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Morphologie

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Theoretische Grundlagen IISommersemester 2011Said Sahel<strong>Morphologie</strong>: von der Syntax insLexikon


• Eine adäquate Wortbildungstheorie muss in der Lage sein, den kreativenAspekt der Wortbildung zu erklären bzw. zu modellieren• Es geht hierbei um die „die Isolierung und Beschreibung desjenigen Teilsdes Sprachsystems, welcher die produktive Bildung neuer Wörterermöglicht“ (Olsen 1986: 17)• Wo ist eine solche kreative Wortbildungskomponente in einemGrammatikmodell anzusiedeln? Wo findet Wortbildung statt?• Welche konkreten Mechanismen für die Bildung neuer Wörter könnenangenommen werden?


Der transformationalistische Wortbildungsansatz


• In der frühen Phase der generative Grammatik wurden alle kreativenAspekte des Sprachsystems auf das Wirken von Transformationenzurückgeführt→ Die Möglichkeit, beliebig komplexe Komposita bilden zu können, kann nurdann erklärt werden, wenn Zusammensetzungen transformationellerzeugt werden→ Nur Morpheme können durch Basisregeln erzeugt werden; komplexereEinheiten sind durch die Basisregeln nicht generierbar→ Für die Generierung von Ableitungen und Zusammensetzungen müssenTiefenstrukturen bereitgestellt werden, die Bedeutungen paraphrasieren(Grewendorf/Hamm/Sternefeld 1996: 271)


Implikationen dieser Annahmen:• Komplexe Wörter gehen auf dieselben Erzeugungsmechanismen zurückwie Sätze→ Die Wortbildung findet in der syntaktischen Komponente statt!• Simplizia (morphologisch einfache Wörter) werden anders behandelt alsmorphologisch komplexe Wörter:– Simplizia sind Bestandteil des Lexikons und werden dort mit ihrenidiosynkratischen Merkmalen aufgeführt– Komplexe Wörter entstehen in der syntaktischen Komponente durchtransformationelle Ableitung von Oberflächen- aus zugrundliegendensyntaktischen Tiefenstrukturen


Das Standard-Modell (1965)


Satzableitung in den gen. StandardgrammatikenPhrasenstrukturregelnS → NP VPVP → V NPNP → Det NTiefenstrukturS→BASISLexikonListe derMorphemeNPVPDet N V NPTransformationenOberflächenstruktur(Olsen 1986: 21)


• Beispiel für eine transformationelle Ableitung eines Derivatums:Helfer:• Das Derivatum Helfer wirddurch Transformationen ausder Phrase „Jemand, der hilft“abgeleitet• „Jemand, der hilft“paraphrasiert die Bedeutungvon Helfer


Kritik am transformationalistischen Ansatz:• Der transformationalistische Ansatz trägt nicht den Besonderheiten dermorphologischen gegenüber den syntaktischen Regularitäten Rechnung– Syntaktische Transformationen sind uneingeschränkt produktiv– Produktive Wortbildungsmuster weisen hingegen Lücken auf– Die Anwendung von Wortbildungsregeln ist oft durch ein im Lexikon bereitsexistierendes Lexem blockiert:er-Nominalisierung: Lehrer, Läufer, Maleraber: *Stehler, *Studierer


• Syntaktische Transformationen bewirken prinzipiell etwas anderes als dievorgeschlagenen morphologischen Transformationen– Syntaktische Transformationen können, anders als morphologischeTransformationen, nicht Kategorie verändernd wirken– Bei syntaktischen Transformationen kann weder morphologisches nochlexikalisches Material getilgt werden, das nicht mehr eindeutig rekonstruiertwerden kann


Die Lexikalistische <strong>Morphologie</strong>


• Die Wende im Hinblick auf eine eigenständige morphologischeKomponente brachte der Aufsatz von Chomsky „Remarks onNominalization“ von 1970• Darin wird die <strong>Morphologie</strong> als Teil des Lexikons – und nicht der Syntaxdefiniert• Die Bildung komplexer Wörter findet anhand genuin morphologischer• Die Bildung komplexer Wörter findet anhand genuin morphologischerRegeln im Lexikon statt!


• Das Lexikon bildet eine eigenständige Komponente des Grammatiksystems• Das Lexikon enthält nicht nur einfache Wörter, sondern auch Derivata undKomposita• Die <strong>Morphologie</strong> findet im Lexikon, und nicht in der Syntax(transformationalistischer Ansatz) statt


• Das Lexikon enthält eine endliche Liste von Morphemen• Das Lexikon enthält eine endliche Liste von komplexen Lexemen, vondenen man annimmt, dass sie ganzheitlich abgespeichert sind, z.B. usuelleBildungen• Das Lexikon enthält eine endliche Menge von (morphologischen) Regeln• Diese analysieren die usuellen Bildungen und generieren neue Bildungen


• Durch die Annahme von Wortbildungsregeln wird dem kreativen Aspektder Wortbildung Rechnung getragen• Die Regelkomponente enthält nur mögliche Wortstrukturen, z.B. diefolgenden Wortstrukturen für Nominalkomposita des Deutschen:N → N+N (Haus+tür)N → A+N (Groß+stadt)N → V+N Brenn+stab)N → P+N (Über+mensch)• Im Lexikalistischen Ansatz werden Simplizia und komplexe Wörtereinheitlich behandelt: Sie gelten gleichermaßen Teil des Lexikons


• Frühere Ansätze der lexikalistischen <strong>Morphologie</strong> (z.B.Jackendoff 1975, Aronoff 1976):– Das Lexikon enthält alle usuellen Wörter der Sprache, aber keine Affixe– Affixe haben keinen Lexikoneintrag– Affixe existieren nur innerhalb der Wortbildungsregeln und sind Teilder allgemeinen Beziehungen im Lexikon

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