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Streiflichter der Ortsgeschichte<br />
Ritter „Konrad der Tannhauser“<br />
Wir möchten unseren Leserinnen<br />
und Lesern auf diesem Wege in<br />
jeder Gemeindezeitung einen Einblick<br />
in die <strong>Mariapfarr</strong>er Ortsgeschichte<br />
geben. Grundlage hierfür<br />
bilden die Bücher von Prof. Josef<br />
Schitter über die Heimat <strong>Mariapfarr</strong>.<br />
<strong>Mariapfarr</strong> am 5. Jänner 1983.<br />
Heute vor genau 500 Jahren<br />
schloss auf seinem Wohnturm<br />
in Pichl für immer die Augen der<br />
„Edelveste und gestrenge Herr<br />
Rat, Chunrad der Tannhauser, gewesener<br />
Pfleger zu Moßhaim und<br />
Landrichter in Lungau“. so wurde<br />
er in den zeitgenössischen Urkunden<br />
betitelt.<br />
Mehr als 30 Jahre lang hatte er<br />
im Auftrag des Landesfürsten und<br />
Erzbischofes von Salzburg mit hohem<br />
Ansehen den Lungau regiert,<br />
und zwar in der Zeit von 1443 bis<br />
1475. Damals ist die Pfarrkirche<br />
von <strong>Mariapfarr</strong> auf ihre heutige<br />
gotische Form umgebaut worden<br />
und die Einweihung im Jahre 1446<br />
mag auch für diesen Ritter ein<br />
großes Fest bedeutet haben.<br />
Die Tannhauser waren als Beamtenfamilie<br />
schon viele Jahrezehnte<br />
in Mauterndorf ansässig gewesen<br />
und waren mit den Lungauer<br />
Adeligen, den Weißpriachern und<br />
Waldegkern, verwandt und verschwägert.<br />
Von den Waldegkern<br />
hat Konrad dann auch den damals<br />
neuerbauten Turm von Pichl geerbt<br />
und dieses „Gschloß“ zu seinem<br />
privaten Familiensitz ausgestaltet.<br />
Dorthin hat er sich dann<br />
auch für seinen Ruhestand zurückgezogen.<br />
Der Höhepunkt seines Lebens ist<br />
zweifellos der 19. März 1452 gewesen,<br />
als dieser Mann anlässlich<br />
der Kaiserkrönung<br />
K a i s e r<br />
Seite 24 | Streiflichter der Ortsgeschichte<br />
Friedrichs III. unter dessen Gefolgschaft<br />
in Rom weilte und nach<br />
altem Brauche auf der Tiberbrücke<br />
vom Kaiser in feierlicher Form<br />
zum Ritter geschlagen wurde. Er<br />
war also ein hochangesehener sogenannter<br />
„Tever-Ritter“ oder „Teverer“.<br />
Eine der schönsten Freuden im<br />
Lungau erlebte er, als im Jahre<br />
1461 sein Freund und Verwandter,<br />
der Dompropst Burkhart von<br />
Weißpriach, zum Erzbischof gewählt<br />
wurde. Und ganz schwer<br />
mag es den treuen Beamten und<br />
Gefolgsmann dann getroffen haben,<br />
als gerade dieser Landesfürst<br />
von Salzburg bereits nach fünf Regierungsjahren<br />
überraschend früh<br />
gestorben ist.<br />
Aber auch sein Ruhestand auf<br />
dem Turm zu Pichl war von tiefen<br />
Sorgen überschattet. Burkharts<br />
Nachfolger, Erzbischof Bernhard<br />
von Rohr, hatte sich nämlich mit<br />
dem Kaiser Friedrich III. überworfen<br />
und diesem zum Trotz sich mit<br />
dem Erbfeind des Kaisers, dem<br />
Ungarnkönig Mathias Korvinus,<br />
verbündet. Auf diese Weise kamen<br />
ungarische Soldaten, sogenannte<br />
„Kunigische“, als Besatzungstruppen<br />
in den Lungau, verbarrikadierten<br />
sich hinter der Wehrmauer der<br />
St.-Leonhards-Kirche bei Tamsweg<br />
und drangalisierten von dort<br />
aus die Lungauer Bevölkerung.<br />
Ritter Konrad der Tannhauser, der<br />
„seinen Lungau“ so viele Jahre wie<br />
ein kleiner Fürst segensreich und<br />
in Frieden regiert hatte, musste<br />
das mit größter Wehmut ansehen<br />
und er mag sich oft gefragt haben,<br />
wo das noch hinführen soll.<br />
Er ist sicher sorgenvoll gestorben.<br />
Sein kunstvoller Grabstein<br />
in der Örgenkapelle unserer<br />
Pfarrkirche meldet:<br />
„Hier liegt begraben<br />
Herr Konrad von<br />
Tannhauser, dem<br />
Gott gnädig sei,<br />
der gestorben<br />
ist am heiligen<br />
Dreikönig-Abend<br />
1483.“<br />
Die „Kunigischen“<br />
hatten kurz zu-<br />
Bild: Mag.<br />
Wolf-Dieter<br />
Prosinger<br />
vor die Burgen Ramingstein und<br />
Weißpriach erstürmt und eingenommen.<br />
Und da berichtet der<br />
Kärntner Chronist Jakob Unrest in<br />
seiner Österreich-Chronik: „Bald<br />
darnach starb Herr Kunrad der<br />
Tannhauser, Pfleger auf Moßhaim,<br />
ein frumer Ritter. Und als man ihn<br />
toter zu der Begräbnis nach Pfarr<br />
trug, da kamen etlich Kunigische<br />
und klagten den Frauen ihr großes<br />
Leid. Und die in dem Furm in das<br />
Gschloß kommen waren, nahmen<br />
das Gschloß ein und nahmen, was<br />
sie darin fanden.“ Alle wehrhaften<br />
Männer und die Adeligen hatten<br />
den überaus angesehenen Ritter<br />
auf seinem letzten Weg von Pichl<br />
zur Pfarrkirche hinüber begleitet<br />
und nur die Mägde waren daheim<br />
geblieben, um nach der Aufbahrung<br />
und dem sicher sehr umfangreichen<br />
Leichenfrühstück aufzuräumen.<br />
Das Gschloß war jeder<br />
Bewachung entblößt und das nützen<br />
die schlauen Ungarn aus. Sie<br />
jammerten den Weibern Hunger<br />
und Kälte vor, bis sich diese erbarmten<br />
und ihnen wenigstens die<br />
Reste des Leichenschmauses geben<br />
wollten. Unvorsichtigerweise<br />
sperrten sie das Gschloß auf. Da<br />
wurden plötzlich aus den armseligen<br />
Bettlern furchtbare Räuber,<br />
die auf einmal aus allen Ecken auftauchten<br />
und das Gschloß stürmten<br />
und plünderten. Eine böse<br />
Überraschung für die ganze Tannhauserische<br />
Verwandschaft muss<br />
das gewesen sein! So geschehen<br />
beim Gschloß in Pichl in den Tagen<br />
nach dem Dreikönigstag im Jahre<br />
1483.<br />
Seither ruht Konrad der Tannhauser<br />
in der Kirche von <strong>Mariapfarr</strong>.<br />
Die Greifenklaue seines Familienwappens<br />
aber ist inzwischen Modell<br />
gestanden für das Gemeindewappen<br />
des heutigen <strong>Mariapfarr</strong>.<br />
Zur 500. Wiederkehr seines Todestages<br />
soll die Erinnerung an<br />
diesen edlen Ritter wieder aufgefrischt<br />
sein und es muss auch<br />
weiterhin gelten: Ehre seinem Andenken!<br />
Prof. Josef Schitter,<br />
Gästezeitung, Februar 1983