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Werkstatt für die Zukunft von Industrieregionen

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46Praxis Geographie 10/1999Special<strong>Werkstatt</strong> für <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong> <strong>von</strong> <strong>Industrieregionen</strong>Die Internationale Bauausstellung (IBA) Emscher Park im nördlichen RuhrgebietMartina FuchsAls der französische KomponistMaurice Ravel 1905 den Rhein herauffuhr,notierte er beim Anblickder Duisburger Industriekulisse Folgendes:„Was ich gestern gesehen habe, wird in denWinkel des Auges eingeschrieben bleiben …Nach einem schlammigen Tag auf einemsehr breiten Fluß …, entdeckt man eineStadt <strong>von</strong> Schloten, <strong>von</strong> Domen, <strong>die</strong> flammen,und rötliche oder blaue Raketen ausspeien.… Wie soll ich Ihnen den Eindruck<strong>die</strong>ser Schlösser aus flüssigem Metall, <strong>die</strong>serglühenden Kathedralen, der wunderbarenSymphonie <strong>von</strong> Transmissionen, <strong>von</strong>Pfiffen, <strong>von</strong> furchtbaren Hammerschlägenschildern, der uns umhüllt. Überall ein roter,düsterer, brennender Himmel … Wiemusikalisch das alles ist.“ (zitiert nach Heidu. a. 1996, S. 199 f.).Das Bild hat sich mittlerweile verändert.Seit mehr als drei Jahrzehnten sind nichtnur in Duisburg, sondern auch in anderenRuhrgebietsstädten immer mehr „Kathedralen“der Montanindustrie geschlossen worden.Durch internationale Konkurrenz undpolitische Deregulierungen gerieten <strong>die</strong>zentralen Montansektoren des Ruhrgebiets,Steinkohlenbergbau und Stahlproduktion,in Probleme. Die betroffenen Kommunensahen sich – zusätzlich zu den Umweltbelastungender Region – wirtschaftlichen undsozialen Problemen, insbesondere hoherArbeitslosigkeit, gegenübergestellt.„Der Pott kocht“ behaupteteine Kampagne für dasRuhrgebiet, <strong>die</strong> u. a. für <strong>die</strong>Internationale Bauausstellung(IBA) Emscher Park wirbt.Für den Schulunterrichtlohnt es sich, einen Blickin den „Pott“ zu werfen,da sich hier Beispiele füreinen handlungsorientiertenUnterricht zeigen.Die Bewohner des Ruhrgebiets könnenauf unverwechselbare Silhouetten blicken,wie auf <strong>die</strong> Anlagen <strong>von</strong> Propser Hanielin Bottrop. Dass man sich mit <strong>die</strong>senebenso identifizieren kann wie <strong>die</strong> Kölnermit ihrem Dom oder <strong>die</strong> Hamburger mitihrem Hafen, soll in <strong>Zukunft</strong> auchTouristen verständlich gemacht werden.Foto: D. FalkDie Internationale Bauausstellung (IBA)Emscher ParkMit der IBA Emscher Park wollen zentraleAkteure des Ruhrgebiets zeigen, dass eineRegion, der im Allgemeinen ein wenig innovativesMilieu zugeschrieben wird, einenästhetischen, ökologischen und sozialenUmbau vollziehen kann. Mittlerweile wirddas Ruhrgebiet zu den „Highlights desDeutschland-Tourismus“ (Noack 1999, S. 58)gezählt und <strong>die</strong> IBA als „Siebzig KilometerHoffnung“ angesehen (Sack 1999).Die IBA ist ein auf zehn Jahre angelegtesStrukturprogamm des Landes Nordrhein-Westfalen für das nördliche Ruhrgebiet, eineindustrialisierte Region mit 17 Städten.Die IBA ist in sieben Leitthemen gegliedert:1. den Wiederaufbau <strong>von</strong> Landschaft, 2. <strong>die</strong>ökologische Verbesserung des Emscher-Systems,3. <strong>die</strong> Erschaffung des Rhein-Herne-Kanals als Erlebnisraum, 4. den Erhalt <strong>von</strong>Industriedenkmälern, 5. <strong>die</strong> Realisierung<strong>von</strong> „Arbeiten im Park“, 6. <strong>die</strong> Anlage neuerWohnformen und Wohnungen, 7. <strong>die</strong> Schaffung<strong>von</strong> Angeboten für soziale, kulturelleund sportliche Tätigkeiten (vgl. Danielzyk1998, S. 361). Im Rahmen der IBA gibt esrund 120 Projekte, <strong>die</strong> zu städtebaulichen,landschaftsgestalterischen, gewerblichen,sozialen und kulturellen Themen modellhafteLösungen darstellen. Es geht alsonicht darum, <strong>die</strong> Wirtschaft direkt zu fördernund unmittelbar eine große Zahl <strong>von</strong>Arbeitsplätzen zu schaffen, sondern es gehtdarum, das Image der Region zu verbessern– sowohl nach außen als auch nach innenfür seine Bewohner. Auf dem indirektenWege, durch <strong>die</strong> Imagesteigerung, sindzwar regionalökonomische Effekte und Arbeitsmarktwirkungendurchaus beabsichtigt,doch stellen sie nicht das primäre Zielder IBA dar. Deshalb wäre es auch nicht angemessen,<strong>die</strong> IBA an <strong>die</strong>sen Kriterien zumessen.


SpecialPraxis Geographie 10/1999 47Die Internationale Bauausstellung (IBA) Emscher Parknach: IBA 1999, Entwurf: M. Fuchs, Kartografie: K. MassoudDie IBA versteht sich als „<strong>Werkstatt</strong> für<strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong> <strong>von</strong> <strong>Industrieregionen</strong>“ (IBAEmscher Park 1996). Die Projekte wurden<strong>von</strong> Städten, örtlichen Initiativen oder privatwirtschaftlichenAkteuren vorgeschlagenund nach den Qualitatätsstandards derIBA ausgewählt. Die vielfältigen Projektewerden im Laufe des Jahres 1999 vorgestellt.Die „Route der Industriekultur“ verbindetdabei verschiedene, herausragendeAttraktionen.Als Bauausstellung knüpft sie an <strong>die</strong> InternationaleBauausstellung in Berlin 1987an, <strong>die</strong> Neuerungen <strong>von</strong> Altbaubeständenund <strong>die</strong> Integration neuer in alte Baubeständezum Thema hatte. Bezüge gibt es auch zuden Bauausstellungen des 19. Jahrhunderts,in denen <strong>die</strong> baulichen und anderen technischenInnovationen in Weltausstellungenpräsentiert wurden. Allerdings geht es derIBA nicht nur um architektonisch neue Akzente,sondern auch um ökologische Verbesserungensowie um Impulse für <strong>die</strong> Sozial-und Wirtschaftsstruktur der Region.Vom Land Nordrhein-Westfalen wurdeeine IBA-GmbH eingerichtet, <strong>die</strong> als selbstständigeEntwicklungsagentur <strong>die</strong> Projektebei der Planung unterstützt, inhaltlich berätund öffentlich präsentiert. Die IBA-GmbHverfügt weder über eigene Investitionsmittelnoch über besondere Kompetenzen. Dennochkann sie indirekt beträchtliche Machtmittelmobilisieren, denn <strong>die</strong> Aufnahme einesProjektes in eine Internationale Bauausstellungverleiht Prestige und Aufmerksamkeitdurch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n, eine Belohnung, <strong>die</strong>sich in einer Region, <strong>die</strong> als „altindustriell“bezeichnet wird, als ausgesprochen wertvollerweist (Mayer, Siebel 1998, S. 6, 9).Als Vorteil der IBA gilt, dass sie dezentralin einer Vielzahl kleiner, eigenständigerProjekte aufgeteilt ist. Die IBA organisiertsomit einen Erneuerungsprozess, dessenAusgang offen ist. Die IBA betreibe, so Mayerund Siebel (1998, S. 9), „Pointillismus.Sie setzt auf Nadelstiche in <strong>die</strong> Region undhofft auf <strong>die</strong> Selbstheilungskräfte, <strong>die</strong> dadurchausgelöst werden. (…) Die IBA ist eineweiche Strategie. Sie interveniert nicht <strong>von</strong>oben, nicht <strong>von</strong> unten, eher <strong>von</strong> der Seite.(…) Die IBA bewegt sich damit unterhalb derEbene programmatischer Auseinandersetzungenzwischen organisierten Interessen.(…) Dieses Ausweichen-Können, das Herauspickender Rosinen, <strong>die</strong> Konzentration auf<strong>die</strong> erfolgversprechenden Vorhaben ist einGeheimnis ihres Erfolges.“Die IBA knüpft mit ihrem dezentralenAnsatz an <strong>die</strong> ruhrgebietstypischen Siedlungsstrukturenan. Außerdem ergibt sich<strong>die</strong> räumliche Dezentralität aus dem Grundstücksmarkt.Durch <strong>die</strong> Schließungen <strong>von</strong>Industriebetrieben waren in innerstädtischenLagen brachgefallene Flächen vorhanden,<strong>die</strong> überwiegend durch einen vom LandNordrhein-Westfalen gegründeten Grundstücksfondserworben worden waren, sodasssich ein großer Teil der späteren IBA-Flächen in Händen des Landes befand. Dadurchwurden innerstädtische Flächen verfügbar,<strong>die</strong> nun zu einem weitgehenden Verbund<strong>von</strong> Grünflächen zusammengefügtworden sind (vgl. Karte oben). Eine solcheneu entstandene großflächige Grünzone imStadtgebiet repräsentiert das folgende IBA-Projekt, das zugleich einen „Ankerpunkt“auf der „Route der Industriekultur“ darstellt.Landschaftspark Duisburg-NordDer Landschaftspark Duisburg-Nord, gelegenauf einer Fläche <strong>von</strong> rund 200 ha zwischenden Stadtteilen Hamborn, Meiderichund Neumühl, verbindet das „alte Eisen“ einesehemaligen Stahlwerks mit dem „jungenGrün“ eines neu angelegten Parks (IBAEmscher Park 1998). Das Duisburger Hüttenwerkhatte hier 1908 den Betrieb aufgenommen.Obwohl <strong>die</strong>ser Standort – im Besitzder Thyssen Stahl AG – ein modernesWerk bildete, das hauptsächlich Spezialstahlfür Schiffe herstellte, musste das Werk1985 seine Tore schließen, als <strong>die</strong> EuropäischeGemeinschaft <strong>die</strong> Stahlquoten für ihreMitgliedsländer revi<strong>die</strong>rte. Ohnehin konzentriertesich der Thyssen-Konzern auf andereGeschäftsfelder, vor allem im BereichEDV-gestützter Produkte.Im Rahmen eines internationalen Planungsverfahrenswaren fünf Teams mit derErstellung eines Rahmenkonzepts zur Gestaltungdes Landschaftsparks beauftragtworden. In <strong>die</strong>sem für <strong>die</strong> Bürger offenenVerfahren hatten <strong>die</strong> Planergruppen sechsMonate lang ihre Entwürfe vor Ort bearbeitet.Ein zentrales Thema war ein behutsa-


48Praxis Geographie 10/1999SpecialFast ein Jahrhundert war es tabu, jetzt istes erwünscht: Die Hochöfen des stillgelegtenThyssen-Hüttenwerks im LandschaftsparkDuisburg-Nord sollen <strong>von</strong> Besuchernbesichtigt werden.Foto: M. FuchsAlpinisten, Taucher,Fernsehteamsmer Umgang mit dem Bestand, in dem <strong>die</strong>vorhandenen Potenziale aufgegriffen wurden.Die Anlage des Stahlwerks wurde erhaltenund in einen Park integriert. Der Bauund <strong>die</strong> Pflege des Landschaftsparkes sindmit Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmenfür Langzeitarbeitslose verbunden.Ausbildungszentren des Bauhandwerks,des Stahlbaus, des Gartenbaus undder Dachdeckerinnung wurden hier ansässig(Habrich, Hoppe 1999, S. 134)Das ehemalige Hüttenwerk wurde alsIndustriemuseum der Öffentlichkeit zugänglichgemacht. Die Besucher können aufdas Gebäude steigen und anhand <strong>von</strong>Schautafeln an den originalen Orten Eindrückeüber <strong>die</strong> Funktionsweise des Stahlwerkesund <strong>die</strong> ehemaligen Arbeitsbedingungenin dem Stahlwerk erhalten.Neben den musealen Zugängen wirddas ehemalige Hüttenwerk auch für andereFreizeitaktivitäten genutzt. An den Mauernalter „Bunker“, den früheren Lagern für Erzeund Zuschlagstoffe, klettern Alpinisten,Taucher steigen in <strong>die</strong> „Bunker“, <strong>die</strong> mittlerweilemit Regenwasser vollgelaufen sind,oder tauchen in einem ausge<strong>die</strong>nten Gasometerin <strong>die</strong> Unterwasserwelt. Theater- undMusikgruppen nutzen den Ort als Bühneund Fernsehteams suchen den Ort als Filmkulisseauf. Zahlreiche Aktivitäten gehenauch <strong>von</strong> der Duisburger InteressengemeinschaftNordpark aus, in der eine Vielzahl<strong>von</strong> Vereinen und Personen zusammengeschlossenist. Industriegeschichtliche undnaturkundliche Führungen <strong>die</strong>ser Gruppenvermitteln den Besuchern einen Eindruckvom Gelände. Der britische Lichtkünstler JonathanPark inszeniert eine spektakuläreLicht- und Farbdarstellung, <strong>die</strong> das Gewirr<strong>von</strong> Stahlgerüsten in Szene setzt und <strong>die</strong> anvielen Abenden besichtigt werden kann.Auf Grund seiner Lage innerhalb desVerbundsystems <strong>von</strong> Grünflächen kommtdem Landschaftspark Duisburg-Nord aucheine wichtige Funktion im Gefüge des regionalenBiotopverbundes zu. Allerdings, sokritisiert Meßer 1999, werden <strong>die</strong>se ökologischenFunktionen zum Teil durch <strong>die</strong> Nutzungfür Freizeitgestaltung beeinträchtigt,sodass der Landschaftspark nicht als „Kernlebensraum“anzusehen ist, der den TierundPflanzenarten ein dauerhaftes Überlebensichert, sondern nur in einigen Bereichenals „Trittstein“, der den Tieren undPflanzen als Refugium entlang den Verbindungswegenzwischen anderen Kerngebieten<strong>die</strong>nt. Doch insgesamt kann <strong>die</strong> Artenvielfaltals relativ hoch angesehen werden,was mit den zahlreichen Biotopvariationenim Landschaftspark Duisburg-Nord zu erklärenist (Barteit 1999).Die IBA stellt – bei aller Vielfalt der Projekte– eine Auswahl dar und sie setzt Prioritätenzu Gunsten bestimmter Projekte.Der Landschaftspark Duisburg-Nord ist einesder bedeutendsten Objekte. Andere Projektewerden bei der Präsentation etwas inden Hintergrund gerückt. So wurden nochzu Beginn der IBA, als „Ausläufer“ der Regionalpolitikder 1980er Jahre, TechnologieundGründerzentren in <strong>die</strong> IBA aufgenommen.Immerhin wurden zwölf solcher Zentrenim Rahmen der IBA geschaffen. In ihnenbefinden sich gegenwärtig rund 280 Betriebe,da<strong>von</strong> 180 Neugründungen und esentstanden dort rund 2 100 Arbeitsplätze,da<strong>von</strong> knapp 1 000 neu geschaffene (IBAEmscher Park 1999, S. 100–105). Doch stehen<strong>die</strong>se Ergebnisse bei dem großen IBA-Finale 1999 im Hintergrund der Öffentlichkeitsarbeit.Es geht vielmehr um ästhetischeLandmarken, um ökologische Fortschritte,um soziale Projekte. Beachtenswertsind in <strong>die</strong>sem Zusammenhang auch<strong>die</strong> Wohnprojekte der IBA.„Einfach und selber Bauen“,Taunusstraße/Duisburg-HagenshofIm Rahmen der IBA wurde eine Projektreihe„Einfach und selber Bauen“ durchgeführt,in der rund 250 Wohnunterkünfte insieben Projekten geschaffen wurden. Derbesondere Anspruch lag darin, Familien mitgeringeren Einkommen <strong>die</strong> Wohnform einesEinzelhauses, eines Doppel- oder Reihenhausesmit Garten zu ermöglichen. DerKernpunkt war <strong>die</strong> Förderung <strong>von</strong> Selbsthilfeleistungender Bauwilligen als so genannter„Muskelhypothek“ zur Reduzierungder Kosten. Durch detaillierte Überprüfung<strong>von</strong> Bau-, Konstruktions- und Ausstattungsstandardsauf <strong>die</strong> Selbsthilfeeignungsind im Ergebnis geringere Baukostenals im sonstigen Hausbau erreicht worden.Die reinen Baukosten pro m 2 lagen bei 1 600DM bis 1 900 DM brutto (IBA Emscher Park1999, S. 507).Ein Beispiel aus der Projektreihe „Einfachund selber Bauen“ bildet <strong>die</strong> SiedlungDuisburg-Hagenshof, Taunusstraße, <strong>die</strong> imDuisburger Norden liegt. Das Projekt wurdein einem Gutachterverfahren aus drei Arbeitenausgewählt und realisiert. Gefördertwurde das Gutachterverfahren als Modellförderungdurch das Ministerium für Bauenund Wohnen des Landes Nordrhein-Westfalen.Auf dem 1,5 ha großen Gelände entstanden<strong>von</strong> 1994 bis 1996 in Gruppenselbsthilfe52 Einfamilienhäuser und sechs Eigentumswohnungen.Auf Grund einer flexiblen Entwurfsplanungkonnten <strong>die</strong> Grundrisse der Häuser individuellgestaltet werden, wobei auch Ausbau-und Erweiterungsmöglichkeiten berücksichtigtwurden. Die Häuser sind durch<strong>die</strong> Ausrichtung der Gebäude und derenBauweise Niedrigenergiehäuser. Außerdemerfolgt eine ökologische Regenwasserbe-


wirtschaftung. Das Wasser wird <strong>von</strong> denbegrünten Dächern aufgenommen und dadurchvorgereinigt, bevor es versickert; dasrestliche Regenwasser wird auf dem Grundstückoder auf den übrigen Grünflächen inRinnen, Mulden und Schächten versickert(Danielzik, Leuchter, Londong 1999, S. 142f.).Diese Regenwasserbewirtschaftung wirdauch in vielen anderen IBA-Projekten realisiert.Die Ziele der neuen Systeme zur Wasserbewirtschaftungliegen darin, das Regenwasserdurch Versickerung dem Grundwasserzuzuführen, statt es in <strong>die</strong> Kanalisationeinzuleiten. Dadurch vermindert sich dasSchmutzwasser, das <strong>die</strong> Klärwerke zu bewältigenhaben. Außerdem werden <strong>die</strong>Hoch- und Niedrigwasserstände auf Grundder Dauer, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Versickerung in Anspruchnimmt, etwas ausgeglichen.PerspektivenZwar wird es wohl noch, um „<strong>die</strong> gesamteRuhrgebietsregion zu verändern …, drei Generationenbeanspruchen“, so Karl Ganser,der Initiator und Leiter der IBA (zitiert nachNoack 1999, S. 57). Zudem ist zu berücksichtigen,dass mit der IBA keineswegs das gesamteSpektrum an Projekten zum Strukturwandelerfasst worden ist. Doch dürften vieleim Rahmen der IBA entwickelte ProjekteVorbildcharakter auch für andere „altindustrielle“Gebiete besitzen. Mit ihrem Ansatz,Taunusstraße, Duisburg/Hagenshof: WieHäuser ökologisch funktionieren können,zeigt <strong>die</strong> Dachbegrünung im Vordergrund.Wie Häuser heute nicht mehr gebaut werdensollten, zeigt <strong>die</strong> Bebauung der 60er und70er Jahre im Hintergrund.Foto: M. FuchsSpecialaus den Resultaten <strong>von</strong> Krisensituationen,wie der „Stahlkrise“ und der „Kohlekrise“, einenGewinn für <strong>die</strong> Region zu machen, derden Freizeit-, Wohn- und Arbeitswert desRuhrgebiets erhöht, stellt <strong>die</strong> IBA ein interessantesFeld für den Schulunterricht dar: AusKrisen werden Gestaltungspotenziale entwickelt,Nachteile (wie Industriebrachen),werden zu Vorteilen (wie Grünflächen).Der Zugang für jeden Betrachter der IBAerfolgt über <strong>die</strong> Auswahl der Projekte. DieProjekte der IBA sind so vielfältig, dass esschwer möglich ist, ein Gesamtbild zu präsentieren.Vielmehr puzzelt sich jeder Besucher<strong>von</strong> IBA-Projekten seine eigene IBA zusammen.Und entsprechend können bei derBehandlung konkreter Reformprojekte imUnterricht <strong>die</strong> Schüler lernen, eigene, jeweilsspezifische Gestaltungsideen zu entwickeln.Insofern kann ein fachübergreifenderund handlungsorientierter Unterricht anaußerschulischen Lernorten anhand ungewöhnlicher,Denkanstöße liefernder Projekterealisiert werden. Beispielsweise lädt derLandschaftspark Duisburg-Nord dazu ein,neben Geographie auch Biologie zu betreiben,etwa <strong>die</strong> spontane Pionierflora und ihreVeränderungen im Laufe der Zeit mit denSchülern zu diskutieren. Die IBA lohnt somitnicht nur <strong>die</strong> medial vermittelte Beschäftigung,sondern vor allem einen Besuch aufKlassenreisen oder -ausflügen. ■Praxis Geographie 10/1999 49LiteraturBarteit, P.: Die Avifauna im Landschaftspark Duisburg-Nord. In: Hoppe, W. und Kronsbein, S. (Hrsg.): LandschaftsparkDuisburg-Nord (Niederrheinische Landeskunde,Schriften zur Geschichte des Niederrheins, 12).Duisburg 1999, S. 68–74Danielzik, K.-H., Leuchter, R. und Londong D.: Die Beispiele.Technische Lösungen und gestalterische Wege.„Einfach und selber bauen“, Taunusstraße/Duisburg-Hagenshof.In: Londong, D. und Nothnagel, A. (Hrsg.): Bauenmit dem Regenwasser. Aus der Praxis <strong>von</strong> Projekten,München, Wien 1999, S. 142 f.Danielzyk, R.: Zur Neuorientierung der Regionalforschung(Wahrnehmungsgeographische Stu<strong>die</strong>n zur Regionalentwicklung,17). Oldenburg 1998Habrich, W. und Hoppe, W.: Der Landschaftspark Duisburg-Nord.Stützpunkt einer Lokalen Agenda 21 imDuisburger Norden. In: Hoppe, W. und Kronsbein, S.(Hrsg.): Landschaftspark Duisburg-Nord (NiederrheinischeLandeskunde, Schriften zur Geschichte des Niederrheins,12). Duisburg 1999, S. 130–135Heid, L. u. a.: Kleine Geschichte der Stadt Duisburg. Duisburg1996IBA Emscher Park (Hrsg.): <strong>Werkstatt</strong> für <strong>die</strong> <strong>Zukunft</strong> <strong>von</strong><strong>Industrieregionen</strong>. Gelsenkirchen 1996IBA Emscher Park (Hrsg.): Projekte im Rahmen der InternationalenBauausstellung Emscher Park. Projekte inDuisburg. Gelsenkirchen 1998IBA Emscher Park (Hrsg.): Katalog der Projekte. Gelsenkirchen1999Mayer, H.-N. und Siebel, W.: Neue Formen politischer Planung.IBA Emscher Park und Expo 2000 Hannover. Disp(Dokumente und Informationen zur Schweizerischen Orts-,Regional- und Landesplanung) 34 (1998) H. 134, S. 4–11Meßer, J.: Der Landschaftspark Duisburg-Nord im regionalenBiotopverbund. In: Hoppe, W. und Kronsbein, S.(Hrsg.): Landschaftspark Duisburg-Nord (NiederrheinischeLandeskunde, Schriften zur Geschichte des Niederrheins,12). Duisburg 1999, S. 57–67Noack, R.: Kunst statt Kohle. In: Die Zeit, Nr. 9 vom25.2.1999, S. 57 f.Sack, M.: Siebzig Kilometer Hoffnung. Die IBA EmscherPark. Erneuerung eines Industriegebietes. Stuttgart 1999InformationenInternationale Bauausstellung Emscher Park GmbH,Leithestr. 35, 45886 GelsenkirchenTel.: 02 09/14 75-412, oder -413, Fax: 02 09/14 75-414Internetwww.derpottkocht.de (Ruhrgebiet-Imagekampagne)www.kvr.de (Kommunalverband Ruhrgebiet mit Linkszu allen Städten und Kreisen des Verbandes)www.route-industriekultur.de (Informationen zur Routeder Industriekultur)www.tour-de-ruhr.de (Tourismus im Ruhrgebiet)

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