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Klinik für Kinder - fibz::familienmagazin

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:: Was passiert mit meinem Kind, wenn mir was passiert?<br />

Was passsiert mit meinem Kind, wenn mir oder uns etwas passiert? Diese Frage stellen sich viele Eltern, besonders alleinerziehende. <strong>fibz</strong> befasste sich<br />

damit auch bereits in einer früheren Ausgabe. Was nun aber, wenn sich Eltern krankheitsbedingt nur vorübergehend nicht um ihr Kind kümmern können?<br />

Wer betreut das Kind dann? Wer trägt die Kosten? Wer fängt das Kind seelisch auf und gibt ihm Unterstützung? Viele Fragen tauchen auf. <strong>fibz</strong> suchte sich<br />

Rat bei Rechtsanwältin Katrin Hellmund aus Bernau und bei Dr. Adam, Chefarzt der <strong>Kinder</strong>- und Jugendpsychiatrie des Martin-Gropius-Krankenhauses.<br />

Fragen an RA Katrin Hellmund:<br />

<strong>fibz</strong>: Ich bin alleinerziehend und liege nach<br />

einem schweren Verkehrsunfall nicht ansprechbar<br />

im Krankenhaus. Wer kümmert<br />

sich dann um mein Kind?<br />

RA Katrin Hellmund: In einem solchen Fall<br />

liegt es nahe, dass enge Familienangehörige<br />

das Kind<br />

versorgen und<br />

betreuen. Rechtlich<br />

gesehen ruht<br />

gem. § 1674 BGB<br />

die elterliche<br />

Sorge des allein<br />

erziehenden<br />

verunglückten<br />

Elternteils, das<br />

nicht ansprechbar<br />

ist. Diese lebt<br />

erst wieder auf,<br />

wenn der Grund<br />

des Ruhens z.B.<br />

durch Genesung - nicht mehr besteht.<br />

Für die Zeit des Ruhens der elterlichen<br />

Sorge erhält das minderjährige Kind vom<br />

Familiengericht gem. § 1773 BGB einen<br />

Vormund.<br />

Die Bestellung eines Vormundes ist entbehrlich,<br />

wenn z.B. eine verunglückte allein<br />

erziehende Mutter die gemeinsame<br />

elterliche Sorge <strong>für</strong> das Kind mit dem Kindesvater<br />

hat. In diesem Fall wird das Kind<br />

vom anderen sorgeberechtigten Elternteil<br />

4 <strong>fibz</strong> :: Familienleben<br />

versorgt. Besteht kein gemeinsames Sorgerecht,<br />

müsste - wie bereits oben erwähnt<br />

- ein Vormund <strong>für</strong> das Kind bestellt werden.<br />

Hierbei ist zunächst die Frage, ob die sorgeberechtigte<br />

Mutter gem. § 1776 BGB einen<br />

Vormund benannt hat, vgl. auch Frage<br />

3. Hat die Mutter einen Vormund benannt,<br />

Katrin Hellmund<br />

Rechtsanwältin<br />

Arbeitsrecht<br />

Familienrecht<br />

Verkehrsrecht<br />

ist gem. § 1778 BGB zu prüfen, ob die<br />

benannte Person geeignet ist. Ist die benannte<br />

Person geeignet und hat diese die<br />

Ausübung der Vormundschaft nicht gem.<br />

§ 1786 BGB abgelehnt, wird die benannte<br />

Person zum Vormund durch das Familiengericht<br />

gem. §§ 1789, 1791 BGB bestellt.<br />

<strong>fibz</strong>: Haben leibliche Großeltern automatisch<br />

ein Vorrecht und wenn ja: die Eltern<br />

der Mutter oder die des Vaters?<br />

RA Katrin Hellmund: Leibliche Großeltern<br />

haben nicht automatisch ein Vorrecht, als<br />

Vormund bestellt zu werden. Entscheidend<br />

ist auch hier wieder die Frage, ob überhaupt<br />

ein Vormund vom Sorgeberechtigten<br />

benannt worden ist. Nur sorgeberechtigte<br />

Eltern oder Elternteile sind gem. § 1777<br />

BGB berechtigt, einen Vormund zu benennen<br />

(sog. Benennungsrecht).<br />

Wurde<br />

kein Vormund benannt,<br />

wird ein geeigneter<br />

Vormund<br />

03338 - 76 82 06<br />

Berliner Str. 52c<br />

16321 Bernau<br />

Aufgang C, direkt über „Janny`s Eis“<br />

www.ra-hellmund.de<br />

vom Familiengericht<br />

unter Mitwirkung<br />

des Jugendamtes<br />

bestimmt, vgl.<br />

§ 1779 BGB. Hat<br />

nun z.B. die allein<br />

sorgeberechtigte<br />

Mutter als Vormund<br />

leibliche Großeltern<br />

(egal, ob mütterli-<br />

cher- oder väterlicherseits) benannt, prüft<br />

das Familiengericht, ob der benannte Vormund<br />

geeignet ist. Das Familiengericht<br />

muss zum Wohle des Kindes entscheiden,<br />

was bei sehr alten und gebrechlichen<br />

Großeltern u.U. nicht mehr gegeben wäre,<br />

so dass auch von den Vorgaben der Eltern<br />

oder Elternteile zum benannten Vormund<br />

abgewichen werden kann.<br />

<strong>fibz</strong>: Wie kann ich festlegen, wer in einem<br />

solchen Fall mein Kind betreut? Gibt es ein<br />

Formular, das ich ausfülle oder reicht es<br />

wie bei einem Testament, wenn ich handschriftlich<br />

verfüge?<br />

RA Katrin Hellmund: Durch eine sogenannte<br />

Sorgerechtsverfügung können die<br />

jeweils sorgeberechtigten Elternteile oder<br />

die sorgeberechtigten Eltern festlegen, wer<br />

im Beispielsfall oder auch bei Versterben<br />

des sorgeberechtigten Elternteils Vormund<br />

des Kindes sein soll.<br />

Der Vormund wird gem. § 1777 Abs. 3<br />

BGB durch die letztwillige Verfügung, also<br />

z.B. durch (ggf. auch gemeinschaftliches)<br />

Testament der/des Sorgeberechtigten<br />

benannt. Ein Testament ist nur dann wirksam,<br />

wenn eine entsprechende Form eingehalten<br />

wird. So muss die Verfügung der/<br />

des Sorgeberechtigten gem. § 2247 BGB<br />

höchstpersönlich handschriftlich verfasst,<br />

mit Vor- und Zunamen unterschrieben sowie<br />

mit Ort und Datum (Tag, Monat, Jahr)<br />

versehen sein. Das Testament kann auch<br />

zur Niederschrift eines Notars errichtet<br />

werden. Damit die Sorgerechtsverfügung<br />

nach dem Tod auch sofort wirksam wird,<br />

wäre es empfehlenswert, diese bei dem<br />

benannten Vormund oder beim Nachlassgericht<br />

zu hinterlegen. Die Hinterlegung<br />

beim Nachlassgericht ist jedoch gebührenpflichtig.<br />

<strong>fibz</strong>: Kann das Jugendamt über meinen<br />

Kopf hinweg und gegen meinen Willen anders<br />

entscheiden?<br />

RA Katrin Hellmund: Das Jugendamt hat zu<br />

dieser Frage keine eigene Entscheidungsbefugnis.<br />

Hat das Familiengericht Zweifel<br />

an der Geeignetheit der als Vormund benannten<br />

Person, kann von den Vorgaben<br />

der/des Sorgeberechtigten gem. § 1778<br />

BGB abgewichen werden. So ist z.B. eine<br />

selbst noch minderjährige Person als Vormund<br />

ungeeignet, auch könnte z.B. ein<br />

14-jähriges Kind den Vorgaben der Eltern<br />

widersprechen. Das Familiengericht würde<br />

bei Zweifeln an der Geeignetheit der vom<br />

Sorgeberechtigten benannten Person nach<br />

Anhörung des Jugendamtes den Vormund<br />

auswählen. Das Jugendamt würde auch<br />

in Fällen mitwirken, wo der allein Sorgeberechtigte<br />

z.B. verstirbt und das Sorgerecht<br />

ggf. dem anderen Elternteil vom Familiengericht<br />

gem. § 1680 BGB zu übertragen<br />

wäre, wenn dies dem Wohl des Kindes<br />

nicht widersprechen würde. Widerspräche<br />

hingegen die Übertragung des Sorgerechts<br />

auf den anderen (bisher nicht sorgeberechtigten)<br />

Elternteil dem Kindeswohl, bliebe<br />

nur die Bestellung eines Vormundes<br />

nach den o.g. Kriterien gem. § 1773 BGB.<br />

<strong>fibz</strong>: Wer trägt die Kosten <strong>für</strong> die Betreuung<br />

des Kindes?<br />

RA Katrin Hellmund: Der Vormund muss<br />

nicht selbst <strong>für</strong> den Unterhalt des Kindes<br />

aufkommen, er wird von den Eltern des<br />

Kindes getragen. Können diese den Unterhalt<br />

nicht aufbringen, wäre zur Abdeckung<br />

des Kindesunterhalts vom Vormund entsprechende<br />

staatliche Unterstützung, wie<br />

Zahlung von Unterhaltsvorschuss, <strong>Kinder</strong>geld,<br />

ggf. Sozialhilfe und Leistungen über<br />

das Jugendamt nach dem SGB VIII zu beantragen.<br />

<strong>fibz</strong>: Vielen Dank <strong>für</strong> das Gespräch!<br />

:: Wie geht‘s <strong>Kinder</strong>n in einer solchen Situation?<br />

Fragen dazu beantwortet PD Dr. Hubertus<br />

Adam, Chefarzt der <strong>Kinder</strong>- und Jugendpsychiatrie<br />

des Martin-Gropius-Krankenhauses<br />

in Eberswalde. Dort startete vor<br />

Kurzem ein Projekt, in dem <strong>Kinder</strong>, deren<br />

Eltern körperlich schwer erkrankt sind,<br />

psychologisch betreut werden.<br />

<strong>fibz</strong>: Wie reagieren <strong>Kinder</strong>, wenn Mutter<br />

oder Vater plötzlich schwer erkranken und<br />

sich nicht mehr wie gewohnt um sie<br />

kümmern können?<br />

Dr. Adam: 15% aller <strong>Kinder</strong> erleben<br />

bis zu ihrem 18. Lebensjahr<br />

eine schwere körperliche Erkrankung<br />

ihrer Eltern. Wie <strong>Kinder</strong> auf<br />

derartige Belastungen reagieren,<br />

hängt ab von ihrem Alter, den ihnen<br />

zur Verfügung stehenden Ressourcen<br />

und eventuell zusätzlichen<br />

Belastungen. Dabei löst nicht die<br />

Krankheit der Eltern an sich eine Erkrankung<br />

des Kindes aus. Entscheidend<br />

ist, welche Bedeutung das Kind<br />

der Erkrankung der Eltern beimisst<br />

und wie es sie erlebt.<br />

Ein Säugling (0-12 Monate) erlebt zum<br />

Beispiel Trennungen von der Mutter,<br />

wie sie durch stationäre Behandlungen<br />

notwendig werden können, als existenzielle<br />

Bedrohung. Er weiß noch nicht,<br />

dass sie wiederkommt. So wird der<br />

Aufbau der wichtigen frühen Bindung<br />

zwischen Mutter und Säugling gestört.<br />

Kleine <strong>Kinder</strong> (1-3 Jahre) betrachten<br />

Trennungen möglicherweise als Bestrafung<br />

durch Verlassenwerden. Wenn<br />

das Kind nicht versteht, warum der Alltag<br />

krankheitsbedingt plötzlich so anders<br />

verläuft und warum die Eltern sich eventuell<br />

körperlich<br />

verändern, ist es<br />

auf seine Phantasien<br />

angewiesen.<br />

Nebenwirkungen<br />

oder Folgeerscheinungen<br />

bei krebskranken<br />

Eltern<br />

wirken auf <strong>Kinder</strong><br />

sehr ängstigend.<br />

Erst recht, wenn<br />

sie nicht angemessenvorbereitet<br />

wurden.<br />

Vorschulkinder<br />

(3-5 Jahre) können<br />

sich irreale<br />

Vorstellungen<br />

über Auslöser der<br />

Erkrankung herbeifantasieren. Manche<br />

meinen, ihre eigenen „bösen“ Gedanken<br />

oder Gefühle von Wut und Rivalität gegenüber<br />

dem kranken Elternteil hätten diesen<br />

krank gemacht.<br />

Schulkinder (6-11 Jahre) denken in sehr<br />

konkretem Sinne über mögliche Folgen<br />

der elterlichen Erkrankung nach: von nicht<br />

stattfindenden Urlaubsreisen bis zur vitalen<br />

Bedrohung. Das führt zu Besorgnis und<br />

der Bereitschaft, eigene Bedürfnisse und<br />

Gesundheit & Familienfreundlichkeit<br />

Lebensqualität <strong>für</strong> die Region<br />

Wir setzen uns da<strong>für</strong> ein!<br />

• medizinisch - therapeutische Angebote<br />

• Unterstützung gesundheitsfördernder<br />

und kultureller Aktivitäten<br />

• aktiver Umweltschutz in unseren<br />

Einrichtungen<br />

www.glg-mbh.de<br />

Gefühle als unwichtig zurückzustellen.<br />

Jugendliche (12-17 Jahre)<br />

sind in der Regel bereit,<br />

bewusst Verantwortung<br />

<strong>für</strong> den kranken Elternteil,<br />

aber auch <strong>für</strong> die ganze Familie<br />

zu übernehmen.<br />

Je größer die Bereitschaft<br />

und damit einhergehende<br />

Schuldgefühle sind, desto<br />

stärker können eigene<br />

Autonomiewünsche eingeschränkt<br />

werden. Der Anspruch,<br />

Partner und Stütze<br />

zu sein, überfordert sie oft und<br />

kann zu eigenen psychischen Störungen<br />

führen.<br />

<strong>fibz</strong>: Woran erkenne ich, ob ein Kind<br />

psychologische Hilfe braucht?<br />

Dr. Adam: Die Frage ist nicht leicht<br />

zu beantworten. Eigentlich sollte<br />

immer dann, wenn die Frage nach<br />

einem <strong>Kinder</strong>psychiater oder <strong>Kinder</strong>psychotherapeut<br />

gestellt wird,<br />

ein derartiger Profi aufgesucht werden.<br />

Kommt dieser zur Ansicht, es sind<br />

keine weiteren Maßnahmen erforderlich<br />

– umso besser. Auf jeden<br />

Fall sollte ein Fachmann<br />

aufgesucht werden, wenn<br />

die Betonung des familiären<br />

Zusammenhalts so groß wird, dass<br />

sich das einzelne Kind nicht altersgemäß<br />

entwickeln kann, wenn<br />

Isolation gegenüber der sozialen<br />

Umwelt auftritt, wenn Konflikte vermieden<br />

werden oder <strong>Kinder</strong> Elternfunktion<br />

übernehmen. Ernst nehmen sollte<br />

man auch, wenn <strong>Kinder</strong> Ängste haben,<br />

nicht mehr schlafen können, sich nur noch<br />

anderen in KiTa oder<br />

Schule anvertrauen<br />

und die Eltern Veränderungen<br />

an ihrem<br />

Kind nicht mehr<br />

selbst bemerken.<br />

<strong>fibz</strong>: Wie helfen Sie<br />

betroffenen <strong>Kinder</strong>n<br />

in Ihrem kürzlich angelaufenen<br />

Projekt?<br />

Dr. Adam: Das vom<br />

Verein „Damus e.V.“<br />

unterstützte Projekt<br />

bietet in der von Psychologin<br />

Dr. Corinna<br />

Seither geleiteten<br />

Beratungsstelle spezielle<br />

Hilfe <strong>für</strong> körperlich<br />

kranke Eltern und ihre <strong>Kinder</strong> an. In<br />

Familiengesprächen oder auch Einzelgesprächen<br />

kommen Ängste und Sorgen der<br />

Familien zur Sprache und gemeinsam wird<br />

überlegt, wie man damit umgehen kann.<br />

<strong>fibz</strong>: Vielen Dank <strong>für</strong> das Gespräch!<br />

Kontakt: Martin-Gropius-Krankenhaus Eberswalde<br />

Psychologin Dr. Corinna Seither<br />

Tel: 03334 I 53308 od. AB<br />

Oderberger Straße 8<br />

16225 Eberswalde<br />

Familienleben :: <strong>fibz</strong> 5

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