Diät fürs Gerät
Diät fürs Gerät Diät fürs Gerät
Fotos: Michel Dekker; Zeichnungen: R. Bork Diät fürs Gerät Weniger ist mehr, wenn man dem Light Tackle-Fischen verfallen ist. Ein Trend, der mich und meinen Vater begeistert. Jedes Jahr verwirklichen wir unseren Angeltraum aufs Neue, der bedeutet: Mit leichterem Gepäck und dem Flieger zum Fischen nach Mittelnorwegen von Michel Dekker Unser Light Tackle-Angelparadies liegt nur etwa 100 Kilometer nordöstlich von Trondheim am äußersten Ende des Trondheimfjordes. Seit einigen Jahren besuchen wir immer wieder die tolle Anlage von Betreiber Klaas-Jan Jonkman. Aus gutem Grund: Klaas ist, wie wir, ein Verfechter des leichteren Fischens in Norwegens Fjorden und das Revier rund um das Skarnsundet Fjordsenter (www.skarnsundet.com) eignet sich einfach ideal dafür. Genau das ist es: Die Spinnrute biegt sich zum Halbkreis und selbst halbstarke Gegner machen so richtig Dampf Gemeinsame Leidenschaft von Vater und Sohn Dekker: Light Tackle-Fischen in den Fjorden „Spielwiese“ für leichtes Gerät und gut mit dem Flieger zu erreichen: der Trondheimfjord Fische & Fjorde I 19 NORWEGEN I Praxis
- Seite 2 und 3: NORWEGEN I Praxis Fotos: Michel Dek
- Seite 4 und 5: NORWEGEN I Praxis Fotos: Michel Dek
Fotos: Michel Dekker; Zeichnungen: R. Bork<br />
<strong>Diät</strong> <strong>fürs</strong> <strong>Gerät</strong><br />
Weniger ist mehr, wenn man dem<br />
Light Tackle-Fischen verfallen ist. Ein<br />
Trend, der mich und meinen Vater begeistert.<br />
Jedes Jahr verwirklichen wir<br />
unseren Angeltraum aufs Neue, der<br />
bedeutet: Mit leichterem Gepäck<br />
und dem Flieger zum Fischen nach<br />
Mittelnorwegen<br />
von Michel Dekker<br />
Unser Light Tackle-Angelparadies liegt nur etwa 100 Kilometer<br />
nordöstlich von Trondheim am äußersten Ende des Trondheimfjordes.<br />
Seit einigen Jahren besuchen wir immer wieder<br />
die tolle Anlage von Betreiber Klaas-Jan Jonkman. Aus gutem<br />
Grund: Klaas ist, wie wir, ein Verfechter des leichteren<br />
Fischens in Norwegens Fjorden und das Revier rund um das<br />
Skarnsundet Fjordsenter (www.skarnsundet.com) eignet sich<br />
einfach ideal dafür.<br />
Genau das ist es: Die Spinnrute biegt sich<br />
zum Halbkreis und selbst halbstarke Gegner<br />
machen so richtig Dampf<br />
Gemeinsame Leidenschaft von Vater und Sohn Dekker: Light Tackle-Fischen in den Fjorden<br />
„Spielwiese“ für leichtes <strong>Gerät</strong> und gut mit dem Flieger zu erreichen: der Trondheimfjord<br />
Fische & Fjorde I 19<br />
NORWEGEN I Praxis
NORWEGEN I Praxis<br />
Fotos: Michel Dekker<br />
Leichte Rute, kleine Linkshand-Multirolle, traumhaftes Wetter...<br />
...und manchmal fette Beute! Esther, die Freundin des Autors, mit ihrem<br />
10-Kilo-Heilbutt , der einen kleinen Pilker inhalierte<br />
Leichte Welle<br />
Warum mit <strong>Gerät</strong>e-„Spielzeug“ auf große Dorsche, Köhler,<br />
Pollack, Schellfische oder sogar Heilbutt fischen? Nach vielen<br />
Jahren des Experimentierens gelangten wir zur Einsicht,<br />
dass der Spaßfaktor, mit leichteren Ruten und Rollen zu fischen,<br />
die Möglichkeit, einen wirklich großen Räuber damit<br />
zu verlieren, einfach überwiegt. Ein 5-Kilo-Köhler an einer<br />
Hecht-Spinnrute ist ein anderer „Schnack“ als der gleiche<br />
Seelachs an der 30-Pfund-Gerte. Die leichte Rute biegt sich<br />
zu einer herrlichen Kurve und die Bremse der Stationärrolle<br />
bekommt richtig Arbeit, wenn der Köhler versucht, den Köder<br />
wieder loszuwerden. Die leichte Welle hat inzwischen alle<br />
meine Freunde erfasst und die Fjorde sind eine perfekte „Spielwiese“<br />
dafür. Doch was heißt Light Tackle eigentlich? Unsere<br />
eingesetzten Ruten haben eine Länge zwischen 2,40 und<br />
3,00 Metern und Wurfgewichte zwischen 50 und 100 Gramm.<br />
Mit diesen leichten Meeresruten-Modellen in Verbindung mit<br />
4000er oder 5000er-Stationärrollen können Pilker und Jigköpfe<br />
zwischen 70 und 125 Gramm ganz entspannt vom Boot<br />
aus gefischt werden. Auf den Rollen finden etwa 200 Meter<br />
0,15er geflochtene Schnur Platz. Diese Kombination reicht<br />
aus, um mit fast allen der genannten Fischarten fertig zu werden<br />
– die ganz großen Brocken scheiden schon bei der Wahl<br />
der Köder aus.<br />
20 I Fische & Fjorde
Kleine, einfache Köderauswahl zum leichten Fischen in<br />
den Fjorden: Wobbler, Pilker und Gummifisch
NORWEGEN I Praxis<br />
Fotos: Michel Dekker (4), Klaas-Jan Jonkman (1)<br />
Traumanlage am Trondheimfjord: das<br />
Skarnsundet Fjordsenter<br />
Taktik für spannende Tage<br />
Leichte Pilker und Gummifische auf Jigköpfen bis 125 Gramm<br />
beschreiben kurz und schmerzlos die Köderwahl und weisen<br />
direkt auf eine Taktikvariante hin: den Köder bis zum<br />
Grund absinken lassen und anfangen zu kurbeln. Klingt einfach,<br />
ist es auch, aber ein paar Kniffe sind doch noch zu beherzigen.<br />
Geht’s mit Gummifischen in die Tiefe, ist darauf zu<br />
achten, dass der „Shad“ nicht zu schnell nach oben geholt<br />
wird. Versuchen Sie es mit verschiedenen Geschwindigkeiten.<br />
Manchmal steigen die Fische gleich brachial ein. An anderen<br />
Tagen gestaltet sich das Beißverhalten subtiler, die<br />
Rutenspitze wird ganz langsam herumgezogen, bis der Haken<br />
sitzt. Erfolgen die Bisse auf diese Weise, sind zwei Dinge<br />
zu beachten: nicht aufhören zu kurbeln und auf gar keinen<br />
Fall anschlagen, sonst sind die Gegner zu 95 Prozent<br />
verloren! Meistens verfolgen sie den Köder aber auch auf<br />
seinem Weg nach oben und der Biss kann in der gesamten<br />
Wassersäule erfolgen. Auf diese Weise finden Sie auch die<br />
richtige Tiefe, in der sich die Räuber aufhalten. Für diese Art<br />
des Light Tackle-Spinnfischens eignen sich auch kleine Linkshand-Multirollen<br />
– leider gibt’s kaum welche mit integrier-<br />
22 I Fische & Fjorde<br />
Kleinere, aber kampfstarke Köhler<br />
machen richtig Laune an der Spinnrute<br />
tem Schnurzähler. Beim Spinnen packen<br />
Dorsche, Köhler und Pollack zu.<br />
Schellfische und Wittlinge sind eher<br />
selten. Schnelleres Einholen bringt Seelachse<br />
und Pollack, langsameres Kurbeln<br />
Dorsche. Kommen Pilker zum Einsatz<br />
(100 bis 125 Gramm) muss deutlich<br />
schneller gekurbelt werden, als es bei<br />
Gummifischen der Fall ist. „Speed-Pilken“<br />
ist die effektivste Methode auf<br />
kampfstarke Köhler, die brutal auf die<br />
schnell geführten Pilker einsteigen.<br />
Fjord-Jiggen<br />
Jiggen ist ebenfalls ein gutes Mittel,<br />
manchmal sehr erfolgreich, aber auch<br />
sehr langweilig. Außerdem werden bei<br />
dieser Führungsweise viele Fische im<br />
Rücken oder irgendwo im Kopfbereich<br />
gehakt – unschön, aber wie gesagt, hin<br />
und wieder erfolgversprechend. Der Pilker<br />
wird zum Grund abgelassen und<br />
dann mit kleinen Sprüngen grundnah geführt.<br />
Die Schnur sollte immer stramm<br />
sein, um so jeden Anfasser zu bemerken.<br />
Bleibt der Pilker plötzlich stehen –<br />
anschlagen! Ich jigge etwas vorsichtiger,<br />
wildes Reißen führt meistens dazu,<br />
den Fisch überall zu haken, aber nicht in<br />
der Maulpartie. Jiggen ist natürlich auch<br />
mit Gummifischen möglich. Der Einzelhaken<br />
der Gummis sorgt dafür, dass die<br />
Fische oft sauberer gehakt sind. Diese<br />
Jigköpfe bis 120 Gramm<br />
reichen für „Light Tackle“ aus
Schleppen und werfen an steilen Felsabbrüchen<br />
bringt vor allen Dingen Pollack<br />
Schwarm-Anzeige auf dem Echolot – die größeren Räuber lauern rund um die „Wolke“<br />
Angel-Taktik kann zu mancher Überraschung<br />
führen: Meine Freundin begleitete<br />
mich auf einer der letzten Reisen. Es war<br />
ein schöner erster Tag, aber die Meeresbewohner<br />
waren recht träge, so dass wir es<br />
mit Jiggen versuchten. Zwischen zwei Unterwasserbergen<br />
ließen wir also die Pilker<br />
auf- und abhüpfen, bis sich Esthers Drilling<br />
im Grundbewuchs festkrallte. Sie ahnen es<br />
schon, es war kein Stein oder eine Schlingpflanze,<br />
die ihren Köder festgesetzt hatte,<br />
sondern ein 10-Kilo-Heilbutt, der sie über<br />
eine halbe Stunde in Atem hielt. Diese Geschichte<br />
höre ich übrigens jedes Jahr wieder,<br />
wenn Esther mitkommt – mir war ein<br />
solches Erlebnis nämlich bisher nicht vergönnt.<br />
Dorsch im Schlepp<br />
Trolling ist eine beliebte Methode bei der<br />
Jagd auf Lachs und Meerforelle, aber gerade<br />
Dorsch, Pollack und Köhler lassen sich<br />
auf diese Weise auch gern abschleppen.<br />
Der Hochsommer ist die Top-Zeit zum<br />
Schleppfischen mit tief laufenden Wobblern.<br />
Wir verwendeten den Deep Taildancer<br />
(Lauftiefe acht bis 10 Meter) und den<br />
Glass Shad Rap (Lauftiefe drei bis vier Me-<br />
ter) von Rapala. Die Wobbler brachten Dorsche<br />
zwischen vier und fünf Kilo und Pollacks<br />
in der gleichen Klasse. In Verbindung<br />
mit etwas steiferen Spinnruten ein Riesenspaß,<br />
wenn die Fische nach dem Biss die<br />
Flucht antreten. Bei unserer Suche nach<br />
den besten Plätzen zum Schleppen kristallisierten<br />
sich flachere Plateaus am Rande<br />
von tiefen Bereichen heraus. Außerdem<br />
sollten steile Felsabrüche und Ecken mit<br />
viel Strömung unter den Kiel genommen<br />
werden. Mit etwas Glück trifft man die Räuber<br />
bei der Jagd im Flachwasser – dann<br />
werfe ich sie direkt mit dem Wobbler an.<br />
Natürlich besteht auch die Möglichkeit, mit<br />
Naturködern am leichten <strong>Gerät</strong> zu fischen.<br />
Es gibt Momente, da sind Heringsfetzen<br />
unschlagbar – bei dieser Methode landen<br />
auch vermehrt Schellfische und Wittlinge<br />
im Boot. Apropos an Bord landen und wieder<br />
zurücksetzen: Light Tackle-Fischen findet<br />
in Tiefen bis maximal 60 Meter statt.<br />
Das hat den Vorteil, dass die Fische problemlos<br />
wieder zurückgesetzt werden können.<br />
Und sollte es der ein oder andere Räuber<br />
nicht schaffen, ist zumindest das Dinner<br />
am Abend im Schein der Mitternachtssonne<br />
gesichert.<br />
Fische & Fjorde I 23<br />
NORWEGEN I Praxis