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„Lichtreicher Rosenkranz“ – Brücke zur Ostkirche - Kreuzgang

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mit Gott auf dem Berg Sinai. Die Menschen konnten ihn nicht ansehen, weil ausihm ein ungewöhnliches Licht strahlte, das sein Angesicht umgab. Er war genötigt,dem Volke schließlich verhüllt gegenüberzutreten. Denkt an die Verklärung desHerrn auf dem Berge Tabor. Ein großes Licht umstrahlte ihn, und seine Kleiderwurden weiß wie Schnee, seine Jünger aber stürzten erschrocken zu Boden.“ DochMotowilow reagierte auf diese Ausführungen etwas zweifelnd und fragend. „Danahm mich Vater Seraphim überaus kräftig an der Schulter und sagte: ‚Wir sindbeide jetzt, Väterchen, im Geiste Gottes ... Warum schaut Ihr mich denn nicht an?’Ich gab <strong>zur</strong> Antwort: ‚Ich kann Euch nicht anschauen, Väterchen, weil aus EurenAugen Blitze sprühen. Euer Gesicht ist heller als die Sonne geworden, und meineAugen schmerzen davon...’ Vater Seraphim sagte: ‚Entsetzt Euch nicht, Eure Gottergebenheit,Ihr seid jetzt ebenso lichtüberflutet wie auch ich. Ihr selbst seid jetzt inder Fülle des Geistes Gottes, sonst könntet Ihr mich gar nicht so sehen.’ Und währender seinen Kopf zu mir neigte, flüsterte er mir leise ins Ohr: ‚Dankt Gott demHerrn für seine unaussprechliche Gnade gegen Euch. Ihr habt ja gesehen, daß ichmich nicht einmal bekreuzigt habe, nur in meinem Herzen habe ich still den Herrngebeten und innerlich gesagt: Herr, würdige ihn, daß er klar und mit seinen leiblichenAugen die Herabkunft Deines Geistes sieht, dessen Du deine Knechte würdigst,wenn immer es Dir gefällt, Dich im Lichte deiner majestätischen Herrlichkeitzu offenbaren. Und seht, Väterchen, der Herr hat augenblicklich die demütige Bittedes armseligen Seraphim erhört... Wie sollten wir ihm nicht danken für diese seineunaussprechliche Gnade an uns beiden? Denn nicht immer, Väterchen, hat Gottder Herr seine Gnade selbst den großen Heiligen in der Wüste gezeigt. DieseGnade Gottes wollte, dank der Fürbitte der Gottesmutter, Euer zerbrochenes Herztrösten wie eine Mutter, die ihr Kind liebt...’‚Warum, Väterchen, schaut Ihr mir nicht in die Augen? Blickt mich einfach an undfürchtet nichts, der Herr ist mit uns.’ Nach diesen Worten erhob ich meinen Blickin sein Gesicht und ein noch größerer Schauer überfiel mich. Man stelle sich vor,mitten in der Sonne, in der überaus blendenden Helle ihrer mittäglichen Strahlen,das Gesicht eines Menschen, der mit euch redet. Ihr seht die Bewegungen seinerLippen, den sich ändernden Ausdruck seiner Augen, hört seine Stimme, spürt, daßjemand euch mit den Händen an die Schulter faßt, aber weder seine Hände nocheuch selbst, noch seine Gestalt, sondern lediglich ein blendend helles Licht seht ihr,das sich einige Meter im Umkreis ausbreitet und mit seinem hellen Glanz dieSchneedecke der Waldlichtung und die Schneeflocken, die auf mich und den großenStarzen herabfallen, aufleuchten läßt. Wahrscheinlich wird man sich die Situationvorstellen können, in der ich mich damals befand.“ 1212Nikolai Motowilow, Unterweisungen zum Erwerb des heiligen Geistes, in: Dmitri Mereschkowski,Wassili Rosanow, Margarita Woloschina, Maximilian Woloschin, Der letzte Heilige.Seraphim von Sarow und die russische Religiosität. Aus dem Russischen von Heike Jaschke-Tonikjan. Einführung von Karen Swassjan, Stuttgart 1994, S. 227-230 (hier abgedruckt nach:Stimme der Orthodoxie, Januar und Februar 1990).Kirche heute <strong>–</strong> Nr. 03 <strong>–</strong> März 2003

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