<strong>Beratungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>Diplom-WirtschaftsingenieurFrank A. Bötzkesvon der Ingenieurkammer Niedersachsen öffentlich bestellterund vereidigter Sachverständiger für BauablaufstörungenJulius-Leber-Straße 50, 38116 BraunschweigTel. 0531/51 61 530, Fax 0531/51 61 536Internet: www.Boetzkes.de, E-Mail: BiB@Boetzkes.deb) Das Einzelfallprinzip<strong>Die</strong> Vorgänge <strong>im</strong> Bauablauf und die auf diese Vorgänge wirkenden Störungen sind <strong>im</strong> Einzelfall zuerfassen, zu berücksichtigen und zu verarbeiten. So werden Störungen zum Beispiel nur auf diejenigenVorgänge bezogen, die durch die Störung direkt betroffen sind. Andere Vorgänge bleiben vonsolchen Störungen unbetroffen. Eine pauschale Zuordnung von Störungen widerspricht dem Einzelfallprinzipund kann somit nicht erfolgen.c) Das VerursachungsprinzipStörungen <strong>im</strong> Bauablauf sind ihrer Ursache gemäß auf die Vorgänge zu beziehen, auf die sie sichstörend auswirken.Störursachen können zum Beispiel fehlende Baufreiheiten, verspätete Planbeistellungen, verspäteteBemusterungsentscheidungen oder andere ändernde Anordnungen des Auftraggebers sein.Störursachen sind nur zu berücksichtigen, wenn sie durch Dokumente, wie zum Beispiel Vertragsunterlagen,Schriftwechsel zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer oder Besprechungsprotokollebelegt sind.Weiterhin sind nur solche Störursachen zu berücksichtigen, die aus dem Risikobereich des Auftraggebers,also dem Auftraggeber selbst oder einem seiner Erfüllungsgehilfen, stammen.Im Bauablauf muss die Auswirkung einer Störursache, zum Beispiel eine Bauzeitverlängerung, direktauf eine konkrete Ursache bezogen werden können.d) Das Schadenprinzip<strong>Die</strong> Auswirkungen von Störungen <strong>im</strong> Bauablauf sind als Schaden festzustellen. Ein solcher Schadenwird ermittelt durch Differenzbildung zweier Vermögenslagen.• Vermögenslage 1 ist die Vermögenslage, die dem Auftragnehmer bei vertragsgemäßer Erfüllungdes Bauvertrages entstanden wäre.• Vermögenslage 2 ist die Vermögenslage, die dem Auftragnehmer bei gestörtem Bauablauf entstandenist; dabei sind die Störungen zu berücksichtigen, die der Auftraggeber zu vertreten hat.<strong>Die</strong> Vermögenslage 2 kann zum Beispiel dadurch beeinflusst werden, dass durch Störungen <strong>im</strong>Bauablauf Leerzeiten für Kapazitäten zu Leerkosten führen und damit zu höheren Kosten für dasBauunternehmen als <strong>im</strong> Bauvertrag vereinbart sind. <strong>Die</strong>se Leerkosten bilden unter anderem denSchaden, der dem Auftragnehmer bei Störungen <strong>im</strong> Bauablauf entsteht.<strong>Die</strong> Geltendmachung eines solchen Schadens kommt bei einem VOB-Bauvertrag aus baubetrieblicherSicht gemäß folgender Best<strong>im</strong>mungen in Betracht:• Geänderter oder zusätzlicher Preisfür Konstruktive LeistungsänderungenSofern der Auftraggeber sein Leistungsbest<strong>im</strong>mungsrecht nach § 1 Nrn. 3 und 4 VOB/B ausübtund geänderte oder zusätzliche Bauleistungen anordnet, wird hierfür ein geänderter Preisgemäß § 2 Nr. 5 VOB/B oder ein zusätzlicher Preis gemäß § 2 Nr. 6 VOB/B berechnet:Leistungsprofil BiB: Seite 6 von 922.10.2007 C:\Daten\BiB\0-Allgemein\Dokumente\Mehrkosten-40.doc
<strong>Beratungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Bauwesen</strong>Diplom-WirtschaftsingenieurFrank A. Bötzkesvon der Ingenieurkammer Niedersachsen öffentlich bestellterund vereidigter Sachverständiger für BauablaufstörungenJulius-Leber-Straße 50, 38116 BraunschweigTel. 0531/51 61 530, Fax 0531/51 61 536Internet: www.Boetzkes.de, E-Mail: BiB@Boetzkes.de§ 2, Nr. 5 VOB/B„Werden durch Änderungen des Bauentwurfs oder andere Anordnungen des Auftraggebers die Grundlagen desPreises für eine <strong>im</strong> Vertrag vorgesehene Leistung geändert, so ist ein neuer Preis unter Berücksichtigung derMehr- oder Minderkosten zu vereinbaren. <strong>Die</strong> Vereinbarung soll vor der Ausführung getroffen werden.“§ 2, Nr. 6 VOB/B„(1) Wird eine <strong>im</strong> Vertrag nicht vorgesehene Leistung gefordert, so hat der Auftragnehmer Anspruch auf besondereVergütung. Er muss jedoch den Anspruch dem Auftraggeber ankündigen, bevor er mit der Ausführungder Leistung beginnt.(2) <strong>Die</strong> Vergütung best<strong>im</strong>mt sich nach den Grundlagen der Preisermittlung für die vertragliche Leistung undden besonderen Kosten der geforderten Leistung. Sie ist möglichst vor Beginn der Ausführung zu vereinbaren.“Aus baubetrieblicher Sicht ist die Ermittlung eines geänderten oder zusätzlichen Preises identisch.<strong>Die</strong> geänderten oder zusätzlichen Preise für geänderte oder zusätzliche Bauleistungenbetreffen die Konstruktiven Leistungsänderungen (vergleiche Ziffer 2).• Geänderter Preis, Schadensersatz oder Entschädigungsanspruch für Störungen<strong>Die</strong> Geltendmachung von Mehrkosten aus geänderten und gestörten Bauabläufen als geänderterPreis gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B ist baurechtlich umstritten. So schließt Thode 2 dies aus dogmatischenGründen kategorisch aus, da eine Störung durch den Auftraggeber nicht als Folge desLeistungsbest<strong>im</strong>mungsrechtes gemäß § 1 Nr. 3 VOB/B über § 2 Nr. 5 VOB/B als geänderterPreis berechnet werden könne. Kniffka 3 und Kapellmann 4 hingegen sind der Auffassung, dassder Bauherr <strong>im</strong> Rahmen seines Leistungsbest<strong>im</strong>mungsrechtes gemäß § 1 Nr. 3 VOB/B durchausbauzeitliche Anordnungen treffen dürfe und diese dann nach § 2 Nr. 5 VOB/B ab<strong>zur</strong>echnensind. Somit bleibt <strong>im</strong> Einzelfall zu klären, ob Störungen als bauzeitliche Anordnungen desAuftraggebers <strong>im</strong> Sinne der § 1 Nr. 3 und § 2 Nr. 5 VOB/B geltend gemacht werden können.Kommt ein Anspruch gemäß § 2 Nr. 5 VOB/B nicht in Frage und hat der Auftraggeber vertraglicheMitwirkungspflichten verletzt oder andere vertragswidrige Anordnungen gegenüberdem Auftragnehmer getroffen, wird hierfür der Schadensersatz gemäß § 6 Nr. 6 VOB/B berechnet:§ 6, Nr. 6 VOB/B„Sind die hindernden Umstände von einem Vertragsteil zu vertreten, so hat der andere Teil Anspruch auf Ersatzdes nachweislich entstandenen Schadens, des entgangenen Gewinns aber nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.“<strong>Die</strong> Verletzungen vertraglicher Mitwirkungspflichten oder andere vertragswidrige Anordnungendurch den Auftraggeber gegenüber dem Auftragnehmer werden als Störereignisse ermittelt(vergleiche Ziffer 4).Baubetrieblich erfolgt die Ermittlung des Schadens auf Grundlage der Differenzhypothese zwischenden Kosten des gestörten Bauablaufs 2 und den Kosten des geänderten Bauablaufs 1. Da-2Vergleiche Thode, R.: Nachträge wegen gestörten Bauablaufs <strong>im</strong> VOB/B-Vertrag. Eine kritische Bestandsaufnahme. In: ZfBR, Gütersloh,Bauverlag (2004), Heft 3, Seite 214 -2253Vergleiche Bolz, S.: § 2 Nr. 5 VOB/B: Doch Anspruchsgrundlage bei Bauzeitverzögerung! In: IBR-online, Werkstatt-Beitrag, März 20054Vergleiche Professor Dr. jur. Kapellmann, K. und Universitätsprofessor Dr.-Ing. Schiffers, K.-H.: Vergütung, Nachträge und Behinderungsfolgenbe<strong>im</strong> Bauvertrag, Band 1: Einheitspreisvertrag. Werner-Verlag, 5. Auflage 2006, Rdn. 1401Leistungsprofil BiB: Seite 7 von 922.10.2007 C:\Daten\BiB\0-Allgemein\Dokumente\Mehrkosten-40.doc