73. Jahrgang Nr. 4 - Deutsche Hugenotten-Gesellschaft eV
73. Jahrgang Nr. 4 - Deutsche Hugenotten-Gesellschaft eV
73. Jahrgang Nr. 4 - Deutsche Hugenotten-Gesellschaft eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
die andere den französisch-reformierten Gottesdienst im Oratoire du Louvre.<br />
Letzterer war ein gut besuchter Gottesdienst mit der Taufe eines achtjährigen<br />
Jungen. Pfarrer Marc Pernot, der erst vor kurzen von Nancy auf<br />
diese Stelle gewechselt ist, hielt eine ausgezeichnete Predigt über die Frage:<br />
Worin besteht der Wert des Menschen? Das Oratoire du Louvre, ehemals<br />
eine katholische Kirche, war erst 1811 unter Napoléon I. den Reformierten<br />
übergeben wurde.<br />
Für den Nachmittag stand eine Führung auf der Spuren der <strong>Hugenotten</strong> in<br />
Paris auf dem Programm. Ohne Führung wäre die Spurensuche unmöglich,<br />
da keine erkennbaren Hinweise vorhanden sind. Die Führung beginnt im<br />
Garten bei der katholischen Kirche von St. Germain-des-Prés mit dem<br />
Denkmal, das an den französischen Keramikhersteller Bernard Palissy<br />
erinnert, der 1589 in Gefangenschaft starb. Nichts erinnert in der heutigen<br />
kleinen Rue Visconti, benannt nach dem Architekten, der den Invalidendom<br />
umgestaltet hat, äußerlich daran, dass hier viele <strong>Hugenotten</strong> gelebt haben<br />
und hier die erste reformierte Synode in Paris 1559 getagt hat. Über die<br />
Académie Française leitet die Führung an den Gebäuden des Louvre vorbei,<br />
einem ehemaligen Schloss, in dem auch schon erwähnter König Henri<br />
IV residierte, noch einmal zum Oratoire du Louvre, um dort auf das Denkmal<br />
einer der führenden Gestalten des frühen Protestantismus in Frankreich,<br />
Admiral Gaspard de Coligny, aufmerksam zu machen. Er wurde in<br />
der Bartholomäusnacht ermordet, in der allein in Paris 3000 Protestanten<br />
zu Tode kamen, im ganzen Land 20.000.<br />
Die Rückreise ging eigens über die kleine Stadt Wassy im Gebiet Haut-<br />
Marne, zur Champagne gehörig, zu der Gedenkstätte und dem Museum.<br />
Sie erinnern an das Massaker vom 1. März 1562 – also noch zu Calvins<br />
Lebzeiten –, das an 200 <strong>Hugenotten</strong> verübt wurde, als sie sich in einer<br />
Scheune zum Gottesdienst versammelt hatten. François Herzog von Guise<br />
fühlte sich auf dem Weg nach Paris durch den Gottesdienst der Protestanten<br />
gestört. Er schickte seine bewaffneten Leute, es kam zu einer Schlägerei<br />
und die Bewaffneten machten die wehrlose Gemeinde nieder. Das Massaker<br />
löste eine Reihe von Religionskriegen in Frankreich aus bis zum<br />
Toleranzedikt von 1598. Das 1980 geschaffene Museum ist im kleinen<br />
Temple protestant eingerichtet und informiert eindrücklich über die Geschichte<br />
der Protestanten in Frankreich.<br />
Der Besuch erinnerte die Reisegruppe nochmals, wie blutig die Spur der<br />
<strong>Hugenotten</strong> in Frankreich ist, wie sehr die reformierte Kirche in Frankreich<br />
über lange Abschnitte in ihrer Geschichte eine Märtyrerkirche gewesen ist.<br />
Bis heute ist sie ein lebendiger Hinweis, wie eine noch so schreckliche<br />
Gewalt nicht imstande ist, den Glauben auszulöschen. Hier lässt sich die<br />
Wahrheit des Bibelwortes lernen: „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt<br />
überwunden hat“ (1. Johannes 5,4).<br />
170