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2012 – Heft 2 Schuldbetreibung und Konkurs 43Er kann das fehlende Organ oder einen Sachwalter ernennen(Art. 731b Abs. 1 Ziff. 2 OR). In diesem Fall bestimmt der Richter dieDauer der Ernennung (Art. 731b Abs. 2 OR). Liegt ein wichtiger Grundvor, kann die Gesellschaft vom Richter die Abberufung von Personenverlangen, welche dieser eingesetzt hat (Art. 731b Abs. 3 OR). Ernenntder Richter ein fehlendes Organ oder einen Sachwalter, so ist die Gesellschaftverpflichtet, die Kosten zu tragen und den ernannten Personeneinen Vorschuss zu leisten (Art. 731b Abs. 2 OR). Vielfach leisten dieGesellschaften den Vorschuss jedoch nicht, so dass sich die ernanntePerson verständlicherweise weigert, das Amt zu übernehmen. Damit verhinderndie Gesellschaften, dass der Mangel effektiv behoben werdenkann.Im Sinne einer ulima ratio kann der Richter die Gesellschaft auchauflösen und ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkursanordnen (Art. 731b Abs. 1 Ziff. 3 OR). Damit kommt es zu einem Konkursverfahrenohne Konkurseröffnung 12 . Die Bestimmungen des SchKGüber die Abwicklung eines Konkursverfahrens kommen insofern nursinngemäss zur Anwendung 13 , <strong>als</strong> dass es keine Konkurseröffnung gibt.Ansonsten handelt es sich um ein normales Konkursverfahren 14 .Anders <strong>als</strong> bei einer Konkurseröffnung nach SchKG ist die Insolvenz(namentlich die Überschuldung) der Gesellschaft keine Voraussetzung;das Konkursverfahren wird denn auch («nur») zufolge eines Organisationsmangelsund nicht zufolge Überschuldung durchgeführt 15 .4. Behebung des MangelsAngesichts der weitreichenden Konsequenzen ist für eine Gesellschaftmit einem Organisationsmangel von entscheidender Bedeutung, ob bzw.bis wann sie den Mangel beheben kann, um damit der Zwangsauflösungund -liquidation zu entgehen. Im Wesentlichen gibt es folgende Möglichkeiten,wobei die Praxis in den Kantonen dazu teilweise äusserst unterschiedlichist:12Franco Lorandi, Konkursverfahren über Handelsgesellschaften ohne Konkurseröffnung– Gedanken zu Art. 731b OR; AJP 2008 (zit. Konkursverfahren), 1382; GVP2011, 269; Urteil des Kantonsgerichts Neuchâtel vom 11. April 2011 (CCC.2010.190;abgedruckt in ius.focus 2011/Heft 12), E. 6.13BBl 2002 3232 (Botschaft); ComR-Peter/Cvadini, Art. 731b OR N 23; Urteil desKantonsgerichts Neuchâtel vom 11. April 2011 (CCC.2010.190; abgedruckt in ius.focus2011/Heft 12), E. 3.14Lorandi, Konkursverfahren, 1390.15Beat M. Barthold/Florian S. Jörg, Kleine Aktienrechtsrevision, Revision desAktienrechts im Schatten der GmbH-Revision, Der Schweizer Treuhänder 2006, 496;Lukas Glanzmann, Die kleine Aktienrechtsrevision, ZGBR 2007, 82; Lorandi,Konkursverfahren, 1381 f.; Künzler, 9.


44 Schuldbetreibung und Konkurs 76. Jahrganga. Innert FristWird der Mangel innert der vom Richter angesetzten Frist 16 behoben,so ist der rechtmässige Zustand wieder hergestellt. Das Gerichtsverfahrenwird damit gegenstandlos und kann demzufolge abgeschrieben werden(Art. 242 ZPO) 17 .b. FristerstreckungDas Gesetz schreibt keine bestimmte Dauer der Frist vor, welche derRichter der Gesellschaft ansetzen muss (Art. 731b Abs. 1 Ziff. 1 OR). Eshandelt sich um eine richterliche Frist. Diese muss den Umständen desEinzelfalles angemessen sein 18 . Dem Richter kommt dabei ein erheblichesErmessen zu 19 .Als richterliche Frist ist sie erstreckbar, wenn zureichende Gründevorliegen und das Gericht vor Fristablauf darum ersucht wird (Art. 144Abs. 2 ZPO). In der Praxis lassen die Gerichte <strong>als</strong> zureichende Gründegenügen, wenn die Beklagte in Aussicht stellt, den Organisationsmangelinnert anbegehrter Fristerstreckung zu beheben.c. FristwiederherstellungWie jede richterliche Frist ist auch die Frist gemäss Art. 731b OR einerWiederherstellung zugänglich 20 . Zuständig zur Fristwiederherstellung istder Zivilrichter, welcher der Gesellschaft (i.S.v. Art. 731b Abs. 1 OR)vorgängig Frist zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes angesetzthat 21 .In formeller Hinsicht muss das Gesuch innert zehn Tagen seit Wegfalldes Säumnisgrundes und innerhalb von sechs Monaten seit Eintritt derRechtskraft gestellt werden (Art. 148 Abs. 2 und 3 ZPO). Das Gesuchkann somit sowohl vor <strong>als</strong> auch nach Erlass des richterlichen Auflösungsentscheidsgestellt werden. Es kann auch noch während laufendenRechtsmittelverfahren gestellt werden 22 .In materieller Hinsicht muss die Gesellschaft glaubhaft machen, dasssie kein oder nur ein leichtes Verschulden trifft (Art. 148 Abs. 1 ZPO).Nachdem der Gesellschaft vorgängig zur Auflösung sowohl vom Han­16Vgl. 3.17Stefan Bürge/Nicolas Gut, Richterliche Behebung von Organisationsmängeln der AGund der GmbH, SJZ 2009, 164; ZR 2011 Nr. 90; Urteil 4A_639/2011 vom 3. Januar2012; ZR 2012 Nr. 8, S. 21; Verfügung des Einzelgerichts am Handelsgericht Zürichvom 3. August 2011 (HE110302), E. 2.18Lorandi, Konkursverfahren, 1385; in Bezug auf die Auflösungsklage gemäss Art. 625Abs. 2 aOR: BasK-Baudenbacher, Art. 625 OR N 15.19Lorandi, Konkursverfahren, 1385; in Bezug auf die Auflösungsklage gemäss Art. 625Abs. 2 aOR: BasK-Baudenbacher, Art. 625 OR N 17.20Lorandi, Konkursverfahren, 1386; ders. Organisationsmängel von Gesellschaften mittückischen Folgen, Der Schweizer Treuhänder 2009 (zit. Organisationsmängel), 91;Urteil, 4D_94/2011 vom 11. Januar 2012; ZR 2012 Nr. 2221Vgl. 3.22ZR 2012 Nr. 22


46 Schuldbetreibung und Konkurs 76. Jahrgangtigt werden kann, hängt davon ab, ob dieses neue Vorbringen (sog. echtesNovum) prozessual zulässig ist. Dies beschlägt die Frage des Novenrechts31 . Dieses ist je nach Rechtsmittel anders ausgestaltet. Das Rechtsmittelwiederum hängt vom Streitwert und von der sachlichen Zuständigkeitdes erstinstanzlichen Gerichts ab:aa. Vermögensrechtliche Streitigkeit und StreitwertNach neuerer Praxis 32 wird die Auflösung einer Gesellschaft zufolgeeines Organisationsmangels <strong>als</strong> vermögensrechtliche Streitigkeit 33 betrachtet34 . Da nicht eine Geldsumme eingeklagt ist, ist der Streitwert zuschätzen (Art. 91 Abs. 2 ZPO).Da <strong>als</strong> Sanktion die Auflösung der Gesellschaft zur Debatte steht, wirdfür den Streitwert in erster Linie auf das formelle Gesellschaftskapitalabgestellt 35 . Bei Aktiengesellschaften beträgt dieses mindestens CHF100 000 (Art. 621 OR), weshalb der Streitwert auf jeden Fall mindestensCHF 30 000 beträgt 36 . Bei der GmbH beträgt das gesetzliche Mindestkapitalzwar nur CHF 20 000 (Art. 773 OR). Die Genossenschaft hat überhauptkein gesetzlich festgesetztes Mindestkapital (Art. 828 Abs. 2, Art.833 Ziff. 1 OR). Für den Streitwert ist jedoch diesfalls auf den regelmässigin höherem Umfang angestrebten Jahresumsatz abzustellen. Aufgrunddessen ist im Regelfall auch dann von einem Streitwert von mindestensCHF 30 000 auszugehen, wenn das Kapital weniger beträgt 37 .31Vgl. Lorandi, Konkursverfahren, 1388 ff.; Marina Machado, Reprax 2011/1, 56 f.;BGE 136 III 369, E. 11 = Pra 2011 Nr. 19; CACIV.2001.12, E. 3.32Zur früheren Praxis vgl. Beschluss des Obergerichts Zürich vom 31. Januar 2011(NL100225); Beschluss des Obergerichts Zürich vom 3. Februar 2011 (LF110004).33Peter Lehmann, Die «kleine Aktienrechtsrevision» (Teil 2), Neuerungen in denBereichen Aktionärsrechte, Firma, Handelsregister, GesKR 2007, 421; BasK-Watter/Wieser, Art. 731b OR N 9; Künzler, 7.34Diggelmann, in: Bunner/Gasser/Schwander (Hrsg.), Schweizerische Zivilprozessordnung,Zürich 2011, Art. 91 ZPO N 1 bei Fn. 2; Urteil 4A_106/2010 vom 22. Juni2010, E. 6 (nicht publiziert in BGE 136 III 369 ff.); 4A_234/2011 vom 8. August 2011;ZR 2011 Nr. 30, S. 87; Beschluss des Obergerichts Zürich vom 1. März 2011 (LF110017),E. 3.1.; Urteil des Obergerichts Zürich vom 1. Juli 2011 (LF110048), E. 12.a.; kritisch:Florian Zihler, Aufforderung des Handelsregisteramtes zur Behebung von Mängeln inder gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Organisation (Art. 154 HRegV), Reprax2/2011, 48.35Bürge/Gut, 165; Urteil 4A_630/2011 vom 7. März 2012, E. 1; 4A_278/2010 vom 8. Juli2010, E. 6; 4A_106/2010 vom 22. Juni 2010, E. 6 (nicht publiziert in BGE 136 III 369ff.); 4A_315/2010 vom 19. August 2010, E. 2.; 4A_234/2011 vom 8. August 2011;Beschluss des Obergerichts Zürich vom 1. März 2011 (LF110017), E. 3.1.; a.M. Zihler,48 f. wonach das im Handelsregister eingetragene nominelle Kapital «kein geeignetesAnknüpfungselement» für die Bestimmung des Streitwertes sei.36Urteil 4A_315/2010 vom 19. August 2010, E. 2.; ZR 2011 Nr. 30, S. 88; Urteil desObergerichts Zürich vom 1. Juli 2011 (LF110048), E. 12.a.37ZR 2012 Nr. 8, S. 21; 2011 Nr. 30, 88; Beschluss des Obergerichts Zürich vom 1. März2011 (LF110017), E. 3.1; vgl. auch Urteil 4A_639/2011 vom 3. Januar 2012.


48 Schuldbetreibung und Konkurs 76. Jahrgangbbb. Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts und Berufungans obere kantonale GerichtDie sachliche Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts bestimmtsich nach kantonalem Recht (Art. 3 ZPO). Da die Streitigkeiten zufolgeOrganisationsmängel im summarischen Verfahren geführt werden (obschonsie im Katalog von Art. 250 lit. c ZPO vergessen worden sind 44 ),sind erstinstanzlich fast ausnahmslos Einzelgerichte zuständig.Gegen den erstinstanzlichen Entscheid ist (da eine vermögensrechtlicheStreitigkeit vorliegt, deren Streitwert CHF 10 000 [Art. 308 Abs. 2ZPO] übersteigt 45 ) die Berufung gegeben 46 . Im Berufungsverfahren könnenNoven geltend gemacht werden, wenn sie ohne Verzug vorgebrachtwerden und trotz zumutbarer Sorgfalt nicht schon vor erster Instanz vorgebrachtwerden konnten (Art. 317 Abs. 1 ZPO). Darunter fallen auchsog. echte Noven 47 . Praxisgemäss wird die Behebung des Organisationsmangelsnach Erlass des erstinstanzlichen Entscheids <strong>als</strong> zulässigesNovum betrachtet 48 . Entsprechend ist das Verfahren <strong>als</strong> gegenstandslosgeworden abzuschreiben 49 .Gegen den zweitinstanzlichen Entscheid kann wiederum Beschwerdein Zivilsachen ans Bundesgericht geführt werden (Art. 72 ff. BGG).Wenn der Mangel nach Erlass des zweitinstanzlichen Entscheids behobenworden ist, so kann dies im bundesgerichtlichen Verfahren aufgrundder Bindung des Bundesgerichts an den von der Vorinstanz festgestelltenSachverhalt (Art. 105 Abs. 1 BGG) 50 und aufgrund des Novenverbots(Art. 99 BGG) nicht mehr geltend gemacht bzw. berücksichtigt werden 51 .e. Widerruf des Konkursesaa. Kein allgemeiner WiderrufEin allgemeiner Widerruf des richterlichen Auflösungsentscheides istnicht möglich 52 . Weder die ZPO noch die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungenüber Organisationsmängel sehen einen solchen Widerruf44Urteil 4A_630/2011 vom 7. März 2012, E.3.45Vgl. 4.d.bb.aaa.46Bürge/Gut, 165; Machado, 57.47BasK ZPO-Spühler, Art. 317 N 4; Hilber, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger(Hrsg.), Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Zürich 2010, Art. 317N 40; CACIV.2001.12, E. 3 und E. 4.b.48Urteil des Obergerichts Zürich vom 1. Juli 1011 (LF110048), E. 11; CACIV.2001.12,E. 4.b.; Urteil der zweiten Kammer des Appellationsgerichts des Kantons Tessin vom28. Oktober 2011 (12.2001.142; abgedruckt in ius.focus 2012 Nr. 36); vgl. auch AndreasW. Weiss in ius.focus 2011/Heft 12; Cinzia Catelli in ius.focus 2011/Heft 4; Machado,57; mit gewissen Vorbehalten: Edgar Philippin, JdT 2010 I 364.49Urteil des Obergerichts Zürich vom 1. Juli 2011 (LF110048), E. 11.50Urteil 4A_355/2011 vom 16. August 2011.51Vgl. 4.d.bb.aaa.52Urteil 4A_234/2011 vom 8. August 2011.


2012 – Heft 2 Schuldbetreibung und Konkurs 49vor. Art. 153b Abs. 3 HRegV 53 sieht zwar vor, dass die Auflösung einerGesellschaft widerrufen werden kann, wenn innert drei Monaten der gesetzlicheZustand wiederhergestellt werden kann. Diese Bestimmung giltjedoch nur bei fehlendem Rechtsdomizil 54 . Diesfalls verfügt auch derHandelsregisterführer selber (und nicht der Zivilrichter) die Auflösungder Gesellschaft (Art. 153 Abs. 3 HRegV). Damit entfällt auch das Handelsregisterrecht<strong>als</strong> Grundlage für einen Widerruf.bb. Analoge und modifizierte Anwendung von Art. 195 SchKG(Widerruf des Konkurses)Bei einem «normalen» Konkurs (d.h. bei einem Insolvenzgrund aufgrunddes SchKG) widerruft das Konkursgericht den Konkurs u.a. dann,wenn der Schuldner nachweist, dass sämtliche Forderungen getilgt sind(Art. 195 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG). Der Widerruf des Konkurses kann vomAblauf der Eingabefrist an bis zum Schluss des Verfahrens verfügt werden(Art. 195 Abs. 2 SchKG).Da es sich bei der Auflösung einer Gesellschaft (zufolge Organisationsmangel)und Liquidation nach den Bestimmungen über den Konkurs umein Konkursverfahren ohne Konkurseröffnung handelt 55 , gelangt die Normüber den Konkurswiderruf nur (aber immerhin) analog zur Anwendung 56 .Es müssen die Voraussetzungen für einen Konkurswiderruf gegeben sein.Dies ist namentlich der Fall, wenn das Konkursverfahren mit einem Aktivenüberschussendet. Diesfalls sind alle Konkursforderungen vollständig(qua Konkursdividende) bezahlt (Art. 195 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG). Bei einemAktivenüberschuss ist jedoch zu beachten, dass nebst den eigentlichen Konkursforderungen(per Konkurseröffnung) zunächst auch Zinsforderungen53Vor der Revision per 1. Januar 2012 war diese Regelung in Art. 153 Abs. 5 aHRegVenthalten.54Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung von Art. 153b (Verfügung desHandelsregisteramtes), welcher auf Art. 153 (Bei gelöschtem Rechtsdomizil) undArt. 153a (Bei Mitteilung eines angeblich fehlenden Rechtsdomizils durch Dritte) folgt.Erst Art. 154 regelt die Folgen bei Mängeln in der gesetzlich zwingenden Organisation.Vor der Revision per 1. Januar 2012 befand sich der heutige Regelungsgehalt vonArt. 153b Abs. 3 HRegV in Art. 153 Abs. 5 aHRegV unter dem Randtitel «FehlendesRechts domizil».55Vgl. 3.56Nach meiner Lesart besagen weder BasK-Watter/Wieser, Art. 731b OR N 26 noch dieEntscheide BGE 136 III 370 ff. (= Pra 2011 Nr. 19) und Urteil 4A_234/2011 vom8. August 2011 etwas anderes; sie befassen sich nicht mit der Frage, ob Art. 195 SchKG(analog) zur Anwendung gelangt, sondern verneinen (zu Recht; vgl. 4.e.aa.) einenWiderruf gestützt auf die Handelsregisterverordnung (vgl. auch Machado, 56). A.M.offenbar das Handelsgericht Aargau, wonach ein Konkurswiderruf (anders <strong>als</strong> gemässder bisherigen Praxis) generell nicht mehr zulässig sein soll. A.M. auch Pierre-AlainRecordon, Les premiers pas de lʼarticle 731b CO, SZW 2010, 4 f., wonach die Art. 171ff. SchKG nicht zur Anwendung gelangen (was zutreffend ist); auch dieser Autor nimmtnicht zum Konkurswiderruf gemäss Art. 195 SchKG Stellung.


50 Schuldbetreibung und Konkurs 76. Jahrgangfür die Zeit seit Beginn des Konkursverfahrens bis zur vollständigen Bezahlungder Konkursforderung zu zahlen sind 57 .Die Bestimmungen über den Konkurswiderruf gelangen aber nur modifiziertzur Anwendung: Anlass des Konkurses war ein Organisationsmangelund nicht die Insolvenz 58 . Aufgrund dessen muss auch der Organisationsmangelbehoben sein. Allenfalls ist zu klären, ob das zuständigeHandelsregisteramt während des hängigen Konkursverfahrens dieEintragungen im Handelsregister, welche durch Behebung des Organisationsmangelsnotwendig sind, vornimmt. Sofern das Handelsregisteramtdie Eintragungen (zufolge des hängigen Konkursverfahrens) nicht vornimmt,genügt es m.E., wenn das Handelsregisteramt bestätigt, die Eintragungennach Widerruf des Konkurses vorzunehmen (was selbstverständlichdie Vorlage der notwendigen Belege voraussetzt). In der Praxiswird das Handelsregisteramt zuweilen vom Richter im Widerrufsentscheidangewiesen, die Eintragung vorzunehmen.Wenn diese beiden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind, kann derrichterliche Auflösungsentscheid widerrufen werden 59 . Die kantonale 60Praxis zu dieser Frage ist uneinheitlich, tendiert aber zu Recht mehrheitlichdazu, einen Konkurswiderruf zuzulassen 61 . Es gibt nämlich keinenGrund mehr, eine Gesellschaft zwangsweise zu liquidieren, wenn derMangel behoben worden ist und alle Gläubiger bezahlt worden sind 62 .Der Umstand, dass mit der Revision der HRegV die Möglichkeit entfallenist, gemäss diesem Erlass die Auflösung zu widerrufen 63 , steht m. E.einem Widerruf gemäss Art. 195 SchKG nicht entgegen 64 . Zum Widerrufdes Auflösungsentscheides ist der Zivilrichter zuständig, welcher ursprünglichdie Auflösung verfügt hat.57BGE 129 III 565 ff.; Lorandi, Besonderheiten beim Aktivenüberschuss in derGeneralexekution, Der Glücksfall <strong>als</strong> Problemfall, AJP 2006, 1263 ff.58Vgl. 3.59Lorandi, Konkursverfahren, 1391; ders. 91; a.M. Bürge/Gut, 160.60Entscheide des Bundesgerichts liegen meines Wissens bis jetzt nicht vor.61Für einen Konkurswiderruf: Verfügung der Einzelrichterin im summarischenVerfahren am Bezirksgericht Meilen vom 3. Februar 2009 (EO 080027), E. 2 und 3;Verfügung des Gerichtspräsidiums Zofingen vom 8. April 2011 (SG.2010.33);Entscheid des Gerichtspräsidiums Baden vom 20. Mai 2011 (SG.2011.102), wobeimangels Begründung im Entscheid die Rechtsgrundlage unklar ist; gegen einenKonkurswiderruf: Entscheid der Einzelrichterin im summarischen Verfahren amBezirksgericht Weinfelden vom 10. Februar 2011 (ZV.2011.13), E. 6 bis E. 8.62Lorandi, Konkursverfahren, 1391.63Vgl. 4.e.aa.64Nach meiner Lesart erschöpfen sich sowohl BasK-Watter/Wieser, Art. 731b OR N 26 <strong>als</strong>auch die Entscheide BGE 136 III 370 ff. (= Pra 2011 Nr. 19) und Urteil 4A_234/2011vom 8. August 2011 in der (zutreffenden) Aussage, dass die HRegV (die Aussagen habensich noch auf die aHRegV bezogen; nach der revidierten HRegV gilt jedoch nichtsanderes) keine Grundlage für einen Widerruf bildet. Ob ein Widerruf gestützt aufArt. 195 SchKG (analog) möglich ist, dazu äussern sich diese Quellen allesamt nicht.

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