kinderwunsch — wunschkinder - Deutsche Ullrich-Turner-Syndrom ...
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Niemals unterkriegen lassen! Ein Interview mit Stefanie und Michael<br />
Die Fragen stellte Sarah<br />
Stefanie (25 Jahre) und Michael (32 Jahre)<br />
leben gemeinsam mit ihrer Australian Shepherd<br />
Hündin Maja in Nordrhein-Westfalen. Sie sind seit<br />
September 2009 verheiratet. Für Stefanie, die das<br />
<strong>Ullrich</strong>-<strong>Turner</strong>-<strong>Syndrom</strong> hat und als Erzieherin in<br />
einem Kindergarten arbeitet, war es früh klar, dass<br />
sie einmal Kinder haben möchte. Aufgrund eines<br />
Herzfehlers war die Eizellspende ein zu riskanter<br />
Schritt. Schnell waren sie und ihr Ehemann sich<br />
einig, dass sie gemeinsam den Weg der Adoption<br />
gehen wollen. Dass sie ihr Pflegekind genauso<br />
lieben werden, als sei es ihr eigenes, das stand für<br />
die beiden nie zur Debatte. Im Interview berichtet<br />
Stefanie über ihre Situation.<br />
Habt ihr, was euer zukünftiges Kind angeht,<br />
bestimmte Vorstellungen, oder lasst ihr euch eher<br />
überraschen, wie der Zuwachs eurer kleinen Familie<br />
sein wird?<br />
Stefanie: Wir haben uns dazu entschieden, ein Kind<br />
aufzunehmen, das maximal fünf Jahre alt ist, damit<br />
ein natürliches Kind-Eltern-Verhältnis zustande<br />
kommen kann. Aber eine gewisse Überraschung ist<br />
wohl immer dabei!<br />
Seid ihr während der recht bürokratischen Proze- Proze-<br />
dur der Adoption vor gewissen Dingen zurück ge-<br />
schreckt? Welche Hürden waren die schwierigsten?<br />
Stefanie: Es ist, denke ich, normal, dass man<br />
vor gewissen Dingen beim Thema Adoption<br />
zurückschreckt. Es dringt sehr tief in die Privatsphäre<br />
der Familie ein. Jedes kleine Detail wird abgefragt,<br />
das ganze Leben durchleuchtet. Es geht da nicht<br />
nur um finanzielle Dinge. Es geht um die eigene<br />
Kindheit, den Erziehungsstil, die eigenen Stärken<br />
und Schwächen. Dass man in Zukunft ein sehr<br />
offenes und tolerantes Familienleben führen muss,<br />
dessen muss man sich schon bewusst sein. Jede<br />
Veränderung muss man dem Jugendamt mitteilen.<br />
Neben den Adoptiveltern und dem Jugendamt<br />
spielen sicherlich auch die leiblichen Eltern weiter<br />
eine Rolle im Leben des Kindes?<br />
Stefanie: Es ist wirklich nicht ganz leicht zu<br />
begreifen, dass man den leiblichen Eltern gegenüber<br />
sehr tolerant sein muss, auch wenn sie ihrem<br />
Kind vielleicht schlimme Sachen angetan haben.<br />
Hier darf man keine Barrieren aufbauen! Man<br />
sollte auch niemals vergessen, dass Eltern für ein<br />
vernachlässigtes Kind gesucht werden. Die Kleinen<br />
haben bereits genug durchmachen müssen und<br />
sollen es jetzt so gut wie möglich haben. Dass Kinder<br />
von Geburt an zur Adoption freigegeben werden,<br />
passiert sehr selten.<br />
Was könnt ihr über den finanziellen Aspekt einer<br />
Adoption berichten?<br />
Stefanie: Eine Adoption aus dem Ausland ist viel<br />
teurer, als wenn man hier in Deutschland adoptiert.<br />
Man muss sich auf Gerichtskosten, Dolmetscher<br />
und weitere kostspielige Dinge einrichten. Das<br />
können schnell mal mehr als 20 000 Euro werden.<br />
Nach oben gibt es keine Grenze. In Deutschland sind<br />
Adoptionen nicht mit so vielen Kosten verbunden,<br />
doch die Chancen auf eine erfolgreiche Adoption<br />
stehen auch nicht ganz so gut wie im Ausland.<br />
Wie informiert ihr euch eigentlich über das Thema<br />
Adoption?<br />
Stefanie: Wir besuchen einen Pflegeelternkurs, der<br />
sich mit allen Themen rund ums Pflegekind befasst.<br />
Aus welchen Verhältnissen kommt das Kind? Wie<br />
sehen die Rechte und Pflichten der Pflegeeltern aus,<br />
und wie die Betreuung vom Jugendamt? Außerdem<br />
gibt es persönliche Gespräche, die beleuchten,<br />
ob man als Pflegefamilie geeignet ist. Wenn wir<br />
einen positiven Eindruck machen, dann kommt<br />
man Abschluss eventuell den Anruf, dass man ein<br />
Pflegekind aufnehmen kann.<br />
Wie geht ihr in eurem Verwandten- und Bekannten-<br />
Bekannten-<br />
kreis mit dem Thema UTS und Adoption um?<br />
Stefanie: Wir sind von Anfang an mit allem sehr offen<br />
umgegangen! Unsere Verwandten und auch unsere<br />
Freunde haben damit überhaupt kein Problem.<br />
Stefanie, was würdest du Frauen antworten, die<br />
sagen, dass ein Adoptivkind die eigene Schwanger-<br />
schaft nicht ersetzen kann?<br />
Stefanie: Zunächst würde ich sie fragen, ob man ein<br />
Kind wirklich nur dann lieben kann, wenn man es<br />
neun Monate im Bauch getragen hat. Natürlich fehlt<br />
da was und uns UTS-Mädels, die nicht schwanger<br />
Michael und Stefanie<br />
werde können, wird die Möglichkeit genommen, das<br />
Wunder der Natur am eigenen Körper zu fühlen zu<br />
bestaunen und wahrzunehmen. Aber nur deshalb<br />
ein Leben komplett ohne Kind, nur weil man kein<br />
eigenes bekommen kann? Für mich persönlich kann<br />
ich mir kein Leben ganz ohne Kinder vorstellen! Ich<br />
weiß hundertprozentig, dass ich mein Pflegekind so<br />
lieben, schätzen und erziehen werde, als wenn es<br />
mein eigenes wäre. Allerdings kann es auch Paare<br />
geben, die glauben, dass sie ein fremdes Kind nicht<br />
richtig lieben können. Aber das muss jeder für sich<br />
entscheiden.<br />
Noch einmal zusammengefasst: Was sind für<br />
euch beide die wichtigsten Gründe, ein Kind zu<br />
adoptieren?<br />
Stefanie: Zuerst mal muss man sich von dem<br />
Gedanken verabschieden, dass ein adoptiertes Kind<br />
das eigene „ersetzen“ soll. Es geht vielmehr darum,<br />
einem Kind zu helfen, es zu lieben mit all seinen<br />
Fehlern und Schwächen. Es ist sehr wichtig, dass<br />
beide Partner voll dahinter stehen, nicht nur einer.<br />
Der Wille muss da sein, das Kind als Familienmitglied<br />
zu integrieren.<br />
Was sind eure Tipps für Paare, die ebenfalls mit dem<br />
Gedanken spielen, ein Kind zu adoptieren?<br />
Stefanie: Beide sollten sich intensiv mit dem<br />
Thema beschäftigen und über Internet, Bücher und<br />
Magazine informieren. Sich mit Pflegefamilien zu<br />
unterhalten, ist sehr hilfreich. Hinein steigern sollte<br />
man sich auf der anderen Seite jedoch auch nicht.<br />
Das kann einen Menschen innerlich kaputt machen.<br />
<strong>kinderwunsch</strong> <strong>—</strong> <strong>wunschkinder</strong><br />
Mein Vorschlag ist: Wenn ihr es wirklich wollt, dann<br />
solltet ihr es einfach machen und euch nicht von den<br />
bürokratischen Hürden unterkriegen lassen. Auch<br />
wenn der Weg lang ist und voller Steine: Einfach<br />
durchhalten! Es gibt so viele Kinder, die eine Familie<br />
brauchen.<br />
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