Bewertung kann arbeitsmedizinischbeurteilt werden, ob eine Einsatzeinschränkung für den Arbeitsplatz vorliegt und obweitere diagnostische oder sonstige Maßnahmen notwendig sind oder obPräventionsmöglichkeiten eher in arbeitsplatzgestaltender Ergonomie bzw. inarbeitsorganisatorischen Maßnahmen liegen.Als umsetzbarer Untersuchungsablauf haben sich dazu in der betriebsärztlichen Praxisdie Untersuchungsempfehlungen nach fokus © , der funktionsorientierten körperlichenUntersuchungssystematik von Kuhn und Spallek bewährt, die sich an den praktischenErfordernissen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen orientiert und auch vonNicht-Orthopäden einfach zu erlernen und anzuwenden ist [2,4]. Die Unterteilung derUntersuchungsabläufe in 5 Körperregionen und jeweils in eine Screening und eineFunktionsdiagnostikebene erlaubt einen sehr effizienten Ablauf der funktionellenBeurteilungen. Dazu gehören beispielsweise:• Inspektion des Muskel-Skelett-Systems im Stehen und Gehen und Beurteilung derHaltung, Muskelstatus, Asymmetrien von Schulterstand, Beckenstand undWirbelsäulenverlauf sowie Gangbild• Funktionsprüfung der Beweglichkeit und Kraft von LWS, Beckengürtel, HWS,Schultergürtel und Gelenken der oberen und unteren Extremitäten• Beweglichkeitsprüfungen, z.B. Zehen- und Fersengang, Zeichen nach Lasegue etc.• Koordinationsprüfungen, z.B. Einbeinstand, und Beurteilung neurologischer BefundeIn wenigen Einzelfällen, bei denen unter Berücksichtigung derGefährdungsbeurteilungskenntnisse, der indivdiduellen Anamnese und der Ergebnisseeiner funktionellen Untersuchung keine sichere Beurteilung der Einsatzmöglichkeitenerfolgen kann, empfiehlt sich der zusätzliche Einsatz von Assessmentverfahren wieEvaluation funktioneller Leistungsfähigkeit (EFL), Ergos o.ä. Bei EFL beispielsweise wirdanhand von 29 verschiedenen Arbeitsanforderungen unter kontrollierten Bedingungendas konkrete individuelle Leistungsvermögen bis hin zu Grenzlastgewichten ausgetestet(vgl. www.efl-akademie.de). Die Einordnung der erfassten Funktionsstörungen und diesich daran anschliessende Einschätzung der Banspruchung am tatsächlichenArbeitsplatz zielt auf eine Bewertung der individuellen Belastbarkeit, der prognostischenEinschätzungen eines Gesundheitsrisikos unter den gegebenen Bedingungen sowiedem Erhalt oder der Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit. Dies sind gleichzeitig diewesentlichsten Grundlagen für die in der Prävention notwendige Beratung der Mitarbeiterund der Arbeitgeber.Die umfassende Beratung soll Veränderungen bewirken auf den verschiedenstenEbenen der Verhältnis- und Verhaltensprävention [4]. ErgonomischeEinflußmöglichkeiten zur Vermeidung von Über- und Fehlbelastungen, ggf. unter886


SArbeitsmedizinisches Kolloquium des HVBGZuhilfenahme betriebsepidemiologischer Auswertungen derVorsorgeuntersuchungsergebnisse oder von Auffälligkeiten in bestimmtenArbeitsbereichen zielen direkt auf die Zuständigkeit des Arbeitgebers. Für die individuellePrävention sind die Empfehlungen zur Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit imRahmen von Gesundheitsförderungs- bzw. Rehabilitationsmaßnahmen bis hin zur Frageeiner Arbeitsplatzumsetzung sorgfältig abzuwägen gegenüber den Möglichkeiten derGestaltung beipielsweise der Arbeitsorganisation und -abläufe. Ein oft vergessener, aberzunehmend wichtig werdender Beratungsaspekt betrifft die Fragen der individuellenLebensplanung des Mitarbeiters im Hinblick auf Alter, privates Umfeld und sonstigedemographische Bedingungen.Literatur1. Hartmann B., Schwarze S., Liebers F., Spallek M., Kuhn W., Caffier G.:Arbeitsmedizinische Vorsorge bei Belastungen des Muskel-Skelettsystems Teil 1:Zielstellungen, Konzeption und Anamnese Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 40(2)2005, S. 60-682. Spallek M., Kuhn W., Schwarze S., Hartmann B.: Arbeitsmedizinische Vorsorge beiBelastungen des Muskel-Skelettsystems Teil 2: Funktionsorientierte körperlicheUntersuchungssystematik (fokus© ) des Bewegungsapparates in der ArbeitsmedizinArbeitsmed Sozialmed Umweltmed 40(4) 2005, S.244-2503. Hartmann B., Spallek M., Liebers F., Schwarze S., Linhardt O.: Leitfaden zurDiagnostik von Muskel-Skelett-Erkrankungen bei arbeitsmedizinischenVorsorgeuntersuchungen Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 41(1) 2006, S.5-154. Spallek M., W. Kuhn: Die funktionelle Untersuchung der Wirbelsäule in derArbeitsmedizin. Konietzko - Dupuis – Letzel: Handbuch der Arbeitsmedizin, 37.Ergänzungslieferung, I - 5.7.1, S. 1-12, EcoMed-Verlag 2004887


SSeminar des Arbeitsmedizinischen Dienstes der BG BauwirtschaftAktuelle Untersuchungen des AMD der BG BAU zurHautbelastung im ReinigungsgewerbeDietrich Tesch 1 , Robert Gissibl 2 , Dirk Seidel 31 Arbeitsmedizinischer Dienst, BG Bau, München, 2 Arbeitsmedizinischer Dienst, BG Bau Regensburg,3 Service Stelle für statistische und epidemiologische Auswertungen, BG Bau, HannoverTätigkeitsspezifische Gesundheitsgefährdungen im Reinigungsgewerbe werden seitlangem vom AMD der BG Bau ermittelt und beschrieben. Erkenntnisse aus diesenUntersuchungen konnten wiederholt in Präventionskonzepte des AMD eingebrachtwerden und wurden den Betrieben in Form von Hinweisen, Informationen oder BG-Regeln zur Verfügung gestellt.Anerkannte Berufskrankheiten-ReinigungsberufeZeitraum 1985-1990Hautkrankheiten 47,8%Fluor 11,2%Halogen.KW 6,3%Lärm4,1%Rest10,8%Infektionskrankheiten19,8%- Hautkrankheiten- Infektionskrankheiten- Sonstige ErkrankungenHautkrankheiten 70%Zeitraum 2000 - 2004Infektionskrankheiten8,5%Rest 6%Obstruktion7%Lärm8,5%Abb 1: Entwicklung der Berufskrankheiten im ReinigungsgewerbeSowohl die Entwicklung der Berufskrankheiten aber auch gezielte eigeneUntersuchungen des AMD belegten frühzeitig den hohen Stellenwert vonBerufsdermatosen im Reinigungs-gewerbe. Hauterkrankungen infolge Belastungendurch Feuchtarbeit und Reinigungsmittel haben dabei stark zugenommen,Infektionskrankheiten bei Tätigkeiten in medizinischen Einrichtungen abgenommen -verschiedene andere Gefährdungen ergeben sich durch das Umfeld im jeweiligenReinigungsobjekt. Fluorverätzungen spielten bis vor einigen Jahren dabei eine nichtunbedeutende Rolle!Eigene Untersuchungen des AMD bei Reinigungskräften bestätigten die Entwicklung, sofanden sich 1994 bei jeder 6.Reinigungskraft berufsbezogene Hautprobleme.Als Konsequenz daraus wurde die betriebsärztliche Beratung der Unternehmen und Beschäftigtenzu Hautbelastungen konkretisiert und intensiviert, z.B. zu geeigneten Schutz-888


SSeminar des Arbeitsmedizinischen Dienstes der BG Bauwirtschafthandschuhen oder technischen Möglichkeiten zur Reduktion der Belastungen. Vor allemkonnte die damals konzipierte BGR 209„Umgang mit Reinigungs- und Pflegemitteln“ denUnternehmen Hilfestellung geben um berufliche Hautbelastungen durch Feuchtarbeitund Schadstoffwirkung zu reduzieren.Kernpunkt dieser Regel ist ein Produktcode mit Klassifizierung und Systematisierungaller Reinigungsprodukte nach Anwendungsindikationen, Art und Ausmaß derGefährdungen, erforderlichen Schutzmaßnahmen.Schwere unfallähnliche Erkrankungen z. B. Verätzungen der Haut durch Fluss- oderSalz-säure oder konzentrierte Laugen sind nun zwar seit Jahren nicht mehr zubeobachten- anders sieht es bei der BK 5101 aus!Nach Anstieg bis Ende der 90er Jahre ist nun zwar ein leichter Rückgang der jährlichneu versicherungsrechtlich anerkannten BK zu beobachten - dafür aber ein deutlicherAnstiegder fachlich bestätigten Fälle ohne Anerkennung. Da diese Versicherten in ihrer Tätigkeitbleiben, sind erhöhte Präventionsanstrengungen erforderlich.Deshalb ergab sich die Frage nach einer erneuten Untersuchung, um aktuelle Hinweisezur Belastung der Haut im Reinigungsgewerbe zu gewinnen - zu den Ursachen, zuGefährdungsschwerpunkten, zur Anwendung von Schutzmaßnahmen - um darausAufschlüsse für neue Präventionsansätze zu erhalten.Der AMD der BG BAU führten deshalb in den Jahren 2005/ 2006 in der Region 6 eineQuerschnittsuntersuchung bei Reinigungskräften durch:Einbezogen wurden Reinigungskräfte mit mindestens einjähriger hautbelastenderTätigkeit und mit wenigstens 15 h Tätigkeit/ Woche. Untersucht und befragt wurden dieBeschäftigten im Rahmen von allgemeinen oder speziellen Vorsorgeuntersuchungen z.B. nach G 24 oder G42 durch berufsdermatologisch erfahrene Arbeitsmediziner. Eswurden einheitliche Erhebungskriterien für die beteiligten Ärzte festgelegt, einstandardisierter Erhebungsbogen konzipiert.Erhoben wurden Daten zur Person, die Arbeitsanamnese mit Dauer der Tätigkeit -differenziert wurde dabei nach 4 Einsatzbereichen:1. Allgemeine Raumreinigung, z.B. in Büros, Verwaltungsgebäuden, Behörden, Lager2. Reinigung in medizinischen Einrichtungen wie Kliniken, Arztpraxen3. Glas- und Gebäudereinigung mit Fassaden-, Fenster- und Bauendreinigung4. Reinigung in gewerblichen Bereichen, d. h. Industriereinigung.889


SSeminar des Arbeitsmedizinischen Dienstes der BG BauwirtschaftAls hautbelastende Faktoren wurde Feuchtarbeit und Handschuhverwendung mit mehrals 2 h/Tag sowie häufige bzw. intensive Hautreinigung festgehalten. Es wurdeinsbesondere nach bestehenden Allergien oder nach Atopieerscheinungen gefragt, derKenntnisstand der Beschäftigten zu den Hautbelastungen und ihr Hautschutzverhaltenwurde dokumentiert.Zielgrößen für die Hautbelastung war wie in der Voruntersuchung der Anteil vonBeschäftigtenmit zum Untersuchungszeitpunkt bestehenden Handekzemen (ET) - darüber hinauswurde dokumentiert, wenn Beschäftigte sich an Hautveränderungen erinnerten, die inBezug zur Arbeit auftraten, auch wenn zum Untersuchungszeitpunkt kein aktuellerBefund vorlag.Beides zusammen ergab den Anteil von Beschäftigten mit arbeitsmedizinischbegründetem Verdacht auf auf Vorliegen beruflicher Hautprobleme (HP).Aus einer Vielzahl von Daten können nun die ersten Ergebnisse und Schlussfolgerungvorgestellt werden:Ergebnisse: EinsatzbereicheIndustriereinigung (IR) 17,8%(44% Deutsche)Insgesamt 703Reinigungskräfte(76%Deutsche/ 24%Ausländer)Glas-Gebäudereinigung (GG) 5,3% (68% Deutsche)Bestehende Ekzeme/ET: 44/703 = 6.26%Rein anamnest.Ekzeme: 48/703 = 6.83%------------------------------------------------------Allgemeine Raumreinigung (AR)22,5% (85% Deutsche)Medizinische Einrichtungen (ME) 54,4% (83% Deutsche)Allg.Raumreinigung: 6,2%Mediz.Einrichtungen: 5,8%Glas-,Gebäudereinigung: 2,7%Industriereinigung: 8,9%Berufl.Hautprobleme/HP:92/703= 13,09% Allg.Raumreinigung: 13,6%Mediz.Einrichtungen: 11,1%Glas-,Gebäudereinigung: 10,8%Industriereinigung: 19,4%Abb 2: Anteil von Reinigungskräften mit Handekzemen/Hautprobleme nach EinsatzbereichUntersucht wurden insgesamt 703 Reinigungskräfte, die hauptsächlich im Bereich vonmedizinischen Einrichtungen tätig waren. Bei 6,26% aller Beschäftigten fanden sichEkzeme, unter Hautproblemen insgesamt litten 13,09%. Eine HHäufung sowohl vonEkzemträgern als auch von Hautproblemen fand sich gegenüber dem Durchschnitt in der890


SSeminar des Arbeitsmedizinischen Dienstes der BG BauwirtschaftIndustriereinigung. Glas- und Gebäudereiniger hatten deutlich weniger, Reinigungskräftein medizinischen Einrichtungen etwas weniger Ekzeme und Hautprobleme als imDurchschnitt.Bei Ausländern zeigten sich vermehrt Hautprobleme – in erster Linie jedoch im EinsatzbereichIndustriereinigung. Alter und Geschlecht waren hingegen ohne Bedeutung aufdie Prävalenz von Ekzemen bzw. das Vorkommen von Hautproblemen.Bei Vorhandensein atopischer Stigmata fanden sich wesentlich häufiger Ekzeme undHautprobleme.Weitere wichtige Ergebnisse mit ersten Schlussfolgerungen:- Feuchtarbeit über 2 h/Tag wurde von über 90% der Beschäftigten in allen Bereichenangegeben- Handschuhverwendung von über 2 h/Tag fand sich in hohem Grad in medizinischenEinrichtungen(94%) und in der Industriereinigung (85%)- Intensive/häufige Hautreinigung wurde vor allem in der Industriereinigung (77%) und inmedizinischen Einrichtungen (62%) angegeben und führt zu vermehrtenHautproblemen- Verwendung geeigneter Schutzhandschuhe ist protektiv wirksam- Hautproblematische Arbeitsstoffe sind organische Lösemittel, alkalische Grundreiniger,alkalische und chlorspaltende Sanitärreiniger- Im Einsatzbereich Industriereinigung treten gehäuft Hautprobleme auf- Atopiker weisen ein erhöhtes Gefährdungspotential auf- Betriebsärztliche Intervention und Verhaltensprävention wurden für besonderswichtig eingeschätzt!891


AutorenAhrens, Wolfgang Prof. Dr. ● V62; P45Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung, Bremer Institut für Prävention undSozialmedizin; Linzer Str. 8, 28359 BremenAichberger, Erna Ing. ● P96Sicherheitstechnik, Arbeitsmedizinischer Dienst GmbH; Kaplanhofstraße 1, 4020 Linz,ÖstereichAltenburg, Lutz Dipl.-Ing. ● P02Bezirksverwaltung, Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen; Axel-Springer-Str. 52,10969 BerlinAlthaus, E ● P82Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege; Göttelmannstr. 3;55130 MainzAltmeyer, Peter Prof. ● V86Klinik für Dermatologie und Allergologie, St. Josef-Hospital; Gudrunstr. 56, 44791BochumAngerer, Jürgen Prof. Dr. rer. nat. ● V41; V42; V48; V49; V50; V63; V65; V66; V67;V68; P42; P73Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenAngerer, Peter PD Dr. med. ● V22; P34; P54Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenAnneken, Volker ● V28Institut für Rehabilitation und Behindertensport, Deutsche Sporthochschule; Carl-Diem-Weg 6, 50933 KölnArhelger, Rolf Dipl.-Ing. ● V82; P71Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 GießenArif, Siti Arija M. Dr. ● P90Biotechnology and Strategic Research Unit, Rubber Research Institute of Malaysia; POBox 10150, 50908 Kuala Lumpur, MalaysiaArndt, Dagmar Dr. ● P07; P111Center for Life Science Automation, (Celisca); F.-Barnewitz-Str. 8, 18119 RostockArnold, Elisabeth Dr. ● P68Prävention/Arbeitsmedizin, Verwaltungs-Berufsgenossenschaft; Isaac-Fulda-Allee 3,55124 MainzAugustin, Jörg ● P72Berufsgenossenschaftliche Klinik für Berufskrankheiten, Falkenstein; Lauterbacher Str.16, 8223 FalkensteinBaars, Stefan Dr. med. ● P76Gewerbeärztlicher Dienst, Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hannover; Göttinger Str. 14,30449 HannoverBacké, Eva Dr. ● P50FB 4.5, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42,10317 BerlinBackhaus, Claus Dr. ● P02Referat mech. Einwirkungen / Ergonomie, Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen;Ottenser Haupstr. 54, 22765 HamburgBader, Michael Dr. rer. nat. ● V47; V64; P95Abteilung Arbeitsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover; Carl-Neuberg-Str. 1,30625 HannoverBarbinova, Lioubov ● V06Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 20459 HamburgBartholomeyczik, Sabine Prof. Dr. ● V54Lehrstuhl für Epidemiologie - Pflegewissenschaft, Fakultät für Medizin, Universität Witten/ Herdecke; Stockumer Straße 12, 58453 Witten892


AutorenBartsch, Reinhard Dr. ● V36; P10; P27Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität;Jahnstr. 3, 07743 JenaBasner, Mathias Dr. ● V11Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt;Linder Höhe, 51147 KölnBasta, Dietmar Dr. ● SYHNO-Klinik, Unfallkrankenhaus Berlin; Warener Str. 7, 12683 BerlinBauer, Diana Dipl.-Stat.. ● V77, V79Institut für Medizinische Statistik, RWTH Aachen, Pauwelsstr. 30, 52074 AachenBauer, Marcus Dr. med. ● P19Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf;Universitätsstr. 1, 40225 DüsseldorfBaumeister, Thomas Dr. ● V18Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenBaumgard-Elms, Cornelia Dr. ● P45Patientenschutz und Sicherheit in der Medizin, Behörde für Umwelt und Gesundheit;Billstr. 80a, 20539 HamburgBaur, Johannes ● P20TAD, LBG Baden-Württemberg; Oberholzheimer Str. 7, 88480 Achstetten-StettenBaur, Xaver Prof. Dr. med. ● V06;V14; V21; V51; P18; P91; P89; P98; P120Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 20459 HamburgBeck, Christoph Dr. med. ● V01BECKUMEDAS GmbH, Schweriner Str. 4, 23909 RatzeburgBeckmann, Sabine Dr. ● SYILO Programme on HIV/AIDS and the World of Work, International Labour Office; 4,route des Morillons, 1211 Genf, SchweizBeer, Barbara Dr. ● V34Bayerische Akadmie für Arbeits-, Sozial und Umweltmedizin, Bayerisches Landesamt fürGesundheit und Lebensmittelsicherheit; Pfarrstraße 3, 80538 MünchenBergmann, Annekatrin Dr. med. ● P03; SYInstitut für medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Magdeburger Str. 27, 06097 Halle/SaaleBernges, Ulrike ● P48Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 GießenBeye, Anja ● P75Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden; Fetscherstraße 74, 01307 DresdenBicker, Heinz-Johannes Dr. ● P92Arbeitsmedizinisches Zentrum Bottrop, Deutsche Steinkohle AG; Vossundern, 46244BottropBinding, Norbert Prof. Dr. ● V31; V33; P118; P119Institut für Arbeitsmedizin, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Robert-Koch-Str.51, 48149 MünsterBirklein, Frank Prof. Dr. ● V38Klinik und Poliklinik für Neurologie, Johannes Gutenberg-Universität; Langenbeckstr. 1,55131 MainzBitterlich, Norman Dr. rer. nat. ● P37Biostatistik, Medizin & Service GmbH; Boettcherstr. 10, 09117 ChemnitzBittner, Cordula Dr. med. ● V06; P18; P91Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 22459 HamburgBlaszkewicz, Meinolf Dr. ● P43; P49; P116Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 Dortmund893


AutorenBlettner, Maria Prof. Dr. ● P47Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes Gutenberg-Universität; Obere Zahlbacher Str. 69, 55131 MainzBlome, Otto ● SYReferat Berufskrankheiten I, HVBG; Alte Heerstr. 111, 53754 Sankt AugustinBochmann, Frank Dr. phil. ● P82Fachbereich 1, Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA); AlteHeerstr. 111, 53757 St. AugustinBöckelmann, Irina Priv.-Doz. Dr. med. habil. ● V20; V72; P14; P15Institut für Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität; Leipziger Str. 44, 39120MagdeburgBockting, Stephan cand.-Ing ● P77Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik,Bergische Universität Wuppertal; Gaußstraße 20, 42097 WuppertalBode, Marieke cand. med. ● P117Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin, Universität des Saarlandes; UniversitätsklinikumHomburg, 66421 HomburgBode-Becker, Alexandra Dr. med ● P110Institut für Arbeitsphysiologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt; Berstr. 26, 44791BochumBoertz, Jens Dipl. Chem. ● P63Institut für Umweltanalytik und Angewandte Geochemie, Universität Duisburg-Essen;Universitätsstr. 3-5, 45141 EssenBoettcher, Melanie ● P73Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenBöhler, Eva Prof. Dr. oec. troph. ● V48; P16; P51; P52; P55; P78; P79aInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzBojar, H. ● P38Institut für Onkologische Chemie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; Universitätsstr.1, 40225 DüsseldorfBolm-Audorff, Ulrich Prof. Dr. med. ● V35; SYLandesgewerbearzt, Regierungspräsidium Darmstadt; Simone-Veil-Str. 5, 65197WiesbadenBolt, Hermann M. Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. ● V59; P43; P49Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundBonnemann, Susanne ● P36Prävention, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik; Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 KölnBontrup, Heike. Dipl. Biol. ● V60Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumBorsch-Galetke, Elisabeth Univ.-Prof. Dr. med. ● P38Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf;Universitätsstr. 1, 40225 DüsseldorfBorsotto, Daniel ● P16Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzBramer, Rainer ● V13; V50; P40; P42Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumBrandenburg, Stephan Prof. Dr. ● SMitglied der Geschäftsführung, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst undWohlfahrtspflege; Pappelallee 35/37, 22089 HamburgBrandt, Jana Dr.med. ● P11AMD-Zentrum Hannover, BG BAU; Tiergartenstraße 39, 30559 HannoverBreitstadt, Rolf Dr. ● P86Degussa AG; Weissfrauenstr. 9, 60287 Frankfurt894


AutorenBreuer, Dietmar Dr. ● V50; P40Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA); Alte Heerstr. 111, 53757St. AugustinBrieger, Jürgen ● Dr. phil. nat. et med. habil. V17Hals-, Nasen-, Ohrenklinik und Poliklinik, Johannes Gutenberg-Universität;Langenbeckstraße 1, 55101 MainzBroding, Horst Christoph Dr. ● V15; V23; P17Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenBruckner, Thomas Dipl.math. ● P24bInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg;Voßstraße 2, 69115 HeidelbergBrückel, Bernd Dipl. Ing. ● P80; P81Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 GießenBrummund, Till ● V09; V10Kompetenzbereich II, Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik undFunktionsprüfung; Schleichstraße 12, 72076 TübingenBrüning, Thomas Prof. Dr. med. ● V13; V43; V44; V49; V50; V60; V75; V76; V81; V86;P17; P24a; P40; P41; P42; P46; P67; P68; P70; P85; P86; P90; P113Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumBuchta, Mark Dr. med. ● V70Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzBüchte, Sebastian ● P92Institut für Arbeitswissenschaften, RAG Aktiengesellschaft; Hülshof 28, 44369 DortmundBuchter, Axel Univ. Prof. Dr. med. ● P117; P121Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin, Universität des Saarlandes; UniversitätsklinikumHomburg, 66421 HomburgBudinger, Matthias Dipl. Stat. ● P101Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes Gutenberg-Universität; Obere Zahlbacher Str. 69, 55131 MainzBudnik, Lygia Therese Priv.Doz. Dr. ● P98; P14Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 20549 HamburgBünger, Jürgen Dr. ● V29; V44; V81; P24aInstitut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumCaffier, Gustav Dr. sc. med. ● P05; P09FB 3.4 "Arbeitsgestaltung bei physischen Belastungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen",Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42, 10317BerlinCalvo, Maria Julia Prof. ● V30Escuela de Enfermeria, Universidad Austral; Valdivia, ChileChenot, Jean-Francois Dr. med. ● V29Allgemeinmedizin, Georg-August-Universität; Humboltallee 38, 37075 GöttingenChiu, Min-Chi Ph.D. ● V40Department of Industrial Engineering and Engineering Management, National Tsing HuaUniversity; Kuang Fu Road 101, 300 Hsinchu, Taiwan, Republik ChinaCocco, Pierluigi Professor ● V73Department of Public Health, Occupational Health Section, University of Cagliari; Via SanGiorgio 12, 9124 Cagliari, ItalienConsuelo Herrera, Gloria ● P56Salud Ocupacional, Universidad del Norte; Km. 5 Antigua Via a Puerto Colombia, BloqueD Piso 1, Apartado Aéreo 1569, 55118 Barranquilla, Kolumbiende Jong, Johanna ● V51Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 20459 Hamburg895


AutorenDegens, Paul Dr. ● P86Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumDehlinger, Andreas ● V81DeepBreeze Ltd.; 2 Hailan St., P.O. Box 140, North Industrial Park, 30600 Or-Akiva,IsraelDemmeler, Matthias Cand. med. ● V45Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenDeters, Alexandra Dr. rer. nat. ● V84Hautklinik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Hartmannstr. 14, 91052ErlangenDickel, Heinrich Dr. ● V86Klinik für Dermatologie und Allergologie, St. Josef-Hospital; Gudrunstr. 56, 44791BochumDiepgen, Thomas L. Prof. Dr. med. ● P47, SYAbteilung klinische Sozialmedizin, Schwerpunkt Berufs- und Umweltdermatologie,Gesundheitssystemforschung, Universität Heidelberg; Thiebaustr. 3, 69115 HeidelbergDieterich, Marianne Prof. Dr. ● V38Klinik und Poliklinik für Neurologie, Johannes Gutenberg-Universität; Langenbeckstr. 1,55131 MainzDieterle, Wilfried E. Dr. phil. ● V54Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinik Freiburg;Hauptstraße 8, 79104 FreiburgDietrich, Holger Priv.-Doz. Dr. med. ● P49Klinik für Urologie und Kinderurologie, Paul-Gerhardt-Stiftung; Paul-Gerhardt-Str. 42-45,6872 Lutherstadt WittenbergDietze, Erik ● P15Institut für Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität; Leipziger Str. 44, 39120MagdeburgDitchen, Dirk Dipl. Biol. ● SYReferat Arbeitswissenschaft, physikalische Einwirkung, BerufsgenossenschaftlichesInstitut für Arbeitsschutz (BGIA); Alte Heerstr. 111, 53757 St. AugustinDobler, Lorenz Dr. rer. nat. ● V65Teilbank Humanproben und Datenbank, Umweltprobenbank des Bundes; Domagkstr.11, 48149 MünsterDonath, Elke Dr. ● V54Institut für Pflegewissenschaft, Fakultät für Medizin, Universität Witten / Herdecke;Stockumer Straße 12, 58453 WittenDonhuijsen, Konrad Prof. ● P46Städtische Kliniken Braunschweig; Celler Str. 38, 38114 BraunschweigDopp, Elke Priv.-Doz. Dr. ● P64Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen; Hufelandstr. 55,45122 EssenDressel, Holger Dr. ● V05Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenDrexler, Hans Prof. Dr. med. ● V03; V15; V18; V23; V32; V41; V48; V53; V63; V65;V68; V83; V84; P25; P73; SYInstitut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 Erlangendu Prel, Jean-Baptist Dr. med. MPH ● SYInstitut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes Gutenberg-Universität; Obere Zahlbacher Str. 69, 55131 MainzDupuis, Heinrich Prof. Dr. ● P100Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzDurst, Wilhelm Dipl.Ing. ● V09; V10; SYKompetenzbereich II, Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik undFunktionsprüfung; Schleichstraße 12, 72076 Tübingen896


AutorenDüser, Maria ● P67Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumDutschke, Diana Dipl.Psych. P35Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden; Fetscherstraße 74, 01307 DresdenEberle, Friedhelm Dipl.-Ing. ● V60Abteilung Arbeitsmedizin und Gesundheitsschutz, BASF Aktiengesellschaft; 67056LudwigshafenEckard, Rolf Dr. rer. nat. ● V65Teilbank Humanproben und Datenbank, Umweltprobenbank des Bundes; Domagkstr.11, 48149 MünsterEgler, Peter Dr. med. ● V19Arbeitsmedizin, Consilius GmbH; Kreutzkamp 23, 21465 ReinbekEhbrecht, Julia ● V01Institut für Arbeitsmedizin, UK-SH, Campus Lübeck; Ratzeburger Allee 160, 23538LübeckEickmann, Udo Dr. ● P82Fachbereich Gefahrstoffe und Toxikologie, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienstund Wohlfahrtspflege; Bonner Str. 337, 50968 KölnEikmann, Thomas Prof. Dr. med. ● V42; V67; P87; P88Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität; Friedrichstr. 16, 35385GießenEisenacher-Abelein, Ingeborg Dr.med. ● P36Prävention, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik; Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 KölnEisenhawer, Christian ● V77; V78; P69Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen; Pauwelsstrasse 30, 52074AachenEisenmenger, Andreas Dr. ● V75Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ); Im Neuenheimer Feld 280, 69120HeidelbergEllegast, Rolf Dr. ● SY; SReferat Arbeitswissenschaft, physikalische Einwirkung, BerufsgenossenschaftlichesInstitut für Arbeitsschutz (BGIA); Alte Heerstr. 111, 53757 St. AugustinElliehausen, Heiz-Jörg Dr. med. ● P114Arbeitsmedizinscher Dienst, Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft; Hildesheimer Str.309, 30519 HannoverElsner, Gine Prof. Dr. med. ● SYInstitut für Arbeitsmedizin, Universitätsklinik Frankfurt; Theodor-Stern-Kai 7, 60590Frankfurt/MainEmken, Emke Dipl.-Ing. ● P11BAU-ABC Rostrup; Virchowstraße 5, 26160 Bad ZwischenahnEmmerich, Michael Dr. med. ● V74Arbeitsmedizinisches Zentrum Hirschbach, Deutsche Steinkohle AG; In den Rodhecken4, 66280 SulzbachEmmert, Birgit Dr. med. ● V29; P104Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität; Waldweg 37, 37073GöttingenErdmann, Udo Dipl.-Ing. ● V08; P58; SYArbeitsgestaltung bei psychischen Belastungen, Stress, Bundesanstalt für Arbeitsschutzund Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42, 10317 BerlinErkes, Anja ● P40Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumErler, Michael Dr. rer. nat. ● P27Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität;Jahnstr. 3, 7743 Jena897


AutorenErnst, Arne Prof. Dr. med. ● SYHNO-Klinik, Unfallkrankenhaus Berlin; Warener Str. 7, 12683 BerlinErren, Thomas PD Dr. med. ● V73Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universität zu Köln; Joseph-Stelzmann-Str. 9, 50924 KölnEscobar-Pinzón, Luis Dr. ● V39; P16; P56; P101Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzEspinola-Klein, Christine PD Dr. med. ● V37II. Medizinische Klinik und Poliklinik, Johannes Gutenberg-Universität; Langenbeckstr. 1,55131 MainzFaldum, Andreas Dr. rer. nat. ● V17Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes Gutenberg-Universität; Obere Zahlbacher Str. 69, 55131 MainzFartasch, Manigé Prof. Dr. med. ● V84Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum; Hautklinik,Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Hartmannstr. 14, 91052 ErlangenFeil, Gerhard Dr. rer. nat. ● V60Klinik für Urologie, Eberhard-Karls-Universität; Hoppe-Seyler-Str. 3, 72076 TübingenFeldhaus, Christian Dr. ● V77; V78; P69RWE Power AG; Huyssenallee 2, 45128 EssenFelten, Michael Dr. med. ● V77; V78; V79; P69Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen; Pauwelsstrasse 30, 52074AachenFieber, C ● V42, V67Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität; Friedrichstr. 16, 35385GießenFiedler, Albrecht ● P21Verein geprüfter Klauenpfleger e.V.; Fleckenstr. 44, 37345 GroßbodungenFlagge, Anne ● P68Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumFloßdorf, Juliane ● P67Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumFörster, Katrin ● V49; V50Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenFrank, Heinrich Dr. rer. nat. ● P84Biochemisches Institut für Umweltcarcinogene, Prof. Dr. Gernot Grimmer-Stiftung; Lurup4, 22927 GroßhansdorfFrank, Peter Dr. ● V15Gewerbeaufsichtsamt, Regierung von Mittelfranken – Gewerbeaufsichtsamt; Roonstr.20, 90429 NürnbergFrenzel, Karsten Dr. ● P18Angewandte Molekularbiologie der Pflanzen Klein Flottbek, Universität Hamburg;Ohnhorststr. 18, 22609 HamburgFreude, Gabriele Dr. ● P58Arbeitsgestaltung bei psychischen Belastungen, Stress, Bundesanstalt für Arbeitsschutzund Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42, 10317 BerlinFunke, Ulrich Dr. ● V24; V85; SYGesundheitswesen, AUDI AG; Ettingerstr., 85045 IngolstadtGabrio, Thomas Dr. ● P97Landesgesundheitsamt, Regierungspräsidium Stuttgart; Wiederholdstr. 15, 70174Stuttgart898


AutorenGalle, Marlen cand. Dipl.-Psych. ● P53Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, Fachrichtung Psychologie, TechnischeUniversität Dresden; Zellescher Weg 17, 01062 DresdenGärtner, Roland Prof. Dr.med. ● P34Medizinische Klinik, Ludwig-Maximilians-Universität; Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenGebauer, Axel Dipl.-Ing. ● SYTechnischer Aufsichtbeamter, Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen; Aue 96,42103 WuppertalGebel, Martin ● V76Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumGebhardt, Hansjürgen Dr.-Ing. ● P79bInstitut für Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Ergonomie (ASER) e.V., BergischeUniversität Wuppertal; Corneliusstr. 31, 42329 WuppertalGeiss, Oliver Dipl. Biol. ● SYInstitut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundGeißler, Britta ● V08; SYInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzGephart, Almut Dr. med. ● P76Gewerbeärztlicher Dienst, Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hannover; Gttinger Str. 14,30449 HannoverGierke, Erhardt ● P112Fachgruppe Wirkung von biologischen und chemischen Arbeitsstoffen, Bundesanstalt fürArbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42, 10317 BerlinGier-Stuschke, Barbara Dr. med. ● P28Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen; Hufelandstr. 55,45122 EssenGissibl, Robert Dr. med. ● SArbeitsmedizinischer Dienst, BG Bau; Bischof-von-Henle-Straße 26, 93051 RegensburgGlaser, Jürgen PD Dr. phil. ● P54Lehrstuhl für Psychologie, Technische Universität München; Lothstraße 17, 80335MünchenGlatt, Hansruedi Prof. Dr. ● P84Abteilung für Ernährungstoxikologie, Deutsches Institut für Ernährungforschung (DIfE);Arthur-Scheunert-Allee 114-116, 14558 NuthetalGlatz, Andreas ● V28IQPR Institut für Qualitätssicherung in Prävention, Deutsche Sporthochschule; SürtherStr. 171, 50999 KölnGlende, Christine ● V73Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universität zu Köln; Joseph-Stelzmann-Str. 7, 50924 KölnGminski, Richard Dr. ● P87; P88Institut für Innenraum und Umwelttoxikologie, Justus-Liebig-Universität; Aulweg 123,35385 GießenGödert, Heinz Werner Dr. ● P115Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzGoebell, Peter -Jürgen Dr. med. ● P44Klinik und Poliklinik für Urologie, Universitätsklinikum Essen; Hufelandstr. 55, 45122EssenGöen, Thomas PD Dr. rer. nat. ● V47; V63; V84; P25Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenGoergens, Ulrich Dr. ● V68Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft; Viktoriastraße 21, 42115 Wuppertal899


AutorenGoldscheid, Natascha ● V86Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumGolka, Klaus Prof. Dr. med. ● V59; P43; P49Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundGoltz, Björn ● V47Abteilung Arbeitsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover; Carl-Neuberg-Str. 1,30625 HannoverGosepath, Jan Priv.-Doz. Dr. med. ● V17Hals-, Nasen-, Ohrenklinik und Poliklinik, Johannes Gutenberg-Universität;Langenbeckstraße 1, 55101 MainzGraßau, Britta ● P18Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 22459 HamburgGriefahn, Barbara Univ.-Prof. Dr. ● V11; V12Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundGrifka, Joachim Prof. Dr. med. ● P05; SYOrthopädische Klinik, Universität Regensburg; Kaiser-Karl V. Allee 3, 93077 Bad AbbachGroneberg, David A. Prof. Dr. med. ● V19Zentrum Innere Medizin, Abteilung Pneumologie, Medizinische Hochschule Hannover;Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 HannoverGross, Corinna ● V05Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenGross, Isabelle ● V76Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumGruhne, Brit ● V58Gesundheitsamt, Landratsamt Torgau-Oschatz; Schlossstr. 27, 4860 TorgauGrünig, Tanja Stud. Ref. ● V40Fachgebiet Arbeitswissenschaft/Ergonomie, Universität Siegen; Paul-Bonatz-Str. 9 - 11,57068 SiegenGube, Monika Dr. ● V16; P103Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen; Pauwelsstrasse 30, 52074AachenGülacar, Sengül cand. med. ● P106Betriebsärztlicher Dienst, Uniklinikum Köln; Kerpener Str. 62, 50924 KölnGündel, Harald Prof. ● V22; P54Psychosomatik und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover; Carl-Neuberg-Str.1, 30625 HannoverGutzki, Frank Chem.-Ing. ● P95Klinische Pharmakologie, Medizinische Hochschule Hannover; Carl-Neuberg-Str. 1,30625 HannoverHaase, Detlef PD Dr. med. ● P104Hämatologie und Onkologie, Georg-August-Universität; Robert-Koch-Straße 40, 37075GöttingenHaerting, Johannes Prof. Dr. med. ● P03; SYInstitut für medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Magdeburger Str. 27, 06097 Halle/SaaleHafemann, Hannelore ● P76Gewerbeärztlicher Dienst, Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hannover; Göttinger Str. 14,30449 HannoverHagemann, Wolfgang Dr. ● V52Psychotherapie und Psychosomatik, Röher Parkklinik; Röher Str. 53, 52249 EschweilerHagenmeyer, Lorenz Dipl.-Ing., M.Sc.ME (Purdue Univ.) ● V08; SYInstitut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement, Universität Stuttgart;Nobelstraße 12, 70569 Stuttgart900


AutorenHahn, Jens-Uwe Dr. ● V50; V68; P40Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA); Alte Heerstr. 111, 53757St. AugustinHallier, Ernst Prof. Dr. med. ● V02; V04; V29; P20; P21; P104Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität; Waldweg 37, 37073GöttingenHalsen, Gabriele Dr. ● P102Fachbereich Gefahrstoffe und Toxikologie, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienstund Wohlfahrtspflege; Bonner Str. 337, 50968 KölnHamouda, Osamah Dr. med, MPH ● SYAbteilung für Infektionsepidemiologie, Leiter des Fachgebiets HIV/AIDS und anderesexuell oder durch Blut übertragbare Infektionen, Robert Koch Institut; Seestraße 1,13353 BerlinHannig, Horst Dr. ● P46Städtische Kliniken Braunschweig; Celler Str. 38, 38114 BraunschweigHarling, Melanie ● V56Grundlagen der Prävention und Rehabilitation, Berufsgenossenschaft fürGesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege; Pappelallee 35-37, 22089 HamburgHarth, Kristina Dr. med. ● P51; P52; P55; P79a; P100Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzHarth, Volker Dr. ● V44; V81Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumHartmann, Bernd Prod. Dr. med. ● P08; P13; SArbeitsmedizinischer Dienst, BG BAU; Holstenwall 8-9, 20355 HamburgHartmann, Louise M. Dr. ● P64Institut für Umweltanalytik und Angewandte Geochemie, Universität Duisburg-Essen;Universitätsstr. 3-5, 45141 EssenHasselhorn, Hans-Martin PD Dr. ● V27; V55; P74Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik,Bergische Universität Wuppertal; Gaußstraße 20, 42097 WuppertalHattenberger, Sigurd ● P46Städtische Kliniken Braunschweig; Celler Str. 38, 38114 BraunschweigHaufe, Eva Dipl.-Math. ● P13; P75Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden; Fetscherstraße 74, 01307 DresdenHaufs, Michael Dr. ● V86Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumHauser-Heidt, Gabriele Dr.med. ● P71Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 GießenHeinmüller, Mechthild Dr. med. ● V22; P54Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenHeins, Elizabeth MD ● P51; P52; P55; P79aInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzHeinze, Evelyn ● P41; P113Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumHeipertz, Walter Dr. ● V28Ärztlicher Dienst (Zentrale), Bundesagentur für Arbeit; Regensburger Str. 104, 90327NürnbergHelmig, Simone Dr. ● P48Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 Gießen901


AutorenHenke, Henning ● P116Fachbereich Statistik, Universität Dortmund; Vogelpothsweg 87, 44221 DortmundHenry, Jana Dr. ● V81Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumHeppner, Manfred Dr. med. ● V19; V63Gebäude 54, Betriebsärztlicher Dienst Lübeck; Kronsforder Allee 71-73, 23560 LübeckHering, K.D. Dr. med ● P71Ärztlicher Direktor, Beratender Arzt für Radiologische Diagnostik bei arbeits- undumweltbedingten Erkrankungen, Knappschaftskrankenhaus Dortmund; Wieckesweg 27,44309 DortmundHerlet, Rolf ● V46Prävention, Unfallkasse Rheinland-Pfalz; Orensteinstrasse 10, 56626 AndernachHerr, Caroline PD Dr. med. ● V42; V67; P87; P88Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität; Friedrichstr. 16, 35385GießenHerrera, Veronica Dr. ● V30Escuela de Salud Publica, Universidad de Chile; Santiago, ChileHerrmann, Thomas ● V04; P21Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität; Waldweg 37, 37073GöttingenHettrich, Ralph Dr.rer.nat. ● P36Prävention, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik; Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 KölnHeutelbeck, Astrid Rita Regina Dr. med. ● V02; V04; P20; P21Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität; Waldweg 37, 37073GöttingenHildenbrand, Sibylle Dr. ● P97Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Tübingen; Wilhelmstr. 27,72074 TübingenHilgers, Ralf-Dieter Univ.-Prof. Dr. rer. nat. ● P108Institut für Medizinische Statistik, RWTH Aachen, Pauwelsstr. 30, 52074 AachenHilla, Wolfgang Dr. med. ● V70Gesundheitsschutz, AUDI AG; Ettingerstr., 85045 IngolstadtHirner, Alfred V. Prof. Dr. ● P28; P63; P64Institut für Umweltanalytik und Angewandte Geochemie, Universität Duisburg-Essen;Universitätsstr. 3-5, 45141 EssenHitz, Anja Dr. med. ● V29Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität; Waldweg 37, 37073GöttingenHöber, Dieter ● V13BG Bau, Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft; Hungener Str. 6, 60389 Frankfurt amMainHochgatterer, Karl Dr. ● P93Ärztliche Leitung, Arbeitsmedizinisches Zentrum Perg GmbH; Bahnhofstr. 5, 4320 Perg,ÖstereichHoell, Thomas Dr. med. ● P03Neurochirurgie, Krankenhaus Bergmannstrost; Merseburger Str. 165, 06112 HalleHoffmann, Ulrich Prof. Dr. med. ● V37Institut für Angiologie, Ludwig-Maximilians-Universität; Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenHoffmeyer, Frank Dr. ● V44; V81Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumHoffart, Jürgen, Dr.Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Deutschhausplatz 3, 55019 MainzHofmann, Friedrich Prof. Dr. Dr. ● V27; V87; P77; P107; SYArbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik,Bergische Universität Wuppertal; Gaußstraße 20, 42097 Wuppertal902


AutorenHofmann, Gunther Prof. Dr. Dr. ● V36Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität; Erlanger Allee 101, 07747 JenaHolzinger, Karl Dipl.-Ing. ● V16Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik, RWTH Aachen; Pontstrasse 49, 52062AachenHoppe, Ricarda ● P85Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumHorstmann, Marcus OA Dr. med. ● V60Klinik für Urologie, Eberhard-Karls-Universität; Hoppe-Seyler-Str. 3, 72076 TübingenHübler, Anja Dipl.-Soz. ● P53Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden; Fetscherstraße 74, 01307 DresdenHüdepohl, Johannes Dr. rer. nat. ● V77; V79; P69Arbeitsmedizin, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik; Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 KölnHusemann, Britta Dr. med. ● P16Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzIhrig, Andreas Dr.sc.hum.Dipl.-Psych. ● V69Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg;Voßstraße 2, 69115 HeidelbergIllig, Thomas Dr. ● V43Institut für Epidemiologie (GmbH), GSF Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit;Ingolstädter Landstr. 1, 85764 NeuherbergImöhl, Matthias Dr. ● P70Institut für Klinische Chemie, BG Kliniken Bergmannsheil; Bürkle-de-la-Camp-Platz 1,44789 BochumIrle, Hartmut Dr. ● V40Fachgebiet Arbeitswissenschaft/Ergonomie, Universität Siegen; Paul-Bonatz-Str. 9 - 11,57068 SiegenJacob, Eberhard Dr. ● P94Betriebsärztlicher Dienst, Stadtwerke Köln; Parkgürtel 24, 50823 KölnJäger, Matthias PD Dr. ● P01; P04; SYInstitut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundJanssen, Katharina ● P11BAU-ABC Rostrup; Virchowstraße 5, 26160 Bad ZwischenahnJappe, Uta PD Dr. ● P90Institut für Dermatologie und Venerologie, Universitätsklinikum Heidelberg; Voßstraße 2,69115 HeidelbergJeebhay, Mohammed F. Dr. ● P90Occupational and Environmental Health Research Unit, School of Public Health andFamily Medicine, University of Cape Town; Anzio Road, Observatory, 7925 Cape Town,SüdafrikaJensen, Hans-Joachim Prof. ● V21Arbeitsgruppe traumatische Ereignisse in der Seeschifffahrt, Deutsche Gesellschaft fürMaritime Medizin; Bornstraße 29, 20146 HamburgJöckel, Karl-Heinz Prof. Dr. ● P45Institut für medizinische Informatik, Biostatistik und Epidemiologie, UniversitätsklinikumEssen; Hufelandstr. 55, 45122 EssenJohn, Andrea Lebensmittelchemikerin ● P84Biochemisches Institut für Umweltcarcinogene, Prof. Dr. Gernot Grimmer-Stiftung; Lurup4, 22927 GroßhansdorfJohnen, Georg Dr. ● V60; V75; P46; P70Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumJordan, Claus Dr. ● P01; P04Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 Dortmund903


AutorenJörres, Rudolf A Dr. ● V05Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenJubt, Karl-Heinz Dipl.-Ing. ● P02Referat mech. Einwirkungen / Ergonomie, Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen;Ottenser Hauptstr. 54, 22765 HamburgJung, Detlev Dr. med. ● V17; V39; P29Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzJung, Matthias ● V39IKT, Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit Rheinland-Pfalz; Bauhofstr.9, 55116 MainzJungclaus, Bernd Dr. med. ● P11AMD - Zentrum Oldenburg, BG BAU; Bloherfelder Straße 97, 26129 OldenburgJüngert, Barbara Dr. med. ● V03Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenJuran, Stephanie Anja ● V71; P62Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundKäfferlein, Heiko U. Dr. ● V50; P40Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumKalkowsky, Bernhard ● P92Arbeitsmedizinisches Zentrum Herne/Pluto, Deutsche Steinkohle AG; Wilhelmstr. 98,44649 HerneKalsdorf, Barbara Dr. med. V01Forschungszentrum Borstel; Parkallee 35, 23845 BorstelKatzmann, Stefan Dipl. med. ● P10Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität;Jahnstr. 3, 07743 JenaKaul, Gerlinde Dr. rer. nat. ● P50FB 2.7, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42,10317 BerlinKeller, Claus Dr. ● P17Pneumologische Praxis; Melemstr. 5, 60322 FrankfurtKeller, Eva-Maria ● V53Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenKempe, Karen Dr. med. ● V88cognomedic GmbH, Innovationszentrum Medizintechnik und Pharma; Henkestraße 91,91052 ErlangenKespohl, Sabine Dr. ● P85; P90Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumKessel, Richard Prof. Dr. med. Dr. med. dent. ● V01; V19Institut für Arbeitsmedizin, UK-SH, Campus Lübeck; Ratzeburger Allee 160, 23858LübeckKiesel, Johannes Dipl.-Phys. ● V23Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenKießling, Jürgen Prof. Dr. ● SYAudiologie, Justus-Liebig-Universität; Feulgenstr. 10, 35392 GießenKiesswetter, Ernst Dr. ● V70; V71; P62Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundKledtke, Karen ● P61Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen; Hufelandstr. 55,45122 Essen904


AutorenKleinbeck, Stefan Dr. ● V71; P62Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundKlinkner, Hans-Guido Dr. ● V74Arbeitsgemeinschaft des Saarlandes zur Erforschungs und Förderung desGesundheitsschutzes im Bergbau e. V., AGiB; Am Staden 17, 66121 SaarbrückenKloó, Michael ● P21Genossenschaft Klauenpfleger e.G. Sachsen; Pestalozzistr. 2, 01847 LohmenKluger, Norbert Dipl.-Geogr. ● SGIS BAU, Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft; Hungener Str. 6, 60389 Frankfurt amMainKlußmann, André Dipl.-Ing., M.Sc. ● P50; P79bInstitut für Arbeitsmedizin, Sicherheitstechnik und Ergonomie (ASER) e.V., BergischeUniversität Wuppertal; Corneliusstr. 31, 42329 WuppertalKnauff-Eickmann, Renate Dipl.-Stat. ● P82Statistische und Mathematische Beratungen (SMB); Hohlgasse 6, 53332 BornheimKnoll, Lars ● V77; V78; V79; P69Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen; Pauwelsstrasse 30, 52074AachenKoch, Holger Martin ● V65; V66; V67; V68; V42Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumKoch, Peter Dr. ● P103Klinik für Neurologie, RWTH Aachen; Pauwelsstrasse 30, 52074 AachenKöhler, Ina Dipl.-Chem. ● V01Außenstelle Itzehoe, Landesamt für Gesundheit und Arbeitssicherheit; Oelixdorfer Str. 2,25524 ItzehoeKolb, Stefanie Dr. ● V34Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenKolk, Annette Dr. ● P68Fachbereich 2, Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitsschutz (BGIA); AlteHeerstr. 111, 53754 St. AugustinKöllinger, Klaus Dr. ● P96Arbeitsmedizin, Arbeitsmedizinischer Dienst GmbH; Kaplanhofstraße 1, 4020 Linz,ÖstereichKopps, Silke ● P43Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundKöpsel, Heinz-Jürgen Dr. med. ● P76Gewerbeärztlicher Dienst, Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Hannover; Göttinger Str. 14,30449 HannoverKorinth, Gintautas ● V63; V83; P73Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenKösters, Andreas Dr. ● P92Institut für Arbeitswissenschaften, RAG Aktiengesellschaft; Hülshof 28, 44369 DortmundKotschy-Lang, Nicola Dr. med ● V80; P72; P109Berufsgenossenschaftliche Klinik für Berufskrankheiten, Falkenstein; Lauterbacher Str.16, 8223 FalkensteinKötter, Rudolf Dr. phil ● V23Zentralinstitut für Angewandte Ethik und Wissenschaftskommunikation, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Bismarckstr. 12, 91054 ErlangenKragl, Udo ● P66Analytische, Technische und Umweltchemie, Institut für Chemie; Albert-Einstein-Str. 3a,18059 RostockKralj, Nenad Prof. Dr. med. ● P77; P107Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik,Bergische Universität Wuppertal; Gaußstraße 20, 42097 Wuppertal905


AutorenKraus, Thomas Prof. Dr. ● V16; V28; V77; V78; V79; P69; P70; P103Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen; Pauwelsstrasse 30, 52074AachenKrauspe, Anja ● P99Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität;Jahnstr. 3, 07743 JenaKreuzfeld, Steffi Dr. ● P07; P111Institut für Präventivmedizin, Universität Rostock; St.-Georg-Str. 108, 18055 RostockKrieger, Benjamin cand. med. ● V15Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenKrone, Michael MPH ● SYKoordination der EP LINK-UP, Deutsche AIDS-Hilfe e.V.; Mommsenstraße 45, 10629BerlinKronen, Andrea ● V35Landesgewerbearzt, Regierungspräsidium Darmstadt; Simone-Veil-Str. 5, 65197WiesbadenKrüger, Katharina Dr. ● P118; P119Institut für Physiologie I, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Robert-Koch-Str.27a, 48149 MünsterKuemmerling, Angelika Dr. ● P74Forschungsschwerpunkt Arbeitszeit und Arbeitsorganisation, Institut Arbeit und Technik /Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen; Munscheidstr. 14, 45886 GelsenkirchenKuhn, Stefan Dipl.-Ing. ● P01Präventionsdienst Mainz, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst undWohlfahrtspflege; Göttelmannstraße 3, 55130 MainzKuhn, Walter Dr ● P06Gesundheitsschutz, Volkswagen Nutzfahrzeuge; Postfach 210580, 30405 HannoverKulzer, Rupprecht ● P86Industriepark Wolfgang GmbH; Postfach 1345, 63403 HanauKumar, Mohit Dr ● P66; P111Automation assessment, Center for Life Science Automation; Friedrich-Barnewitz-Str.8,18119 RostockKumar, Shefali ● P66Analytische, Technische und Umweltchemie, Institut für Chemie; Albert-Einstein-Str. 3a,18059 RostockKünemund, Christa ● V11Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundKushnir, Alon ● V81DeepBreeze Ltd.; 2 Hailan St., P.O. Box 140, North Industrial Park, 30600 Or-Akiva,IsraelKütting, Birgitta Priv.-Doz. Dr. med. ● V41Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91052 ErlangenLampert, Konrad Dr. med. ● V74Arbeitsmedizinisches Zentrum Hirschbach, Deutsche Steinkohle AG; In den Rodhecken4, 66280 SulzbachLandmann, Dietrich Dr. ● V02; P20; P21LVA Echem, LVA Echem; Zur Bleeke, 21379 EchemLandshöft, Thorsten ● SY1Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen, Wiesbadener Straße 70, 65197WiesbadenLang, Isabelle cand. med. ● P24bInstitut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg;Voßstraße 2, 69115 HeidelbergLange, M ● P20Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität; Waldweg 37, 37073Göttingen906


AutorenLatza, Ute PD Dr. rer. nat, MPH ● P89Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 20459 HamburgLederer, Peter Dr. med. ● V23Leiter des Gesundheitsamtes Erlangen-Höchstadt, Gesundheitsamt Erlangen-Höchstadt;Schubertstr. 14, 91052 ErlangenLeiste, Anke ● V86Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumLenaerts, Hellmut Dr. ● P92Arbeitsmedizinisches Zentrum Herne/Pluto, Deutsche Steinkohle AG; Hülshof 28, 44649HerneLeng, Gabriele Prof. Dr. med. ● V60SUA-GHA-GSS, Institut für Biomonitoring, Bayer Industry Services GmbH&Co.OHG;Geb. 9, 51368 LeverkusenLetzel, Stephan Prof. Dr. med. Dipl.-Ing. ● V17; V37; V38; V39; V48; V70; P16; P29;P39; P47; P51;P52; P55; P56; P78; P79a; P83; P100; P101Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzLiebers, Falk Dr. med. ● P05; P09; P50; P79bFB 3.4 "Arbeitsgestaltung bei physischen Belastungen, Muskel-Skelett-Erkrankungen",Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42, 10317BerlinLiebers, Verena Dr. ● P67Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumLiedtke, Martin Dr. rer. nat. Dipl-Phys. ● SYArbeitsgestaltung – Physikalische Einwirkungen, Berufsgenossenschaftliches Institut fürArbeitsschutz – BGIA; Alte Heerstrasse 111, 53757 Sankt AugustinLimm, Heribert Dr. Dipl.-Psych. ● V22; P54Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, TechnischeUniversität München; Langerstrs. 3, 81675 MünchenLinhardt, Oliver Dr. med. ● P05; SYOrthopädische Klinik, Universität Regensburg; Kaiser-Karl V. Allee 3, 93077 Bad AbbachLischka, Karolina Cand. med. ● V69Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg;Voßstraße 2, 69115 HeidelbergLöffler, Kerstin B.A. ● P23Fachbereich Sozialversicherung, Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg; Zum Steimelsberg7, 53773 HennefLöffler, Kirsten Isabel Dipl.-Psych. ● V39; P16; P56; P101Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzLopata, Andreas Dr. ● P90Devision of Immunology-Allergy and Asthma Research Group, University of Cape Town;IIDMM; NHLS; Observatory, 7925 Cape Town, SüdafrikaLorbach, Rolf Dr. ● V07; P94Betriebsärztlicher Dienst, Stadtwerke Köln; Parkgürtel 24, 50823 KölnLotz, Gabriele Dr. med. ● P112Fachgruppe Wirkung von biologischen und chemischen Arbeitsstoffen, Bundesanstalt fürArbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42, 10317 BerlinLüersen, Lars ● V63Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenLuttmann, Alwin Prof. Dr. ● P01; P04; SYInstitut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundMahlknecht, Ulrich Prof. Dr.med. Dr.phil. ● P39Medizinische Klinik, Universität Heidelberg; Im Neuenheimer Feld 410, 69120 Heidelberg907


AutorenMalbrich, Jeanette Dipl.-Psych. ● V57Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, Fachrichtung Psychologie, TechnischeUniversität Dresden; Zellescher Weg 17, 01062 DresdenMambetova, Chinara MD, MPH ● V62Tashkent Research Institute of Haematology and Transfusiology, sowie die EuropäischeRareCancer Studiengruppe; Karim Karimov Ko`chasi 31, Taschkent, UsbekistanMann, Horst Dr. ● V26Gesundheitsschutz, AUDI AG; NSU-Str., 74148 NeckarsulmMann, Wolf Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. ● V17Hals-, Nasen-, Ohrenklinik und Poliklinik, Johannes Gutenberg-Universität;Langenbeckstraße 1, 55101 MainzMarchetti, Nella Prof. ● V30Escuela de Salud Publica, Universidad de Chile; Santiago, ChileMarczynski, Boleslaw Dr. ● V50; P40Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumMarek, Eike ● P110Institut für Arbeitsphysiologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt; Berstr. 26, 44791BochumMarek, Lars ● V80; P72; P109Institut für Arbeitsphysiologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt; Berstr. 26, 44791BochumMarek, Wolfgang PD Dr. rer. nat. ● V80; P72; P109; P110Institut für Arbeitsphysiologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt; Berstr. 26, 44791BochumMarks, Anke ● V11Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundMashofer, Thorsten ● P86Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumMaßbeck, Peter ● P50DRK Generalsekretariat; Cartsennstr. 58, 12205 BerlinMathys, Werner Prof. Dr. ● V33Institut für Hygiene, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Robert-Koch-Str. 41,48149 MünsterMayer, Stefan Dr. ● P85Abteilung Prävention, Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft; N 4, 18 - 20,68145 MannheimMayer-Popken, Otfried Dr. rer. nat. ● V17; P29; P83Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzMensing, Thomas Dr. ● V50; P40Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumMentel, Alexander Dr. med. ● P78Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacherstr. 67, 55131 MainzMerget, Rolf Prof. Dr. med. ● V13; V81; V86; P17; P24a; P86; P98; P113Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumMersch-Sundermann, Volker Prof. Dr. med. ● P87; P88Institut für Innenraum und Umwelttoxikologie, Justus-Liebig-Universität; Aulweg 123,35385 GießenMesserer, Peter ● V61GOA/CE, BASF Aktiengesellschaft; H 308, 67076 LudwigshafenMetzner, Robert ● V02; V04; P20; P21Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität; Waldweg 37, 37073Göttingen908


AutorenMeyer, Thomas Prof. Dr. med. ● P73Chirurgische Klinik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Krankenhausstr.12, 91054 ErlangenMeyer-Baron, Monika Dr. ● P116Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundMichaelis, Martina Dr. ● P12;V27;SYFFAS, Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin; Bertoldstr. 27, 79098FreiburgMichalke, Klaus Dr. ● P63BG-Zentrale für Sicherheit und Gesundheit (BGZ), HVBG; Alte Heerstraße 111, 53757Sankt AugustinMilde, Jürgen PD Dr. ● SInstitut für Mikrobiologie, Universität Duisburg-Essen; Universitätsstr. 5; 45141 EssenMorfeld, Peter PD Dr. rer. medic. ● V73; V74; P92Institut für Arbeitswissenschaften, RAG Aktiengesellschaft; Hülshof 28, 44369 DortmundMosel, Frank Dr. rer. nat. ● P61; P63Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen; Hufelandstr. 55,45122 EssenMoshammer, Hanns OA Dr. ● P93Institut für Umwelthygiene, Medizinische Universität Wien; Kinderspitalgasse 15, 1095Wien, ÖstereichMotte de la, Dorothea ● V05Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenMozdzanowski, Matthias ● P32IQPR Institut für Qualitätssicherung in Prävention, Deutsche Sporthochschule; SürtherStr. 171, 50999 KölnMückenhoff, Klaus Dr. ● P109, P110Institut für Physiologie, Ruhr-Universität Bochum; Universitätsstr. 150, 44781 BochumMückley, Thomas Dr. med. ● V36Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität; Erlanger Allee 101, 07747 JenaMück-Weymann, Michael Prof. Dr. ● V53Institut für Verhaltensmedizin und Prävention, Private Universität fürGesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik; Eduard-Wallnöfer-Zentrum I, 6060 HallMüller, Bernd H Professor ● P74Arbeitssicherheit und Ergonomie, Bergische Universität Wuppertal; Gaußstraße 20,42097 WuppertalMüller, Johannes ● V65; V68Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91353 ErlangenMüller, Klaus-Michael Prof. ● V75Institut für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum, BG-Kliniken Bergmannsheil; Bürklede-la-Camp-Platz1, 44789 BochumMüller, Marc Dr. med. ● P117; P121Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin, Universität des Saarlandes; UniversitätsklinikumHomburg, 66421 HomburgMüller-Lux, Alice Dr. ● V16; V79Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen; Pauwelsstrasse 30, 52074AachenMünzberger, Ekkehard Prof. Dr.med. ● SInstitut für Präventivmedizin, Universität Rostock; St.-Georg-Str. 108, 18055 RostockMüsken, Horst Dr. ● P17Praxis Allergologie und Pneumologie; Detmolder Str. 267, 33175 Bad LippspringeMußhoff, Ulrich Prof. Dr. ● P118; P119Institut für Physiologie I, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Robert-Koch-Str.27a, 48149 Münster909


AutorenMuth, Thomas Dipl.-Psych., MPH ● P19; P57Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf;Universitätsstr. 1, 40225 DüsseldorfMuttray, Axel Prof. Dr. med. ● V08; V17; P29; P83; P100; P115; SYInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzNasterlack, Michael Dr. ● V60; V61GOA/C, BASF Aktiengesellschaft; H 306, 67076 LudwigshafenNensa, Felix ● P110Institut für Arbeitsphysiologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt; Berstr. 26, 44791BochumNeukirch, Benno Prof. Dr. med. ● V87Gesundheitswesen, Hochschule Niederrhein; Reinarzstr. 49, 47805 KrefeldNienhaus, Albert Dr. med. ● V56; P01; P105Grundlagen der Prävention und Rehabilitation, Berufsgenossenschaft fürGesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege; Pappelallee 35-37, 22089 HamburgNikolaides, Emmanuel Dr.med. ● P34Gesundheitsdienst, MAN Nutzfahrzeuge AG; Dachauerstr. 667, 80995 MünchenNölle, Beate Dr. ● SArbeitsmedizinischer Dienst, BG BAU; Kronprinzenstraße 67, 44135 DortmundNowak, Alexander ● P75Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden; Fetscherstraße 74, 01307 DresdenNowak, Dennis Prof. Dr. ● V05; V34; V37; V45; P98Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenNübling, Matthias Dr. ● V27; V55; P12; SYFFAS, Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin; Bertolstr. 27, 79098FreiburgOchsmann, Elke Dr. med. ● V32; V53; P25Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenOhlendorf, Ralf Prof. Dr. med. ● P30; P31IFA, Institut für Arbeitsmedizin; Bad Meinberger Str.1, 32760 DetmoldOldenburg, Marcus Dr. ● V21; P120Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 20459 HamburgOtt, Marvin Gerald Dr. ● V61; P26Epidemiology, BASF Corporation; 333 Mt. Hope Avenue, Rockaway, USAOtto, Gerhard Dr. ● V09; V10; SYReferat 742 Arbeitsmedizin, Arbeitssicherheitsorganisation, BayerischesStaatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz; Rosenkavalierplatz 2,81925 MünchenOverlack, Axel Prof. ● P17Allergologie, Lungen- und Bronchialheilkunde; Am Burgweiher 54, 53123 BonnPabst, Regine Dr. med. ● V02; V04; P21Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität; Waldweg 37, 37073GöttingenPallapies, Dirk Dr. ● V61; P26GOA/CP, BASF Aktiengesellschaft; H 308, 67076 LudwigshafenPelster, Martin Dr. med. ● V60SUA-GHA, Bayer Industry Services GmbH&Co.OHG; Geb. E 46, 51368 LeverkusenPelz, Jörg Dr. med. ● P73Chirurgische Klinik, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Krankenhausstr.12, 91054 ErlangenPesch, Beate Dr. ● V13; V43; V50; V60; V75; V76; V86; P40; P41; P42; P46; P70Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochum910


AutorenPeter, Beate Dr.med. ● V20; P14Institut für Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität; Leipziger Str. 44, 39120MagdeburgPetereit-Haack, Gabriela Dr.med. ● SYLandesgewerbearzt, Regierungspräsidium Darmstadt; Simone-Veil-Str. 5, 65197WiesbadenPetru, Raluca Dr.med. ● P34Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenPfister, Eberhard Alexander Prof. Dr. rer. nat. habil. ● V20; V72; P14; P15Institut für Arbeitsmedizin, Otto-von-Guericke-Universität; Leipziger Str. 44, 39120MagdeburgPhilipp, Monika ● P48Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 GießenPhillippou, Statis Prof. Dr. ● V80Institut für Pathologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt; Zeppelinstr. 18, 44791 BochumPiekarski, Claus Prof. Dr. med. ● V73; V74; P92Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universität zu Köln; Joseph-Stelzmann-Str. 9, 50924 KölnPierl, Christiane ● V76; P46Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumPizarro Arenas, Alejandra ● V30Escuela de Enfermeria, Universidad Austral; Valdivia, ChilePodhorsky, Stefan ● P80; P81Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 GießenPohl, Klaus Dr. ● P68Verwaltungs-Berufsgenossenschaft; Isaac-Fulda-Allee 3, 55124 MainzPohlplatz, Josef Dr. ● P92Institut für Arbeitswissenschaften, RAG Aktiengesellschaft; Hülshof 28, 44369 DortmundPohrt, Ute Dr. ● P102Bereich Berufsdermatologie/Interventionsstrategien, Berufsgenossenschaft fürGesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege; Karlsruher Str. 19-22, 10711 BerlinPonto, Klaus Dipl.-Ing ● S; SYBerufsgenossenschaft Metall Süd; Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 15, 55130 MainzPoppe, Andreas Dr. med. ● V14Ltd. Arzt, Arbeitsmedizinisches und Sicherheitstechnisches Zentrum; Meisterweg 6,59229 AhlenPoschadel, Bernd Dipl.-Ing. ● V51Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 20459 HamburgPrager, Hans-Martin Dr. med. Dipl.-Chem. ● P43Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin; Münsterplatz 4, 44575 Castrop-RauxelPreisser, Alexandra Dr. med. ● V14Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 20459 HamburgPreuss, Ralf Dr. ● V49Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenPrisack, Bernd Dr. rer.nat. ● P38Institut für Onkologische Chemie, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; Universitätsstr.1, 40225 DüsseldorfRaab, Wolfgang Dr. ● P71Berufsgenossenschaftliche Klinik für Berufskrankheiten, Münchener Allee 10, 83435 BadReichenhall911


AutorenRabstein, Sylvia Dipl.-Stat. ● V43; P17; P41; P42Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumRadon, Katja PD Dr. ● V30; V34; P22Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenRadtke, Rainer Dr. rer. nat. ● V46Prävention, Unfallkasse Rheinland-Pfalz; Orensteinstrasse 10, 56626 AndernachRanft, Ulrich Prof. ● V43Institut für umwelmedizinische Forschung (GmbH), Heinrich-Heine-UniversitätDüsseldorf; Auf'm Hennekamp 50, 40225 DüsseldorfRatayczak, Marc cand. med. ● P56Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzRaulf-Heimsoth, Monika PD Dr. ● V13; V50; P17; P24a; P40; P42; P67; P68; P85; P90Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumRebe, Thomas Dr. ● V47; V64Abteilung Arbeitsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover; Carl-Neuberg-Str. 1,30625 HannoverReichert, Jörg Dr. ● V34; V37Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenRein, Andreas Dr.med. dent. ● P27Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität;Jahnstr. 3, 07743 JenaReischig, Hans Leopold Dr. med. ● V74Arbeitsmedizinisches Zentrum Hirschbach, Deutsche Steinkohle AG; In den Rodhecken4, 66280 SulzbachRettenmeier, Albert W. Prof. Dr. ● P28; P44; P61; P63; P64Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen; Hufelandstr. 55,45122 EssenRiccò, Matteo Dr. ● V01Department of Clinical Medicine, Nephrology and Health Sciences, Parma University; ViaGramsci n 14, 43100 Parma, ItalienRichartz, Gabriele Dr. med ● V80Institut für Pathologie, an der Augusta-Kranken-Anstalt; Zeppelinstr. 18, 44791 BochumRichter, Bernd ● P30; P31Personalservice, Phoenix Contact GmbH & Co KG; Flachsmarktstr. 8, 32825 BlombergRiedel, Stephan Dr.-Ing. ● P100Geschäftsführung, Ingenieurbüro für Ergonomie ibe; Montforter Str. 10, 67824 FeilbingertRieder, Günter DI Dr. ● P96Analytisches Labor, Arbeitsmedizinischer Dienst GmbH; Kaplanhofstraße 1, 4020 Linz,ÖstereichRieger, Monika A. PD Dr. med. ● V54; V55; V88; P79bArbeitsmedizin, Fakultät für Medizin, Universität Witten / Herdecke; Alfred-Herrhausen-Str. 50, 58448 WittenRihs, Hans-Peter Dr. ● P41; P42; P90Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumRinnert, Kurt Dr. med. SArbeitsmedizinischer Dienst, Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft; Eulenbergstraße13-21, 51065 KölnRitter-Lempp, Katharina Dipl.-Psych. ● P75Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden; Fetscherstraße 74, 01307 Dresden912


AutorenRödelsperger, Klaus Prof. ● P80; P81Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 GießenRoesler, Joachim Prof. Dr. ● P23; P106Betriebsärztlicher Dienst, Uniklinikum Köln; Kerpener Str. 62, 50924 Köln; FachbereichSozialversicherung, Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg; Zum Steimelsberg 7, 53773HennefRöhrig, Bernd Dr. ● P115Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes Gutenberg-Universität; Obere Zahlbacher Str. 69, 55131 MainzRöhrl, Tobias cand. med. ● V37Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenRolke, Roman Dr. ● V38Klinik und Poliklinik für Neurologie, Johannes Gutenberg-Universität; Langenbeckstr. 1,55131 MainzRolke, Silke ● V38Klinik und Poliklinik für Neurologie, Johannes Gutenberg-Universität; Langenbeckstr. 1,55131 MainzRoman, Cecilia Dr. ● V43Research Institute for Analytical Instrumentation; Donath 67, 40029 Cluj-Napoca,RumänienRose, Dirk-Matthias Dr. med. ● P29Institut für Arbeits- und Sozialhygiene; Steinhauser Str. 19, 76135 KarlsruheRosenberger, Wolfgang ● V64; P95Abteilung Arbeitsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover; Carl-Neuberg-Str. 1,30625 HannoverRoßbach, Bernd Dr. rer. nat. ● V17; V48; V49; V70; P29; P39; P83Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzRoth, Egon ● P80Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 GießenRoth, Gerhard ● P49Klinik für Urologie und Kinderurologie, Paul-Gerhardt-Stiftung; Paul-Gerhardt-Str. 42-45,06872 Lutherstadt WittenbergRozynek, Peter Dipl. Biol. ● P46Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumRüdiger, Heinz Dr. ● P58Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden; Fetscherstraße 74, 01307 DresdenRumler, Richard Dr. ● V13Arbeitsmedizinischer Dienst, BG BAU; Max-Planck-Str. 12, 97204 HöchbergSacher, Nadine cand. med. ● P47Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzSander, Ingrid Dr. ● P17; P24a; P85Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumSchaller, Karl-Heinz Dipl.-Ing. ● V48; V70; V83; P25Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenSchäper, Michael ● V70; V71; P62; P116Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundSchapkin, Sergei A. Dr. ● P58Arbeitsgestaltung bei psychischen Belastungen, Stress, Bundesanstalt für Arbeitsschutzund Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42, 10317 Berlin913


AutorenScharnbacher, Jutta Dr. med. ● V37; P16; P78Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzScherhag, Heike Dr. med. ● V17; V70; P83Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzSchettgen, Thomas Dr. ● V16; V79Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen; Pauwelsstrasse 30, 52074AachenScheuch, Klaus Prof. Dr. med. ● V57; P13; P53; P75Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden; Fetscherstraße 74, 01307 DresdenScheuermann, Bernd Dr. med. ● V60GOA/C, BASF Aktiengesellschaft; 67056 LudwigshafenScheuermann, Hansjörg Dr P20LTAD a. D., Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niedersachsen-Bremen; ImHaspelfelde 24, 30173 HannoverSchian, Hans-Martin Dr. med. ● P33IQPR Institut für Qualitätssicherung in Prävention, Deutsche Sporthochschule; SürtherStr. 171, 50999 KölnSchian, Marcus Rechtsassessor ● P33IQPR Institut für Qualitätssicherung in Prävention, Deutsche Sporthochschule; SürtherStr. 171, 50999 KölnSchiele, Rainer Prof. Dr. med. ● V36; P10; P27; P99Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität;Jahnstr. 3, 07743 JenaSchierl, Rudolf Dr. ● V45Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenSchlüter, Christoph Dr. ● V65Umweltbundesamt; Wörlitzer Platz 1, 06831 DessauSchmahl, Friedrich W. Prof. Dr. ● P97Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Tübingen; Wilhelmstr. 27,72074 TübingenSchmeißer, Nils Dipl. Biologe ● P45Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung, Bremer Institut für Prävention undSozialmedizin; Linzer Str. 8, 28359 BremenSchmelz, Martin Prof. Dr. med. ● V84Universitätsklinikum Mannheim der Ruprecht-Karl-Universität Heidelberg, Institut fürAnästhesiologie & Operative Intensivmedizin, Klinische Schmerzforschung; Theodor-Kutzer-Ufer 1-3, 68167 MannheimSchmid, Klaus PD Dr. med. ● V03; V53; P73Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenSchmidt, Klaus-Helmut Prof. Dr. ● P04Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundSchmidt, Sascha MScN ● V54Institut für Pflegewissenschaft, Fakultät für Medizin, Universität Witten / Herdecke;Stockumer Straße 12, 58453 WittenSchmitz-Spanke, Simone Dr. med. ● P44Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen; Hufelandstr. 55,45122 EssenSchneider, Joachim PD Dr. med. ● V82; P37; P48; P71; P80; P81Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 GießenSchneider, Michael Dr.med. ● V25; P108; P115Werksärztlicher Dienst, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co KG; Binger Straße173, 55216 Ingelheim914


AutorenSchneider-Klein, Karin ● V39Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzSchnetz, Esther Dr. rer. nat. ● V84Medizinische Fakultät, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg;Universitätsstr. 40, 91054 ErlangenSchöneweis, Sandra ● V86Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumScholl, Johannes Dr. med. ● V25Prevention First, Praxis für Präventivmedizin, Eibinger Str. 9, 65385 RüdesheimSchröder, Marcel ● V19Institut für Arbeitsmedizin, UK-SH, Campus Lübeck; Ratzeburger Allee 160, 23538LübeckSchroebler, Stefan Dr. ● P107Ressort 404.01 Arbeitsmedizinischer Dienst, Stadtverwaltung Wuppertal; Willy-Brandt-Platz 19, 42105 WuppertalSchröter-Kermani, Christa Dr. ● V65Umweltbundesamt; Wörlitzer Platz 1, 6831 DessauSchultze-Werninghaus, Gerhard Prof. ● P17; P86Abteilung für Pneumologie, Allergologie und Schlaflabor, BG Kliniken Bergmannsheil;Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumSchulze, Anja ● P22Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr. 1, 80336 MünchenSchulze, Johannes Dr. ● V76; P46Holz-Berufsgenossenschaft; Am Knie 8, 81241 MünchenSchulze-Rath, Renate Dr. med. ● P47Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik, Johannes Gutenberg-Universität; Obere zahlbacher Str. 69, 55131 MainzSchumann, Barbara ● P03; SYInstitut für medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Magdeburger Str. 27, 06097 Halle/SaaleSchumann, Henrik ● P87; P88Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität; Friedrichstr. 16, 35385GießenSchuppe, Hans-Christian PD Dr. med. ● V42; V67Zentrum für Dermatologie und Andrologie, Justus-Liebig-Universität; Gaffkystr. 14, 35385GiessenSchwark, Barbara Dipl.-Psych. ● V36Institut für Medizinische Psychologie, Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität;Stoystraße 2, 07740 JenaSchwarz, Rudolf Dr. ● P94Betriebsärztlicher Dienst, Stadtwerke Köln; Parkgürtel 24, 50823 KölnSchwarze, Sieglinde Prof. Dr. med. ● P19; P57Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf;Universitätsstr. 1, 40225 DüsseldorfSeeber, Andreas Prof. Dr. ● SInstitut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundSeeckts, A ● P20Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität; Waldweg 37, 37073GöttingenSegura, Daniel Dr. ● V30Betriebsmedizinischer Dienst, Universidad Austral; Valdivia, ChileSeibt, Reingard Dr. ● V57; P35; P53Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden; Fetscherstraße 74, 01307 Dresden915


AutorenSeidel, Albrecht Dr. ● P84Biochemisches Institut für Umweltcarcinogene, Prof. Dr. Gernot Grimmer-Stiftung; Lurup4, 22927 GroßhansdorfSeidel, Anne Dr. med. ● P99Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität;Jahnstr. 3, 07737 JenaSeidel, Dirk Dr. ● P08Service Stelle f. statistische und epidemiologische Auswertungen, BG BAU;Hildesheimer Straße 309, 30519 HannoverSeidel, Thilo Dr. med. ● P49Klinik für Urologie und Kinderurologie, Paul-Gerhardt-Stiftung; Paul-Gerhardt-Str. 42-45,06872 Lutherstadt WittenbergSeidler, Andreas PD Dr.med. ● SYBundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42, 10317BerlinSeitz, Carola Dipl.-Dok. ● P16; P52; P51; P55; P79aInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzSelle, Jan Christof ● P87; P88Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität; Friedrichstr. 16, 35385GießenSengos, Georgios Dr. ● V26Gesundheitsschutz, AUDI AG; NSU-Str., 74148 NeckarsulmSiegmann, Silvester Dipl.-Min., Sicherheitsingenieur ● P38; P57Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf;Universitätsstr. 1, 40225 DüsseldorfSiegmund, Klaus Dr. med. Dipl.-Ing. ● P19; P38Institut für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf;Universitätsstr. 1, 40225 DüsseldorfSimmenroth-Nayda, Anne Dr. med. ● V29Allgemeinmedizin, Georg-August-Universität; Humboltallee 38, 37075 GöttingenSimon, Patrice Dr. ● V49Institut National de Recherche et de Sécurité, Institut National de Recherche et deSécurité; Avenue de Bourgogne, 54501 Vandoeuvre, FrankreichSmith, Allan Professor ● V73School of Public Health, University of California, Berkeley; 140 Warren Hall MC7360,Berkeley, USASpahn, Gunter Dr. med. ● V36, P10Unfallchirurgie und Orthopädie, Praxisklinik Eisenach; Sophienstraße 16, 99817EisenachSpallek, Michael Dr. ● V19; P06; SGesundheitsschutz, Volkswagen Nutzfahrzeuge; Postfach 210580, 30405 HannoverSpickenheuer, Anne ● V13; V50; P40; P42Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumStang, Andreas Prof. Dr. ● P45Institut für Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg; Magdeburger Str. 27, 06097 Halle/SaaleStegmaier, Christa Dr. ● V74; P45Krebsregister Saarland, Statistisches Landesamt; Virchowstr. 7, 66119 SaarbrückenSteinberg, Ulf ● P50Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42, 10317BerlinSteinmaus, Craig Professor ● V73School of Public Health, University of California, Berkeley; 140 Warren Hall MC7360,Berkeley, USAStenzl, Arnulf Prof. Dr. med. ● V60Klinik für Urologie, Eberhard-Karls-Universität; Hoppe-Seyler-Str. 3, 72076 Tübingen916


AutorenStichtenoth, Dirk O. PD Dr. med. ● P95Klinische Pharmakologie, Medizinische Hochschule Hannover; Carl-Neuberg-Str. 1,30625 HannoverStilianakis, Nikolaos I. PD Dr. rer. nat. ● V42; V67Joint Research Centre, European Commission, Ispra, Italy, Department of Biometry andEpidemiology, University of Erlangen-Nuremberg, Erlangen, Germany; Via E. Fermi 1;T.P. 442, 21020 Ispra, ItalienStockmann, Heike Dipl. Biol. ● P46Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumStoll, Regina PD Dr.habil. ● P07; P66; P111Institut für Präventivmedizin, Universität Rostock; St.-Georg-Str. 108, 18055 RostockStork, Joachim Dr. ● V26; V48; V70Gesundheitswesen, AUDI AG; Ettingerstr., 85045 IngolstadtStößel, Ulrich Dr. ● V27, P12Abteilung für Medizinische Soziologie, Universität Freiburg; Hebelstr. 29, 79104 FreiburgStrahwald, Brigitte ● V88cognomedic GmbH, Innovationszentrum Medizintechnik und Pharma; Henkestraße 91,91052 ErlangenStrasser, Helmut Prof. Dr. ● V40; SFachgebiet Arbeitswissenschaft/Ergonomie, Universität Siegen; Paul-Bonatz-Str. 9 - 11,57068 SiegenStrehmel, Petra Prof. Dr. ● V56Fakultät Soziale Arbeit und Pflege, Hochschule für Angewandte WissenschaftenHamburg; Saarlandstraße 30, 22303 HamburgStreicher, Werner ● P30; P31Therapie, Staatsbad Pyrmont; Heiligen Anger Str., 31812 Bad PyrmontStrümpell, Jochen cand. med. ● V22Institut und Poliklinik für Arbeits- und Umweltmedizin, Ludwig-Maximilians-Universität;Ziemssenstr.1, 80336 MünchenStubel, Heike ● P67Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumSulkowsii, Margareta Dr. rer. nat. ● P28; P63Institut für Umweltanalytik und Angewandte Geochemie, Universität Duisburg-Essen;Universitätsstr. 3-5, 45141 EssenSültz, Joachim Dr. ● V05Pneumologie, Arbeitsmedizin; Von-Richthofen-Str. 15, 86356 NeusässTaeger, Dirk ● V60; V75; V86; P70Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumTang, Tao ● P87; P88Institut für Innenraum und Umwelttoxikologie, Justus-Liebig-Universität; Aulweg 123,35385 GießenTannapfel, Andrea Prof. ● V75Institut für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum, BG-Kliniken Bergmannsheil; Bürklede-la-Camp-Platz1, 44789 BochumTapia, Eduardo Dr. ● V30Escuela de Salud Publica, Universidad de Chile; Santiago, ChileTesch, Dietrich Dr. med. ● SArbeitsmedizinischer Dienst, BG Bau; Landsberger Straße 307, 80687 MünchenTheilmeier, Andreas Dr.-Ing. ● P01Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundThiel, K. ● P38Fraunhofer Institut für Chemische Technologie PfinztalThim, Carmen ● P50FB 4.5, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA); Nöldnerstr. 40-42,10317 Berlin917


AutorenThinschmidt, Marleen ● V58; P35Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät Carl GustavCarus der Technischen Universität Dresden; Fetscherstraße 74, 01307 DresdenThullner, Ingrid Dipl.-Ing. ● P65Prävention, Unfallkasse Hessen (UKH); Leonardo-da-Vinci-Allee 20, 60486 Frankfurt amMainTietje, Torsten Dr. med. ● V01Forschungszentrum Borstel, Parkallee 4-10, 23845 BorstelTings, Angela Dipl.-Biol. ● V79Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, RWTH Aachen; Pauwelsstrasse 30, 52074AachenTreede, Rolf-Detlef Prof. Dr. ● V38Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Johannes Gutenberg-Universität;Duesbergweg 6, 55128 MainzTriebig, Gerhard Prof. ● V69; P24b; P41Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg;Voßstraße 2, 69115 HeidelbergTsikas, Dimitrios PD Dr. rer. nat. ● P95Klinische Pharmakologie, Medizinische Hochschule Hannover; Carl-Neuberg-Str. 1,30625 HannoverTurowski, Siegfried ● P20; P21Abteilung Arbeits- und Sozialmedizin, Georg-August-Universität; Waldweg 37, 37073GöttingenUnfried, Klaus Dr. ● V43Institut für umwelmedizinische Forschung (GmbH), Heinrich-Heine-UniversitätDüsseldorf; Auf'm Hennekamp 50, 40225 DüsseldorfUnold, Bastian cand. med. ● SYInstitut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 Mainzvan Bürck, Rolf Dipl.-Ing. ● P107Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik,Bergische Universität Wuppertal; Gaußstraße 20, 42097 Wuppertalvan den Hurk, Pernel ● SYInstitut für Technologiemanagement, Technische Universität Eindhoven; Eindhoven,Niederlandevan Kampen, Vera Dr. ● P17Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 Bochumvan Mark, Anke Dr. med. ● V01; V19Institut für Arbeitsmedizin, UK-SH, Campus Lübeck; Ratzeburger Allee 160, 23538Lübeckvan Thriel, Christoph Dr. ● V71; P62; P116Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr. 67, 44139 DortmundVerch, Thorsten Ph. D. ● P70Fujirebio Diagnostics, Inc. (FDI); 201 Great Valley Parkway, 0 Malvern, PA 19355, USAVilbrandt, Reinhard Dipl.-Ing. ● P07Institut für Präventivmedizin, Universität Rostock; St.-Georg-Str. 108, 18055 RostockVlad, Mariana Dr. ● V43Institute of Public Health 'Iuliu Moldovan'; L. Pasteur 6, 40034 Cluj-Napoca, RumänienVogel, Petra ● P109Berufsgenossenschaftliche Klinik für Berufskrankheiten, Falkenstein; Lauterbacher Str.16, 8223 FalkensteinVogt, Thomas PD Dr. ● V38Klinik und Poliklinik für Neurologie, Johannes Gutenberg-Universität; Langenbeckstr. 1,55131 MainzVolland, Gerhard Dr. ● P97Bautenschutz und Bauchemie, Materialprüfungsamt Universität Stuttgart - Otto-Graf-Institut; Pfaffenwaldring 32, 70569 Stuttgart918


AutorenVölter-Mahlknecht, Susanne Dr. ● V38; P39; P47; P100Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 Mainzvon Halem, Margarete ● V85Gesundheitsschutz, AUDI AG; Ettingerstr., 85045 Ingolstadtvon Mach, Carolin ● P16Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 Mainzvon Mende, Stephan ● P43Klinik für Urologie und Kinderurologie, Knappschaftskrankenhaus Dortmund;Wieckesweg 27, 44309 Dortmundvon Recklinghausen, Ursula Dr. rer. nat. ● P64Institut für Hygiene und Arbeitsmedizin, Universitätsklinikum Essen; Hufelandstr. 55,45122 EssenWahl-Wachendorf, Anette Dr. ● SArbeitsmedizinischer Dienst, BG Bau; Bad Nauheimer Str. 2, 64289 DarmstadtWalusiak, Jolanta Dr. ● P17Institute of Occupational Medicine; 8 Teresy st., Lodz, PolenWeber, Andreas Prof. Dr. ● V28; P32; P33IQPR Institut für Qualitätssicherung in Prävention, Deutsche Sporthochschule; SürtherStr. 171, 50999 KölnWeber, Daniel Dr. ● P70Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumWegner, Ingeborg Dr. med. ● P47Betriebsärztliche Dienststelle, Lufthansa AG; Frankfurt am MainWegner, Ralf Dr. med. ● V51; P120Ordinariat und Zentralinstitut für Arbeitsmedizin (ZfA), Universität Hamburg;Seewartenstr. 10, 20459 HamburgWegscheider, Wolfgang Dipl.- Ing. (FH) ● P65Fachbereich Gefahrstoffe und Toxikologie, Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienstund Wohlfahrtspflege; Bonner Str. 337, 50968 KölnWeil de Vega, Caroline ● SYKompetenzbereich II, Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik undFunktionsprüfung; Schleichstraße 12, 72076 TübingenWeiler, Stephan W. Dr. med. ● V01; V19Institut für Arbeitsmedizin, UK-SH, Campus Lübeck; Ratzeburger Allee 160, 23538LübeckWeinberg, Guy ● V81DeepBreeze Ltd.; 2 Hailan St., P.O. Box 140, North Industrial Park, 30600 Or-Akiva,IsraelWeippert, Matthias ● P07; P111Institut für Präventivmedizin, Universität Rostock; St.-Georg-Str. 108, 18055 RostockWeiß, Tobias Dr. ● V43; V63Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumWeisshaar, Elke Dr. ● SYAbteilung klinische Sozialmedizin, Schwerpunkt Berufs- und Umweltdermatologie,Gesundheitssystemforschung, Universität Heidelberg; Thiebaustr. 3, 69115 HeidelbergWelge, Peter Dipl. Biol. ● V50; P40Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumWellhäußer, Harald Dr. med. ● V60; FFachreferat Arbeitsmedizin, Bereich Prävention, Berufsgenossenschaft der chemischenIndustrie; Kurfürsten-Anlage 62, 69115 HeidelbergWerner, Herbert ● V46Prävention, Unfallkasse Rheinland-Pfalz; Orensteinstrasse 10, 56626 Andernach919


AutorenWerner, Philipp Cand. med. ● P41Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Heidelberg;Voßstraße 2, 69115 HeidelbergWeskott, Martin Dr. med. ● SYAllergologie/Notfallmedizin/Umweltmedizin, Wuppertaler Stadtwerke AG; BrombergerStraße 39, 42281 WuppertalWiethege, Thorsten Dr. ● V44; V75Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumWilhelm, Barbara PD Dr. med. ● V09; V10; SYKompetenzbereich II, Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik undFunktionsprüfung; Schleichstraße 12, 72076 TübingenWilhelm, Helmut Prof. Dr.med. ● P115Augenklinik, Universitätsklinik Tübingen; Schleichstraße 12-16, 72076 TübingenWill, E ● V42, V67Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität; Friedrichstr. 16, 35385GießenWill, Wolfgang Dr. rer. nat. ● P26GOA/CB Arbeitsmedizin und Gesundheitsschutz, BASF Aktiengesellschaft; H 306,67056 LudwigshafenWilling, Ulf Dr. med. dent. ● P27Institut für Arbeits-, Sozial-, Umweltmedizin und -hygiene, Friedrich-Schiller-Universität;Jahnstr. 3, 07743 JenaWimmel, Frank Dr. med. ● SArbeitsmedizinischer Dienst, BG Bau; An der Festeburg 27-29, 60389 FrankfurtWindorfer, Klaus Dr. ● V48; V70Gesundheitsschutz, AUDI AG; NSU-Str., 74148 NeckarsulmWittassek, Matthias ● V65; V66; V68Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenWittich, Andrea Dr. phil. Dipl.Psych. ● V54Abteilung für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinik Freiburg;Hauptstraße 8, 79104 FreiburgWitting, Ute Univ.-Prof. Dr. ● V31; V33; P118; P119Institut für Arbeitsmedizin, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Robert-Koch-Str.51, 48149 MünsterWittmann, Andreas Dr.-Ing. ● V87Arbeitsphysiologie, Arbeitsmedizin und Infektionsschutz, Abt. Sicherheitstechnik,Bergische Universität Wuppertal; Gaußstraße 20, 42097 WuppertalWodarz, Roman ● P97Institut für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Tübingen; Wilhelmstr. 27,72074 TübingenWoitowitz, Hans-Joachim Prof. ● P71Institut und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Gießen undMarburg GmbH; Aulweg 129/III, 35392 GießenWolf, Joachim Dr. ● V76; P46Holz-Berufsgenossenschaft; Am Knie 8, 81241 MünchenWoltering, Sabine ● V31Institut für Arbeitsmedizin, Westfälische Wilhelms-Universität Münster; Robert-Koch-Str.51, 48149 MünsterWortmann, Norbert TAB med. vet. ● P01Grundlagen der Prävention und Rehabilitation, Berufsgenossenschaft fürGesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege; Pappelallee 35-37, 22089 HamburgWrazidlo, Wolfgang Dr.med. ● V69Radiologische Gemeinschaftspraxis, Atos Praxisklinik; Bismarckstraße 9 - 15, 69115Heidelberg920


AutorenWrbitzky, Renate Prof. Dr. med. ● V47; V64; P95Abteilung Arbeitsmedizin, Medizinische Hochschule Hannover; Carl-Neuberg-Str. 1,30625 HannoverWunderlich, Anette Dipl.-Ing. (FH) ● V35Landesgewerbearzt, Regierungspräsidium Darmstadt; Simone-Veil-Str. 5, 65197WiesbadenYeang, Hoong Y. Dr ● P90Biotechnology and Strategic Research Unit, Rubber Research Institute of Malaysia; POBox 10150, 50908 Kuala Lumpur, MalaysiaZabel, Peter Prof. Dr. med. ● V01Forschungszentrum Borstel; Parkallee 35, 23845 BorstelZagar, Christian Dr. med. ● V17Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Johannes Gutenberg-Universität; ObereZahlbacher Str. 67, 55131 MainzZahradnik, Eva ● P85Institut der Ruhr-Universität Bochum, Berufsgenossenschaftliches Forschungsinstitut fürArbeitsmedizin (BGFA); Bürkle-de-la-Camp-Platz 1, 44789 BochumZelfel, Rudolf C. Dipl.-Psych. ● P32IQPR Institut für Qualitätssicherung in Prävention, Deutsche Sporthochschule; SürtherStr. 171, 50999 KölnZeljka, Vrca ● V87Gesundheitswesen, Hochschule Niederrhein; Reinarzstr. 49, 47805 KrefeldZiegler, Hartwig ● V74Krebsregister Saarland, Statistisches Landesamt; Virchowstr. 7, 66119 SaarbrückenZimmermann, Anna ● P49Institut für Arbeitsphysiologie, Universität Dortmund; Ardeystr.67, 44139 DortmundZober, Andreas Prof. Dr. Dr. ● V61GOA, BASF Aktiengesellschaft; H 306, 67076 LudwigshafenZoebelein, Petra Dr. med. ● P73Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; Schillerstr. 25-29, 91054 ErlangenZschiesche, Wolfgang PD Dr. ● V70; V77; V78; V79; P36Prävention, Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik; Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 Kölnzur Nieden, Anja ● V42; V67; P87; P88Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Justus-Liebig-Universität; Friedrichstr. 16, 35385Gießen921


Autoren922


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006923


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Kolloquium des Hauptverbandes der gewerblichen BerufsgenossenschaftenDas „BGWprojekt.haut“Bjørn Kähler, HamburgWeiterhin überdurchschnittlich viele Verdachtsanzeigen auf beruflich erworbeneHauterkrankungen im Bereich des Gesundheitswesens und des Friseurhandwerkshaben die BGW veranlasst, andersartige Präventionskonzepte zu entwickeln: Mit derStrategie des „win win - Prinzips“ werden die betroffenen Gruppen direkt und gleichzeitigangesprochen und zur Verhaltensänderung bzw. Unterstützung animiert.Handlungshilfen und Instrumente für Führungskräfte, Berater und Experten gehörenebenso zum Portfolio, wie alltagstaugliche Hilfsmittel für die Mitarbeiter in den Betrieben.Das Projekt setzt besonders auf die Zusammenarbeit mit Arbeitsmedizinern,Betriebsärzten und Dermatologen.Der Vortrag gibt einen Einblick in das Vorhaben und erläutert beispielhaft die neueQualität in dieser Form der Prävention.924


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Kolloquium des Hauptverbandes der gewerblichen BerufsgenossenschaftenDie Präventionskampagne Haut der gesetzlichen Unfall- undKrankenversicherungFritz Bindzius, Sankt AugustinZum ersten Mal haben sich die gesetzliche Unfall- und Krankenversicherung zu einerPräventionskampagne Haut zusammengeschlossen. In abgestimmten Aktionen werdendamit innovative Wege gemeinsamen Präventionshandelns beschritten und neueImpulse bei der Verhütung von Gesundheitsgefahren gesetzt.Dimension der KampagneErkrankungen der Haut spielen eine große Rolle und haben gravierende wirtschaftlicheund soziale Folgen. So stellen sie in der gewerblichen Wirtschaft den größten Anteil anAnzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit dar. Auch für die einzelnen Betroffenenbedeutet eine Hauterkrankung sehr oft die Tätigkeitsaufgabe bzw. den Verlust desArbeitsplatzes. Aber auch im privaten Bereich und in der Freizeit ist die HautGefährdungen ausgesetzt, häufig in enger Wechselwirkung zu den beruflich bedingtenExpositionen. Daher ist die Prävention von Hauterkrankungen ein gutes Beispiel für einganzheitliches Vorgehen, in dem die verschiedenen Lebenswelten – vom Kindergartenüber den Privatbereich bis hin zum betrieblichen Einsatz – Berücksichtigung finden.Angesichts des multifaktoriellen Geschehens und der häufig langen Latenzzeiten vonHauterkrankungen ist ein umfassender Präventionsansatz sinnvoll, der durch frühzeitigeIntervention dazu beitragen kann, Hauterkrankungen vorzubeugen bzw. zu vermeiden.Fachkonzept mit konkreten PräventionszielenDie Präventionskampagne besteht aus einer – vorwiegend medial ausgerichteten –Dachkampagne und zahlreichen so genannten Trägerkampagnen, in denen diebeteiligten Verbände der gesetzlichen Unfall- und Krankenversicherung und ihrejeweiligen Mitglieder das gemeinsame Präventionsziel der Kampagne: „Gesunde Haut –weniger Hauterkrankungen“ verfolgen.In den Trägerkampagnen sind zielgruppen- und branchenspezifische Aktionen geplant,mit denen konkrete, dialogorientierte Aufklärung und Beratung geleistet werden kann.Die Aktivitäten basieren auf einem der Kampagne zugrunde liegenden Fachkonzept. Esdefiniert für die einzelnen Zielgruppen und Adressaten der Kampagne konkretePräventionsziele und Maßnahmen. Damit soll eine Sensibilisierung für das Thema „Haut“und eine Vermeidung bzw. Linderung von Hauterkrankungen erreicht werden.Bei der gesetzlichen Unfallversicherung steht der Abbau hautgefährdender Potenzialeam Arbeitsplatz (Verhältnisprävention) und die Verhaltensprävention sowie die925


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Verbesserung gesundheitsförderlicher Bedingungen für die Haut im Vordergrund. Für dieKrankenversicherung sind insbesondere solche Hautkrankheiten bedeutsam, die beiPatienten mit besonderem Leiden einhergehen, die zu hohen Leistungsausgaben führenund zugleich präventiv gut beeinflussbar sind. Themenschwerpunkte sind hierbeibestimmte allergische Erkrankungen (atopisches Ekzem, Neurodermitis),Schuppenflechte und Hautkrebs.Alle diese unterschiedlich akzentuierten Präventionsziele und die daraus hergeleitetenMaßnahmen werden aufeinander abgestimmt und im Rahmen der Kampagnesynchronisiert, um eine möglichst breite und dennoch zielgenaue Durchdringung derBevölkerung zu erreichen. Außerdem dient das Fachkonzept auch als Grundlage für dieEvaluation der Präventionskampagne Haut, wobei eine Prä- und Postmessungvorgesehen ist, um Interventionseffekte zu quantifizieren und zu beurteilen.Kommunikationskonzept zur medialen UmsetzungUnter dem Signet „Deine Haut. Die wichtigsten 2m 2 Deines Lebens.“ sollenDenkprozesse angestoßen werden, der die eigene Haut (mit einer durchschnittlichenFläche von 2m 2 ) ins Bewusstsein rückt und für deren Schutzbedürfnis sensibilisiert. DasKommunikationskonzept ist die visuelle Basis für einen durchgehenden Auftritt auf allenEbenen der Kampagne. Es bildet den kommunikativen Rahmen und dient dazu,Aufmerksamkeit für die Aktivitäten der Trägerkampagnen zu wecken. Dabei spricht dasKommunikationskonzept sowohl die emotionale Ebene („Ich-Betroffenheit“) als auch dierationale Ebene (hinsichtlich eines aktiven und individuellen Hautschutzes) an.Zwei zentrale Bildmotive mit einer Verbindung des Themas „2m 2 “ und „Haut“ kommen inder Dachkampagne zum Einsatz. Für die Trägerkampagnen werdenbranchenspezifische Fotomotive verwandt, die in der gleichen ästhetischen Anmutungwie die der Dachkampagne gehalten sind. So wird der visuelle Gesamtauftrittsichergestellt und die Gemeinsamkeit der an der Kampagne beteiligten Akteureverdeutlicht.Die mediale Umsetzung erfolgt während der Laufzeit der Kampagne durch PR-Aktionen(allgemeine Presse, Branchenpresse, Fachinformationen), Themenplatzierung in denMedien der Träger (Versichertenzeitschriften etc.) und Sonderpublikationen sowie durchdas Eingehen von Medienpartnerschaften. Außerdem sind punktuelle Telefon-Hotlines,ein Internet-Portal, die Nutzung weiterer Medien (TV) sowie die Gewinnung vonprominenten Fürsprechern der Kampagne (sog. testimonials) vorgesehen.926


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Kooperationspartner der Präventionskampagne HautDie Konzeption der Präventionskampagne Haut ist so angelegt, dass sich nicht nur dieSozialversicherungsträger mit einer Vielzahl von eigenen Aktivitäten beteiligen: Auchweitere Kooperationspartner werden die Botschaften der Kampagne in die jeweiligenLebenswelten – wie Betriebe, Schulen, Familien und Kindergärten – tragen. Hierbeispielen z. B. auch Arbeitsmediziner, Betriebsärzte und Arbeitsschutzbehörden derBundesländer eine wichtige Rolle, da sie durch ein verstärktes Augenmerk auf die Hautund die Prävention von Hauterkrankungen während der Laufzeit der Kampagne wertvolleUnterstützung leisten können.Zwei intensive Jahre „in Sachen Haut“!Der Startschuss für die Präventionskampagne Haut wird Anfang <strong>2007</strong> gegeben, dieeigentliche Laufzeit für alle oben beschriebenen Maßnahmen beträgt zwei Jahre. DasJahr 2006 dient der Vorbereitung und Synchronisierung aller damit verbundenenAktivitäten.927


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Kolloquium des Hauptverbandes der gewerblichen BerufsgenossenschaftenDie Rolle des Betriebsarztes in der HautkampagneWolfgang Panter, DuisburgDer Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. hat bereits im Jahre 2004 imRahmen seiner Medienkampagne „Gesunde Mitarbeiter – Gesunde Unternehmen“ mitPlakataktionen auf die Wichtigkeit der Hauptschutzvorsorge hingewiesen.„Medienkampagne“ VDBWWir begrüßen es daher sehr, dass der Hauptverband der gewerblichenBerufsgenossenschaft mit seiner jetzt aufgelegten Hautkampagne und der Einbeziehungvieler Kooperationspartner den ganzheitlichen Ansatz für das Thema „Schutz vorHautkrankheiten“ sucht.GefährdungsbeurteilungDie zentrale Aufgabe, die Betriebsärzten zukommt, ist die Beurteilung der Gefährdungvor Ort und die Ableitung der entsprechenden Schutzmaßnahmen. Und gerade was dasThema Arbeitsplatzhygiene angeht, das für die Fragestellung der Haut von besondererBedeutung ist, können Betriebsärzte durch ihren Sachverstand zu wichtigenVerbesserungen beitragen. Dabei kommt es immer darauf an, zunächst nachtechnischen Lösungen zu suchen. Wenn dies nicht möglich ist, müssen organisatorischeLösungen gefunden werden und erst zum Schluss das Einsetzen von persönlichenSchutzausrüstungen.928


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Die Rolle des Betriebsarztes in der Hautkampagneechnikrganisationersönliche SchutzmaßnahmenDie Rolle des Betriebsarztes in der Hautkampagne | q:\pg-arzt\annahme\präsentationen\.. | Seite 5Gerade bei der Zusammenstellung der Hautschutzpläne ist arbeitsmedizinischerSachverstand unverzichtbar. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, wennHautschutzpläne einfach gestaltet sind, dass sie auch in den Betrieben umgesetztwerden. Es nützt im Betrieb überhaupt nichts, wenn zu viele unterschiedliche Produkteeingesetzt werden, weil dies nur zur Verwirrung führt. Auch der Hygiene derReinigungsmittel ist eine hohe Aufmerksamkeit zu widmen, da hierdurch eine bakterielleKontamination vermieden werden kann. Und dies ist auch ein wichtiger Beitrag zumHautschutz.Ganzheitlicher AnsatzZusammen mit der Deutschen Krebshilfe haben wir seit längerem eine Kooperation zuverschiedenen Formen der Krebsfrüherkennung. Im Mai 2006 werden wir einegemeinsame Veranstaltung mit der Deutschen Krebshilfe haben, in der Betriebsärzte inder Früherkennung von Hautkrebserkrankungen geschult werden.Ich glaube, der breite Ansatz dieser Kampagne ist ein ganz zentral wichtiger, weil geradebei Hauterkrankungen Freizeit und Beruf sehr oft ineinander übergehen. Daneben sindmir die zwei anderen Aspekte der Kampagne, nämlich die Psoriasis Erkrankten und dieAtopiker auch Menschen, die einer besonderen medizinischen Zuwendung bedürfen.Herausragend finde ich die Aktion der Maschinenbau BG aus Düsseldorf, die einenHautcheck für die Betriebe vor Ort anbietet. Dies ist eine hervorragende Möglichkeit zurMotivation der Belegschaften, Hautschutz konsequent anzuwenden.929


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006FazitWir als Verband begrüßen die Kampagne des Hauptverbandes sehr. Wir stellen aberauch klar, ohne uns Betriebsärzte können wunderbare Plakate gedruckt werden und einewunderbare Kampagne gestartet werden. Aber die Umsetzung muss unter intensiverBeteiligung der Betriebsärzte vor Ort erfolgen.930


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Kolloquium des Hauptverbandes der gewerblichen BerufsgenossenschaftenNeue rechtliche Grundlagen der arbeitsmedizinischen VorsorgeHarald Wellhäußer, HeidelbergDie Unfallverhütungsvorschrift „Arbeitmedizinische Vorsorge“ (VBG 100) wurde von demauch jetzt wieder zuständigen Arbeitskreis 7 im Ausschuss Arbeitsmedizin des HVBGerstmals im Jahr 1984 und in überarbeiteter Form im Jahr 1994 zur Beschlussreifegebracht. Darüber hat der Obmann des Arbeitskreises, Herr Dr. Koch von der BGChemie, seinerzeit auf den Kolloquien des HVBG berichtet. DieUnfallverhütungsvorschrift enthielt Regelungen zur Vorsorge bei Tätigkeiten mitGefahrstoffen, mit biologischen Arbeitsstoffen und bei gefährdenden Tätigkeiten. Siewurde dann später als BG-Vorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge (BGV A 4)“weitergeführt. Spätestens seit 1997 bestand dann ein Änderungs- undAktualisierungsbedarf dieser Vorschrift. Ein entsprechender, damals demBundesministerium für Arbeit und Sozialordnung vorgelegter Nachtrag wurde jedoch mitHinweis auf eine „in Kürze“ kommende Novelle der Gefahrstoffverordnung nichtgenehmigt. Die BG-Vorschrift „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ war folglich zunehmendnicht mehr aktuell, da neue Gefahrstoffregelungen sowie eine zwischenzeitlich in Kraftgetretene Biostoffverordnung viele Inhalte der BG-Vorschrift abgelöst hatten.Mit dem In-Kraft-Treten der Novelle der Gefahrstoffverordnung am 1. Januar 2005, diezugleich Änderungen in der Biostoffverordnung sowie derGentechniksicherheitsverordnung mit sich brachte, wurden die Berufsgenossenschaftendurch das zuständige Fachministerium aufgefordert, unter Beachtung des Vorrangsstaatlicher Arbeitsschutzvorschriften vor berufsgenossenschaftlichen Regelungen diebestehende BG-Vorschrift zu überarbeiten. Gemäß einem zwischen Bund und denLändern auf der einen Seite und den Unfallversicherungsträgern auf der anderen Seiteabgestimmten Vorgehen erlassen Unfallversicherungsträger vor dem Hintergrund ihresgesetzlichen Auftrages Rechtsvorschriften nur noch dort, wo staatliche Vorschriften nichtbestehen oder solche der Konkretisierung bedürfen. Somit können doppelte Regelungenin Zukunft vermieden werden.Regelungen zu Gefahrstoffen, biologischen Arbeitsstoffen und zur Gentechnik in derBGV A 4 konnten also ab dem 1.1.2005 keine Anwendung mehr finden. In denFachkreisen der Berufsgenossenschaften wurden daraufhin die Vorsorgemaßnahmenbei gefährdenden Tätigkeiten hinsichtlich eines aus Sicht der Berufsgenossenschaftenweiteren Regelungsbedarfs geprüft. Soweit erforderlich, sollen zukünftig entsprechendeRegelungen als 5. Abschnitt „Arbeitsmedizinische Vorsorge“ in die BG-Vorschrift931


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006„Grundsätze der Prävention“ (BGV A 1) in 3 Paragraphen aufgenommen werden. DieseVorarbeiten sind inzwischen abgeschlossen.In § 32 „Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung“ der zukünftigen BGV A 1 werdendie Regelungen über arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, soweit diese nichtbereits in staatliche Rechtsvorschriften überführt worden sind, aus der bisherigenUnfallverhütungsvorschrift BGV A 4 in gestraffter Form übernommen. DieBerufsgenossenschaften schließen sich dem neuen Konzept des Staates mit derUnterscheidung von Pflicht- und Angebotsuntersuchungen an. Untersuchungen, die derUnternehmer wegen der besonderen Gesundheitsgefährdung zu veranlassen hat,werden in der Anlage 4 aufgeführt. Im Einzelnen sind dies verpflichtendeUntersuchungen bei folgenden Gefährdungen:• Tragen von Atemschutzgeräten• Arbeitsaufenthalt in den Tropen, Subtropen oder in anderen Regionen mitbesonderen klimatischen Belastungen oder besonderer Infektionsgefährdung• Hitzearbeiten• Kältearbeiten• Tätigkeiten im Lärm (vorbehaltlich einer künftigen Umsetzungsverordnung zurEG-Richtlinie Lärm)• Taucherarbeiten.Diese Untersuchungen sind Vorraussetzung für die Beschäftigung oderWeiterbeschäftigung mit dieser Tätigkeit. Grund, hier eine Pflichtuntersuchung ausberufsgenossenschaftlicher Sicht zu fordern, ist in der mit diesen Tätigkeitenverbundenen besonderen Gesundheitsgefährdung zu sehen, die durchVorsorgeuntersuchungen einschließlich Beratungen gemindert oder abgewendet werdenkann. Nimmt ein Versicherter an solchen Pflichtuntersuchungen nicht teil, so darf er mitdiesen Tätigkeiten nicht weiter beschäftigt werden.Angebotsuntersuchungen gemäß § 32 „Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung“ derzukünftigen BGV A 1 sind hingegen arbeitsmedizinische Untersuchungen, die einUnternehmer den Beschäftigten in bestimmten Abständen anbieten muss, sofernbestimmte Gefährdungen am Arbeitsplatz auftreten. Der Schwerpunkt dieserUntersuchungen beruht auf dem Erkennen individueller Risiken und bezweckt eineindividuelle arbeitsmedizinische Beratung der Versicherten. Neben den in staatlichenRechtsvorschriften vorgesehenen Angebotsuntersuchungen sind arbeitsmedizinischeVorsorgeuntersuchungen in der Regel bei Tätigkeiten anzubieten, die in der Tabelle 1932


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006der BGR A 1, der berufsgenossenschaftlichen Regel zur BGV A 1, beispielhaft aufgeführtsind:• Tätigkeiten mit Absturzgefahr• Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten• Tätigkeiten im Lärm, sofern keine Pflichtuntersuchung zu veranlassen war• Tätigkeiten mit Gefährdung der Zähne durch Säuren• Belastung des Muskel- und Skelettsystems.Analog den Regelungen in der Gefahrstoffverordnung darf der Unternehmer mitarbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach dieser Unfallverhütungsvorschriftnur Ärzte beauftragen, die Fachärzte für Arbeitsmedizin sind oder dieZusatzbezeichnung Betriebsmedizin führen. Für Ärzte, die vor In-Kraft-Treten dieserneuen BGV A 1 mit Untersuchungen beauftragt werden konnten, wollen dieBerufsgenossenschaften einen Bestandsschutz gewähren. Somit könnten diese Ärztevom Unternehmer auch weiterhin mit der Durchführung von Untersuchungen beauftragtwerden, sofern sie die Anforderungen an besondere Fachkenntnisse oder eine spezielleAusrüstung erfüllen. Zur Qualitätssicherung der Vorsorgeuntersuchungen sindFortbildungsmaßnahmen zur Förderung der gesetzlichen Präventions- undFrüherkennungsziele erforderlich, an den teilzunehmen der Unternehmer denbeauftragten Arzt vertraglich verpflichtet.Erstmalig sind im deutschen Gefahrstoffrecht mit der neuen Gefahrstoffverordnung auchNachuntersuchungen nach Ende der Beschäftigung im Unternehmen geregelt worden.Nachuntersuchungen sind der Gefahrstoffverordnung zufolge vom Unternehmer beiTätigkeiten mit Exposition gegenüber Krebs erzeugenden oder Erbgut veränderndenStoffen und Zubereitungen der Kategorien 1 und 2 auch nach Beendigung derBeschäftigung anzubieten, das sind also im Wortlaut die bisherigen nachgehendenUntersuchungen aus der BGV A 4. Nachgehende Untersuchungen dienen, soferngeeignete diagnostische Methoden hierfür zur Verfügung stehen, der Früherkennung vonKrebserkrankungen und ermöglichen die Verbesserung der Heilbehandlungen und denfrühzeitigen Einsatz sonstiger berufsgenossenschaftlicher Leistungen. DieBerufsgenossenschaften sind der Meinung, dass die Möglichkeiten der Unternehmer zueiner sachgerechten Umsetzung dieser Pflicht nach Ausscheiden der Arbeitnehmer ausdem Unternehmen sehr begrenzt sind. Aus diesem Grund werden dieBerufsgenossenschaften den Unternehmen dahingehend Unterstützung anbieten, dassder Unternehmer diese seine Verpflichtung unter ganz bestimmten Voraussetzungen andie Berufsgenossenschaften abtreten kann. Einzelheiten hierzu regelt der § 33933


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006"Nachgehende Maßnahmen der Vorsorge" in der zukünftigen BGV A 1. DieVerfahrensweise der Berufsgenossenschaften hinsichtlich Angebot und Umfang vonnachgehenden Maßnahmen wird sich nach den vorliegenden medizinischwissenschaftlichenErkenntnissen richten.Mit dem § 34 „Maßnahmen bei beruflicher Strahlenexposition“ der zukünftigen BGV A 1wird die Vorschrift zum Schutz der beruflich strahlenexponierten Versicherten aus derbisherigen Unfallverhütungsvorschrift BGV A 4 übernommen. Das Erfordernis zurarbeitsmedizinischen Vorsorge ergibt sich unter anderem aus derStrahlenschutzverordnung und der Röntgenverordnung.Die Berufsgenossenschaften machen die Regelung von arbeitsmedizinischenVorsorgeuntersuchungen im Rahmen ihrer Rechtssetzungskompetenz durchVorschriften sowie deren Ausgestaltung von dem Ergebnis einer Rechtsgüterabwägungabhängig. Das Ergebnis der Würdigung dieser korrelierenden Rechte - einerseits dasgrundgesetzlich geschützte Recht auf Leben und Gesundheit, andererseits dasSelbstbestimmungsrecht des Einzelnen - ist die Entscheidung, auf welchen Feldern inErgänzung des staatlichen legislativen Konzeptes der arbeitsmedizinischen VorsorgeRegelungen zu arbeitsmedizinischen Untersuchungen zu erlassen sind und wieinnerhalb solcher Regelungen zwischen Pflicht- und Angebotsuntersuchungen zudifferenzieren ist. Die Berufsgenossenschaften nehmen für sich in Anspruch, dass ihnendiese Rechtsgüterabwägung mit der neuen BGV A 1 in Ergänzung mit der BGR A 1gelungen ist.934


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Kolloquium des Hauptverbandes der gewerblichen BerufsgenossenschaftenDer neue berufsgenossenschaftliche Grundsatz G 46Bernd Hartmann, HamburgEinleitungDer Grundsatz G 46 „Belastungen des Muskel-Skelett-Systems“ ist nach Aufforderungdes Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit an den HVBG entwickelt worden. Errichtet sich sowohl auf die Prävention von Erkrankungen dieses Systems durchkörperliche Über- und Fehlbelastungen als auch auf die Mitwirkung des Betriebsarztesbeim Eingliederungsmanagement. Den rechtlichen Rahmen bilden das SGB VII, dasArbeitssicherheits- und das Arbeitsschutzgesetz sowie die Umsetzung der Richtlinie„Vibrationen“ 2002/44/EG. Gleichzeitig entspricht er dem betriebsärztlichen Auftrag zurMitwirkung im betrieblichen Eingliederungsmanagement von häufig bzw. langzeitigErkrankten, Leistungsgewandelten und älteren Arbeitnehmern.Gefährdungen als Anlass zur VorsorgeDem Einsatz des G 46 zur arbeitsmedizinischen Vorsorge geht eineGefährdungsbeurteilung voraus. Sie bezieht sich auf besondere Belastungen undGefährdungen, die geeignet sind, Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems auszulösenoder durch andere innere oder äußere Ursachen entstandene Erkrankungen zuverstärken und damit kurzfristig die Arbeitsfähigkeit und mittelfristig die Berufsfähigkeit inFrage zu stellen. Die in Tabelle 1 dargestellten Belastungen finden Berücksichtigung(Tabelle).In den Auswahlkriterien für die arbeitsmedizinische Vorsorge (BGI 504.46) sindMethoden wie die Leitmerkmalmethoden für das Heben, Tragen und Umsetzen vonLasten sowie für das Ziehen und Schieben genannt. Verwiesen werden kann auch aufdie Methoden zur Beurteilung der Hand-Arm-Belastungen wie RULA, die im BIA-Report4/2005 (HOEHNE-HÜCKSTÄDT 2005) beschrieben sind. Für die Praxis wird diesenVerfahren eine Checkliste vorgeschaltet, in welcher nicht relevante Belastungen voneiner generellen gefährdungsbezogenen Prävention ausgeschlossen werden könnenund damit verhindert wird, dass eine übermäßige Zahl gering belastender Arbeitsplätzeden gefährdungsbezogenen Einsatz der Präventionskapazitäten überfordert.Der betriebsärztliche Ansatz des G 46Die Diagnostik von Muskel-Skelett-Erkrankungen in der Arbeitsmedizin hat sich an einembestimmten, für die arbeitsmedizinische Vorsorge in einem Betrieb vorgegebenenRahmen auszurichten. Sie betrifft in der Regel Personen, die arbeitsfähig sind und vomArbeitsplatz während der Arbeitszeit zur betriebsärztlichen Untersuchung kommen.Akute Beschwerden liegen in der Regel nur zufällig vor. Stattdessen stehen oft935


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006dauerhafte Befunde auf Grund subakuter bis chronischer Gesundheitsstörungen oderErkrankungen im Vordergrund.Wesentliche Voraussetzungen zur betriebsärztlichen Untersuchung sind- detaillierte Kenntnisse der konkreten Gefährdungen am Arbeitsplatz,- eine zielgerichtete Anamnese, welche Beschwerden und Erkrankungen und derenBeziehungen zur Arbeitsbelastung erfasst,- eine ärztliche klinische Untersuchung zur Feststellung tätigkeitsrelevanterfunktioneller Defizite sowie möglicher Erkrankungen.Das Ziel der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist eine zusammenfassende Einordnung undBewertung der Beschwerden und erhobenen Befunde im Hinblick auf- die aktuelle Funktionsfähigkeit und Belastbarkeit,- den ursächlichen Anteil der Arbeit an den Beschwerden und Befunden,- ein mögliches Gesundheitsrisiko beim Verbleib in der Tätigkeit,- den therapeutischen oder rehabilitativen Behandlungsbedarf.Daraus lässt sich der konkretea) Beratungsbedarf des Beschäftigten zum Verhalten am Arbeitsplatz und in der Freizeitund zu therapeutischen oder rehabilitativen Konsequenzen sowie für die Gestaltungseiner Arbeit ebenso ableiten wie die notwendigeb) Beratung des Arbeitgebers auf Grund verallgemeinerungsfähiger Ergebnisse derVorsorgeuntersuchungen wie Hinweise zur erweiterten Gefährdungsbeurteilung,Empfehlungen zur ergonomischen Arbeitsgestaltung, zur Arbeitsorganisation und zurUnterweisung.c)AnamneseUm relevante Informationen effektiv und einheitlich zu erfassen, wird eine Gliederung derAnamnese in 3 Teile empfohlen (Hartmann et al. 2005a), die aufeinander aufbauendbzw. bei Hand-Arm-Vibrationen nach Erfordernis eingesetzt werden:Anamnese 1 „Eigene Angaben zu Muskel-Skelett-Erkrankungen“:Mit dieser Anamnese werden das Auftreten und die Lokalisation von Beschwerden amMuskel-Skelett-System systematisch erfasst. Der Bogen wird von den Beschäftigtenselbständig vor der Untersuchung ausgefüllt.Anamnese 2 „Anamnese zu Muskel-Skelett-Erkrankungen“:Werden vom Beschäftigten relevante Beschwerden angegeben, folgt eine ärztlicheAnamnese zu Muskel-Skelett-Erkrankungen. Der vom Arzt auszufüllende Teil enthält die936


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Schwerpunkte: Schmerzqualität und Schmerzcharakter, Abgrenzung gegenüberunspezifischen Schmerzen oder anderen z.B. psychosozial verursachten Beschwerden,Topik ausstrahlender Akutschmerzen, Überlastungsbeschwerden, Schmerzprovokationdurch bestimmte Bewegungen oder Belastungen und das belastungsabhängigeAuftreten arbeitsbedingter Schmerzen.Weiterhin existiert ein Zusatzmodul „Ärztliche Anamnese bei Hand-Arm-Vibrationsbelastungen“ für Beschäftigte mit Hand-Arm-Vibrationen.Klinische UntersuchungEffizient wird die klinische Untersuchung durch ein stufenweises Vorgehen:a) In einer Basisuntersuchung sollen Funktionsauffälligkeiten festgestellt werden.b) In einer Ergänzungsuntersuchung wird nach dem Grad der Auffälligkeiten sowie evtl.erkennbaren Ursachen gesucht.Am Beginn der körperlichen Untersuchung stehen die Inspektion des gesamten Muskel-Skelett-Systems und die Beurteilung des Allgemeinzustandes sowie desErnährungszustandes. Bei der Inspektion ist besonders zu achten auf Asymmetrien,Deformitäten, Hautveränderungen und die Harmonie von Bewegungsabläufen (z. B.Gangbild)Bei der Überprüfung des Bewegungsumfangs von Gelenken könnenBewegungseinschränkungen (Hypomobilität) und vermehrte Beweglichkeiten(Hypermobilität) erkannt werden. Die Ausführbarkeit bestimmter Bewegungen gibt ersteund zumeist bereits entscheidende Hinweise auf die erhaltene bzw. gestörte Funktion.Für die speziellen Anforderungen der arbeitsmedizinischen Vorsorge (Zeiteffizienz,Orientierung auf relevante Störungen und auf Funktionsdefizite) wurden verschiedenearbeitsmedizinisch-orthopädische Untersuchungsprotokolle mit kurzenUntersuchungsanleitungen entwickelt (HARTMANN & HARTMANN 1996, KUHN et al.1998) und erprobt. Zu den ausführlichen, stufenweise aufgebautenUntersuchungsschemata gehören• die „Funktionsorientierte körperliche Untersuchungssystematik (fokus © ) desBewegungsapparates in der Arbeitsmedizin“ (SPALLEK et al. 2005)• das Programm zur Mehrstufendiagnostik von Muskel-Skelett-Erkrankungen in derarbeitsmedizinischen Untersuchungspraxis (GRIFKA et al. 2005).Bewertung des UntersuchungsergebnissesDie arbeitsmedizinische Diagnostik, Beurteilung und Beratung ist ein komplexer Prozessder Bewertung von individuellen Risiken eines Arbeitnehmers im Zusammenhang mitseiner Arbeitsaufgabe und den organisatorischen Bedingungen am konkretenArbeitsplatz oder in einem Tätigkeitsfeld. Sie ist eine arbeitsmedizinische Kernaufgabe.937


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Die Untersuchungsprogramme und ihre Dokumentationen bieten eine wichtigeHilfestellung und Beurteilungsgrundlage, ersetzen aber nicht die notwendigenarbeitsmedizinischen Kenntnisse und Erfahrungen. Für die arbeitsmedizinischeBewertung sind die erhobenen Befunde und funktionellen Auffälligkeiten in Verbindungmit der Anamnese zu betrachten und zu einer Verdachtsdiagnose zusammenzufassen.Zur Beurteilung und Beratung bietet das sozialmedizinische Krankheitsfolgenmodell, derRehabilitationsmedizin „ICF-Klassifikation“ (ICF 2004 = Internationale Klassifikation derFunktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) Anregungen für eine systematischefunktionsbezogene Beurteilung:- Funktionsfähigkeit: Oberbegriff für Körperfunktionen und Aktivitäten- Belastbarkeit: Voraussichtliche Bewältigung bestimmter körperlicher Belastungenam Arbeitsplatz- Gesundheitsrisiko: Erkenntnisse über die voraussichtlicheGesundheitsentwicklung sind in die Beurteilung einzubeziehen.- Erwerbsfähigkeit: Möglichkeiten der Erhaltung der Berufs- und Erwerbsfähigkeitunter den aktuellen Bedingungen des Arbeitsplatzes oder bei alternativenArbeitsbedingungen in einer anderen Tätigkeit.-Beratung der Beschäftigten und ihrer ArbeitgeberDie Beratung der Beschäftigten und ihrer Arbeitgeber macht den präventiven Charakterarbeitsmedizinischer Vorsorge im Vergleich zur hausärztlichen kurativen Betreuungpraktisch sichtbar. Sie hat folgende Ziele:• Sachgerechte Abwägung zwischen medizinischen Befunden und spezifischenWirkungen verschiedener körperlicher Belastungen am Arbeitsplatz,• Beeinflussung der generellen oder individuellen Belastungen am Arbeitsplatz,• Beratung zum aktuellen Arbeitseinsatz sowie zur Lebensperspektive desBeschäftigten unter Berücksichtigung des Lebensalters, der „Restarbeitszeit“ und denrealen beruflichen Alternativen, aber auch des privaten Umfeldes,• Beeinflussung der individuellen Bereitschaft von Beschäftigten zur Mitwirkung beipräventiven Maßnahmen.Beratung des BeschäftigtenBei der Beratung des Beschäftigten sind folgende Inhalte wichtig :a) Information und Erläuterung der Befunde,b) Befunde anderer Organsysteme mit Bedeutung für die Belastbarkeit,938


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006c) Bewertung der Funktionsstörungen, Minderungen der Belastbarkeit undprognostische Abschätzung des gesundheitlichen Risikos und der Einsetzbarkeit,d) Gefährdungen unter Berücksichtigung der Frage, ob ein Verbleib am altenArbeitsplatz möglich ist,e) Empfehlungen für die Sekundärprävention, Therapie oder Rehabilitation,f) Persönliche Mitwirkung an der Minderung von Belastungen durch selbstanwendbares ergonomisches Basiswissen, Änderung des Lebensstils (z.B.Training, Ernährung, Gewicht, Stress),g) Individuelle Gesundheitsförderung zum Training der physischen Belastbarkeit.Spezielle Anforderungen werden bei einer stufenweisen Wiedereingliederung nachlängerer Arbeitsunfähigkeit gestellt, wenn sich Beschäftigte beim Betriebsarzt vorstellen,um über die individuellen Möglichkeiten einer betrieblichen Wiedereingliederung zuberaten (Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung 2004).Beratung des ArbeitgebersSchwerpunkte bei der Beratung des Arbeitsgebers sind bedarfsgerechte präventiveMaßnahmen zur Verminderung von Über- und Fehlbelastungen. Das Ziel ist dieErhaltung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit von Beschäftigten. Diese Beratung kann imZusammenhang mit den Ergebnissen der arbeitsmedizinischen Vorsorge auf diegenerellen Verhältnisse am Arbeitsplatz gerichtet sein, wenn auf Grund vonVorsorgeuntersuchungen und betriebsärztlicher Kenntnisse bestimmte Belastungen oderBedingungen der Tätigkeit als Ursachen dauerhafter Beschwerden anzunehmen sind.Die Beratung kann andererseits auf den Einzelfall gerichtet sein, wenn die körperlichenBeschwerden und Erkrankungen vom Beschäftigten dem Arbeitgeber gegenüberbekannt gegeben wurden oder vom Betriebsarzt sogar eine Mitwirkung an der Lösungeines individuellen Problemfalls erwartet wird.939


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Literatur• Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung. Anlage zurArbeitsunfähigkeits-Richtlinie 2003. Bundesanzeiger Nr. 61 (S. 6501) vom27.03.2004.• G 46: Belastungen des Muskel-Skelett-Systems. Ausschuss Arbeitsmedizin,Arbeitskreis 2.2 „Belastungen des Muskel-Skelett-Systems. Hauptverband dergewerblichen Berufsgenossenschaften 2005. Arbeitsmed Sozialmed Präventivmed40; 429 – 440.• GRIFKA J, LINHARDT O, LIEBERS F: Mehrstufendiagnostik von Muskel-Skelett-Erkrankungen in der arbeitsmedizinischen Praxis. Auflage: 2, Bremerhaven:Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft GmbH. 2005. (Schriftenreiheder Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Sonderschrift, S 62)• HARTMANN B, SCHWARZE S, LIEBERS F, SPALLEK M, KUHN W, CAFFIER G:Arbeitsmedizinische Vorsorge bei Belastungen des Muskel-Skelett-Systems. Teil 1:Zielstellungen, Konzeption und Anamnese. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 40(2005a): 60 – 68.• HARTMANN B, SPALLEK M, KUHN W, LIEBERS F, SCHWARZE S:Arbeitsmedizinische Vorsorge bei Belastungen des Muskel-Skelett-Systems. Teil 3:Die Beratung als Teil der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Arbeitsmed SozialmedUmweltmed 40 (2005b): 288 - 296.• HARTMANN B: Prävention arbeitsbedingter Rücken- und Gelenkerkrankungen:Ergonomie und arbeitsmedizinische Praxis. – Landsberg. ecomed, 2000.• HOEHNE-HÜCKSTÄDT Ulrike (2005): Verfahren zur Bewertung repetitiverTätigkeiten. In: BGIA-Report 4/2005 Fachgespräch Ergonomie 2004. Hauptverbandder gewerblichen Berufsgenossenschaften. Sankt Augustin. 39 – 87.• SPALLEK M, KUHN W, SCHWARZE S, HARTMANN B: ArbeitsmedizinischeVorsorge bei Belastungen des Muskel-Skelettsystems. Teil 2: Funktionsorientiertekörperliche Untersuchungssystematik (fokus © ) des Bewegungsapparates in derArbeitsmedizin. Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 40 (2005): 244 - 250.940


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 20061. Manuelle Lastenhandhabung• Heben, Halten, Tragen• Ziehen, Schieben2. Erzwungene Körperhaltungen• Sitzen• Stehen• Rumpfbeuge• Hocken, Knien, Liegen• Arme über Schulterniveau3. Arbeit mit erhöhter Kraftanstrengung und/oder Krafteinwirkung• Schwer zugängliche Arbeitsstellen (Steigen, Klettern)• Einsatz des Hand-/Arm-Systems als Werkzeug (Klopfen, Hämmern, Drehen,Drücken)• Kraft-/Druckeinwirkung bei der Bedienung von Arbeitsmitteln4. Repetitive Tätigkeiten mit hohen Handhabungsfrequenzen5. Ganzkörper-Vibrationen• Täglicher Auslösewert normiert auf Bezugszeitraum 8 Stunden = 0,5 m/s 26. Hand-Arm-Vibrationen• Täglicher Auslösewert normiert auf Bezugszeitraum 8 Stunden, von 2,5 m/s 2941


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Kolloquium des Hauptverbandes der gewerblichen BerufsgenossenschaftenBetriebliches WiedereingliederungsmanagementUwe Hassler, HannoverDie Wiedereingliederung von Mitarbeitern nach Erkrankungen ist vor demHintergrund älter werdender Belegschaften immer bedeutsamer.Der demographische Wandel macht vor den Werkstoren nicht halt.Dieses Problem ist mittlerweile überall, ob in der Großindustrie, aber auch inKlein- und mittleren Betrieben existent.Der Betriebsarzt steht hier bei der Integration leistungsgewandelter Mitarbeitervor neuen Herausforderungen:In der Praxis besteht das Problem darin, die verschiedenen Informationen ausRehakliniken, aus Befunden und Attesten, Gutachten sowie ausEntlassungsberichten in der betrieblichen Wirklichkeit umzusetzen.Hierzu ist ein Integrationsteam sinnvoll, welches aus Vertretern der Produktion,der Personalabteilung, des Betriebsrates und des Gesundheitsschutzes besteht.Dabei sind Fragen der Arbeitsplatzgestaltung, der Arbeitsorganisation, aber auchdes Arbeitsumfeldes und des Betriebsklimas von Bedeutung.Über das Instrument einer stufenweisen Wiedereingliederung nach § 74 SGB Vhaben alle Beteiligten die Möglichkeit, einen schrittweisen Wiedereinstieg unterBerücksichtigung der individuellen Leistungsfähigkeit des betroffenen Mitarbeiterszu gewährleisten.Bei VOLKSWAGEN Nutzfahrzeuge hat sich in den meisten Fällen ein Prozederebewährt, wo über zwei Wochen mit jeweils arbeitstäglich vier Stunden, und ineiner zweiten Stufe über zwei Wochen sechs Stunden täglich gearbeitet wird.Das weitere Vorgehen wird dann bei nochmaliger Vorstellung beim Werkarzt mitdem Patienten besprochen.Bei VOLKSWAGEN Nutzfahrzeuge besteht ferner die Möglichkeit, dieReintegration in einem betriebsinternen Gesundheitspark über den Abbau vonDefiziten etwa am Bewegungsapparat unter fachkundiger Anleitung zu fördern.942


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Dabei nimmt neben der eigenen Aktion des Mitarbeiters auch die Beratung durchdie Betriebsärzte und die Therapeuten eine hohe Bedeutung ein.Der Arbeitsmediziner hat bei der Wiedereingleiderung eines Mitarbeiters vorallem vier Kernfragestellungen:Ist der aktuelle Arbeitsplatz noch zumutbar?Sind die therapeutischen Möglichkeiten ausgeschöpft?Gibt es weitere rehabilitatierbare Funktionsstörungen?Ist ein Sonderarbeitsplatz auf Dauer nötig?Bei der Integration sind vor allem möglichst exakte Vorinformationen schon vonAnfang an von Bedeutung.Diesbezüglich besteht häufig ein Praxisproblem hinsichtlich einer umfassendenBerufsanamnese in den Rehaeinrichtungen: Häufig basiert diese lediglich aufsubjektiven Angaben des Patienten. Hier könnte der Informationsaustausch durchArbeitsplatzbeschreibungen auf der Basis von Gefährdungsbeurteilungenverbessert werden. Moderne, komplexe Arbeitsorganisationsstrukturen könntenso genauer dargestellt werden. Dies trifft besonders auf Großbetriebe zu, wo inder Regel eine Kontaktmöglichkeit zu einem Werkarzt besteht.Eine umfassende Arbeitsplatzbeschreibung beinhaltet die Art der Tätigkeit amArbeitsplatz, Körperhaltungen während der Arbeit, Heben und Tragen vonLasten, ferner die Arbeitszeit, ggf. die Information über eine Schichttätigkeit /Schichtrhythmus.Es ist auch von Bedeutung, ob die Leistungserbringung am Fließband, an einemEinzelarbeitsplatz oder in einer Gruppenarbeit erfolgt.Äußere Einflüsse wie das Klima, Nässe, Kälte, Zugluft, Hitze, Lärm, künstlichesLicht, Staub, Rauch, Gase und Dämpfe und chemische Einflüsse insbesondereGefahrstoffe sind relevant.Heute sind auch psychische Einflüsse zu berücksichtigen : Hierzu zählenFaktoren wie die Verantwortung für Menschen, Maschinen und Produkte,Führungsaufgaben, Konzentrationsbelastungen, Anlagensteuerungen; aber auchFahrtätigkeiten, Überwachungsaufgaben und angesichts einer globalisiertenWirtschaft auch zunehmend Reisetätigkeit.943


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Hinsichtlich körperlicher Belastungen ist auch relevant, ob technische Hilfsmittel,wie z.B. Manipulatoren, zur Verfügung stehen und verwendet werden können.Auf diese Weise kann bei entsprechender Vorinformation eine möglichst exakteEvaluation der auftretenden Belastungen und konsekutiv auch derLeistungsfähigkeit des Patienten erfolgen, was wiederum in entsprechendenpositiven Leistungsbildern dargestellt werden kann.Hinsichtlich eines umfassenden und nachhaltigen Wiedereingliederungserfolgesist es wichtig, die Schnittstellen zwischen Reha – Klink, Hausarzt, Werkarzt,Krankenkasse und Rentenversicherung zu stärken und deren Abstimmunguntereinander zu fördern. Gelingt dies, so ist eine zeitnahe und adäquateReintegration möglich. Ferner ist es so möglich, Informationsdefizite abzubauen.Hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung der betrieblichen Wiedereingliederungscheint eine individuelle mittel- bis langfristige Evaluation des Rehaerfolgesempfehlenswert. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels wäre eineverbesserte Vernetzung der verschiedenen gesundheitlichen Dienstleister undeine Stärkung der oben genannten Schnittstellen sinnvoll.Dies würde insbesondere die praktische Umsetzung der neuen Vorgaben imSGB IX erleichtern.944


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Kolloquium des Bundesverbandes der landwirtschaftlichenBerufsgenossenschaftenArbeitsbelastungen im GartenbauUwe BöckmannDen klassischen Arbeitsplatz im Gartenbau gibt es nicht. Vielmehr ist durch dieVerteilung der gartenbaulichen Arbeitsplätze auf den Erwerbsgartenbau als klassischeUrproduktion, den Garten- und Landschaftsbau als Dienstleistungsbranche und denkommunalen Gartenbau, ein Konglomerat von Arbeitsplätzen entstanden. Hier tretendann diverse Belastungen auch in immer wieder unterschiedlichen Kombinationen auf.Betrachtet man den Erwerbsgartenbau mit seinen sieben Fachsparten, so ist allein hierschon durch die unterschiedlichsten Ausrichtungen der Betriebe eine hohe Divergenzgegeben. Im kommunalen Bereich ist auch der Bereich aller Friedhöfe und Krematorienin Deutschland und einige Bestattungsbetriebe zugeordnet. Vor diesem Hintergrund sindviele klassische Arbeitsbelastungen in fast allen genannten Bereiche zu finden. Dazugehören vor allem:• Heben- und Tragen von Lasten• Ganzkörperschwingungen bei Maschinenfahrern• Zwangshaltungen, z. B. bei Pflanz- und Pflasterarbeiten• Lärm bei Maschineneinsatz• Vibrationen bei Einsatz handgeführter und –gehaltener Maschinen• u. v. m.Dem Gartenbau können aber speziell im Bereich der mechanischen Belastungen nochweitere Belastungen, etwa bei Baumarbeiten durch das Umgehen mit der Motorsäge, beiFällarbeiten und Arbeiten in der Baumkrone, zugeordnet werden. Insbesondere bei denBaumarbeiten in der Baumkrone mit der Seilklettertechnik treten Kreislaufbelastungendurch die Kletterarbeit und gesicherte Bewegung im Baum auf. Darüber hinaus sindGelenke und Muskeln bei dieser Arbeit belastet. Beim Positionieren im Baum ist mit demKlettersitzgurt zwar ein spezielles Sicherungsmittel geschaffen, was aber nicht endgültigausschließt, dass unergonomische Positionen eingenommen werden müssen. Bei derArbeit in der Baumkrone ist festzustellen, dass diverse Tiere, wie z. B.Eichenprozessionsspinner, eine toxisch-allergische und/oder atemwegsreizendeGefährdung darstellen, aber auch Wespen, Bienen oder Hornissen den Betreffendenüber eine allergische Reaktion schädigen können. Weiterhin ist die generelle Arbeit inder Höhe, ob mit Seilen gesichert oder im Korb einer Hubarbeitsbühne, nicht für jeden945


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006leicht durchzuführen. Die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung H 9 trägt diesemTätigkeitsprofil Rechnung. Auch die beim Einsatz von Handgeräten, z.B. Rosenschereno.ä., ausgelösten Probleme mit den Sehnenscheiden müssen genannt werden.Für den Bereich der Gefahr- und Biostoffe sind im Bereich des Gartenbaues natürlichauch vielerlei Berührungspunkte gegeben:• Silikogene Stäube, z. B. bei Steintrennarbeiten• Lösemittel, z. B. bei Folienklebern im Teichbau• Schweißrauche in Werkstätten• Zement bei Landschaftsbauarbeiten• Feuchtarbeitsplätze in der Floristik• Abgase von Maschinen• u. v. m.Speziell ist in diesem Bereich dann für den Gartenbau der Einsatz vonPflanzenschutzmitteln zu nennen, wobei sowohl von den Wirkstoffen als auch von den inden Präparaten enthaltenen Lösemitteln eine Belastung und Gefahr ausgehen kann. Inden Bereichen Kompostierung und Pilzanbau treten häufig Belastungen durchorganische Stäube und Aerosole wie Pilzsporen, Ammoniakdämfe u. ä. auf. Bei einigenTätigkeiten tritt ein gewisses Infektionsrisiko gegenüber Hepatitis (HBV, HBC) durch dasungewollte Auffinden von benutzten Injektionsnadeln (Fixerbestecke) in Grünflächenoder den Umgang mit Verstorbenen im Bestatterbereich auf. Für den Bereich derZoonosen ist im Bereich des Gartenbaues aufgrund der vorliegenden Freilandtätigkeitenmit durch Zeckenbissen übertragenen Borreliosen oder FSME sowie Hunde-/Fuchsbandwurm, Hanta-Virus oder Tollwut zu rechnen.All dies zeigt die Vielfalt der Tätigkeiten im Gartenbau und die damit verbundenenGefährdungen und Belastungen, die im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung durch denUnternehmer in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmediziner/Betriebsmediziner beachtetwerden müssen.Literatur:• Unfallverhütungsvorschriften und Merkblätter der Gartenbau-Berufsgenossenschaft, einzusehen im Internet unter www.gartenbau.lsv.de.946


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Kolloquium des Bundesverbandes der landwirtschaftlichenBerufsgenossenschaftenArbeitsbelastungen in der Landwirtschaft und Umsetzung desLUV-ModellsGamze Güzel-Freudenstein, Martin Hartenbach, Ludger LohmannBetrachtet man die Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, so hat sich in den letztenJahrzehnten insgesamt ein deutlicher Wandel vollzogen. Früher stand die hohekörperliche Belastung, bei der viele Tätigkeiten manuell ausgeführt wurden, imVordergrund. Heute zeigt sich mit der Tendenz zur Vergrößerung und Spezialisierungder Unternehmen ein deutlicher Mechanisierungsgrad. Nichts desto trotz ist auch heutedie Tätigkeit in der Landwirtschaft häufig mit Anteilen schwerer körperlicher Arbeitverbunden.Die Landwirtschaft verfügt über eine Vielzahl von verschiedenen Arbeitsplätzen undTätigkeiten, die meist den beiden Hauptbereichen Pflanzenproduktion (z. B.Getreidebau, Sonderkulturen) und Tierhaltung (z. B. Schweinehaltung, Rinderhaltung,Geflügelhaltung) zugeordnet werden können. Somit ist das Spektrum der Belastungenauch entsprechend groß:• Belastung durch die Arbeitszeit mit Arbeitsspitzen in Abhängigkeit vom Vegetationsverlauf• Belastung durch die Arbeitsumgebung, wie verschiedene Witterungseinflüsse, Strahlung(Wärme, UV), Lärm• Belastung des Muskel-Skelettsystems durch Heben und Tragen schwerer Lasten,Rumpfbeugehaltung, Hand-Arm-Vibration (z. B. handgeführte Geräte) undGanzkörperschwingungen (z. B. Traktoren)• Hautbelastung durch physikalische, chemische und biologische Einwirkungen sowieFeuchtarbeit• Belastung durch Gefahrstoffe (z. B. Desinfektionsmittel, Pflanzenschutzmittel, Staubsowie H 2 S, NH 3 , CO 2 )• Belastung durch biologische Arbeitsstoffe, wie Bakterien (z. B. Borrelien,Chlamydien, Streptokokken), Viren (z. B. FSME, Tollwut), Pilze (z. B.Trichophythen),Parasiten (z. B. Echinokokken, Toxoplasmen) sowie zusätzlich durch Endotoxine undMykotoxine• Psychosoziale Belastung947


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Eine Belastung, die wegen seiner vielfältigen Zusammensetzung insbesondere imZusammenhang mit der Tierhaltung eine Rolle spielt, ist der Staub, der häufig Ursachefür Atemwegserkrankungen in der Landwirtschaft ist (Nowak 1994). FolgendeKomponenten können im Staub enthalten sein:• Futtermittelbestandteile• pflanzliche Allergene (Pollen)• Milben und deren Ausscheidungen• Pilzsporen (Schimmelpilze)• tierische Allergene (Tierhaare, Hautschuppen, Federn)• Bakterien• Endotoxine• Viren• Ammoniak• Rückstände von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln• MineralstäubeEinen Überblick zu den Belastungen und möglichen Erkrankungen sowie zu denSchutzmaßnahmen gibt die Broschüre "Aktuelles zu Sicherheit und Gesundheitsschutz -Staub" des Bundesverbandes der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften.Atemwegserkrankungen liegen mit 634 Fällen an der Spitze der angezeigtenBerufskrankheiten (Geschäftsergebnisse der landw. Berufsgenossenschaften für dasJahr 2004). Als Arbeitsbereiche, in denen Atemwegserkrankungen entstehen, wurden infast 90% der Fälle Stallungen von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaftengeschlüsselt. Prozentual gesehen machen die allergisch-obstruktivenAtemwegserkrankungen (BK 4301) ca. 57%, die exogen-allergische Alveolitis (BK 4201)ca. 13% und die toxisch obstruktiven Atemwegserkrankungen (BK 4302) ca. 11% aller imJahr 2004 bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften angezeigtenAtemwegserkrankungen aus (Geschäftsergebnisse der landw. Berufsgenossenschaftenfür das Jahr 2004). Insgesamt ist jedoch davon auszugehen, dass die Häufigkeit vonAtemwegserkrankungen in der Landwirtschaft deutlich höher liegt als es dasBerufskrankheitengeschehen abbildet. So klagten 67% der in der SchweinehaltungTätigen über Husten und 56% über Auswurf (Donham et al. 1986). Dies sind deutlicheSymptome einer chronischen Bronchitis bzw. chronisch-obstruktiven Bronchitis.948


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006700Berufskrankheitengeschehen in der LUV2004(Geschäftsergebnisse der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, BLB)Anzahl Berufskrankheiten600500400300200634147286515597265466Angez.Bken insg.Anerk.Bken insg.165455100248300ErkrankungFarmerlunge, obstr. AtemwegserkrankungHauterkrankungenWirbelsäulenerkrankungenVon Tieren auf Menschen übertr.KrankheitenLärmschwerhörigkeitÜbrige BkenAbb.1: Berufskrankheitengeschehen in der landwirtschaftlichen Unfallversi -cherung im Jahr 2004Erschwerend kommt hinzu, dass die Symptome von Atemwegserkrankungen von denLandwirten selbst häufig verharmlost werden bzw. durch die meist über die Jahrelangsam fortschreitende Verschlechterung der Lungenfunktion erst sehr spätwahrgenommen werden. Hier gilt es, die Landwirte über die möglichen Erkrankungenund die typischen Symptome, die, wie im Falle des ODTS, häufig als grippaler Infektfehlgedeutet werden sowie zu Schutzmaßnahmen (baulich-technisch, organisatorisch,PSA) und die Möglichkeit der Früherkennung durch regelmäßige Untersuchungen derLungenfunktion, aufzuklären.Bei Beschäftigten im Sinne des ArbSchG kann die Untersuchung der Lungenfunktion, z.B. bei Überschreitung der Grenzwerte bzw. bei Erfüllung der Auswahlkriterien, imRahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach GefStoffV oder VSG 1.2 derlandwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (Untersuchung nach H6) durchgeführtwerden. Dem Betriebsunternehmer und seinen mitarbeitenden Familienangehörigen, dieim Übrigen ebenfalls bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften versichertsind, ist diese Untersuchung aus arbeitsmedizinischer Sicht ebenso zu empfehlen, da sieein hohes präventives Potential besitzt. So kann rechtzeitig vor Manifestation bzw.weiterem Fortschreiten einer Atemwegserkrankung, die zur Aufgabe der Tätigkeitzwingen kann, reagiert werden.Durch das Alternative Betreuungsmodell (LUV-Modell), welches ein Modell zurUmsetzung der sicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Betreuung in derlandwirtschaftlichen Unfallversicherung ist, bietet sich zudem die Möglichkeit, dasWissen über die Zusammenhänge zwischen Staubbelastung und Atemwegserkrankungensowie die Möglichkeiten zur Prävention von Atemwegserkrankungen direkt949


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006dem landwirtschaftlichen Unternehmer zu vermitteln. Dieser muss bei Teilnahme amLUV-Modell selbst aktiv in das Betriebsgeschehen eingebunden sein und gehört nebenseinen Beschäftigten selbst zur Gruppe der beruflich exponierten Personen. Darüberhinaus steht die Teilnahme am LUV-Modell dem gesamten Versichertenkreis, zu demArbeitnehmer, Ehegatten der Unternehmer sowie die mitarbeitendenFamilienangehörigen gehören, offen. Eine Erhöhung der Akzeptanz zur Durchführungvon Präventionsmaßnahmen ist durch das LUV-Modell daher zu erwarten.Das Konzept des LUV-Modells sieht eine Informations- und Motivationsphase mit einerfachspartenübergreifender Grundphase und einer fachspartenbezogenen Aufbauphasesowie weitere Fortbildungen zu Themen aus Sicherheit und Gesundheitsschutz vor. DieKriterien zur Teilnahme der Unternehmen am LUV-Modell sind, dass der Unternehmerselbst aktiv in das Betriebsgeschehen eingebunden sein muss, die Zahl derdurchschnittlich beschäftigten Versicherten weniger als 16 (Gartenbau 41) beträgt, derUnternehmer an den o. g. Informations- und Motivationsmaßnahmen sowieFortbildungsmaßnahmen der landw. Berufsgenossenschaften in regelmäßigenZeitabständen teilnimmt sowie eine qualifizierte und bedarfsgerechte Betreuung inFragen der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes nachweist.Für die Schulungsmaßnahmen zum LUV-Modell sollen Arbeitsmediziner eingesetztwerden, die als sog. "Netzwerkärzte" an einer Fortbildungsveranstaltung bei denlandwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften teilgenommen haben bzw. über praktischeErfahrungen in Landwirtschaft, Forst und Gartenbau verfügen sowie die Bereitschafthaben regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Diese solleninsbesondere der Information über neue Erkenntnisse und dem Erfahrungsaustauschdienen.Literatur• Nowak, D.: Obstruktive Atemwegserkrankungen bei Landwirten: Epidemiologie undRisikofaktoren. Atemw.-Lungenkrankh. 20: 5-16 (1994)• N.N.: Aktuelles zu Sicherheit und Gesundheitsschutz-Staub. Broschürenreihe desBundesverbandes der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften, Kassel (2005)• N.N: Geschäftsergebnisse der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften für dasJahr 2004, Bundesverband der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften,Kassel (2004)• Donham, K.J., Haglind, P., Peterson, Y., Rylander, R.: Environmental and healthstudies in swine confinement buildings. Am.J.Ind.Med. 10, 289-293 (1986b)• Rieger, M.A., Dupuis, H., Gose, M., Güzel-Freudenstein, G., Hammer, W., Sinkwitz,P.: Arbeitsplätze in der Landwirtschaft. In: Konietzko, Dupuis, Letzel (Hrsg.),Handbuch der Arbeitsmedizin, Kap. IV-9.12.1, Ecomed Verlag-40. Erg. Lfg 7/05(2005)950


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Kolloquium des Bundesverbandes der landwirtschaftlichenBerufsgenossenschaftenPilotprojekt zur Prävention arbeitsbedingter Atemwegserkrankungenin der LandwirtschaftAstrid HeutelbeckTätigkeiten in der Landwirtschaft sind mit einem hohen Risiko behaftet, berufs- oderarbeitsbedingte Atemwegserkrankungen zu entwickeln. Die den landwirtschaftlichenBerufsgenossenschaften (LBGen) durch die Berufskrankheiten entstehenden Kosten inForm von Entschädigungen, Renten- und Sachleisten sowie Therapiemaßnahmen sinderheblich. Es besteht daher ein dringender Bedarf an effektiven Präventionsstrategien.Am Beispiel der Rinderallergie wurde der konkrete Präventionsbedarf anhand der beiden LBGen in den vergangenen zehn Jahren eingegangenen Verdachtsmeldungen aufBK 4301 (durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungeneinschließlich Rhinopathie) abgeleitet. Im Rahmen dieser retrospektivenepidemiologischen Auswertung (cattle allergy study (CAS)) wurden dabei klinische undarbeitstechnische Daten berücksichtigt.Im Zeitraum von 1990 bis 2001 waren 513 Verdachtsmeldungen auf BK 4301 durchRinderallergien zu verzeichnen. Dies entsprach 9,2 % aller BK 4301-Meldungen bei denLBGen. Männer (54%) und Frauen (46%) waren annähernd gleich häufig vertreten. Diehohe sozioökonomische Relevanz der Rinderallergie für die Landwirtschaft spiegelte sichin der Altersverteilung wider, die einen zweigipfligen Verlauf mit einem erstenErkankungsmaximum im jungen Erwachsenenalter (Mittelwert 41 Jahre, Interquartilrange 35 bis 56 Jahre) aufwies (Janicke 2004). Die Ergebnisse sind dargestellt inAbbildung 1. Desweiteren zeigten 35% der gemeldeten Landwirte bereits in der initialenLungenfunktion obstruktive Ventilationsverhältnisse.951


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Abbildung 1: Altersverteilung der mit einer allergischen Atemwegserkrankung durchRinderallergen (BK 4301) in den Jahren 1990 bis 2001 in Deutschland anerkannten LandwirteAls geeignete Präventionsmaßnahmen wurden bislang am ehesten baulicheMaßnahmen am Arbeitsplatz angesehen, die der verbesserten Belüftung der Stallungendienen.Allerdings konnte bei der Auswertung der CAS-Fälle festgestellt werden, dass genausohäufig bei Landwirten, die Milchwirtschaft in gut belüfteten Außenklimastallungenbetreiben, die Entwicklung eines rinderallergischen Asthmas zu beobachten war wie beiLandwirten mit herkömmlicher Anbindestallhaltung. Eigene exemplarische Messungen inverschiedenen Stalltypen bei Milchviehwirtschaft ließen keine relevanten Unterschiedeim Rinderallergengehalt der Luft erkennen.Neben lüftungstechnischen Maßnahmen kommt der Arbeitsorganisation und demKörperschutz eine große Bedeutung zur Verringerung des Rinderallergenkontaktes zu.Allerdings waren auch nach Bekanntwerden der Rinderallergie nur 15% der betroffenenBetriebe laut Aktenlage mit einer Schmutzschleuse ausgestattet. Nur jedem drittensymptomatischen Landwirt stand geeigneter Atemschutz mit einer Filterklasse vonmindestens FFP2 zur Verfügung, wobei die praktische Erfahrung vor Ort zeigt, dassvorhandener Atemschutz eher inkonsequent getragen wird.Neben den Maßnahmen am Arbeitsplatz kommt bei Patienten mit chronischerAtemwegserkrankung wie beispielsweise dem allergischen Asthma bronchiale dem952


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006Therapiemanagement eine wesentliche Rolle beim Erhalt der Leistungsfähigkeit zu. ImRahmen einer kontinuierlichen arbeitsmedizinischer Feldstudie mit allergischenLandwirten in ganz Deutschland konnte bei derzeit 42 % der Untersuchten eineObstruktion der Atemwege vor Ort dokumentiert werden; im mehrwöchigen Peakflow-Verlaufsprotokoll wiesen bislang alle untersuchten Landwirte Hinweise auf eineunspezifische bronchiale Hyperreagibilität auf. Hingegen waren nur bei der Hälfte derUntersuchten geeignete Atemwegstherapeutika in der Anwendung. Sofern diesymptomatischen Landwirte mit erweiternden oder antientzündlich wirksamenDosieraerosols ausgestattet waren, konnten bei einem Drittel relevante Fehler in derAnwendungstechnik verzeichnet werden. Nur 62% der Untersuchten waren gelegentlichin lungenärztlicher Betreuung.Unter Berücksichtigung dieser exemplarisch aufgeführten Aspekte derarbeitstechnischen, arbeitsorganisatorischen und therapeutischen Aspekterinderallergischer Landwirte in Deutschland können daher auf der Basiswissenschaftlicher Erkenntnisse folgende Präventionsansätze abgeleitet werden:In der landwirtschaftlichen Praxis sind derzeit keine umfassenden Kenntnisse zurVerringerung der allergenen Exposition mit landwirtschaftstypischen Stoffen wie demRinderallergen vorhanden. Bekannte Maßnahmen werden nur unzureichend umgesetzt.Daher ist eine flächendeckende Schulung aller in der Landwirtschaft Beschäftigtenunabhängig von bereits bestehenden Atemwegssymptomen notwendig, um geeigneteSchutzmaßnahmen als selbstverständliche landwirtschaftliche Praxis zu implementieren.Bereits von Atemwegssymptomen betroffene Landwirte sollten einer optimiertenBetreuung zugeführt werden, die im Rahmen eines interdisziplinären Ansatzes ausArbeitstechnik und Arbeitsmedizin sowohl den Arbeitsplatz selbst, als auch dasindividuelle Therapiemanagement betrifft. Um den aktuellen Kenntnisstand zugeeigneten Präventionsmaßnahmen zu den Beschäftigten transportieren zu können, istdie Entwicklung „kurzer Wege“ zum Informationstransfer unabdingbar.Im Rahmen eines durch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)in Berlin sowie den Bundesverband der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft inKassel geförderten Projektes zur Optimierung der Prävention obstruktiverAtemwegserkrankung in der Landwirtschaft werden Maßnahmen implementiert undevaluiert, welche die verschiedenen Ebenen der Prävention in geeigneten Ansätzenberücksichtigen sollen.953


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006So wurde für die Berufsschulen ein geeignetes Schulungskonzept entwickelt. Dies wirdderzeit in der Lehr- und Versuchsanstalt für Tierhaltung der LandwirtschaftskammerNiedersachsen in Echem in Abstimmung mit dem Kultusministerium Niedersachsen imSchuljahr 2005/2006 durchgeführt. Es handelt sich dabei um ein dreiteiligesSchulungskonzept, bestehend aus Seminar, vertiefender Eigenarbeit sowie derErprobung der Körperschutzausrüstung bei der Stallarbeit.Zeitgleich wurde im Winter 2005/2006 für die Schulungen im Rahmen desUnternehmermodells (LUV-Modell) ein Modul „Arbeitsmedizin - Tierhaltung am BeispielRind“ implementiert und evaluiert. Das LUV-Modell eröffnet dem Unternehmer mit wenigBeschäftigten die Möglichkeit, sich die für seinen Betreib erforderlichensicherheitstechnischen und arbeitsmedizinischen Kenntnisse selbst anzueignen stattüber eine externe Betreuung einzuholen. Dieses Wissen wird ihm inberufsgenossenschaftlichen Aufbaulehrgängen vermittelt, wobei er auch in die Lageversetzt wird, zu erkennen, in welchen speziellen Situationen eine externe,bedarfsgerechte Betreuung und Beratung unbedingt erforderlich ist.Neben der Vermittlung der präventionsrelevanten Lehrinhalte wurde allen an dengenannten Schulungen teilnehmenden landwirtschaftlichen Schülern und Unternehmerndie Möglichkeit zur Lungenfunktionsprüfung gegeben. Die Messung auch gesunderLungenfunktionen vermittelt den Teilnehmern ein Gefühl für die Leistung ihresschützenswerten Atmungsorgans und bildet eine solide Basis für Verlaufsmessungen zurFrüherkennung bereits diskreter Lungenfunktionsveränderungen, noch bevor manifesteLungenfunktionsstörungen auftreten.Inhaltlich bilden die Schulungen den aktuellen Kenntnisstand sinnvollerPräventionsmaßnahmen zur Reduzierung landwirtschaftsbedingterAtemwegserkrankungen ab. Der aktuelle Kenntnisstand sinnvollerarbeitsorganisatorischer und arbeitstechnischer Maßnahmen ist ausführlich dargestellt inder Broschüre der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften „Aktuelles zu Sicherheitund Gesundheitsschutz: Staub“. Neben dem Arbeitsplatz hat in den landwirtschaftlichenBetrieben die Mitberücksichtigung des häuslichen Bereiches bei der Implementierunggeeigneter Präventionskonzepte eine besondere Bedeutung. Aus den wissenschaftlichenUntersuchungen der letzten Jahre ist bekannt, dass aufgrund der räumlichen Nähezwischen Arbeits- und Wohnbereich landwirtschaftstypische Stoffe in primär unbelasteteBereiche wie Wohn- und Schlafzimmer verschleppt werden und dort zur Bildungrelevanter Allergendepots führen (Hinze 1997). Auch wir ließen Staubsaugerproben aus954


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006den Haushalten rinderallergischer Landwirte mittels Rocket-Immunelektrophorese aufBos d 2 untersuchten (Labor für Allergenbestimmungen der Universität Paderborn) undkonnten diese Beobachtungen eindrücklich für den norddeutschen Raum bestätigen:auffällig sind vor allem die hohen Mengen an Rinderallergen Bos d 2 in den Polstern derSitzmöbel der Wohnküche, in der üblicherweise die Arbeitspausen in Arbeitskleidungverbracht werden. Daneben fielen relevante Allergenmengen in den Matratzen derSchlafzimmer der Landwirte auf. Die Ergebnisse sind dargestellt in Abbildung 2. DieseAllergenverschleppung vom Stall ins Schlafzimmer erklärt sich am ehesten dadurch, daßder Landwirt üblicherweise vor dem zu Bett gehen nochmals seine Tiere im Stallkontrolliert.60005000MW: 1696Median: 9054000300020001000MW: 47 MW:204 MW:143Median: 35 Median: 152 Median:111MW: 227Median: 890Teppich (Wohn.) Polster (Wohn.) Matratze (Schlaf.) Teppich (Schlaf.) Polster (Küche)(n = 14) (n = 12) (n = 12) (n = 12) (n = 4)Abbildung 2: Nachweis von Rinderallergen (µg Bos d 2/ g Staub) in Hausstaubproben vonrinderallergischen LandwirtenDaher ist ein wesentlicher Bestandteil der Schulung die Vermittlung geeigneterarbeitsorganisatorischer Schutzmaßnahmen, die eine Verminderung derAllergenschleppung durch eine strikte Trennung von Arbeits- und Wohnbereich bewirkensollen. Dafür ist als Minimalmaßnahme eine getrennte Aufbewahrung von Arbeits- undFreizeitkleidung beispielsweise in zwei getrennten Spinden notwendig. Insbesonderesollte strikt vermieden werden, den Wohnbereich mit Stallkleidung zu betreten. Imhäuslichen Bereich kann durch das Vorhandensein wischbarer Fußböden, dieVermeidung von Teppichen auf Laufstraßen und die Reduzierung von „Staubfängern“sinnvoll zur Vermeidung von Allergendepots beigetragen werden. Die regelmäßigeNutzung von HEPA-Filtern in den Staubsaugern sowie das häufige Waschen derBettwäsche alle 2 Wochen (Schierl 2003) kann ebenfalls zur Allergenreduzierung im955


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006häuslichen Bereich empfohlen werden. Desweiteren liegen bereits erste Erfahrungen ausder praktischen Erprobung zur Eignung allergendichter Matratzenüberzüge beiRinderallergikern vor, die im untersuchten Kollektiv eine Stabilisierung derLungenfunktionswerte im Vergleich zur Kontrollgruppe erkennen lassen.Die Auswertung der CAS Fälle hat darüber hinaus klare Hinweise auf ein Risikoprofilabgebildet: 75% der betroffenen Landwirte zeigten ein erhöhtes Gesamt-IgE, bei 94%waren bereits bestehende IgE-vermittelte Sensibilisierung gegen ubiquitäre Allergeneaktenkundig. Bei Landwirten mit atopischer Prädisposition und somit deutlich erhöhtemRisiko zur Entwicklung einer Allergie durch berufstypische Stoffe empfiehlt es sich daher,bei Tätigkeiten in den Stallungen konsequent gebläseunterstützte Arbeitsschutzgerätesowie körperbedeckende Arbeitsanzüge zu tragen. Die Eignung eines allergendichtenArbeitsanzuges ist derzeit in der praktischen Erprobung.Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Implementierung geeigneterPräventionsmaßnahmen zur Reduzierung obstruktiver Atemwegserkrankungen in derLandwirtschaft ist die Erkennung von Frühsymptomen. Die Verdachtsmeldung aufRinderallergie gingen in den letzten 10 Jahre im Durchschnitt 9,2 Jahre nach Beginn derSymptome bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften ein. Es zeichnen sichsomit Defizite in der Früherkennung dieser sozioökonomisch relevantenAtemwegserkrankungen ab. Daher ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der Schulungender landwirtschaftlichen Schüler und Unternehmer die Vermittlung von Grundkenntnissenüber Atemwegsallergien und deren Frühsymptome an Auge, Nase, Haut und Lungesowie die Sensibilisierung für die Relevanz schicksalsbedingter bzw. durch Lebensstilbedingter Einflüsse wie Rauchen.Leider ist auch bei verbesserter Primärprävention kein vollständiger Rückganglandwirtschaftstypischer Allergien zu erwarten. Ein weiteres wichtiges Feld ist daher dieOptimierung der Betreuung Betroffener. Die zu beobachtenden Defizite in derUmsetzung arbeitstechnischer und organisatorischer Maßnahmen, die in derlandwirtschaftlichen Praxis zu beobachtende inkonsequente Nutzung vonAtemschutzgeräten sowie die ungenügende therapeutische Versorgung soll im Rahmeneines interdisziplinären arbeitstechnischen und arbeitsmedizinischenFrühbetreuungskonzeptes optimiert werden. Neben dem verbessertenInformationstransfer in die landwirtschaftliche Praxis steht aber auch dieEigenverantwortung des Landwirtes in Bezug auf die Nutzung der Atemschutzgeräte, der956


Nachtrag zur Jahrestagung der <strong>DGAUM</strong> 2006möglichen Umgestaltung des häuslichen Bereiches sowie der Reduzierunglebensstilbedingter Atemwegsnoxen wie Tabakrauchen etc. im Vordergrund.Um eine effektive Versorgung in den landwirtschaftlichen Betrieben zu gewährleisten, istdie Bündelung arbeitstechnischer und arbeitsmedizinischer KenntnisGrundvoraussetzung. Der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand sowie derWissensstand guter landwirtschaftlicher Praxis wird daher in Form von Schulungenbetriebsärztlich tätigen Ärzten, dem Technischen Aufsichtsdienst, den Berufshelfern, denBK- Sachbearbeitern und Betriebsrevisoren in Norddeutschland vermittelt. Ziel ist dieBildung eines Netzwerkes, welches Betreuung und Beratung unter Berücksichtigung derjeweils individuell auf den landwirtschaftlichen Höfen anzutreffenden Bedingungen vorOrt ermöglicht. Die weitergehende Nutzung der Netzwerkärzte zur Implementierungbeispielsweise regionaler Asthmagruppen wird derzeit erprobt.Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Implementierung geeigneterPräventionsmaßnahmen eine unabdingbare Voraussetzung für eine mittelfristigeReduzierung obstruktiver Atemwegserkrankungen in der Landwirtschaft darstellt. Daskonzeptionierte Schulungskonzept stößt bei den landwirtschaftlichen Schülern undUnternehmern auf eine positive Resonanz und stellt eine geeignete Form desWissentransfers dar. Die Möglichkeit zur Lungenfunktionsprüfung wird von zwei Drittelnder Landwirte und Auszubildenden wahrgenommen. Bis geeignetePrimärpräventionsmaßnahmen greifen, muß darüberhinaus über eine optimierteBetreuung bereits Betroffener versucht werden, deren pulmonale Leistungsfähigkeit zuerhalten bzw. zu verbessern. Ein wichtiges Instrument in Betreuung dieserKleinstbetriebe ist die Schaffung „kurzer Wege“ über Netzwerkbildung.Literatur• Hinze S, Bergmann KC, Lowenstein H, Hansen GN: Cow hair allergen (Bos d 2)content in house dust: correlation with sensitization in farmers with cow hairasthma. Int Arch Allergy Immunol. 1997 Mar;112(3):231-7.• Heutelbeck A, Janicke N, Bickeböller H, Schippke D, Langer C, Kütting B, DrexlerH, Hallier E: Epidemiologische Untersuchung zum Präventionsbedarf beiRinderallergikern in Deutschland. Verh Dtsch Ges Arbeitsmed Umweltmed (2004)44, 508-510.• Janicke N, Bickeböller H, Schippke D, Langer C, Kütting B, Drexler H, Hallier E,Heutelbeck A: Gesundheitspolitische Relevanz von Landwirten mit Rinderallergie inDeutschland. Allergo J (2004) 13, 515-516.• Schierl R, Scharrer E, Berger I, Egger U, Ochmann U, Nowak D: Allergen-Konzentrationen im Wohn- und Stallbereich von Rinderhaar-Allergikern. In:Scheuch K, Haufe E. (Hrsg) Verh Dtsch Ges Arbeitsmed Umweltmed (2003) 43,346-349.957

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