kinderwunsch — wunschkinder - Deutsche Ullrich-Turner-Syndrom ...
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Eltern für Kinder, nicht Kinder für Eltern suchen<br />
Der Evangelische Verein für Adoptions- und Pflegekindervermittlung im Rheinland e. V. stellt seine Arbeit vor.<br />
Das Interview führte Marlis Stempel mit der stellvertretenden Geschäftsführerin des Vereins,<br />
Diplom-Sozialarbeiterin Gesine Wischerhoff.<br />
Sie sind ein evangelischer Verein für die Vermittlung<br />
von Adoptions- und Pflegekindern. Wer wendet sich<br />
an Sie?<br />
Vorab möchte ich deutlich machen, dass wir uns<br />
in erster Linie als eine Organisation verstehen, die<br />
sich den betroffenen Kindern verpflichtet fühlt. Das<br />
heißt, wir handeln immer aus Kindeswohlperspektive<br />
und sind nicht (in erster Linie) dafür da, den<br />
Kinderwunsch unfreiwillig kinderloser Menschen<br />
zu erfüllen. Wir suchen Eltern für Kinder und nicht<br />
Kinder für Eltern.<br />
An uns wenden sich sowohl Paare als auch Einzel-<br />
personen aus ganz Deutschland, um sich über die<br />
vorhandenen Möglichkeiten, wie man ein Kind bei<br />
sich aufnehmen kann, zu informieren.<br />
Im Rahmen der interstaatlichen Adoptionsvermitt-<br />
lung sind wir Ansprechpartner für Paare aus dem<br />
gesamten Bundesgebiet, die sich dafür interessieren,<br />
ein Kind aus dem Ausland aufzunehmen. Derzeit<br />
kooperieren wir mit den afrikanischen Ländern Äthiopien,<br />
Südafrika und Kenia.<br />
Bezogen auf die Adoption eines Kindes aus dem<br />
Inland können sich Paare an uns wenden, die im<br />
Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland und<br />
innerhalb der Evangelisch-lutherischen Landeskirche<br />
Hannovers leben, weil wir dort mit dem Projekt<br />
Mirjam kooperieren.<br />
Das Projekt Mirjam ist ein Beratungsnetzwerk, ein<br />
„Netzwerk für das Leben“, das Müttern und schwangeren<br />
Frauen Hilfs- und Beratungsangebote macht.<br />
Wenn in diesem Kontext ein Kind der Adoption bedarf,<br />
ist der Evangelische Verein für die Vermittlung<br />
zuständig. Das Diakonische Werk der Evangelischlutherischen<br />
Landeskirche Hannovers musste den<br />
Adoptionsdienst leider einstellen. So haben wir als<br />
Evangelischer Verein diese Aufgaben übernommen.<br />
Können nur Paare oder auch Einzelpersonen ein Kind<br />
adoptieren?<br />
Gesetzlich ist eine Adoption durch Einzelpersonen<br />
natürlich möglich. Dies kommt häufig bei Stiefelternoder<br />
Verwandtenadoptionen vor. Bei Fremdadoptionen,<br />
wie wir sie vermitteln, geht es darum, einem<br />
Kind, das schon Verlusterfahrungen hat, möglichst<br />
gute Chancen für die Zukunft zu bieten. Aus Kindesperspektive<br />
machte es in der Regel Sinn, einem Kind<br />
zwei Elternteile zu vermitteln, die auch rechtlich glei-<br />
chermaßen Verantwortung für es tragen. Daher neh-<br />
men wir in der Regel nur Anträge von verheirateten<br />
Paaren an, die gemeinschaftlich adoptieren können.<br />
Auch unsere Kooperationspartner im Ausland nehmen<br />
in der Regel nur Anträge von verheirateten<br />
Paaren an. Im Bereich der Inlandsadoptionsvermittlung<br />
lernen wir die abgebenden Eltern kennen und<br />
fragen sie nach den Wünschen für ihr Kind. Oft haben<br />
wir es mit alleinstehenden Frauen zu tun, die auch<br />
aufgrund dieser Tatsache keine Perspektive für sich<br />
und das Kind sehen. Wir haben es noch nie erlebt,<br />
dass eine Frau sich gewünscht hätte, dass ihr Kind zu<br />
einer einzelnen Person vermittelt wird. Sie wünschen<br />
sich häufig genau das für ihr Kind, was sie dem Kind<br />
selber nicht geben können: eine vollständige Familie<br />
im Sinne einer Familie mit Vater und Mutter.<br />
Gibt es eine Altersgrenze für Adoption?<br />
Gesetzlich festgelegt ist nur das Mindestalter: Bei<br />
einem verheirateten Paar, das adoptieren möchte,<br />
muss einer der beiden mindestens 25 Jahre alt sein,<br />
wenn der andere Partner 21 Jahre alt ist.<br />
Aus fachlicher Sicht ist es wichtig für das Kind, dass<br />
ein Eltern-Kind-Verhältnis zwischen dem Kind und<br />
den Annehmenden wachsen kann. Wir gehen von<br />
einem Altersabstand von nicht mehr als 40 Jahren<br />
zwischen dem älteren Elternteil und dem Kind aus.<br />
Ein Beispiel: Wenn wir ein Kind vermitteln, das fünf<br />
Jahre alt ist, darf der ältere Elternteil 45 Jahre<br />
alt sein. Bei einer Säuglingsvermittlung sollten die<br />
Adoptiveltern nicht älter als 40 Jahre sein. Natürlich<br />
gibt es auch andere wichtige Kriterien, die das Alter<br />
relativieren können.<br />
Gibt es noch andere Kriterien zur Beurteilung von<br />
Pflege- beziehungsweise Adoptiveltern? Sollen sie<br />
zum Beispiel in gesicherten Verhältnissen leben und<br />
das Waschbecken immer sauber haben?<br />
Es gibt einige formale Kriterien: Die Adoptiveltern<br />
müssen geschäftsfähig sein. Sie sollten gesund sein,<br />
das heißt, keine lebensbedrohlichen, lebensverkürzenden<br />
oder stark einschränkenden Erkrankungen<br />
haben. Die wirtschaftliche Gesamtsituation sollte<br />
gesichert sein. Das bedeutet nicht, dass man wohlhabend<br />
sein muss, aber man sollte ein Kind finanzieren<br />
können und zum Beispiel über ausreichenden Wohnraum<br />
verfügen. Adoptiveltern sollten keine Einträge<br />
im Führungszeugnis haben. Dementsprechend müssen<br />
folgende Nachweise erbracht werden: Führungszeugnis,<br />
Gesundheitszeugnis, Nachweise über das<br />
Einkommen. Es wird auch die häusliche Umgebung<br />
begutachtet. Daneben sind die Gespräche, die mit<br />
den Paaren geführt werden, ganz wichtig. Es geht<br />
darum zu erfahren, ob ein Paar in der Lage ist, ein<br />
fremdes Kind so anzunehmen wie es ist. Die Paarbeziehung<br />
sollte möglichst stabil sein. Die Gespräche<br />
sollen den Paaren helfen, eine realistische Einschätzung<br />
ihrer Möglichkeiten und Grenzen in Bezug auf<br />
ein Adoptivkind zu gewinnen.<br />
Das häufigste Motiv, ein Adoptivkind aufzunehmen,<br />
ist die eigene ungewollte Kinderlosigkeit. Festzustellen,<br />
dass man kein leibliches Kind bekommen kann,<br />
wird von vielen als sehr schmerzhaft empfunden.<br />
Man muss sich vom Wunsch nach einem leiblichen<br />
Kind verabschieden können, denn ein Adoptivkind<br />
darf kein Ersatz für ein leibliches Kind sein. Durch die<br />
Auseinandersetzung des Kindes mit seiner Herkunft<br />
werden auch die Eltern immer wieder mit ihrem unerfüllten<br />
Kinderwunsch konfrontiert. Es ist somit notwendig,<br />
dass Bewerber ihre Kinderlosigkeit soweit<br />
verarbeitet haben, dass sie eine bewusste Entscheidung<br />
für die Aufnahme eines fremden Kindes treffen<br />
und der Auseinandersetzung standhalten können.<br />
Das Kind sollte um seiner selbst willen angenommen<br />
werden, genauso wie es ist <strong>—</strong> als ein fremder Mensch<br />
mit eigenen Bedürfnissen. Das Kind kommt nicht, um<br />
die Bedürfnisse des Paares zu erfüllen.<br />
Die älteren Kinder, die wir kennen lernen, haben häu-<br />
fig eine belastende Lebensgeschichte. Sie brauchen<br />
stabile Eltern, die gut in die Gesellschaft integriert<br />
sind, um ebenso eine möglichst gute Integration<br />
dieser Kinder zu ermöglichen. Bei älteren Kindern<br />
wissen wir, dass sie aufgrund ihrer Erfahrung <strong>—</strong><br />
manchmal ihrer traumatischen Erfahrung <strong>—</strong> Konflikte<br />
mitbringen und diese in der neuen Familie ausleben.<br />
Es ist nicht einfach mit einem fünfjährigen Kind<br />
umzugehen, das in der Herkunftsfamilie geschlagen<br />
worden ist. Da müssen Eltern stabil und sehr geduldig<br />
sein. Die Paare müssen eine hohe Frustrationstoleranz<br />
haben, um das aushalten zu können. Es wird<br />
außerdem darüber gesprochen, wie die Paare damit<br />
umgehen können, dass es auch noch leibliche Eltern<br />
der Kinder gibt.<br />
Dieses Kind wird seine leiblichen Eltern vermissen,<br />
obwohl es von ihnen schlecht behandelt wurde. Es<br />
wird fragen: Warum kommen Mama und Papa nicht<br />
mehr? Also, ich kann mir sehr wohl vorstellen, dass<br />
die zukünftigen Eltern dem Kind sehr viel Stabilität<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
und Sicherheit vermitteln müssen. Wenn die zukünf-<br />
tigen Eltern nicht selber in sich ruhen, dürfte das<br />
ein Problem werden. Wie sehen Sie das Umfeld der<br />
Paare? Beispielsweise die Rolle der Großeltern?<br />
Die Integration der Bewerber in ihr soziales Umfeld<br />
ist von großer Bedeutung. Für uns ist es wichtig,<br />
mit den Paaren darüber zu sprechen, wie sie innerhalb<br />
ihrer Familie oder ihres Freundeskreises mit<br />
dem Adoptionsthema umgehen. Gibt es vielleicht<br />
Widerstände? Meistens weiß die Familie und der<br />
Freundeskreis, dass das Paar keine leiblichen Kinder<br />
bekommen kann und dass sie adoptieren möchten. Es<br />
ist wichtig, dass die Familie und der Freundeskreis das<br />
Kind ebenfalls willkommen heißen. Manchmal gibt<br />
es einzelne Familienmitglieder, die Vorurteile haben<br />
und diese erst langsam abbauen können. Oft hilft es<br />
schon, dass man offen damit umgeht und dass auch<br />
die Widerstände thematisiert werden.<br />
Fragen Sie nach dem Grund, warum ein Paar keine<br />
leiblichen Kinder bekommen kann oder spielt es<br />
keine Rolle, den genauen Grund zu wissen?<br />
Die persönlichen Gespräche, die wir mit Bewerbern<br />
führen, sind immer auch Biographiearbeit. Wie ist<br />
das Leben des Paares verlaufen? Wieso interessiert<br />
sich das Paar für eine Adoption? Der medizinische<br />
Grund ist unerheblich. Manchmal kann man nicht<br />
mit Gewissheit sagen, warum dieses Paar keine Kinder<br />
bekommen kann. Es ist gar nicht so selten, dass<br />
Paare später doch noch ein leibliches Kind bekommen.<br />
Wichtig zu wissen wäre es, ob es eine Krankheit<br />
gibt, die eventuell Lebensverkürzend ist oder stark<br />
lebensbeeinträchtigend. Das würde natürlich dazu<br />
führen, dass auch das Kind, damit zu leben hätte.<br />
Das wäre nicht verantwortbar. Unfruchtbarkeit ist<br />
aber keine Voraussetzung für eine Adoption. Es gibt<br />
viele Paare, die Kinder bekommen können und sich<br />
trotzdem für eine Adoption entscheiden. Sie fragen<br />
wir natürlich auch nach ihrer Motivation, ein fremdes<br />
Kind aufzunehmen.<br />
Ich finde es ja ganz wichtig, ein Kind nicht aus eigen-<br />
nützigen Interessen in Pflege zu nehmen. Wie finden<br />
Sie heraus, ob vielleicht doch ein Eigennutz dahinter<br />
steckt?<br />
Eigennutz klingt sehr negativ. Ein gewisses Eigen-<br />
interesse der Paare muss da sein, etwa der Wunsch,<br />
gemeinsam mit Kindern zu leben. Wir wünschen uns<br />
eine gesunde Mischung. Eine Adoption sollte nicht<br />
nur ein Akt des sozialen Engagements sein. Es ist<br />
nicht angenehm für ein Kind zu erfahren, dass es ein<br />
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