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NundL 4-2007 - Land Brandenburg

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102 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>Das Große Nixkraut (Najas marina) – Wasserpflanze des Jahres <strong>2007</strong>Der Förderkreis Sporttauchen hat die ausder Familie der Nixkrautgewächse (Najadaceae)stammende Art zur Wasserpflanzedes Jahres gewählt. Nicht nur aus der Sichtdieses Interessentenkreises ist das sichereine gute Wahl, kann doch Najas marinawie auch weitere verwandte Arten als Indikatorfür eine sehr gute Wasserqualität gelten.Wie alle Nixkräuter gedeiht auchdas Große Nixkraut vorwiegend imSüßwasser. Aber auch im Brackwasserder Ostsee, vor allem in den Boddengewässernder deutschen Ostseeküstesiedelt es vereinzelt. Diesmag dazu geführt haben, dass derschwedische Botaniker Linné denArtnamen „marina”, also eigentlich„Meeres-Nixkraut” vergab.Die einjährige Unterwasserpflanzehat eine recht kurze Lebensdauer(Mitte Juni bis September) und bevorzugtsaubere, mäßig nährstoffreicheSeen und kommt selten auchin langsam fließenden Gewässernvor. Sie besiedelt Wassertiefen biszu drei Meter. Die Pflanzen könnenbis zu einem Meter lang werden. Die gabelspaltigen,in Dreierquirlen um die Stängelknotenstehenden Blättchen sind rechtzerbrechlich. Im Unterschied zum KleinenNixkraut (Najas minor) sind Stängel undBlattrücken bestachelt. Bei einer Berührungkann dies schmerzhaft sein. So mancherBadegast wird die Pflanzen daher schon alsunangenehm bei Schwimmen oder Tauchenempfunden haben.Die Blätter sind bis zu sechs Millimeter breit,aufrecht abstehend bis bogenförmig aufwärtsgekrümmt. Der Stängel und die Blättervon Najas marina sind rötlich bis grün. Diegesamte Pflanze erscheint steif und glasartig.Die Art ist zweihäusig getrenntgeschlechtig(diözisch). Die Blüten sind sehrklein und unauffällig. Die Bestäubung findetunter Wasser statt. Die Früchte der Pflanzensind kleine Nüsschen (4-8 mm Länge und1,5-2,5 mm Breite) und werden gern vonWasservögeln gefressen, teilweise unverdautausgeschieden und so an andereWuchsorte verbreitet.Die Verbreitung des Großen Nixkrautes erstrecktsich weltweit in den subtropischenund gemäßigten Zonen, überwiegend aufder Nordhalbkugel. In Europa reicht sie bisSüdskandinavien, im Süden bis in den Mittelmeerraum.Fossile Funde aus dem Pliozänbelegen ein deutlich weitere nach Norden(Britische Inseln, Mittelskandinavien)reichendes Areal. Eine Häufung der Vorkommenfindet sich in den sauberen Alpen-und Alpenrandseen tieferer Lagen. InDeutschland hat die Art einen Verbreitungsschwerpunktin Süddeutschland,vor allem am Oberrhein. ImNorden Deutschlands erstrecken sichdie Vorkommen mit einer deutlichenVerbreitungsgrenze entlang der Südgrenzeder letzten Inlandvereisung(Weichselglazial). Gehäufte Vorkommenfinden sich entlang der Havelund in der Mecklenburgischen Seenplatte,aber auch in einigen SeenSchleswig-Holsteins kommt Najasmarina vor.Auf Grund der Gewässerverschmutzungwar Najas marina lange Zeit imRückgang und ist auch heute nochin vielen <strong>Land</strong>schaften Deutschlandsnicht oder sehr selten anzutreffen. In<strong>Brandenburg</strong> kommen beide Unterartendes Großen Nixkrautes vor(Najas marina ssp. intermedia et ssp. marina).Aufgrund der teilweise deutlichenVerbesserung der Wasserqualität zahlreicherSeen ist aktuell eine leicht zunehmendeTendenz zu verzeichnen. Dies trifftauch auf die wohl hinsichtlich der Wasserqualitätbesonders anspruchsvolle ssp. intermediazu, die in Klarwasserseen derUckermark aktuell recht verbreitet vorkommt.Dennoch mussten beide Unterartenin der 2006 neu erschienenen RotenListe der etablierten Gefäßpflanzen <strong>Brandenburg</strong>sin eine Gefährdungskategorieeingestuft werden (ssp. intermedia Kategorie3, gefährdet; ssp. marina KategorieG, Gefährdung anzunehmen).Im Rahmen der Umsetzung der FFH- undder Wasserrahmenrichtlinie wird es zu einerweiteren Verbesserung der Wasserqualitätvieler Seen kommen, was vor allem imnordostdeutschen Tiefland eine weitereAusbreitung des Großen Nixkrautes wieauch weiterer, heute noch sehr seltener anspruchsvollerWasserpflanzen begünstigendürfte.A. Hinzmann, Dr. F. ZimmermannMäßig nährstoffreiche Klarwasserseensind Lebensraum des Großen Nixkraut(Kalksee, Ruppiner Schweiz, 19.4.<strong>2007</strong>)Fotos: K. van de Weyer; F. Zimmermann


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong> 103ImpressumHerausgeber:<strong>Land</strong>esumweltamt <strong>Brandenburg</strong>(LUA)Naturschutz und <strong>Land</strong>schaftspflege in <strong>Brandenburg</strong>Beiträge zu Ökologie, Natur- und GewässerschutzSchriftleitung:Beirat:Anschrift:ISSN: 0942-9328LUA, Abt. Ökologie, Naturschutz,Wasser; ServiceDr. Matthias Hille,Barbara Kehl,Angela Hinzmann,Thomas AvermannLothar BlackertDr. Martin FladeDr. Lothar KalbeDr. Bärbel LitzbarskiDr. Annemarie SchaepeDr. Thomas SchoknechtDr. Frank ZimmermannLUA, Schriftleitung <strong>NundL</strong>BbgSeeburger Chaussee 214476 PotsdamOT Groß GlienickeTel. 033 201/442 238E-Mail: barbara.kehl@lua.brandenburg.deEs werden nur Originalbeiträge veröffentlicht. Autorenwerden gebeten, die Manuskriptrichtlinien, die bei derSchriftleitung zu erhalten sind, zu berücksichtigen.Zwei Jahre nach Erscheinen der gedruckten Beiträgewerden sie ins Internet gestellt.Alle Artikel und Abbildungen der Zeitschrift unterliegendem Urheberrecht.Die Vervielfältigung der Karten erfolgt mit Genehmigungdes <strong>Land</strong>esvermessungsamtes <strong>Brandenburg</strong>(GB-G 1/99).Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingtdie Meinung der Redaktion wieder.Redaktionsschluss: 30.11.<strong>2007</strong>Layout/Osthavelland-DruckDruck/Velten GmbHVersand: Luisenstraße 4516727 VeltenTel.: 03304/39740Fax: 0 33 04/56 20 39Bezugsbedingungen:Bezugspreis im Abonnement: 4 Hefte – 12,00 Europro Jahrgang, Einzelheft 5,00 Euro.Die Einzelpreise der Hefte mit Roten Listen sowie derthematischen Hefte werden gesondert festgelegt.Bestellungen sind an das <strong>Land</strong>esumweltamt zu richten.Diese Zeitschrift ist auf chlorfrei gebleichtem Papiergedruckt.16. Jahrgang Heft 4, <strong>2007</strong>InhaltsverzeichnisLUKAS LANDGRAF 104Zustand und Zukunft der Arm- und Zwischenmoore in <strong>Brandenburg</strong> –Bewertung und BilanzJENS PÄZOLT 116Der Makrophytenindex <strong>Brandenburg</strong> - ein Index zur Bewertung von Seenmit MakrophytenFRANZISKA DÖRING, FRANZISKA HÖLZEL 122Dokumentation der Entwicklung von Schilfröhrichten an Seen derStadt <strong>Brandenburg</strong> an der Havel (1944-2003) durch Einsatz von GISzur LuftbildauswertungKLEINE BEITRÄGEDas Große Nixkraut (Najas marina) – Wasserpflanze des Jahres <strong>2007</strong> 10210 Jahre Ökosystemare Umweltbeobachtung in <strong>Brandenburg</strong> 127Zum 40-jährigen Jubiläum zahlreicher Naturschutzgebiete in <strong>Brandenburg</strong> 129GEDANKEN – IDEEN – ERGEBNISSEPotsdamer Naturschutztage – eine neue Diskussionsplattform zur Erörterung 132aktueller Naturschutzfragen in der <strong>Land</strong>eshauptstadtJUBILÄUM 133RECHTS- UND VERWALTUNGSVORSCHRIFTEN 134KLEINE MITTEILUNGEN 134TAGUNGEN 137LITERATURSCHAU 140NATUR DES JAHRES 2008 143Titelbild: Winter an der Oder bei LebusFoto: F. ZimmermannRücktitel: EisblumenFoto: Th. Schoknecht


104 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>; 104-115NÄHRSTOFFARME MOORE REAGIEREN BESONDERS SENSIBEL AUF UMWELTVERÄNDERUNGEN. EINE UMFASSENDEZUSTANDSBEWERTUNG DER MOORE UND IHRER EINZUGSGEBIETE IST EINE WERTVOLLE GRUNDLAGEFÜR DIE ABLEITUNG VON SCHUTZ- UND RENATURIERUNGSMAßNAHMEN.LUKAS LANDGRAFZustand und Zukunft der Arm- und Zwischenmoore in <strong>Brandenburg</strong>Bewertung und BilanzSchlagwörter:Armmoor, Bewertung, Braunmoosmoor, Einzugsgebiet, Randsumpf, Torfmoosmoor,ZwischenmoorZusammenfassungIm vorliegenden Beitrag wird ein Bewertungsverfahrenfür Arm- und Zwischenmooreund ihre oberirdischen Einzugsgebietevorgestellt. Auf der Grundlage einerstandardisierten Erfassungsmethode wurdeder Zustand von 585 märkischen Braun- undTorfmoosmooren bewertet und bilanziert. Esstellte sich heraus, dass die Bewertung desZustandes von Randsumpf, Quellen undMoorrelief gute Rückschlüsse auf den Moorwasserhaushaltermöglichen.Aktuell findet man in <strong>Brandenburg</strong> noch 62naturnahe Torfmoosmoore aber nur nochdrei naturnahe Braunmoosmoore. NatürlicheDurchströmungsmoore und Druckwasser-Quellmooresind verschwunden. Das giltauch für den ökologischen Moortyp Kalk-Zwischenmoor. Die Nutzung und die Geologiedes Einzugsgebietes haben Einfluss aufden Zustand der Moore. Günstigste Rahmenbedingungenbieten lehm- und tonreicheGebiete mit standorttypischer Laubwaldbestockung.Mittelfristig können etwa23 naturnahe Torfmoosmoore aber nur eineinziges naturnahes Braunmoosmoor als relativgesichert gelten. Nach entsprechendenMoorschutzmaßnahmen lässt sich für 46naturnahe Torfmoosmoore und zwei naturnaheBraunmoosmoore eine günstige Prognoseableiten. Der Wasserhaushalt von 123Mooren wird noch durch Abzugsgräben gestört.Eutrophierungsmerkmale treten deutlichhäufiger bei Braunmoosmooren auf.Erhebliche Anstrengungen sind zur Sicherungdes Gesamtbestandes erforderlich. FürBraunmoosmoore reichen die bisherigen Bemühungendes Schutzes nicht aus, um dieseÖkosysteme in <strong>Brandenburg</strong> zu erhalten.Dafür müssen im Moorschutz neue Wegebeschritten werden.1 EinleitungAbb. 1Natürliche Braunmoosmoore sind die ursprüngliche Heimat verschiedener Wiesenorchideen,z. B. des Steifblättrigen Knabenkrautes (Dactylorhiza incarnata) Foto: L. <strong>Land</strong>grafAuf einer Wanderung durch den ChorinerEndmoränenbogen gewinnt man immernoch den Eindruck, dass sich beinahe in jederGeländesenke ein nasses Moor befindet.Breite, weithin sichtbare Randsümpfe umgebenhier inmitten des Buchenwaldes Erlenbrücheund Torfmoosmoore. Ganz anders istdas Bild hingegen an den Köllnseen in derSchorfheide. Die einst schwingenden Verlandungsmooremit Wollgräsern und Moorkiefernsind extrem ausgetrocknet. Ein Reiseführeraus dem Jahr 1993 berichtet nochvom hochmoorartigen Charakter des südlichgelegenen Großen Meewenpfuhls (KURT-GILSENBACH 1993). Man kann das Moorheute – 14 Jahre später – trockenen Fußesdurchqueren.Die Erforschung der märkischen Arm- undZwischenmoore begann zu Beginn des 20.Jahrhunderts mit Vegetationsaufnahmen.Ausführlichere Gebietsmonographien entstandenu. a. über das Plagefenn (CONWENTZet al. 1912, später dann MICHAELIS 1998) sowieTeufels- und Schulzensee (ULBRICH1925). HUECK legte 1926 eine umfassendeVegetationsbearbeitung wichtiger märkischerTorfmoosmoore vor. Seine gesamtökologischeBetrachtung eines brandenburgischenTorfmoosmoores, dem Plötzendiebel,folgte im Jahr 1929. Später beschäftigtensich u. a. PASSARGE (1964) mit den Pflanzengesellschaftender Moore bei Lieberose undTIMMERMANN (1999) mit den Torfmoosmoorenim Gebiet der Choriner und PoratzerEndmoräne.Wie entstehen nährstoffarme Moore? Bereitsin der älteren Moorliteratur beschriebman das Prinzip des allmählichen Herauswachsenseines Moorkörpers aus demGrundwasserniveau und den dadurch zunehmendenEinfluss des nährstoffarmenNiederschlages auf die Moorspeisung(HUECK 1953; MECKLENBURG 1955), wie es fürRegenmoore typisch ist. Da in <strong>Brandenburg</strong>– nach heutiger Auffassung – keine echtenRegenmoore existieren können, trifft diesesPrinzip hier lediglich auf Kesselmoore zu. Inder Altmoräne entstehen primäre Arm- undZwischenmoore auch direkt auf nährstoffarmenMineralböden durch Versumpfung inSenken und an Hängen (Versumpfungs- und


LUKAS LANDGRAF: ZUSTAND UND ZUKUNFT DER ARM- UND ZWISCHENMOORE IN BRANDENBURG 105Hangmoore) oder Moorbildung über Quellen(Quellmoore). Viele Arm- und Zwischenmoorebilden sich erst sekundär durch dieAkkumulation von Nährstoffen im Torf. Dabeireduziert sich der Nährstoffgehalt desGrundwassers während der Durchströmungdes Torfes (SUCCOW & JOOSTEN 2001), sodassnach entsprechendem Abstand vom Moorrandoder Gewässer Zwischenmoore auftretenkönnen. Durchströmte Torfe kennzeichnennicht nur Durchströmungsmoore,sondern finden sich auch in VerlandungsundKesselmooren. So entstehen bei ausreichenderGröße selbst in hocheutrophenMooren noch Zwischenmoorbereiche wiez. B. in der Verlandungszone des polytrophenBlankensees südlich von Potsdam.Auch der Mensch hat durch seine Moorwiesenwirtschafterheblich zur Ausbreitung derZwischenmoorvegetation beigetragen. Aufungedüngten Wiesen im Baruther Urstromtaloder in der Havelniederung leuchtetennoch Mitte des 20. Jahrhunderts weithin dieFruchtstände des Schmalblättrigen Wollgrases(KRAUSCH 1958).Bislang fehlte ein vollständiger Überblicküber das aktuelle Vorkommen und den Zustandsämtlicher Arm- und Zwischenmoorein <strong>Brandenburg</strong>. Seit dem Jahr 2001 wird im<strong>Land</strong>esumweltamt an einer landesweitenMoorliste mit Angaben über Zustand undGefährdung der Moore gearbeitet. DenSchwerpunkt dieser Inventarliste bildenArm- und Zwischenmoore, die auch als sensibleMoore (empfindlich gegenüber Umweltveränderungen)bezeichnet werden. EinGroßteil der naturnahen und gestörten ArmundZwischenmoore wurde mittlerweile erfasst.Hauptziel des Vorhabens ist es, vor allemSchutz- und Renaturierungsvorhabenzielgerichtet durchführen zu können.2 ErfassungDie Einstufung in Arm- und Zwischenmooreerfolgte ausschließlich auf Grundlage vegetationsökologischerMerkmale (SUCCOW1988, KOSKA et al. 2001). In den folgendenAuswertungen werden Sauer-, Arm- undZwischenmoore auch als Torfmoosmooreund Basen- und Kalk-Zwischenmooren auchals Braunmoosmoore bezeichnet. In Torfmoosmoorendominieren Torfmoose undWollgräser. Zu den Braunmoosmoorenzählen hier ebenfalls braunmoosreicheSchneidenröhrichte, die beim Auftreten vonArmleuchteralgen und Skorpionsmoos(Scorpidium scorpioides) sowie weiterenkalkzeigenden Braunmoosarten als Kalk-Zwischenmoore eingestuft werden (KOSKA etal. 2001). Weiterhin werden Moore mit größererDeckung von kalkliebenden Arten wieBreitblättriges Wollgras (Eriophorum latifolium),Zierliches Wollgras (E. gracile), WenigblütigeSumpfsimse (Eleocharis quinqueflora),Zweihäusige Segge (Carex dioica)und den charakteristischen Braunmoosartenzu den Kalk-Zwischenmooren gestellt. Alleübrigen braunmoosreichen Moore zählen zuden Basen-Zwischenmooren. Nicht zu denBraunmoosmooren gehören reine Wasserröhrichteder Schneide. Die Mindestgrößefür die Erfassung der Moore lag bei einerGröße von 100 m 2 .Insgesamt wurden 585 Moore für die Bewertungberücksichtigt. Bestandteile der hiervorliegenden Daten sind die Kartierungenvon Basen- und Kalk-Zwischenmooren in 25Mooren der Uckermark (FRIEDRICH 2002,FRIEDRICH & LUTHARDT 2003) sowie eine landesweiteErfassung durch das <strong>Land</strong>esumweltamt<strong>Brandenburg</strong> für 112 Moorgebieteim Jahr 2003 (HEINICKE 2003a, b). Vom Autorwurden zwischen 2004 und <strong>2007</strong> insgesamt453 Arm- und Zwischenmoore (77 %)erfasst oder kartiert bzw. nachkartiert. Dazugehören auch alle naturnahen Moore. Weiterhinflossen Kartierungsergebnisse vonHAHNE & OTTO (2005), IHU Güstrow (Rowinskymündl.), des BiosphärenreservatesSchorfheide-Chorin (Anfang der 1990erJahre) sowie Hinweise der Unteren Naturschutzbehörenin die Datenauswertung ein.Stellenweise dienten die GIS-Datenbeständeder landesweiten Biotopkartierungen (CIR,PEP-GIS) zur Plausibilitätsprüfung der Ergebnisse.Es kann eingeschätzt werden, dass die naturnahenTorf- und Braunmoosmoore beinahevollständig erfasst worden sind. Kleinere Lückenexistieren noch in der Uckermark z. B.bei Glambeck. Wie eine zielgerichtete Prüfungvon Teilgebieten mittels Luftbild undTopographischen Karten mit anschließenderNachsuche im Gelände ergab, sind gestörteMoore zu mindestens drei Viertel des Gesamtbestandeserfasst worden. Für die erheblichgestörten Moore bestehen noch diegrößten Lücken bei den Braunmoosmooren(Abb. 6) und ehemaligen Braunmoosmooren,da sie sich schnell in Reichmoore umwandelnund dann schwer zu erkennen sind.Hier standen oft nur Literaturangaben zurVerfügung. Demgegenüber sind erheblichgestörte Torfmoosmoore mit ebenfalls dreiViertel des Gesamtbestandes repräsentativwiedergegeben. Es existiert allerdings nocheine große unbekannte Zahl ehemaligerTorfmoosmoore im Wald, die heute oft nurnoch an wenigen Pfeifengrashorsten zu erkennensind. Erfassungslücken treten vor allembei den Kleinstmooren (< 0,1 ha) auf.Berücksichtigt wurden die unmittelbareMoorfläche und das oberirdische Einzugsgebiet.Flächenhafte Moorkartierungen erfolgtenin etwa 150 Mooren. Aus den Kartierungserfahrungenentstand im Jahr 2005 inZusammenarbeit von <strong>Land</strong>esumweltamtund Fachhochschule Eberswalde ein Standard-Kartierbogenfür Waldmoore, der miteinigen Anpassungen ab dem Jahr <strong>2007</strong>auch in der landesweiten Biotopkartierungseine Anwendung findet. Diese Erfassungsmethodenstimmen im Wesentlichen mit dendieser Arbeit zu Grunde liegenden Methodenüberein.Eine vollständige Kartierung beinhaltet folgendeDaten: Moorrelief (Einsenkung derzentralen Moorfläche gegenüber demMoorrand) , Zustand von Randsumpf undQuellaktivität, hydrostatischer Moortyp(Schwing-, Schwamm- oder Standmoor),hydrogenetischer Moortyp und ökologischerMoortyp (SUCCOW 1988), Vegetationsformen,gefährdete Pflanzenarten, Vitalität vonGehölzen und Totholzanteil, Moorkiefernformen,Zustand des Oberbodens an repräsentativenSchürfpunkten, Entwässerungssystem,Grad der Entwässerung, Eutrophierungsquellenund Grad der Eutrophierung.Die Moorgrenze wurde meist anhandder Vegetationsausbildung ermittelt.Eine hohe Aussagekraft über die hydrologischenVerhältnisse in einem Moor liefert dieEinschätzung des Randsumpfzustandes bzw.des Zustandes der das Moor speisendenQuellen sowie die Höhendifferenz der zentralenMoorfläche in Bezug zum Moorrand(Abb. 2).Bei der Erfassung von Randsumpfstufen(Tab. 1) ist zu beachten, dass die Ergebnissenach länger anhaltenden Starkniederschlägenund im Frühjahr nach der Schneeschmelzeverfälscht werden. So füllte dernasse Sommer <strong>2007</strong> mehrere Jahre trockenliegende Randsümpfe von Torfmoosmoorenim Stechlinseegebiet vorübergehend wiederauf. Um für einen Zeitabschnitt repräsentativeBewertungsergebnisse zu erhalten, solltennach längeren Extremwettersituationenkeine Felderfassung vorgenommen werden.Zur Erfassung des Moorreliefs muss man dieäußere Moorsubstratgrenze finden. Fehlerkönnen im Falle kolluvialer Moorrandüber-Abb. 2Erfassung von Randsumpf und Moorrelief in drei verschiedenen Zustandsphasen einesSchwingmoores (Kesselmoor mit Wasserkissen)


106 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>deckungen auftreten. In der Realitätfindet man bei einer Vielzahl von MoorenRandüberdeckungen aus mineralischemSubstrat, deren Ursachen oft bis ins Mittelalterzurückreichen. Die Wahrscheinlichkeitfür erosionsbedingte Moorüberdeckungensteigt mit der Hangneigung. Für die Auffindungdes Moorrandes sollten daher flacheHangpartien außerhalb von Wegen, Aufschüttungenoder anderen Bodenstörungenaufgesucht werden.Die Ermittlung des ökologischen Moortypsbasiert auf dem Vegetationsformenkonzeptvon SUCCOW (1988) und KOSKA (2001). Derhydrogenetische Moortyp konnte in der Regeldurch die Auswertung von Moorbohrungenermittelt werden. Ausnahmen bildetendie bereits durch Geländebegehung feststellbarenSchwingmoorverlandungen sowieSickerwasser- und Druckwasser- Quellmoore.Zahlreiche Angaben (u. a. aus derUckermark) stammen von Literaturquellen(z. B. MAUERSBERGER & MAUERSBERGER 1997).Insgesamt enthält der Datenbestand für 193Arm- und Zwischenmoore den hydrogenetischenMoortyp (33 %). Im Falle von Übergängenzwischen Moortypen wurden dievorherrschenden Eigenschaften gewähltund anschließend für die Ermittlung desGesamtbestandes auf die Gesamtzahl dererfassten Moore hochgerechnet. Dannerfolgte eine Plausibilitätskontrolle und Korrekturaufgrund der naturräumlichen Bedingungenfür Moorbildungen und Geländekenntnis.Der Zustand der oberirdischen Einzugsgebietewar ebenfalls Gegenstand der Erfassungen.Ihre Ausgrenzung erfolgte anhandder zum Moor geneigten Hangflächen aufGrundlage der Topographischen Karten (TK10, sonst TK 25). Die oberirdischen Einzugsgebieteumschließen daher in der Regel dieMoorfläche und haben großen Einfluss aufHydrologie und Nährstoffhaushalt derMoore. Erfasst wurde die Nutzungsart, Artder Bestockung (beides CIR-Biotoptypen),Kennarten der Bodenvegetation (Feldkartierung),Hangneigung (TK 10 bzw. TK 25),Substrateigenschaften (BÜK 300) sowie teilweiseaus topographischen Karten oder Felderfassungendie Gefährdungen durch Erosion,Wassernutzung oder Eutrophierung.Die unterirdischen Einzugsgebiete konntenwegen der unzureichenden landesweitenDatenlage nicht berücksichtigt werden.Obwohl bislang nur für wenige Moore alleErfassungsparameter vorliegen, lässt derexistierende Datenbestand bereits gute Auswertungsmöglichkeitenzu. Vollständig liegendie wesentlichen Eigenschaften des Einzugsgebietes,der ökologische Moortyp undder Erhaltungszustand der Moore vor. Aufgrundder zahlreichen weiteren Bewertungsergebnissesind verschiedene repräsentativeAussagen mit landesweiter Bedeutung möglich.3 Bewertungsmethode undDiskussionDie angewendete Bewertungsmethode(Tab. 1) orientiert sich an dem 3-gliedrigenSystem zur Bewertung des Erhaltungszustandesvon FFH-Lebensraumtypen (LUA2004). Bewertet wurden die Habitatstrukturen,das Arteninventar und Beeinträchtigungenjeweils in den Kategorien A, B und C.Um die Vielfalt der Mooreigenschaften hinreichendabbilden und plausible Aussagenfür Braun- und Torfmoosmoore vornehmenzu können, mussten gegenüber dem bestehendenSystem noch Anpassungen und Erweiterungenvorgenommen werden. Sowurden einige Kategorien in weitere Bewertungsstufenunterteilt und die Kategorie Beeinträchtigungenin die Unterkategorien Eutrophierung,Moorrelief/Wasserspiegel undRandsumpf/Quellen aufgefächert. Zu beachtenist, dass die Einstufungen für naturnahes,gestörtes, erheblich gestörtes undehemaliges Braun- oder Torfmoosmoor denHabitatstrukturstufen A, B, C1 und C2 entsprechen.Die Bewertungsmethode gilt speziellfür Arm- und Zwischenmoore nicht aberfür Reichmoore.Als ein wichtiger Schlüssel zur Einschätzungdes hydrologischen Zustandes eines horizontalenMoores kann der Randsumpf angesehenwerden. Er gewährt Aussagen überden verfügbaren Wasserüberschuss undTabelle 1: Bewertungsschema für Arm- und ZwischenmooreWert Habitatstrukturen Arteninventar BeeinträchtigungenEutrophierung Wert Moorrelief* Randsumpf ** /Quellen**vitale, naturnahe Torf-vollständiger Wasserringbzw. Braunmoosmoor- typische Arten der Torf- dichte Bestände mit oder Quellspeisung amvegetation auf der bzw. Braunmoosmoore Eutrophierungszeigern A1 eben bis gewölbt Moorrand bzw. offenegesamten Moorfläche; vorhanden, aus den Roten weitgehend nur am (< 0,25 m) Quellaustritte mitA Störzeiger nur am Rand Listen für „Moose” bzw. Moorrand, Moorfläche großflächiger Überrieselungwie Erlen, Moorkiefern „Gefäßpflanzen” mindestens frei oder nur sehrder Form „Uliginosa”, eine Art der Kategorie 1 bzw. vereinzelt mindestens 50 % desvitale großblättrige Birken zwei Arten der Kategorie 2 A2 kaum eingesenkt Randsumpfes bzw. derund Staudenfluren (0,25 bis 0,5 m) Quellzone mit offenem(nach MoorschutzrahmenplanWasser, bei QuellmoorenKategorien 1a und 1b)Teilflächen überrieseltgestörte Torf- und Braun- dichte Bestände mit 75 bis 100 % der Randmoosmooremit Eutrophie- typische Arten der Torf- Eutrophierungszeigern oder Quellzone nässerrungs- und/oder bzw. Braunmoosmoore deutlich über den als mineralisches UmfeldAustrocknungsmerkmalen, überwiegend vorhanden, aus den Moorrand oder Moorfläche mitB typische Vegetation noch mit Roten Listen für „Moose” bzw. vorgedrungen B mäßig eingesenkt typischer Vegetation, beiDeckung von über 75 %, „Gefäßpflanzen” höchstens bzw. locker auf der (0,5 bis 0,75 m) Quellmooren kaumhierzu auch gepflegte Moore eine Art der Kategorie „2” Moorfläche verteilt Überrieselungin gutem Zustand(nach MoorschutzrahmenplanKategorien 1a und 1b)C1: erheblich gestörte Torf- 75 bis 100 % der RandoderBraunmoosmoore,oder Quellzoneoft massiver Gehölzaufwuchs, C1 stark eingesenkt trocken aber noch mittypische Vegetation nur in (0,75 bis 1,0 m) typischer, oft kümmer-Resten vorhanden, hierzu Eutrophierungszeiger licher VegetationC auch gepflegte Moore in fast auf der gesamtenschlechtem Zustand typische Arten der Torf- Moorfläche bis voll-(nach Moorschutzrahmenplan und Braunmoosmoore ständig das MoorKategorien 2a und 2b) unvollständig bis fehlend überziehendC2: Ehemalige Torf- oder 75 bis 100 % der Rand-Braunmoosmoore, höchstenoder Quellzonenoch Einzelindividuen C2 extrem eingesenkt trocken und weitgehendtypischer Arten vorhanden (> 1,0 m) ohne typische Randsumpf-(nach MoorschutzrahmenplanvegetationKategorien 3b)* gemessen bzw. geschätzt wird die Höhendifferenz (Einsenkung) zwischen der Höhe des Moorsubstrates am äußersten Moorrand und den Schlenken im vitalen bzw.zentralen Moorbereich, bei geneigten Mooren ist die Einsenkung unter Berücksichtigung der natürlichen Moorneigung zu ermitteln; unklare Zwischenzustände werdenzur höheren Stufe gerechnet, Korrekturbedarf: bei Vegetationsformen der Wasserstufe 3+ im Zentrum um eine Stufe absenken; bei Vegetationsformen der Wasserstufe


LUKAS LANDGRAF: ZUSTAND UND ZUKUNFT DER ARM- UND ZWISCHENMOORE IN BRANDENBURG 109Tabelle 3:Erfassungsergebnisse für Arm- und Zwischenmoore und deren oberirdische Einzugsgebiete(drei Moore sind sowohl Braun- als auch Torfmoosmoore, wodurch die Gesamtmoorzahl 585 in derKategorie Habitatstrukturen überschritten wird)A B CΣA1 A2 B1 B2 C1 C2MoorHabitatstrukturen 65 143 167 213 588Arteninventar 138 202 51 391Eutrophierung 216 148 39 403Moorrelief 35 55 50 33 77 250Randsumpf/Quellen 26 39 56 75 105 301Oberirdisches EinzugsgebietNutzung 54 55 121 355 585Geologie 28 23 37 142 355 585Eutrophierungsgefahr 451 72 62 585sie sich jüngst aus offenen Braunmoos-Seggen-Riedenentwickelt haben. Das Gesagtegilt umso mehr für ehemalige Moore diesenTyps. Aus diesem Grund besteht bei erheblichgestörten und ehemaligen Braunmoosmoorennoch eine große Dunkelziffer. GrößereErfassungslücken sind auch fürehemalige Torfmoosmoore zu verzeichnen.Wie ist nun der Verlust an naturnahen ungenutztenBraun- und Torfmoosmooren inden vergangenen Jahrzehnten einzuschätzen?Für eine Bestandsschätzung wurden diezwei niederschlagsreicheren Phasen um1920 und 1965 ausgewählt, für die auchverschiedene Literaturangaben (ULBRICH1912, 1918 und 1925, HUECK 1925 sowieMÜLLER-STOLL & GRUHL 1959, NEUBAUER1960, PASSARGE 1964, FISCHER 1977) Einblickin den damaligen Moorzustand geben(Abb. 9). Danach ließ sich annehmen, dassum 1965 noch alle heute gestörten und z. T.auch erheblich gestörten Torfmoosmooreund um 1920 alle erheblich gestörten und z.T. auch ehemaligen Torfmoosmoore naturnahwaren. Mit großer Wahrscheinlichkeitwar ein Teil der heute ehemaligen Torfmoosmooredamals ebenfalls trocken. Zum einengab es bereits Anfang des 20. JahrhundertsEingriffe in den <strong>Land</strong>schaftswasserhaushaltund zum anderen rühren einige Moorbildungenaus der mittelalterlichen Rodungszeitmit geringerer Waldbedeckung her (JESCHKE1990).Großen Karutz. Letzterer zeigt seit wenigenJahren eine rasante Versauerung und wirdsich wohl in kurzer Zeit in ein Torfmoosmoorumwandeln.Im Bereich der sauren Moore sind mittlerweileselbst die einst weit verbreiteten naturnahenVerlandungs- und Kesselmoore starkzurückgegangen. In der Altmoräne existierennur noch Reste armer Versumpfungsmoore(Heidemoore), was vielfach demBergbau und auch der Fischerei geschuldetist.In der Bilanz haben in <strong>Brandenburg</strong> trotzhoher Verluste deutlich mehr naturnaheTorf- als Braunmoosmoore überlebt (Abb. 8).Es stehen 62 naturnahen Torfmoosmoorennur noch 3 naturnahe Braunmoosmooregegenüber (mit den o. g. Einschränkungen).Ähnlich ist das Verhältnis bei gestörtenMooren. Da Braunmoosmoore besondersempfindlich auf Eutrophierung und Entwässerungreagieren, sind sie im erheblich gestörtenZustand kaum noch erkennbar. Oftsieht man Erlenbrüchen nicht mehr an, dassAbb. 8Zustand der Torf- undBraunmoosmoore in<strong>Brandenburg</strong>Abb. 9Verlust an naturnahenBraun- und Torfmoosmoorenin <strong>Brandenburg</strong>seit 1920(1920 und 1965 Hochrechnung,<strong>2007</strong> Kartierergebnis)Abb. 10Am Möllnsee bei Lieberose ist nach Anhebungdes Seewasserspiegels der Fortbestandoffener Braunmoos-Seggenriede mittelfristiggesichert.Foto: L. <strong>Land</strong>grafFür Braunmoosmoore ist die Unsicherheithier größer, da viele Vegetationsbeschreibungenaus genutzten Braunmoosmoorenstammen (SCHWEINFURTH 1861/62). Oft warendas gerodete und zu Wiesen umgewandelteErlenbrüche der Verlandungsbereicheentwässerter Seen. Weiterhin kann davonausgegangen werden, dass die Mehrzahl derbasen- und kalkreichen Durchströmungsmoorezu Anfang des 20. Jahrhunderts bereitsvernichtet war. Naturnahe Braunmoosmooretraten in dieser Zeit hauptsächlichnoch als Verlandungsmoore und seltener alsQuellmoore auf. Aufgrund der damals nochgeringeren Eutrophierung bildeten zahlreicheSeen der Jungmoräne natürliche braunmoosreicheSchwingdecken – wenn auchvielfach nur auf kleinen Restflächen. Es wirdhier angenommen, dass um 1965 noch allegestörten Verlandungsmoore und um 1920auch einige erheblich gestörte Verlandungsmooresowie wenige gestörte Quellmoorstandortenaturnahe Verhältnisse aufwiesen.Kennzeichnend für das Ende des 20. Jahrhundertsist das beinahe völlige Verschwindenbraunmoos- und seggenreicherSchwingdeckenverlandungen an alkalischenSeen.Die hier vorgestellte Bilanz für die Anzahl derMoore täuscht über den tatsächlichen Flächenverlusthinweg, der bei Braunmoosmoorennoch deutlich höher einzuschätzenist. Vor den großangelegten staatlichen EntwässerungsprojektenPreußens im 18. und19. Jahrhundert waren die zum System derFlusstalmoore (SUCCOW 1988) gehörendenTäler von Randow, Welse und Ucker zumgroßen Teil durch braunmoosreiche Seggen-Riede geprägt. Diese gehölzarmen Durchströmungsmoorweitenwaren im Zentrummeist subneutral, während an den Talrändernkalkreiche Quellmoore aufwuchsen.Kleinere, oft langgestreckte Durchströmungsmooretraten in den Fließtälern z. B.


110 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>einer Konzentration an naturnahen Torfmoosmoorengehören der nördliche MelzowerForst, der östliche Grumsiner Forst (beiderLK Uckermark), der östliche ChorinerEndmoränenbogen (LK Barnim) und die LieberoserHochfläche (LK Dahme-Spreewaldund Spree-Neiße). Die Tabelle 4 zeigt Anteiledie <strong>Land</strong>kreise an den einzelnen Kategoriender Braun- und Torfmoosmoore.Herausgehobene Verantwortung für den Erhaltund die Wiederherstellung von Braunmoosmoorenhaben vor allem die <strong>Land</strong>kreisUckermark und Dahme-Spreewald sowie die<strong>Land</strong>kreise Märkisch-Oderland, Teltow-Fläming,Oberhavel und Barnim. Für den Erhaltvon Torfmoosmooren sollten sich vor allemdie <strong>Land</strong>kreise Barnim, Dahme-Spreewald,Uckermark, Oder-Spree, Ostprignitz-Ruppinund Spree-Neiße einsetzen.Abb. 11Der Kellsee bei Luhme ist ein naturnahes Torfmoosmoor mit großem Kolk und wertvollenSchwingdeckenFoto: L. <strong>Land</strong>grafder Lebuser Platte bis hin zur Niederlausitzauf. Gegenwärtig gibt es noch keinengenauen Überblick über die ehemalige Ausdehnungvon Braunmoosmooren in <strong>Brandenburg</strong>,da braunmoosreiche Seggen-Riede auch oft erst durch Kultivierung vonBruchwäldern entstanden waren. Insgesamtdürfte die Flächenausdehnung der Braunmoosmoorevor allem aufgrund der großflächigenDurchströmungsmoore mehrerezehntausend Hektar betragen haben. Berücksichtigtman die Entwicklungsgeschichteder brandenburgischen Moore so findensich in den Profilen fast aller Quell-, Durchströmungs-,Kessel- und Verlandungsmooreder Jungmoräne Braunmoosmoor-Phasen(BRANDE et al. 1990, WOLTERS 1996, 2000,2002, WOLFF 2004), die aber nicht zeitgleichauftraten. Der Anteil der Kalk-Zwischenmooream natürlichen Braunmoosmoorbestanddürfte dabei sehr gering gewesen seinund sich im Wesentlichen auf kurze Seeverlandungsphasen(DOLL 1982) und Quellstandorte(SUCCOW 1974 und 1977) beschränkthaben.4.2 Regionale Verteilung und SchutzverantwortungRegional konzentrieren sich die Arm- undZwischenmoore entlang der Eisrandlagen(Abb. 12). Hier vor allem in den Gebieten derPommerschen und <strong>Brandenburg</strong>er Staffel.Größere Lücken bestehen in der Prignitz, aufder Granseeer Hochfläche, in der nördlichenUckermark, im Oderbruch, auf dem Flämingkammund in der südlichen Niederlausitz.Es fällt weiterhin auf, dass naturnahe bisgestörte Moore zwei Schwerpunkte in derPommerschen und der östlichen <strong>Brandenburg</strong>erEisrandlange besitzen, hier also günstigereErhaltungsbedingungen vorfinden.Zu den besonders wertvollen Gebieten mit4.3 EntwässerungDie Entwässerungsgräben (Abb. 13) wurdenhier unterteilt in Binnengräben (nur innerhalbdes Moores), Versickerungsgräben(den Moorrand schneidend) und Abzugsgräben(in ein anderes Einzugsgebiet entwässernd).Bei 123 Mooren wird der Wasserhaushaltvon Abzugsgräben geschädigt.An weiteren 20 Mooren sind die Staue undichtbzw. nicht unmittelbar am Moorrandplatziert, was zu Versickerungsverlustenführt. In 53 Mooren tragen Binnengräbenund in 37 Mooren Versickerungsgräben zurEntwässerung bei.Unter den von Abzugsgräben entwässertenMooren ist der Anteil an Braunmoosmoorenauffallend hoch (Abb. 14). Ein Großteil davongehört zu den Verlandungsmooren anSeen der Uckermark. Hier wurden zahlreicheSeespiegel abgesenkt, so dass sich bestehendeBraunmoosverlandungen ausdehntenbzw. erst braunmoosreiche Seggenwiesendurch die menschliche Nutzung der Verlandungszonenentstanden. Auf jeden Fallbesteht vor allem für 33 naturnahe bzw. gestörteBraun- und Torfmoosmoore ein dringenderHandlungsbedarf.4.4 ArteninventarDas Arteninventar ist bei dem Großteil dererfassten Moore den Kategorien B und C zu-Abb. 12Lage der erfasstenBraun- und Torfmoosmoorein <strong>Brandenburg</strong>(beachte: Markierungenfür obere Kategorienüberdecken z. T.die Markierungen fürniedrigere Kategorien)


112 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>5 Fazit und Blick in dieZukunftAbb. 15Braunmoosschlenken mit Langblättrigem Sonnentau (Drosera anglica) und SchuppenfrüchtigerGelb-Segge (Carex lepidocarpa) sind extrem selten geworden Foto: L. <strong>Land</strong>grafAbb. 16Das vom Aussterben bedrohte Skorpionsmoos(Scorpidium scorpilloides) gilt alsCharakterart der Kalk-ZwischenmooreFoto: L. <strong>Land</strong>grafMoore, deren lokaler Wasserleiter direkt mitdem überregionalen Grundwasserleiter inVerbindung stehen, besonders gefährdet.Dies trifft vor allem auf sanddominierte Einzugsgebietezu. Statistisch betrachtet sindMoore in sandgeprägten Einzugsgebietenüberrepräsentiert (Abb. 18). In den durch Tonund Lehm geprägten Einzugsgebieten ist derAnteil an trockenen Mooren sehr gering. Mitder Korngröße des Bodensubstrats nimmt derAnteil an trockenen Mooren deutlich zu.Auch hierbei ist ein Zusammenhang zwischenGeologie im Einzugsgebiet und dem Wasserhaushaltder Moore anzunehmen.Interessant ist eine Auswertung von Randsumpf-und Quellenzustand bei Kombinationbeider Standorteigenschaften in einemÖkogramm (Abb. 19): Da, wo Laubwald aufton- und lehmgeprägten Substraten stockt,existieren fast nur wachsende Moore. Diesändert sich auch nicht, wenn auf diesenStandorten Kiefern eingemischt sind bzw.vorherrschen. Andererseits bewirkt Laubwaldbestockungauf der gesamten Standortpalettegünstige Moorwachstumsbedingungen.Erst in der Kombination von sandigenEinzugsgebieten mit hohem Kiefernanteiltreten vornehmlich trockene Moore auf.Wie gefährdet Moore in Sander- und Talsandgebietengegenüber den heutzutagegroßräumig und tiefgreifenden Grundwasserabsenkungen(DREGER & MICHELS 2002)sind, zeigt sich im BiosphärenreservatSchorfheide-Chorin (Abb. 21).Hier existiert ein Gefälle zwischen nassenMooren der Endmoräne (Choriner Endmoräne,Grumsiner Forst, Melzower Forst) undden ausgetrockneten Mooren der Schorfheide,für die in den letzten Jahren erheblichsinkende Grundwasserstände prägend sind.Während in den Kerngebieten der Endmoränedie überwiegende Zahl der Moore wassergesättigtsind, nimmt der Anteil trockenerMoore nach Südwesten in Richtung Schorfheide-Sanderund Eberswalder Urstromtalzu. So sind die Köllnseen westlich von Joachimsthalextrem ausgetrocknet, währendeinige Moore wie die Hagelsberger Posse inder unmittelbar östlich angrenzenden Endmoräneeine bessere Wasserversorgung aufweisen.Abb. 17Anteile der Eutrophierungsstufenbei BraunundTorfmoosmooren(inklusive ehemalige)Die hohen Verluste an Braunmoosmoorengehen nicht nur auf Entwässerungsmaßnahmenan Seen, Quellen und Durchströmungsmoorenzurück, sondern sind mindestens ingleichem Maße auf Nährstofffrachten ausdem Einzugsgebiet und der Luft, Nährstofffreisetzungdurch Moorentwässerung oderdurch Düngung infolge einer Wiesennutzungzurückzuführen. Für Torfmoosmooremuss als Ursache für den starken Rückgangnatürlicher Moore neben der Entwässerungauch verringerte Wasserspeisung aus demEinzugsgebiet z. B. in Kiefernforsten genanntwerden. Negative Veränderungen durchNährstoffeinflüsse sind in Torfmoosmoorenauch vorhanden, aber weniger auffällig.Das Überleben naturnaher Basen-Zwischenmooreist gegenwärtig nicht gewährleistet.Durch umfangreiche Renaturierungsmaßnahmenkann lediglich derMöllnsee bei Lieberose als weitgehend gesichertgelten. Im Moor an den TöpchinerSeen sind noch erhebliche Anstrengungenzur Erhaltung dieses in Teilen noch offenesBasen-Zwischenmoores erforderlich. DerGroße Karutz (bei Milmersdorf) wird in dennächsten Jahren durch Versauerung als Basen-Zwischenmoorverloren gehen. DiesemProzess kann und sollte auch nicht entgegengewirktwerden. Kalk-Zwischenmooresind praktisch ausgestorben. Letztes naturnahesKalk-Zwischenmoor mit typischer Vegetationwar das Seechen in der TangersdorferHeide (Abb. 20), dass seit Anfang der1990er Jahre eine starke Gehölzsukzessionerlebt (Bukowsky mdl.). Die 19 gestörtenBraunmoosmoore sind nur durch anhaltendePflege in ihrer Vegetationsausprägung zu erhalten.Ein Großteil der gestörten Standortesind Verlandungsmoore, bei denen trotz intensiverRenaturierungsanstrengungen wenigAussicht auf die Wiederherstellung natürlichgehölzarmer Moorflächen besteht.Eine Ausnahme bilden hier die Schneidenröhrichte.Auf lange Sicht hin ist die Pflegenur erfolgversprechend, wenn die Wasserständeausreichend hoch sind und keine zusätzlichenNährstoffeinträge stattfinden. InQuellmooren kann im Bereich von Überrieselungflächenmit der Erhaltung gehölzarmerVegetationsformen gerechnet werden.Hier sind die Aussichten für die stabile Entwicklungeiner Kalk-Zwischenmoorvegeta-


LUKAS LANDGRAF: ZUSTAND UND ZUKUNFT DER ARM- UND ZWISCHENMOORE IN BRANDENBURG 113Abb. 18Zustand von Randsumpf bzw. Quellen in Abhängigkeit von Bestockungund Geologie im oberirdischen Einzugsgebiet (n = 250)tion bei oberflächennaher Speisung mit kalziumreichemWasser höher als in Verlandungsmooren.Auf phasenweise oberflächigaustrocknenden Partien wird sich Erlenbruchentwickeln. Dass es in <strong>Brandenburg</strong> natürlichgehölzfreie Quellmoore gab, zeigen die Ergebnisseder stratigraphischen Untersuchungenvon PÄZOLT (1997) am Beesenberg, demgrößten brandenburgischen Quellmoor(Ückertal) sowie im Quellmoor bei Atterwasch(Grätz mdl.).Anders als bei den Basen- und Kalk-Zwischenmoorenexistieren noch einige Restbeständevon naturnahen Sauer-Arm- undZwischenmooren. Die Zukunftsprognosensind hier nicht ganz so düster. Aus den vorliegendenDaten wurden für TorfmoosmoorePrognosen erstellt (Tab. 5). Dabeiwerden folgende Grundannahmen gesetzt:- die Grundwasserstände in allen großräumigenGrundwasserleitern sind durch denMenschen abgesenkt worden: je höherdie Anbindung des Moorwasserhaushaltes,desto wahrscheinlicher ist die Austrocknungdes Moores,- eine natürliche Waldbestockung ist diegünstigste Nutzungsform im Mooreinzugsgebiet,- Der Nährstoffstatus von Mooren ohneden Schutz eines Waldsaumes ist nicht sichergestellt,- die Prognose für erheblich gestörte undehemalige Torfmoosmoore (HabitatstrukturenC1 und C2) ist unabhängig von denStandortbedingungen unsicher.Setzt man die Durchführung der notwendigenSchutzmaßnahmen voraus, könnten inden nächsten Jahren 46 Torfmoosmoore gesichertwerden. Ohne weitere Maßnahmenwären lediglich 23 Torfmoosmoore in ihrerExistenz relativ gesichert. Größere Anstrengungensind zur Sicherung von 36 naturnahenMooren notwendig. Für 459 Torfmoosmooresind die Erfolgsaussichten vonSchutzmaßnahmen schwer kalkulierbar; essind Moore in Kiefernforsten auf armenSandböden. Der Erfolg von Maßnahmen wieWaldumbau im Einzugsgebiet und Anstauvon Gräben steht im Zusammenhang mitden Möglichkeiten den Grundwasserstandgroßräumig anzuheben. In den meisten Fällenwird hierfür eine längere Zeitspanne erforderlichsein.In Mooren mit schwingender Oberflächebleiben die Habitatstrukturen auch bei sinkendenGrundwasserständen einige Jahreerhalten.6 Konsequenzen für denMoorschutzDie Strategie zum Schutz der Braunmoosmooremuss entscheidend verändert werden(THORMANN & LANDGRAF <strong>2007</strong>). In dieser Hinsichtsollten zwei Schwerpunkte verfolgtwerden:1. Auf Verlandungs- und Quellstandortenmuss die Pflegenutzung langfristigabgesichert werden. Dazu gehört dieAbb. 20Ein gestörtes Kalk-Zwischenmoormit starkemErlenaufwuchs istdas Seechen in derTangersdorfer HeideFoto: L. <strong>Land</strong>grafAbb. 19Zustand von Randsumpf bzw. Quellen in Abhängigkeit von denStandortkombinationen Bestockung und Geologie im oberirdischenEinzugsgebiet (n = 250)Sicherung der Flächen für den Naturschutz.Entwicklungsziel sollte hier dieErhaltung artenreicher Braunmoosvegetationsein.2. Für die Wiederherstellung von Braunmoosmoorenauf überrieselten unddurchströmten Mooren sind auch mittechnischem Aufwand die notwendigenStandortvoraussetzungen wiederherzustellen.Durch erfolgreiche Renaturierungsprojekteist bekannt, dass vor allemdie Entfernung des verdichteten undvermulmten Oberbodens hohe Renaturierungschancenbirgt (MAUERSBERGER2004). Entwicklungsziel sollten natürlichgehölzarme Braunmoosmoore weitgehendohne Pflegenutzung sein.Für den Schutz der Torfmoosmoore ist besondersder standortangepasste Waldumbauim Einzugsgebiet eine große Herausforderung.Zahlreiche Moore werden auch heutenoch entwässert. Hier sollte dringend gegengesteuertwerden. Eine beachtliche Zahlan Torfmoosmooren sowie einige Braunmoosmooresind außerdem durch Nährstoffeinträgeaus dem Einzugsgebiet gefährdet,die durch Pufferzonen gemindert oder abgefangenwerden müssen.


114 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>DanksagungFür die Unterstützung bei der Gebietserfassungdanke ich den Unteren Naturschutzbehörden,der Forstverwaltung und den Verwaltungender Großschutzgebiete.Besonderer Dank gilt Frau Ilse Moritz (<strong>Land</strong>esumweltamt)für die Bearbeitung, Aufbereitungund Verwaltung der Daten.Arm- und Zwischenmoorenaturnah (Habitatstrukturen: A)gestört (Habitatstrukturen: B)erheblich gestört / Reste (Habitatstrukturen: C1ehemalig (Habitatstrukturen: C2)Urstromtal / NiederungSanderGrundmoräneEndmoräneAbb. 21Lage und Zustand der Arm- und Zwischenmoore im Gebiet des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin7 Anwendbarkeit desBewertungssystemsBundesstraßeAutobahnStädte<strong>Land</strong>kreisgrenzeSeeFließgewässerDas vorgestellte Bewertungssystem für ArmundZwischenmoore ermöglicht eine zielgerichteteFilterung nach dem Erhaltungszustand(Habitatstrukturen), dem Wert einesMoores für den Artenschutz, und den hauptsächlichauftretenden Beeinträchtigungen„Eutrophierung” und „Austrocknung”. Fürden Nachweis langsamer Veränderungen,wie der schleichenden Eutrophierung vonTorfmoosmooren durch „Düngung” aus derLuft, ist das Erfassungs- und Bewertungssystemzu grob. Hier hilft nur eine feiner skalierteUmweltbeobachtung weiter (LUTHARDTet al. 2006). Die Vorteile der Verwendungdes vorgestellten Erfassungs- und Bewertungssystemsfür Arm- und Zwischenmooreliegen in seiner Einfachheit und somit in denlandesweiten Einsatzmöglichkeiten begründet,wodurch schnelle Auswertungen undMaßnahmenentscheidungen möglich sind.Aus dem Vergleich der Einstufung von Randsumpf/Quelleund Habitatstrukturen lassensich Trends beim Wasserhaushalt ableiten.Die zusätzliche Betrachtung und Bewertungdes oberirdischen Einzugsgebietes erlaubenein Erkennen von Gefahrenquellen undHandlungsoptionen. Allerdings könnennicht alle wasserhaushaltlichen Einflüsse erfasstund bewertet werden, weil hierbei dasunterirdische Einzugsgebiet ausgespartbleibt. So hat z. B. der Möllnsee bei Lieberoseein sandgeprägtes oberirdisches Einzugsgebietmit Kiefernbestockung. Dennoch ist dieWasserspeisung für das Moor aufgrund derhohen Abflussspende im unterirdischen Einzugsgebietund randlicher Quellspeisungengesichert. In <strong>Brandenburg</strong> sind jedoch ArmundZwischenmoore mit hohen Durchflussratenaufgrund starker Quellaktivität dieAusnahme. Da das oberirdische Einzugsgebietin der Regel die Moore vollständig umschließt,können mit der vorgestellten Methodedennoch wesentliche Einflüsse erfasstwerden. Das trifft insbesondere für Nährstoffeinträgezu.LiteraturAD-HOC-AG BODEN 2005: BodenkundlicheKartieranleitung, Bodenkundliche Kartieranleitung,5. Auflage Hannover: 438 S.BRANDE, A.; HOELZMANN, P. & KLAWITTER, J. 1990:Genese und Paläoökologie eines brandenburgischenKesselmoores. Telma 30: 27-54CONWENTZ, H.; DAHL, F.; KOLKWITZ, R.; SCHROEDER, H.;STOLLER, J. & ULBRICH, E. 1912: Das Plagefenn beiChorin-Ergebnisse der Durchforschung einesNaturschutzgebietes der Preußischen Forstverwaltung.Beitr. z. Naturdenkmalpfl. 3DREGER, F. & MICHELS, R. 2002: Die Entwicklung derGrundwasserstände in der Schorfheide 1980 - 2000.In: Funktionen des Waldes in Verbindung mit dem<strong>Land</strong>schaftswasserhaushalt. Eberswalder ForstlicheSchriftenreihe Band XV: 11-15DOLL, R. 1982: Das Seechen am Großen Beutel-Seebei Templin. Naturschutzarb. Meckl. 25: 83-88FISCHER, W. 1977: Vegetation und Flora desNaturschutzgebietes Himmelreichsee. In:Naturschutzarbeit in Berlin und <strong>Brandenburg</strong> 13 (3):66-88FRIEDRICH, S. 2002: Basen- und Kalkzwischenmoore inNordostbrandenburg – Zustand und Entwicklungstrends.FH Eberswalde. Diplomarbeit: 151 S.FRIEDRICH, S. & LUTHARDT, V. 2003: Basen- undKalkzwischenmooren in Nordostbrandenburg –Zustandserfassung und Schutzbedarf. Beitr. Forstwirtsch.u. <strong>Land</strong>sch. ökol. 37 (3): 113-120HAHNE, W. & OTTO, B. 2005: Kartierung vonWaldmooren. im Auftrag der <strong>Land</strong>esforstverwaltung.Ing.-büro RANA Halle. unveröff.HEINICKE, T. 2003a: Erfassung aktueller Standorte vonBasen- und Kalkzwischenmooren in <strong>Brandenburg</strong>.<strong>Land</strong>esumweltamt <strong>Brandenburg</strong>. unveröff. 38 S.HEINICKE, T. 2003b: Basen- und Kalkzwischenmoore in<strong>Brandenburg</strong> – Zustandserfassung und Schutzbedarf.In: Umweltdaten 2003. <strong>Land</strong>esumweltamt <strong>Brandenburg</strong>:86-92HUECK, K. 1925: Vegetationsstudien auf brandenburgischenHochmooren. Beitr. zur Naturdenkmalpflege,Berlin 13: 1-229HUECK, K. 1937: Der Hechtgiebel bei Glambeck in derUckermark, ein neues brandenburgisches Naturschutzgebiet.Naturdenkmalpflege und Naturschutzin Berlin und <strong>Brandenburg</strong> 32: 321-324HUECK, K. 1953: Deutsches Moorland. Die NeueBrehmbücherei: 30 S.JESCHKE, L. 1990: Der Einfluss von Klimaschwankungenund Rodungsphasen auf die Moorentwicklung imMittelalter. Gleditschia 18 (1): 115-123KLAWITTER, J.; RÄTZEL, S. & SCHAEPE, A. 2002:Gesamtartenliste und Rote Liste der Moose des<strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>. Natursch. <strong>Land</strong>schaftspfl. Bbg11 (4) Beilage: 103 S.KRAUSCH, H. D. 1958: Natur und Naturschutz imBezirk Potsdam. Rat d. Bezirkes Potsdam (Hrsg.)ILN/Institut für <strong>Land</strong>esforschung und Naturschutz:264 S.KOSKA, I.; SUCCOW, M. & CLAUSNITZER, U. 2001:Vegetationskundliche Kennzeichnung von Mooren(topische Betrachtung). In SUCCOW, M. & JOOSTEN, H.2001: <strong>Land</strong>schaftsökologische Moorkunde. E.Schweizerbart`sche Verlagsbuchhandlung Stuttgart:112-184KURT-GILSENBACH, H. 1993: Schorfheide und Choriner<strong>Land</strong>. 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LUKAS LANDGRAF: ZUSTAND UND ZUKUNFT DER ARM- UND ZWISCHENMOORE IN BRANDENBURG 115Abb. 22In Laubwaldgebieten dominieren naturnahe Torfmoosmoore – hier mit abgestorbenemBaumbestand als Zeichen eines früheren Hochwassers.Foto: L. <strong>Land</strong>graf<strong>Land</strong>schaftswasserhaushalt in <strong>Brandenburg</strong> -Kurzfassung zum Sachstandsbericht mit Konzeption,Projektgruppe <strong>Land</strong>schaftswasserhaushalt im Auftragdes Ministers für <strong>Land</strong>wirtschaft, Umweltschutz undRaumordnung: 21 S.LUA 2004: Bewertung des Erhaltungszustandes vonFFH-Lebensraumtypen.<strong>Land</strong>esumweltamt <strong>Brandenburg</strong>:www.mluv.brandenburg.de/cms/detail.php/lbm1.c.234908.deLUTHARDT, V.; BRAUNER, O.; DREGER, F.; FRIEDRICH, S.;GARBA, H.; HIRSCH, A.-K.; KABUS, T.; KRÜGER, G.;MAUERSBERGER, H.; MEISEL, J.; SCHMIDT, D.; TÄUSCHER,L.; VAHRSON, W.-G.; WITT, B. & ZEIDLER; M. 2006:Methodenkatalog zum Monitoring - Programm derÖkosystemaren Umweltbeobachtung in denBiosphärenreservaten <strong>Brandenburg</strong>s, 4. akt. Ausg.,FH-Eberswalde, Teil A: 177 S. + Anhang; Teil B 134 S.+ AnhangMAUERSBERGER, R. & MAUERSBERGER, H. 1997: Die Seenim Biospärenreservat Schorfheide-Chorin. DissertationEMAU GreifswaldMAUERSBERGER, R. 2004: Lehstsee-Niederung. In:Leitfaden zur Renaturierung von Feuchtgebieten in<strong>Brandenburg</strong>. <strong>Land</strong>esumweltamt <strong>Brandenburg</strong>.Studien und Tagungsberichte 50: 124-127MECKLENBURG, E. 1955: Die Hochmoore <strong>Brandenburg</strong>s.In: Die Pflanzenwelt <strong>Brandenburg</strong>s, MÜLLER-STOLL, W. R. (Hrsg.): 132-144MICHAELIS, D. 1998: Standort- und vegetationskundlicheUntersuchungen im NSG Plagefenn 1995/1996.Verh. Bot. Ver. Berlin <strong>Brandenburg</strong> 131: 167-191MÜLLER, J. 1996: Beziehung zwischen Vegetationsstrukturenund Wasserhaushalt in Kiefern undBuchenökosystemen. In: 9. Hamburger Forst- undHolznutzungstag 1996 in Eberswalde: Wald imWandel” Berlin: 112-128MÜLLER, J. 2002: Wasserhaushalt von Kiefern- undTabelle 5: Entwicklungsprognosen für Torfmoosmoore in <strong>Brandenburg</strong> (einschließlich ehemaliger) –in Klammern die Anzahl der Moore, für die eine Pufferzone eingerichtet bzw. erweitert werdenmussPrognoseAnzahl derTorfmoosmooreNaturnahe Moore - weitgehend gesichert(Habitatstruktur: A, EZG-Geologie: A1 + A2, EZG-Nutzung: A1 + A2, keine weiteren Störungen im EZG) 8 (1)Naturnahe Moore - wahrscheinlich gesichert(Habitatstruktur: A, EZG-Geologie: B1, EZG-Nutzung: A1 + A2, keine weiteren Störungen im EZG) 2 (0)Naturnahe Moore - nach Waldumbau und/oder Wasserbau weitgehend gesichert(Habitatstruktur: A, EZG-Geologie: A1 + A2, EZG-Nutzung: A1 + B + C, evtl. Grabenentwässerung, 2 (1)sonst keine weiteren Störungen im EZG)Naturnahe Moore - nach Waldumbau und/oder Wasserbau wahrscheinlich gesichert(Habitatstruktur: A, EZG-Geologie: B1, EZG-Nutzung: A1 + B + C, evtl. Grabenentwässerung, sonst keine 8 (3)weiteren Störungen im EZG)Naturnahe Moore - aktuell gesichert, gegenüber großräumigen Grundwasserabsenkungengefährdet 8 (0)(Habitatstruktur: A, EZG-Geologie: B2, EZG-Nutzung: A1 + A2, keine Grabenentwässerung und keineweiteren Störungen im EZG)Gestörte Moore - zukünftig ungestörte Entwicklung möglich(Habitatstruktur: B, EZG-Geologie: A1 + A2, EZG-Nutzung: A1 + A2, keine Grabenentwässerung, sonst 5 (0)keine weiteren Störungen im EZG)Gestörte Moore - nach Waldumbau und/oder Wasserbau weitgehend gesichert(Habitatstruktur: B, EZG-Geologie: A1 + A2, EZG-Nutzung: A1 + B + C und/oder Graben- 6 (1)entwässerung, sonst keine weiteren Störungen im EZG)Gestörte Moore - nach Waldumbau und/oder Wasserbau wahrscheinlich gesichert(Habitatstruktur: B, EZG-Geologie: B1, EZG-Nutzung: A1 + B + C und/oder Grabenentwässerung, 7 (3)sonst keine weiteren Störungen im EZG)Σ 46 (9)Naturnahe Moore gefährdet(Habitatstruktur: A, EZG-Geologie: B2 + C, EZG-Nutzung: alle, Grabenentwässerung oder andere 36 (0)Störungen im EZG)Moore, deren Entwicklungspotenzial schwer prognostizierbar ist459 (62)(übrige Moore)Buchen - Mischbeständen im nordostdeutschenTiefland In: Funktionen des Waldes in Verbindung mitdem <strong>Land</strong>schaftswasserhaushalt. EberswalderForstliche Schriftenreihe XV: 66-76MÜLLER-STOLL, W. R. & GRUHL, K. 1959: DasMoosfenn bei Potsdam, Vegetationsmonographieeines märkischen Naturschutzgebietes. Wiss. Z. Päd.Hs. Potsdam. Math.-Naturw. Reihe 4 (2): 151-180NEUBAUER, M. 1960: Vegetationskundliche Untersuchungenan staunassen Standorten am Schwielowseebei Potsdam. Staatsexamenarbeit. PH Potsdam:119 S. und AnhangPASSARGE, H. 1964: Über Pflanzengesellschaften derMoore im Lieberoser Endmoränengebiet. Abh. d.Naturk.- Mus. Görlitz 39 (1): 407-431PÄZOLT, J. 1997: Der Beesenberg – Standort undVegetation eines Quellmoor-Komplexes im Uckertal(<strong>Brandenburg</strong>). Dipl.-Arbeit EMAU GreifswaldRISTOW, M.; HERRMANN, A.; ILLIG, H.; KLÄGE, H.-CH.;KLEMM, G.; KUMMER, V.; MACHATZKI, B.; RÄTZEL, S.;SCHWARZ, R. & ZIMMERMANN, F. 2006: Liste und RoteListe der etablierten Gefäßpflanzen <strong>Brandenburg</strong>s.Natursch. <strong>Land</strong>schaftspl. 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116 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>; 116-121DIE BIOLOGISCHE GEWÄSSERBEWERTUNG IST NICHT NUR VERPFLICHTENDE AUFGABE NACH EU-WRRL,SIE LIEFERT IM FALL DES MAKROPHYTENINDEX BRANDENBURG EIN INSTRUMENT ZUR TROPHISCHENBEWERTUNG ALLER BRANDENBURGISCHEN SEENJENS PÄZOLTDer Makrophytenindex <strong>Brandenburg</strong> – ein Index zur Bewertung von Seenmit MakrophytenSchlagwörter:ZusammenfassungMakrophyten, Index, Phosphor, <strong>Brandenburg</strong>, Untere Makrophytengrenze, Indikatorarten,Seen, Wasserrahmenrichtlinie, MIBBasierend auf Gewässerkartierungen derJahre 2005 und 2006, wurde die vomGesamtphosphor abhängige Artenzusammensetzungund Tiefenausbreitung von Makrophytenin brandenburgischen Seen abgeleitetund ein Index zur Bewertung desGewässerzustands nach Wasserrahmenrichtlinie(WRRL) entwickelt. Der Index lehntsich an den Länderarbeitsgemeinschaft Wasser(LAWA)-Index zur Bewertung vonStandgewässern an und bewertet anhanddes Vergleichs des aktuellen zu einem modellbasiertenReferenzzustand. Neben einerBewertung des Gewässerzustands nachWRRL ist auch die Bestimmung der Gewässertrophievon Seen < 50 ha möglich, womitder Makrophytenindex <strong>Brandenburg</strong> einuniverselles Instrument für die Bewertungder Gewässertrophie von Seen ist.1 EinleitungVon der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie(EU-WRRL) wird ein Monitoring vonOberflächengewässern gefordert, dass nebendiversen anderen biologischen Qualitätskomponenten(s. RICHTLINIE 2000/60/Abb. 2Zusammenhang zwischen Sichttiefe undUnterer Makrophytengrenze (UMG) fürbrandenburgische Gewässer (Daten 2000-2006) und nach SUCCOW & KOPP (1985)Abb. 1Liepnitzsee, Blick auf die Insel, 2004EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DESRATES) auch die Bewertung von Seen undFließgewässern mit Makrophyten beinhaltet.In diesem Rahmen werden seit dem Jahr2000 in brandenburgischen Seen jährlich dieVorkommen von Makrophyten untersucht.Ziel der Untersuchungen war neben der Erfassungder Makrophyten auch die Entwicklungeines für die Gewässer des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong>gültigen Bewertungsverfahrens.Dafür wurden allein bis zum Jahr 2006 156brandenburgische Seen kartiert und in denJahren 2005 und 2006 neben den Makrophytenauch die gewässerchemischen Parameterjedes Sees aufgenommen.Schritte einer (limnologischen) Bewertungsind die Erfassung validierbarer Daten derZielgröße(n), die Einstufung des aktuellenZustands anhand der erhobenen Daten unddie aus dem Vergleich dieser Einstufung miteinem gewünschten Zustand (Referenzzustand)abgeleitete Bewertung des Zielobjektes(See). Für die Bewertung von Seen ist derZusammenhang zwischen den anthropogenbedingten Phosphoreinträgen und der damitverbundenen Verschiebung der Artenzusammensetzungvon zentralem Interesse –auch für Makrophyten wurde dieser Zusammenhangbeschrieben (z.B. MELZER 1979,Foto: J. PäzoltKRAUSE 1984). Dabei bewirken hohe Phosphor-Konzentrationendurch eine Zunahmeder Chlorophyll-a-Gehalte geringere Sichttiefenim Gewässer (OECD 1982, LAWA1998). Diese führen wiederum zu einer Verschiebungder Unteren Makrophytengrenze(UMG) (Abb. 2, MAUERSBERGER & MAUERSBER-GER 1996) und damit zu einer Einschränkungder potenziell besiedelbaren Makrophytenflächeund zur Artverschiebung im Gewässer.Da der Phosphor in diesem Zusammenhangnicht nur wichtiger limitierenderFaktor, sondern auch eine relevante Bewirtschaftungsgrößeim Sinne der WRRL ist,wird die Bewertung der phosphorbasiertenTrophie des Gewässers anhand der Makrophytenals Ziel verfolgt und ein dementsprechendausgerichtetes Bewertungsverfahrenentwickelt.Der Makrophytenindex <strong>Brandenburg</strong> (MIB)greift die dargestellten Zusammenhänge aufund vergleicht den aktuellen, auf seeinternenPhosphor-Konzentrationen basierendenZustand anhand von Zusammensetzung undTiefenausbreitung der Makrophyten, mit einemtypspezifischen Referenzzustand derSeen und bewertet die Unterschiede. Basisder Bewertung ist der enge Zusammenhangzwischen der Zusammensetzung der Makro-


JENS PÄZOLT: DER MAKROPHYTENINDEX BRANDENBURG – EIN INDEX ZUR BEWERTUNG VON SEEN MIT MAKROPHYTEN 117phyten, der Unteren Makrophytengrenzeund den Phosphorkonzentrationen im Gewässer.Dementsprechend lässt sich mit demMakrophytenindex nicht nur der Zustandder Seen nach EU-WRRL beurteilen, sondernauch objektive Aussagen des Erhaltungszustandsnach Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinie und des trophischen Zustands derSeen gewinnen. In Kombination mit einemlangfristigen Monitoring der Makrophytenliefert der Index Informationen zu Trends derGewässerentwicklung und ist wichtige Basisfür die Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserungdes Gewässerzustands, die immereine Verringerung der Phosphor-Konzentrationim Gewässer bewirken sollen (Abb. 2).2 Erfassungsmethoden fürMakrophytenDie Erfassung von Makrophyten kann generellnach zwei Methoden erfolgen. Einerseitsist eine komplette Kartierung des Gewässersmöglich. Dabei wird ein relativ vollständigerÜberblick zur Artenzusammensetzung gewonnen.Es ist allerdings schwer möglich,Verschiebungen im Deckungsgrad derMakrophyten und Verschiebungen der UnterenMakrophytengrenze räumlich so genauzu dokumentieren, dass Veränderungenbei Wiederholungskartierungen feststellbarsind. Zudem ist ebenfalls unklar, wie dieSchwankungen der Unteren Makrophytengrenzeund die Gesamtartenzusammensetzungdes Gewässers zu einer feinskaligenund differenzierten Bewertungsmethodikzusammengefasst werden können.Tabelle 1: Anzahl der in Abhängigkeit von derUferlänge zu untersuchenden TransekteUferlänge (km)Transektzahl< 2 42 bis


118 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>stachelige Armleuchteralge), Chara hispida(Steifhaarige Armleuchteralge), Ch.filiformis (Faden-Armleuchteralge), Ch.virgata (Feine Armleuchteralge), Ch.intermedia (Kurzstachelige Armleuchteralge),Nitella flexilis (Biegsame Glanzleuchteralge),Myriophyllum alterniflorum(Wechselblütiges Tausendblatt),Myriophyllum verticillatum (Quirl-Tausendblatt).2. Arten mit Vorkommen bei niedrigen undmittleren TP-Konzentrationen: Chara aspera(Raue Armleuchteralge), Potamogetonmucronatus (Stachelspitziges Laichkraut),Utricularia vulgaris (GemeinerWasserschlauch), Ch. tomentosa (HornblättrigeArmleuchteralge), Utriculariaaustralis (Südlicher Wasserschlauch), Ch.globularis (Zerbrechliche Armleuchteralge),Ch. contraria (GegensätzlicheArmleuchteralge), Nitellopsis obtusa(Stern-Armleuchteralge), Elodea canadensis(Kanadische Wasserpest), Potamogetonlucens (Spiegelndes Laichkraut).Diese haben ihren Verbreitungsschwerpunktin oligo- und mesotrophen Gewässern,können aber auch bis in den schwacheutrophen Bereich (e1) vorkommen.3. Arten der meso- bis hocheutrophen Gewässer,die auch bei deutlich höheren TP-Konzentrationen vorkommen, als dieArtengruppen 1 und 2: Potamogeton perfoliatus(Durchwachsenes Laichkraut), P.pusillus (Zwerg-Laichkraut), Ranunculuscircinatus (Spreizender Wasserhahnenfuß),Najas marina ssp. intermedia (GroßesNixkraut), Fontinalis antipyretica (GemeinesQuellmoos), Ceratophyllumdemersum (Gemeines Hornblatt).4. Arten mit sehr weiter Toleranzspanne gegenüberden mittleren TP-Konzentrationen:Nymphaea alba (Weiße Seerose),Potamogeton pectinatus (Kamm-Laichkraut),Nuphar lutea (Gelbe Teichrose),Myriophyllum spicatum (Ähren-Tausendblatt)und nicht weiter differenzierteGruppe fädiger Grünalgen.Die ökologische Toleranz gegenüber der TP-Konzentration steigt von der Artengruppe 1zur Artengruppe 4. Für die Indikation niedrigerTP-Konzentrationen kann die Artengruppe1 sehr gut verwendet werden. Allerdingskönnen hohe TP-Konzentrationendurch Makrophyten nicht direkt indiziertwerden, da es keine diesbezüglich stenökenArten gibt. Die Ausweisung von negativenIndikatorarten (SCHAUMBURG et al. <strong>2007</strong>) istdementsprechend für die Bewertung brandenburgischerSeen nicht Ziel führend. Allerdingslassen sich durch den Ausfall meso-traphenterArten höhere Trophiegrade indirektindizieren. Einschränkend muss auf die niedrigeZahl untersuchter Seen im nährstoffarmenBereich hingewiesen werden(lediglich ein See wurde nach LAWA (1998)als oligotroph eingestuft), womit die minimaleTP-Konzentration, bei der Arten nochvorkommen, in einigen Fällen auf Basis weitererDaten nach unten korrigiert werdenmuss.4 Der Makrophyten-Index<strong>Brandenburg</strong> (MIB)Abb. 4Formeln zurErmittlung deraktuellen Gewässertrophiemit Makrophyten1. Makrophyten-Index <strong>Brandenburg</strong> (MIB):Mit dem Makrophyten-Index <strong>Brandenburg</strong>kann die aktuelle Trophie von natürlichenund künstlichen Seen eingestuft werden. Bestandteildes MIB ist das Modul „TeilindexUntere Makrophytengrenze”, welches mitdem geringer gewichteten Modul „TeilindexArten” kombiniert wird. Die Module undihre jeweilige Gewichtung wurden statistischaus den Makrophytenkartierungen der Jahre2005, 2006 und der ebenfalls in den Seenvorgenommenen Wasseranalytik abgeleitet(Basis waren Daten aus 56 brandenburgischenSeen, deren mittlere TP-Konzentrationenzwischen 0,012 und 0,343 mg/l lagen).Zunächst allerdings zum Modul „TeilindexArten”. Nachdem die zumindest teilweiseIndikatorfunktion von Makrophyten bezüglichder TP-Konzentration nachgewiesenwurde (siehe 3.), ist diese für eine Verrechnungin einem Index in Wert zu setzen. Dazuist zunächst die Transformation der prozentualgeschätzten Abschnittsdeckungen derArten auf Transektdeckungen (siehe Gleichung3.1, Abb. 4) erforderlich. Dadurchwerden die Dominanzverhältnisse der Abschnitteeines Transektes repräsentativ widergespiegeltund hohe Deckungen von Artenin kurzen Abschnitten nicht zuungunstengeringer Artdeckungen in langen Abschnittenübergewichtet. Wenn z. B. Transekt 5(Tab. 6) des Liepnitzsees mit 30 m Gesamtlängeaus zwei Abschnitten mit 7,5 % Ceratophyllumdemersum im ersten Abschnittvon 4 m Länge und mit 12,5 % im zweiten,26 m langen Abschnitt besteht, ergeben sichbewertungsrelevante Transektdeckungender Arten von 1 % und 10,8 %. Nach Transformationder Abschnitts- zu Transektdeckungenerfolgt die Transformation derSumme der Transektdeckungen der Arten zuDeckungs-Dominanzwerten (Gleichung 3.2,Abb. 4), wodurch der relative Anteil der artspezifischenDeckung an der Gesamtdeckungaller Makrophyten des Gewässers(Summe der Transektdeckungen aller kartiertenTransekte eines kartierten Sees) ermitteltwird und die Vergleichbarkeit vonTransekten oder Seen untereinander gewährleistetist (s. SCHÖNFELDER 1997).Aus den Deckungs-Dominanzwerten undden logarithmierten mittleren TP-Konzentrationender untersuchten Seen wurdendurch gewichtete Mittelwertbildung die ln-TP-Optima der Arten abgeleitet (TER BRAAK& VAN DAMM 1989, SCHÖNFELDER 1997), welchedie theoretisch optimale TP-Konzentrationmit den höchsten zu erwartenden Artdominanzenist (Tab. 2).Je kleiner der Toleranzbereich einer Art,desto präziser ist ihre Funktion als Bioindikator(s. o.). Insofern ist neben dem Optimumauch ein Maß für die Größe des Toleranzbereichesals Wichtungsfaktor zu verwenden.Hier eignet sich die Standardabweichungvom ln-TP-Optimum, die nach TER BRAAK &(( I ⋅ 0 ,6) + ( I ⋅ 0, )) ⋅ a bMIB = 4UMG Arten+(für geschichtete Seen: a=0,596, b=4,3049; für ungeschichtete Seen und Kleinseen:a=0,7484, b=5,3602)2. Teilindex Untere Makrophytengrenze (I UMG ):I UMGUMG[m]+ 2,3496=− 2,0294(UMG[m]=Untere Makrophytengrenze in Metern)3. Teilindex Arten (I Arten ):IArten=mik = 1TD lnk,i⋅WK⋅ TPOptimum+ 1,6193⋅miTDk,i⋅Wkk = 110,4351(TD k,i=Dominanzwerte der Taxa (k) eines Untersuchungsgewässers mit i=Deckungen,W K=Gewichtungsfaktor für die arttypische Phosphor-Stenökie,lnTPOptimum=Logarithmus der arttypischen TP-Optima)3.1 Transformation der Abschnitts- in Transektdeckungen:AL[m]TD[%] = ⋅ AD[%]TL[m](TD[%]= Transektdeckung eines Taxon in Prozent, AD=Abschnittsdeckung einesTaxon in Prozent, TL[m]=Transektlänge in Metern, AL[m]=Länge des Abschnittesmit Vorkommen des Taxon in Metern)3.2 Transformation der Transektdeckungen in Deckungs-Dominanzwerte:TDk,i=TD[%]k , iTD[%]i(TD[%] k, i=Summe aller Transektdeckungen eines Taxon einesUntersuchungsgewässers, TD[%] i=Summe der Transektdeckungen aller Taxaeines Untersuchungsgewässers)


JENS PÄZOLT: DER MAKROPHYTENINDEX BRANDENBURG – EIN INDEX ZUR BEWERTUNG VON SEEN MIT MAKROPHYTEN 119Tabelle 2: ln TP Optima (natürlicher Logarithmus der optimalen Gesamtphosphorkonzentration) derund toleranzbezogene Wichtungsfaktoren (Wk)der MakropyhtenTaxa Abkürzung ln TP W k berücksichtigteOptimaVorkommenCeratophyllum demersum L. Cer dem -2,75 0,38 37Ceratophyllum submersum L. Cer sub -1,99 0,68 2Chara aspera WILLD. Cha asp -3,36 0,38 4Chara contraria BRAUN ex KÜTZ. Cha con -3,33 0,57 12Chara virgata KÜTZ. Cha del -3,59 0,66 8Chara filiformis HERTZ. Cha fil -3,41 0,66 7Chara globularis THUILL. Cha glo -3,69 0,24 25Chara hispida L. Cha his -3,44 0,69 5Chara intermedia BRAUN Cha int -3,43 0,72 5Chara polyacantha BRAUN Cha pol -2,89 0,65 2Chara rudis (BRAUN) Leonh. Cha rud -3,60 0,66 7Chara tomentosa L. Cha tom -3,30 0,55 11Cyanophyta Blau -2,15 0,17 21Elodea canadensis MICH. Elo can -3,05 0,55 19Fontinalis antipyretica Fon ant -2,60 0,44 24fädige Grünalgen Grue -2,45 0,13 33Myriophyllum alterniflorum DC. Myr alt -3,44 0,62 4Myriophyllum spicatum L. Myr spi -2,72 0,16 35Myriophyllum verticillatum L. Myr vert -3,42 0,76 4Najas marina ssp. intermedia Naj int -2,84 0,31 22Nitella flexilis AGARDH Nit fle -3,63 0,69 6Nitellopsis obtusa GROVES Nite obt -3,37 0,49 25Nuphar lutea L. Nup lut -2,02 0,30 33Nymphea alba L. Nym alb -2,82 0,30 17Potamogeton berchtoldii FIEB. Pot ber -3,18 0,83 3Potamogeton crispus L. Pot cris -3,16 0,39 15Potamogeton filiformis PERS. Pot fil -3,03 0,89 2Potamogeton lucens L. Pot luc -3,19 0,41 13Potamogeton mucronatus Pot muc -3,08 0,36 8Potamogeton natans L. Pot nat -3,40 0,71 6Potamogeton pectinatus L. Pot pec -3,64 0,12 31Potamogeton perfoliatus L. Pot per -2,96 0,54 21Potamogeton puillus L. Pot pus -3,38 0,33 12Ranunculus circinatus SIBTH. Ran cir -2,78 0,42 26Stratiotes aloides L. Str alo -3,17 0,34 3Utricularia australis R. BR. Ult aus -3,25 0,48 7Utricularia vulgaris L. Utr vul -3,12 0,69 4Vaucheria ssp. Vau -3,25 0,43 2Abb. 5Zusammenhang zwischen den I Arten bzw. derUMG und dem Logarithmus der gemessenenmittleren TP-Konzentration (ln TP gem )Tabelle 3: Korrelationskoeffizienten (R n. Spearman)für die Teilmodule I Arten und I UMG und Kombinationenaus beiden in Abhängigkeit von dergemessenen, logarithmierten TP-Konzentration (lnTP gem ) der Seen.RI Arten 0,68I UMG 0,72I MIB =(I UMG x 0,8 + I Arten x 0,2) 0,78I MIB =(I UMG x 0,9 + I Arten x 0,1) 0,74I MIB =(I UMG x 0,2 + I Arten x 0,8) 0,74I MIB =(I UMG x 0,6 + I Arten x 0,4) 0,80Tabelle 4: Trophiegrade, Abkürzungen (Abk.) undIndex-Werte des MIBTrophie Abk. Index-Wertoligotroph o bis 1,5mesotroph1 m1 bis 2,0mesotroph2 m2 bis 2,5eutroph1 e1 bis 3,0eutroph2 e2 bis 3,5polytroph1 p1 bis 4,0polytroph2 p2 ab 4,1VAN DAMM (1989) in der Form 1/(t)² alsWichtungsfaktor WK in den Teilindex Arten(Gleichung 3, Abb. 4) eingeht (s. Tab. 2).Der Teilindex Arten (Gleichung 3, Abb. 4) integriertschließlich die relativen Deckungender Arten, ihre jeweiligen ln-TP-Optima undWichtungen ihres Toleranzbereiches und istdamit ein Maß für die TP-Konzentration imGewässer. Der Vergleich zwischen dem TeilindexArten und den gemessenen TP-Konzentrationenbestätigt den bereits angedeutetenmäßigen Zusammenhang zwischenbeiden (Abb. 5).Der zweite Bestandteil des MIB ist der TeilindexUMG, der aus der gemittelten UnterenMakrophytengrenze aller Transekte einesSees und für jeden Transekt berechnet wird(Gl. 2, Abb. 4). Die UMG ist ein signifikantesMaß für die Sichttiefe im Gewässer (s. Abb.2) und integriert die sie beeinflussenden Faktorenwie z. B. Chlorophyll-a-Konzentrationund Trübung durch Kalziumkarbonat-Fällungenoder Huminsäure-Gehalte, wobeiersterer meist dominiert. In den brandenburgischenSeen besteht ein signifikanter undenger Zusammenhang zur TP-Konzentration(Abb. 5).Die Integration beider Indizes zum MIB verlangteine Prüfung der jeweiligen Gewichtungder Teilindizes, was mit einfachen Korrelationenbelegt wurde (Tab. 3). Zunächstwurde der Wert des Regressionskoeffizientenaus den Regressionen zwischen der TP-Konzentration und den Teilindizes Artenbzw. UMG als Maß für die Gewichtung beiderIndizes verwendet (0,6 für den I UMG und0,4 für den I Arten , Abb. 5) und weitere Gewichtungsfaktorengeprüft. Der statistischengste Zusammenhang ergibt sich bei Verwendungder Gewichtungsfaktoren 0,6 fürdas Modul Teilindex UMG und 0,4 für dasModul Teilindex Arten (Abb. 6, Tab. 3).Die Skalierung des MIB entspricht demLAWA-Trophieindex, womit die abschließendeZuordnung der Indexwerte des MIBzu Trophiegraden sehr einfach nach LAWA(1998) erfolgen kann (Tab. 4). Es wird demLAWA-Trophieindex folgend zwischen einemMIB für geschichtete und ungeschichtetebzw. kleine Seen unterschieden (Gl. 1,Abb. 4). Für die typbezogene Bewertungnach WRRL werden die Typen kalkreicher,geschichteter Flachlandsee mit relativ großemEinzugsgebiet (Typ 10) und kalkreicher,geschichteter Flachlandsee mit relativ kleinemEinzugsgebiet (Typ 13) mit dem MIB fürgeschichtete Seen eingestuft. Für UngeschichteteSeen der Typen kalkreicher, ungeschichteterFlachlandsee mit relativ großemEinzugsgebiet und einer Verweilzeit >30 Tage(Typ 11), kalkreicher, ungeschichteter Flach-Abb. 6Validierung des MIB an den mittleren TP-Konzentrationen (logarithmiert)


120 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>landsee mit relativ großem Einzugsgebietund einer Verweilzeit > 3 Tage und < 30 Tage(Typ 12) und kalkreicher, ungeschichteterFlachlandsee mit relativ kleinem Einzugsgebiet(Typ 14) wird der MIB für ungeschichtetSeen verwendet. Kleine Seen (< 5 ha) lassensich ebenfalls mit diesem Index hinsichtlichihres Zustands einstufen. Für Seen zwischen5 und 50 ha Größe wird entsprechend ihrerSchichtung der MIB für geschichtete oderungeschichtete Seen verwendet.5 GewässerbewertungAbb. 7Lage der Transekte amLiepnitzseeTabelle 5: Bewertung auf Basis des Vergleichs zwischenaktuellem Zustand und Referenzzustand.Differenz zwischen aktuellem Bewertung nachZustand und Referenzzustand EU-WRRLbis 0,251 (sehr gut)bis 0,52 (gut)bis 13 (mäßig)bis 1,44 (schlecht)größer als 1,4 5 (sehr schlecht)In einigen Fällen ist neben der Ermittlung deraktuellen Gewässertrophie auch die Bewertungdes aktuellen Zustands erforderlich (z.B. nach EU-WRRL). Dafür ist der durch denMIB repräsentierte aktuelle Zustand des Gewässerszum potenziell natürlichen Zustandin Bezug zu setzen und die Abweichung zwischenbeiden zu bewerten. Der Referenzzustandkann auf Grund paläolimnologischerUntersuchungen (z. B. SCHÖNFELDER 1997)oder aber anhand von Modellen abgeleitetwerden. Eine modellbezogene Ableitung desReferenzzustands nach SCHÖNFELDER (2005)wird für die makrophytenbasierte Einstufungdes Gewässerzustands gemäß EU-WRRL bevorzugt,wenn keine genaueren Informationenvorliegen: Die aufgrund von Einzugsgebietsgrößeund Niederschlagsmenge demSee zufließende Grundwasser- und die damiteingetragene Nährstoffmenge (wobei dieVegetationsbedeckung im Einzugsgebiet alspotenziell-natürlich anzunehmen ist) wirdzunächst ermittelt. Die sich daraus und ausder Abhängigkeit von der Verweilzeit undder Schichtungsstabilität ergebende seeinternesommerliche TP-Konzentration wirdzur Abschätzung des LAWA-Trophieindexes(LAWA 1998) des Referenzzustands verwendet.In Abhängigkeit vom Gewässertyp(siehe 4.) variiert die TP-Konzentration imReferenzzustand womit auch die Bewertungauf Basis der Differenz zwischen dem MIBund dem LAWA-Trophieindex des Referenzzustandes(s. Tab. 5) typbezogen differenzierteErgebnisse liefert.Als ein Beispiel wird der im Biesethaler Beckengelegene Liepnitzsee bewertet (Abb. 7).Der Liepnitzsee war ein potenziell-natürlichmesotropher See (m1 nach SCHÖNFELDER2005), der dem WRRL-Typ 13 (kalkreicher,geschichteter Flachlandsee mit relativ kleinemEinzugsgebiet) zugeordnet werdenkann. Gütedaten vom Liepnitzsee liegen ausdem Jahr 2000 vor, wonach er als m 2 (LAWA-Index 2,2) eingestuft wird. Im Jahr 2006 wurdenan 8, gleichmäßig auf die Uferlinie verteiltenTransekten (Abb. 7) Makrophytenkartiert, die sich den Artengruppen 2, 3 und4 (s. Kap. 3) zuordnen lassen. Nach Transformationder abschnittsbezogenen Deckungenzu Transektdeckungen (Tab. 6) und zu Deckungsdominanzwerten(Tab. 7), wurden derI Arten und der I UMG berechnet und zum Gesamtindex(MIB) für geschichtete Seen kombiniert.Der für den See berechnete MIB ergibtadäquat dem aus den chemischen Datenberechneten LAWA-Index einen mesotrophenZustand. Da die Abweichung vom Referenzindex0,5 beträgt, ist der Zustand nachWRRL mit gut zu bewerten (Tab. 8). Einschränkendmuss hinzugefügt werden, dassTabelle 6: Artdominanzen und Stammdaten der Transekte und Abschnitte vom LiepnitzseeTransekt 1 2 3 4 5 6 7 8Abschnitt a b c d a b a b c a b c d a b a b c d a b c d e a bvon [m] 0 2 7 15 0 11 0 5 9 0 10 17 22 0 4 0 7 37 52 0 9 17 25 47 0 5bis [m] 2 7 15 22 11 26 5 9 27 10 17 22 27 4 30 7 37 52 62 9 17 25 47 56 5 18Tiefe Anfang [m] 0 0,4 1,4 4,2 0 2,3 0 1,3 2 0 0,5 3,3 5,1 0 1 0 0,5 1,5 4,5 0 0,6 0,9 1,6 5,3 0 0,9Tiefe Ende [m] 0,4 1,4 4,2 6,3 2,3 6,3 1,3 2 6,7 0,5 3,3 5,1 6,7 1 7 0,5 1,5 4,5 5,5 0,6 0,9 1,6 5,3 6,4 0,9 6,2Carex gracilis 98 20 7,5Schoenoplectus lacustris 40 2Typha angustifolium 20Phragmites australis 80 2 97,5 80 97,5 70 4Ceratophyllum demersum 0,5 7,5 12,5 12,5 7,5 2 7,5 30 4 20 97,5 12,5 7,5 12,5 2 7,5 90 20 2 7,5 97,5 12,5 0,5 12,5Chara contraria 2 2Chara globularis 0,5 2 2Elodea canadensis 2 0,5 12,5 2 2 2 4Fontinalis antipyretica 0,5 2Grünalgen 2 3 1 3 1 2 3 1 3 1 3Myriophyllum spicatum 0,5 12,5 47,5 2 2 7,5 0,5 7,5 7,5 2 2 20 12,5 2 7,5Potamogeton berchtoldii 2 20 7,5 0,5 2Ranunculus circinatus 40 47,5 2 4 20 2 2 60 2 4 0,5 70 4 4Myriophyllum verticillatum 2 12,5 7,5Nitellopsis obtusa 0,5 2 0,5 2 4 0,5 2 0,5Nuphar lutea 0,5 4 47,5Potamogeton filiformis 0,5Potamogeton mucronatus 0,5Potamogeton pectinatus 4 40Potamogeton perfoliatus 0,5 0,5 2 2Potamogeton pusillus 2


JENS PÄZOLT: DER MAKROPHYTENINDEX BRANDENBURG – EIN INDEX ZUR BEWERTUNG VON SEEN MIT MAKROPHYTEN 121Tabelle 7:Transformierte Transektdeckungen vom LiepnitzseeTransekt 1 2 3 4 5 6 7 8Abschnitt a b c d a b a b c a b c d a b a b c d a b c d e a bCarex gracilis 8,9 3,7 2,1Schoenoplectus lacustris 11,1 1,4Typha angustifolium 2,7Phragmites australis 14,8 0,3 36,1 10,7 11 11,3 0,6Ceratophyllum demersum 0,05 1,7 4,5 4,0 4,3 0,4 1,1 20 1,5 5,2 18,1 2,3 1 10,8 0,2 3,6 21,8 3,2 0,3 1,1 38,3 2,0 0,1 9,0Chara contraria 0,2 0,6Chara globularis 0,3 0,6 1,4Elodea canadensis 0,2 0,1 4,5 0,6 0,4 0,4 2,9Fontinalis antipyretica 0,05 1,2Grünalgen 0,2 0,7 0,2 0,4 0,4 0,3 2,6 0,1 1,5 0,2 0,8Myriophyllum spicatum 0,05 2,8 17,3 1,2 0,7 1,9 0,06 3,6 1,8 0,3 0,3 2,9 4,9 0,6 5,4Potamogeton berchtoldii 0,2 4,5 2,7 0,2 1,2Ranunculus circinatus 9,1 17,3 0,6 2,3 13,3 0,4 0,4 29 0,5 0,6 0,07 10 1,6 2,9Myriophyllum verticillatum 0,4 1,9 5Nitellopsis obtusa 0,07 1,3 0,1 0,4 3,5 0,08 0,3 0,4Nuphar lutea 0,4 1,9 6,8Potamogeton filiformis 0,07Potamogeton mucronatus 0,09Potamogeton pectinatus 0,9 19,4Potamogeton perfoliatus 0,05 0,2 1,7 0,6Potamogeton pusillus 0,6Tabelle 8: Deckungsdominanzwerte und daraus resultierende Bewertung des LiepnitzseesArtenTransekte1 2 3 4 5 6 7 8Ceratophyllum demersum 0,14 0,41 0,48 0,84 0,58 0,33 0,60 0,36Chara contraria 0,003 0,02Chara globularis 0,01 0,08Elodea canadensis 0,08 0,02 0,11Fontinalis antipyretica 0,001 0,11Grünalgen 0,01 0,01 0,01 0,14 0,02 0,00 0,03Myriophyllum spicatum 0,28 0,11 0,08 0,06 0,12 0,23Myriophyllum verticillatum 0,16Nitellopsis obtusa 0,03 0,02 0,17 0,01 0,01Nuphar lutea 0,02 0,02 0,10Potamogeton berchtoldii 0,10 0,13Potamogeton filiformis 0,001Potamogeton mucronatus 0,003Potamogeton pectinatus 0,01 0,22Potamogeton perfoliatus 0,001 0,02 0,09 0,02Potamogeton pusillus 0,02Ranunculus circinatus 0,37 0,22 0,30 0,02 0,35 0,17 0,11BewertungIArten -2,92 -2,83 -3,09 -2,65 -2,91 -2,76 -2,48 -2,96UMG [m] 6,3 6,3 6,7 6,7 7 5,5 6,4 6,2IUMG -4,26 -4,26 -4,46 -4,46 -4,61 -3,87 -4,31 -4,21MIB g (Transekte) 2,1 2,1 2 2,1 2 2,3 2,2 2,1MIB g (See) 2,1der Liepnitzsee zwar noch mit gut bewertetwurde, der Index allerdings im Grenzbereichzum mäßigen Zustand liegt (siehe Tab. 5).6 Grenzen des VerfahrensDie Einstufung der aktuellen Gewässertrophiemit dem Makrophyten-Index <strong>Brandenburg</strong>ist nur dann sinnvoll, wenn die Transektdeckungaller vorkommenden Artenmehr als 5 % beträgt oder mehr als drei Makrophytenartenentlang aller Transekte einesSees kartiert wurden. Für die Bewertung sindausschließlich Arten zu verwenden, die inTab. 2 mit ln-TP-Optima und Toleranzgewichtungenversehen sind. Geprüft wurdeder Index für Seen im kalkreichen, neutralenbis subneutralen pH-Bereich des norddeutschenFlachlandes (Ökoregionen 13 & 14,nach EU-WRRL).DanksagungBasis dieses Bewertungsverfahrens sind umfangreicheMakrophytenkartierungen, dieim Auftrag des <strong>Land</strong>esumweltamtes <strong>Brandenburg</strong>von Tauchteams der LimnologischenStation der Technischen Universität Iffeldorf,dem Büro lanaplan GbR und von derGesellschaft für Naturschutz und <strong>Land</strong>schaftsökologiee. V. vorgenommen wurden.Den Kartierern sei an dieser Stelle gedankt.Herzlichen Dank auch an Jörg Schönfelder,der diesem Beitrag manch anregende Ideebeigesteuert hat.LiteraturKRAUSE, W. 1981: Characeen als Bioindikatoren fürden Gewässerzustand. Limnologica. 13/2: 399-418LÄNDERARBEITSGEMEINSCHAFT WASSER (LAWA) 1998:„Gewässerbewertung – stehende Gewässer”.Vorläufige Richtlinie für eine Erstbewertung vonnatürlich entstandenen Seen nach trophischenKriterien. 74 S.LONDO, G. 1975: „Dezimalskala für die vegetationskundlicheAufnahme von Dauerquadraten”. In:SCHMIDT, W. (Red.): „Sukzessionsforschung”. Ber. Int.Symp. IVV Rinteln 1973: 613-617MAUERSBERGER, H. & MAUERSBERGER, R. 1996: Die Seendes Biosphärenreservats „Schorfheide-Chorin” – eineökologische Studie. Diss. E.-M.-Arndt-UniversitätGreifswald. 742 S.MELZER, A. 1979: Bioindikation der Osterseen – Eutrophierung.Ber. d. Akad. f. Naturschutz 3/79: 134-154OECD (Organisation for Economic Cooperation andDevelopment) 1982: Eutrophication of waters –Monitoring, Assessment and Control. Paris.154 S.RICHTLINIE 2000/60/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTSUND DES RATES 2000: Amtsblatt der EuropäischenGemeinschaften. 22.12.2000. 72 S.SCHÖNFELDER, I. 1997: Eine Phosphor-Diatomeen-Relation für alkalische Seen und Flüsse <strong>Brandenburg</strong>sund ihre Anwendung für die paläolimnologischeAnalyse von Auensedimenten der unteren Havel.Diss. Botanicae Bd. 283. 148 S.SCHAUMBURG, J.; SCHRANZ, C.; STELZER, D. & HOFMANN,G. <strong>2007</strong>: Handlungsanweisung für die ökologischeBewertung von Seen zur Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie: Makrophyten und Phytobenthos.Stand Februar <strong>2007</strong>. Bayer. <strong>Land</strong>esamt f.Umwelt. 75 S.SCHÖNFELDER, J. (Hrsg. <strong>Land</strong>esumweltamt <strong>Brandenburg</strong>)2005: Typspezifische Referenzbedingungenund höchstes ökologisches Potenzial. In: LUA<strong>Brandenburg</strong>: Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie.Bericht zur Bestandsaufnahme für das <strong>Land</strong><strong>Brandenburg</strong> (C-Bericht): 36-39SUCCOW, M. & KOPP, D. 1985: Seen als Naturraumtypen.Petermanns Geograph. Mitt. 3: 161-170TER BRAAK, C.F.J. & VAN DAM, H. 1989: Inferring pHfrom diatoms: a comparison of old and new calibrationmethods. Hydrobiologia 178: 209-223VAN DE WEYER, K.; NIENHAUS, I.; TIGGERS, P.; HUSSNER, A.& HAMANN, U. <strong>2007</strong> Eine einfache und kosteneffizienteMethode zur flächenhaften Erfassung von submersenMakrophyten in Seen. Wasser und Abfall 1-2: 20-22Anschrift des Verfassers:Dr. Jens Päzolt<strong>Land</strong>esumweltamt <strong>Brandenburg</strong>Seeburger Chaussee 114476 Potsdam, OT Groß Glienicke


122 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>; 122-126AN MITTELEUROPÄISCHEN SEEN, WIE AUCH AN SEEN UM DIE STADT BRANDENBURG AN DER HAVEL ISTEIN SUKZESSIVER RÜCKGANG DER RÖHRICHTBESTÄNDE FESTZUSTELLEN.DIESE ENTWICKLUNG KONNTE ANHAND DER AUSWERTUNG VON LUFTBILDERN ERFASST WERDEN.FRANZISKA DÖRING, FRANZISKA HÖLZELDokumentation der Entwicklung von Schilfröhrichten an Seen der Stadt<strong>Brandenburg</strong> an der Havel (1944-2003) durch Einsatz von GIS zur LuftbildauswertungSchlagwörter:Röhricht, Schilfrückgang, <strong>Brandenburg</strong> an der Havel, Luftbildauswertung, Geoinformationssystem(GIS)ZusammenfassungDas Jahr 1958 wurde als Ausgangsjahr undzum Vergleich genutzt. Der Gesamtschilfbestandaller drei Seen betrug in diesem Jahr753.790 m² und reduzierte sich bis 2003 umcirca 41 % auf 441.410 m². Die einzelnenSeen betrachtend, war der Schilfrückgangam Breitlingsee/Möserschen See mit rund57 % am stärksten, gefolgt vom WusterwitzerSee mit 24 % und dem Großem Wendseemit 19 %. Die Rückgangsraten sind inden einzelnen Abschnitten sehr unterschiedlich.Nicht in allen Uferzonen erfolgte derRückgang chronologisch. In einigen Fällenerholte sich der Schilfbestand, wenn auchnur geringfügig. Festzustellen ist, dass diegrößten jährlichen Rückgangsraten fast ausschließlichin der Zeitperiode zwischen 1958und 1985 lagen.Keiner der in der Literatur beschriebenenRückgangsursachen wie Stege, Ankerstellenim Schilf, Badestellen, Wasserstandsveränderungen,Eishebungen und -senkungenkonnte als alleinige Ursache benannt werden.Der Grund dafür lag in der Stärke und Dauerder verschiedenen Rückgangsursachen.Da die Wirkungsintensität nicht bekannt ist,konnten nur vage Rückschlüsse auf dieGründe des Röhrichtrückgangs im Untersuchungsgebietgezogen werden. So liefertedie Kausalanalyse zwar keine befriedigendenErgebnisse, doch die ermittelten Rückgangstrends,sowie die Information früherer Röhrichtausbreitungenfür die einzelnen Uferabschnittezeigen das Potenzial derUferabschnitte als Röhrichtstandort. Dieskann eine Hilfe bei der Maßnahmenplanungim Röhrichtschutz durch die örtliche UNBdarstellen.Der zweite Teil der Arbeit lag in der Bewertungausgesuchter Uferzonen. Dazu wurdedie aktuelle Ausstattung jeder einzelnenZone im Untersuchungsgebiet Breitlingsee/Möserscher See mit den Lebensraumansprüchender ausgewählten Vogelleitarten abgeglichen.Potenzielle Störfaktoren wie Steganlagen,Schneisen, Badestellen undHinterlandnutzungen wurden dem Luftbildmaterialentnommen, anschließend mit derFluchtdistanz der einzelnen Vogelarten inZusammenhang gebracht und flossen so mitin die Bewertung der Uferzonen ein.Das Potenzial der Uferzonen als Lebensraumwurde in drei Klassen eingestuft; gering, mittelund hoch. Einzig die Uferzone in Nähedes Naturschutzgebiets Gränert, wurde alsLebensraum mit hohem Potenzial, für die indie Bewertung eingeschlossenen Arten, eingestuft.Den Uferabschnitten der Bereiche;Zulauf Buckau/Camping Malge, Ostufer,Nordwestufer kommt nur eine mittlere, Bereicheder Malge und Uferabschnitten derZonen Süd und West eine geringe Bedeutungals Lebensraum zu. Die anhand vonLuftbildern und Freilandaufnahmen erfasstenSchwimblattzonen haben sich von 1991zu 2006 kaum verändert.1 EinleitungWie an zahlreichen Seen Mitteleuropas istauch an den Seen der Stadt <strong>Brandenburg</strong> einsukzessiver Rückgang des Röhrichtgürtels zubeobachten. Schilfröhrichte sind nicht nurein landschaftsprägendes Element der Vegetationunserer Seeufer (GROSSER et al. 1997)und damit von Relevanz für den Erholungswertdieser <strong>Land</strong>schaften, sondern auch vongroßer Bedeutung für das Ökosystem See.Das Absterben des Schilfs kann einschneidendeKonsequenzen für die gesamteUferbiozönose haben. Neben verstärkterUfererosion, infolge fehlender Vegetationsbedeckungsowie der Beeinträchtigung der„Selbstreinigungskraft” der Flachwasserzonekommt es zu Verlusten an Brut- und Lebensräumenfür viele Amphibien-, FischundVogelarten (SUKOPP & KRAUSS 1990).Die Schilfrückgangsproblematik zeigt sich- im Zurückweichen aquatischer Schilfbestände,festzustellen seit circa 1950 undan circa 40 europäischen Seen untersuchtund dokumentiert- im Verlust von Habitat-, Puffer- undSchutzfunktion des Ökosystems SeeDie Ursachen weisen eine hohe Komplexitätauf. Mehrere Faktorengruppen wirken mitunterschiedlicher Intensität.Die Erforschung der Ursachen des Schilfrückgangsist Thema zahlreicher Abhandlungenund wissenschaftlicher Forschungen. Imnäheren Umfeld sind hier die Veröffentlichungenvon SUKOPP & MARKSTEIN (1989),wie auch von KOHL et al. (1996) zu nennen,welche über einen Zeitraum von 25 Jahren(1962-1987) einen erheblichen Schilfrückgangdokumentieren.Ziel der Arbeit war zum einen die Erfassungsowie die Einschätzung der quantitativenEntwicklung der Schilfbestände an 3 Seender Stadt <strong>Brandenburg</strong> an der Havel anhanddes Vergleichs von Luftbildern (Abb. 1).Röhrichte wurden an Uferabschnitten desBreitlingsees/Möserschen Sees, des GroßenWendsees sowie des Wusterwitzer Sees untersucht.Zum anderen sollten ausgewählteUferabschnitte hinsichtlich ihrer Eignung alsLebensraum für bestimmte röhrichtbewohnendeVogelarten untersucht und bewertetwerden. Gegenstand dieser Untersuchungwaren 7 Uferzonen des Breitlingsee/MöserschenSees. Grundlage für die Beurteilungder Uferabschnitte war neben der Luftbildinterpretationeine wasserseitige Aufnahmeder Parameter, welche die HabitateignungAbb. 1Luftbildfolge 1944/1958/1985/1992/2002 von Uferabschnitten Großer Wendsee und Breitlingsee/MöserscherSee


FRANZISKA DÖRING, FRANZISKA HÖLZEL: DOKUMENTATION DER ENTWICKLUNG VON SCHILFRÖHRICHTEN AN SEEN DER STADT BRANDENBURG 123für diese Arten bestimmen. Da neben Röhrichtenauch Schwimmblattvegetation inund an stehenden und fließenden Gewässernzu den gesetzlich geschützten Biotopendes <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> (§ 32 <strong>Brandenburg</strong>ischesNaturschutzgesetz) gehört, wurdeauch deren Entwicklung erfasst.2 Material und MethodenDie Datengrundlage für die Untersuchungenstellten die Luftaufnahmen. Nahezu alle Informationen,wie Ausbreitung der Röhrichtflächen,deren Struktur und die sich über dieJahre verändernden, potenziellen Einflussfaktoren(Anlegestellen, Badestellen) wurdendem gesamten Luftbildmaterial entnommen.Einen kurzen Überblick über denArbeitsablauf gibt Tabelle 1 zu Material undMethoden.Die Auswertungen zur flächenhaften Bestandsveränderungund zur Habitateignungder untersuchten Uferabschnitte wurdendurch Nutzung eines Geographischen Informationssystems(GIS) erleichtert. Das Anlegeneines digitalen Schilfkatasters soll einenschnellen und einfachen Vergleich der Bestandsentwicklungvergangener Jahre ermöglichen,aber auch eine erweiterbare,bildhafte Dokumentation der aktuellenSchilfbestände sein. Die Übergabe der Datenals GIS-Projekt macht diese für nachfolgendeBearbeitungen und eine Einbindungin andere Planungswerke verfügbar.Die Ausdehnung der Schilfbestände, der 14Uferzonen für jeden Vergleichszeitraum,wurde mit Hilfe des Programms ArcView alsLiniethema digitalisiert. Die Veränderungenwurden erfasst, bzw. mit dem ProgrammMicrosoft Excel berechnet. Die Abbildung 2veranschaulicht die beschriebene Vorgehensweiseam Beispiel einer Zone am Ostuferdes Breitlingsees/Möserschen Sees südlichder Planemündung.Wasserseitige SchilffrontEine genaue Erhebung des Flächenrückgangsfür den gesamten Röhrichtkomplexkonnte für die wasserseitigen Schilfbeständenicht erarbeitet werden. Der Grund hierfürliegt darin, dass sich die Grenze zwischenwasserseitigem Schilfröhricht und den angrenzenden<strong>Land</strong>röhrichtkomplexen ausdem Luftbild nicht eindeutig lokalisierenließ. Um einen Überblick über die Entwicklungder wasserseitigen Schilffront zu erlangen,wurde eine Auswertung anhand desTabelle 1: Material und MethodenMethoden, UnterlagenEntwicklung der RöhrichteBeschaffung und Aufbereitung desLuftbildmaterialsAusbreitungsgrenzen der RöhrichtflächenVeränderung der wasserseitigen AusbreitungsfrontUrsachenLuftbildmaterialDatenrechercheAktueller Zustand der UferabschnitteGeländeaufnahmenVergleichs der wasserseitigen Grenzliniender Schilfbestände von 1944/45 und derFlächenausdehnung des aktuellsten Bestandesvon 2002/03 durchgeführt. Die ehemaligeAusbreitung wurde auf ein aktuellesLuftbild übertragen und die Differenz mitdem Programm ArcView vermessen (vgl.Abb. 3).Abb. 2Veränderung der Röhrichtfläche, Darstellung als Flächenshape im GISAbb. 3Wasserseitige Ausdehnungdes Schilfsvon 1944 (gelbe Linie)und 2002/03(Luftbild)Anmerkungen• sehr inhomogen: unterschiedliche Maßstäbe,Qualität, Aufnahmezeitpunkte• 38 Luftbilder gescannt, georeferenziert,mosaikiert• Digitalisierung der Bestandsgrenzen, Berechnungund Vergleiche der Flächeninhalte• Darstellung der Veränderungen, Luftbildmaterial1944/45 von minderer Qualität, daher als AusgangszustandLuftbilder von1958 genutzt• Vergleich der Ausbreitungsfront von 1944/45 zu2002/03• messen der Differenz früherer und aktuellerwasserseitiger Ausbreitung• Badestellen, Anlegestellen• Schädigungsgrade• Nutzungen und Einflüsse an Uferzonen• Uferbewuchs• Schwimmblattvegetation• Eishebungen und -senkungen• erhöhte Wasserstände (Stau)• Bootsaufkommen (Schleusenstatistiken)• Strukturparameter der Röhrichte,Degradationserscheinungen• SchwimmblattvegetationDaten zu den RückgangsursachenNeben der Luftbildinterpretation (Badestellen,Veränderungen der Strandlänge, Anzahlder Anlegestellen) wurden relevante Datenerhebungenzu Rückgangsursachen (Eishebungenund -senkungen, erhöhte Wasserständein wachstumsrelevanter Zeit,Güterströme, Bootsaufkommen) vom zuständigenWasser- und Schifffahrtsamt <strong>Brandenburg</strong>eingeholt. Mit der Aufbereitungdieser Informationen wurde versucht, kausaleZusammenhänge zu quantitativen Veränderungender Bestände zu ermitteln, zubewerten und darzustellen.SchädigungsklassenUm die Habitateignung der einzelnen Uferabschnitteam Breitlingsee/Möserschen Seezu bewerten, wurden Schädigungsklassender aktuellen Schilfbestände bestimmt(Klasse I - ungeschädigt bis schwach geschädigt,Klasse II - deutlich bis stark geschädigt,Klasse III - extrem geschädigt). Eine nähereErläuterung zu den Schädigungsklassen bietetAbbildung 4.Strukturkartierung der Röhrichte und Erfassungvon SchwimmblattvegetationDurch die Luftbildauswertung der Farbaufnahmenvon 2002/03 wurde die gegenwartsnaheBestandsausdehnung derUferröhrichte ermittelt sowie die Bestandsstrukturder einzelnen Uferabschnitte denzuvor definierten Schadklassen zugeordnet.Im Juni 2006 wurden Strukturparameter desRöhrichtgürtels des Breitlingsee/MöserschenSees vom Wasser aus erfasst. Als Untersuchungsflächen(13 Aufnahmeflächen) wurdensowohl Schilfflächen ausgewählt, welchedie Habitatstrukturen eines längerenUferabschnitts repräsentativ abdecken sollten,als auch Flächen, die extreme Strukturen(Degradationserscheinungen) aufwiesen.Die Bestimmung von Exemplaren vorhandenerBegleitarten der Röhrichtbeständewurde nach ROTHMALER (1999) vorgenommen.Mit Hilfe eines schwimmfähigen Rahmensmit den Maßen 1x1 m wurden Parameterwie Halmdichte, Anzahl vonJungtrieben und geknickten Althalmen,Halmdurchmesser sowie die Höhe des Bestandeseines repräsentativen Bereiches aufgenommen.Zugleich wurden der Zustanddes Röhrichtrandes, die Wassertiefe und dieVitalität der Pflanzen erfasst.


124 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>BeispielDie dem Schilfgürtel vorgelagerte Schwimmblattvegetationwurde im Mai seeseitig erfasstund mit den Beständen der CIR-Aufnahmenvon 1991 abgeglichen.3 ErgebnisseBeschreibung der SchadklasseKlasse I: ungeschädigt bis schwach geschädigtStruktur:dichte bis weitgehend homogene Bestände, eventuell vereinzelteAuflichtungen oder Lückenseeseitiger Rand:scharf, wenig ausgefranst, geringe Randauflösung möglichKlasse II: deutlich geschädigt bis stark geschädigtStruktur:inhomogene Bestände mit deutlichen Lücken, Einzelhalmauflösungoder Auflösung in Horste bzw. Halmgruppen, Stoppelanteiledominierenseeseitiger Rand:streckenweise mit deutlich sichtbarer Randauflösung bisstarke RandauflösungKlasse III: extrem geschädigtStruktur:Halmdichte sehr gering; sehr hoher Stoppelanteilseeseitiger Rand:randlich sehr stark aufgelöste Bestände mit nicht mehr klaridentifizierbarer BestandsgrenzeAbb. 4Schädigungskategorien der Schilfbestände in Luftaufnahmen von 2002/03Insgesamt wurde an 14 Untersuchungsabschnittendes Breitlingsees/MöserschenSees, Großen Wendsees und WusterwitzerSees die flächenhafte Entwicklung von Röhrichtbeständensowie die Veränderung derwasserseitiger Schilffront untersucht. DieGesamtlänge der untersuchten Abschnittebetrug ca. 13 km.Die Rückgangsraten sind in den einzelnenAbschnitten sehr unterschiedlich. Nicht in allenUferzonen erfolgte der Rückgang chronologischauch erholte sich der Bestand in einigenFällen, wenn auch nur geringfügig.Festzustellen ist, dass die größten jährlichenRückgangsraten fast ausschließlich in derZeitperiode zwischen 1958 und 1985 lagen.Am östlichen Ufer des Breitlingsees/MöserschenSees, südlich der Planemündung, warder stärkste Rückgang mit 73 % zu verzeichnen.In den Bereichen des Südufers diesesSees, bis hin zur Ecke zwischen den großenSammelsteganlagen der Sportvereine (AnglerheimKirchmöser und Eisenbahnersportverein)ist der Verlust von Röhrichtflächenmit 63 % bis 67 % auch sehr hoch. DasWestufer sowie Teilflächen am Südufer (BereichNSG Gränert), hatten mit einer Rückgangsratevon unter 30 % den vergleichsweisegeringsten Verlust zu verzeichnen.Beim Großen Wendsee traten am Ostuferdie größten Röhrichtverluste mit 67 % auf.Geringer, jedoch noch beträchtlich, warendie Bestandseinbußen von 39 % an Teilendes Nordufers und 33 % an Teilen des südlichenUfers. Am nordwestlichen Ufer wurdeeine Zunahme der Fläche festgestellt, was jedochausschließlich dessen <strong>Land</strong>schilfbereichbetrifft. An Uferbereichen südlich der Seegartenbrückegab es änhlich hohe Zunahmenan <strong>Land</strong>schilfbereichen, welche ungefährdem Rückgang an Wasserschilfentsprechen und somit keine großen Veränderungder Gesamtschilffläche bedingen.Das Nordufer des Wusterwitzer Sees hat relativgeringe Bestandrückgänge von 11 % zuverzeichnen. Dagegen sind die Verluste vonRöhrichtflächen am Südufer des Sees im Bereichdes Lankenweg mit 70 % als sehr drastischeinzustufen.Die wasserseitige Schilffront ist in allen untersuchtenUferzonen der drei Seen fastdurchgängig zurückgewichen. Am stärkstenvom Verlust des aquatischen Röhrichts betroffenwaren die Uferbereiche des Breitlingsees/MöserschenSees südlich der Planemündung(streckenweise 70-100 m) sowiedas gesamte Westufer (teilweise 50-70 m).Am Nordufer des Wusterwitzer Sees wichdie aquatische Bestandsgrenze stellenweiseum bis zu 90 m zurück. Aber auch an allenanderen Uferabschnitten, so auch am GroßenWendsee war ein Rückgang des Wasserschilfszu verzeichnen. Hier schwanken dieWerte zwischen 5 m bis 30 m, stellenweisebis 40 m. Eine genaue Erhebung der Rückangsflächeaquatischen Schilfs war nichtmöglich, doch lag diese bei keinem der Seenunter 80 % der Gesamtrückgangsfläche(Zeitraum 1958-2003).Mit dem Schilfrückgang geht der Verlustwichtiger Nahrungshabitate sowie Rast-,Brut- und Rückzugsgebiete röhrichtbewohnenderVögel einher, so dass diese spezialisierteAvifauna stark gefährdet ist. Durchfehlende Brutvogel- und Schilfstrukturkartierungenvergangener Jahre für das UntersuchungsgebietBreitlingsee/MöserscherSee, war es nicht möglich, eine Verbindungzwischen der Entwicklung der Avifauna undden Degradationserscheinungen der Röhrichtzonenherzustellen. Demzufolge solltezuzüglich zur Entwicklung der Schilfbeständedie Bedeutung der aktuellen, bestehendenSchilfröhrichte als Lebensraum fürröhrichtbewohnende Vogelarten analysiertwerden. Das Untersuchungsgebiet war dasUfer des Breitlingsee/Möserschen Sees, dasdazu in 7 Uferzonen eingeteilt wurde. DieAbschnittsunterteilung erfolgte in Hinblickauf zusammenhängende Schilfbestände undNutzungseinheiten.Für die Bewertung der Uferzonen wurdendie Leitarten Bartmeise (Panurus biarmicus),Drosselrohrsänger (Acrocephalus arundinaceus),Teichrohrsänger (A. scirpaceus),Rohrschwirl (Locustella luscinoides) undRohrweihe (Circus aerugionusus) ausgewählt,da sie eine spezifische Bindung an denLebensraum Röhricht aufzeigen und einweites Spektrum an unterschiedlichen Strukturendes Schilfs als Lebensraum beanspruchen.In die Charakteristik der Uferzonen, die inder Bewertung mit den Habitatansprüchender Leitarten abgeglichen wurde, flossenAbb. 5Flächenmäßige Veränderung der Röhrichtbestände im Untersuchungsgebiet


FRANZISKA DÖRING, FRANZISKA HÖLZEL: DOKUMENTATION DER ENTWICKLUNG VON SCHILFRÖHRICHTEN AN SEEN DER STADT BRANDENBURG 125Tabelle 2: Ergebnisse der aktuellen Zustandserfassung der Uferabschnitte Breitlingsee/Möserscher SeeUferzone / Schilfstruktur, Schwimmblatt- StörfaktorenAufnahmeflächen Bestandsausdehnung vegetation(H = Halme)tiefe (40-80 m), vitale, starkhalmigeHäfen, Schneisen,Nordwest(120 H/m²) Bestände; großflächig Sammelsteganlage,durchschnittl. Höhe: 2,0-3,0 m; vorhanden Wanderwege,südlich leichte Randauflösungbebautes Hinterlandinhomogene Bestände, wechselndeVielzahl an Einzel-Tiefen/Strukturen/Schichtigkeit; vereinzelt stegen, Sammelsteg-West durchschnittl. Höhe 1,70-3,50 m; großflächig anlagen, Schneisen,streckenweise Auflösung des see- vorhanden Strände, aktiverseitigen SchilfrandsBootsverkehr, dichtbebautes Hinterlandschmale Bestände, starke Knickschicht großflächig Sammelsteganlage,Süd (100 H/m²); keine einheitliche Be- vorhanden Anlegestellen,standsgrenze; SchilfstoppelfelderSchneisen,WanderwegBestand relativ vital, Wechsel vonvereinzeltGränert hoher bis geringer Deckung, Dichte u. kleinflächig kleiner StrandKnickschichtanteil; wasserseits buchtiger vorgelagert AnkerplatzRandüberwiegend vitale, homogene, hoheVielzahl vereinzelterBuckau/ (2,5-3,5 m), dichte(96 H/m²) Bestände, kleinflächig Schneisen,Camping Malge / doch auch in Auflösung befindliche vorhanden Campingplatz,Bereiche anzutreffenaktiver Bootsverkehrkleinflächige Bereiche mit extremVielzahl an Boots-Malge geschädigtem Schilf bestanden, Halm- nicht liege/Campingdichtegering, Stoppelfelder vorhanden plätzen, Restaurants,Stegentiefer (20-140 m) Schilfgürtel mitkleiner Strand,stellenweise vitalen, äußerst dichten, nicht Radwanderweg inOst zweischichtigen Bereichen, doch große vorhanden 80-100 mTeilbereiche d. Schilffront stark ge-Entfernungschädigt und buchtig; seeseitig Stoppelfeldervorgelagertdie Struktur der Schilfbestände, die Bestandsausdehnung,das Vorkommen vonSchwimmblattvegetation und potentielleStörfaktoren der Uferzonen ein. NachfolgendeTabelle (Tab. 2) gibt einen Überblicküber die Ergebnisse der aktuellen Zustandserfassungder Uferzonen, die aus Luftbildinterpretationund Begehungen hervorgingen.Des Weiteren wurden die in den Uferabschnittenvorkommenden RöhrichtbeständeSchädigungsklassen zugeordnet (vgl. Abb. 4).Klasse I (ungeschädigt bis schwach geschädigt)• Nordwestufer• Westufer (streckenweise)• Ecke Westufer• Buckau/Camping Malge bis zum Beginndes Campingplatzes• Ostufer (streckenweise)Klasse II (deutlich geschädigt bis stark geschädigt)• Westufer• Gränert• Camping Malge bis Strand• OstuferKlasse III (extrem geschädigt)• Westufer Kanu-Verein• kurze Teilabschnitte des Südufers• MalgeEin Abgleich der aufgenommenen Schwimmblattzonenvon Begehungen 2006 und interpretiertenSchwimmblattzonen aus den Colorinfrarot-Luftbildernvon 1991 ergab, dassvon 1991 zu 2006 kaum eine Veränderungstatt fand. Ein auf dem Luftbild von 1991 interpretierterBereich am Ostufer war bei derwasserseitigen Aufnahme 2006 nicht mehrzu erfassen. An 2 Bereichen des Westuferssowie westlich und östlich der Buckaumündungkonnten neue Schwimmblattzonen erfasstwerden.4 DiskussionVon 1958 bis 2003 betrug der Röhrichtrückgangaller untersuchten Abschnitte der dreiSeen im Untersuchungsgebiet rund 40 %.Der Rückgang von aquatischem Schilf istdurch bereits beschriebene Faktoren verfälschtund real eher höher anzusiedeln.Alle in der Literatur beschriebenen möglichenRückgangsfaktoren, wie die Einflüssevon Tieren und Pflanzen, der Einfluss derGrundwasserförderung, von Schilfmahd aufVitalität von Röhrichtbeständen, der Einflussvon Schwemmgut, Veränderungen desNährstoffhaushaltes und deren Wirkungenauf die Röhrichtbestände konnten nicht analysiertwerden, da keine detaillierten Datenvorlagen.Der Wellenschlag verursacht durch Bootsverkehr,konnte nur indirekt über die sichverändernde Anzahl an Steganlagen eingeschätztwerden, da auch hier das vorliegendeDatenmaterial nur für den Zeitraum von1995-2002 vorlag, was ungefähr dem letztenVergleichszeitraum der Untersuchungentspricht. Ein rückgängiger Trend ist für denGüterschiffverkehr zu erkennen; für Sportbootund Fahrgastschifffahrt zeigt sich einzunehmender Trend.Der Versuch, die landseitige Schilfgrenze fürjedes Jahr zu vergleichen war nicht durchgängigmöglich, da z.B. auf den frühen Aufnahmenzu erkennen ist, dass die Beständeteilweise bis ans Ufer gemäht wurden. DieseNutzung unterblieb in späteren Jahren unddie Bestände konnten wieder als ein Schilfbestandgleicher Höhe interpretiert werden.In diesem Fall wäre dies aber nicht als Zuwachsdes Bestandes auszulegen. Auch bestehtdie Möglichkeit, dass es sich bei denüberschwemmten Bereichen um Feuchtwiesenhandelt.Die Zerstörung von Röhricht durch Anlegenoder Freihalten von Badestellen hatte im Untersuchungsgebietkaum Einfluss auf die Bestände.Im Bereich der Malge (Breitlingsee/MöserscherSee) nur gering an zweiBadestellen. Am Großen Wendsee warebenfalls nur ein geringer Verlust von Röhrichtflächeam nordöstlichen Ufer festzustellen.An allen Seen waren zwar zahlreichekleine Schneisen im Schilfgürtel auf denLuftbildern aller Jahrgänge zu erkennen, jedochist nach dem Vergleich der darauf folgendenLuftbilder ein Zuwachsen derSchneisen bei Nichtnutzung zu ersehen.Der Einfluss von Anlegestellen hingegen istdeutlich sichtbar. Besonders in den UntersuchungsabschnittenBreitlingsee/MöserscherSee auf Höhe Kirchmöser, WusterwitzerSee auf Höhe der alten Werft und amGroßen Wendsee - Ostufer, verursachte dieZunahme von Einzelsteganlagen, Ankerplätzenim Schilfgürtel aber auch Sportboothäfenund größere Sammelsteganlagenenorme Schäden an den ehemals sehr breitenund homogenen Beständen. Deren kontinuierlicheFragmentierung sowie die Auflösungin Einzelhalmbestände undStoppelfelder sind eindeutig dieser Ursache,aber auch dem zunehmenden Bootstourismuszuzuordnen.Eine Verbindung zwischen Schäden an denSchilfbeständen und Eishebung oder Senkungist für das Untersuchungsgebiet nichtherzustellen. Dazu wäre Luftbildmaterial vonaufeinanderfolgenden Jahren zum Vergleichnötig. Zu bemerken ist, dass in den Zeiträumenmit den meisten Hebungs- und Senkungsvorgängenauch die höchsten Rückgangsratender Schilfbestände pro Jahrliegen.Inwieweit sich erhöhte Wasserstände vor1958 auf die Schilfbestände auswirkten,kann nicht beurteilt werden, da fehlendesLuftbildmaterial einen genauen Flächenab-Abb. 6Einfluss von Anlegestellen in aquatischemSchilf


126 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>gleich vor und nach einem Hochwasser nichtermöglichten. Die größten Flächenverlustevon insgesamt 45 % lassen sich in den Zeitraumvon 1958 bis 1985 zurückdatieren. Indiesen 27 Jahren lag der Pegelstand in derwachstumsrelevanten Zeit (April-Juli) für 28Monate über der Mittelwasserlinie (Januar-Dezember), davon vierzehn Monate extremerhöht zwischen 70 cm und 115 cm über derMWL (Mittelwasserlinie). Die erhöhtenWasserstände der Jahre 1958, 1961 und1962 sollten, da nicht aufeinanderfolgendund in extremen Maße vorliegend, den Bestandnicht sonderlich beeinflusst haben.Gleiches gilt für die Wasserstände der Jahre1986-1988 und 1994. Besonders schädigendkönnten sich zwei Perioden von erhöhtenWasserständen in aufeinanderfolgendenJahren ausgewirkt haben, deren Verlauf undDauer werden folgend beschrieben.Ab dem Jahr 1965 war der Bestand in jedemder nachfolgenden fünf Jahre erhöhtenWasserständen, zwischen 38 cm und 120 cmüber der MWL, in der Wachstumsphase ausgesetzt.In vier Jahren dieser Periode wurdeder Mittelwasserstand erst wieder im Juni erreicht.Ab 1979 begann erneut eine Periodehoher Wasserstände in der wachstumsrelevantenZeit. Für fünf Jahre war der Wasserstandstets erst wieder im Juni erreicht undschwankte zwischen 35 cm und 115 cm überder MWL.Einzeln betrachtet dürften die erhöhtenWasserstände der Jahre 1967, 1968 und1982 keine großen Schädigungen bewirkthaben, da der Pegel bereits im April wiederfiel und im Mai den Mittelwasserstand erreichte.Jedoch macht die Dauer dieser zweiPerioden mit erhöhten Wasserständen, sowiederen Ausmaße von bis zu 120 cm überder MWL eine Schwächung der Beständesehr wahrscheinlich, und kann somit sicherlichals eine der Ursachen des Rückgangs bis1985 betrachtet werden.Die Halme mussten, bezogen auf den Mittelwasserstand,zeitweise annährend diedoppelte Wuchsleistung vollbringen. Die heranwachsendenSchilfhalme verbrauchen erheblichmehr Nährstoffe um an die Wasseroberflächezu gelangen. Durch diese Aufzehrungder Nährstoffvorräte im Rhizomkommt es zu einer Schwächung des Bestandes.Ähnlich wie beim Faktor der EishebungundSenkungsvorgänge ist im ersten Vergleichszeitraum,mit der höchsten jahresdurchschnittlichenRückgangsrate auch, hierder Anteil der Aufwuchsmonate mit erhöhtemWasserstand mit 37,7 % (entspricht 26von 69 Monaten in Aufwuchsphase) amhöchsten.Zur Wertung der Uferzonen wurde die aktuelleAusstattung jedes einzelnen Abschnittsmit den Lebensraumansprüchen der ausgewähltenLeitarten abgeglichen. Dabei warenvor allem Vorhandensein und Qualität derVertikal- und Horizontalstrukturen derSchilfbestände bedeutsame Kriterien. PotenzielleStörfaktoren wie Steganlagen,Schneisen, Badestellen und Hinterlandnutzungenwurden dem Luftbildmaterialentnommen, anschließend mit der Fluchtdistanzder einzelnen Vogelarten in Zusammenhanggebracht und flossen so mit in dieBewertung der Uferzonen ein. Die potenziellenLebensräume der röhrichtbewohnendenVögel wurden kartographisch dargestellt.Nachstehende Tabelle (Tab. 3) zeigt die Bewertungder Uferzonen als potentiellen Lebensraumfür die ausgewählten Leitartenauf. Ebenso wird kurz auf Maßnahmen zumSchutz, Wiederherstellung oder Entwicklungder Schilfbestände eingegangen, die als eineGrundlage für die Maßnahmenplanung derUnteren Naturschutzbehörde der Stadt<strong>Brandenburg</strong> an der Havel dienen kann.Folglich wurde ermittelt, dass die UferzoneGränert allen ausgewählten Arten nahezuoptimale Bedingungen bietet, da die dortvorhandene Strukturvielfalt den größten Teilder benötigten Habitatansprüche abdeckt.So kann im gesamten Untersuchungsgebietfür die Bartmeise einzig in dieser Uferzone,unter Mitnutzung/Einbeziehung des angrenzendenUferabschnitts Süd, ein potenziellesBruthabitat vorgefunden werden,Tabelle 3: Bewertung der UferzonenBedeutung Uferzone Schädigungs- Optimale Bedingungen Maßnahmenklassefür folgende Artenhoch Gränert Klasse II Rohrweihe, Teichrohrsänger, AnkerverbotDrosselrohrsänger, Rohrschwirl,Bartmeisemittel Nordwest Klasse I Rohrweihe, Teichrohrsänger, AnkerverbotDrosselrohrsänger, Rohrschwirlmittel Buckau/ Klasse I Rohrweihe, Teichrohrsänger, AnkerverbotCamping Klasse II Drosselrohrsänger, RohrschwirlMalgemittel Ost Klasse II Rohrweihe, Teichrohrsänger, -Klasse I Drosselrohrsänger, Rohrschwirl(teilweise)gering West Klasse II-III Teichrohrsänger, Stegrückbau,DrosselrohrsängerKonzentration aufSammel-Steganlagegering Süd Klasse II, Rohrschwirl Ankerverbot,Klasse IIIKonzentration aufSammel-Steganlagegering Malge Klasse III - Konzentration aufAnlegestellen derMarina Malgedass den erforderlichen Raumbedarf nahezudeckt.In den Uferzonen Buckau/Camping Malge,Nordwest und Ost zeigen die vorhandenenvitalen und homogenen Schilfbestände nebenhoher Dichte und Starkhalmigkeit geringeDegradationserscheinungen. Überdiesliegen nur wenige Anlegestellen und Schneisenin den Uferbereichen vor.In der Uferzone West ist der Schilfgürtel stellenweisestark fragmentiert und bietet so nurrelativ kleinflächig buchtenreiche Schilfbestände.Für die nächsten Jahre ist hier mit einerweiteren Degradation der Bestände zurechnen, die sich momentan in einer beginnendenBultenbildung auf Höhe des Rundbausäußert. Diesem Trend könnte man miteinem Rückbau von Einzelstegen entgegenwirken.Somit würde durch die Konzentrationauf vorhandene Sammelsteganlagen,eine Entlastung der geschädigten Schilfbeständeerzielt werden können.In der Uferzone Malge konnten keine potenziellenHabitate für die untersuchten Artenvorgefunden werden. Die dort wasserseitig,wie auch landseitig stark touristisch frequentiertenUferabschnitte weisen stark geschädigteRöhrichtbereiche auf. Eine Unterlassungbzw. Einschränkung der Nutzunganzustreben wird nicht empfohlen, da durchdie aktuelle Nutzungsintensität dieses Bereicheseine Entlastung angrenzender, ökologischwertvoller Röhrichtbereiche stattfindet.LiteraturGROSSER, S.; POHL, W. & MELZER, A. (Hrsg. Bayer.<strong>Land</strong>esamt Umweltschutz) 1997: Untersuchung desSchilfrückgangs an bayrischen Seen. Forschungsprojektdes Bayerischen Staatsministeriums für<strong>Land</strong>esentwicklung und Umweltfragen. Schr.-R. 141.139 S.KOHL, J.-G.; KÜHL, H.; KOPPITZ, H.; HENZE, R. & WOITKE,P. 1996: Ökosysteme in Gefahr ? Die Schilfgürtel derSeen. Humboldt-Spektr. 2: 18-23ROTHMALER, W.1999: Exkursionsflora von Deutschland,Band 2, Jena G.Fischer Verl. 639 S.SUKOPP, H. & KRAUSS, M. 1990: Ökologie, Gefährdungund Schutz von Röhrichtpflanzen. Ergebnisse einesWorkshops in Berlin (West) 13.-15.10.1988.<strong>Land</strong>schaftsentw. Umweltforsch., Schr.-R. FB <strong>Land</strong>schaftsentwickl.Techn. Univ. Berlin 71. 245 S.SUKOPP, H. & MARKSTEIN, B. 1989: Die Vegetation derBerliner Havel. Bestandsveränderungen 1962-1987.Schr.-R. FB <strong>Land</strong>schaftsentw. Techn. Univ. Berlin. 64,128 S.Anschriften der Verfasserinnen:Dipl.-Ing. Franziska DöringKöthener Chaussee 8906385 AkenE-Mail: bronko93@freenet.deDipl.-Ing. Franziska HölzelGärtnereiweg 1339240 Calbe/SaaleE-Mail: FranziskaHoelzel@gmx.net


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong> 127KLEINE BEITRÄGEVERA LUTHARDT, KATRIN HAGGENMÜLLER, SUSANNE FRIEDRICH, OLIVER BRAUNER, CHRISTIAN HOFFMANN10 Jahre Ökosystemare Umweltbeobachtung in <strong>Brandenburg</strong>Schlagwörter: Dauerbeobachtung, Monitoring, Datenbank, Umweltberichterstattung1 EinleitungDie Ökosystemare Umweltbeobachtung(ÖUB) in <strong>Brandenburg</strong> begeht in diesem Jahrihr 10-jähriges Bestehen. Seit 1997 wird inden drei Biosphärenreservaten Schorfheide-Chorin, Spreewald und Flusslandschaft Elbedas Projekt in die Praxis umgesetzt.Aus diesem Anlass wird kurz über den aktuellenStand und die Ergebnisse dieses Projektesinformiert und ein Ausblick gegeben.2 RückblickDie Konferenz der Vereinten Nationen überUmwelt und Entwicklung, auch bekannt alsEarth Summit, setzte 1992 in Rio de Janeiroeinen Meilenstein für den ganzheitlichenUmweltschutz. Der daraus entstandeneÖkosystemare Ansatz (Ecosystem Approach)gilt als komprimierte Version der Konventionund als neuer ideeller Leitfaden fürden Naturschutz. Entscheidend hierbei istder Schritt von der sektoralen zur ganzheitlichenoder ökosystemaren Betrachtungsweise.Nicht mehr das Auftreten einzelnerArten allein ist von Bedeutung, sondern dieErhaltung ganzer Funktionen eines Ökosystems.Seitdem rückt auch der Mensch stärker inden Mittelpunkt des Konzeptes – wie kannman die natürlichen Funktionen aufrechterhaltenund gleichzeitig Nutzungsformen desMenschen in sozialer und ökonomischerHinsicht ins Gesamtkonzept einbinden? Vordiesem Hintergrund bieten Biosphärenreservatedie herausragende Möglichkeit, diesbezüglicheFragestellungen zu erforschen undzu erproben. Ein dafür wichtiges Instrumentstellt die Ökosystemare Umweltbeobachtung(ÖUB) dar.Das Projekt zur ÖUB in <strong>Brandenburg</strong> startetevor zehn Jahren in den GroßschutzgebietenSchorfheide-Chorin und Spreewald. Die Methodekonnte auf das BiosphärenreservatFlusslandschaft Elbe übertragen werden, alses im Jahr 1998 durch die UNESCO anerkanntwurde. Initiator und Financier desVorhabens ist das <strong>Land</strong>esumweltamt <strong>Brandenburg</strong>(damals <strong>Land</strong>esanstalt für Großschutzgebiete).Es erteilte 1997 der FachhochschuleEberswalde zusammen mitweiteren Fachleuten und -institutionen denAuftrag zur Erarbeitung eines Konzeptesfür die Ökosystemare Umweltbeobachtung.Die Leistung beinhaltete eine herausforderndeZielstellung: Mit eng begrenztemZeit- und Mitteleinsatz sollten die wichtigstenÖkosystemgruppen in topischer Dimension(also einzelflächenbezogen) klassifiziertund dokumentiert, die wichtigsten TypenAbb. 1Vegetationstransekt inder Großen Mooskuteim Biosphärenreservat(BR) Schorfheide Chorin– diese Methode ermöglichteinen räumlichenÜberblick überdie Anordnung der VegetationsausbildungenFoto: O. Braunernach nachvollziehbaren Kriterien ausgewählt,konkrete Flächen ausgesucht und eingut finanzierbares Beobachtungsprogrammüber alle Ökosystemkompartimente hinweginstalliert werden, um daraus Entscheidungshilfenfür die Beibehaltung bzw. Änderungspezifischer Nutzungs- und naturschutzfachlicherStrategien abzuleiten.3 Ziele und MethodikÜbergeordnetes Ziel der Umweltbeobachtungist die langfristige Erfassung, Dokumentationund Bewertung der regionaltypischenEntwicklung verschiedener Ökosysteme(Details siehe Kasten). Das hierfürentwickelte Konzept kann generell auch aufandere Großschutzgebiete übertragen werden.Charakteristisch dabei ist, dass es voneinem ganzheitlichen Ansatz geprägt ist. Somitwerden eine Vielzahl von relevantenabiotischen und biotischen Parametern sowieder Mensch mit seinen <strong>Land</strong>nutzungsformeneinbezogen und in ihren Wechselbeziehungenbetrachtet.Um ökologische Prozesse und Funktionenmessbar zu machen, werden bei den terrestrischenÖkosystemgruppen die KompartimenteWasser (Grund- und Oberflächenwasser),Boden, Vegetation und Fauna anhandausgewählter Parameter mit hoher Zeigerkraftuntersucht und durch die Analyseder äußeren Einflüsse, wie Klima, Immissionen,Depositionen und anthropogene Einwirkungenergänzt. Dies bildet die Grundlagefür die umfassende Analyse undBewertung.Diese Vorgehensweise wird auf konkretausgewählten Flächen aus den Ökosystemgruppen:Wälder und Forste, Seen, Fließgewässer,Moore, Mineralisches und Moor-Grünland, Acker und Sölle angewandt.Ferner werden die verschiedenen regionalenNutzungstypen einbezogen. Zum Beispielgibt es Untersuchungsgebiete in entwässertenMooren ohne Nutzung, mit Mähoder/undWeidennutzung sowie mit Wiedervernässung.Nach diesem Schema bearbeitetdas Projekt insgesamt 137 Dauerbeobachtungsflächen.Standardisierte Methoden mit hoher Genauigkeitund genauester Beschreibung in einemumfänglichen Methodenkatalog gewährleistenüber die Zeit die Vergleichbarkeit derMesswerte. Sie bleiben somit auch auf langeSicht und für verschiedene Bearbeiter nachvollziehbar.Zur Standardisierung gehörtauch eine genaue Verortung der Messfeldernach standardisiertem Design. So wird zumZiele der Ökosystemaren Umweltbeobachtung:(1) Dokumentation der Ökosystem-Entwicklung Erhalt von Vergleichsdaten naturnaher Ökosysteme Erkenntnisgewinn zur mittel- bis langfristigen Wirkung von verschiedenenNutzungen und Nutzungsintensitäten auf die Ökosysteme(2) Beiträge zur naturschutzfachlichen Bewertung von Flächen(3) Grundlagen für die Erfolgskontrolle von Maßnahmen(4) Ableitung von Strategien für die zukünftige Nutzung bzw. das Management von Ökosystemen(5) Aufbau eines Frühwarnsystem(6) Argumentationshilfen für naturschutzfachliche Entscheidungen(7) Deckung des Informationsbedarfs der Öffentlichkeit über die natürlichen und anthropogenbedingten Veränderungen von Ökosystemen


128 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>Beispiel verhindert, dass eine RegenwurmerfassungDauerbeobachtungsflächen für Vegetationsaufnahmenzerwühlt. Die begleitendeFotodokumentation erleichtert nichtnur die Auswertung, sondern bereichertauch die Dokumentation von Entwicklungenerheblich.Ein unverzichtbares Werkzeug der Umweltbeobachtungstellt eine Datenbank dar, diesämtliche aufgenommenen Messwerte enthältund mittels statistischer Verfahren halbautomatisiertauswerten kann. Die Datenbanksowie ihre halbautomatisierte Analyseunterliegen einer kontinuierlichen Pflegeund Optimierung.Die Messzeitpunkte unterliegen einem festgelegtenTurnus, der sich je nach Relevanzzwischen 1, 3, 6 und 12 Jahren bewegenkann. Alle 3 Jahre werden in einem Berichtdie Ergebnisse ausgewertet und Prognosenerstellt. Der nächste Bericht wird im Jahr2008 veröffentlicht.4 ErgebnisseMomentan wird je nach Beginn des Monitoringdie dritte und vierte Messreihe ausgeführt,so dass nun erste Aussagen zu Trendsgegeben werden können. Im Verlaufe weitererZeitreihen wird der Aussagewert zu Veränderungenstetig zunehmen. Bisher könnenerkennbare Entwicklungen lediglich alsTendenzen dargestellt werden, welche sichzukünftig mit jeder weiteren Messreihe zukonkreten Trends erhärten werden oder sichals kurzfristige Schwankungen entpuppen.Dass es Veränderungen gibt, ist sicher, daAbb. 3Regenwurm-Monitoring auf der FrischweidePauk im BR Spreewald – alle dreiJahre werden die Regenwürmer gezählt undgewogenFoto: O. Braunerauch die Einflussgrößen ständige Veränderungenaufweisen. Vor dem Hintergrund desglobalen Klimawandels gewinnt dieses Projektnoch mehr an Bedeutung, da hier dieEntwicklung konkreter Flächen verschiedenerÖkosystemgruppen detailliert und frühzeitigdokumentiert wird. Ergebnisse undVeröffentlichungen sind auf der Homepagezu finden, die derzeit aktualisiert wird.5 AusblickUm die Möglichkeiten der Datenauswertungfür nationale und internationale Berichtspflichtenbesser auszuschöpfen, werden imRahmen eines Promotionsvorhabens Auswertestrategienuntersucht, die eine einfachereHandhabung der Datenmengen gewährleisten.Anzahl der Untersuchungsflächen in den einzelnen Ökosystemgruppen4030Allgemein fehlt es bislang den erhebendenInstitutionen, zumeist <strong>Land</strong>esbehörden,nicht nur in <strong>Brandenburg</strong> an Kapazitäten.Die Folge ist die Ansammlung immer größererDatenmengen, die aus zeitlichen, personellenund technischen Gründen nicht mehrbearbeitet werden. Nötig sind Auswertestrategien,die eine einfachere Handhabung derDatenmengen gewährleisten und breit einsetzbarsind. Ferner müssen handlungsorientierteMedieninstrumente an den Bedarf angepasstwerden, um die zuständigenBehörden sowie umweltpolitischen Vertreterzu befähigen, Umweltveränderungen in deröffentlichen Diskussion klar darzustellen.Am Beispiel der Daten der ÖUB sollen zeitlicheund räumliche Diskrepanzen durch Auswahlgeeigneter Indikatoren und Parametergemildert werden. Der ökosystemare Charakterder Daten aus der Umweltbeobachtungmit seinen mehreren Zeitreihen mussberücksichtigt werden.Wichtige Werkzeuge hierfür sind multivariateund geostatistische Verfahren, die anausgewählten Beispielen erprobt undschließlich bei der Entwicklung von Entscheidungsbäumen(Decision Support Systems)für bestimmte Fragestellungen einfließen.Zukünftig (ab 2008) werden – fußend aufder dreijährigen Berichterstellung – die Ergebnissezur Ökosystemaren Umweltbeobachtungin den „Berichten des <strong>Land</strong>esumweltamtes”erscheinen.Weiterführende Informationen:LUTHARDT, V. 2005: Lebensräume im Wandel – Berichtzur ökosystemaren Umweltbeobachtung (ÖUB) inden Biosphärenreservaten <strong>Brandenburg</strong>s. Fachbeitr.<strong>Land</strong>esumweltamt Bbg. 94. 188 S.LUTHARDT, V.; BRAUNER, O.; DREGER, F.; FRIEDRICH, S.;GARBE, H.; HIRSCH, A.-K.; KABUS, T.; KRÜGER, G.;MAUERSBERGER, H.; MEISEL, J.; SCHMIDT, D. †; TÄUSCHER,L.; VAHRSON, W.-G.; WITT, B. &; ZEIDLER, M. 2006:Methodenkatalog zum Monitoring - Programm derÖkosystemaren Umweltbeobachtung in denBiosphärenreservaten <strong>Brandenburg</strong>s. 4. akt. Ausg.,Selbstverl. FH-Eberswalde. Teil A 177 S.+ Anhang;Teil B 134 S.+ Anhanghttp://www6.fh-eberswalde.de/lanu/ 3_wissenschaft/projekte/oeub/20100Seen und StillgewässerWälder und ForstenFließgewässerMoore und MoorgraslandMineralisches GraslandAckerFlusslandschaft ElbeSpreewaldSchorfheideAnschrift der Verfasser:Prof. Dr. Vera LuthardtKatrin HaggenmüllerSusanne FriedrichOliver BraunerChristian HoffmannFachhochschule EberswaldeFachbereich <strong>Land</strong>schaftsnutzung und NaturschutzFriedrich-Ebert-Straße 2816225 Eberswalde


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong> 129THOMAS SCHOKNECHT, FRANK ZIMMERMANNZum 40-jährigen Jubiläum zahlreicher Naturschutzgebiete in <strong>Brandenburg</strong>Schlagwort: NaturschutzgebieteIn den 60er Jahren wurde in der DDR begonnen,ein System repräsentativer Naturschutzgebiete(NSG) einzurichten. BesondereBedeutung wurde naturnahenWäldern, aber auch Seen, Mooren und Gebietenmit hervorragender floristischer oderfaunistischer Ausstattung und Funktion imHabitatverbund beigemessen. Im Jahr 1961wurden zunächst 37 im heutigen <strong>Brandenburg</strong>liegende Naturschutzgebiete ausgewiesen.Mit der Anordnung Nr. 3 überNaturschutzgebiete vom 11. September1967 des Vorsitzenden des <strong>Land</strong>wirtschaftsratesder DDR wurden in Durchführungdes § 6 des Naturschutzgesetzes vom4. August 1954 (GBl. S. 695) rund 200 neueNaturschutzgebiete festgesetzt, davon 46in den damaligen brandenburgischen Bezirken.Einen wesentlichen Vorschub für die Ausweisungdieser großen Zahl von Naturschutzgebietengab die Gründung des Institutesfür <strong>Land</strong>schaftsforschung undNaturschutz (ILN) in der damaligen DeutschenAkademie für <strong>Land</strong>wirtschaftswissenschaftender DDR mit mehreren Zweigstellen.So konnten Naturschutzgebiete systematischnach biogeographischen Grundsätzenausgewiesen werden (vgl. HILLE1991). Ziel war es, auf der Grundlage derpotenziell natürlichen Vegetation und dennaturräumlichen Einheiten ein System vonnaturwissenschaftlich begründeten Naturschutzgebietenzu errichten.Einige der 1967 ausgewiesenen Gebieteexistieren heute nicht mehr als NSG, wie das„Hochmoor Stendenitz”, das in ein Flächen-Naturdenkmal umgewandelt wurde oderdas NSG „Fischreiherkolonie”, derenSchutzstatus aufgehoben wurde. Eine ganzeReihe von Gebieten wurde im Laufe derJahre vergrößert und umbenannt oder inneue Naturschutzgebiete integriert, 23 Gebieteexistieren jedoch noch so, wie sie 1967ausgewiesen wurden.NSG 1967 Veränderungen bis <strong>2007</strong>Beerenbusch -Buchwald -Euloer Bruch -FischreiherkoloniegelöschtFliegner TeichKienhorst/Köllnsee/EichheideFresdorfer SeeNuthe-Nieplitz-NiederungFriedersdorfer Tiergarten -Gartzer SchreyNationalpark Untere OderGräninger See -GrenzbergOderhänge MallnowGroße und Kleine JahnbergeJahnbergeGülper See -Häsener Luch -Himmelreich-See -Hochmoor StendenitzUmwandlung in FNDHohe Warte -KarinchenLienewitz-Caputher Seen- und FeuchtgebietsketteKrahner Busch -Kunsterspring -MarstallwieseGroßschauener SeenketteMergelluchFinowtal - PregnitzfließMittelseeLehniner Mittelheide und Quellgebiet der EmsterMoor am Nordufer des Lubowsees LubowseeMoos- oder MorstseeGrumsiner Forst/RedernswaldeOderberge -PinnowseeKienhorst/Köllnsee/EichheidePlanetal -Pontische HängeOderhänge MallnowPrämer Berge -Priesterschlucht -Rabenluch -Rietzer See erweitert 1978Schadewitz -Schwarze Grube -Tauersche EichenPinnower Läuche und Tauersche EichenWanninchen Neue Verordnung 1999Wernsdorfer See -Wischsee -Wollberg und OderbruchrandOderhänge MallnowWummsee und Twernsee -Zeisigberg bei Wuhden -WaldnaturschutzgebieteEinen ersten Schwerpunkt bei der Auswahlvon Naturschutzgebieten bildeten naturnaheWaldgesellschaften. Die standörtlicheVielfalt der <strong>Brandenburg</strong>ischen Bezirke solltein einem Schutzgebietssystem mit naturnahen,der potenziell natürlichen Vegetation(PNV) möglichst nahekommenden Waldgebietenabgebildet werden (GROSSER et al.1967). Hauptaugenmerk wurde damals aufdie unterschiedliche Ausprägung von Buchen-und Eichen-Hainbuchenwäldern gelegt.Daneben waren die Vorkommen eherazonaler Waldgesellschaften wie Erlen- undEschen-Wälder oder Ulmenreicher Hangwälderebenfalls ein Auswahlkriterium. Aberauch kleinflächige Besonderheiten wie dieVorpostenvorkommen von Fichte („Lausit-Abb. 1Bach mit Quellflur im NSG Kunsterspring (18.4.<strong>2007</strong>)Foto: T. Schoknecht


130 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>Abb. 2Schuppenwurz (Lathraea squamaria) im Eichen-Hainbuchenwald des NSG Kunsterspring(18.4.<strong>2007</strong>) Foto: T. Schoknechtzer Tieflandfichte”) und Tanne im Südosten<strong>Brandenburg</strong>s wurden einbezogen.In diesem Kontext stehen die im heutigen<strong>Land</strong>kreis Elbe-Elster gelegenen Naturschutzgebiete„Buchwald”, „FriedersdorferTiergarten” und „Hohe Warte”. Schwerpunktebilden die isolierten ärmeren Buchenwälderder Niederlausitz mit Übergängenzum Kiefern-Buchenwald, Stieleichen-Hainbuchenwäldersowie Erlen-Eschen-Wälder.Im NSG „Schwarze Grube”, im äußerstenSüdosten <strong>Brandenburg</strong>s an der Neiße gelegen,wird ein winterlindenreicher Stieleichen-Hainbuchenwaldmit durch die Lage inder Neißeniederung lokalklimatisch bedingtenVorkommen von Buche, Bergulme,Fichte und vereinzelt auch Weiß-Tanne geschützt.Das Gebiet bildet eine wichtige Ergänzungzum schon 1961 ausgewiesenenNSG „Zerna” mit ähnlicher Ausstattung.Das Vorkommen des Auerhuhns im NSG„Hohe Warte” muss heute als erloschen betrachtetwerden (MÖCKEL 2005). Das Gebietbesitzt jedoch Eignung für künftige Wiederansiedlungsprojekteund beherbergt wertvolleund großflächige naturnahe Waldkomplexe.Das NSG „Beerenbusch” am Rande derSpreeniederung bei Fürstenwalde schützteinen Komplex von Niederungswaldgesellschaftenvom Schwertlilien-Erlenbruchwaldüber Mädesüß-Erlen-Eschenwald, grundwassernahenund grundwasserfernerenStieleichen-Hainbuchenwald bis zumTraubeneichenmischwald. Ähnlich sind dieSchutzziele des NSG „Krahner Busch”, dasin der gleichen naturräumlichen Einheit,dem Baruther Urstromtal liegt. Hier gehtes um den Erhalt von Schuppenwurz-Stieleichen-Hainbuchenwald, Erlen-Eschen-Wald und Schwertlilien-Erlen-Bruchwald.In Ostbrandenburg gibt es noch kleinere Relikteehemals weit verbreiteter Kiefern-Traubeneichen-Wälder,deren Standorte heuteweitestgehend durch Kiefernforste bedecktsind. Das NSG „Tauersche Eichen” schützteinen solchen gut ausgeprägten Rest naturnaherBestockung.Im Norden <strong>Brandenburg</strong>s wurden mit derAnordnung von 1967 das NSG „Wummseeund Twernsee” zur Erhaltung und Wiederherstellungvon naturnahen Traubeneichen-Buchen-Kiefernwäldern und das NSG„Kunsterspring” mit seinen Quellfluren undQuellwäldern sowie Schattenblumen-Eichen-und Perlgras-Eichen-Buchen-Waldgesellschaftenausgewiesen.Im NSG „Gartzer Schrey” im Unteren Odertalwaren Komplexe naturnaher Laubwaldgesellschaftenaus Hainbuchen-Linden-,Schwalbenwurz-Eichen-, Buchen-Traubeneichen-,subkontinentalem Ulmenhangwaldund in Senken Erlenbruch und Eschenwaldausschlaggebend für die Sicherung.Moor- und GewässerschutzgebieteEin zweiter Ausweisungsschwerpunkt lagauf Mooren, Fließgewässern und Seenmit teilweise besonderem avifaunistischenAspekt. Bei dem NSG „Kunsterspring” in derRuppiner Schweiz stand neben den reichstrukturierten Waldbereichen die Erhaltungund Pflege quell- und mäanderreichen Fließgewässerim Vordergrund. Von besondererBedeutung ist dabei die Kochquelle amOberlauf der Kunster, die den in <strong>Brandenburg</strong>sehr seltenen Typ einer Tümpelquellerepräsentiert. Nicht weniger bemerkenswertsind die für Tieflandverhältnisse stark schüttenden,durch rückschreitende Erosion in dieangrenzenden Hangbereiche entstandenenQuellkessel mit hervorragend ausgeprägtenSickerquellen.Im NSG „Planetal” im Hohen Fläming warender naturnah mäandrierende Bachlaufhöchster Wassergüte sowie die gut ausgeprägtenQuell- und Gehängemoore an denTalflanken sowie das gleichzeitige Vorkommensubmontan-montaner Komponentender Tier- und Planzenwelt Grund für die Ausweisung.Wummsee und Twernsee sind zwei Klarwasserseenan der Grenze <strong>Brandenburg</strong>s zuMecklenburg/Strelitz mit sehr reicher Crustaceae-Fauna.Das Gebiet hat zudem faunistischeBedeutung als Lebensraum von Fischadler,Seeadler, Kranich und Schellente.Abb. 3Der mesotrophe Wummsee gehört zu den saubersten Seen <strong>Brandenburg</strong>s (Juni 2004)Foto: F. Zimmermann


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong> 131Weitere Gebiete, die alle im westlichen undmittleren <strong>Brandenburg</strong> liegen, haben alsSchutzziele eutrophe Seen, deren Verlandungsgesellschaftenund vor allem die dortlebende Avifauna. Das NSG „GräningerSee” ist mit seinen Krebsscherenteppichen,Röhrichten und Großseggenrieden, Faulbaum-Weidengebüschenund Erlenbrüchenbedeutsamer Nahrungs- und Bruthabitat fürzahlreiche existenzgefährdete Sumpf- undWasservogelarten. Die wassergefüllten ehemaligenMergelgruben im Gebiet „FliegnerTeich” am Südwestende des Werbellin wurdenseinerzeit vorrangig für den Biber gesichert.Die Nutzung des Gebietes durch denBiber ist heute einer hohen Fluktuation unterworfen.Angesichts der stabilen Biberpopulationim weiteren Umfeld und durch dieEinbeziehung in das große NSG „Kienhorst/Köllnsee/Eichheide”führt dieser Umstandaber nicht zu einer Entwertung desGebietes.Abb. 6Frühlings-Adonisröschen (Adonis vernalis) in den Oderbergen bei Lebus (30.3.<strong>2007</strong>)Foto: F. ZimmermannAbb. 4Mesotroph-saure Schwingmoorverlandungkennzeichnet die Randbereiche des Himmelreichsees(Juni 2000)Foto: F. ZimmermannAbb. 5Frühjahrsaspekt am Grenzberg bei Libbenichen(NSG Oderhänge Mallnow) (29.4.2005)Foto: F. ZimmermannIm NSG „Wischsee” bei Prenden wird eineutropher Moorkomplex als Brut- Streif- undJagdgebiet für Kranich Schwarzstorch, Graureiherund Mäusebussard erhalten.Gülper See bei Rhinow und Rietzer See südöstlichvon <strong>Brandenburg</strong> sind auch gegenwärtignoch zwei unserer hochwertigstenVogelschutzgebiete. Mit ihren ausgedehntenRöhrichten beherbergen sie zahlreicheSchilfbrüterarten wie Große Rohrdommel,Blaukehlchen, Bartmeise, Rohrsänger undSchwirle. Darüber hinaus sind die nährstoffreichenFlachseen bedeutende Rastgebietefür durchziehende Entenarten, Saat- undBlässgänse.Naturschutzgebiete der Trocken- und HalbtrockenrasenEin dritter Ausweisungsschwerpunkt lag aufGebieten mit bedeutenden (sub)kontinentalgetönten Trocken- und Halbtrockenrasen anden Abhängen des Odertals sowie Vorpostenvorkommenim Havelland. Dazu gehörtmit dem NSG „Oderberge” eines der bedeutendstenNaturschutzgebiete <strong>Brandenburg</strong>s.Bereits 1921 war ein kleiner Teil der Oderbergeunmittelbar am Stadtrand von Lebusunter der späteren Bezeichnung „PontischeHänge von Lebus a. d. O.” als Naturschutzgebietausgewiesen worden, womit es sichnach dem Plagefenn im heutigen BiosphärenreservatSchorfheide-Chorin, das bereits1907 zunächst als Naturdenkmal unterSchutz gestellt wurde, um das zweitältesteNaturschutzobjekt <strong>Brandenburg</strong>s handelt(ZIMMERMANN & FASOLD 2001).Bestandteil der Anordnung von 1967 warenauch weitere wichtige Trockenrasen-Schutzgebietezwischen Lebus und Seelow. So wurdendie „Priesterschlucht” und der „Zeisigbergbei Wuhden” als eigenständigeNaturschutzgebiete ausgewiesen. Die ebenfallsmit dieser Anordung gesicherten NSG„Pontische Hänge”, „Grenzberg” sowie„Wollberg und Oderbruchrand” wurden mitweiteren wertvollen Flächen im Jahr 2003 imneuen NSG „Oderhänge Mallnow” zusammengefasst.Die genannten Schutzgebiete beherbergendie bedeutendsten Vorkommen xerothermerSteppen- und Halbtrockenrasenvegetation<strong>Brandenburg</strong>s. Dies drückt sich im gehäuftenVorkommen von Arten derkontinentalen und mediterran-kontinentalenFlorengebiete aus. Hierzu gehören nebendem Frühlings-Adonisröschen (Adonisvernalis) unter anderem Pfriemengras (Stipacapillata), Goldhaaraster (Aster linosyris)und Wiesen-Kuhschelle (Pulsatilla pratensisssp. nigricans). Letztere hat im NSG Oderbergeihr derzeit größtes brandenburgischesVorkommen. Die für den Schutz maßgeblichenPflanzengesellschaften in den genanntenGebieten sind Haargras-Steppenrasenund der Adonisröschen-Fiederzwenkenrasen.Aber auch Sandtrockenrasen, thermophileSaumgesellschaften, wärmeliebendeGebüsche und Traubeneichen-Mischwälderkommen hier vor. Interessante Vergleichezur Vegetationsentwicklung über 40 Jahrehinweg verdeutlichen, dass intensivePflege- und Entwicklungsmaßnahmen fürdie Erhaltung der wertvollen Pflanzengemeinschaftenund der daran gebundenenFauna erforderlich sind. Seit einigen Jahrenerfolgt in diesen Gebieten wieder eine extensiveBeweidung mit Schafen und Ziegenzur Simulation der historischen Nutzung undZurückdrängung der aufgewachsenen Gebüsche.Westliche Vorpostenvorkommen der kontinentalenTrocken- und Halbtrockenrasenim Havelland repräsentieren die NSG„Große und Kleine Jahnberge” bei Pauli-


132 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>nenaue und „Prämer Berge” bei Friesackmit Reliktvorkommen der Wiesen-Kuhschelle.Schutzgebiete nährstoffarmer MooreEinen weiteren Unterschutzstellungsschwerpunktbildeten Pflanzengesellschaften dernährstoffarmen, mesotroph-sauren und basenreichenMoore. Das NSG „Mittelsee” beiLehnin diente der Erhaltung eines kleinen, inVerlandung befindlichen Sees mit Schwimmblattgesellschaftenund teilweise kalkliebenderFlachmoorgesellschaften wie dem Binsenschneiden-Riedund der Gesellschaft derArmblütigen Sumpfbinse sowie der umgebendenMoorvegetation aus SteifseggenundFadenseggenried. Von besonderer Bedeutungist in diesem Zusammenhang dasNSG „Himmelreichsee” bei Zechlin mit bis indie heutige Zeit weitgehend intaktem Wasserhaushaltund sehr gut erhaltenen mesotrophenSchwingmoor-Verlandungszonen.Diese beherbergen verschiedene borealeFlorenelemente, unter denen der LangblättrigeSonnentau (Drosera anglica) besondershervorzuheben ist. Ähnlichen Charakter hatdas heute in einem größeren Schutzgebietaufgegangene NSG „Moos- oder Morstsee”im Choriner Endmoränenbogen. Das späterin ein FND umgewandelte „Hochmoor Stendenitz”stellt eigentlich einen in mesotrophsauererWiederverlandung begriffenen, ehemaligenTorfstich dar und weist auch derzeitpartiell entsprechende Pflanzengesellschaftenauf.Andere ehemals sehr wertvolle Moorgebietesind mittlerweile aufgrund von Entwässerungund anderen negativen Beeinträchtigungenstark in Mitleidenschaftgezogen worden. Das NSG „Rabenluch”bei Biesenthal wird heute von stark entwässertenRelikten des Sumpfporst-Kiefernwaldeseingenommen. Auch das NSG „Karinchen”bei Ferch hat seinen Charakter alshalboffenes, mesotrophes Zwischenmoorweitgehend verloren. Das NSG „Moor amNordufer des Lubowsees” zeichnete sich zurZeit der Unterschutzstellung durch das Nebeneinandervon Pflanzengesellschaften dermesotroph-sauren Moore und basiphilenMoorgesellschaften aus. Besonders bemerkenswertwaren die heute dort nicht mehrexistierenden Vorkommen der in <strong>Brandenburg</strong>akut vom Austerben bedrohtenWeichwurz (Hammarbya paludosa) und desGlanzkrautes (Liparis loeselii). LetztgenannteArt hat hingegen in dem mittlerweilein das größere NSG „Finowtal-Pregnitzfließ”integrierten ehemaligen NSG „Mergelluch”noch einen recht guten Bestand.Das Gebiet zeichnet sich durch das gehäufteVorkommen weiterer Gefäßpflanzen undMoose basen-/kalkreicher Moore aus. Dasauf einer Seeabsenkungsterrasse gelegene,von Kalkmudde unterlagerte Moor istjedoch einer rasanten Gehölzsukzession unterworfenund konnte nur dank kontinuierlicherund aufopferungsvoller ehrenamtlicherPflegearbeiten bis heute erhaltenwerden. Ähnlichen Charakter hatte auchdas heute in der Nuthe-Nieplitz-Niederungaufgegangene NSG „Fresdorfer See”. FloristischeRaritäten wie Fettkraut (Pinguiculavulgaris) und Draht-Segge (Carex diandra)sind hier jedoch aufgrund von Entwässerungund fortgeschrittener Gehölzsukzessionlängst verschwunden.Vorkommen seltener Kalkflachmoor-Vegetationund artenreicher Pfeifengraswiesensowie eine bemerkenswerte Gewässervegetationmit Wassernuss (Trapa natans) undKrebsschere (Stratiotes aloides) zeichnetenauch das NSG „Wernsdorfer See” aus. AufgrundNutzungsauflassung sind die MoorundWiesenbereiche jedoch heute überwiegendmit Erlen-Bruchwäldern bestockt.Auch die einst reichen Orchideenvorkommenam Ostufer im Grenzbereich zu aufgeschüttetenbasischen Kraftwerks-Aschensind heute fast vollständig verschwunden.Die Bedeutung als wichtiges Brutgebiet seltenerWasser- und Sumpfvögel blieb weitgehenderhalten.Nicht zuletzt dienten alle mit der Sammelanordnungvon 1967 unter Schutz gestelltenGebiete auch dem Schutz bestimmter TierundPflanzenarten, auch wenn dies nicht immerausdrücklich erwähnt wurde.Rückblickend kann man die Unterschutzstellungender 60er Jahre, denen jeweils einewissenschaftlich begründete, systematischeAuswahl zugrunde lag, als einen bedeutsamenSchritt in der Entwicklung des Naturschutzessowohl hinsichtlich des Flächengewinnesals auch bezüglich der zielgerichtetenUmsetzung fachlicher Vorgaben werten.Ähnliche Bedeutung erlangten in <strong>Brandenburg</strong>erst wieder die Ausweisungen derGroßschutzgebiete Anfang der 90er Jahreund die Meldung der Gebiete für das Schutzgebietssystem„Natura 2000” im Zuge derUmsetzung der beiden europäischen Naturschutzrichtlinien(FFH- und Vogelschutzrichtlinie).LiteraturGROSSER, K. H.; FISCHER, W. & MANSIK, K.-H. 1967:Vegetationskundliche Grundlagen für die Erschließungund Pflege eines Systems von Waldreservaten.Naturschutzarbeit in Berlin und <strong>Brandenburg</strong>. Beiheft3. 38 S.HILLE, M. 1991: Schutzgebiete und Flächensicherungin <strong>Brandenburg</strong>. Naturschutzarbeit in Berlin und<strong>Brandenburg</strong> 26: 41-47MÖCKEL, R. 2005: Auerhuhn (Tetrao urgallus) in<strong>Brandenburg</strong> ausgestorben. Otis 13: 67-70ZIMMERMANN, F. & FASOLD, G. 2001: NaturschutzgebietOderberge – 80 Jahre. Natursch. <strong>Land</strong>schaftspfl.Bbg10 (4): 175-177Anschrift der Verfasser:Dr. Thomas SchoknechtDr. Frank Zimmermann<strong>Land</strong>esumweltamt <strong>Brandenburg</strong>Ref. Ö2 Natura 2000/Arten- und BiotopschutzSeeburger Chaussee 214476 Potsdam OT Groß GlienickeGEDANKEN - IDEEN - ERGEBNISSEPotsdamer Naturschutztage – eine neue Diskussionsplattform zurErörterung aktueller Naturschutzfragen in der <strong>Land</strong>eshauptstadtAuf Anregung des Naturschutzbeirates beider unteren Naturschutzbehörde der <strong>Land</strong>eshauptstadtPotsdam fand am 22. September<strong>2007</strong> im Haus der Natur in der Lindenstraßeder 1. Potsdamer Naturschutztagstatt. Die Veranstaltung, die von OberbürgermeisterJann Jakobs eröffnet wurde,stand unter dem Motto „Havel-Silber –Wasser und Naturschutz in Potsdam”. Zieldes Naturschutztages war es, die besondereVerantwortung aller Akteure im PotsdamerStadtgebiet für den Erhalt und die Entwicklungdes Lebensraumes Wasser zu verdeutlichen.Dabei fanden die hochkarätigenVorträge ortskundiger Fachleute am Vormittagreges Interesse, was sich in den anschließendenDiskussionen zeigte. Das Eingangsreferathielt Dr. Frank Zimmermannvom <strong>Land</strong>esumweltamt <strong>Brandenburg</strong> zurEinordnung der Potsdamer Gewässer undFeuchtgebiete in den landesweiten und europäischenKontext. Im Vordergrund standdabei die anschauliche Darstellung der füreine Großstadt ansehnlichen FFH-relevantenFeuchtgebietskulisse zwischen FerbitzerBruch im Norden und Golmer Luch imSüdwesten der Stadt. Nachmittags bot sichden Teilnehmern der Veranstaltung dieMöglichkeit, eine thematische Führungim Naturkundemuseum Potsdam mitRundgang durch das Aquarium zu besuchen.Im Ergebnis der Veranstaltung lassen sich fürdie weitere Naturschutzarbeit in Potsdambezogen auf das Thema Wasser folgendeprioritären Zielstellungen identifizieren:Einerseits geht es um die Sicherung und Entwicklungder Biotopverbundstrukturen imaquatischen Bereich; hier gibt es bereitsein richtungsweisendes Gewässerrenaturierungsprojektin den Drewitzer Nuthewiesen,bei dem es gelang, der kanalisierten Nutheeinen naturnahen Bypass zu legen, wie diesDipl.-Ing. Wolfgang Linder in seinem reichbebilderten Vortrag eindrucksvoll belegenkonnte. Andererseits bedürfen die verstärktzur Degradierung neigenden Niedermoorstandorteeiner besonderen Zuwendung;


NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong> 133LegendeEntfernung im Biotopverbund 25, 50 mGewässerEntfernung im Biotopverbund 50, 100, 250, 500 mRöhrichte /SchwimmblattpflanzenGrünland feuchter StandorteWälder / Gehölzefeuchter StandorteVorkommen ausgewählter TierartenErdkröteWeißstorchBiberKranichdabei müssen neben den veränderten Klimabedingungeninsbesondere Optimierungsmöglichkeiten,bezogen auf die Wasserhaltungin den Poldern sowie auf die(angepasste) landwirtschaftliche Nutzungder Niedermoorflächen, Beachtung finden.Wie dem Referat von Dr. Matthias Kühlingzu entnehmen war, werden in Zusammenarbeitmit dem zuständigen Wasser- undBodenverband und der Universität Potsdamhinsichtlich der Niedermoorflächen westlichder Wublitz im Ortsteil Uetz-Paaren bereitsentsprechende Anstrengungen zumAbgleich der landwirtschaftlichen und naturschutzfachlichenInteressen auf der Grundlagewissenschaftlich fundierter Untersuchungenunternommen. Diesen Weg gilt es– auch vor dem Hintergrund der klimarelevantenCO 2 -Bindung organogener Böden –konsequent für alle Niedermoorflächen imStadtgebiet zu beschreiten.Bei der Auswertung des 1. Potsdamer Naturschutztageszeigten sich alle Beteiligten sehrzufrieden über den Verlauf und das positiveEcho der Veranstaltung. Dr. Rüdiger Knösche,stellvertretender Vorsitzender des Naturschutzbeirates,der in seinem Fachvortragdas „Tafelsilber” des Naturschutzes, bezogenauf die Gewässer und Feuchtgebiete imPotsdamer Stadtgebiet, näher darstellte, äußerteden Wunsch nach einer regelmäßigenDurchführung von Naturschutztagen alsPlattform für die Diskussion aktueller, dasStadtgebiet betreffender naturschutzfachlicherFragen. Die Verwaltung begrüßt dieEtablierung eines solchen Forums ausdrücklichund wird dies fördern. Vorerst wird einjährlicher Turnus angestrebt, wobei der Naturschutztagneben anspruchsvollen Fachvorträgenund Diskussionen stets auch einebreitenwirksame Rahmenveranstaltung beinhaltensoll.Anschrift des Verfassers:Bernhard KneidingStadtverwaltung PotsdamBereich Umwelt und Natur14461 PotsdamTel.: 0331/289-2857Fax: 0331/289-2852bernhard.kneiding@rathaus.potsdam.deJUBILÄUMCarl von Linné –300 JahreIn diesem Jahr jährte sichzum 300. Male der GeburtstagCarls von Linné.Er wurde am 23 Mai inRåshult in der südschwedischenProvinz Småland geboren und starbam 10. Januar 1778 in Uppsala.Bereits während seines Studiums, er studierteMedizin in Lund und Uppsala, ging er1732 auf eine Expedition nach Lappland. ImJahr 1734 folgte eine Expedition in die mittelschwedischeProvinz Dalarna.Im Verlaufe seines Lebens arbeitet er als Arztin Stockholm und als Professor für Medizinan der Universität Uppsala. Seine wissenschaftlichenLeistungen umfassten nicht nurdie unmittelbaren Forschungen auf zoologischem,botanischem und mineralogischenGebiet, sondern er war auch Gründer underster Präsident der Königlichen SchwedischenAkademie der Wissenschaften.Zahlreiche Expeditionen führten ihn in verschiedeneschwedische Provinzen. Um klimatischeAnsprüche von Pflanzen und ihreKulturbedingungen zu analysieren ließ Linnéein Thermometer bauen, für das er die Celsius-Skalaumkehrte, indem er in der unsheute geläufigen Art den Siedepunkt desWassers mit 100 und den Gefrierpunkt mit 0Grad festlegte. 1757 wurde Linné wegen seinerVerdienste um die schwedischen Wissenschaftenvom König geadelt (TIBELL 2006).Der Gattungsname des Moosglöckchens(Linnea borealis L.) wurde von Jan FrederikGronovius einem Freund Linnés vergeben.Das Epitheton vergab Linné selbst(http://de.wikipedia.org/wiki/Moosgl%C3%B6ckchen). Sein ausgeprägtes Selbst- undGeltungsbewusstsein findet sich aber besondersin dem Ausspruch „Gott erschuf – Linnaeusordnete” wieder. (TIBELL 2006)Schon 1735 veröffentlichte er die erste Auflagevon „Systema naturae” mit einer Beschreibungihm bekannter Tier- und Pflanzenarten.Mit diesem Werk legte er dieGrundlagen der modernen Einteilung derNatur in Reiche, Stämme, Klassen, Ordnungen,Gattungen und Arten. In der 10. Auflagedieses Werkes (1758) wendete erkonsequent das Prinzip der binären Nomenklaturauch für Tierarten an, das er mit„Spezies Plantarum” schon 1753 in die Botanikeingeführt hatte (http://de.wikipedia.org/wiki/Systema_Naturae).Die Sumpf-Weichorchis z. B. wurde 1753von Linné als Ophrys paludosa beschrieben.Im Jahr 1891 stellte R. Kuntze die Art in dievon ihm nach Linnés Sommersitz Hammarbybenannte Gattung Hammarbya (http://de.wikipedia.org/wiki/Sumpf-Weichorchis).Linné wurde in gewisser Weise auch Opferseines Systems, als er die Honigbiene fälschlicherweisezuerst als Apis mellifera („die


134 NATURSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE IN BRANDENBURG 16 (4) <strong>2007</strong>Honigsammlerin”) benannte. Als er späterbemerkte, dass die Biene ja nicht Honig, sondernNektar sammelt, benannte er sie in A.mellifica um. Systematiker haben später,den strengen Regeln der Nomenklatur folgend,diesen Namen als nicht gültig erklärt,so dass der ursprüngliche, wenn auch biologischnicht ganz korrekt Name, weiterhin bestehenbleibt.Systematik und Nomenklatur sind dieGrundlagen um überhaupt eine allgemeinverständliche, reproduzierbare Beschreibungund Inventarisierung der Natur durchzuführen.Nur wenn alle das gleiche Ding beimgleichen Namen nennen, ist erst Erfahrungsaustauschund die Akkumulation von Wissenmöglich.Mit der binären Nomenklatur wurden dieaus vielen beschreibenden Worten bestehendenNamen deutlich vereinfacht und somitwissenschaftliche Artenkenntnis erleichtertund einem breiten Interessentenkreiszugänglich gemacht. Nur was man kennt,kann man auch wertschätzen und schützen.Mit der Schaffung dieser Grundlagen warLinné zweifellos ein früher Wegbereiter desNaturschutzes, wenngleich in seiner Epochedas Entdecken, Beschreiben, Systematisierenund Prüfen auf Nutzbarkeit im Vordergrundnaturwissenschaftlicher Forschung stand.LiteraturTIBELL, G. 2006: http://www.linnaeus.uu.se/online.UPPSALA UNIVERSITET, Box 256, 751 05 Uppsalahttp://de.wikipedia.org/wiki/Moosgl%C3%B6ckchen, <strong>2007</strong>http://de.wikipedia.org/wiki/Systema_Naturae,<strong>2007</strong>http://de.wikipedia.org/wiki/Sumpf-Weichorchis,<strong>2007</strong>Dr. Thomas SchoknechtRECHTS- UND VERWALTUNGSVORSCHRIFTENVerordnungen• Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Jackel” vom 18. September <strong>2007</strong>Gesetz- und Verordnungsblatt für das <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> Teil II - Nr. 21, S. 422• Verordnung zur Übertragung der Befugnis für den Erlass von Rechtsverordnungen zur Festsetzung von Naturschutzgebieten und <strong>Land</strong>schaftsschutzgebietenvom 26. September <strong>2007</strong>Gesetz- und Verordnungsblatt für das <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> Teil II - Nr. 21, S. 425KLEINE MITTEILUNGENAnschluss eines Altarms bei Sieverslake andie MüggelspreeAm 4. Oktober <strong>2007</strong>wurde im Beisein von<strong>Brandenburg</strong>s Agrar- undUmweltminister DietmarWoidke, dem Präsidentendes <strong>Land</strong>esumweltamtesPof. Dr. Matthias Freude sowie Oder-Spree-<strong>Land</strong>rat Manfred Zalenga der zweite Altarmder Müggelspree angeschlossen.Im April 2005 erfolgte der erste Spatenstichzur Renaturierung der Müggelspree. Mit derVerbindung des Mäanders Mönchwinkel Imit einer Länge von 760 Metern mit derMüggelspree wurde ein erster Anschluss imAugust 2005 realisiert. Bereits zwei Jahrenach Anschluss des ersten Altarms hat sichdie Kleine Flussmuschel, eine sehr selteneund auf eine hohe Gewässerqualität angewieseneTierart, wieder eingefunden.Mit dem Altarm Stäbchen/Sieverslake bekommtnun der zweite Altarm einen Anschlusszur Müggelspree. Bei einer Mäanderlängevon 460 Metern verlängert sich dieFließstrecke der Müggelspree nun nochmalsum 300 Meter.Die Spree ist einer der bedeutsamsten Gewässerlebensräumeim <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong>.Sie wurde jedoch im Laufe der Zeit durch denMenschen stark verändert und mit zunehmenderVerbauung von einer Natur- zur Kulturlandschaft.Auch die Abtrennung von Altarmender Müggelspree wirkte sich negativauf den Fluss und die ihn bewohnendenTiere und Pflanzen aus. Wertvolle Lebensräumewurden beeinträchtigt. Die Selbstreinigungskraftdes Gewässers ging zurück,und das Wasser floss schneller aus der <strong>Land</strong>schaftab. Die Situation verschärfte sich auchdeshalb, weil immer weniger Wasser aus denBraunkohletagebauen der Lausitz kommt. Introckenen Sommern, die in jüngster Zeithäufiger zu beobachten waren, fließt dieSpree kaum noch.Das <strong>Land</strong>esumweltamt hat deshalb 2004einen „Masterplan Spree” aufgelegt, umdiese Zustände zu verbessern. Der Masterplanbildet für das <strong>Land</strong> <strong>Brandenburg</strong> aucheinen wesentlichen Baustein zur Umsetzungder Europäischen Wasserrahmenrichtlinie.Das Programm, wird nach und nach abgearbeitetund entscheidend aus Ersatzzahlungenunterstützt, die der NaturSchutzFonds<strong>Brandenburg</strong> zweckgebunden bereitstellt.Die Gewässer sollen bis 2015 wieder in einenguten Zustand gebracht werden.Im Auftrag des <strong>Land</strong>es <strong>Brandenburg</strong> bereitetder Wasser- und <strong>Land</strong>schaftspflegeverband„Untere Spree” die Maßnahmen zum naturnahenRückbau der Müggelspree vor undkoordiniert deren Umsetzung. Neben demRückbau von Uferbefestigungen hat derWiederanschluss von abgetrennten Mäanderndie höchste Priorität an der Müggelspree.MLUVEU-Kommission bestätigt Fahrplan für dieEntwicklung der Ländlichen Räume <strong>Brandenburg</strong>s<strong>2007</strong>-2013Die Europäische Kommission hat den Entwicklungsplanfür den ländlichen Raum<strong>Brandenburg</strong>s und Berlins gebilligt. Mit demEntwicklungsplan stehen für <strong>Brandenburg</strong>und Berlin in den kommenden sieben Jahrenknapp 1,34 Milliarden Euro für die Entwicklungdes ländlichen Raumes zur Verfügung.Die EU wird sich mit ca. 1 Milliarde Euro daranbeteiligen. Das EU-Geld wird über denELER, den Europäischen <strong>Land</strong>wirtschaftsfondsfür die Entwicklung der LändlichenRäume, bereitgestellt.Der Entwicklungsplan legt die Förderschwerpunktein den Bereichen „Verbesserung derWettbewerbsfähigkeit der <strong>Land</strong>- und Forstwirtschaft”,„Verbesserung der Umweltundder <strong>Land</strong>wirtschaft", Lebensqualität imländlichen Raum und Diversifizierung derländlichen Wirtschaft" sowie für „LokaleEntwicklungsstrategien im Rahmen vonLEADER” bis zum Jahr 2013 fest.ELER-Programme, die für den Naturschutzbesonders interessant sind, sind beispielsweisedas Kulturlandschaftsprogramm, dieZahlungen im Rahmen von Natura 2000oder Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserungdes natürlichen Erbes.Grundlage für die Förderung sind Förderrichtlinien,die derzeit im Agrar- und Umweltministeriumerarbeitet werden.Am 11. September veranstaltete das AgrarundUmweltministerium in Neu Seddin eineAuftaktveranstaltung mit allen Akteuren, dieden Entwicklungsplan in den kommendenJahren umsetzen sollen.D. Klughardt, MLUV, Referat 45Tauchsport und NaturschutzAm 17. September <strong>2007</strong>fand in der <strong>Land</strong>eslehrstätteLebus die Tagung „Tauchsportund Naturschutz in<strong>Brandenburg</strong> – Auswirkungen des Tauchens

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