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3828 F - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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HÖH ENZOLLERISCHE<br />

HEIMAT<br />

Der Feldhauser Hochaltar (1740)<br />

Herauegegeben com<br />

W <strong>3828</strong> F<br />

Hohenzolleritchen Gefchichteoerein<br />

26. Jahrgang Nr. 1/März 1976<br />

Zu den qualitätvollsten Barockaltären des Landes zählt jener der 1738 erbauten St.-Nikolaus-<br />

Kirche in Gammertingen-Feidhausen. Foto: M. Hermann


JOHANN ADAM KRAUS<br />

Aus der Geschichte des Dorfes Stein bei Hechingen<br />

Der Name des neuestens der Stadt Hechingen zugeschlagenen<br />

Ortes Stein wird erstmals im Jahre 1253 urkundlich<br />

erwähnt. Damals taucht anläßlich des Verkaufs eines<br />

Weinberges zu Wurmlingen a. N. ans Kloster Kirchberg<br />

der „Leutpriester Gero in Stain" als Zeuge auf<br />

Im Zehntregister von 1275 heißt es „Steine". Das Dorf<br />

war somit bereits um Mitte des 13. Jahrhunderts Pfarrei,<br />

trotzdem es (aus dem Namen zu schließen) nicht weit<br />

vor das Jahr 1000 zurückreichen dürfte, wie Willy Baur<br />

richtig bemerkte 2 .<br />

I. Der Ortsname Stein<br />

Der genannte Forscher vermutet, die Ortsgründung werde<br />

wohl von Niederhechingen mit seiner alten Martinskirche<br />

oder von Sickingen (wegen der Ingen-Endung)<br />

ausgegangen sein. Der Steiner Kirchenpatron St. Markus<br />

reicht offenbar nicht in so alte Zeit zurück. Über den<br />

Namen Stein für diese Siedlung sind wir leider nur auf<br />

Vermutungen angewiesen. Die Orte Stein bei Bretten<br />

und Steinen bei Lörrach hießen 1255 bzw. 1150 „Steine".<br />

Gewöhnlich bezeichnet Stein in Ortsnamen eben<br />

Steine oder einen auffallenden Felsen, die aber hier in<br />

Stein an der Starzel heute fehlen. Denkbar wäre auch<br />

ein Herrschaftsname, der über eine Burg oder einen Hof<br />

zum Ortsnamen geworden wäre. Aber dafür ist nach<br />

Baur der Ort wieder zu alt. Michael Walter hat 3 dann<br />

hingewiesen: Stein lag ursprünglich auf einer Bergnase<br />

zwischen Starzel und dem Herrenwiesenbächle auf einer<br />

Terrasse des Stubensandsteins, der stark abgebaut sei,<br />

und der namengebend gewesen sein könne. Allerdings<br />

meint er, daß in früherer Zeit sonst auch ein Steinbau<br />

oder Burg aus Stein den Ortsnamen hervorgerufen haben<br />

könne. Dies darf jedoch als ausgeschlossen gelten, da diese<br />

Bauten regelmäßig an oder über einem wirklichen Felsen<br />

entstanden. Somit wird wohl die ursprüngliche Sandsteinterrasse<br />

den Namen verursacht haben. Sandstein<br />

wurde schon in früher Zeit zu Burgen- und Kirchenbau<br />

verwendet, wie die Owinger Weilerkirche aus dem<br />

12. Jahrhundert dartun kann.<br />

II. Die Burg Stein<br />

Wie in vielen Ortschaften gab es auf der Gemarkung<br />

von Stein ehemals auch eine Ritterburg des sonst unbekannten<br />

Ortsadels, worauf noch die Flurnamen Brühl<br />

und Breite hinweisen. Sie findet sich im westlich gelegenen<br />

Pfarrwald links unterhalb des Dorfes auf dem (südlich)<br />

hoch über dem wie eine Mauer zur Starzel abfallenden<br />

Keuperfelsen. Man liest gelegentlich dafür den<br />

Namen „Volksburg". In den Albvereinsblättern 1929<br />

wird die Stelle „Musburg" genannt, was wohl als Miesoder<br />

Moosburg zu verstehen wäre, zweifellos eine spätere<br />

Kunstbezeichnung. In Berthold Hagens Lagerbuch des<br />

Steinerner Aemtles von 1544 4 heißt der Platz „Burgstall",<br />

d. h. zerstörte Ritterburg. Zwar umsäumen nur<br />

noch drei stattliche Wälle, teils noch über fünf Meter<br />

hoch im Halbkreis diese Stelle, während die restliche<br />

Seite senkrecht zur Starzel abfällt. Das Innere ist für<br />

eine Volksburg viel zu knapp. Im Mittelpunkt lagen laut<br />

Ludwig Egler noch 1894 schwache Mauerreste. Die Burg<br />

müßte ungefähr zwischen 1050 und 1200 entstanden<br />

sein. Doch wissen wir darüber gar nichts. Kein Adeliger<br />

mit dem sonst oft vorkommenden Namen „von Stein"<br />

ist hier nachzuweisen. Einen kleinen Fingerzeig könnte<br />

die Lage im Pfarrwald bieten. Offenbar wurde letzterer<br />

von einer adeligen Familie nach Abgang ihrer Burg zur<br />

2<br />

Pfarrei gestiftet oder verkauft und vielleicht dadurch<br />

erst der Grundstein für die Pfründe gelegt. In diesem<br />

Falle dürfte die Burg schon vor 1252 abgegangen sein.<br />

Noch 1322 bis 1343 wird ein Hugo von Werstein (als<br />

zweitbekannter) Kirchherr zu Stein genannt, ein Abkömmling<br />

der hochadeligen Herren der Burg über Fischingen<br />

am Neckar 5 .<br />

III. Die Seelsorger von Stein<br />

Nachdem wir schon die zwei ältest nachweisbaren Pfarrer<br />

des Dorfes namhaft machen, konnten, sei hier die<br />

ganze Reihe angefügt, soweit wir sie kennen:<br />

1. Gero, Leutpriester in Stain 6 . 1252. Leutpriester (oder<br />

plebanus) hieß der Geistliche, der tatsächlich die<br />

Seelsorge ausübte, während der Kirch- oder Pfarrherr<br />

(rector ecclesiae) sich oft von einem Verweser<br />

vertreten ließ. Vielleicht war damals der eigentliche<br />

Kirchherr ein Adeliger.<br />

2. 1322-43 Hugo von Werstain, Kirchherr 7 .<br />

3. 1390 Ringer Berthold von Sulz, Kirchherr 8 .<br />

4. Vor 1418 Schnitzer Heinrich von Pforzheim, Rektor;<br />

schuldet dem Bischof 20 fl Erstfrüchte 9 .<br />

5. 1418-19 Seckler Heinrich, Rektor; soll ebenfalls<br />

20 fl zahlen.<br />

6. 1419 f. Noll Heinrich, Kirchrektor, starb innerhalb<br />

Jahresfrist.<br />

7. 1420 f. Schlaitz Werner, Kirchrektor, zahlt 1421 nur<br />

8 fl. Im J. 1464 war ein Hans Benz von Stein Frühmesser<br />

in Tailfingen und bis 1467 ein Johann Arnold<br />

von Stein ebenfalls.<br />

8. Bis 1474 Petri Johannes, Kirchrektor, starb in diesem<br />

Jahr; war seit 1463 Dekan des Kapitels Hechingen;<br />

sein Bruder Ludwig war Kirchherr zu Zell unterm<br />

Zoller, 1469.<br />

9. 1474-92 Ott Michael von Husen (Adeliger vom<br />

Hauser Hof mit dem Wurmlinger Wappen ) zahlt<br />

von der Pfarrpfründe des hl. Markus in Stein als<br />

Erstfrüchte an den Bischof 8 fl. Ist präsentiert durch<br />

den Grafen Jos Nikiaus von Zollern, nimmt aber sofort<br />

für ein Jahr Absenz. Tritt 1492 ab.<br />

10. 1493—1550(?) Han Johannes, zahlt am 28. 1. 93 als<br />

Erstfrüchte 8 fl.; 1537 Kammerer.<br />

11. 1550 Werner Laurentius, seit 18. Februar, nach Wegzug<br />

des Han.<br />

12. 1556 Vikar: Rädle Gregor.<br />

13. 1584 Teufel Johannes von Wendelsheim (wohl<br />

Flüchtling aus Württbg.). Die Pfarrei wird „arm" genannt.<br />

14. 1590 Locher Johannes, nicht investiert.<br />

15. 1593-97 Härlin Christoph, Magister, versieht auch<br />

die Frühmesse in Rangendingen. Im Jahre 1597 liest<br />

man: „Hat sich jüngst gegen den Erbfeind (Türken)<br />

in Kriegsdienst begeben. Darum hat er bis zur Rückkunft<br />

einen Verweser" l0 . (Im J. 1593 wird ein Kaspar<br />

Hurrenbein als Geistlicher in Stein genannt. Ob<br />

unseres?)<br />

16. 1599-1621 Rausch Matthäus, zugleich Frühmesser<br />

in Rangendingen. 1612 sind Patrone in Stein: St.<br />

Markus, die sei. Jungfrau Maria und St. Katharina.<br />

Dorfvogt ist Johann Schneider. Rausch (Kammerer)<br />

ging 1621 nach Boll.<br />

17. Seit 1621 bis 1638 Rebstock Balthasar, investiert<br />

5. I. 1622. Gingen, Steinhofen.<br />

18. Bis 1644 Krez Johannes (war 1624 in Rangendingen).


19. 1644-60 Gaiser (Geiser, Göser) Johann Heinrich<br />

(wohl aus Jungingen), hier seit 15. August, invest.<br />

7. III. 1645, ist 26 J. alt, studierte in Salzburg,<br />

wohnte in Hechingen, da das Pfarrhaus in Stein zerstört<br />

ist n . Starb in Hechingen 1683.<br />

20. 1660 Utinger Wolfgang, genannt 29. Nov.<br />

21. 1663-66 Hohenschildt Mathias, wohl von Hechingen,<br />

invest. 26. 7. 1663, soll als Erstfrüchte 20 fl<br />

26 kr bezahlen.<br />

22. 1666 Funk Johannes aus Hechingen, geb. 1607 12 .<br />

23. 1676-85 Hohenschildt Nikolaus, aus Hechingen,<br />

starb in Stein 6. Januar.<br />

24. 1685-1727 Salzhuber Johann Jakob aus Weilheim,<br />

35 J. alt. Die kirchlichen Gebäude sind ruinös. Die<br />

beiden Heiligenpflegen St. Markus und St. Martin<br />

(diese vom Niederhechinger Kirchlein!) sind vereinigt.<br />

Er hat l. J. 1709 insgesamt 250 Pfarrkinder<br />

(über 14). Er versieht mit die genannte Niederhechinger<br />

Kapelle St. Martin, die einst Pfarrkirche<br />

war 1S . Starb 19. 12. 28.<br />

25. 1728-54 Berger Markus Sigismund aus Hechingen,<br />

geb. 1693, hat 360 Kommunikanten (über 14), 120<br />

Nichtkommunikanten (unter 14), zusammen 480,<br />

jährlich 20 Taufen, 5 Beerdigungen, 3 Hochzeiten.<br />

Ging nach Steinhofen.<br />

26. 1754-58 Schetter Johann Bapt. aus Hechingen, geb.<br />

1719, ging nach Rangendingen.<br />

27. 1758-72 Kayser Konrad aus Zimmern, geb.<br />

18. 10. 1711, ging nach Burladingen.<br />

28. 1772-81 Schönle Jakob aus Unlingen, geb.<br />

11. 8. 1741, war 1769 seit drei Jahren Kaplan in Hechingen<br />

gewesen, baut 1773 die Pfarrscheuer neu,<br />

wurde Kanoniker in Hechingen.<br />

29.1781-92 Kolb Karl aus Buchau, geb. 25.2.1746,<br />

war 1779 seit sechs Jahren Kanoniker in Hechingen<br />

gewesen. Ging nach Rangendingen 1792.<br />

30. 1792-94 Hayd Sebastian aus Hechingen, geb.<br />

12. 1. 1753; ging nach Grosselfingen.<br />

31. 1794-1806 Schautt Jakob aus Stetten u. Holstein;<br />

starb in Stein 9. 11. 1806.<br />

32. 1806-09 Pfriemer Johann Nep. aus Hechingen, lebte<br />

1772-1835, zuletzt in Boll.<br />

33. 1809-18 Reiner Josef Anton aus Hechingen, geb.<br />

16. 11. 1779; Priester seit 1802, ging 1818 nach Stetten<br />

u. Holst. 14 bis 1823; wurde Archivar, starb 1844.<br />

34.1818-20 Ertle Meinrad aus Söflingen (1766-1845),<br />

ehemals Franziskaner in St. Luzen, 1821 in Rangendingen,<br />

1831 in Grosselfingen.<br />

35. 1820-28 Sauter Clarus aus Hechingen (1775-1830)<br />

ehem. Franziskaner in St. Luzen, hat 390 Seelen; zuletzt<br />

in Grosselfingen.<br />

36. 1828-29 Reiner Josef Anton aus Hechingen<br />

(1785-1858), zuletzt Owingen.<br />

37. 1829-45 Kohler Lorenz aus Jungingen (1805-70),<br />

ab 1854 i. Steinhofen.<br />

38. 1845-52 Kohler Johann Bapt. aus Jungingen<br />

(1790-1852 Januar 12.)<br />

39. 1852 Saile Friedrich aus Beuren b. Hech., geb.<br />

22.10.20, Verweser; war 1860-68 Schloßkaplan<br />

in Straßberg.<br />

40. 1853 Juli 15 Vikar Lang Johann Michael aus Esseratsweiler<br />

(1826-56) zuletzt in Empfingen.<br />

41. 1853 Sept. 2 Verweser Maier Ignaz aus Gauselfingen<br />

(1827-58) zuletzt in Ablach; vor Stein in Kettenakker.<br />

42. 1853 Nov. 15 bis 1865 Stockner Dr. Josef Rudolf aus<br />

Brixen (1812-65), bisher in Gammertingen, zuletzt<br />

in Ablach, wo er am 6. Febr. 1865 verunglückte.<br />

43. Bis 1864 Verw. Maier Rudolf aus Hechingen,<br />

geb. 17.11.33, geweiht 1857 in Mainz, ging als Kaplan<br />

nach Langenenslingen. (1864 wird ein Priester<br />

Balthas Poppel aus Stein genannt, doch ist nichts<br />

Näheres bekannt).<br />

44. 1865 Verw. Zürn Rudolf aus Hechingen, geb. 9.9.38,<br />

Priester seit 5. Aug. 1862.<br />

45. 1865-66 Nerz Leopold aus Beuren, Verweser,<br />

(1839-99) zuletzt Stetten bei Haigerl.<br />

46. 1866-85 Speidel Thomas aus Grosselfingen<br />

(1821-92, 1885-88 in Dettensee, dann privat<br />

i. d. Schweiz, gest. Karlsruhe.<br />

47. 1885-87 Verw. Jung Eugen aus Sigmaringen<br />

(1846-99), zuletzt Bingen.<br />

48. 1887 Verw. Pfister Josef aus Gruol (1843-1929),<br />

zuletzt Dettlingen.<br />

49. 1888 Verw. Pfister Martin aus Hemmendorf (1851-<br />

1914).<br />

50.1889-97 Biener Wilhelm aus Kettenacker (1859-<br />

1941) zuletzt im Ruhestand in Haigerloch.<br />

51. 1897-1907 Güntner Johann aus Straßberg (1867-<br />

1930), ging nach Vilsingen, dann Trochtelfingen bis<br />

1926, gest. i. Rottenmünster.<br />

52. 1901 Vik. Henle Anton aus Bittelbronn (1876-1947),<br />

resig. Gruol.<br />

53. 1902-03 Schönecker Albert, ging nach Mindersdorf.<br />

54. 1903-04 Gfrörer Otto aus Empfingen (1878-1947),<br />

zuletzt Bittelbronn.<br />

55. 1904 Vik. Brändle Josef aus Empfingen (1880-<br />

1956), zuletzt Siberatsweiler, gest. Rottenmünster.<br />

56. 1907 Verw. Hofer Anton aus Beuren (1874-1953),<br />

zuletzt Glatt.<br />

57. 1907 Verw. Langenstein Edmund aus Straßberg<br />

(1875-1931), wurde 1908 Militärpfarrer Berlin.<br />

58. 1908-10 Verw. Wolf Wilhelm aus Grosselfingen<br />

(1881-1966) ging nach Hausen i. Kill., dann nach<br />

Thanheim, dann i. R. Hechingen.<br />

59. 1910-20 Sauter Anton aus Inneringen (1881-1954),<br />

wurde Rektor im Fidelishaus Sigmaringen, 1946<br />

Ruhestand i. Sigmaringen.<br />

60. 1920 Verw. Miller Karl aus Bingen (1886-1940) zuletzt<br />

Harthausen/Sch.<br />

61. 1920-26 Burkhart Viktor aus Sigmaringen (1884-<br />

1964), zuletzt Einhart, 1956 i. R. Sigmaringen.<br />

62. 1923 Vik. Wölfle Josef, Neupriester aus Hofstetten<br />

(1896-1968)<br />

63. 1926-40 Grom Konrad aus Jungnau (1893-1967),<br />

zuletzt Harthausen/Sch. Ruhestand i. Ulm 1965.<br />

64. 1940-43 Guide Marquard aus Kettenacker, geb.<br />

20. 5. 05; ging nach Haigerloch.<br />

65. 1943-65 Dietz Christian aus Ringingen, geb.<br />

19. 5. 05. Ging nach Harthausen, 1975 Ruhestand<br />

Ringingen.<br />

66. Ab 1966 Jan. 14: Plompen Josef, geb. 23.3.23 in Kapellen<br />

(Antwerpen), invest. 28. 3. 74.<br />

IV. Aus alten Pergamenten<br />

Das Einkommen der Pfarrei Stein betrug im Jahre<br />

1275 15 nach eidlicher Aussage des (ungenannten) Leutpriesters<br />

36 Rottweiler Pfund pro Jahr. Er zahlte damals<br />

als Kreuzzugszehnten in 2 Terminen 3 Pfd und 12<br />

Schilling. Um 1490 gab Pfarrer Michael Ott von Husen<br />

zu Stein sein Einkommen mit 35 Pfd Heller an und<br />

zahlte an den Bischof 1 Pfd 15 Schilling Heller. 1(i<br />

3


Der gewissenhaften Sorgfalt der Klosterfrauen von Stetten<br />

im Gnadental hat die Gemeinde Stein mit anderen<br />

der Umgegend zu verdanken, daß wir auffällig viele<br />

Nachrichten aus der Vergangenheit überliefert erhielten.<br />

Die frommen Dominikanerinnen haben nämlich nicht<br />

nur alle Kauf-, Verkaufs- und Tauschurkunden über ihre<br />

Güter sorgfältig aufbewahrt, sondern auch genaue Verzeichnisse<br />

darüber hinterlassen, wie es eben nur langlebige<br />

Klöster konnten, aber nur selten einzelne Familien<br />

mit Tradition nachmachten. Durch Aufhebung des klösterlichen<br />

Konvents im Jahre 1803 wurde der schwesterlichen<br />

Sorge ein jähes Ende gesetzt und deren Vermögen<br />

ging ans fürstliche Haus Hohenzollern-Hechingen über,<br />

dessen Archiv dann beim Aussterben an die Sigmaringer<br />

Vettern überging. 17<br />

Wir entnehmen daraus: Im Jahre 1425 war Elli Knebels<br />

aus Stein Nonne zu Stetten, und 1430-1438 wird neben<br />

ihr Mätzli Büri und vielleicht Anna Stählin von da genannt.<br />

Schon im J. 1355 verkauften Werner Schenk von<br />

Stauffenberg zu Erpfingen und sein Sohn Wernher an<br />

Adelun, Volkarts von Ow Tochter und Frau des Kunzen<br />

Schenken, ihren Hof zu Stein, genannt Brunwartshof,<br />

den Kunz der Strühler baut 18 . Seit dem gleichen Jahr<br />

erhielt das Kloster Stetten von einem Helthuser zu Stein<br />

jährlich 2 Scheffel Frucht von einem Acker auf Waltenbühl<br />

samt 2 Hühnern. Die Brüder Kunz und Hermann<br />

die Schenken von Stauffenberg verkauften am<br />

11. März 1363 an genanntes Kloster die Gilten aus dem<br />

erwähnten Brunwartshof. Er bringt jährlich 5V2 Mit.<br />

Vesen, 4 Mit. Haber, 10 Schilling Heller (ß h), 4 Herbstund<br />

1 Fastnachtshuhn und 120 Eier. Weiter aus den Höfen<br />

an der Staig in Stein, die Benz Brungart und Conz<br />

Froe bauen, jährlich 5 Mit. Vesen, 2Va Mit. Haber,<br />

1 Pfd. hl, alles um die Summe von 300 Pfd. hl. Hans der<br />

Schenk, Kunzen Sohn, stimmte diesem Verkauf erst 1369<br />

zu.<br />

Für die Pfarrkirche zu Stein kaufte 1368 Johann von<br />

Werstein (des verstorbenen Johanns Sohn) von Benz von<br />

Ow (des verstorbenen Volkarts Sohn) zu Bodelshausen<br />

einen Teil des Dinkelzehntens zwischen Hechingen und<br />

Stauffenberg 19 .<br />

Am 18. Mai 1380 veräußerten die drei Schwestern Anna,<br />

Dorothea und Greth von Werstein, Töchter des Hans selig,<br />

ihre jährliche Gilt aus zwei Höfen, die Fritz Knobel<br />

und Conz N. bauen, an Hans Tüfelin zu Reutlingen um<br />

70 Pfd. h 20 . Anna und ihre Schwester Greth von Werstein<br />

veräußerten am 12. März 1384 mit Zustimmung ihres<br />

Oheims Märklin von Mälchingen den Stettener Klosterfrauen<br />

Sophie von Ehingen und Adelheid von Ergenzingen<br />

32 ß h und zwei Herbsthühner jährlich aus IV2<br />

Mm Wiesen zu Stein, die der Stieber baut, und zwei<br />

Fastnachtshühner aus einem Haus und angrenzender<br />

Buckenhalde, die Peter Spreng innehat, um 36 Pfd. hl 21 .<br />

Am 30. Juli 1386 schenkten die zollerischen Grafenbrüder<br />

Schwarzgraf Fritz und Tägli der Greth von Werstein,<br />

Nonne zu Stetten, 1 Pfd. h auf Michaeli, darunter<br />

16 ß aus der Mörlinen Gut mitten im Dorf Stein, das<br />

Dietz Utzen Sohn baut 22 .<br />

Im Jahre 1400 haben die Zollergrafen u. a. 550 Pfd. h<br />

Schulden auf dem Dorfe Stein stehen, das an Märklin<br />

von Mälchingen verpfändet ist 2S .<br />

1405 Juli 17: Volkart von Ow, genannt Wutfuß, stellt<br />

gegen den Abt Heinrich von Alpirsbach einen Lehenrevers<br />

aus wegen dem Gut Schönrain bei Stein mit jährlich<br />

15 Mit. Vesen, 7 Mit. Haber und 1 Pfd. Heller, welche<br />

an die Pfleger des genannten Klosters zu Haigerloch zu<br />

liefern waren 24 .<br />

Im Jahre 1409 haben nach W. Baur die Herren von Ow<br />

4<br />

das wohl ursprünglich zollerische Stein an Wirtemberg<br />

als Lehen aufgetragen. 1410 besaßen die Herren von<br />

Weitingen zu Stein zwei Höfe, die am Wasen liegen und<br />

von Kunzli Kumerli und Fritz Knebel bebaut werden 2ä .<br />

Im gleichen Jahre lesen wir, Graf Fritz von Zollern<br />

habe denen von Ow in Sickingen Brandschaden verursacht.<br />

1414 Juni 20: Das Kloster Stetten tauscht 2 Jauchert<br />

Mühlacker, wodurch der Mühlgraben geht und die zum<br />

Lehen des Hans Bur gehören, mit Volkart von Ow, genannt<br />

Wutfuß, der dafür 1 J unter Hugen Brügel<br />

(Brühl) (neben Heinz des Wisen Acker) sowie 1 J uf<br />

Waldabühl am Fußweg gibt. Der v. Ow'sche Lehenbauer<br />

heißt Heinz Diethalm 26 .<br />

1421 Mai 20: Volkart von Ow, genannt Wutfuß, und<br />

seine Gattin Mya von Enzberg mit Sohn Heinrich verkaufen<br />

an die Stettener Nonnen Adelheid von Tierberg<br />

und Anna von Lichtenstein 35 ß h Einkünfte zu einem<br />

Jahrtag für sie. Diese jährliche Gilt geht aus 3 Mm Hugenbrühl<br />

(„Brügel") zu Stein, an der Bruchwies gelegen<br />

zwischen Waltenbühl und der Neuwies. Preis 33 Pf. h 27 .<br />

1436 Juli 9: Agnes Zimmermann, Hans Gundels sei.<br />

Witwe, reversiert für Stiebers Haus und Hofraite zu<br />

Stein, dazu 2 Mm Wiesen an der Niederwies zwischen<br />

Hans Bur und Hans Farch, die sie als Lehen des KI.<br />

Stetten gegen jährlich 2 Pfd. 2 ß h und 2 Hühner erhalten<br />

hat 28 .<br />

1436 November 6: Kaspar von Ow zu Bodelshausen<br />

verkauft an Gütlin Mayer von Wessingen, Klosterfrau<br />

zu Stetten, 2V2 Pfd. 2 ß h aus Struchlers Wiesen und<br />

Linzenbergs Gütle, beide im Kirchspiel Stein gelegen, die<br />

jetzt der alte Beck von Bechtoldsweiler (vor dem Rötenberg<br />

gesessen) innehat, um 30 rheinische Gulden 29 .<br />

1438 Juli 24: Aella Knobel und Metza Bur, ihre Schwestertochter,<br />

beide Nonnen zu Stetten, geben ihren Knobelshof<br />

zu Stein, den sie von Ritter Konrad von Weitingen<br />

kauften (gelegen zwischen Gemeinmärk und Wasen<br />

und Gasse), ans Kloster. Die Grundstücke sind einzeln<br />

beschrieben 30 .<br />

1439 hat Hans Bur zu Stein des Knobels Hof gegen Lieferung<br />

von jährlich 10 ß h, 3 Mit. Vesen, 2 Mit. Haber<br />

(Hechg. Meß), 6 Herbsthühner und 1 Fastnachtshenne<br />

und 1 Vtl (120) Eier auf den Speicher zu Stetten 31 .<br />

1446 Juli 20: Werner Klingler von Stein verkauft dem<br />

Kloster Stetten 4 ß h jährlich Zins aus eigenen 4 Jauchert<br />

am Laymelberg, stoßen an Schochen Halden und<br />

die Wiese der Klosnerinnen in St. Luzen, um 3 rh. Gulden<br />

3ä . Im heutigen Sinne heißt das: Er nahm 3 rheinische<br />

Gulden als Schuld auf und zahlte dafür jährlich<br />

4 ß h Zins.<br />

Der Kirchensatz zu Stein, d. h. das Recht, den Pfarrer<br />

zu präsentieren und den Großzehnten einzunehmen,<br />

stand zu Anfang des 15. Jahrhunderts den Herren von<br />

Ow zu. Doch besaß 1446 Werner Schenk von Stauffenberg<br />

zollerische Güter zu Stein als Lehen 33 .<br />

Am 14. November 1446 verkaufte Heinrich von Ow zu<br />

Bodelshausen seinen Teil an Stein, Sickingen, (Bechtolds-)<br />

Weiler an den Grafen Ulrich von Wirtemberg um 3000<br />

böhmische Gulden. Dazu gehörten ein halbes Holz Wanne,<br />

das halbe Härtlin, das Holz Ottenhart, das halbe<br />

Flecklin, 3 J im Tanbach. Ferner der Schönrain (Dörflein),<br />

das jährlich 28 Pfd. h gab (über die Gild hinaus,<br />

die daraus dem Abt von Alpirsbach zusteht). Schönrain<br />

hat eigenen Zwing und Bann. Zum Kauf gehört auch die<br />

Mühle zu Stein und der Kirchensatz zu Thanheim und<br />

Boll, alles mit Ackern, Wiesen, Vogtei und Wildbännen<br />

als Lehen von Wirtemberg 34 .


1451 März 11: Aell Kempfin von Stein verkauft ans<br />

Kloster Stetten 2 ß h jährliche Gilt aus IV2 Jauchert auf<br />

Braitenfeld an Spidelis von Sickingen und Haila Häckinen<br />

Acker um 2 Pf. hl 35 .<br />

Im Jahre 1453 hat Kaspar von Ow seinen Teil an Stein<br />

und dortigem Zehnten an Wirtemberg veräußert. Am 28.<br />

November 1461 hat Michael von Ow zu Oberndorf und<br />

seine Frau Anna von Ramsberg ans Kloster Stetten ihre<br />

Güter zu Bodelshausen u. a. gegen die 2 Pfd. h jährlich<br />

vertauscht, die die Verkäufer bisher aus ihren Gütern zu<br />

Stein dem Kloster geben mußten 36 . Vier Jahre zuvor,<br />

1457, wurde der zwischen Zollern und Kaspar von Ow<br />

entstandene Streit wegen der Rechte zu Stein geschlichtet<br />

36a . Ein Hechinger Zinsrodel von 1461 berichtet:<br />

„Michael Recker (später Henslin Müller) zu Stein gibt<br />

9Vaßh und 1 Vtl (=120) Eier, 1 Schulterstück und 3<br />

Hühner aus des Schultheißen Gut und 5 ß von der Geburin<br />

von Sickingen. Der Paur (Baur) von Stein soll<br />

6 ß h geben, doch kann nur erfragt werden, daß beide<br />

Güter zusammengeschrieben sind" 36b .<br />

Am 14. Dezember 1471 verkaufte Michael von Ow-<br />

Oberndorf an die Stettener Nonnen des Frick Tafferners<br />

Hof mitten im Dorfe Stein, den Konrad Nyffer innehat<br />

37 .<br />

Graf Jos Niklas von Zollern war sehr um Abrundung<br />

seines Gebietes besorgt. Mit Erwerb des wirtemberger<br />

Eigentums im Killertal hat er auch 1472 alle Rechte und<br />

Besitzungen Wirtembergs zu Stein (Bechtolds-)Weiler,<br />

Sickingen und Schönrain samt dem Weiher um 1836<br />

Gulden käuflich erworben 3S . Seitdem ist Zollern der<br />

Herr dieser Dörfer. Wenige Jahre darauf, am 24. November<br />

1478, verkaufte auch Abt Jörg und der Konvent<br />

von Alpirsbach an den Grafen Ulrich von Wirtemberg<br />

12 Pfd. hl jährliche Gilt aus dem Hof und dessen Gütern<br />

zu Schönrain bei Stein um 240 fl, womit die dem Kloster<br />

als Steuer zu Balingen zu richtenden 12 Pfd. hl abgelöst<br />

sind 39 . Ein Hans Rait von Stein ist 1482 u. a. Schiedsmann<br />

zwischen Hechingen und dem Kloster Stetten 40 .<br />

Am 16. Oktober 1486 kaufte Jörg von Ow von seinem<br />

Schwager Hans Schenk von Stauffenberg um 2250 fl<br />

einen Teil der Burg Stauffenberg bei Rangendingen und<br />

Gefälle aus den Höfen zu Stein und Bechtoldsweiler,<br />

Beuren, Boll, Stetten als zollerische Lehen 41 .<br />

Erst im Jahre 1786, also 300 Jahre später, erwarb diese<br />

Gefälle Fürst Josef Wilhelm von Hohenzollern zurück.<br />

Wie für andere zollerische Gemeinden hat Berthold Hagen<br />

im Jahr 1544 auch über Stein und das zugehörige<br />

Aemtle ein Lagerbuch angelegt und darin alle herrschaftlichen<br />

zollerischen und kirchlichen Rechte, Einkünfte,<br />

auch die Namen der Leibeigenen und Freien aufgeschrieben<br />

4 . Der hl. Markus als Kirchenpatron bezog<br />

damals Einkünfte aus Stein, Bechtoldsweiler, Sickingen,<br />

Bodelshausen und Ofterdingen. Unsere Liebe Frau zu St.<br />

Luzen (Hechingen) ebenfalls aus den erstgenannten dreien,<br />

St. Eulogi zu Rangendingen jährliche Gilten aus<br />

Stein. Ein Wald zinste ans Kloster Stetten. Interessant<br />

ist die Nachricht, daß aller Weinzehnte, wenn der Weinbau<br />

wieder in Gang komme, der Herrschaft Zollern gehört.<br />

Am Schönrain sind 18 J Feld zollerisch, später gemessen<br />

23 Mannsmad. Herrschaftliche Wälder liegen einer<br />

im Ramsbach, ein anderer im Burgstall am Ochsenrain<br />

und Pfarrwald. Das Fischwasser der Starzel von der<br />

Wüstenmühle (Hechingen) bis in den Lindengraben ist<br />

ebenfalls zollerisch. Genannt wird auch das Niederhechinger<br />

Kirchle St. Martin, dabei St. Wolfgang, wohl<br />

eine Nebenpfründe darin.<br />

Im Jahre 1590 wurde die Capel-Anna von Stein als angebliche<br />

Hexe verbrannt 42 . Martin Haap zu Bechtolds-<br />

weiler hatte 1607 vom Kloster Stetten ein Lehen<br />

(20 J Acker, 3 Mm Wiesen, 10 Mg. Wald), die mit Ausnahme<br />

der Wiesen an Martin Konstanzer von Stein verkauft<br />

wurden 43 .<br />

Am 1. Juli 1613 hat Hans Belser von Stein beim Asyl zu<br />

Reutlingen Schutz gesucht. Er hatte durch einen unabsichtlichen<br />

Schuß den Michael Atzel daselbst tödlich getroffen<br />

und wartete nun, im Asyl vor Blutrache geschützt,<br />

ein richterliches Urteil ab 44 .<br />

Im Jahre 1619 beantragten die Gemeinden Stein, Sickingen<br />

und Bechtoldsweiler bei der zollerischen Herrschaft,<br />

man soll ihnen wieder die Wäsen, Almenden und den<br />

Ramsbach zurückgeben, die in Stauffenberger und Hauser<br />

Bann gekommen seien, da man sie nicht entschädigt<br />

habe. Sie wurden abgewiesen 45 .<br />

Das Kloster Stetten unter der Priorin Agatha Prinßwegelin<br />

ließ am 30. April 1646 seine Güter und Gilten in<br />

Stein, Sickingen und Bechtoldsweiler neu beschreiben<br />

durch den Schulmeister Johann Fecker aus Steinhofen,<br />

dem Vogt Hans Hahn, Altvogt Hans Beck 46 .<br />

Im gleichen Jahr heißt es im Bericht der Kirchenvisitation<br />

unterm 29. August: „Pfarrer Johann Heinrich Geiser<br />

arbeitet in Stein seit 3 Jahren, zählt jetzt 27 Lebensjahre<br />

und hat in Salzburg Philosophie studiert. Er ist investiert,<br />

wohnt aber in Hechingen, da sein Pfarrhaus zerstört<br />

ist (30jähriger Krieg!). Einkommen hat er 28 Malter<br />

Getreide, berichtet wöchentlich bei den Franziskanern<br />

in St. Luzen und hat eine rechtschaffene Magd.<br />

Von jetzt an will er Christenlehre halten, er besitzt die<br />

nötigen Bücher und hat die Kirche gut instand. Sie wurde<br />

nicht entweiht. Pfarrkinder (im Alter über 14) hat er<br />

73. Er klagt gegen den Dekan (Balthasar Buckenmaier in<br />

Hechingen), er zelebriere nur gegen ein Präsenzgeld.<br />

Geiser versieht auch die Frühmesse in Rangendingen und<br />

die Kapellenkirche St. Martin in Niederhechingen. Sein<br />

Einkommen besteht im Ganzen in 14 Malter und<br />

12 Viertel Vesen, 7 Malter und 8 Viertel Haber, I8V2 fl<br />

und 8 Heller an Geld, ferner von obiger Frühmesse 8 fl,<br />

1 Malter Korn, 1 Malter 8 Viertel Haber, an Wein jedoch<br />

nichts. ,Wir sind Wassertrinker', sagt er. Großzehnten<br />

hat er keinen, jedoch allen Kleinzehnten. Hat auch<br />

eigene Wiesen 20 Jauchert, Aecker 5 Jauchert, die jedoch<br />

teils ertraglos sind. Ferner 3V2 J. Wiesen und 7 Jauchert<br />

Wald. Der Großzehnt sei vom Vater des jetzigen Fürsten<br />

von Hechingen dem Pfarrer entzogen und dafür<br />

obige Summe bestimmt worden, die nicht hinreiche.<br />

,Denn wir arbeiten, und andere verzehren es', sagt der<br />

Pfarrer. Pfarrhaus samt Scheuer sind zerstört. Baupflicht<br />

hat der Fürst (als Besitzer des Großzehnten). Die Pfarrkirche<br />

wurde aus Fondsmitteln repariert. Auch die Kapelle<br />

St. Martin (Niederhechingen) wäre vom eigenen<br />

Fond wieder herzurichten, da die Schweden, Württemberger<br />

und Franzosen sie ausgeraubt haben. Es gibt hier<br />

die beiden Heiligenpflegen St. Markus und St. Martin.<br />

Der Pfarrer sei immer ortsanwesend. Die Rechnungen<br />

werden von den Rechnern Andreas Bopel und Johann<br />

Beck jährlich dem fürstlichen Beamten Kessler vorgelegt"<br />

Merkwürdig klingt eine Nachricht vom 3. August 1747.<br />

An diesem Tage hat der Konstanzer Weihbischof Franz<br />

Carl Fugger bei der Pfarrkirche Stein im Friedhof einen<br />

Altar geweiht zur Ehre des hl. Markus 4S . Dieser Altar<br />

wird wohl überdacht an der Kirche gestanden haben,<br />

damit man dort am Patrozinium des Evangelisten (an<br />

dem bekanntlich Flurprozession stattfand) den feierlichen<br />

Gottesdienst halten konnte, da offenbar die Pfarrkirche<br />

zu klein war.<br />

5


Im Jahre 1776 bekamen die ledigen Burschen August<br />

und Johann Kleinmann, Johann und Anton Daicker und<br />

Anton Klotz von Sickingen Streit mit Anton Schneider<br />

von Stein wegen des Klotzen Tochter und schlugen den<br />

Schneider so sehr, daß er am l.März verschied. Tags<br />

darauf suchten die Täter Schutz im Asyl zu Reutlingen,<br />

in dessen Protokoll im Stadtarchiv der Fall ausführlich<br />

dargetan ist 49 .<br />

V. Zur Steiner Familienkunde<br />

Schon in vorausgehenden Nachrichten haben wir eine<br />

Anzahl Familien zu Stein gefunden. In Hagens Lagerbuch<br />

von 1544 4 stehen in der Leibeigenenliste folgende<br />

Namen:<br />

Baier Konrad, Beig Anna, Beuther Hans und Michael,<br />

Biecheler Theus und Bernhard, Buppelin Hans (der 1548<br />

auch Schel-Hans genannt wird), Frick Martin und Hans<br />

(Frick schon 1448), Han Thomas, Herri Heinrich, Iselin<br />

Hans (1548 genannt „Krus"), Kilmaier Kaspar, Kleinmann<br />

Michael und Kaspar, Knecht Hans, Klotz Kunrad,<br />

Kopp Melcher, Lang Hans, Meßner Lutz (= Ludwig),<br />

Müller Hans, Rad Martin, Dorfvogt; Rad Michael, Reiher<br />

Ludwig, Schilling Christoph, Schneider Hans, Scholl<br />

Hans, Schuler Jerg, Schwarz Jerg, Weber Althans und<br />

Andris und Theiß, Wetzer Stephan, Wolff Hans.<br />

Es sind 34 Haushaltungen aufgeführt. Doch schon 1548<br />

werden weitere genannt: Buck, Eberhard, Fecker, Hermann<br />

(von Rangendingen), Kempter, Kohler, Metzger,<br />

Geigstephan, Rhein, Schön. Somit ist mit einer schnellen<br />

Änderung zu rechnen.<br />

Auf dem Stauffenburger Hof saß 1544 ein Kunrad<br />

Wantel, in Hausen (Hauser Hof) ein Jakob Krus<br />

(Kraus). Im Jahre 1431 hatte Breida Benzin auf dem<br />

Kupferer Hof zu Stein einen Jahrtag in die Pfarrei gestiftet<br />

mit Fastnachtshennen und V2 Viertel (= 60) Eiern<br />

(jährlich).<br />

In dem Bruchstück einer Beschreibung der Einkünfte des<br />

Klosters Stetten aus dem Steiner Amt werden am<br />

30. April 1646 folgende Familien namhaft gemacht 40 :<br />

Vogt Hans Hahn, Aisterli Michael (Oesterle!), Anstatt<br />

Elias und Michael, Arnold Theis, Bachmann Hans, Baur<br />

Jakob, Beck Martin, Boll Hans, Daicker Maria, Groß<br />

Melchior, Guide Friedrich, Hahn Stoffel, Harrer Hans,<br />

Altvogt, Hautt Klaus und Jakob, Kappenmann Martin<br />

und Matheis, Krenetter Steffan, Lemelin Friedrich alt,<br />

Poppel Georg, Rath Hans, Reiher Jakob und Hans.<br />

Ruoff Hans, Saile Anna, Schetter Jakob und Leonhard,<br />

Schlotter Jerg, Schmid Hans, Schneider Martin, Schuhmacher<br />

Hans, Schweiler Philipp, Sickinger Jerg, Speidel<br />

Marte, Stallacker August, Vetter Jerg, Weber Hans und<br />

Elias, Wetzeller Georg.<br />

Im Einwohnerverzeichnis von 1932 finden sich von diesen<br />

nur noch Bachmann, Daiker, Harer, Haut, Oesterle,<br />

Poppel, Ruf, Schetter, Schneider. Die Poppel dürften<br />

mit den Buppelin von 1544 identisch sein, gehören also<br />

zu den ältesten hiesigen Familien.<br />

VI. Steiner Flurnamen<br />

Die Gemarkung des Dorfes Stein war im Jahre 1544 in<br />

die drei Zeigen oder Esche eingeteilt (entsprechend der<br />

Dreifelderwirtschaft: Lengenfeld, Steinenfurt bzw. Tieracker<br />

und Braitenfeld. Es finden sich teils urtümliche<br />

Namen der einzelnen Fluren, deren Sinn oft schwer zu<br />

deuten ist: In der Abrun, vielleicht aus „ab" und „rinnen"<br />

entstanden. In Augenhalden: Auge kann nach<br />

M. Buck ein Loch in einem Felsen oder Baum bedeuten.<br />

Auf Bempenwies, vielleicht ein Familienname „Bemp".<br />

6<br />

1646 Bildäcker, wohl auf ein Heiligenbild deutend. Braite,<br />

große herrschaftliche Ackerstücke, die auf einen Herrenhof<br />

deuten. In Bronnwiesen und Brunnenrain. Bruckwies,<br />

die Wiese Brügelin an Winterhalden, kleiner Brühl<br />

(1438 Brügel) besagt „Wiese der Herrschaft". Ein Brüel<br />

hinter der Kirche. Des Buren (Bauern) Braite. Am Burgweg<br />

(1438) und 1544 3 Mg. Wald des Pfarrers. Im Burgstall.<br />

Am Gstainga Rain (Stelle der ehemaligen Ritterburg).<br />

Am Dierackersteig und Tieracker, Tier bedeutet<br />

„Reh". Dornacker. Im Ebenlöchle, entstand aus Ebene<br />

und Loch = lichter Wald. Im Ettenbach, Oettenbach,<br />

Ette bedeutet nach Buck: Damm am Wasser. Doch könnte<br />

auch Mettenbach = mittlerer Bach in Frage kommen<br />

(s. u.). Am Farch, wohl FN. Flachsacker, vielleicht identisch<br />

mit 1438 Flohacker, Erdflöhe? Fricken Anwandacker,<br />

PN. Jenseits der Furt 1438. Im Fürst, ob First =<br />

Berggrat? Hinter Gairen, Ger ist ein dreieckiges Landstück.<br />

Am Galgenrain (wann stand dort ein Galgen?).<br />

Im Gereuen, vielleicht von Ger, Gair. 1646 beim geweichten<br />

Bom, ob Bildstock? Groß- oder Graußholz.<br />

Der Gstainga Rain, steiniger Rain (1646 in der Gstainga.<br />

Der Haugenbrühl, wohl FN. 1438 Herweg = Heerstraße.<br />

Hinter den Höfen. Am Hinterbach (1438). Hintere<br />

Staig. In Hofstetten, stoßt an die Weingärten. Hofstatt<br />

am Pfarrwald. Im Hofstettlin. Der Hürst, 1646 Hürschäcker.<br />

Hurst bedeutet Buschwerk. Uf dem Hunkenlow,<br />

Hunckelauch, vielleicht Lau von Loh, lichter Wald<br />

mit FN. Im Krewels-, Kröbelsbach, Kröbel ist nach<br />

M. Buck ein Haken. In der Laickherin, Hecken unterm<br />

Galgenrain, wohl PN. Unterm Lauch = Loh, lichter<br />

Wald. Kleines Lehelin, Lehen oder Le = Grabhügel?<br />

Lengenfeld am Burckweg. Leuchshalden, wohl PN. Lindach<br />

und Lindengraben, vom Lindenbaum. 1438 Maiers<br />

Wiesle. 1438 Mettenbach (s. Ettenb.). Mitterlins Lehen,<br />

PN. 1438 Mühlacker, Münchacker, vermutlich nach den<br />

Mönchen von Alpirsbach benannt. In der Neßlin<br />

4 M Pfarrwald, vermutlich „in der Nässe". Neuwies,<br />

Niederbach und Niederwies. Im Oberlochlin am Hechinger<br />

Feld. Ochsenrain, wohl Ochsenweide. Pfaffenhalde<br />

= Pfarr- oder Klosterbesitz. Des Raiden Lendlin,<br />

Im Ramsbach, nach Bärlauchpflanzen benannt. Die<br />

Raussen am Niederbach = Hanfrößen, das sind Wasserlöcher<br />

zum Einlegen des Hanfes und Flachses. Die Reutin<br />

im Lindach, von reuten, roden. In Rieb; nach Buck wäre<br />

Rieb ein Weinbergmaß. 1646 in Rintwiesen oder Hangnoch.<br />

Der Roten Staiglin, 1438 jedoch Rottenstaig (vgl.<br />

Rottenburg). Schelhamers Heck, PN. Schelmengasse =<br />

Weg zum Schindanger. Uff Schöll, am Hechinger Almand,<br />

vielleicht zu scala = Felstreppe oder von „schallen,<br />

tosen". Schönrainer Tal, ehemalige Siedlung. 1646<br />

Sellenacker, von FN Söll oder „Seelenstiftung"? Schaffers<br />

Halde. Sickinger Staigle, Fahrweg. Steinerfurt, offenbar<br />

Furt mit vielen Steinen oder „des Dorfes Stein".<br />

Stiebers Wasen, PN. Uf dem Stock, Bildstock oder<br />

Grenzpfahl. In der Tägershalde = Lehmhalde? Nach<br />

R. Vollmann soll tegar soviel wie „groß" bedeuten. Tieracker,<br />

siehe Dieracker. Steiner Uchtet = Morgenweide<br />

für das Dorf Stein. Ein Baumgarten heißt Uebelschwanck<br />

und Weyblestwanck. Der zweite Teil scheint<br />

„Anprall" zu bedeuten: wo Wasser anstößt (z. B. am<br />

Ausfluß des Federsees bei Buchau!). Uf dem Waidenbühl<br />

(nicht Walchenbrühl). In der Wasserfalle = Staubrett<br />

zum Wässern. In der Wanne, nach der Geländeform.<br />

Ein Gemeindewald liegt an der Weinhalde (Weinberge<br />

vor 1544). An der Wiesbruck 1438 (1646 im Weißenbruch).<br />

Am Haugenbriel. Zum Wyler, vermutlich<br />

Bechtoldsweiler.<br />

Michael Walter hat 50 in den Hohenzollerischen Blättern<br />

noch eine Flur Loisinger Lach oder Losingen behandelt,


die er auf Steiner Gemarkung noch 1740 fand. Sie lag<br />

(nach ihm) als ehemalige Siedlung da, wo die Gemarkungen<br />

Stein, Sickingen, Bechtoldsweiler und Bodelshausen<br />

zusammenstoßen. In „Lach" sieht er den Ursprung<br />

des Herrenwieserbächles, das unterhalb Stein bei der<br />

Brechstatt (Stelle zum Hanfbrechen) in die Starzel mündet.<br />

Auf dem abgegangenen Schönrain stieß man beim<br />

Baumsetzen auf gutes Mauerwerk, wie Walter erfuhr.<br />

Im Jahre 1646 heißt es: „Im Schönrain, jetzt die Weilerhalden<br />

genannt", dabei die Fluren Hofstetten und Atzelesgarten.<br />

Den roten Knollenmergel macht M. Walter für<br />

das Verlassen der Siedlung verantwortlich.<br />

VII. Vom Martinskirchle<br />

Das Niederhechinger Martinskirchle am Martinsberg,<br />

das lange schon von Stein aus versehen wurde, wird<br />

1762 schadhaft genannt, übrigens auch die Kirche von<br />

Stein selber als ruinös. Die Kapelle hat laut Bericht von<br />

1788 einen konsekrierten Altar. In den Bittagen wurde<br />

hier Gottesdienst gehalten. Doch 1798 (las Fritz Staudacher<br />

in den Hechinger Landkapitelsakten): „Nahe der<br />

Grenze des Dorfes Stein steht die dritte Filialkirche (in<br />

Niederhechingen nämlich), geweiht dem hl. Bischof<br />

Martinus, wie auch der Altar darin. Vor wenigen Jahren<br />

noch wurde am Patrozinium (11. November) und an den<br />

Bittagen dort Gottesdienst gehalten. Nun aber kann dies<br />

ohne größere Verunehrung nicht mehr länger geschehen.<br />

Die Fenster sind teilweise durch Sturm ausgebrochen und<br />

die Kirche muß geschlossen werden, da sie Tag und<br />

Nacht dem Zugang des Gesindels offen steht. Welches<br />

die Einkünfte dieses Kirchleins und wie groß sie waren,<br />

weiß man nicht, da sie mit denen der Pfarrkirche Stein<br />

vereinigt wurden."<br />

Zum Jahr 1813 berichtet die Hechinger Stadtchronik<br />

den Abbruch des Kirchleins. Es wurde von der Herrschaft<br />

(wieso von dieser?) an den Gerber Josef Kaiser<br />

in der Friedrichstraße auf Abbruch verkauft und auf<br />

dem Areal ein Obstgarten angelegt. Von einer Innenausstattung<br />

verlautet nichts 51 . Die Namen Martinsberg und<br />

Martinsstraße und die Flur Kirchle erinnern noch daran.<br />

Es stand auf jener Anhöhe, wo heute das Schützenhaus<br />

sich findet, nur wenige Meter nordöstlich von diesem.<br />

Auf der dortigen Steiner Baumwiese, hart am Weg<br />

Friedrichsstraße-Martinsweg, kam vor Jahren Baumaterial<br />

zutage. Der Kirch- und ehemalige Friedhofplatz bilden<br />

heute eine quadratische Wiese von etwas über<br />

40 Ar 52 .<br />

Ergänzend berichtet Wunib. Kernler 53 : „Das Kirchlein<br />

sei schon 1800 oder 1806 wegen Baufälligkeit und Entbehrlichkeit<br />

abgerissen und dessen Platz samt den Gefällen<br />

der Pfarrkirche Stein als Eigentum zugesprochen<br />

worden. Im Jahre 1549 sei der ehemalige Kirchhof um<br />

diese Martinspfarrkirche (zu Niederhechingen) zu Heu<br />

und Oehmd an Bartlin Walch zu Niederhechingen verliehen<br />

worden. Jeder Pfarrer zu Stein (heißt es auf einem<br />

ins Pfarrurbar eingelegten Blatt) hat den Kirchhof,<br />

der gleich der Kirche mit einer Mauer umfangen und<br />

dermalen zu einer Wiese gemacht ist, mit Heu und<br />

Oehmd zu nießen, dafür aber den Kommunikanten- und<br />

Johanniswein anstatt eines Zinses unentgeltlich zu liefern."<br />

VIII. Vermischte kirchliche Nachrichten<br />

Im Lagerbuch von 1544 4 ist ausdrücklich vermerkt:<br />

„Die Herrschaft Zollern hat die Pfarrei Stein zu vergeben,<br />

d. h. den Pfarrer dem Bischof zu präsentieren. Aus<br />

dem Großzehnten des ganzen Aemtles bezog damals<br />

Württemberg 4 1 /» Mit Vesen, welche Herzog Eberhard<br />

im J. 1497 zugleich mit Bodelshausen von Martin von<br />

Friedingen gekauft hat. Die Pfarrei hat eigene Güter,<br />

heißt es dann: Pfarrhaus, Hofraite samt Garten dabei,<br />

7 J Acker, 4 Mm Wiesen, 7 Morgen Wald, darunter 3 im<br />

Burgstall. Diese Güter wurden bestand- d. h. pachtweise<br />

auf 9 Jahre im Jahre 1554 dem Hans Christian von<br />

Stein verliehen. Die Reutäcker hat die Herrschaft dem<br />

Pfarrer auf 3 Jahre aus Gnade überlassen. Der Heuzehnt<br />

aus bestimmten Wiesen und Gärten in den 3 Dörfern,<br />

der Klein- und Lebende Zehnt gehören dem Pfarrer,<br />

dazu unablösige Zinsen und als Korpus jährlich vom<br />

Großzehnt der Herrschaft 8 Mit Vesen, 6 Mit Haber<br />

und 1 Fuder Stroh."<br />

Zum Pfarrhausbau gaben 1773 Pfarrer Schönle 300 fl,<br />

Pfr. Kaiser in Burladingen (früher hier) 200 fl, der Junginger<br />

Pfarrer Franz Josef Marchand 100 fl, den Rest<br />

übernahm die Herrschaft. Die Pfarrkirche zu Stein wurde<br />

1830/31 unter dem Fürsten Friedrich Herman Otto<br />

von Hohenzollern errichtet (der Turm erst 1901 durch<br />

die Pfarrgemeinde). Die Kirchweihe nahm am 24. Juni<br />

1833 der Freiburger Weihbischof Hermann von Vikari<br />

vor (in Bechtoldsweiler ebenso am 26. und in Sickingen<br />

am 27. Juni).<br />

Nebenbei bemerkt, hatten die Tübinger Pfalzgrafen<br />

schon 1188 in Sickingen Besitzungen.<br />

Die Renovation Rammingens vom Jahr 1584 führt als<br />

Großzehntherren zu Stein an: die Herrschaft Zollern,<br />

dann den Pfarrer betr. 7 J, und derselbe betr. 5 J Noval-<br />

oder Neubruchzehnt. Sechs J zehnteten nach Bodelshausen,<br />

3V2 an den Mesner von St. Luzen, wofür<br />

ihm nun die Herrschaft eine Fruchtsumme reicht. Den<br />

Kleinzehnten aller drei Dörfer bekommt der Pfarrer von<br />

Stein. Der Heiligenfond um 1875 bestand aus Stiftungen<br />

mit 707 fl, aus Vermächtnis der Fürstin Eugenie mit<br />

200 fl, aus Ablösungskapitalien und Hellerzinsen von hier<br />

und Hechingen 2125 f, Lehenablösung in Bodelshausen<br />

31 fl 59 kr. Summa 40,63 fl 59 kr. oder 6966,83 Mark.<br />

Ferner besaß der Fond 29,70 Ar Acker in Seelenäckern<br />

in Nutznießung des Mesners. Darunter ist laut Stiftung<br />

1 Scheffel Korn von Bodelshausen. Davon muß der Mesner<br />

auf Allerheiligen das Mehl verbacken zu Brotalmosen.<br />

Um 1881 hatte der Heilige zu Stein ein Kapital in<br />

Höhe von 9925,20 Mark. (Im heutigen Geldwert müßte<br />

man fast das Hundertfache ansetzen!)<br />

Im Kirchlein zu Bechtoldsweiler zum hl. Wendelin durfte<br />

seit 1790 das Allerheiligste aufbewahrt werden. Am<br />

7. Juni 1884 stifteten die Eheleute Franz Josef Oesterle<br />

und Klara geb. Kleinmann in Sickingen 1000 Mark als<br />

Grundstock zu einer Kaplanei, die aber nie zustande<br />

kam.<br />

Im J. 1879 war bestimmt: Die Parochianen bzw. Filialisten<br />

haben die Verpflichtung, bei Mangel an Heiligenvermögen<br />

den Turm (wenn er von der Kirche getrennt<br />

steht) sowie die Uhr, Orgel, Glocken und Seitenaltäre<br />

der Pfarrkirche zu unterhalten bzw. zu beschaffen, auch<br />

Hand- und Fuhrfronen zu Kirche und Pfarrhaus zu leisten.<br />

Als Baufond waren 10372 fl und für Brandversicherung<br />

350 fl festgesetzt. Dazu trugen bei: Das Fürstenhaus<br />

9218 fl, Gemeinde Stein 935, Sickingen 405<br />

und Bechtoldsweiler 162 fl. Davon wurden bestimmt:<br />

für Neubau der Kirche 515 fl, Erweiterung derselben<br />

6000 fl, für Pfarrhausneubau 595 fl. Die Kirche war<br />

versichert zu 30 000 Mark, Pfarrhaus 10 290 Mark 53 .<br />

Die Sickinger Heiligenpflege hatte damals (1882) 1440<br />

Mark Kapital. In einer Bittschrift vom 16. März 1746<br />

betonten die Sickinger: Sie hätten keine Kirche gehabt,<br />

jetzt aber eine gebaut und den hl. Antonius als Patron<br />

gewählt. Sie bitten daher um einen Altarstein (mit Reli-<br />

7


quien) und die Erlaubnis zur Meßfeier. Der Heilige habe<br />

baar 40 fl und 2 Mm Wiesen. Im Jahre 1772 wurden<br />

zwei Glocken angeschafft, die größere zum hl. Antonius,<br />

die kleinere zur hl. Anna. (Neubau dann 1830.)<br />

Die Wendelinskapelle zu Bechtoldsweiler wurde gegründet<br />

von Katharina Summer, die am 2. September 1754<br />

starb, und Lambert Kaus (t 27. September 1758). Im<br />

Jahre 1812 wurde sie erweitert, 1833 aber folgte ein völliger<br />

Neubau. Die Erlaubnis zum Meßlesen war 1828 auf<br />

weitere 7 Jahre vom Bischof gegeben worden. Einen eigenen<br />

Friedhof hat man 1842 angelegt und dem Pfarrer<br />

für jede Beerdigung daselbst 18 Kreuzer bewilligt. 53<br />

1<br />

Mon. Zoll. I, S. 68.<br />

2<br />

Hohz. Blatt. 1937 Dezb. 18.<br />

3<br />

Hohz. Blätt. 1942, Dez. 24.<br />

4<br />

Fürstl. Hohz. Arch. Sigmaringen.<br />

5<br />

Hohz. H. 1972, 45.<br />

6<br />

wie Note 1.<br />

7<br />

wie Note 5.<br />

8<br />

Mon. Zoll. I S. 294.<br />

9<br />

für diese und folgende Daten: Konstanzer Protok. im<br />

Erzb. Arch. Freiburg.<br />

10<br />

HH 1963, 41.<br />

11<br />

Näheres in HH 1963, 42.<br />

12<br />

Über ihn HJHeft 1955, 14 und 1963, 164.<br />

13 HJH 1963, 170.<br />

14 HJH 1955, 96.<br />

15 Liber dezimationis: FDA I, 57.<br />

16 FDA 26, 53.<br />

17 Vgl. HJH 1955 bis 1957 Anhang: „Urkunden des Kl. Stetten";<br />

zitiert: Stett. mit Urkundennummer, oder „Stett. S."<br />

(Seite).<br />

18 Stett. S. 353.<br />

19 Hodler, Gesch. d. Oberamts Haigerloch 160.<br />

20 HH 1972, 45.<br />

HERBERT BURKARTH<br />

Hochzeit auf Schloß Hettingen<br />

Am 28. Juli 1777 verlobte sich der damals 38jährige<br />

Reichsfreiherr Marquard Carl Anton Speth von Zwiefalten,<br />

Herr zu Gammertingen, Feldhausen, Harthausen,<br />

Neufra, Kettenacker, Birkhof und Lustberg mit Freifräulein<br />

Maria Maximiiiana Speth von Zwiefalten zu<br />

Hettingen. Im Jahr 1599 hatten sich die Gammertinger<br />

Speth in eine Gammertinger und eine Hetlinger Linie<br />

geteilt. Zeitweilig waren sie sogar heftig verfeindet, und<br />

1747 ließ der Baron von Hettingen Gammertinger Bürger<br />

unter Drohung für Leib und Leben aus seiner Herrschaft<br />

treiben.<br />

Nun, vier Generationen später, wurden die beiden Häuser<br />

durch eine Heirat wieder vereinigt. Das war natürlich<br />

nicht nur ein Fest für die beteiligten Familien, sondern<br />

für alle Bewohner der beiden Herrschaften. Für<br />

alle Teilnehmer war das ein Ereignis in ihrem gleichmäßigen<br />

Dasein, von dem sie sicher noch Jahrzehnte lang<br />

erzählten.<br />

Die Hochzeit wurde auf Mittwoch, den 8. Oktober 1777,<br />

festgesetzt. Am Morgen des Hochzeitstages bewegte sich<br />

ein feierlicher Zug von Gammertingen nach Hettingen.<br />

Den Zug eröffnete, hoch zu Roß, Haushofmeister Fidelis<br />

Fauler. In der ersten Kutsche saß der geistliche Onkel,<br />

Freiherr Carl von Speth, Stifts-Capitular in Kempten,<br />

der die Trauung vornehmen sollte. Der zweite Wagen<br />

folgte mit dem Bräutigam, Freifrau Emmerentia von Enzenberg<br />

(geb. v. Spethl, Frau Antonia von Stozing und<br />

Baron Carl von Stozing. In der dritten Kutsche saßen<br />

Gäste aus Hechingen, Carl Schilling von Cannstatt,<br />

8<br />

21<br />

Näheres Stett. S. 312.<br />

22<br />

Stett. 323.<br />

23<br />

Mon. Zoll. I, S. 345.<br />

24<br />

HH 1962, 44.<br />

25<br />

Mi«. Hohz. 8, 57.<br />

26<br />

Stett. 392.<br />

27<br />

Stett. 400.<br />

28<br />

Stett. 443.<br />

29<br />

Stett. 444.<br />

30<br />

Stett. 452.<br />

31<br />

Stett. 457.<br />

32<br />

Stett. 473.<br />

33<br />

G. Wunder, Staufenberg, 1972, S. 425.<br />

34<br />

HH 1957, 61.<br />

35<br />

Stett. 482.<br />

35a<br />

HH 1953, 46.<br />

36<br />

Wie Note 33: S. 428.<br />

3<br />

»a HH 1953, 46.<br />

3<br />

«b Zollerheimat 1940, 31.<br />

37<br />

Zubehör siehe in Stett. Nr. 516.<br />

38<br />

HH 1953, 46.<br />

3S<br />

HH 1962, 60.<br />

40<br />

Stett. 530.<br />

41<br />

OA Rottenbg. II, 206 und Note 35: S. 436.<br />

42<br />

Zollerheimat 1938, 96.<br />

43<br />

Stett. 614.<br />

44<br />

Zeitschr. höh. Gesch. 1965, 262, Nr. 82.<br />

45<br />

Zoll. H. 1940, 8-9.<br />

48<br />

Stett. S. 218-219.<br />

47 HH 1963, 42.<br />

48 HH 1953, 45.<br />

49 Hohz. ZG. 1965, 164, Nr. 97.<br />

50 Hohz. Blätt. 1942, Nr. 226.<br />

51 Staudacher, Hohz. Ztg. Nr. 176 vom 10. Nov. 1951.<br />

52 Hohz. Ztg. vom 9.11.1963.<br />

53 Nachlaß „Hohenz. Pfarreien" i. Heimatbibl. Hechg.<br />

G 593 all.<br />

fürstlicher Oberjägermeister, und Johann Christoph von<br />

Hövel, fürstlicher Hauptmann und Stallmeister. Mit der<br />

vierten Kutsche kamen der Gammertinger Obervogt<br />

Bernardin Kleber und Rat Franz Xaver Merhard von<br />

Bernegg. Den Abschluß des Zuges bildete eine „Wurst"<br />

(langer, mehrsitziger Wagen) mit der Frau Obervögtin,<br />

der Frau Hausmeisterin und noch mehr Frauen, welche<br />

die Gnade hatten, der hohen Vermählung beiwohnen zu<br />

dürfen.<br />

Nach der Ankunft in Hettingen stieg man im Schloß ab<br />

und absolvierte eine kleine Gratulationscour. Inzwischen<br />

begannen alle Kirchenglocken zu läuten. Das gnädige<br />

Fräulein Braut machte einen Fußfall vor ihren Eltern<br />

und bat um deren Segen, was allgemeine Rührung hervorrief.<br />

Geführt von ihrem Bruder Franz Conrad und<br />

begleitet von ihrem Bräutigam, trat sie den Weg zur<br />

Kirche an. Vor dem Schloß wurden sie von den beiden<br />

Vögten von Gammertingen und Hettingen willkommen<br />

geheißen. Nach ihnen formierte sich ein langer Zug mit<br />

allen anwesenden Adelspersonen, Gemeindeabordnungen<br />

und Bediensteten.<br />

Unten am Schloßberg standen beiderseits des Weges die<br />

Jungfrauen von Hettingen und Hermentingen im Festtagskleid,<br />

mit Kränzen im Haar. An sie anschließend<br />

bildeten die verheirateten Männer Spalier. Bis zur Kirchenmauer<br />

standen, in zwei Linien ausgerichtet, die ledigen<br />

Gesellen. Alle Männer hatten auf dem Kopf Grenadiermützen<br />

mit dem Speth'schen Wappen und das Gewehr<br />

geschultert.


Kirche und Altar waren festlich geziert. Vor dem Chor<br />

standen acht Jäger unter Gewehr, welche darauf achteten,<br />

daß niemand außer den hohen Herrschaften und Beamten<br />

hereinkam. Als das hohe Hochzeitspaar die Kirche<br />

betreten hatte, begann Stiftskapitular v. Speth mit<br />

dem „musikalischen Hochamt". Anschließend nahm er,<br />

als besonders erbetener Onkel, die priesterliche Einsegnung<br />

vor. Nach Beendigung der Trauung setzte die Musik<br />

mit einem Te Deum ein, in das alle einstimmten. Die<br />

paradierenden Hetlinger Bürger schössen drei Salven,<br />

und die Böller wurden abgefeuert.<br />

In der gleichen Art, wie zur Kirche, bewegte sich der<br />

Hochzeitszug auf das herrschaftliche Schloß zurück.<br />

Dort angelangt, nahm das Paar die Glückwünsche der<br />

Geistlichkeit, Beamten und Gemeindedeputierten entgegen.<br />

Eine prächtige Hochzeitstafel war mit sechzehnteiligen<br />

Couverts gedeckt, an der die ganze Gesellschaft<br />

Platz nahm. Während des Essens wurde, von Böllerschüssen<br />

begleitet, auf die Gesundheit des hohen Paares<br />

getrunken. Bis gegen vier Uhr nachmittags wurde gespeist.<br />

Die Zeit zwischen Tafel und Soupee verbrachte man mit<br />

Spaziergängen und Spielen. Um 9 Uhr abends begann<br />

das Soupee. Danach begab sich der Hochzeiter in Stille<br />

ins Schlafgemach, zog sich um und legte sich nieder. Die<br />

Braut kleidete sich ebenfalls um und wurde von allen<br />

hohen Herrschaften ins Schlafzimmer begleitet. Dort<br />

fand die Zeremonie des Beilagers statt (Im Mittelalter<br />

war das Beilager, feierliches Besteigen des Ehebettes vor<br />

Die Braut Maria Maximiiiana Speth von Zwiefalten<br />

zu Hettingen Foto: Frh. v. Zobel<br />

Zeugen, die rechtliche Form der Eheschließung. Es ist eigentlich<br />

überraschend, daß diese uralte Zeremonie 1777<br />

noch ausgeübt wurde). Nach allgemeinem Abschiednehmen<br />

wurde das Schlafzimmer verlassen. Die ganze hohe<br />

Gesellschaft übernachtete entweder in Hettingen, oder<br />

wurde nach Gammertingen gefahren.<br />

Am anderen Morgen, gegen 9 Uhr, erschien der Hetlinger<br />

Obervogt Maximilian Blumenstetter und überreichte<br />

im Namen des Hetlinger Pfarrers Joseph Fetscher und<br />

der beiden Gemeinden Hettingen und Hermentingen<br />

eine Hochzeitsgabe von 150 Gulden. Langatmig wiederholte<br />

er die Glückwünsche im Namen von Pfarrer und<br />

Gemeinden und „recommendierte sich zu hohen Hulden<br />

und Gnaden". Inzwischen waren die Gäste aus Gammertingen<br />

wieder eingetroffen, und alles vereinigte sich zur<br />

großen Tafel.<br />

Nach Aufhebung der Tafel rüstete man sich zum Einzug<br />

nach der Residenz in Gammertingen. Als der Zug beim<br />

Teufelstor die Gemeindegrenze passiert hatte, verkündeten<br />

Kanonen- und Böllerschüsse die „Hohe Ankunft".<br />

Auch die Gammertinger Untertanen wollten ihre Freude<br />

über die Vermählung ihres gnädig-regierenden Herren<br />

zeigen. Unter der Steig, beim Beginn der neuen Straße,<br />

standen als Spalier 150 Mann in blau und 30 Mann in<br />

grün mit geschulterten Gewehren. 50 Verheiratete und<br />

50 Ledige waren aus Neufra, 50 Verheiratete und 30 Ledige<br />

aus der Stadt- und Landschaft Gammertingen gekommen.<br />

Die ledigen Jungfrauen waren bekränzt und<br />

fingen die gnädige Herrschaft mit einem roten Band auf,<br />

als sie sich den Reihen näherte. Unter ständigem Donnern<br />

von Geschützen erfolgte der Einzug in die hochfreiherrliche<br />

Speth'sche Residenzstadt Gammertingen.<br />

Voraus ritt der Gammertinger Postmeister Xaver Göggel<br />

mit zwei blasenden Postillionen. Ihm folgte der Feldhauser<br />

Jäger Caspar Huttmacher mit zwei Forstknechten;<br />

hinter ihnen der Hetlinger Obervogt Blumenstetter. Die<br />

Wagen fuhren in folgender Ordnung: In einem offenen,<br />

sechsspännigen Wagen saßen die neue regierende gnädige<br />

Frau und der gnädige Herr, Frl. Maria Theresia von<br />

Speth, Schwester der jungen gnädigen Frau, und der Onkel,<br />

Capitularherr Carl von Speth. In einem vierspännigen,<br />

gedeckten Wagen saßen die Brauteltern, Frau von<br />

Speth zu Hettingen und fürstbischöflicher Oberstallmeister<br />

Freiherr von Speth zu Hettingen mit Frau von Enzenberg<br />

und Graf Meinrad von Zollern, Domherr in<br />

Köln und Konstanz. Der nächste Vierspänner folgte mit<br />

Frau von Stozing, Gräfin Amalia von Sickingen, geborene<br />

v. Speth, Freiherrn von Stozing und Graf Casimir<br />

von Sickingen. In je einer Chaise folgten Oberjägermeister<br />

Schilling von Cannstatt mit Hauptmann von<br />

Hövel und Franz Conrad von Speth mit Friedrich von<br />

Speth, die Brüder der Braut. Den Schluß des Zuges bildeten<br />

Zollerische und Kemptener Bedienstete.<br />

Vor der Einfahrt zum Schloß stand auf der einen Seite<br />

der Gammertinger Obervogt, auf der anderen Seite der<br />

Rat von Merhard, je mit der Hälfte der Schultheißen,<br />

Amtsleute usw. Sie bildeten ein Spalier bis zur Brücke.<br />

Die Hochwürdige Geistlichkeit stand direkt vor dem<br />

Schloß. Sie begleiteten die Herrschaften bis ins rote Zimmer,<br />

wo sie ihre Glückwünsche vorbrachten und als Geschenk<br />

der Geistlichkeit und der Beamten 246 Gulden<br />

und von Bürgerschaft und Untertanen 600 Gulden übergaben.<br />

Unterdessen rückten die unter Gewehr stehenden Untertanen<br />

in schönster Ordnung an. Das Jägercorps postierte<br />

sich auf der Brücke, die Neufraer auf der Straße und die<br />

Gammertinger vor dem herrschaftlichen Bräuhaus. Zur<br />

Verwunderung der hohen Herrschaften exerzierten die<br />

Jäger und begannen mit Schießen. Jede Partie schoß drei<br />

Salven, außerdem wurden drei Generalsalven abgefeuert.<br />

Danach rückten sie in schönster Ordnung ab.<br />

Um einhalb 9 Uhr abends begann das Soupee. Während<br />

man soupierte, wurde als musikalischer Glückwunsch<br />

eine Arie und Duett mit dem Titel „Die singende Euter -<br />

pe" aufgeführt. Der Chor sang als Recitativ:<br />

9


„Freunde, ich bin von Wonne und Freude beseelet,<br />

Heut hat der Himmel Speth mit Spethen,<br />

Zween Sprossen aus einem Hause vermählet."<br />

Zum Schluß sang der Chor:<br />

„Ach Wünsche, Wünsche bringet zu wegen<br />

Für Marquard unsäglichen Segen.<br />

Bringet für Maxel viel Heil,<br />

Für beide den besseren Teil."<br />

Mit einem Tanz wurde der Abend beendet. Danach wurde<br />

zwei Tage geruht.<br />

Am 12. Oktober hatte die regierende gnädige Frau Namenstag.<br />

Die Neuvermählten wurden mit einem Besuch<br />

des Fürsten Joseph Friedrich von Hohenzollern-Hechingen<br />

und des Erbprinzen Joseph von Fürstenberg beehrt.<br />

Nach der Gratulationscour der hohen Herrschaften, der<br />

Beamten, der Bürgerschaft, der ledigen Gesellen und der<br />

ledigen Jungfrauen wurde eine prächtig servierte Tafel<br />

mit sechzehnteiligen Couverts gehalten. Während der<br />

Tafel wurden vom Jägercorps drei Salven abgefeuert<br />

und von den ledigen Jungfrauen der gnädigen Frau ein<br />

Bouquet präsentiert. Nach der Tafel begann das Hochzeitsschießen,<br />

bei dem es einen Ochsen und einen Hammel<br />

zu gewinnen gab. Der Tag wurde mit einem großen<br />

Nachtmahl beschlossen.<br />

An den folgenden drei Tagen war Kirchweih, an denen<br />

die Untertanen ihren Lustbarkeiten nachgingen und die<br />

Zünfte die üblichen Jahrtage abhielten. Am 16. Oktober<br />

begann man dann in Hettingen mit der Jagd und hielt<br />

am Sonntag, den 19., ein Essen auf Schloß Hettingen.<br />

Bis zum 26. Oktober wurde im Feldhauser und Gammertinger<br />

Forst, auf Stollbeck und in der Ah gejagt. Von<br />

den Anstrengungen der Jagd erholte man sich dann bis<br />

MANFRED HERMANN<br />

30. Oktober. Mit der Abreise aller hoher Herrschaften<br />

ging dieses große Fest zu Ende.<br />

Das Manuskript mit der Beschreibung der Hochzeit fand<br />

ich durch einen freundlichen Hinweis von Herrn Archivrat<br />

Dr. Bernhardt im General-Landesarchiv Karlsruhe<br />

(Nr. 69, 1319). Dort befindet sich das Familienarchiv<br />

der Speth-Gammertingen, vermischt mit dem Archiv der<br />

Freiherrn Zobel von Giebelstadt-Darstadt. Die Hochzeit<br />

von Marquard und Maximiiiana von Speth sollte ein<br />

Neubeginn der Herrschaft Speth-Gammertingen werden.<br />

Marquard hatte das jetzige Gammertinger Schloß von<br />

dem französischen Architekten Michael d'Ixnard für seine<br />

schöne junge Braut bauen lassen (es wurde kurz vor<br />

der Hochzeit fertig). Aus der Ehe gingen neun Kinder<br />

hervor, von denen aber nur drei das Erwachsenenalter<br />

erreichten. Der Sohn Ludwig Carl hatte nur Töchter.<br />

Die älteste Tochter Josephine heiratete Freiherrn Edwin<br />

Zobel von Giebelstadt-Darstadt. Sie lebte auf Schloß<br />

Messelhausen bei Tauberbischofsheim und starb dort im<br />

Jahr 1900, 92 Jahre alt! Ihr Vater Ludwig Carl verkaufte<br />

die Herrschaft Gammertingen, die 1806 mediatisiert<br />

worden war, 1827 an den Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Er starb 1858 in Würzburg, wo die<br />

Familie Speth ein Haus hatte.<br />

Maximiiiana war übrigens keine „richtige" Hettingerin,<br />

sondern eine Bayerin aus Fünfstetten bei Donauwörth.<br />

Um 1690 hatte der Urgroßvater von Maximiiiana,<br />

Franz Meinrad von Speth zu Hettingen, die Herrschaft<br />

Fünfstetten bekommen. Als der letzte Hettinger Speth<br />

1769 gestorben war, erbte Maximilias Vater die Herrschaft<br />

Hettingen und zog mit seiner Familie in das dortige<br />

Schloß. Das reizende Bild von Maximiiiana schickte<br />

mir freundlicherweise Freiherr von Zobel, ein Nachkomme<br />

von Marquard und Maximiiiana.<br />

Schreiner und Altarbauer Bakus Widmann II (1684-1768) in Hettingen<br />

Wie im vorigen Heft berichtet, war Bakus Widmann I<br />

aus Hettingen im Raum zwischen Hechingen und Sigmaringen<br />

von 1675 bis 1715 einer der meistbeschäftigsten<br />

Kunstschreiner und Altarbauer. Nach der Auswanderung<br />

des älteren Sohnes Hans Jakob Widmann nach Ungarn<br />

1712, die wohl durch seine Konflikte mit den herrschaftlichen<br />

Beamten verschiedener Wildfrevel wegen bedingt<br />

war, setzte der jüngere Balthasar (zumeist Bakus genannt)<br />

die väterliche Werkstatt fort.<br />

Am 21.5.1684 in Hettingen getauft 1 , hatte er bereits<br />

mit 16 Jahren seine Lehrzeit beendet, da ihn der Vater<br />

am 16. 7. 1700 von einem versammelten „ehrsamen<br />

Handwerk" zum Gesellen erklären ließ 2 . Wohin der<br />

junge Mann auf der Wanderung gezogen ist, wissen wir<br />

nicht. Immerhin dürfte er relativ bald wieder zuhause<br />

gewesen sein, da er am 19. Februar 1706 wegen verschiedener<br />

Diebereien (Wildfrevel?) für 15 Jahre aus der<br />

Herrschaft ausgewiesen wurde 3 . Er sollte erst dann zurückkehren<br />

dürfen, wenn er ein glaubwürdiges Zeugnis<br />

über seine Besserung mitbringe. Der vielbeschäftigte Vater,<br />

zugleich Schultheiß und Zunftmeister, dem die Verfehlungen<br />

seines Jüngsten höchst peinlich gewesen sein<br />

dürften, setzte offensichtlich alle Hebel in Bewegung,<br />

daß der Sohn zurückkehren durfte. Jedenfalls schloß<br />

dieser am 6. Februar 1708 in Hettingen mit Ursula Böhmin<br />

aus Steinhilben den Bund fürs Leben 4 . Dem Ehepaar<br />

wurden sechs Kinder geschenkt, von denen der Vater<br />

mindestens zwei, Franz Anton (* 22. 2. 1712) und<br />

10<br />

Balthasar f'iim 1720), im Schreinerhandwerk ausbildete.<br />

Den ersten stellte er am 23. 2. 1727 und den jüngsten<br />

Sohn am 8. 9. 1736 einem „ehrsamen Handwerk" vor,<br />

um sie zu Gesellen erklären zu lassen. Darüber hinaus<br />

stehen im Hettinger Zunftbuch 5 vier weitere Lehrjungen<br />

des Balms Widmann verzeichnet. Ein herber Verlust<br />

war für den Meister der Tod der Gattin am 18. 9. 1742.<br />

Offensichtlich heiratete er nicht wieder, jedenfalls nahm<br />

er nach dieser Zeit keine Jungen mehr zur Ausbildung<br />

ins Haus.<br />

Bald danach führte der ältere Sohn und Werkstattnachfolger<br />

Franz Anton seine Braut Anna Maria Klingenstein<br />

(aus Trochtelfingen?) heim, die ihm ab 1745 fünf<br />

Kinder schenkte. Allein, Bakus Widmann mußte die herbe<br />

Enttäuschung erleben, daß Anton am 24. 7. 1755 im<br />

besten Mannesalter starb. Das Hettinger Totenbuch<br />

rühmt ihn als „artis scriniariae peritissimus" = der<br />

Schreinerkunst sehr erfahren. Es ist unwahrscheinlich,<br />

daß der nunmehr 71jährige Bakus die Werkstätte noch<br />

weiter betreiben konnte, zumal der jüngere Sohn sich<br />

auswärts niedergelassen haben mußte, da sein Name in<br />

den Hettinger Zunftlisten fehlt. So ist wohl im gleichen<br />

Jahr 1755 die Schreinerwerkstatt erloschen. Baltus Widmann<br />

selber schloß am 20. März 1768 im Alter von 84<br />

Jahren für immer die Augen.<br />

Gleichwohl die Tätigkeit des zweiten Widmann in eine<br />

Zeit wirtschaftlicher und religiöser Blüte fiel, der auch<br />

zahlreiche Kirchenbauten und -ausstattungen zu verdan-


ken war, scheint er nicht so häufig wie der Vater für<br />

Altarbauten beschäftigt worden zu sein. Genau genommen,<br />

kennen wir nur seine Aufträge für die St. Nikolaus-Pfarrkirche<br />

in Feldhausen. Nach den dortigen Heiligenpflege-Rechnungen<br />

6 erhielt „der Schreiner von<br />

Hettingen" 1740 wohl im Zusammenhang mit dem<br />

Hochaltar 17 fl 13 xr (fl = Gulden, xr Kreuzer), allerdings<br />

kann damit kaum der gesamte Altaraufbau abgegolten<br />

worden sein. 1746 wurden „besag Accord dem<br />

Schreiner Bakus von Hettingen vor 2 neye Neben althär<br />

84 fl" ausbezahlt. 1752. bekam der „Schreiner von Hettingen"<br />

(diesmal wohl Anton Widmann) sicherlich im<br />

Zusammenhang mit der Kanzel 4 fl 14 xr, wobei auch<br />

hier wohl kaum die gesamte Schreinerarbeit eingeschlossen<br />

war. Da die Kirchenausstattung von Feldhausen zu<br />

den bedeutendsten im Kreis Sigmaringen zählt, lohnt es,<br />

sie einer eigenen Betrachtung zu unterziehen.<br />

Die Feldhauser Barockaltäre<br />

Die 1738 durch Maurermeister Melchior Schänzle aus<br />

Oberstetten erbaute Pfarrkirche erhielt in den beiden<br />

folgenden Jahren den prachtvollen Hochaltar 7 . Da er<br />

wenigstens teilweise vom Patronatsherrn Marquard Rudolph<br />

Anton Speth von Zwiefalten zu Gammertingen 8<br />

und seiner Gemahlin Maria Carolina geb. Gräfin von<br />

Gleisbach gestiftet wurde, enthält die Heiligenpflege-<br />

Rechnung 1739/40 dazu nur dürftige Nachrichten. Vor<br />

allem wurde das großformatige Altargemälde „die Vi-<br />

Hl. Petrus (1741), wohl von Balthasar Wild, Mariaberg<br />

Foto: M. Hermann<br />

Hl. Paulus (1741), wohl von Balthasar Wild<br />

Foto: M. Hermann<br />

sion des hl. Antonius von Padua" von der Hand des<br />

Riedlingers Franz Joseph Spiegier (1691-1756) von der<br />

Ortsherrschaft bezahlt, wie die Wappen am unteren Bildrand<br />

verraten. Sicherlich stehen die 36 xr Botenlohn<br />

für zwei Gänge nach Riedlingen damit in Zusammenhang.<br />

Das muß jedoch nicht bedeuten, daß in der Donaustadt<br />

auch die Bildhauerarbeiten ausgeführt wurden,<br />

für die insgesamt 35 fl 36 xr in Ausgabe stehen 9 . Zusätzlich<br />

bekam ein Fuhrmann „wegen denen. Statuen"<br />

8 xr ausbezahlt, einem andern 6 xr „den Neuen Altar<br />

abzuehollen", wohl ein Hinweis, daß Schreiner- und<br />

Bildhauerarbeiten nicht gleichzeitig und wohl auch nicht<br />

am selben Ort geschaffen wurden. Ziemlich sicher<br />

stammt der Aufbau vom Schreiner Bakus Widmann in<br />

Hettingen.<br />

Der Hochaltar zeigt einen mächtigen, bis in eine Stichkappe<br />

des Chorgewölbes reichenden, flachen, ursprünglich<br />

vom Altartisch abgesetzten Retabel, der die gesamte<br />

Stirnwand des Chores füllt. Sechs Säulen, die mittlere jeweils<br />

gedreht, flankieren das Altarblatt im Hauptgeschoß.<br />

Die dazugehörigen eindrucksvollen Apostelfiguren<br />

Petrus und Paulus sind seitlich, durch die Fenster in<br />

den Schrägwänden des Chores getrennt, auf Postamenten<br />

angebracht. Merkwürdigerweise ist das Gesims, das den<br />

Hauptteil nach oben abschließt, ohne jede Schwingung<br />

11


angelegt, auch die über dem Gebälk der Säulen schräg<br />

aufsteigenden Giebelstücke sind nicht bogenförmig, sondern<br />

gerade gestaltet. Einfache Volutenspangen rahmen<br />

im Oberteil die Nische mit der Figur des Kirchenpatrons<br />

St. Nikolaus. Der gesamte Aufbau macht für den Beginn<br />

der Rokokozeit einen reichlich strengen Eindruck. Es ist<br />

zu vermuten, daß der Entwurf des Retabels weniger auf<br />

den Schreiner als auf den Bildhauer zurückgeht.<br />

Sämtliche figürlichen Arbeiten, der hl. Nikolaus mit<br />

Buch in der Rechten und die begleitenden großen Engelsgestalten<br />

mit Stab und Mitra auf den seitlichen Giebelstücken<br />

des Oberteils, ferner die Apostel Petrus und<br />

Paulus sind von bedeutender Qualität, die von jeher an<br />

den großen Riedlinger Bildhauer Joseph Christian<br />

(1706-77) denken ließ. An den Plastiken fällt vor allem<br />

die kraftvolle Haar- und Bartbehandlung und der<br />

reichbewegte Faltenwurf an den Gewändern auf. Ihr<br />

Schöpfer ist durchaus zu den großen Begabungen des<br />

schwäbischen Raumes zu zählen und steht nur wenig den<br />

besten Schnitzern des Landes nach. Doch schon Rudolf<br />

Huber hat in seiner Christian-Monografie 10 1960 erkannt,<br />

daß der Riedlinger Meister persönlich nicht in<br />

Frage kommt, vielmehr sprach er von einer Christian-<br />

Schule. Die gute Qualität der Plastiken ließe sich aber<br />

auch so erklären, daß Christian zu ihnen die Entwürfe<br />

(Bozzetti) lieferte, die ein anderer ausgeführt haben mag;<br />

einer, der weniger beschäftigt war und billiger zu arbeiten<br />

vermochte. Doch, wer ist dieser Unbekannte?<br />

Es will eigens beachtet werden, daß in die Rückseite der<br />

aus Lindenholz geschnitzten, ausgehöhlten, 1,65 m hohen<br />

Petrus und Paulus das Fertigstellungsdatum eingeschnitten<br />

ist: bei Paulus „De: 12. Feb. 1741" und bei Petrus<br />

„De 11 Mar: 1741". Wie jeder Kenner der Materie es<br />

bestätigen wird, ein sonst kaum anzutreffender Fall. Genau<br />

in derselben Weise ist auch der schlafende Johannes<br />

Ev. der Ölberg-Gruppe in Inneringen (heute auf dem<br />

Speicher des alten Pfarrhauses) 11 datiert: 1740, wobei<br />

die Form der Ziffern, insbesondere die der „1", jenen in<br />

Feldhausen völlig entspricht. Auch die Inneringer ölberg-Figuren<br />

zeigen denselben kraftvollen Schnitzerstil<br />

und dieselbe lebendige Gewandbehandlung: Es sind Werke<br />

des gleichen Meisters. In der Pfarrkirche zu Gammertingen<br />

befinden sich ebenfalls zwei Plastiken, die mit<br />

Datierungen der gleichen Form versehen sind: ein Auferstandener,<br />

in dessen Bodenplatte die Zahl „1749" zusammen<br />

mit den Buchstaben „B. W." eingeschnitten ist, ferner<br />

ein hl. Sebastian mit „1751". Bedingt durch den zeitlichen<br />

Abstand von den Feldhauser und Inneringer Figuren,<br />

wird ein stilistischer Zusammenhang nicht so deutlich.<br />

Immerhin zeigen sie mit weiteren Feldhauser Plastiken<br />

(Anna-selb-dritt, Vitus am lk. Seitenaltar) gemeinsame<br />

Züge.<br />

Intensiv habe ich in den Standesbüchern von Riedlingen<br />

nach einem Schnitzer B. W. gesucht, jedoch ohne Erfolg,<br />

da es dort keinen Künstler mit diesem Namensanfang<br />

gab. Erst die Überprüfung der Rechnungen der Marienkapelle<br />

in Melchingen 12 brachte des Rätsels Lösung:<br />

Der Altar des Heiligtums wurde 1736 von Balthasar<br />

Wild, dem Klosterschreiner von Mariaberg, geliefert,<br />

wobei er - das wird eigens betont - sowohl die Schreiner-<br />

als auch die Schnitzarbeit geschaffen habe. Ohne<br />

Frage ist er der Bildhauer „B. W.", nach dem ich so lange<br />

gesucht hatte. Es kann kaum ein Zweifel daran bestehen,<br />

daß er auch der Meister des Feldhauser Hochaltars ist.<br />

Es ist übrigens noch bemerkenswert, daß Wild auch die<br />

Melchinger Schmerzensmutter auf der Rückseite datiert<br />

hat, mit 1736, allerdings in aufgemalten Ziffern. Mit<br />

dieser Figur ist zugleich der Ausgangspunkt für eine grö-<br />

12<br />

ßere Reihe von Zuschreibungen gewonnen, für Plastiken<br />

in Mariaberg selbst, in Gauselfingen, Neufra, Hettingen,<br />

Gammertingen, Feldhausen und Inneringen, über die ich<br />

später in einer eigenen Untersuchung berichten möchte.<br />

Allerdings macht die Erfassung von Lebensdaten des<br />

Künstlers erhebliche Schwierigkeiten. Sein Name ist weder<br />

in den Gammertinger (dort sind auch die Bronner<br />

Namen enthalten) noch in den Trochtelfinger Kirchenbüchern<br />

zu entdecken. Wahrscheinlich hat der Beichtvater<br />

und Seelsorger des Benediktinerinnenklosters Mariaberg<br />

eigene Standesregister für Schwestern und die dortigen<br />

Bediensteten geführt. Immerhin wäre eine Herkunft<br />

des Klosterschreiners aus Melchingen möglich, wo es den<br />

Namen Wild gab, eventuell auch aus dem vorderösterreichischen<br />

Schömberg, wo dieser Name ebenfalls vertreten<br />

und eine Fülle von Bildhauerwerkstätten anzutreffen<br />

waren.<br />

Eine besondere Perle barocker Tafelmalerei ist das Gemälde<br />

Spieglers zu nennen, das er leider nicht signiert<br />

hat. Wie so oft wandte er auch hier eine Diagonalkomposition<br />

an: In der rechten unteren Bildhälfte kniet der<br />

hl. Antonius im Franziskanerhabit auf einem Betschemel,<br />

vor ihm ein aufgeschlagenes Buch auf einem Tisch. Den<br />

Oberkörper zurückgeneigt, hält er dem auf einer Wolke<br />

erscheinenden Jesuskind beide Arme entgegen. In der<br />

linken oberen Bildhälfte die Gottesmutter im Rosagewand<br />

und einem taubenblauen Mantel, hinter dem Kind<br />

ein weißes Tuch haltend. Die Gegendiagonale bilden<br />

unten ein buch- und ein lilientragender Engel, rechts<br />

oben drei geflügelte Puttenköpfe und eine weitere<br />

Dreiergruppe größerer Engel; im Schnittpunkt der<br />

Diagonalen steht das Jesuskind. Beim Feldhauser Altarblatt<br />

ist besonders die zarte, typisch Spieglerische Farbgebung<br />

zu bewundern: Das tiefe Braunrot, Rosa, Taubenblau,<br />

Weiß und das kräftige Inkarnat. Wie in vielen<br />

anderen Tafelgemälden liegt auch hier die Lichtquelle<br />

außerhalb des Bildes: Es kommt von links oben und läßt<br />

als Mitte der Darstellung das Jesuskind hervorleuchten.<br />

Uber die Feldhauser Seitenaltäre möchte ich in einer<br />

Fortsetzung berichten, wobei dem Maler Johann Baptist<br />

Bommer aus Trochtelfingen ein eigener Abschnitt eingeräumt<br />

werden soll.<br />

Anmerkungen:<br />

1 PfArch. Hettingen, Standesbücher Bd. I 1611 (1652)-1708.<br />

2<br />

StArch. Hettingen, Fasz. 57: Zunftbuch der Stadt Hettingen<br />

ab 1697.<br />

3<br />

A. LIEB, AUS 500 Jahren Hettinger Geschichte. Württemberg-B<br />

ubenhofen-Speth-Hohenzollern, in: Festschrift d. Musikvereins<br />

Hettingen 1957, S. 24-37.<br />

4<br />

S. Anm. 1.<br />

5 S. Anm. 2.<br />

6 PfArch. Feldhausen.<br />

7 KDM Kr Sigmaringen, Stuttgart 1948, S. 107 f.<br />

8 Geb. 17. 2. 1700, gest. 19. 3. 1741. Er leitete die Herrschaft<br />

Gammertingen 1732-1741. Vgl. J. WIEST, Geschichte der<br />

Stadt Gammertingen unter der Speth'schen Herrschaft<br />

1524-1827. Gammertingen 1962, S. 174.<br />

4 K. H. SCHÖMIG, Franz Joseph Spiegier - Der Freskant von<br />

Zwiefalten, Sein Leben und Werk. Regensburg 1975, S. 11.<br />

10 R. HUBER, Joseph Christian, der Bildhauer des schwäbischen<br />

Rokoko. Tübingen 1960.<br />

11 Wie Anm. 7, S. 173. M. HERMANN, Zur Pfarr- und Kunstgeschichte<br />

Inneringens, in: HH 1974, 12-15.<br />

12 PfArch. Melchingen.


JOSEF MÜHLEBACH<br />

Bedeutende Persönlichkeiten aus dem Studiengang<br />

am Gymnasium Hedingen-Sigmaringen<br />

In den ersten Oktobertagen 1975 ist mit eindrucksvollen<br />

Festveranstaltungen der auf dem Sandbühl erstellte Neubau<br />

des Hohenzollern-Gymnasiums Sigmaringen eingeweiht<br />

worden. Mit dem Neubau hat das Gymnasium seine<br />

dritte und wohl für eine ferne Zukunft endgültige<br />

Stätte erhalten. Das Gymnasium, 1818 von Fürst Anton<br />

Alois von Hohenzollern-Sigmaringen als Lateinschule<br />

gegründet, war von 1818 bis 1893 im Gebäude des ehemaligen<br />

Franziskanerklosters Hedingen untergebracht.<br />

1893 bezog es das neu erstellte Gebäude an der Hedinger<br />

Straße. Auch die Trägerschaft für das Gymnasium hat in<br />

den 157 Jahren seines Bestehens mehrfach gewechselt.<br />

Träger waren 1818 bis 1850 das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen,<br />

von 1850 bis 1945 das Land Preußen,<br />

von 1945 bis 1952 das Land Südwürttemberg-Hohenzollern,<br />

von 1952 bis 1975 das Land Baden-Württemberg.<br />

Jetzt hat die Stadt Sigmaringen die Trägerschaft übernommen.<br />

Noch größeren Wechsel hat der Name des Gymnasiums<br />

aufzuweisen. Dieses hat geheißen ab 1824, nach Umwandlung<br />

der Lateinschule in ein Progymnasium und<br />

später in ein Vollgymnasium, „Fürstlich Hohenzollern-<br />

Sigmaringensches Gymnasium", ab 1850 „Königlich<br />

Preußisches Gymnasium zu Hedingen", ab 1853 „Königlich<br />

katholisches Gymnasium zu Hedingen", ab 1884<br />

„Königlich katholisches Gymnasium zu Sigmaringen",<br />

ab 1918 „Staatliches katholisches Gymnasium zu Sigmaringen",<br />

ab 1937 „Oberschule für Jungen", ab 1945/46<br />

„Staatliches Gymnasium Sigmaringen". Jetzt, ab 1975<br />

heißt die Schule „Hohenzollern-Gymnasium".<br />

Die folgende Darstellung ist ein Versuch, in einer besonderen<br />

Schau auf den Zeitraum von nahezu 160 Jahren<br />

bedeutende Persönlichkeiten aufzuzeigen, denen das<br />

Gymnasium zu Hedingen-Sigmaringen zur Ausgangsstellung,<br />

zur Basis für ihr fruchtbares geistiges, wissenschaftliches<br />

und künstlerisches Wirken geworden ist, deren<br />

Werke andererseits wieder auf das Gymnasium, das sie<br />

als Schüler besucht haben, wie ein Lichtschein zurückstrahlen.<br />

Wie schon angedeutet, will die nachstehende<br />

Darstellung nur als ein Versuch gewertet werden; sie<br />

will und kann auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit<br />

erheben. Doch mag die Skizzierung der Persönlichkeiten<br />

auch deren Beziehung zur jeweiligen Zeitgeschichte und<br />

in etwa auch das Bild der Ära, in die sie hineingeboren<br />

und aus der sie erwachsen sind, mit ihren geistigen,<br />

künstlerischen und politischen Strömungen erhellen.<br />

Dr. Alfons Bilharz. Arzt und Philosoph<br />

Aus Sigmaringen. 1836 bis 1925. Dr. A. Bilharz war<br />

nach Abschluß des medizinischen Studiums, ergänzt<br />

durch nervenphysikalische Studien, als Arzt wechselnd<br />

an verschiedenen Stellen, u. a. dreizehn Jahre in Nordamerika,<br />

tätig. Von 1882 bis 1907 war er ärztlicher Direktor<br />

des Fürst-Carl-Landeskrankenhauses Sigmaringen.<br />

Neben zahlreichen wissenschaftlichen Abhandlungen aus<br />

dem Gebiet der Medizin, die in der Fachwelt hohe Anerkennung<br />

gefunden haben, hat er folgende philosophische<br />

Schriften verfaßt.<br />

„Der heliozentrische Standpunkt der Weltbetrachtung"<br />

(1879),<br />

„Metaphysische Anfangsgründe der mathematischen<br />

Wissenschaften" (1880),<br />

„Metaphysik als Lehre vom Vorbewußten" (1897),<br />

„Die Lehre vom Leben" (1902),<br />

„Mit Kant und über Kant hinaus" (1904),<br />

„Neue Denklehre" (1908),<br />

„Descartes, Hume, Kant" (1910),<br />

„Philosophie als Universalwissenschaft" (1912).<br />

Gottfried Graf, Professor an der Kunstakademie in<br />

Stuttgart, urteilte über Dr. A. Bilharz zehn Jahre nach<br />

dessen Tod: „Wir haben alle Ursache, in Bilharz einen<br />

der Unsrigen zu sehen und zu verehren, der in seiner<br />

Einsamkeit eine denkerische Leistung von hohem Rang<br />

vollbracht hat..."<br />

Dr. Theodor Bilharz. Arzt und Forscher<br />

Maximilian Theodor Bilharz ist 1825 in Sigmaringen geboren.<br />

Nach dem Abschluß des medizinischen Studiums,<br />

der erfolgreichen Ablegung der „Staatsdienstprüfung"<br />

und Erreichung der Promotion übersiedelte er 1850 nach<br />

Ägypten, um dort, von der Regierung beauftragt, das<br />

Gesundheitswesen zu organisieren. Bei seiner vielseitigen<br />

und gründlichen Forschertätigkeit entdeckte er, Professor<br />

der Anatomie, den Erreger einer der verheerendsten<br />

Plagen, nicht nur Ägyptens, sondern auch weiter Gebiete<br />

Afrikas und Asiens, der Blutharnruhr, die nach ihm<br />

„Bilharziose" genannt wurde. Mit dieser Entdeckung<br />

wurde er in die Reihe der großen Forscher und Ärzte<br />

der Welt aufgenommen. Dr. Theodor Bilharz starb,<br />

hochgeehrt und mit hohen Stellungen ausgezeichnet, in<br />

Ägypten an einer Infektion, die er sich im Dienste seiner<br />

Kranken zugezogen hatte, im Jahr 1862. Zu seinem ehrenden<br />

Gedenken nennt sich die Apotheke in der Antonstraße<br />

Sigmaringen - das Geburtshaus des Forschers -<br />

„Bilharz-Apotheke"; der Ehrung der Brüder Alfons und<br />

Theodor Bilharz dienen die „Bilharz-Schule" und die<br />

„Bilharz-Straße."<br />

Gustav Bregenzer. Kunstmaler<br />

Aus Sigmaringen. 1850 bis 1919. Von 1867 bis 1881 besuchte<br />

G. Bregenzer, von Fürst Carl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen<br />

gefördert, die Düsseldorfer Kunstakademie.<br />

Seiner weiteren Ausbildung dienten Kunstfahrten<br />

nach Italien, den Niederlanden und nach Paris. Bregenzers<br />

Kunstschöpfungen sind der Romantik verhaftet,<br />

wenn schon manche Gemälde auf den „Realisten Bregenzer"<br />

deuten. Immer stand die Wiedergabe des Seelischen<br />

im Mittelpunkt seines Wollens. Gustav Bregenzer, von<br />

König Carol von Rumänien in Anerkennung seiner<br />

künstlerischen Leistungen zum Hofmaler ernannt, war<br />

ein ausgezeichneter Porträtist. Zahlreiche Bildnisse von<br />

Mitgliedern des Fürstenhauses und von Sigmaringer Bürgern<br />

und Bürgerfrauen sind Zeugen seines hohen Kunstschaffens.<br />

Sein Kunstschaffen galt auch reizvollen Kinderbildnissen,<br />

Stilleben und Landschaftsbildern, letztere<br />

aus dem Raum um Sigmaringen. G. Bregenzer bevorzugte<br />

als malerische Objekte Kinder und ältere Personen.<br />

Pater Dr. Fidelis Buck. S. J. Professor<br />

Geboren 1916 in Hitzkofen. Pater Buck, Jesuit, ist Professor<br />

für Hebräisch und Alttestamentliche Exegese, Bachelor<br />

of Arts, Lizentiat in Theologie, Sacral Scripture<br />

13


Doctor. 1945 Priesterweihe. Sein Studienweg und seine<br />

Lehrtätigkeit führten ihn nach Kanada, Mexiko, nach<br />

den U. S. A., Indien, Rom, Spanien und wieder nach<br />

Kanada. Zur Zeit ist er Inhaber eines Lehrstuhles (Professor)<br />

an der staatlichen Universität in Nairobi, Kenya<br />

(Afrika). Er bereiste archäologische Stätten in Indien,<br />

Pakistan, Persien, Irak, Syrien, Jordanien, Israel,<br />

Ägypten, Türkei, Zypern und Griechenland. Außer seinen<br />

Hauptfächern lehrt er auch Hetitisch, Assyrisch und<br />

ägyptische Hieroglyphenschrift. Pater Buck ist Mitarbeiter<br />

in vielen bedeutenden kirchlichen Instituten und<br />

internationalen Gremien, Mitarbeiter an katholischen<br />

Enzyklopädien. In Wort und Schrift ist er vielseitig publizistisch<br />

tätig (Rundfunk in Spanisch und Englisch, Bibelkommentare,<br />

Buchbesprechungen, Veröffentlichungen<br />

zur Mariologie). Seit 1963 ist er Professor am Regis College<br />

Willowdale - Toronto, Canada und seit 1969 auch<br />

Professor an der „Toronto School of Theology". Sein<br />

Doktor-Vater war der spätere Kardinal Bea aus Riedböhringen.<br />

Pater Buck ist Ehrenbürger seiner Heimatgemeinde<br />

Hitzkofen.<br />

Dr. Franz Xaver Dieringer. Universitätsprofessor<br />

Aus Rangendingen. 1811 bis 1876. F. X. Dieringer war<br />

ab 1840 Dogmatik-Professor am Priesterseminar in<br />

Speyer. Gleichzeitig war er Mitarbeiter an der Zeitung<br />

„Katholik". Von 1843 ab war er Domkapitular und Professor<br />

der Dogmatik an der Universität Bonn. Er galt<br />

viermal als Anwärter auf einen Bischofsstuhl. Dr. Dieringer<br />

hat sich auch als Verfasser theologischer Schriften<br />

sehr erfolgreich betätigt und als Autor zu seiner Zeit<br />

hohen Ruf genossen. Von seinen Schriften seien genannt:<br />

„System der göttlichen Taten des Christentums",<br />

„Das Epistelbuch der katholischen Kirche" (3 Bände),<br />

„Laienkatechismus über Religion, Offenbarung und Kirche",<br />

„Lehrbuch der katholischen Dogmatik" (5 Auflagen).<br />

Schwierigkeiten in seiner professoralen Lehrtätigkeit<br />

veranlaßten Dr. Dieringer, seine Lehrtätigkeit aufzugeben<br />

und als Pfarrer - von 1871 bis 1876 - in Veringendorf<br />

zu wirken.<br />

Dr. theol. und phil. Theodor Dreher.<br />

Universitätsprofessor.<br />

Aus Krauchenwies. 1836 bis 1916. Dr. Dreher war von<br />

1866 bis 1893 Religionslehrer am Gymnasium Sigmaringen.<br />

Ab 1893 war er - als Dr. theol. und Dr. phil. -<br />

Professor an der Universität Freiburg, zugleich Domkapitular.<br />

Für sein verdienstvolles Wirken erhielt er den<br />

Fürstlich Hohenzollernschen Hausorden und den Königlich<br />

Preußischen Roten Adlerorden verliehen. Als das eigentliche<br />

Lebenswerk Dr. Drehers kann - neben seiner<br />

Tätigkeit als besonders erfolgreicher Lehrer - sein reiches<br />

literarisches Schaffen auf dem katechetischen Gebiet<br />

bezeichnet werden. Das „Lehrbuch der katholischen Religion<br />

für Obergymnasien" in vier Teilen sowie der<br />

„Leitfaden für höhere Lehranstalten", erreichten eine außergewöhnliche<br />

Auflagenziffer. Seine Elementarkatechesen<br />

erfreuten sich durch ihre praktische Brauchbarkeit<br />

mit Recht eines hohen Ansehens beim Seelsorgeklerus.<br />

Auch das Gebiet der Kirchen-, Profan- und Lokalgeschichte<br />

bereicherte Dr. Dreher mit mehreren trefflichen<br />

Arbeiten und zahlreichen Aufsätzen. Seine katechetischen<br />

Schriften waren für seine Zeit richtungsweisend.<br />

Fidelis Engel. Erster Rektor des Gymnasiums Hedingen.<br />

Fidelis Engel ist 1769 in Bingen geboren. Nach seiner<br />

Ordination (1793) war er Vikar und Pfarrer in mehre-<br />

14<br />

ren Pfarrgemeinden, zuletzt Pfarrer in Riedlingen. Im<br />

Kapitel Riedlingen war ihm auch die Leitung des Dekanates<br />

übertragen. 1818 verlieh ihm Fürst Anton Alois<br />

von Hohenzollern-Sigmaringen die Pfarrei Sigmaringen<br />

und ernannte ihn zum Geistlichen Rat bei der Regierung.<br />

Am Tag der Investitur übergab ihm das Kapitel<br />

die Urkunde seiner einstimmig erfolgten Wahl zum Dekan<br />

des Landkapitels Sigmaringen. Auch wurde dem<br />

neuen Stadtpfarrer vom Fürsten — wohl wegen seiner<br />

ausgeprägten Persönlichkeit und wegen seines besonders<br />

vielseitigen verdienstvollen Wirkens - das Rektorat der<br />

eben in diesem Jahr gegründeten Lateinschule, des späteren<br />

Gymnasiums Hedingen übertragen. Sechs Jahre<br />

verblieb F. Engel in Sigmaringen. 1824 kam er als Pfarrer<br />

nach Veringendorf. Auch auf dieser Pfarrei behielt er<br />

sein Amt als Regierungsrat. Später wurde er Erzbischöflicher<br />

Kommissär für Hohenzollern. Einen Platz in der<br />

hohenzollerischen Geschichte hat sich Geistlicher Regierungsrat<br />

F. Engel auch durch seine große Huldigungsrede<br />

auf dem Zoller gesichert, als 1850 König Friedrich<br />

Wilhelm IV. von Preußen erstmals Vertreter seiner neuen<br />

hohenzollerischen Untertanen um sich versammelte.<br />

Fidelis Engel starb 1853, 84 Jahre alt, reich an Ehren<br />

und Verdiensten. Er zählte in späteren Jahren zu den<br />

Vorkämpfern für die kirchliche Freiheit in Hohenzollern.<br />

Reinhold Frank. Ein Opfer des Nationalsozialismus.<br />

R. Frank ist geboren 1896 in Bachhaupten bei Ostrach.<br />

Im ersten Weltkrieg war er Kriegsfreiwilliger und erlitt<br />

mehrfache Verwundungen. Dem Studium der Rechtswissenschaft<br />

nach dem Krieg in Freiburg folgten Tätigkeiten<br />

als Rechtsanwalt in Pfullendorf, Konstanz, Freiburg<br />

und Karlsruhe. Reinhold Frank war ein harter Kämpfer<br />

gegen den Totalitätsanspruch des nationalsozialistischen<br />

Staates. Er hatte vermutlich Verbindung mit dem Kreis<br />

des 20. Juli 1944 und dem Kreis Dr. Gördeler, Leipzig.<br />

1945 wurde er wegen seines offenen Widerstandes und<br />

der Gegnerschaft zum Nationalsozialismus und zu dessen<br />

Führung verhaftet und am 12. Januar vom damaligen<br />

Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Am 23. Januar<br />

1945 wurde er in Plötzensee hingerichtet.<br />

Dr. phil. Anton Gabele. Schriftsteller und Studienrat.<br />

Aus Buffenhofen bei Dietershofen. 1890 bis 1966. Nach<br />

wechselvollen Wanderjahren erhielt Dr. Gabele seine<br />

Anstellung als Studienrat in Koblenz. Neben seinem Beruf<br />

widmete er sich unermüdlich seinem literarischen<br />

Schaffen. Eines seiner ersten Werke war die Herausgabe<br />

einer Auswahl der Deutschen Schriften von Heinrich<br />

Seuse. Für sein meisterliches Prosawerk „Im Schatten des<br />

Schicksals", dem Hermann Stehr ein warmes Patenwort<br />

widmete, erhielt er 1930 den Jugendpreis deutscher Erzähler.<br />

Aus der Fülle seines literarischen Schaffens, das<br />

u. a. zahlreiche geistreiche Essays und geschichtliche Erzählungen<br />

mit Schilderung der Menschen der schwäbischen<br />

Heimat sowie Gedichte umfaßte, seien weiter genannt:<br />

„Der Wundermann vom Bodensee" (Anton Mesmer),<br />

„In einem kühlen Grunde", „Talismann", „Der<br />

arme Mann" (Erzählung aus dem Bauernkrieg), und<br />

„Haus zur Sonne", eine Selbstbiographie in Romanform.<br />

Die Handlung im Roman „Die Reise nach Bernkastel"<br />

spielt im rheinischen Raum. Anton Gabele war Träger<br />

des Großen Bundesverdienstkreuzes und Ehrenbürger<br />

seiner Heimatgemeinde Dietershofen-Buffenhofen.<br />

(Fortsetzung folgt)


WALTHER FRICK<br />

Das weiße und das graue Kloster und der alte „Löwen".<br />

Wie man in Pfullendorf Denkmäler pflegt<br />

Die Sache hat landesweit Aufsehen erregt. Man stelle<br />

sich vor, daß es eine Stadt gibt, die ein Gymnasium<br />

braucht und es nicht baut. Statt dessen verwendet sie<br />

Vorhandenes, das viele Leute (und nicht nur in Pfullendorf)<br />

als altes Glump bezeichnen. Die jetzt zum Kreis<br />

Sigmaringen gehörende Metropole des oberen Linzgaus<br />

hat das Pro-Gymnasium zunächst im weißen und im<br />

grauen Kloster untergebracht; jetzt ist es eine Vollanstalt<br />

geworden, und damit bezieht die Stadt den ehemaligen<br />

„Löwen" mit ein, der im 16. Jahrhundert erbaut<br />

wurde als Schellenberger Hof. Die Schellenberger waren<br />

ein im Hegau und am Bodensee begütertes Geschlecht,<br />

im 18. Jahrhundert ausgestorben und einst wohl bekannt.<br />

Ein Hans von Schellenberg hat im 16. Jahrhundert<br />

als „rara aves inter nostros nobiles" gegolten, als ein<br />

seltener Vogel unter unseren Adeligen - weil er las und<br />

sogar Bücher sammelte. Er hat sie später dem Konstanzer<br />

Gymnasium geschenkt; ein Teil soll noch da sein.<br />

Bürgermeister Hans Ruck von Pfullendorf, Mitglied des<br />

Kreistags, in dem er unlängst einigen miserablen Rednern<br />

halblaut empfahl, sie sollten erst einmal Latein und<br />

Griechisch lernen, bevor sie es wagen, deutsch zu reden,<br />

hat diese Gymnasiums-Idee durchgesetzt, und das auf<br />

drei Argumente gestützt. Erstens rechnete er nach -<br />

auch das völlig im Gegensatz zu landläufigen kommunalen<br />

Rechenexemplen - daß etwa Altes zu renovieren<br />

immer billiger komme als neu zu bauen. Die drei Häuser<br />

herzurichten, kostet die Stadt etwa 1,2 Millionen. Ein<br />

neues Gymnasium gleichen Umfangs hätte wenigstens<br />

zehn gekostet. Die 1,2 Millionen umfassen aber außer<br />

den Bauarbeiten auch alle heute recht teuren naturwissenschaftlichen<br />

und Labor-Einrichtungen. Zweitens<br />

kann Pfullendorf auf diese Weise weitere Teile seines<br />

Stadtbildes erhalten. Es ist wenig bekannt, daß dieses<br />

Städchen eines der schönsten alten Stadtbilder beherbergt.<br />

Drittens aber sagte Ruck in einem Rundfunk-Interview<br />

zu dieser Angelegenheit, daß „alte Häuser auch<br />

ihre Freundlichkeiten haben", nämlich ihre Atmosphäre.<br />

Die beiden Klöster liegen nahe beisammen, der Hof etwa<br />

200 Meter entfernt. Das ist für die Schule zwar beschwerlich,<br />

aber Lehrer, Schüler und Oberamt nehmen<br />

das in Kauf, und der Gemeinderat stimmte zu. Die Attribute<br />

der beiden Klöster erklären sich übrigens aus ihren<br />

einstigen Bewohnerinnen: das „graue" beherbergte<br />

die grau gewandeten Tertiarinnen, das „weiße" wurde<br />

von den Dominikanerinnen bewohnt.<br />

Pfullendorf ist, wie Mengen, für „Rest"- oder „Neu"-<br />

Hohenzollern nach der Kreisreform heimatgeschichtlich<br />

gesehen ein großer Gewinn. Es hat in dem langjährigen<br />

Stadtpfarrer und Ehrenbürger Dr. Johannes Schupp, der<br />

unlängst im hohen Alter in Neudingen gestorben ist,<br />

nicht den ersten, aber den bis dato letzten und sehr ausführlichen<br />

Chronisten erhalten. Er hat in seinen „Denkwürdigkeiten<br />

der Stadt Pfullendorf" ein Denkmal hinterlassen,<br />

das eine Fundgrube bis in die 50er Jahre unseres<br />

Jahrhunderts darstellt. Pfullendorf ist u. a. früher gewürdigt<br />

worden von Karl Schmidt in „Graf Rudolf von<br />

Pfullendorf und Kaiser Friedrich I." und in der Buchausgabe<br />

der „Badischen Heimat" mit dem Titel<br />

„Überlinger See und Linzgau" von Hermann Eris Busse<br />

1936. Studiert man ein wenig die Geschichte der Stadt,<br />

hat man immer den Eindruck, Pfullendorf habe es eigentlich<br />

nie ganz geschafft, sei zu Größerem berufen gewesen,<br />

aber dann doch an seiner etwas abseitigen Lage<br />

gleichsam hängen geblieben. Schon daß sie, wie man lange<br />

annahm, als „Juliomagus" eine Gründung Julius Cäsars<br />

gewesen sein soll, spannte einen großartigen Rahmen<br />

aus. Später haben sich Kaiser um die Gunst der Stadt<br />

bemüht, die lange vor Sigmaringen Stadtrechte hatte; ja,<br />

die von Sigmaringen hat man denen von Pfullendorf<br />

nachgebildet. Hier war schon seit langem ein ansehnlicher<br />

Markt, die Stadt unterstand nur dem Kaiser, sie<br />

brachte bedeutende Männer hervor, beherbergt das vielleicht<br />

älteste Haus in ganz Baden-Württemberg und hat<br />

sich gegen die Zollern kräftig gewehrt, als diese nach<br />

Sigmaringen kamen und ihre Forst- und damit Herrschaftsgrenzen<br />

fixieren wollten. Auch gab es und gibt es<br />

noch heute eine ansehnlich ausgestattete Armen- und<br />

Krankenpflege, zum „Heiligen Geist" selbstverständlich,<br />

dem alle diese Anstalten zugeeignet waren; heute ist sie<br />

ein Krankenhaus, das die Pfullendorfer vor zwei Jahren<br />

— wo gibt es das denn noch — ohne einen Pfennig Zuschuß<br />

um hundert Betten erweitert haben.<br />

Über den Namen gibt es zwei strittige Deutungen. Die<br />

eine sagt, der „Pfuhl", das sumpfige Land unten, wo<br />

heute der Bahnhof steht und die Umgehungsstraße verläuft,<br />

sei Pate gestanden. Die andere meint, dies sei das<br />

Dorf eines Gründers namens Phullo oder so ähnlich. Es<br />

scheint sicher zu sein - und man sieht es ja an der Stadt<br />

selber - daß sie keineswegs unten angelegt wurde, sondern<br />

am Südhang. An ihm „hängt" der gesamte alte<br />

Stadtkern mit zum Teil sehr steilen Straßen. Anfang ist<br />

vermutlich eine verschwundene Herzogsburg auf dem<br />

kleinen Plateau, auf dem heute die Stadtkirche St. Jakob<br />

steht, umsäumt von den beiden genannten Klöstern und<br />

vom Rathaus, unter dem nach Osten zu der Markt liegt.<br />

Die Höhendifferenzen gleicht ein interessantes Bauwerk<br />

aus, das Untergeschoß des Rathauses, auf steinernen Säulen<br />

stehend. Das war die Einfahrt zur Gred, zum Getreidespeicher,<br />

und diese Einfahrt soll jetzt geöffnet und als<br />

gedeckte Marktpassage verwendet werden. Auch das ist<br />

höchst lobenswert, wie überhaupt Denkmalspflege derzeit<br />

groß geschrieben wird in dieser Stadt. Gerade dieses<br />

ziemlich verunstaltete Stück Pfullendorf, inmitten der<br />

prächtigen Gassen und Häuser, um den winzigen Marktplatz<br />

herum, müsse, so hört sich das im Gemeinderat derzeit<br />

an, wieder schöner werden um nicht hinter dem Gesamtbild<br />

zurückzustehen. Daher die Passage, und darum<br />

auch der Umbau der hier merkwürdigerweise nur einstöckigen<br />

Gred zu einem Bürgersaal. Auch soll das Parken<br />

auf dem Marktplatz eingeschränkt, wenn nicht ganz<br />

unterbunden werden. So bedeutend Pfullendorf als<br />

Markt ist, so wenig Marktplatz hat es. Die Buden müssen<br />

sich seit Jahrhunderten die Hauptstraße hinauf ansiedeln.<br />

Neben der Gymnasium-Arbeit aber ist das Prachtstück<br />

neuerlicher Denkmalspflege das Obere Tor, vielleicht das<br />

schönste im ganzen südlichen Baden-Württemberg. Ein<br />

Doppeltor mit allen Insignien der Stadt, fast eine Nummer<br />

zu groß für das Städtchen. Aber ganz besonders bemerkenswert<br />

ist das Folgende: Nördlich neben dem Tor<br />

ist vor Jahren schon die Stadtmauer niedergelegt worden.<br />

Das nächste Haus ist, auf der Stadtmauer stehend,<br />

15


Register 1975<br />

Seite<br />

Bibliographie der Hohenzollerischen Geschichte 53<br />

„Bilderrätsel", Hochwacht in Mühlheim a. d. Donau 16<br />

Bilharz Alfons, zum 50. Todestag 33<br />

Bitz und Ebingen (Geschichte des Dorfes Bitz) 17<br />

Bücherei des Landeskommunalverbandes 32<br />

Dreher Lukas, Lehrer in Vilsingen 31<br />

Französische Revolution in volkstümlichen Versen 23<br />

Fürstentümer Hohenzollern-Hechingen und<br />

Hohenzollern-Sigmaringen, Ubergang an Preußen 50<br />

Glashütte (bei Wald), Geschichte des Dorfes 8<br />

Grenzen (Lauchen, Marksteine, Kugelwälzen,<br />

Untergänger) 59<br />

Grundherrschaft (Quellenbeispiel) 4<br />

Haigerloch, Kunstbuch 11<br />

Hainburg und ihre Kapelle 24<br />

Heck Oskar, Landeskonservator (Nachruf) 32<br />

Hettingen, Dreikönigsbild (Johann Herz) 49<br />

Heuneburg im Spiegel der Sage (I) 42<br />

Heuneburg im Spiegel der Sage (II) 61<br />

eben der oben genannte einstige Schellenberger Hof.<br />

Zwischen Tor und Hof fließt heute der Verkehr in die<br />

steile Hauptstraße hinunter. Pfullendorf aber hat nichts<br />

Geringeres vor, als diese Bresche wieder mit Stadtmauer<br />

zu schließen, in Zeiten, in denen alles und jedes dem<br />

Verkehr geopfert wird. Man kann sich zwar schwerlich<br />

vorstellen, daß dann alles wieder durch den fuhrwerksformatigen<br />

Eselsrückenbogen des Tors fahren soll, man<br />

müßte denn die Hauptstraße ganz für den Verkehr sperren.<br />

Diese Sache ist noch nicht ausgestanden, aber<br />

doch als Idee überhaupt höchst achtungswert. Selbst<br />

wenn das nicht gelingt, bleibt die tröstliche Tatsache,<br />

daß dieses alte Städtchen soviel tut und in den letzten<br />

Jahren schon getan hat für den Erhalt der vielzitierten<br />

Lebensqualität. Man schreckt dabei vor schwierigsten<br />

Details nicht zurück: ein ganzes Haus wurde unlängst<br />

abgebrochen, bis auf einen winzigen Fachwerk-Erker,<br />

den man vorsichtig herauslöste. Jetzt entsteht das Haus<br />

in den alten Formen neu, und der Erker ist wieder dran,<br />

als habe es nie eine Trennung gegeben. Manche Leute<br />

meinen, es müsse da irgendwo ein Trick dabei sein, vielleicht<br />

verborgene Finanzquellen, aber nichts dergleichen.<br />

Man leidet auch hier unter sinkenden Kommunaleinnahmen,<br />

nur hat man in den letzten zehn Jahren nicht so<br />

hektisch mitgebaut wie anderswo und, wie gesagt, man<br />

baut ein ganzes Gymnasium für 1,2 Millionen. Da bleibt<br />

für Anderes schon etwas übrig.<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeben vom Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong><br />

in Verbindung mit den Staatlichen<br />

Schulämtern. Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong><br />

<strong>Geschichtsverein</strong> 748 Sigmaringen,<br />

Karlstr. 3. Druck: M. Liehners Hofbuchdruckerei<br />

KG, 748 Sigmaringen, Karlstr. 10.<br />

Die Zeitschrift „Hobenzollerische Heimat"<br />

ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie<br />

will besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

mit der Geschichte ihrer Heimat<br />

vertraut machen. Sie bringt neben fachhistorischen<br />

auch populär gehaltene Beiträge<br />

aus der Geschichte unseres Landes.<br />

Sie veröffentl. bevorzugt Beiträge, die im<br />

Schulunterricht verwendet werden können.<br />

Bezugspreis: 3,00 DM halbjährlich<br />

Konten der „Hohenzollerischen Heimat":<br />

802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

123 63 Postscheckamt Stuttgart<br />

16<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

Hohenzollern-Gymnasium Sigmaringen (Festschrift) 57<br />

Inneringen, Rosenkranzbild 38<br />

Jerg Johann, Nachruf 58<br />

Jungingen, erste Nennung vor 900 Jahren 61<br />

Klingenstein Josue, Maler aus Trochtelfingen 27<br />

Lauchert, aus der Geschichte (geolog.) 41<br />

Leibeigenschaft. Manumission (Quellenbeispiel) 6<br />

Lenz P. Desiderius, ein wenig bekanntes Werk 57<br />

Mundart, wieder geschätzt und gepflegt 3<br />

Mundart, Sprichwörter und Redensarten 60<br />

Rangendingen, von den Zugtieren unserer<br />

bäuerlichen Vorfahren 30<br />

Schiander Johann, Barockmaler aus Trochtelfingen 12<br />

Staudacher Fritz, Nachruf 59<br />

Waldenspul Albert, zum 90. Geburtstag 29<br />

Wässerwiesen, Ende einer alten Kulturform 2<br />

Weildorf im 16. Jahrhundert (Schluß) 14<br />

Wiest Josef, Nachruf 27<br />

Widmann, Schreiner und Altarbauer in Hettingen 54<br />

Zimmern'sche Chronik 62<br />

Besprechung<br />

Job. Adam Kraus, Erzb. Archivar i. R.,<br />

7800 Freiburg i. Br., Badstr. 2<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen<br />

Manfred Hermann, Pfarrer,<br />

7451 Neufra/Hohenzollern<br />

Josef Mühlebacb, Landesverw.-Rat a. D.,<br />

7480 Sigmaringen, Leopoldstr. 41<br />

Walther Frick, Journalist,<br />

7480 Sigmaringen, Hohe Tannen 4<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth<br />

7487 Gammertingen<br />

D. MANZ Die ehem. Stiftskirche St. Moriz in<br />

Rottenburg-Ehingen, Geschichte -<br />

Kunstwerke. Rottenburg/N. 1975.<br />

Vor 2 Jahren besuchte der Hohz. <strong>Geschichtsverein</strong> u. a.<br />

auch die neu renovierte St.-Moriz-Kirche in Rottenburg.<br />

Der damalige Referent hat jetzt einen ausführlichen und<br />

mit guten Farbaufnahmen versehenen Kirchenführer<br />

herausgegeben. Außer der nicht zugänglichen Krypta<br />

sind keine Uberreste der ersten durch Graf Burkard II.<br />

von Hohenberg gegründeten Kirche erhalten. Der 1323<br />

vollendete 2. Bau erscheint nach der jüngsten Beseitigung<br />

barocker Umbauten (ab 1969) wieder in seinen klaren<br />

Formen, die stark an gleichzeitige Bettelordenskirchen im<br />

Südwesten erinnern. Die Freilegung des Fresken (um<br />

1420) im Obergaden brachte eine große Bereicherung<br />

und reiht die Kirche unter die bemerkenswerten mittelalterlichen<br />

Gotteshäuser am oberen Neckar ein. Der<br />

Führer ist aus langjähriger Beschäftigung mit dem Bau<br />

entstanden und zeigt in allen Teilen solide Kenntnisse. H.<br />

Redaktionsausschuß:<br />

Hubert Deck, Konrektor<br />

745 Hechingen, Tübinger Straße 28<br />

Telefon (07471) 2937<br />

Walther Frick, Journalist<br />

748 Sigmaringen, Hohe Tannen<br />

Telefon (07571) 8341<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben<br />

die persönliche Meinung der Verfasser<br />

wieder; diese zeichnen für den Inhalt<br />

der Beiträge verantwortlich. Mitteilungen<br />

der Schriftleitung sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters<br />

oder Redaktionsausschusses erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerische<br />

Heimat" weiter zu empfehlen.


JOH. ADAM KRAUS<br />

HÖH ENZOLLER ISCHE<br />

HEIMAT<br />

Herausgegeben oom<br />

Burg Hohenzollern. Lithographie von C. Schacher nach Eb. Emminger, um 1860.<br />

(mit freundlicher Genehmigung des Jan Thorbecke Verlags, Sigmaringen)<br />

Ursprung und Entwicklung von Mariazell<br />

Die in letzter Zeit durchgeführten Sicherungsarbeiten am<br />

brüchigen Fundament und Untergrund der Boller Wallfahrtskirche<br />

am Friedhof Maria Zell lassen einen Rückblick<br />

in die Vergangenheit und Entwicklung dieses traulichen<br />

Plätzchens wünschenswert erscheinen. Durch die<br />

Forschungen (vor allem) von Willy Baur 1 wissen wir<br />

über vieles Bescheid, während anderes im Dunkel bleibt.<br />

In einer Urkunde vom 13. September 1440 heißen die<br />

Schutzpatrone der Zeller Pfarrkirche „Unsre Lb. Frau<br />

Maria und der liebe hl. Gallus" 2 . Da dieser schweizerische<br />

Heilige immer auf früheren Besitz des nach ihm benannten<br />

Klosters hinweist, darf man den Namen Zell<br />

auf eine ehemalige Mönchszelle zurückführen, deren Kapelle<br />

dann von den Patres des hl. Benedikt in eine Pfarrkirche<br />

ausgebaut worden sein dürfte. Das Kloster<br />

St. Gallen erhielt am 13. Dezember 789 von den Adeligen<br />

Adelbert und Wolfred ein großes Bauerngut zu Hechingen<br />

mit vier Huben und 10 Dienstleuten samt einem<br />

zugehörigen Walde geschenkt 3 . Vermutlich in diesem<br />

W <strong>3828</strong> F<br />

Hohenzollerifchen Gefchlchteoerein<br />

£6. Jahrgang Nr. S/Juni 1976<br />

Wald am Fuß des später sog. Zeller Horns ist bald eine<br />

klösterliche Niederlassung entstanden. Baur erklärt sich<br />

das so: Das Kloster St. Gallen hat über diesen Stützpunkt<br />

seine Einkünfte aus nachweisbar geschenkten Orten<br />

wie Hechingen, Beuren, Betra, Glatt, Weildorf, Wessingen<br />

u. Rangendingen die nahgelegene (längst aufgegebene)<br />

Ernstaig hinauf nach seiner Pfarrei Truchtelfingen<br />

und dann nach Süden geschafft.<br />

Erwähnt wird unser Zell erstmals im Jahre 1255 im Namen<br />

des zollerischen Schenken Wernher von Celle 4 . Die<br />

Pfarrei Zell für den gleichnamigen Weiler und das nahe<br />

Dorf Boll erscheint im Zehntregister der Diözese Konstanz<br />

vom Jahre 1275 mit einem ungenannten Kirchrektor<br />

(Pfarrer) mit dem Jahreseinkommen von 10 Mark<br />

Silber. (Der von Rangendingen hatte nur die Hälfte!)<br />

Davon gab der Pfarrer von Zell als Zehnten zum damals<br />

geplanten Kreuzzug zunächst Va Mark und später durch<br />

(seinen) Bruder Walther 1 Pfund Heller und schließlich<br />

durch Eberhard von Tierberg noch 10 Schilling. Dieser


sein Bruder Walther ist wohl der auch sonst genannte<br />

Ritter Walther Schenk von Celle, der Pfarrer also vermutlich<br />

ein Angehöriger des dort sitzenden Adels 5 .<br />

Die Schenken von Zell, nach Annahme Gerd Wunders<br />

aus der Schweiz eingewandert, hatten ihre Burg in Nähe<br />

der Pfarrkirche Zell, doch ist der Platz nach Vermutung<br />

Baurs zur Gewinnung von Tuffsteinen völlig abgegraben<br />

worden. Die Burg kann nicht groß gewesen sein und<br />

wurde den Adeligen bald zu eng. Schon im J. 1269 nennen<br />

sich zwei Glieder der Familie: Walther und Werner<br />

Schenken „von Niederzell", und Walther ist schon 1282<br />

„von Andegg" (ob Talheim bei Salmendingen) genannt.<br />

Von 1283 bis gegen 1314 finden wir Schenken<br />

„von Neuenzell", im Siegel übrigens noch immer<br />

„von Zell". Dieses Neuen- oder Niederzell möchte man<br />

im sog. „Bürstel" zwischen Stetten und dem Neuberg<br />

wiederfinden. Ein Wernher Schenk nennt sich 1317<br />

„von Erpfingen". Auch Walther Schenk von Andegg<br />

siegelt noch 1317 als „Schenk von Celle" 6 . Im gleichen<br />

Jahr 1317 treten auch erstmals Familienglieder mit dem<br />

Namen „Schenk von Stauffenberg" auf, während noch<br />

1291 zollerische Truchsesse diesen Namen führten 7 . Die<br />

Burg Stauffenberg auf dem Hörnle bei Wessingen, wo<br />

heute das Bodensee-Wasserwerk steht 8 , wurde um diese<br />

Zeit in die Nähe von Rangendingen verlegt, wo noch<br />

heute der Stauffenburger Hof samt einer ehemaligen<br />

Burgstelle darüber zu sehen ist. Letztmals finden wir im<br />

J. 1326 einen Schenken Walther von Celle, dann scheint<br />

die Burg verlassen worden zu sein. Die Andegger Schenken<br />

verschwinden ums Jahr 1440, nachdem Hans<br />

Schenk, des Fritzen Sohn, die Burg Andegg an Konrad,<br />

bzw. Wilhelm, die Truchsesse von Stetten, veräußert<br />

hatte. Nur die Schenken von Stauffenberg haben sich<br />

bis heute erhalten, wie G. Wunder in seinem Werk ausführlich<br />

dartut 7 .<br />

Die Burg Zell erscheint im J. 1366 als Burgstall, d. h. als<br />

zerstörte Burg (nicht etwa als Viehstall!). Damals kam<br />

der zugehörige Maierhof von den Schenkenbrüdern Rudolf<br />

und Konrad an das Kloster Stetten, wo ihre Schwester<br />

Nonne war 9 . Bezeichnenderweise heißt der Bebauer<br />

des Hofes Heinz Waldmeier. Im Jahre 1402 ist die Rede<br />

von einer Mühle in Zell, die den zollerischen Grafenbrüdern<br />

gemeinschaftlich war. Das Wasser der dortigen<br />

starken Quelle ist längst nach Hechingen geleitet.<br />

Am 8. Februar 1439 bestätigten die zwei gleichnamigen<br />

Geistlichen Wernher Schlaitz der Alte und der Junge<br />

dem Grafen Eitelfriedrich von Zollern, daß sie gegen<br />

eine Naturalabgabe von ihm die Erlaubnis erhielten, im<br />

Burgstall zu Zell zu zimmern und zu bauen 10 . Im Siegel<br />

des alten Schlaitz sieht man ein halbes aufgerichtetes<br />

Tier wie einen Hund (ohne Halsband), ähnlich wie im<br />

Siegel des Hechinger Kirchherrn Heinz Boll vom Jahre<br />

1401 n . Was die beiden Pfarrer eigentlich bauen wollten,<br />

ist nicht klar: einen Alterssitz oder ein anderes Pfarrhaus<br />

oder nur einen Schopf? Wir wissen es nicht. Denn während<br />

der ältere seit 1420 Kirchrektor von Stein<br />

b. Hechg. war (er zahlte 1421 als Erstfrüchte seiner<br />

Pfründe an den Bischof von Konstanz 8 Gulden), ist<br />

„Wernher Schlaitz von Hechingen" im Jahre 1437 als<br />

Nachfolger eines verstorbenen Albertus Valk in unserem<br />

Zell als Pfarrer investiert worden. Ein Pfarrhaus hat in<br />

Zell doch sicher bisher schon bestanden, wo wir im<br />

J. 1313 einen Konrad Walch als Seelsorger finden, der<br />

1318 bis 1322 auch als Dekan nachzuweisen ist fürs Kapitel<br />

Hechingen. Auch im J. 1361 wird ein „Pfaff zu<br />

Zell" als Kirchherr erwähnt 12 , vielleicht identisch mit<br />

dem 1363 auftauchenden Pfaff Heinrich dem Sachs 13 .<br />

18<br />

Der 1335 vorkommende Grundbesitzer Lutz von Lichtenstein<br />

zu Boll war Laie, kein Geistlicher, wie man früher<br />

irrig meinte. Der Bau im Burgstall scheint mißlungen<br />

zu sein. Schon 1440 (bis 1481) finden wir in Zell einen<br />

andern Pfarrer namens Ludwig Petri. Er nahm 1479 bis<br />

1482 immer wieder Absenz, zog schließlich nach Hechingen,<br />

wo er 1488 tot genannt wird. Der 1440 im nahen<br />

Steinhofen aufziehende Pfarrer Wernher Schlaitz<br />

dürfte der junge von unserm Zell sein, wobei wir allerdings<br />

nicht wissen, wie lange sein gleichnamiger Amtsbruder<br />

in Stein geblieben ist, oder ob nicht dieser es ist,<br />

der nach Steinhofen kam. Hier nahm er 1463 bis 1473<br />

immer wieder Absenz für 1 Jahr, wird aber im April<br />

1474 tot genannt.<br />

In Zell wurde dagegen am 21. Juli 1488 als Seelsorger<br />

Thomas Knebel eingeführt, der allerdings früh nach Boll<br />

ins Dorf hinunter übersiedelt zu sein scheint. Offenbar<br />

war der kleine Weiler oben im Walde ziemlich entvölkert<br />

worden. Für die Kirche St. Nikolaus in Boll wurde<br />

im J. 1492 eine allgemeine Kirchenkollekte der Diözese<br />

Konstanz ausgeschrieben, was Knebel wohl angeregt haben<br />

dürfte, um ein einigermaßen ansehnliches Gotteshaus<br />

zu bekommen. Jedoch wird Zell noch bis ins 17. Jahrhundert<br />

als Pfarrort (statt Boll) in den Konstanzer Registern<br />

geführt.<br />

Nach Hagens Lagerbuch für Boll 14 stand im Jahre 1544<br />

in Zell nur noch ein Bruderhaus bei der Kirche. Der<br />

Bruder durfte für den Mesnerdienst zwei anstoßende<br />

Wiesen und ein Gärtie benützen, die nach Boll an<br />

St. Nikolaus zehntpflichtig waren. Das Haus mußte er<br />

selber unterhalten, wobei die Gemeinde Boll die nötigen<br />

Fuhrfronen zu leisten hatte. Im Jahre 1548 wird in der<br />

Leibeigenenliste ein Hechelmann zu Zell aufgeführt,<br />

vielleicht der Bruder. Noch 1744 legten (nach Baur) die<br />

Franzosen eine Offizierwache in das „Pfaffenhaus" zu<br />

Zell, das in der Zwischenzeit doch irgendwie in baulichem<br />

Stand gehalten worden sein muß. Dann hört man<br />

nichts mehr von ihm. Die Zeller Kirche wurde im 30jährigen<br />

Krieg schwer mitgenommen, so daß man sie 1652<br />

fast ganz neu bauen mußte und 1776 wurde sie unter<br />

dem Baumeister Großbayer von Haigerloch erweitert,<br />

wie Fritz Staudacher in seinem Schriftchen 1968 dartut<br />

und die innere Ausstattung so gemütvoll schildert. Der<br />

im 18. Jahrhundert bei uns in Mode gekommene Viehpatron<br />

St. Fridolin von Säckingen hat sogar zeitweise den<br />

alten Kirchenpatron Gallus irrigerweise in den Hintergrund<br />

gedrängt. Die „Marienwallfahrt" ins trauliche<br />

Zeller Kirchlein läßt sich als solche erst ums Jahr 1700<br />

nachweisen, trotzdem die Muttergottes ja schon im Jahr<br />

1440 als Ehrenpatronin genannt ist und seitdem auch<br />

zweifellos verehrt wurde 15 .<br />

Anmerkungen:<br />

1<br />

Albv. Blätt. 1931, 289.<br />

2<br />

Hagens Lagerbuch von Steinhofen 1544 im fürstl. hohz.<br />

Archiv Sigmaringen.<br />

3<br />

Wartmanns UB I, 115 und Mitt. Höh. 11, 1877, 20.<br />

4<br />

Mon. Zollerana I, 71.<br />

5<br />

Zeitschr. Freibg. Diöz. Arch. I, 1865, 58.<br />

6<br />

Zeitschr. Oberrhein 18, 453 f.<br />

7<br />

G. Wunder, Die Schenken v. Stauffenberg, Stuttg. 1972.<br />

8<br />

HH 1964, 46.<br />

9<br />

Stett. Urk. 261.<br />

10<br />

Hohz. Hechg. Urk. 651.<br />

11<br />

Stett. U. Seite 385.<br />

12<br />

Stett. U 230.<br />

13<br />

Ebda Nr. 245.<br />

14<br />

Fürstl. hohz. Arch. Sigmaringen.<br />

15<br />

Hohz. Heimat 1964, 27 und 1966, 60.


JOH. ADAM KRAUS<br />

Die Seelsorger von Boll (Zell) am Zoller<br />

I. 1275 Der Kirchrektor in Celle hat ein Jahreseinkommen<br />

von 10 Mark Silber (Rangendingen nur 5!). Er<br />

zahlte zunächst als Kreuzzugszehnten V2 Mark und<br />

später durch „seinen Bruder Walther" 1 Pfund Heller<br />

und schließlich durch Eberhard von Tierberg<br />

noch 10 Schilling. Dieser sein Bruder Walther ist<br />

wohl der Ritter Walther Schenk von Celle, der Pfarrer<br />

also ein Angehöriger des dortigen Adels.<br />

2.1313-22 Konrad der Walch, 1313, 1320 u. 1322<br />

Dekan (Stett. Urk.)<br />

3. 1361 Der Pfaff N. von Zell, Kirchherr (Stett. Urk.<br />

230). Vermutlich der 1363 genannte Pfaff Heinrich<br />

der Sachs (Stett. U 245).<br />

4. Bis 1437 Albertus Valk, in diesem Jahre tot.<br />

5. 1437-40 Wernher Schlaitz (junior) von Hechingen,<br />

präs. durch Heinr. v. Ow, gen. Wutfuß. Am 8. Febr.<br />

1439 dürfen die gleichnamigen Pfaffen Wernher<br />

Schlaitz der Ältere (seit 1420 Pfr. in Stein) und der<br />

Junge bauen und zimmern im Burgstall (Burgruine)<br />

zu Zell. (Schwerlich durchgeführt!) Wernher war<br />

proklamiert 22. 2. invest. 14. 11. 37.<br />

6. 1440-85 Ludwig Petri. Er nimmt 1479-82 immer<br />

wieder Absenz, zieht dann nach Hechingen auf die<br />

Katharinenkaplanei und ist 1488 tot. Am Margarethentag<br />

1469 gibt er 2 Lehenhöfe seiner Pfarrei zu<br />

Zimmern mit Bewilligung des Gr. Ulrich v. Wirtemberg,<br />

seines Kastenvogts, als Erblehen dem Benz<br />

Bogenschütz, gen. Röber. Sein leibl. Bruder Johann<br />

Petri, Dekan zu Stein, siegelt mit. 1440 sind Kirchenpatrone<br />

zu Zell: ULb. Frau und St. Gallus.<br />

6a. Petris Vertreter ist ca. 1479 f. ein Johannes Bertsch.<br />

7. 1488-? Thomas Knebel, prokl. als Pfr. 25. VI., Patron:<br />

Eitel Fritz v. Zolr. invest. 21. VII. 88. Im<br />

J. 1492 wird eine allgemeine Kollekte für die „Pfarrkirche<br />

in Boll" (unter Zollern) gestattet. Um diese<br />

Zeit scheint er nach Boll gezogen zu sein!<br />

8. 1519 Verw.: Erasmus N. (unsicher ob unser Boll!)<br />

9. 1527 Verw.: Gregor Maler, erhält am 19. Sept. Absenz<br />

für 1 Jahr (unsicher, ob unser Boll gemeint ist!)<br />

10. 1550—59 Marquard Wolf gang Wagner, nach Knebels<br />

Tod proklamiert, ist 1559 tot. Offenbar war seit<br />

Knebels Tod kein gesetzter Pfarrer mehr hier gewesen.<br />

Seit wann also?<br />

II. 15 59-? Franz Buckenmaier (senior) (wohl aus Stetten,<br />

bisher in Steinhofen), invest. 12. Sept. 1590<br />

vacant. (H. H. 1963, 41).<br />

12. 1591—? Jakobus Weiglin, zahlt 10 fl Erstfrüchte an<br />

den Bischof. 1597 sitzt hier der alte Dekan Fr. Bukkenmaier<br />

(Nr. 11).<br />

13. 1599-1600 Johannes Matter (aus Hechingen), ging<br />

ins Elsaß.<br />

14. 1603-07 Heinrich Ziegler (ist dann 1622 Stiftsherr<br />

i. Rottenburg).<br />

15. 1612-1621 Johann Joachim Göttler, (Hettler) aus<br />

Horb, stirbt in diesem Jahr.<br />

16. 1621-33 Matthäus Rausch, bisher in Stein, kommt<br />

am 24. Sept., invest. 5. 1. 1622; stirbt am 18. Sept.<br />

1633 in der belagerten Zollerburg.<br />

17. Bis 1641 Johann Funk aus Hechingen, ging 1641<br />

nach Burladingen, 1651 nach Stetten u. Holst.,<br />

1666-76 in Stein.<br />

18. 1642-48 Johann Gg. Hoffmann, seit 12. III., invest.<br />

5. Apr. 42, res. 1648, geht nach Dettingen.<br />

19. 1648, seit 18. Dez.: Mg. Konrad Veringer aus Trochtelfingen,<br />

invest. 19. 1.49, ging später nach Hailfingen.<br />

Boll ist 1651 vacant (HIH 1963, 160)<br />

20. Bis 1656 Mg. Michael Eberlin, wo er resignierte. Im<br />

J. 1655 wird die Kirche in Zell renoviert und neu<br />

gerichtet nach dem 30jähr. Krieg.<br />

21. 1656-61 Johann Jakob Schwarz aus Hechingen seit<br />

19. Dez. Er resign. 1661 und geht nach Steinhofen.<br />

22. 1661-66 Johann Jak. Deibler, seit 3. Novb., invest.<br />

24. Dezb.<br />

23. 1666-71 Johann Mich. Schellang, seit 3. Novb., invest.<br />

3. Juli 67.<br />

24. 1671-72 Johann Bapt. Pflaum (wohl aus Zimmern),<br />

seit 8. X.; invest. 28. 6. 1672. Geht im gleichen Jahr<br />

nach Rangendingen.<br />

25. 1672-1714 Mg. Andreas Breyl aus Stetten-Hechingen<br />

!! '1646, schuldet Erstfrüchte 5 fl 18 kr. Wird später<br />

Dekan (vor 1685) (HIH 1963, 166).<br />

26. 1714-38 Wilhelm Leonhard, prokl. 24. 3. invest.<br />

7. April, starb nach langer Krankheit in Boll am<br />

13. 6. 38.<br />

27. 1734-56, Pfr. seit 39: Josef Ant. Herpp, aus Hechingen,<br />

gb. 28 9. 09, ging von Boll nach Steinhofen<br />

1756.<br />

28. 1756-65 Christian Kohler aus Hechingen, kam<br />

dann als Hofkaplan nach Haigerloch.<br />

29.1765-90 f Johann Mich. Pfeiffer, gb. Hitzkofen<br />

25. 9. 10, bisher Kapl. in Fischingen, hat 1769: 230<br />

Kommunikanten, 80 Nichtkomm.; gest. 5. 9. 1790<br />

30. 1790-1809 Sebastian Werner aus Hechingen, gb.<br />

21.11.48, Priester 1773. ging nach Owingen und<br />

starb in Hechg. 10. 1. 1823.<br />

31. 1809-33 Johann Nep. Pfriemer aus Hechingen, hier<br />

seit 2. VI., war vorher 3 J. in Stein, vorher 10 J.<br />

Kapl. i. Hechingen; Starb 24. Feb. 1835.<br />

32. 1833-47 Josef Blumenstetter aus Schlatt, hier seit<br />

8. Mai; Gb. 2. 4. 07; Priester 19. 9. 29, Vik. Burladingen,<br />

Grosselfingen, Hechingen, ging 47 als Pfr. nach<br />

Burladingen, 1862 nach Tailfingen; starb 29. 6. 85.<br />

33. 1847-66 Friedrich Sautter aus Hechingen, gb.<br />

5. 3. 14, Pr. 1837, wurde Vikar und Archivar in Hechingen,<br />

1847 Pfr. i. Boll, 1866 i. Trochtelfingen,<br />

starb 8. 1. 1885.<br />

34.1866-73 Wunibald Kernler aus Hausen a. And.,<br />

gb. 25. 12.35; Pr. 1861; invest. erst 5. 4. 69, ging<br />

1873 nach Steinhofen, 1888 Dietershofen, 1895 Benzingen;<br />

t 4. 11. 1915.<br />

35. 1873-87 Verw. Friedrich Mayer, gb. Hechg.<br />

7. 5. 41, Pr. 67; war 1871 Verw. in Steinhofen, 1887<br />

Verw. Rangendingen, 1888 Pfr. daselbst; f 7. 1. 90.<br />

36. 1887-1903 Josef Söll, gb. Weildorf 7.3.53, Pr. 78;<br />

ging 1903 nach Betra, 1905 Thanheim, resig. 1926;<br />

t 10. 11. 1930.<br />

37. 1904-16 Ferdinand Haussler aus Bietenhausen, gb.<br />

12. 3. 75, Pr. 1900, ging 1916 nach Neufra, 1937 Levertsweiler;<br />

pensioniert 1951; starb in Mengen am<br />

4. 7. 62, beerd. Neufra.<br />

38. 1917-54 t Josef Vogler, gb. Hippetsweiler 5. 1. 83,<br />

Pr. 1908; seit 1911 Kapl. Haigerloch, 1917 Boll, Dekan<br />

1946; t 12. Aug. 1954. Dann Aushilfen durch<br />

Pfr. Topp in Zimmern u. den pens. Pfr. Heinrich<br />

Wild in Hechingen.<br />

39. 1955-58 Richard Schreck, gb. Neckarelz<br />

19


25. Aug. 1905, Pr. 1929; bisher in Riedöschingen,<br />

hier seit 10. 8. 55, invest. 4. 9., verzichtete 1958 und<br />

ging in ein Altenheim nach Kisslegg.<br />

40. 1958 Verw. Leonhard Kempf, gb. Kippenheim 1926,<br />

Pr. 1952; hier seit 24.9., bisher in St. Elisabeth-<br />

Mannheim; wurde Gefängnispfr. Freiburg.<br />

41.1959-66 Heribert Zimmermann, gb. Betra 9.5.00;<br />

Pr. 1924; bisher Bingen, hier seit 1. 8.; invest.<br />

9. 8. 59. Herzinfarkt 1966; Verzicht 9. 9. 66; Gestorben<br />

Betra 3. X. 1971.<br />

MAX SCHAITEL f<br />

Die Hechinger Scharfrichter<br />

Als im Verlaufe des Mittelalters mit der fortschreitenden<br />

Entwicklung nur noch bestimmte Personen als Richter<br />

zur Urteilsfindung im Gerichtsverfahren herangezogen<br />

wurden, konnte auch die Strafvollstreckung nicht mehr<br />

ehrenamtlich ausgeübt werden. Diese vollzog nunmehr<br />

immer hauptberuflich der Nachrichter, der auch Scharfrichter<br />

genannt wurde, weil er nicht selten mit der<br />

Schärfe des Schwertes richtete. Beide Worte bezeichnen<br />

dieselbe Tätigkeit und denselben Beruf, sie stehen verhüllend<br />

und beschönigend für Henker. Hierzulande wurde<br />

bis ins 18. Jahrhundert hinein im amtlichen Schriftverkehr<br />

überwiegend die Bezeichnung Nachrichter verwendet.<br />

Bekannt ist die feststehende Schlußformel der<br />

Todesurteile: „Dessentwegen der Maleficant dem Nachrichter<br />

an seine Hand und Band geliefert wird, damit er<br />

ihn mit dem Schwerte vom Leben zum Tode richte, ihm<br />

zur wohlverdienten Strafe, anderen aber zum abscheulichen<br />

Exempel und das alles von Rechts wegen!" Der<br />

Nachrichter vollstreckte aber nicht allein die Todesstrafe,<br />

die im Enthaupten, Hängen, Rädern, Ertränken, Lebendigbegraben,<br />

Vierteilen und Verbrennen bestand, er<br />

vollzog nicht allein die Leibesstrafen, wie Abhauen von<br />

Gliedern, Auspeitschen, Brandmarken usw., der Nachrichter<br />

mußte auch die kleinen Missetäter an den Pranger<br />

stellen, ihnen die Schandzeichen aufsetzen oder umhängen,<br />

sie in die Geige spannen, in den Triller sperren<br />

oder mit dem Gießhübel, einem Wippgalgen, ins Wasser<br />

tauchen und was der Strafen noch mehr waren. Das<br />

Nachrichteramt schloß noch weitere unschöne Dienste<br />

ein. Oftmals, so auch in Hechingen, gehörte dazu die<br />

Abdeckerei, d. i. das Fortschaffen des gefallenen, verendeten<br />

Viehs, das Abziehen der Haut und das Beseitigen<br />

des Kadavers. Für diese Tätigkeit führte der Nachrichter<br />

noch den weiteren Titel: Wasen- oder Kleemeister. Der<br />

Bezirk, den ein Wasenmeister zu versehen hatte, wurde<br />

auch Bailei genannt, entsprechend der Wasenmeister<br />

dann Balleimeister, so im 18. Jahrhundert in Veringenstadt.<br />

Neben dem Füttern einer herrschaftlichen Hundekoppel<br />

hatte der Hechinger Nachrichter und Wasenmeister<br />

auch die Aufgabe, die Hunde zu „schlagen" (töten)<br />

und im Schloß die Abtrittgruben zu leeren. Das waren<br />

alles Dienste und Verrichtungen, die man keinem „ehrlichen"<br />

Menschen aufzuerlegen wagte. So war der Nachrichter<br />

ein „ehrloser" oder „unehrlicher" Mann! Nach<br />

dem allgemeinen Volksempfinden konnten ehrsame Leute<br />

und Bürger nicht mit dem Nachrichter verkehren.<br />

Dieser war von der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen,<br />

schon der Umgang mit ihm machte „ehrlos".<br />

Daher hatte der „Meister" in der Kirche wie im Wirtshaus<br />

seinen eigenen Platz, hier auch seinen eigenen Becher,<br />

der da und dort an eine Kette gebunden war. Der<br />

Inhaber des blutigen Amtes war schon äußerlich erkennbar<br />

an seiner besonderen Kleidung oder an einem Abzei-<br />

20<br />

42. 1966-70 Verw. Klaus Hagele, geb. Uberlingen<br />

30.9. 35; Pr. i960., bisher Kapl. Hechingen, in Boll<br />

seit 27. X., später Rel. Lehrer in Herten-Markhof.<br />

43. 1970 Verw. Klaus Fritz aus Karlsruhe, gb. 1939, Pr.<br />

1965, hier 4 Wochen seit 5. Juli. Als Studienrat in<br />

Heidelberg im April 1972 ausgeschieden!<br />

44. 1974 seit 1. X.: Pensionär Rudolf Reiser, gb. Gammertingen<br />

16. 4. 15; Pr. 1945, bisher Pfr. in Kollnau<br />

und dann Ebnet.<br />

chen am Kleid, vielerorts trug er einen grünen Hut. Die<br />

allgemeine Absonderung vor dem Scharfrichter übertrug<br />

sich auch auf dessen Ehefrau und Kinder; auch diese waren<br />

nicht gesellschaftsfähig. Den Söhnen war der Zugang<br />

zu einem ehrsamen Handwerk versperrt. Es blieb ihnen<br />

daher meist nichts anderes übrig, als dem Vater im Amte<br />

zu folgen oder sich anderwärts um eine Meisterstelle zu<br />

bewerben. Schlug dieses Bestreben fehl, mußten sie zeitlebens<br />

als Gehilfen beim Vater oder einem anderen<br />

Nachrichter dienen. Wer aber eine Scharfrichtertochter<br />

zur Frau nahm, hatte meist einen schweren Stand und<br />

der Kampf um die berufliche und gesellschaftliche Anerkennung<br />

ging in den wenigsten Fällen gut aus. So ist es<br />

erklärlich, daß das Nachrichteramt sich oft in langer<br />

Geschlechterfolge forterbte und die verschiedenen Scharfrichtersippen<br />

über viele Herrschaften und ganze Länderteile<br />

hin mit einander verschwägert und vervettert<br />

waren. Durch den gleichen Beruf und vielfach durch das<br />

gleiche Blut geeint, erwuchs ein inniges Zusammenhalten<br />

und ein starkes Standesbewußtsein. Nach Abschaffung<br />

der peinlichen Befragung und Einführung eines neuen<br />

Strafvollzuges im 19. Jahrhundert wurde das Nachrichteramt<br />

überflüssig. Der Fluch der „Ehrlosigkeit" und<br />

„Unreinheit" konnte übrigens schon früher durch Legitimation<br />

genommen werden. Die Nachkommen der einstigen<br />

Scharfrichterfamilien sind längst in allen Berufen<br />

untergekommen. So sei erwähnt, daß z. B. noch der Urgroßvater<br />

des bekannten Admirals Scheer aus dem ersten<br />

Weltkrieg Scharfrichter war. Länger als das Nachrichteramt<br />

hielt sich die Wasenmeisterei, zumal manche Wasenmeister<br />

auf Grund ihrer anatomischen Kenntnisse und<br />

chirurgischen Fähigkeiten in der Tierheilkunde eine zusagende<br />

Betätigung fanden. Aber mit dem Aufkommen<br />

der Tiermehlfabriken und auf Grund seuchenpolizeilicher<br />

Vorschriften verschwanden auch bei uns um die<br />

Jahrhundertwende die letzten Schinderhütten.<br />

Als Nachrichter in Hechingen ist uns aus dem Jahre<br />

1556 Cunrat Volmer überliefert. Die Vollmer oder Vollmar<br />

waren eine weitverzweigte Scharfrichtersippe in<br />

Süddeutschland. So saßen sie in öffingen auf der Baar.<br />

in Endingen am Kaiserstuhl und in der Freien Reichsstadt<br />

Pfullendorf. Dort hatte sich am 18.5.1665 der<br />

Meister Jakob Volmar aus Isny mit Anna Katharina<br />

Deublerin, der Tochter des Nachrichters Ottmar Deubler,<br />

verheiratet und die dortige Scharfrichterfamilie<br />

Vollmer begründet.<br />

Einige Jahre später, etwa 1561, vollzog die Nachrichtung<br />

in der Zollerstadt Meister Martin. Laut Rechnung<br />

werden ihm für 7 Züge (Aufzugfolter) 1 Pf. 15 fl und<br />

für das Anlegen des Halseisens (Prangerstrafe) 30 Schilling<br />

ausbezahlt.<br />

1568 führte das Richtschwert in Hechingen der Nachrichter<br />

Lorenz Krab.


Erst über dessen Amtsnachfolger, Andreas Karg (Karcher)<br />

ist uns Näheres bekannt. Die Vereidigung datiert<br />

von Jakobi 1587. Als Jahresbesoldung für Richter und<br />

für die Lieferung von Luder (Futter) für die herrschaftlichen<br />

Hunde und „anderes" erhält Karg 45 fl. 1599 hat<br />

sich sein einstiger Gehilfe Matheus Märx aus dem Bregenzer<br />

Wald mit des Nachrichters Magd, der Tochter<br />

des Baiinger Wasenmeisters, verheiratet. Obwohl Märx<br />

seit Jahren im Steinbruch des Grafen arbeitet, wird die<br />

Aufnahme ins Hechinger Bürgerrecht abgelehnt, weil<br />

Der Hechinger Galgen (rechts unten).<br />

Hechinger Kupferstich Matth. Merians - 1643<br />

Märx, „reversenter zu melden" eines Wasenmeisters<br />

Tochter zum Weibe hat. 1601 gibt Meister Karg eine seiner<br />

Töchter dem Scharfrichter von Heiligenberg zur<br />

Ehe. Karg bittet den Grafen um seine Einwilligung, daß<br />

der Pfarrer in Hechingen oder von Boll die Trauung<br />

vollziehe, und um die Erlaubnis, im Scharfrichterhaus<br />

mit seinesgleichen ein Fäßchen Wein trinken zu dürfen.<br />

Er bezahle den Wein und sei auch gerne bereit, das übliche<br />

Umgeld zu erlegen. Ebenso wolle er von den 100 fl,<br />

die er seiner Tochter als Mitgift gebe, den Abzug zahlen.<br />

In einer zweiten Eingabe an den Grafen bittet der Meister,<br />

die erste Mahlzeit im Hause des Pfeiffer-Jerglin abhalten<br />

und einige Bürgersleute einladen zu dürfen. Diese<br />

würden aber, so betont der Antragsteller ausdrücklich,<br />

an „unterschiedliche" Tische gesetzt werden. Während<br />

die Zeche im Scharfrichterhause mit den Standesgenossen<br />

gestattet wurde, erfuhr das zweite Ersuchen eine Ablehnung.<br />

Im übrigen muß aus einer Reihe von Verkäufen<br />

von Feldern und Gebäulichkeiten geschlossen werden,<br />

daß Andreas Karg ein vermöglicher Mann war. Träger<br />

des Namens Karg führten nach 1600 auch in Veringenstadt<br />

das Richtschwert.<br />

Andreas Karg in Hechingen scheint keine männlichen<br />

Nachkommen hinterlassen zu haben, denn um 1614 ist<br />

Scharfrichter und Wasenmeister der Schwiegersohn Ludwig<br />

Baur (Pawr, Paur), meist nur Meister Ludi genannt.<br />

Baur stammt aus keiner Scharfrichterfamilie, sondern<br />

war ein Hechinger Bürgersohn, der schon in früher Ju-<br />

gend Waise geworden war. Er wurde der Begründer der<br />

Hechinger Scharfrichtersippe Baur, die in 5 Generationen<br />

als Nachrichter Stadt und Land dienten. Bemerkenswert<br />

ist, daß am 18. 1. 1616 des Nachrichters Sohn Hans<br />

Jakob Baur als Bürger in Hechingen angenommen wird.<br />

Es ist dies eine seltene Ausnahme und nur dadurch zu erklären,<br />

daß der Vater Hechinger Bürgerkind war. Aus<br />

einem Rechnungsbeleg des Jahres 1614/15 wird bekannt,<br />

daß Baur für das Füttern von 23 herrschaftlichen Jagdhunden<br />

eine besondere Jahresvergütung von 23 fl erhielt.<br />

Ludwig Baur starb 1634, Nachfolger im Scharfrichterund<br />

Wasenmeisteramt in Hechingen wurde sein Sohn<br />

Andreas Baur, der eine Anna Maria Kaufmännin zur<br />

Frau nahm, die ihm 400 fl in die Ehe brachte. Bei seiner<br />

Bewerbung legte auch sein Schwager Sigmund Bechtold,<br />

der Scharfrichter von Horb a. N., ein Wort für ihn ein.<br />

Gelegentlich der Vereidigung wurde ihm noch folgendes<br />

eingeschärft:<br />

1. Erstlich soll er den Dienst fleißig versehen, sich ohne<br />

der Bürgerschaft Klage verhalten, dann wann er<br />

deme zuwiderhandeln würde, solle sein Dienst alle<br />

Stund ein End haben.<br />

2. Solle er die Burgerschaft des Lohns halber nit übernehmen<br />

oder mit selbigem steigern, wie vor diesem<br />

beschehen, sondern bei demjenigen Lohn, welchen ein<br />

ehrsam Gericht machen wirdet, allerdings verbleiben.<br />

3. Solle er jährlichen, wann man Jahrgericht halten<br />

würdet, um den Dienst bitten und anhalten.<br />

4. Den reverenter Wasen solle er sauber halten und wie<br />

von alters her einmachen und umbzäunen, damit nit<br />

alle Straßen und Wege von den Bainern und Unrath<br />

bemaklet werden und solle jährlich einmal die Bainer<br />

verbrennen.<br />

5. Der Wirtshäuser solle er sich enthalten, die Zechen,<br />

wenn es etwan die Gelegenheit erforderte, in seinem<br />

Hause anstellen oder, wann es im Wirtshaus beschehe,<br />

sich absonderlich einher setzen und beschaidentlich<br />

verhalten. Ehrliche Leuth und Bürger an ihren Tischen<br />

in den Zechen nit überlaufen, viel weniger zum<br />

Mittrinken und Bescheidthun anmuntern oder nötigen,<br />

sondern sich seines eigenen Glases behelfen".<br />

Im Jahre 1670 führt das Richtschwert in der Zollerstadt<br />

wieder ein Andreas Baur, der gleichnamige Sohn seines<br />

Vaters, und wie dieser im Volksmund nur Meister Enderlin<br />

genannt. Aus dem Jahre 1702 ist überliefert, daß<br />

dem Wasenmeister ein Fuder Stroh geliefert wurde, um<br />

den fürstlichen Hunden ein Lagerbereiten zu können.<br />

Dieser Meister blieb unverehelicht und starb am<br />

5. 8. 1704 an einer schweren Kopfverletzung, die ihm ein<br />

Soldat beigebracht hatte. Aus dem Nachlaß, der 1097 fl<br />

betrug, mag ersehen werden, daß das Geschäft eines<br />

Nachrichters und Wasenmeisters nicht uneinträglich war.<br />

Nach dem Hagestolzenrecht hätte das ganze Vermögen<br />

an die Herrschaft fallen müssen. Da aber der Scharfrichter<br />

„weder Bürger, noch leibeigener Unterthan" war,<br />

wurde Andreas Baur in Sachen Erbrecht als Extraneus,<br />

Ausländer, behandelt. Die Herrschaft erhielt für Abzug<br />

und Handlohn je 54 fl 51 x, ein gleicher Betrag fiel an<br />

die Stadt. Universalerbe wurde der im Testament bestimmte<br />

Brudersohn Franz, der seinem Onkel auch im<br />

Amte nachfolgte.<br />

Die Bestallung des Franz Baur, geb. 14. 8. 1681, als<br />

Nachrichter- und Wasenmeister datiert vom 1.9.1704<br />

und gibt einen guten Einblick in die beiden Tätigkeiten.<br />

Franz verheiratete sich am 24. 1. 1705 mit Christine<br />

Burkhartin von Rottenburg, der Stieftochter des dortigen<br />

Scharfrichters. Burkhart saßen unter anderm auch in<br />

Schussenried, wo sie bis zur Aufhebung der Klosterherr-<br />

21


schaft ihren Dienst verrichteten. Am 6. 11. 1735 verschied<br />

unser Meister, der „viele von Rechts wegen enthauptet<br />

hat, fromm in Gott und mit allen Sakramenten<br />

versehen", wie das Hechinger Totenbuch meldet. Aus<br />

den Rechnungen ist noch zu entnehmen, daß seine Witwe<br />

unter dem 24. 1. 1737 für Ausräumung einiger s. v.<br />

Secrets im fürstl. Schlosse 6 fl erhielt. (Secretum = geheimes<br />

Gemach = Abort).<br />

Auf Franz folgte dessen Sohn (Franz) Anton Baur, geb.<br />

31. 10. 1715, der sich am 31. 5. 1738 mit Katharina Barbara<br />

Ostertagin, der Tochter des Tübinger Scharfrichters,<br />

verheiratete, Frau Katharina scheint bereits im ersten<br />

Jahre der Ehe gestorben zu sein, denn am<br />

14. 8. 1739 ging der Meister mit der ledigen Johanna<br />

Bühlerin, einer Hechinger Bürgerstochter, mit obrigkeitlicher<br />

Erlaubnis den Bund fürs Leben ein. Da Johanna<br />

Bühler einen Scharfrichter, also einen „Ehrlosen" zum<br />

Manne nahm, hat sie, wie es so bezeichnend heißt, durch<br />

die Hochzeit das Bürgerrecht der Stadt Hechingen „verheiratet<br />

und verloren!" Sie mußte daher von ihrem Erbteil,<br />

den Stadtschreiber Cammerer nach Abzug aller<br />

Verbindlichkeiten auf 356 fl 29 x berechnete, an Abzug<br />

und Handlohn für die Herrschaft je 17 fl 49 x und den<br />

gleichen Betrag an die Stadtkasse zahlen. Im Jahr 1742<br />

beschwerte sich Anton Baur über die Hechinger Schmiede,<br />

die ihm die Pferde nicht beschlagen wollten. In Rottenburg,<br />

Rottweil und Villingen gäbe es keinen Anstand,<br />

wenn er oder sein Gehilfe den Fuß des Pferdes hochhalten<br />

würden. Der Fürst bestimmte unter Strafe, daß auch<br />

die Hechinger Schmiede des Nachrichters Pferde beschlagen<br />

müßten, wenn der Meister oder sein Knecht behilflich<br />

wären und das Bein des Pferdes hielten. Franz<br />

Anton Baur scheint sich übrigens in seinem Berufe nicht<br />

sonderlich wohl gefühlt zu haben. Vielleicht litt auch<br />

seine Ehefrau, die Hechinger Bürgerstochter, unter dem<br />

Fluch der „Unehrlichkeit" und des Gemiedenwerdens.<br />

Wir dürfen bestimmt annehmen, daß die Verwandtschaft<br />

Johannas nicht gerade erbaut war über die Ehe<br />

mit einem Scharfrichter. Welche Gründe auch immer<br />

ausschlaggebend waren, Baur legte im Jahre 1753 das<br />

Richtschwert beiseite. Er ließ sich durch den Grafen von<br />

Zeil legitimieren, d. h. für ehrlich erklären, stellte mit<br />

Genehmigung des Fürsten von Hohenzollern-Hechingen<br />

seine Ämter als Nachrichter und Wasenmeister zur Verfügung<br />

und verließ das Scharfrichterhaus am Reichenbach.<br />

Noch im gleichen Jahre, am 21.11.1753, wurde<br />

Baur auf Anregung der Regierung in „Ansehung seiner<br />

guten Conduite und seines Vermögens" sowie mit Rücksicht<br />

darauf, daß seine Ehefrau ein Burgerkind war, in<br />

das Bürgerrecht der Stadt Hechingen aufgenommen. An<br />

Bürgergeld waren 100 fl an die Stadtkasse und 50 fl an<br />

die Herrschaft zu entrichten. Mit den Eltern wurden<br />

auch die vier Kinder Anton, Franz, Christina und Anna<br />

Maria, deren Taufpaten der H. H. Anton Kohler, Canonicus<br />

bei St. Jakob, und Elisabeth Bühlerin waren, bürgerlich<br />

angenommen. Baur übernahm nun die Wirtschaft<br />

zum Ochsen. Im hohen Alter von 78 Jahren starb er am<br />

9. Mai 1793. Das Hechinger Totenbuch bemerkt: Hospes<br />

olim ad signum bovis et ante carnifex!<br />

Das Nachrichteramt in Hechingen wurde noch 1753<br />

dem Scharfrichter Lorenz Ruof, gebürtig aus Trochtelfingen,<br />

übertragen. Träger dieses Namens führten in jener<br />

Zeit auch in Veringenstadt und in Hüfingen auf der<br />

Baar das Richtschwert. Ruof vermählte sich 1755 in<br />

Pfullendorf mit der Tochter des dortigen Scharfrichters,<br />

der ledigen Helene Vollmerin, geb. am 16. 5. 1731. Unser<br />

Meister sollte in Hechingen nur wenige Jahre seines<br />

Amtes walten. Durch einen unglücklichen Sturz vom<br />

Pferde zog sich Ruof eine schwere Verletzung zu, die am<br />

23. 10. 1760 zum Tode führte.<br />

22<br />

Noch kein Vierteljahr später, am 10. 1. 1761, vermählte<br />

sich die Witwe Ruof mit dem Scharfrichter Franz Anton<br />

Burkhart von Warthausen, der als Gehilfen seinen Bruder<br />

Franz Joseph zu sich nahm. Von Burkhart ist als Besonderheit<br />

zu berichten, daß er im Jahr 1784 Pate stand<br />

für zwei Knaben von Beuren anläßlich ihrer Firmung.<br />

Aus dieser Tatsache und der weiteren, daß seine Nachkommen<br />

im Amte Bürgertöchter heirateten, müssen wir<br />

schließen, daß das Scharfrichteramt und seine Inhaber<br />

nicht mehr so verachtet waren, wie in früheren Jahrhunderten.<br />

Übrigens war durch ein kaiserliches Mandat vom<br />

Jahre 1772 den Söhnen eines Scharfrichters erlaubt,<br />

ein beliebiges Handwerk zu erlernen. - Nach der<br />

Rentei-Rechnung 1802/03 erhielt der Scharfrichter<br />

Burkhart für die Reinigung der „Priveter" (Aborte) im<br />

Schloß 15 fl.<br />

Auf Franz Anton, der am 27. 2. 1806 das Zeitliche segnete,<br />

folgte der Sohn Vitus Burkhart, im Volksmund<br />

Veitle genannt. Vitus hatte sich am 9. 10. 1793 mit der<br />

Bürgerstochter Antonie Bulach von Hechingen verheiratet.<br />

Er war der letzte Nachrichter von Hechingen, der<br />

mit dem Schwerte richtete. Am 23. 1. 1844 schloß er für<br />

immer die Augen.<br />

Der Sohn Franz Burkhart, geb. 15. 1. 1795, übernahm<br />

vom Vater die Abdeckerei. Er nannte sich Kleemeister,<br />

eine andere Bezeichnung für Wasenmeister. Auch Franz<br />

hatte eine Bürgerstochter zur Frau, Anna Maria Klingler<br />

von Hechingen. Sein Todesdatum ist der 28. November<br />

1878.<br />

Konrad Burkhart, der Sohn des Franz Burkhart, war am<br />

30.4.1833 geboren. Er räumte das alte Scharfrichterhaus<br />

und wohnte bereits im Jahre 1865 in der Schadenweilerstraße,<br />

im heutigen Hause Simmendinger. Auch seine<br />

Ehefrau, Theresia Lämmle, gehörte keiner Scharfrichtersippe<br />

an. Konrad trieb eine kleine Landwirtschaft um<br />

und betätigte sich als Pferdeschlächter. Da er kinderlos<br />

verheiratet war, starb er als Letzter seines Geschlechts<br />

am 25. 10. 1902. Im Volksmunde wurde er nach seinem<br />

Großvater Veitle genannt, seine beiden ledigen Schwestern,<br />

die das heutige Nill'sche Haus an der Stettenerstraße<br />

bewohnten, hießen entsprechend d'Veitenen.<br />

Nach der Stadtchronik soll das Richtschwert von Hechingen<br />

im Jahre 1881 nach Ulm verkauft worden sein.<br />

„Wan ich das schwert thun aufeheben, so wünsch ich<br />

dem armen sünder das ewige leben" war die Inschrift<br />

der einen Seite, während auf der Kehrseite zu lesen war:<br />

„Hüt dich thun kein böses nicht wan du willst fliehen<br />

das gericht 1705". Anfragen beim Museum der Stadt<br />

Ulm und beim Germanischen National-Museum in<br />

Nürnberg nach dem Hechinger Richtschwert blieben erfolglos.<br />

Auch die Zugangsregister der kulturgeschichtlichen<br />

Sammlungen dieser Museen vermerken keinen einschlägigen<br />

Erwerb. Ob das Schwert vielleicht in der kriminalistischen<br />

Sammlung im Fünfeckigen Turm der Burg<br />

zu Nürnberg war, die im Kriege vollständig zerstört<br />

wurde, ist ebenfalls unwahrscheinlich, da der Museumsführer<br />

von 1934 das Hechinger Stück nicht kennt. Das<br />

heute noch im Hechinger Rathaus aufbewahrte zweischneidige<br />

Schwert (Griff 25 cm, Klinge 90 cm und Parierstange<br />

29 cm lang) diente als Rechtssymbol und hing<br />

an einer Wand des Zimmers, in dem das Stadtgericht als<br />

Malefiz- oder Blutgericht tagte.<br />

Der Galgen, auch Hochgericht genannt, befand sich am<br />

Fichtenwäldle, während die Richtstatt, wo die übrigen<br />

Todesarten vollstreckt wurden, bei Heiligkreuz lag. Der<br />

Friedhof Heiligkreuz wurde erst 1814 angelegt. Wie<br />

schon das Steuerbuch von 1660 meldet, stand das Scharfrichterhaus<br />

am Reichenbach. Aus seinem späteren Umbau<br />

entstand das heutige Haus Max Eisele, Autovermie-


tung. Im Kataster 1861 ist es als Kleemeisterei eingetragen<br />

und als Eigentümer: Stadt und Land (Kgl. Fiskus).<br />

Dazu gehörte die Scheuer am Wege dorthin. Auch auf<br />

dem bekannten Merian'schen Stich vom Jahre 1662 sind<br />

das Scharfrichterhaus samt Schinderhütte und der dreifüßige<br />

Galgen festgehalten. Zwischen dem Wohngebäude<br />

und der Schinderhütte (mhd. schinden = enthäuten) floß<br />

der Mühlkanal. Da unweit der Schinderhütte die Tierleichen<br />

„verlochert", d. h. in Gruben geworfen und mit<br />

Erde überdeckt wurden, erhielten die angrenzenden Äkker<br />

schon sehr früh den Namen Schelmenäcker (mhd.<br />

schelm = Aas, Kadaver, toter Tierkörper). Entsprechend<br />

wurde die Stettenerstraße einst Schelmengasse genannt,<br />

so im Jahre 1486. Unter dem 14. 3. 1814 wurde die Aus-<br />

MANFRED HERMANN<br />

Die Feldhauser Barockaltäre (Fortsetzung)<br />

Im Zusammenhang mit dem Hettinger Schreiner und<br />

Altarbauer Bakus Widmann II (1684-1768) habe ich<br />

im letzten Heft über den Hochaltar der St. Nikolaus-<br />

Pfarrkirche zu Feldhausen berichtet. Ohne Zweifel gehört<br />

er mit seinem Spieglergemälde und den Plastiken,<br />

die dem Mariaberger Klosterschreiner Balthasar Wild<br />

zuzuschreiben sind, zu den qualitätvollsten Barockaltären<br />

des Landes.<br />

Hl. Apollonia v. Jos. Christian Foto: M. Hermann<br />

führung von Maurerarbeiten am „Mühlteich bei des<br />

Scharfrichters Haus" vergeben. Der Mühlteich, bis zum<br />

1. Weltkrieg von Metzger Gfrörer, Benedle genannt, als<br />

Eisweiher benützt, ist längst zugeworfen und eingeebnet.<br />

So sind es eigentlich nur noch der Flurnamen Schelmenäcker<br />

und die Straßenbezeichnung Schelmenäckerstraße,<br />

die in Hechingen die Erinnerung an die Schinderhütte<br />

und das Scharfrichterhaus und damit an das kulturgene<br />

verstoßenen, aber standesbewußten Inhaber wachhalten.<br />

Die Nachweise aus den Hechinger Kirchenbüchern besorgte<br />

Herr Fritz Staudacher, wie bei dem Aufsatz über<br />

die Haigerlocher Scharfrichter (Hohenz. Heimat 1971<br />

Nr. 1).<br />

Die beiden Seitenaltäre, gleichwohl einfacher im<br />

Aufbau, verdienen nicht weniger Beachtung, da sie insgesamt<br />

sechs Figuren der Meisterhand Joseph Christians<br />

von Riedlingen enthalten<br />

Nach den Heiligenpflege-Rechnungen von Feldhausen 2<br />

fällt ihre Anschaffung in das Jahr 1746. H-R 1745/46<br />

verzeichnet unter „Einnahm Geldt Insgemein" eine Stiftung:<br />

„von Hans Michel Steinhardt an denen zu den<br />

Neben Althären versprochenen 30 fl den Ersten Termin<br />

empfangen 10 fl" (fl = Gulden, xr = Kreuzer). Unter<br />

Ausgab No7: „besag Accord dem schreiner Balms von<br />

Hettingen vor 2 Neye Nebenalthär bez. 84 fl. deßgleichen<br />

dem Riedlinger Bildhauer 36 fl. Seinem Sohn<br />

trünckgeldt geben 1 fl. dem Mahler bezahlt 7 fl 30 xr."<br />

H-R 1746/47: „dem Mahler von Trochtelfingen Einer<br />

Bildtnus St. Johann Nepomucenij und 2 Postamenter<br />

wegen zalt 5 fl 30 xr. Item dem Hans Jerg Hanner wegen<br />

einem Harthauser fuhrmann so die Althär von Hettingen<br />

anhero geführt zalt 12 xr." Diese Unterlagen genügen<br />

voll und ganz zur richtigen kunstgeschichtlichen<br />

Einordnung der beiden Altarwerke.<br />

Wie bereits ausgeführt, lieferte der Hettinger Schreiner<br />

Bakus Widmann II die beiden dem Hochaltar gegenüber<br />

einfacher ausgeführten Aufbauten. Ein Säulen- und ein<br />

Halbpilasterpaar flankieren jeweils das Mittelbild; außen<br />

stehen auf geschweiften Konsolen die Heiligenfiguren,<br />

über ihnen auf den Halbpilastern eine muschelartige<br />

Schnitzerei. Ein streng waagerechter Sims schließt das<br />

Mittelgeschoß nach oben ab. Der Auszug mit seinen geschwungenen<br />

Formen nähert sich schon dem Rokoko,<br />

dessen Bewegtheit und Pathos in den Plastiken Christians<br />

spürbar werden. Die geschweifte Mittelnische mit<br />

Maria am linken und dem hl. Johannes am rechten Seitenaltar,<br />

jeweils auf einem über Eck gestellten Sockel stehend,<br />

wird durch zwei über den Säulen des Hauptgeschosses<br />

aufsteigenden und mit Akanthusblatt besetzten<br />

Volutenspangen und außen von je einem Bügel gerahmt.<br />

Den Abschluß bildet ein nach oben ausschwingender<br />

Sims, der von vergoldeten Blattranken überhöht und<br />

einer auf Volutenfüßen stehenden Sonne bekrönt wird, in<br />

deren Vierpaß die Namen IOS (EPH) und MARIA zu<br />

lesen sind. Blumen, Blütengehänge und weiteres Rankenwerk<br />

sind über den Aufbau verstreut.<br />

Sämtliche Figuren am Josefs-Altar stammen eindeutig<br />

vom Riedlinger Bildhauer, mit dem hier nur Joseph<br />

Christian (1706-77) gemeint sein kann 3 . Auf dem Altartisch<br />

steht der hl. Joseph mit dem Jesuskind auf dem<br />

linken Arm 4 , rechts der hl. Johannes der Täufer, links<br />

23


der hl. Sebastian, im Auszug der auf das einstige Kreuz<br />

im Chorbogen bezogene trauernde Johannes. Dr. Rudolf<br />

Huber schreibt über sie 5 : „Die Schnitzkunst des schwäbischen<br />

Rokoko erreicht mit den polychromen Figuren<br />

der Feldhauser Nebenaltäre einen Höhepunkt. Die<br />

hl. Apollonia, Johannes der Täufer und der hl. Sebastian<br />

können mit besten deutschen Kleinplastiken und<br />

Porzellanfiguren der Zeit wetteifern. Sie sind von der<br />

ganzen Anmut, Grazie und Heiterkeit des Rokoko erfüllt.<br />

Christian schuf später nie mehr Werke von so liebenswürdigem<br />

Charme, sondern strebte eher nach Ekstase<br />

oder stiller Größe, hier aber hielt er für einen Augenblick<br />

inne, als wollte er sich des gereiften, fröhlichen<br />

Rokoko freuen." Diese Worte gelten sicherlich besonders<br />

für den Johannes der Täufer; er gehört zum Entzükkendsten,<br />

was das frühe Rokoko in Süddeutschland geschaffen<br />

hat. Ohne Zweifel ist die Figur eine Stiftung<br />

des Feldhauser Pfarrherrn Johann Baptist Scherer e , der<br />

damit seinen Namenspatron ehren wollte. Der hl. Sebastian<br />

dagegen besaß in der Feldhauser Friedhofskapelle<br />

ein ihm geweihtes Heiligtum, das Zeugnis für dessen<br />

hohe Verehrung durch eine der Spethschen Stammütter,<br />

der Dorothea Speth geb. von Rechberg zu Hohenrechberg,<br />

die 1599 die Herrschaft unter drei ihrer Söhne teilte.<br />

Es muß erstaunen, daß Pfarrer Scherer für die Seitenaltarplastiken<br />

einen so hochqualifizierten Künstler wie<br />

Christian gewinnen konnte, zumal dieser ab dem 10. August<br />

1744 mit dem Großauftrag des Zwiefalter Chorgestühls<br />

beschäftigt war 7 . Offensichtlich konnte der Riedlinger<br />

Meister für den Feldhauser Marienaltar seine Pläne<br />

nicht voll verwirklichen. Er schuf als rechte Hauptfigur<br />

die hl. Apollonia, die Patronin gegen Zahnschmerzen,<br />

und im Auszug die trauernde Maria. Dann aber<br />

muß ihn seine Tätigkeit für Zwiefalten so in Anspruch<br />

genommen haben, daß er die Ausführung der linken<br />

Hauptfigur, des hl. Vitus, einem anderen überlassen<br />

mußte. Entgegen Rudolf Huber ist diese Plastik eindeutig<br />

dem Werk des Mariaberger Klosterschreiners Balthasar<br />

Wild zuzuweisen, der 1740/41 die Schnitzereien des<br />

Hochaltars geliefert hatte. Allerdings ist sie nicht wie<br />

zahlreiche andere Arbeiten Wilds mit einer in die Rückseite<br />

eingeschnittenen Jahreszahl datiert, die in unserem<br />

Raum fast einer Signierung gleichkommt.<br />

Erst vor kurzem habe ich entdeckt, daß auch der kleine<br />

hl. Wendelin 8 auf einem Postament an der rechten Seite<br />

des Chorbogens rückseitig die Jahreszahl „1745" trägt.<br />

Somit ist auch er wie sein Gegenstück, der hl. Eulogius,<br />

eine Arbeit des Mariabergers. Ebenso ist auch in der linken<br />

Nische beim Hochaltar die hl. Anna-selb-dritt rückseitig<br />

mit der Jahreszahl „1750" versehen. Sowohl am<br />

Vitus wie auch an der Anna wird deutlich, daß Balthasar<br />

Wild nach 1741 mehr und mehr seinen kraftvollen,<br />

knittrigen und manchesmal etwas schwerfälligen<br />

Schnitzstil zu glatten, weicheren und dem Rokoko angepaßteren<br />

Formen hin abgewandelt hat. Mit dem Vitus<br />

von Feldhausen ist auch die Brücke zum Gammertinger<br />

hl. Sebastian auf der obersten Empore der dortigen<br />

Pfarrkirche gewonnen.<br />

In der Zwischenzeit ist es mir gelungen, die Herkunft<br />

des Mariaberger Klosterschreiners zu klären. Mit ziemlicher<br />

Sicherheit ist er der am 26. Januar 1694 in Meldungen<br />

9 getaufte Johann Balthasar des Johann Wild und<br />

der Maria Lefflerin. Er erhielt seinen Namen offensichtlich<br />

von seinem Taufpaten Balthasar Rein. Soweit ich<br />

feststellen konnte, waren die Eltern in Melchingen die<br />

einzigen Träger namens Wild. Nach den Melchinger<br />

Heiligenpflege-Rechnungen 1728/29 erhielt Balthuß<br />

Wild für zwei neu gemachte Kreuze samt den Stangen<br />

die Summe von 4 fl ausbezahlt. Somit erstreckt sich seine<br />

24<br />

Tätigkeit wenigstens von 1729 bis 1751 (Datum des<br />

Gammertinger Sebastians). Außer seiner Schreiner- und<br />

Schnitzarbeit für die Melchinger Marienkapelle fertigte<br />

er für Melchingen auch „ein Bildnus die Auferstehung<br />

Christi sambt 2 Englen" um 7 fl 33 xr (HPfR 1734/35),<br />

ferner ein kleines Altarkreuz um 40 xr (HPfR 1739/40).<br />

*<br />

Hl. Johannes d. T. v. Jos. Christian Foto: M. Hermann<br />

Die beiden Altarblätter schuf der „Maler von Trochtelfingen",<br />

Johann Baptist Bommer, der laut Heiligenpflege-Rechnungen<br />

laufend für die Pfarrkirche beschäftigt<br />

wurde. Am Josephs-Altar erscheint das Gemälde des<br />

hl. Johann Nepomuk, Patron der Beichtväter und Seelsorger,<br />

der 1729 heilig gesprochen wurde. Da er bei der<br />

Kirchenkonsekration am 8. 10. 1742 durch Weihbischof<br />

Franz Carol Joseph Fugger, Graf von Kirchberg und<br />

Weißenhorn 10 , schon als Patron des Nebenaltars erscheint,<br />

hat ihn wohl der damalige Pfarrer Johann Jakob<br />

Hirt (1741-43 in Feldhausen) als Schutzherrn ausgewählt.<br />

Das Gemälde ist in einem gedämpften Kolorit<br />

gehalten: der Heilige erscheint in Dreiviertelfigur hinter<br />

einem roten Tisch kniend, darauf ein aufgeschlagenes<br />

Buch und die Palme des Martyriums, in den gefalteten<br />

Händen das Kreuz haltend. Gekleidet ist er in Soutane,<br />

spitzenbesetztem Chorrock, darüber eine pelzverbrämte<br />

Mozzetta, vorne am Hals das Beffchen. Hinter ihm wird<br />

ein dunkelgrüner Vorhang durch eine Goldschnur mit<br />

Kordel zurückgehalten, links oben ein Engelchen mit<br />

dem Siegeskranz und Puttenköpfchen. Kleidung und<br />

Hintergrund sind ganz in grauen, graubraunen und<br />

graugrünlichen Farben dargeboten.


Farblich lebendiger erscheint am anderen Seitenaltar die<br />

weißgewandete Immakulata mit blauem Mantel und roten<br />

Unterärmeln; das Standbein hat sie der die Weltkugel<br />

umwindenden Schlange auf den Kopf gesetzt, der<br />

Fuß des Spielbeins steht auf der Mondsichel. In der rechten<br />

Hand trägt die Madonna die Lilie als Zeichen der<br />

Jungfräulichkeit, die andere ist auf die Brust gelegt. Sehr<br />

zierlich ist das feine, lichtumflossene und mit einem Sternenkranz<br />

umgebene Köpfchen wiedergegeben, dessen<br />

perlengeziertes und mit Rosen geschmücktes Haar im<br />

Nacken zusammengenommen ist und sich in Strähnen<br />

über die Schultern verteilt. Leider hat der Maler die<br />

Proportionen der Gestalt nicht getroffen: Während der<br />

Oberteil durchaus harmonisch wiedergegeben ist, zieht<br />

Altarantependium v. Job. Bapt. Bommer<br />

sich der untere übermäßig in die Länge. Einen weiteren<br />

Farbakzent stellt der durch eine goldene Schnur mit<br />

Kordel emporgehaltene Vorhang mit goldenen Fransen<br />

rechts über der Immakulata dar. Den Hintergrund bildet<br />

eine mit Puttenköpfchen übersäte in graubraunen und<br />

graugrünen Farbtönen gehaltene Wolkenlandschaft.<br />

Das Jahr 1751 ermöglichte die Fassung der Seitenaltäre.<br />

Nach H-R 1750/51 stifteten zur Fassung „Vnser Lieben<br />

Frawen Altars" die Gemeinde Feldhausen 36 fl<br />

27 xr 2 hlr und die Gemeinde Harthausen 25 fl. „Dem<br />

Mahler von Vnser L. Frawen althar zu fassen ... 56 fl.<br />

Bey aufstellung der beeden Seithen altär denen Mahlergesellen<br />

Trinckgeldt geben 2 fl 10 xr. Denen Fuhrleüth<br />

so die althär in Trochtelfingen abgeholt 27 xr." Gleichzeitig<br />

hat Maler Johann Bommer wohl auch das reizende<br />

Antependium des Marienaltars geschaffen: Das Gemälde<br />

zeigt einen von Muschelwerk gerahmten Spiegel in einer<br />

Anmerkungen<br />

1 R. Huber, Joseph Christian, der Bildhauer des schwäbischen<br />

Rokoko. Tübingen 1960<br />

2 im Pfarr-Archiv Feldhausen.<br />

3 In der Regel dürfte damit Joseph Christian gemeint sein.<br />

Es ist jedoch zu beachten, daß von 1717 bis zu seinem Tod<br />

1755 Bildhauer Franz Joseph Katzenmaier auch in Riedlin-<br />

von Rosen und Lilien umgebenen Kartusche (= Maria,<br />

du Spiegel der Gerechtigkeit). Jenes am Joh. Nepomuk-<br />

Altar zeigt eine einzigartige Darstellung: Über der Moldaubrücke<br />

in Prag eine mit einem Schloß versehene Zunge<br />

als Sinnbild der Verschwiegenheit des Schutzheiligen.<br />

Am oberen Rand sehen wir ein Spruchband mit einem<br />

Chronogramm: A Deo honoratVr qVaM reX honorarl<br />

VVLt, Ioannls LIngVa slglLLI tenaX (= 1752). Unter<br />

der Brücke steht der Spruch: Nec tormenta movent nec<br />

aquae, nec munera frangunt u . Links des Ovals sind<br />

Marterwerkzeuge, rechts die vom König versprochenen<br />

Bischofsinsignien Mitra und Stab, eine Ordenskette und<br />

ein Füllhorn mit Kostbarkeiten gemalt. Auch dieses Bild<br />

ist ohne Zweifel ein Werk Bommers.<br />

Foto: M. Hermann<br />

In der H-R 1751/52 sind Stiftungen zur Fassung des<br />

Hochaltars enthalten: „Von Sr. HochFreyherr. gnaden<br />

dem letzt Regierend Hochsei.gnädig Herrn zu Gammertingen<br />

12 vermög Testaments 200 fl. Von Ih. Hochfreyherr.<br />

Gnaden der Gdgn Frawen v. Berberich 13 10 fl.<br />

Von Titl. Herrn Pfarrer alhier zu Veldthausen<br />

20 fl . . . Zusammen 427 fl 32 xr." In Ausgabe steht:<br />

„Lauth Einiger Quittung dem Hn. Joh. Baptist Bommer<br />

Mahler zu Trochtelfingen, von dem Veldthaußischen<br />

HochAlthar, Canzel und Bohr Kirchen zu fassen veraccordierter<br />

massen bezahlt 426 fl. dessen 2 söhnen 3 fl<br />

trinckhgelt. Dem Maller gesellen Ambrosi Reiser trinckgeld<br />

2 fl." Bei der letzten Renovierung ca. 1972 wurde<br />

die alte braunrote und grüne Marmorierung, ferner die<br />

goldgeäderte blaue Lasierung der Säulen wieder unter<br />

der alten Übermalung hervorgeholt. Somit zeigen alle<br />

drei Altäre mit ihrer wertvollen Ausstattung das einstige<br />

Farbkleid.<br />

gen ansässig war, freilich nicht als Bürger, sondern nur als<br />

Hintersasse seiner bescheidenen Mittel wegen.<br />

4 Eigenartigerweise wird der hl. Josef weder im KDmBd<br />

Kr. Sigmaringen 1948 noch bei Huber genannt. Offensichtlich<br />

ist die Figur jedoch alt und zu den Christian-Arbeiten<br />

gehörig. Die Hauptfiguren sind aus Holz (Linde), hinten<br />

25


ausgehöhlt und besitzen eine alte übergangene Fassung.<br />

Höhe 100-103 cm. Die Figuren im Auszug der Altäre<br />

75 cm hoch.<br />

5 S. Anm. 1, S. 33.<br />

6 Johann Baptist Scherer aus Triberg im Schwarzwald war<br />

vom 15. 9. 1743 bis zu seinem Tod am 31.1. 1777 Seelsorger<br />

in Feldhausen. Das Totenbuch nennt ihn den freiwillig resignierten<br />

Exkammerer des Landkapitels Trochtelfingen und<br />

einen überaus wachsamen und eifrigen Pfarrer durch<br />

34 Jahre. Er starb mit 63 Jahren. (Für diese Mitteilung bin<br />

ich meinem Confrater Pfr. P. Rapp in Feldhausen dankbar.)<br />

7 S. Anm. 1, S. 36.<br />

8 Lindenholz, alte Fassung übergangen, h 53 cm.<br />

9 PfArch. Salmendingen. Die Heiligenpflege-Rechnungen im<br />

PfArch. Melchingen.<br />

MANFRED HERMANN<br />

10 ]oh. Ad. Kraus, Aus den Tagebüchern dreier (Weih-)Bischöfe<br />

von Konstanz. In: Freib. Diöz. Arch. 82/83. Bd<br />

1962/63, 330-405, bes 375.<br />

11 A deo honoratur, quam rex honorari vult, Joannis lingua<br />

sigilli tenax = Von Gott wird geehrt, die der König geehrt<br />

wissen will, die das (Beicht-)Siegel bewahrende Zunge des<br />

Johannes. Der andere Spruch: Weder Qualen noch Wasserfluten<br />

vermögen (ihn) zu bewegen, noch können Geschenke<br />

(sein Schweigen) brechen.<br />

12 Der am 19. März 1741 gestorbene Ortsherr Marquard Rudolph<br />

Anton Speth von Zwiefalten zu Gammertingen.<br />

13 Dessen älteste Tochter Maria Franziska Catharina Speth<br />

v. Zwiefalten, verheiratet mit Franz Ludwig Edler v. Berberich<br />

in Frankfurt/M.<br />

Johann Baptist Bommer (1705-78), Barockmaler in Trochtelfingen<br />

Der im Zusammenhang mit den Feldhauser Barockaltären<br />

genannte Flach- und Faßmaler Johann Baptist<br />

Bommer, der seit 1735 bis zu seinem Tod in Trochtelfingen<br />

ansässig war, ist weitgehend vergessen. Nachdem<br />

ich seine Vorgänger Josue Klingenstein 1 und Johann<br />

Schiander 2 in groben Zügen darzustellen versuchte,<br />

soll auch ihm und seinem Werk unsere Aufmerksamkeit<br />

gelten.<br />

Bommer ist in einer kinderreichen Familie in der gräflich-Königsegg'schen<br />

Residenzstadt Aulendorf geboren<br />

worden. Als 11. unter 14 Kindern des Hofsattlers Gabriel<br />

Bommer und seiner Frau Anna Catharina Christin<br />

trugen ihn am 1. August 1705 3 der gräfl. Oberamtmann<br />

Mathäus Keller und die Jungfrau Johanna Buri zur Taufe.<br />

Für die enge Verbundenheit mit der gräflichen Familie<br />

spricht die Tatsache, daß Graf Franz Maximilian Euseb<br />

von Königsegg 4 das erste Kind des Gabriel Bommer<br />

zusammen mit dem adligen Fräulein Maria Theresia von<br />

Hohenlohe am 20. Apr. 1690 zur Taufe begleitete. Dreimal<br />

stellte sich die Gräfin Maria Antonia, eine Geborene<br />

von Bräuner, persönlich als Patin zur Verfügung; als<br />

Pate ist neben dem Grafen eben Mathäus Keller, der sich<br />

1707 Oberamtsverwalter zu Wald nennt, regelmäßig zu<br />

finden. Als die Eltern Gabriel Bommer u. Anna Catharina<br />

Christin am 25. Mai 1689 sich in der Kirche das Ja-<br />

Wort schenkten, waren als Zeugen der Gerichtsamman<br />

Herr Heinrich Sauter und der Tafeidecker Marx Widemer<br />

zugegen. Alle diese Beziehungen zu bedeutenden<br />

Persönlichkeiten wollen bei der Familie Bommer beachtet<br />

werden.<br />

Leider konnte ich in Aulendorf keine Hinweise entdekken,<br />

die die Malerausbildung des Johann Baptist Bommer<br />

erklärten. Wir können nur die Förderung durch die<br />

gräfliche Familie in Aulendorf vermuten. Ob eine Beziehung<br />

zu dem 1733 in Winterstettenstadt/Kr. Biberach-<br />

Riß tätigen Maler Josef Christ über die Mutter Bommers<br />

besteht 5 , konnte ich nicht feststellen.<br />

Auf seiner Gesellenwanderung muß Johann Baptist<br />

Bommer nach Trochtelfingen gekommen sein, wo sich<br />

am 27. Nov. 1730 seine 1701 geborene Schwester Maria<br />

Antonia mit dem Kaufmann Ludwig Clavel verheiratet<br />

hatte 6 . Offensichtlich führte er jedoch keine eigene<br />

Werkstatt, sondern arbeitete beim Maler Johann Schiander<br />

7 . Mit ihm zusammen finden wir ihn 1735 in der<br />

Marienkapelle in Melchingen tätig 8 . Am 26. Nov. 1736<br />

heiratete Bommer Maria Ursula Schnitzerin, die Schwester<br />

des Trochtelfinger Stadtpfarrers Joseph Anton<br />

Schnitzer 9 , mit dem die Familie eng verbunden blieb,<br />

als dieser Stadtpfarrer von Meßkirch wurde. Dem Ehe-<br />

26<br />

paar wurden drei Kinder geschenkt: die Buben Franz<br />

Xaver (* 22. 9.1737) und Karl Ludwig (* 18.1.1739), die<br />

beide den Beruf des Vaters ergriffen, und das Mädchen<br />

Maria Antonia (* 1740), die als Ehefrau des Johann<br />

Georg Schoser knapp 25jährig in Trochtelfingen starb.<br />

Taufpaten waren jeweils Pfarrer Schnitzer und Maria<br />

Antonia Bommerin. Eine weitere Schwester, Maria Ursula<br />

(""1709 Aulendorf), die sich 1744 in Melchingen mit<br />

dem Witwer Georg Hirlinger verheiratete, war 1736<br />

Trauzeugin gewesen.<br />

Als Maler Johann Schiander am 14. 1. 1737 eines plötzlichen<br />

und unversehenen Todes starb, übernahm Bommer<br />

dessen Werkstatt, die offensichtlich von keinem seiner<br />

Söhne weitergeführt wurde. Durch seine reiche Tätigkeit<br />

gewann Bommer immer mehr das Vertrauen seiner Mitbürger.<br />

1762 erscheint er in den Heiligenpflege-Rechnungen<br />

Trochtelfingens 10 als Heiligenpfleger der Pfarrkirche.<br />

Ja er brachte es sogar zum Schultheißen; so bezeichnet<br />

ihn das Totenbuch, als er am 31. Juli 1778 im<br />

Alter von 73 Jahren starb. Es heißt dort: „Cursum vitae<br />

laudabiliter peractae per bonam mortem implevit" = er<br />

erfüllte den Lauf seines lobenswert verbrachten Lebens<br />

durch einen guten Tod. Mit ihm erlosch wohl seine<br />

Werkstatt, da seine beiden Malersöhne nach auswärts<br />

verzogen sein müssen oder von der Gesellenwanderung<br />

nicht zurückgekehrt sind.<br />

Im Lauf der Zeit stieß ich auf eine ganze Reihe von Arbeiten<br />

Bommers, wovon der Großteil Fassungen von<br />

Altären und Plastiken ausmacht.<br />

1735 Deckengemälde in der Marienkapelle in Melchingen:<br />

Mittelbild - die hl. Dreifaltigkeit, dazu vier<br />

Eckmedaillons mit den Evangelisten (5 fl -PfArch.<br />

Melchingen).<br />

1736 verschiedene Votivtafeln in der Marienkapelle<br />

Melchingen 11<br />

1740 Fassung einer Fahnenstange in die Pfarrkirche<br />

Melchingen (HR Melchingen 1739/40) um 1 fl 30 xr.<br />

1744 Arbeit in die Pfarrkirche Feldhausen um 7 fl (HR<br />

Feldhausen 1743/44), Gegenstand ungenannt.<br />

1746 Altarblätter des hl. Johann Nepomuk und der Immakulata<br />

für die Feldhauser Seitenaltäre (HR<br />

1745/46 u. 1746/47 Feldhausen).<br />

1751 Fassung der Seitenaltäre Feldhausen, der Marienaltar<br />

um 56 fl (HR 1750/51 Feldhausen). Für Arbeiten<br />

f. d. Pfarrkirche Trochtelfingen erhält Bommer<br />

einmal 11 fl 30 xr, dann 49 fl 15 xr.<br />

1752 Fassung des Feldhauser Hochaltars, der Kanzel<br />

und der „Bohrkirchen" (Empore) um 426 fl (HR


1751/52 Feldhausen). Seine beiden Söhne und der<br />

Malergeselle Ambrosi Reiser aus Gammertingen<br />

sind an den Arbeiten beteiligt.<br />

1753 faßt Bommer den 1749 geschaffenen Tabernakel<br />

der Pfarrkirche Salmendingen 12 .<br />

1754 malt er ein Fahnenblatt samt Stange für die Pfarrkirche<br />

Feldhausen um 5 fl 30 xr (HR 1753/54<br />

Feldhausen).<br />

1755 faßt Bommer den neugeschaffenen Hochaltar (von<br />

Schreiner Neser in Ringingen) der Kirche in Harthausen<br />

b. Feldh. um 63 fl (HR 1754/55 Feldhausen.<br />

1756 erhält Bommer aus Harthausen b. F. einen Rest<br />

von 19 fl 12 xr für Malerarbeiten (HR 1755/56<br />

Feldhausen). Bommer faßt in der Pfarrkirche Salmendingen<br />

die 1752 geschaffenen Seitenaltäre samt<br />

Kanzel um 292 fl 30 xr. 12<br />

1758 liefert der Trochtelfinger Maler Gemälde in das<br />

Gästehaus der Zisterzienserinnenabtei Heiligkreuztal<br />

(Jahresrechgn H.). 13<br />

1760 malt Bommer die Rahmen der Kreuzweg-Stationen<br />

von der Kirche in Harthausen oder Feldhausen<br />

um 2 fl 4 xr (HR 1759/60 Feldhausen).<br />

Anmerkungen<br />

1 M. Hermann, Josue Klingenstein (ca. 1595-1655), ein vergessener<br />

Maler des Frühbarock aus Trochtelfingen. HH<br />

1975, 27-28.<br />

2 M. Hermann, Zum Barockmaler Johann Schiander in<br />

Trochtelfingen. HH 1975, 12-14.<br />

3 PfArchiv Aulendorf, TaEhTo-Buch 1685-1735.<br />

4 KuDmKr Waldsee, bearb. v. A. Schahl u. W. v. Matthey,<br />

Stuttgart/Berlin 1943, S. 80, nennt seinen Grabstein, f 1710.<br />

5 S. Anm. 4, S 14.<br />

6 PfArchiv Trochtelfingen, EhB 1718-70.<br />

7 Die Zusammenarbeit in der Marienkapelle in Melchingen,<br />

wo Schiander den größten Anteil (altershalber?) dem jün-<br />

JOSEF MÜHLEBACH<br />

Bedeutende Persönlichkeiten aus dem Studiengang<br />

am Gymnasium Hedingen-Sigmaringen<br />

Josef Henselmann. Bildhauer - Professor.<br />

Geboren 1898 in Laiz. Sein Ausbildungsgang führte ihn<br />

über die Kunstwerkstätte Marmon in Sigmaringen und<br />

die Westenrieder Gewerbeschule in München an die<br />

Kunstakademie München. J. Henselmann hat für sein<br />

Kunstschaffen zahlreiche Ehrungen erfahren, u. a. Auszeichnung<br />

mit dem Akademiepreis der Münchener Kunstakademie,<br />

dem großen Preußischen Staatspreis, dem<br />

Villa-Romana-Preis, 1956 dem Oberschwäbischen<br />

Kunstpreis. Von 1932 bis 1968 war er ordentlicher Professor<br />

und Leiter der Bildhauerklasse der Münchener<br />

Kunstakademie. Zwölf Jahre lang war Henselmann Präsident<br />

der Akademie der Bildenden Künste in München.<br />

Der Streuungsbereich seiner zahlreichen Werke in Holz,<br />

Stein und Bronze erstreckt sich auf die Bundesrepublik<br />

und die Schweiz. Zu seinen Hauptwerken gehören der<br />

Hochaltar im Dom zu Passau mit der Monumentalgruppe:<br />

Steinigung des hl. Stephanus in Holz, mit Silberfolie<br />

beschlagen, 17 m hoch, der Hochaltar im Dom zu Augsburg<br />

mit der Bronzegruppe: Christus am Kreuz, die<br />

zwölf Apostel als die Verkünder des Kreuzestodes; in<br />

München: Brunnen am Rindermarkt, Granit; Moses in<br />

der Maxburg und das Triumphkreuz im Dom.<br />

Professor Dr. med. Lothar Henselmann. Internist und<br />

Kardiologe.<br />

Lothar Henselmann ist 1933 in Laiz geboren. Dem medizinischen<br />

Staatsexamen (1958) und der Promotion<br />

1763 faßt der Maler Reliquientafeln für die Pfarrkirche<br />

Feldhausen um 5 fl 30 xr (HR 1762/63 Feldhausen).<br />

1765 faßt Bommer zwei Fahnenstangen für Feldhausen<br />

um 2 fl (HR 1764/65 Feldhausen).<br />

um<br />

1765 erhält Joh. Bapt. Bommer für die Fassung des<br />

Hochaltars in der Pfarrkirche Trochtelfingen<br />

275 fl (Beleg 60 1/2 der HR 1762/68 Trochtelfingen).<br />

Leider sind die dortigen Rechnungen der<br />

Heiligenpflege von 1657-1748 nicht mehr erhalten,<br />

in denen zahlreiche Arbeiten Bommers verzeichnet<br />

gewesen sein müssen. Schließlich dürfte<br />

seine enge Bekanntschaft um 1735 mit dem Trochtelfinger<br />

Pfarrhaus von seinen Arbeiten für die<br />

dortige Pfarrkirche herrühren.<br />

Bislang ist sicher nur ein Bruchteil der Tätigkeit Johann<br />

Baptist Bommers bekannt geworden. Die obige Aufzählung<br />

allein genügt, um deutlich zu machen, daß der<br />

Trochtelfinger Meister in der heimischen Kunstgeschichte<br />

Beachtung verdient.<br />

geren Bommer überließ, läßt eine Konkurrenz unwahrscheinlich<br />

erscheinen.<br />

8<br />

KuDmKr Hechingen, bearb. v. F. Hossfeld u. H. Vogel<br />

u. a., Hechingen 1939, 241 f.<br />

9<br />

F. Eisele, Zur Geschichte Trochtelfingens - II 4. Pfarrer in<br />

Trochtelfingen. In: Mttlgn. d. Ver. f. Gesch. . . . in Hohenzollern,<br />

XLII. Jg. 1908/09, S. 105.<br />

10<br />

im PfArchiv Trochtelfingen.<br />

11<br />

s. Anm. 8.<br />

12<br />

Joh. A. Kraus, Aus Salmendingen. HH 1957, 11-13.<br />

13<br />

R. Schurr, Die Klosteranlage Heiligkreuztal - Diss. Tübingen<br />

1935, 37. Der Name Bommer ist in Bauer entstellt<br />

bzw. falsch gelesen.<br />

(1959) folgte Weiterbildung auf wissenschaftlicher Basis<br />

in der Forschung über Krankheiten des Herz-Kreislaufsystems.<br />

Eine Zeitlang war Dr. Henselmann Mitarbeiter<br />

in einem kardiologischen Team der Medizinischen Fakultät<br />

der Technischen Universität München. Seine wissenschaftliche<br />

Basis verbreiterte er von 1964 bis 1966 als<br />

Kardiologe an der Medizinischen Universitätsklinik in<br />

Marburg. Nach Rückkehr an die Isar führte Dr. Henselmann,<br />

nach seiner Ernennung zum Professor und Anstellung<br />

als Chefarzt der Medizinischen Abteilung des<br />

Städtischen Krankenhauses Neu-Perlau, während seiner<br />

Tätigkeit an der Medizinischen Universitätsklinik der<br />

Technischen Universität München eine Reihe neuer Methoden<br />

der Herzuntersuchung ein, legte eigenverantwortlich<br />

an die tausend Herzkatheder an und machte an<br />

die vierhundert Angiokardiographien. Neben seiner Tätigkeit<br />

als Chefarzt hält er Vorlesungen über Kardiologie<br />

an der Technischen Universität München. Seine<br />

bahnbrechenden Forschungsergebnisse und seine wissenschaftlichen,<br />

in der medizinischen Fachwelt hochbewerteten<br />

Arbeiten - es sind über 25 Titel von Vorträgen<br />

und Publikationen mit dem Schwerpunkt Kardiologie sichern<br />

Dr. Henselmann die Stellung eines international<br />

renommierten Mediziners und Fachgelehrten.<br />

Franz Xaver Hodler. Richter in Haigerloch.<br />

Fr. Xaver Hodler ist geboren 1855 in Sigmaringen. Ab<br />

1890 war er Amtsrichter, ab 1912 aufsichtsführender<br />

27


Richter beim Amtsgericht Haigerloch. Ein Menschenalter<br />

lang widmete er sich mit eisernem Fleiß der Erforschung<br />

der Geschichte des Oberamtes Haigerloch. In<br />

echtem Forschertrieb ist er zu den Quellen vorgedrungen<br />

und hat in jahrelanger mühevoller Kleinarbeit ein erstaunlich<br />

reichhaltiges Material aus alten Urkunden und<br />

Akten zusammengetragen, um seinem Geschichtswerk die<br />

sicheren quellenmäßigen Unterlagen zu geben. Seine<br />

„Geschichte des Oberamtes Haigerloch", 1928 im Selbstverlag<br />

des Kreisausschusses Hechingen erschienen, ist ein<br />

wertvoller Beitrag zur Geschichte Hohenzollerns. Im<br />

Jahre 1898 veröffentlichte Fr. X. Hodler eine Blumenlese<br />

dichterischer Erzeugnisse aus Hohenzollern unter dem<br />

Titel: „Dichterstimmen aus Hohenzollern". Er ist 1922<br />

in Haigerloch gestorben.<br />

Dr. theol. Konstantin Holl. Katholischer Autor.<br />

Konstantin Holl ist 1869 in Krauchenwies geboren. 1894<br />

war seine Priesterweihe, 1897 hat er promoviert. Danach<br />

war er Rektor des Gymnasialkonviktes Konstanz, ab<br />

1898 Rektor des Gymnasialkonviktes Rastatt; in Konstanz<br />

und Rastatt war er gleichzeitig Religionslehrer an<br />

den dortigen Gymnasien. Von 1909 bis 1919 wirkte er<br />

als Stadtpfarrer in Hechingen. Dr. Holl war eine kraftvolle,<br />

ausgeprägte Persönlichkeit mit willensstarker Natur,<br />

ein mutiger Kämpfer für religiöse Ideale und - neben<br />

der Seelsorge - unermüdlich tätig als Autor religiöser<br />

Bücher. Seine Schriften, offensichtlich angeregt durch<br />

sein Wirken als Rektor von Konvikten und als Religionslehrer<br />

an Gymnasien, widmete er vornehmlich der<br />

Jugend. Davon seien genannt: „Fürstbischof Jakob Fugger<br />

von Konstanz" (1898), „Wahn und Wahrheit"<br />

(1909), „Sturm und Steuer" (1911), „Die Jugend großer<br />

Männer" (1918), „Die Jugend großer Frauen" (19..).<br />

Dr. Konstantin Holl ist 1919 in Hechingen gestorben.<br />

Dr. phil. Hans Kayser. Wiedererwecker der harmonikalen<br />

Symbolik.<br />

Als Apothekersohn in Buchau 1891 geboren. In Sigmaringen<br />

von 1892 bis 1911. Das Lebenswerk des H. Kayser,<br />

die Wiedererweckung und Weiterentwicklung des<br />

pythagoräischen Lehrgebäudes, gipfelte in dem Versuch,<br />

der unhörbaren Welt der Harmonie erneut nachzuspüren.<br />

Hans Kayser, ein Gelehrter mit überragendem Wissen<br />

auf vielen Gebieten, hat im Lauf der Jahrzehnte<br />

etwa ein Dutzend Bücher mit den Ergebnissen seiner<br />

Studien über harmonikale Symbolik geschrieben, darunter<br />

das „Lehrbuch der Harmonik", „Grundriß eines Systems<br />

der Harmonikaien Wertformen", zwei „Harmonikale<br />

Studien", „Die Form der Geige", „Ein harmonikaler<br />

Teilungskanon", „Akroasis. Die Lehre von der Harmonik<br />

der Welt". Hans Kayser ist 1964 in der Schweiz<br />

gestorben. 1967 eröffnete die Akademie für Musik und<br />

darstellende Kunst in Wien ein „Hans-Kayser-Institut<br />

für harmonikale Grundlagenforschung", das das Lebenswerk<br />

des Gelehrten weiterführt.<br />

Richard Lauchert, Hofmaler<br />

Aus Sigmaringen. 1823 bis 1868. Besuch der Kunstakademie<br />

München 1839. Sein erster Lehrer war Peter Cornelius.<br />

1843 Reisen - zu seiner weiteren Ausbildung -<br />

nach Italien und Paris, Porträtist am Fürstl. Hohenzollernschen<br />

Hof Sigmaringen. R. Lauchert schuf eine große<br />

Zahl von Bildnissen von Angehörigen des Fürstenhauses,<br />

aber auch Porträts von Sigmaringer Bürgern. 1850 ernannte<br />

ihn Fürst Carl Anton unter Anerkennung seiner<br />

hohen künstlerischen Leistungen zum Hofmaler. Es folgten<br />

fruchtbare Schaffensjahre - wieder als Porträtist -<br />

28<br />

an anderen Fürstenhöfen und Herrschaftssitzen. So erwarb<br />

sich R. Lauchert höchste Anerkennung für seine<br />

Bildnisse an den Höfen in Berlin, in Petersburg, Kopenhagen<br />

und später in Berlin. Der Künstler blieb auch<br />

während seines auswärtigen Wirkens seiner Heimat bis<br />

zu seinem Tod - 1868 - treu verbunden.<br />

Dr. Dr. Karl Lehmann, Professor<br />

Aus Veringenstadt. Geboren 1936. Abitur 1956. Studium<br />

der Philosophie und der Theologie in Freiburg und Rom.<br />

Dr. phil. 1962; Dr. theol. 1967. Zum 1. Oktober 1967<br />

wurde Karl Lehmann als ordentlicher Professor für<br />

Dogmatik an die Universität Mainz berufen. Seit 1971<br />

ist er ordentlicher Professor für Dogmatik und ökumenische<br />

Theologie an der Theologischen Fakultät der Universität<br />

Freiburg. Als wichtigste Mitgliedschaften und<br />

Tätigkeiten seien genannt: Mitglied der Internationalen<br />

Theologenkommission beim Hl. Stuhl; Mitglied und wissenschaftlicher<br />

Leiter des ökumenischen Arbeitskreises<br />

evangelischer und katholischer Theologen; Tätigkeit in<br />

der Kommission „Glaube und Kirchenverfassung" des<br />

ökumenischen Rates der Kirchen; Berater der Kommission<br />

für Glaubens- und Sittenfragen der Deutschen Bischofskonferenz<br />

u. a. m. An Schriften von Dr. K. Lehmann<br />

seien angeführt: „Gegenwart des Glaubens";<br />

„Mensch im Getto? Weg der Katholiken in der Bundesrepublik"<br />

(in Zusammenarbeit mit Professor Dr. Karl<br />

Rahner); „Jesus Christus ist auferstanden"; „Auferweckt<br />

am dritten Tag gemäß der Schrift".<br />

P. Gregor Molitor, OSB, Kirchenmusiker<br />

Pater Gregor Molitor, geboren 1867, war der Sohn des<br />

Chordirektors Joh. Baptist Molitor in Sigmaringen, der<br />

gleichzeitig am Gymnasium Musiklehrer war, aber schon<br />

1882 als Münsterkapellmeister nach Konstanz übersiedelte.<br />

1887 trat G. Molitor in Beuron in den Benediktinerorden<br />

ein. Von seinem Vater war er theoretisch und<br />

praktisch in die Musik eingeführt worden, und so widmete<br />

er sich als Ordensmann dank seiner hohen musikalischen<br />

Begabung neben seinem klösterlichen Wirken im<br />

besonderen der Kirchenmusik. Seine reiche vielseitige<br />

Tätigkeit führte ihn von Erfolg zu Erfolg. Sein besonders<br />

verdienstvolles Wirken fand dadurch Anerkennung,<br />

daß ihm unter dem Erzabt Plazidus Wolter das verantwortungsvolle<br />

Amt des Priors übertragen wurde. Zahlreiche<br />

musikalische Werke geben Zeugnis von dem erfolgreichen<br />

Musikschaffen des Paters G. Molitor. Als<br />

Beispiele seien genannt: mehrere Messen für drei- und<br />

vierstimmigen Chor, Sammlungen von vierstimmigen<br />

Liedern, ein Lehrbuch für Choralbegleitung, Präludien<br />

und Fugen für Orgel. Die Krone seiner Marienminne bildet<br />

das große Oratorium „Mariä Heimgang" für Soli,<br />

gemischten Chor und Orchester. In einer Würdigung der<br />

Werke des P. Molitor heißt es: „ein reines sanftes Leuchten<br />

strahlt von ihnen aus, das die Herzen mit himmlischem<br />

Frieden erfüllt, liturgischer Geist, benediktinische<br />

Frömmigkeit." Prior G. Molitor ist 1926 in Beuron gestorben.<br />

Dr. Adolf Rösch, Erzb. Generalvikar<br />

Aus Veringenstadt. 1869 bis 1962. Nach mehrfach wechselnder<br />

Tätigkeit als Priester und Seelsorger im Anschluß<br />

an seine Priesterweihe (1894), zugleich unter Wahrnehmung<br />

eines Mandates als Abgeordneter Hohenzollerns<br />

im Preußischen Landtag, wurde Adolf Rösch 1908 an<br />

das Erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg berufen. Er<br />

war, Doktor beider Rechte (Dr. jur. utr.) und Dr. h. c.<br />

der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg,


Domkapitular, Päpstlicher Hausprälat, 1932 Generalvikar<br />

für die Erzdiözese Freiburg, von 1946 an als Generalvikar<br />

auf Hohenzollern beschränkt, 1934 Domdekan.<br />

Von seinen Publikationen seien genannt: „Die Beziehungen<br />

der Staatsgewalt zur katholischen Kirche in den Hohenzollernschen<br />

Fürstentümern 1800 bis 1850"; „Die<br />

Ehe im kirchlichen und bürgerlichen Recht"; „Ein neuer<br />

Historiker der Aufklärung (Professor Merkle). Zugleich<br />

ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärung"; „Der Kulturkampf<br />

in Hohenzollern"; „Das religiöse Leben in<br />

Hohenzollern unter dem Einfluß des Wessenbergianismus".<br />

Dr. Bernhard Schäfer, Universitätsprofessor<br />

Aus Stetten unter Holstein. 1841 bis 1926. Ordination<br />

1866, Präfekt des Fidelishauses in Sigmaringen. 1870 bis<br />

1874 Lehrer am katholischen Privatobergymnasium in<br />

Breisach, bis Herbst 1875 an der neuerrichteten Privatlehreranstalt<br />

in Waldkirch. Von 1876 bis 1903 wirkte<br />

Schäfer als a. o. Professor der Exegese an der Theologischen<br />

Fakultät der Akadeijiie in Münster, von 1893 bis<br />

1904 war er ordentlicher Professor an der Universität<br />

Wien, der ersten Universität Österreichs, zugleich der ältesten<br />

im deutschen Raum. Neben seiner Lehrtätigkeit<br />

hat sich Dr. Schäfer in weitestem Umfang wissenschaftlichen<br />

und religiösen Schriften gewidmet. Seine zahlreichen<br />

Veröffentlichungen waren für die damalige Zeit<br />

richtungweisend. Aus der Fülle seiner Arbeiten sei hier<br />

nur das vierbändige Werk „Liturgische Studien zur Erklärung<br />

des Breviers und Missale" (1912/13) genannt.<br />

Schäfer war Fürsterzbischöflicher Rat und Konsultor<br />

der Kommission für biblische Studien ig Wien. Er verbrachte<br />

seinen Ruhestand in Beuron und ist dort 1926<br />

gestorben.<br />

Johannes Schmid, Chefredakteur<br />

Aus Trochtelfingen. 1891 bis 1968. Tätigkeiten als Verlagsleiter<br />

und ständiger Mitarbeiter bei Zeitungen in Dillingen,<br />

München, Regensburg, Frankfurt. Ab 1945 war<br />

J. Schmid Redakteur, ab 1952 Chefredakteur der<br />

Schwäbischen Zeitung in Leutkirch. Johannes Schmid<br />

war im deutschen Journalismus ein Redakteur von hohem<br />

Rang, geistreicher Feuilletonist und Meister der<br />

kleinen Form. Von seinen Einzelschriften seien genannt:<br />

„Tag für Tag", eine Sammlung seiner Glossen zum Zeitgeschehen";<br />

„Sechs Dutzend alte Geschichten"; „Die<br />

Muna", Erzählung aus der Nachkriegszeit; „Liubscha",<br />

Erzählung aus der Schwäbischen Alb; „Der Wirt vom<br />

Rosengarten", Erzählung; „Heimkehr", eine Erzählung.<br />

P. Dionysius Schuler, O.F.M., Titular-Erzbischof<br />

Aus Schlatt. 1854 bis 1926. Titular-Erzbischof von Nazianz.<br />

Pater Schuler wirkte, nach seiner Priesterweihe<br />

1878, von 1880 bis 1893 als Novizenmeister und in verschiedenen<br />

weiteren Funktionen in Nordamerika. Von<br />

1893 bis 1901 war er Provinzial der Thüringischen<br />

Franziskaner-Ordensprovinz, von 1903 bis 1911 Generalminister<br />

des ganzen Franziskaner-Ordens und damit<br />

Vorgesetzter aller Franziskaner. Von 1911 bis 1926 war<br />

Dionysius Schuler Titular-Erzbischof von Nazianz. Besonders<br />

große Verdienste erwarb er sich durch die Entfaltung<br />

zielstrebiger Initiativen zum Aufbau des Franziskaner-Ordens,<br />

Zur Vertiefung des klösterlichen Lebens<br />

und zur verstärkten Missionstätigkeit. Seine bedeutungsvollste<br />

Tat war die Zustimmung zum geplanten Umbau<br />

des Ordens auf dem Generalkapitel zu Assisi 1895. Erzbischof<br />

Schuler, Ehrenbürger seiner Heimatgemeinde<br />

Schlatt, ist im Kloster Gorheim, wo er von 1911 ab lebte,<br />

1926 gestorben.<br />

Gustav Steidle, Kunstmaler<br />

Aus Sigmaringen. 1873 bis 1944. G. Steidle, Kunstmaler,<br />

Denkmalpfleger und Restaurator, war Schüler von Hofmaler<br />

Gustav Bregenzer. Seine immer lyrisch betonten<br />

Landschaftsbilder aus unserem Raum, geschöpft aus dem<br />

unermeßlich kostbaren Born der Heimat, tragen einen<br />

feinen, beseelten Hauch der liebevollen Hingabe an die<br />

heimatliche Natur. Als Porträtis hat G. Steidle eindrucksvolle<br />

charakteristisch geprägte Bildnisse von einheimischen<br />

Persönlichkeiten geschaffen. In der Restaurierung<br />

von Kunstdenkmälern, besonders von Gemälden,<br />

hat er Hervorragendes geleistet. Im Diözesan-Museum in<br />

Rottenburg gelangen ihm wertvolle wissenschaftliche<br />

Entdeckungen. So hat er dort u. a. einen Meister aus Sigmaringen<br />

entdeckt. In einem Nachruf wird Gustav Steidle<br />

„ein bedeutender, hochgeschätzter Mensch und Künstler,<br />

der schlechthin unersetzlich ist", genannt.<br />

Dr. Roman Stelzer, Rektor und Direktor des Gymnasiums<br />

Hedingen. Ein Opfer des Kulturkampfes.<br />

Aus Tailfingen. 1821 bis 1879. In jungen Jahren Schüler<br />

des Gymnasiums Hedingen. Ab 1848 war Roman Stelzer<br />

- 27 Jahre alt - Rektor des Fürstlich Hohenzollernschen<br />

Gymnasiums Hedingen und ab 1850 erster Direktor<br />

des Königlich Preußischen Gymnasiums Hedingen-<br />

Sigmaringen. Er war eine überragende Gestalt unter den<br />

Leitern des Gymnasiums. 1868 hat er zum 50jährigen<br />

Jubiläum des Gymnasiums eine „Geschichte der Gründung<br />

und Entwicklung des Gymnasiums Hedingen 1818<br />

bis 1868" geschrieben. Zur 50Jahr-Feier wurde er vom<br />

König von Preußen mit dem Roten Adlerorden ausgezeichnet.<br />

Im Kulturkampf ist Dr. Stelzer mit Mut und<br />

vorbildlicher Uberzeugungstreue für die Belange des Katholizismus<br />

eingetreten. In den Spannungen mit seiner<br />

Dienstbehörde, die ihm durch sein Auftreten entstanden<br />

sind, lehnte er eine Versetzung als unerhörte Maßregelung<br />

ab und zog, verbittert, 1867 vorzeitig den Ruhestand<br />

vor. Gestorben ist R. Stelzer 1879 in Würzburg.<br />

Eine „Stelzerstraße" in Sigmaringen und eine solche in<br />

Trillfingen erinnern an den bedeutenden, aufrechten<br />

Pädagogen.<br />

Dr. theol. und phil. Friedrich Stegmüller, Universitätsprofessor<br />

Friedrich Stegmüller ist 1902 in Glatt geboren. Mit<br />

Ernst, Tiefgründigkeit und Leidenschaft widmete er sich,<br />

nach der Priesterweihe (1925) der Erforschung der Quellen<br />

der mittelalterlichen Scholastik. Aus diesem Wissensgebiet<br />

erwuchs seine Promotionsarbeit über die „Prädestinationslehre<br />

der Scholastik bis Thomas von Aquin".<br />

Die folgenden Jahre waren erfüllt von umfangreicher<br />

und wissenschaftlich gründlicher Forschungsarbeit in<br />

Spanien und Portugal. Es gelangen ihm aufsehenerregende<br />

Handschriftenfunde und die Entdeckung zahlreicher<br />

Quellenwerke für Philosophie- und Theologiegeschichte<br />

spanischer Universitäten. Das überreiche Lebenswerk des<br />

Gelehrten umfaßt rund 130 Monographien, Aufsätze<br />

und Rezensionen. Als Mitarbeiter, in den meisten Fällen<br />

als Leiter, war er in Arbeitskreisen für die Edition zahlreicher,<br />

oft vielbändiger Standardwerke der Theologie<br />

beteiligt. Neben der Forschungstätigkeit widmete sich<br />

Dr. Stegmüller mit seiner ganzen Kraft den Pflichten als<br />

theologischer Lehrer. Er war Repetitor im Collegium<br />

Borromäum 1929 bis 1933, Professor für Dogmatik in<br />

Würzburg ab 1936 und in Freiburg ab 1949, Dekan der<br />

Theologischen Fakultät der Universität Freiburg und in<br />

weiteren ehrenvollen Stellungen. Für seine außergewöhnlich<br />

erfolgreiche und wertvolle Forschungstätigkeit hat<br />

Dr. Stegmüller zahlreiche Ehrungen erfahren.<br />

29


Dr. theol. Heinrich Straubinger, Universitätsprofessor<br />

Aus Salmendingen. 1878 bis 1955. 1901 war seine Priesterweihe,<br />

1903 seine theologische Promotion. 1902<br />

wirkte H. Straubinger als Präfekt im Fidelishaus Sigmaringen.<br />

Nach einjährigem Studienaufenthalt in Rom war<br />

er zunächst in der Seelsorge tätig; 1908 wurde er Privatdozent<br />

an der Theologischen Fakultät der Universität<br />

Freiburg, 1909 a. o. Professor für Apologetik, 1918 Ordinarius<br />

für Apologetik und Religionswissenschaft an<br />

der Freiburger Fakultät. 1941 bekam er die Ehrenstellung<br />

als Päpstlicher Hausprälat. 41 Jahre lang hat<br />

Dr. Straubinger in die Grundwahrheiten der Religion<br />

und Fundamentaltheologie eingeführt. Seine Arbeiten<br />

u. a. über Religionsgeschichte, Religionspsychologie und<br />

Anthropologie sind von dauerndem Wert. Als Beispiele<br />

seien folgende Schriften genannt: „Grundprobleme der<br />

christlichen Weltanschauung" (1911); „Die Religion und<br />

ihre Grundwahrheiten in der deutschen Philosophie seit<br />

Leibniz" (1919); „Apologetische Zeitfragen" (1925);<br />

„Einführung in die Religionsphilosophie" (1929); „Lehrbuch<br />

der Fundamentaltheologie" (1936); „Religionsphilosophie<br />

mit Theodizee" (1949). Dr. Straubinger wurde<br />

1949 emeritiert.<br />

Dr. theol. Anton Vögtle, Universitätsprofessor<br />

Anton Vögtle ist 1910 in Vilsingen geboren. Die Promotion<br />

zum Dr. theol. war 1935, die Ordination 1936.<br />

JOH. WANNENMACHER<br />

Wissenswertes über mundartliche Redensarten und Ausdrücke<br />

Es ist auffallend, daß in den letzten Jahren das Landsmannschaftliche<br />

in zunehmendem Maße wieder in den<br />

Mittelpunkt gerückt wird. Vergessene Mundartdichtung<br />

wird ans Tageslicht gehoben, in Theaterstücken, bei Festen<br />

und Feiern, Brauchtumsveranstaltungen usw. bedient<br />

man sich ausgiebig der Mundart. Es handelt sich<br />

hierbei nicht um eine Modewelle. Die Gründe hierfür<br />

liegen tiefer. Technisierung und Rationalisierung in allen<br />

Lebensbereichen nehmen oft wenig Rücksicht auf Herz<br />

und Gemüt, machen die Menschen innerlich einsam, kalt<br />

und leer. Der Mensch spürt diese Leere, will wieder ganz<br />

Mensch sein. Er sucht das Bodenständige, Gewachsene an<br />

dessen Urwüchsigkeit und Ganzheit er sich erfreuen und<br />

worüber er auch von Herzen lachen kann.<br />

In der Mundart sind feinste seelische Stimmungen und<br />

Gemütswerte verborgen, die sofort von Mensch zu<br />

Mensch Verbindung schaffen, Ruhe und heimatliche<br />

Verbundenheit ausstrahlen. Nachstehend einige Proben:<br />

Da hört man: „"Wenn ebbes auwert ischt, no muaß ma's<br />

am ärgschta heba!" Welche Lebenswahrheit liegt in diesem<br />

Sprichtwort! Auf eine Zeit, da viele Leute irgend<br />

eine Sache nicht mehr achten, schätzten, oft lieblos zerstören<br />

oder wegwerfen, kommen mal wieder Tage und<br />

Jahre, da man diese Dinge wieder schätzt, sucht, und<br />

sich an ihnen herzlich erfreut. Es sei nur erinnert an das<br />

alte Spinnrad, die Kunkel, alte Möbel, Zuggeschirr und<br />

dergleichen mehr. - „Bei da Alta ischt ma guat ghalta!"<br />

Heiratet mal eine ehrenwerte junge Frau einen älteren<br />

Herrn, so sieht man da und dort verständnislos die<br />

Nase rümpfen. Aber einsichtige Leute urteilen so, wie<br />

das Sprichtwort sagt. Das Alter bringt eben viele Werte<br />

und Erfahrungen mit sich, die den Beziehungen von<br />

Mensch zu Mensch besonders zugute kommen, deren Zusammensein<br />

liebevoll verstehend bereichern, Ruhe und<br />

30<br />

Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft konnte er sich<br />

wieder der Seelsorge und dem Weiterstudium widmen.<br />

Der Habilitation mit dem Thema: „Der Menschensohn"<br />

folgte die Berufung als ordentlicher Professor für neutestamentliche<br />

Exegese an die Theologische Fakultät der<br />

Universität Trier, später die Berufung als Ordinarius für<br />

neutestamentliche Exegese an die Universität Freiburg.<br />

Seit 1972 ist Dr. Vögtle ordentliches Mitglied der Heidelberger<br />

Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-<br />

Historische Klasse. Er gehört zu den bedeutendsten katholischen<br />

Exegeten der Gegenwart. Die Kraft seines<br />

Wirkens strahlt weit in den kirchlichen Raum hinein.<br />

Anton Vögtle gewann internationalen und interkonfessionellen<br />

Ruf, weil er keinen noch so schwierigen Fragen<br />

ausweicht, sich vielmehr diesen mit äußerstem Methodenbewußtsein<br />

und mit letzter Akribie stellt. Viele einzelne<br />

Beiträge gelten heute weit über den katholischen<br />

und den deutschsprachigen Raum hinaus jeweils als „ein<br />

Meisterstück kritischer Exegese". (So der evangelische<br />

Exeget Ferdinand Hahn.) (Konradsblatt der Erzdiözese<br />

Freiburg Nr. 51/52 vom 21. 12. 1975.) Von seinen zahlreichen<br />

Schriften aus seiner schriftstellerischen Tätigkeit<br />

seien genannt: die Aufsatzsammlung „Das Evangelium<br />

und die Evangelien", „Das Neue Testament und die Zukunft<br />

des Kosmos", „Messias und der Gottessohn", „Das<br />

Neue Testament und die neue katholische Exegese"<br />

(3 Bände). Dr. A. Vögtle ist Domkapitular, Prälat und<br />

Ehrenbürger seiner Heimatgemeinde Vilsingen.<br />

Zufriedenheit sichern. - Und wer es mit der ehelichen<br />

Treue nicht immer so ganz genau nimmt, bei Gelegenheit<br />

heimlich auch einmal den Partner wechselt und vom geraden<br />

Wege abweicht, - „dear goht neabet naus!" Wie<br />

kurz und treffend sagt dies der Volksmund, und mit einem<br />

verschmitzten Lächeln und vielsagendem Augenzwinkern<br />

wird dieses Tun so gelegentlich von Mund zu<br />

Mund weitergegeben! Und wenn eine Dorfschöne es<br />

ganz besonders auf einen gewissen Partner abgesehen<br />

hat, so wird dieser mitunter ganz unauffällig aber mit<br />

aller Schlauheit und Klugheit - „eizeislat" oder „eizammslet,<br />

eizoaglet" -, d. h. für sich gewonnen. Auf<br />

die gleiche Art werden auch gewisse Leute, von denen<br />

man sich allgemein einen Nutzen verspricht, da und dort<br />

mit Gefälligkeiten aller Art eizeislat oder eizoaglet.<br />

Bei Erkältung und Schnupfen tropft hie und da die<br />

Nase. Diese geringe Flüssigkeit nennt man „Nasawasser".<br />

Es ist meistens nicht viel. Wenn jemand also von irgend<br />

einer Sache nicht viel bekommen hat oder eine Arbeit<br />

ganz leicht ist, dann kann man hören: „Ho, was i<br />

krieagt hau, ischt nau a Nasawasser"- oder „gibs hear<br />

diea Arbet ischt schnell gmacht, dös ischt jo nau a Nasawasser!".<br />

- „Mach könne Fisamadenta!", hört man sagen<br />

wenn einer aufschneidet, ein läppisches Gehabe an<br />

den Tag legt oder sich zu großspurig gebärdet. Die Redensart<br />

enthält eine gewisse Verachtung und zugleich die<br />

Mahnung an den Betreffenden, bescheidener zu sein.<br />

„Dear (diea) ischt abgschlaga wie-a Pferchstotza!" das<br />

heißt, weiß Vorteile und günstige Gelegenheiten ganz<br />

besonders wahrzunehmen, zu sehen, und andern gegenüber<br />

schlau und pfiffig auszunützen. Der „Pferchstotza"<br />

kommt aus der Arbeitswelt der Schäfer. Früher gab es<br />

noch mehr Schafherden als heute, und in zahlreichen


Gemeinden sah man nahezu das ganze Jahr über eine<br />

Schafherde. Tagsüber weidete der Schäfer seine Herde<br />

auf der Schafweide, meist gemeindeeigenem Wiesenland.<br />

Am Abend trieb er dann die Schafe von Frühjahr an bis<br />

in den Herbst auf einen Acker. Da schlug man zuerst<br />

Holzpfähle in den Boden und verband diese mit einem<br />

Holzzaun. In das so umzäunte Ackerstück kamen dann<br />

die Schafe über Nacht, um den Acker zu düngen. Das<br />

nannte man den „Pferch", der jeweils am Sonntagmorgen<br />

nach dem Gottesdienst von den Interessenten vor<br />

dem Rathaus ersteigert werden konnte. Die Pfähle, die<br />

man in den Boden schlug, hießen „Pferchstotza". Vom<br />

vielen Gebrauch waren sie meist ganz abgeschlagen, zerfetzt<br />

und zersplittert, wichen von ihrer ursprünglichen<br />

Form ab, hielten aber zäh durch und erfüllten ihren<br />

WALTHER FRICK<br />

Mengen diesseits und jenseits der Ablach<br />

Ein Nachtrag zum Stadt- und Narrenfest mit 700-Jahr-Feier<br />

Die Stadt Mengen hat die verflossene Fasnet dazu benutzt,<br />

ein Fest besonderer Art zu feiern. Sie nannte es in<br />

Festschrift und -reden „700 Jahre Brauchtum" und<br />

knüpfte an am Marktrecht, das sie von Albrecht, dem<br />

Sohn Rudolfs von Habsburg, im Jahre 1376 erhielt. Das<br />

Entscheidende daran ist, daß der Markt nicht nur als<br />

Einrichtung seither bestand (andere Städte haben das<br />

auch), sondern daß die Mengener Narren aus dem Markt<br />

auch ein Brauchtum gemacht haben, wenn auch erst in<br />

allerletzter Zeit. Sie halten „auf dem Hof", dem Platz<br />

vor der Marien-, der westlichen Kirche Mengens, eine<br />

Art Flohmarkt an einem der Fastnachtstage und haben<br />

den fest in ihr Brauchtum eingebaut.<br />

Zuvor sei den Sprachforschern unter den Lesern aber<br />

eine Nuß zu knacken gegeben: die Mengener Narren<br />

nennen sich „Ditzeledee", und das soll ein heute verschollener<br />

Ausdruck sein für einen fröhlichen Trinker,<br />

Possenreisser, Hocker, für eine jener Figuren also, von<br />

denen etwa die Zimmernische Chronik so wimmelt. Dem<br />

Schreiber dieser Zeilen war der Ausdruck bisher unbekannt.<br />

Vielleicht weiß jemand, wo er noch gebraucht<br />

wird und was seine Wurzeln sind.<br />

Das runde Datum mit den 700 Jahren sei aber hier Anlaß,<br />

ein wenig die Geschichte Mengens zu beleuchten,<br />

das ja nun auch zum Kreis Sigmaringen gehört. Bei diesem<br />

Anlaß wird übrigens wieder einmal deutlich, daß<br />

der Titel dieses Blattes „Hohenzollerische Heimat" eigentlich<br />

zukünftig in den Untertitel gehören sollte, wie<br />

„Hohenzollerische Landesbank" jetzt Untertitel zu Bezeichnung<br />

„Kreissparkasse Sigmaringen" wurde, jedenfalls<br />

im Bereich der früheren Kreissparkasse Saulgau, zu<br />

der auch Mengen gehörte. Wie unser Blatt dann im<br />

Obertitel heißen soll, das muß gründlich überlegt werden.<br />

- In Mengen hat immer, und ohne Abwertung sei's<br />

gesagt, eine ganz andere, weitere Luft geweht wie in den<br />

von Theo Hornberger so liebevoll beschriebenen hohenzollerischen<br />

Städten. Mengen war immer eine Fuhrmannsstadt,<br />

und es mutet geradezu symbolisch an, daß<br />

die beiden ältesten Funde von Wagen gerade hier gemacht<br />

wurden. Mengen liegt an der alten Groß-Straße<br />

darf man wohl sagen von Ulm nach Schaffhausen. Das<br />

war eine Straße der Handels- und der Kriegszüge. Kaiser<br />

zogen auf ihr entlang, und sicherlich geht sie in keltische<br />

oder noch frühere Zeiten hinab. Mengener Fuhrleute<br />

waren originelle Gestalten wie jener Mann, den man<br />

im vergangenen Jahrhundert nur den „Gangrasagi"<br />

Zweck. Wer also von den Menschen „abgschlaga ischt<br />

wiea a(n) Pferchstotza", weicht von den sonst normalen<br />

Verhaltensweisen oft erheblich ab, ist schlau und pfiffig<br />

- erreicht aber trotzdem, wenn auch auf Umwegen -<br />

sein Ziel.<br />

In der Mundart wird die Stube nicht ausgefegt, sondern<br />

„ausgfurbet". Der Dreck, das „Kudder" - kommt auf<br />

die Kudderschaufel, dann in den Kuddereimer und<br />

nachher auf den Kudderhaufen. - Worte wie: Müll,<br />

Mülleimer und Mülltonne haben sprachlich in der Mundart<br />

noch keine seelische Nähe gefunden.<br />

Die Mundart ist ganz wertvolles und interessantes<br />

Sprachgut. Sie bildet mit den Menschen, ihrer Umwelt<br />

und Landschaft eine gewachsene, urtümliche und deswegen<br />

so wirkungsvolle Einheit.<br />

nannte. Der mochte nämlich Kinder, unter seiner rauhen<br />

Schale, und weil die immer auf seinem Wagen herumkletterten,<br />

jagte er sie nicht weg, sondern sagte nur<br />

„Gang ra, sag i!" (Geh herunter, sage ich). Man spürt<br />

noch heute, obwohl es auf den „Flachsäckern" längst<br />

keinen Flachs mehr gibt, dafür aber einen Großmarkt,<br />

eine Maschinenfabrik und ein halbes Dutzend anderer<br />

mittelständischer Betriebe, daß Mengen eine Handwerker<br />

-und Handelsstadt ist. Den Unterschied zu Sigmaringen<br />

- heute ist das in der Residenz allerdings auch<br />

nicht mehr so - hat mein Englisch- und Französischlehrer,<br />

der Sigmaringer Studienrat Anton Haas treffend<br />

einmal so formuliert: „Geht in Sigmaringen ein einfacher<br />

Mann abends zum Bier, dann zieht er sich ein<br />

Hemd an und einen Rock, und geputzte Schuh, in Mengen<br />

kommt der Fuhrmann im Kittel und der Schmied im<br />

Lederschurz!". Vergleicht man den Kern von Mengen,<br />

zwischen seinen beiden Kirchen und der „Katzed" und<br />

dem „Alten Fuchs" mit dem Kern der hohenzollerischen<br />

Städte, dann sieht man, daß deren Marktplätze (darunter<br />

so winzige wie der von Veringenstadt oder Hettingen)<br />

fast alle darin Platz hätten. Auch darin manifestiert<br />

sich die Marktstadt-Bedeutung dieser vorderösterreichischen<br />

Donaustadt.<br />

Es gibt zwei Mengen, daher der Titel dieses Aufsatzes,<br />

nämlich „Vrie mengen", die freie Stadt und Mengen<br />

„ennet aach", jenseits der Aach, gemeint ist die Ablach.<br />

Aus „ennet Aach" wurde schon lange Ennetach. Interessant<br />

ist die Aussprache, denn die Einwohner sagen „Jannedaa",<br />

mit dem Ton auf den beiden aa. Und noch heute<br />

hört man auf dem Land auf die Frage: wo ist das und<br />

jenes? die Antwort: „janned", das heißt: dort drüben. -<br />

Ennetach ist älter, es gab dort ein römisches Lager, ein<br />

„Lagerdorf", wie der Mengener Heimatforscher Walter<br />

Bleicher es nennt. Das Mengener Heimatmuseum - vorbildlich<br />

in der einstigen „Post" untergebracht — birgt<br />

römische Altarsteine und Mosaikreste römischer Bäder.<br />

Bleicher nimmt auch interessanterweise an, daß Ennetach<br />

den Alemannensturm von 260 überstand und als „Siedlungsinsel"<br />

noch lange bestehen blieb, in friedlicher Ko-<br />

Existenz offenbar mit den neuen Bewohnern. (Solche Inseln<br />

gab es vielleicht mehrere, auch der ganze Bodensee<br />

gehörte dazu, denn im Jahre 400 gab es noch einen römischen<br />

Admiral für den See.)<br />

Die heutige Stadt Mengen ist alemannisch, denn der<br />

Name führt irre: es heißt ursprünglich Maigingen,<br />

31


Maiingen, Meiingen, vermutlich also die Siedlung von<br />

Leuten, die zu einem Mag(?), Mago(?) oder so ähnlich<br />

gehörten. Später gab es einen fränkischen Herzogshof<br />

hier, von dem noch die „Herzogsmühle" zeugt. Auch<br />

Sankt Martin als Patron der Hauptkirche deutet ja auf<br />

die Franken. Nach der Schlacht von Cannstatt zogen die<br />

Karolinger das Herzogstum ein und machten daraus ein<br />

Königsgut mit einem Königshof, dessen Ursprung die<br />

vorhin erwähnte „Katzed" sein soll. „Katzed" und „Alter<br />

Fuchs" sind sehr interessante Bauten, ziemlich gleich,<br />

und im Mittelalter die Nordost- und die Südost-Befestigung.<br />

Es sind hohe Giebelhäuser, Mitteldinge zwischen<br />

Befestigungstürmen und Familiensitzen. Der „Alte<br />

Fuchs" war tatsächlich lange Zeit später Sitz einer<br />

Adelsfamilie. Was er heute ist, seit wenigen Monaten,<br />

verdient Nachahmung: Völlig und wunderbar restauriert,<br />

mit sichtbarem Fachwerk außen wie innen, Alten-<br />

Tagesstätte, Konzertsaal und Stadtbücherei. - Karl der<br />

Große muß übrigens Ennetach sehr gewogen gewesen<br />

sein, und wenn man das damals war, schenkte man Reliquien.<br />

Das tat auch er, und nach ihnen ist die Ennetacher<br />

Kirche noch immer den Heiligen Cornelius und<br />

Cyprian geweiht. Diese gotische Kirche von heute ist übrigens,<br />

für ein so kleines Dorf, ein ganz gewaltiges Bauwerk.<br />

Karls Sohn, Ludwig der Fromme, verschenkte Mengen<br />

an das Stift Buchau. 200 Jahre später schenkte Peregrin<br />

von Hoßkirch, der Legende nach Gründer des Klosters<br />

Beuron, diesem aus dem Reichsgut Mengen die „obere<br />

Mühle". Sojedenfalls berichtet in einem noch ungedruckten<br />

Manuskript Gewährsmann Bleicher. Es klingt<br />

ein wenig sonderbar, daß ein lokaler Graf Reichsgut<br />

sollte vergeben können. Auch was die Besitzverhältnisse<br />

der Goldines-Huntare und des später aus ihr entstandenen<br />

Ratoldesbuch angeht, wobei man bisher immer<br />

glaubte, daß Sigmaringen der Mittelpunkt beider Herrschaftsbereiche<br />

gewesen sei, hat Bleicher eigene Ansichten.<br />

Vorsichtshalber zitiere ich ihn im folgenden wörtlich.<br />

„Nachdem sich zu Beginn des 10. Jahrhunderts nach<br />

dem Hunneneinfall wieder Stammesherzogtümer gebildet<br />

hatten, waren es vor allem die Herzöge von Schwaben,<br />

die ihren Einfluß geltend machten. Graf Ulrich VI.,<br />

Graf in Rätien, der mit ihnen (den Veringer Grafen) in<br />

verwandtschaftlicher Beziehung stand, war der Stammvater<br />

der Grafen von Bregenz. Aus seinem Erbe erhielt<br />

sein Sohn Ulrich u. a. die Goldines-Huntare (950-973),<br />

die (973-982) sein Bruder Adalbert innehatte. Dessen<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeben vom Hohenzollerisdien <strong>Geschichtsverein</strong><br />

in Verbindung mit den Staatlichen<br />

Schulämtern. Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong><br />

<strong>Geschichtsverein</strong> 748 Sigmaringen,<br />

Karlstr. 3. Druck: M. Liehners Hofbuchdruckerei<br />

KG, 748 Sigmaringen, Karlstr. 10.<br />

Die Zeitschrift „Hohenzollertsche Heimat'<br />

ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie<br />

will besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

mit der Geschichte ihrer Heimat<br />

vertraut machen. Sie bringt neben fachhistorischen<br />

auch populär gehaltene Beiträge<br />

aus der Geschichte unseres Landes.<br />

Sie veröffentl. bevorzugt Beiträge, die im<br />

Schulunterricht verwendet werden können.<br />

Bezugspreis: 3,00 DM halbjährlich<br />

Konten der „Hohenzollerisdien Heimat":<br />

802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

123 63 Postscheckamt Stuttgart<br />

32<br />

Besitz wurde, vermutlich 982, in eine Pfullendorfer und<br />

eine Bregenzer Linie geteilt. Die Goldines-Huntare war<br />

im folgenden Jahr in der Hand des Grafen Marquart,<br />

der als Bruder Adalberts angesehen wird. Schon 994<br />

scheint unsere Huntare aufgelöst und in Vogteien umgewandelt<br />

zu sein. Als Kaiser Heinrich II. (1002-1024)<br />

nach dem frühen Tod des Schwabenherzogs Hermann<br />

für dessen unmündigen Sohn die Herrschaft über Schwaben<br />

und damit freie Hand hatte, Veränderungen durchzuführen,<br />

übertrug er dem Grafen Wolfrad I. von Altshausen-Veringen<br />

und dessen Sohn die Grafschaft Eritgau,<br />

in welche bald danach die Muntarichs-Huntare eingegliedert<br />

wurde. Für die frühere Goldines-Huntare erscheint<br />

nun die Bezeichnung ,Ratoldesbuch'". Soweit das<br />

Zitat.<br />

1070 hielt Kaiser Barbarossa einen Hoftag in Mengen,<br />

und sechs Jahre später erhielt die Stadt die Verfassung<br />

von Freiburg, wurde Stadt und gab damit das Stichwort<br />

zu der jetzigen 700-Jahr-Feier. Lange Zeit war Mengen<br />

dann eine der fünf Donaustädte Vorderösterreichs, ehe<br />

es mit Oberschwaben zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

württembergisch wurde. Mengen und Ennetach sind heute<br />

eine Gemeinde, und zwischen beiden steht als vermittelndes<br />

Glied die „Ablach-Schule", die gemeinsame<br />

Grund- und Hauptschule.<br />

Buchbesprechung<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

]oh. Adam Kraus, Erzb. Archivar i. R.,<br />

7800 Freiburg i. Br., Badstr. 2<br />

Maximilian Schaitel (f)<br />

Manfred Hermann, Pfarrer,<br />

7451 Neufra/Hhz.<br />

Josef Mühlebach, Landesverw.-Rat a. D..<br />

7480 Sigmaringen, Leopoldstr. 41<br />

Joh. Wannenmacher, Schulrat i. R.,<br />

7487 Gammertingen, Goethestr.<br />

Walther Frick, Journalist,<br />

7480 Sigmaringen, Hohe Tannen 4<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen<br />

Museen in Baden-Württemberg<br />

Dieses sehr nützliche Buch wurde am 1. April 1976 der<br />

Öffentlichkeit vorgestellt. Wer hätte es geahnt, in Baden-<br />

Württemberg gibt es 346 Museen. Nicht nur die herkömmlichen<br />

kultur- und kunsthistorischen Museen, sondern<br />

spezielle, wie Daimler-Benz-Museum, Feuerwehrund<br />

Brotmuseum. Von Aalen bis Zell am Harmersbach<br />

ist hier alles zu finden, mit Öffnungszeiten, Eintrittspreisen,<br />

Literatur usw. Eine Übersichtskarte erleichtert<br />

die rasche Information. 95 ausgewählte Fotos geben<br />

einen eindrucksvollen Querschnitt durch die vorgestellten<br />

Museen.<br />

Wer einen Wochenendausflug plant, tut gut daran, das<br />

handliche Büchlein zu Rate zu ziehen. Vielleicht wird er<br />

in seiner Umgebung Dinge entdecken, von denen er<br />

bisher nichts ahnte.<br />

Erschienen im Konrad Theiss Verlag, Stuttgart und<br />

Aalen. Preis DM 19.80.<br />

Redaktionsaussd)u ß:<br />

Hubert Deck, Konrektor<br />

745 Hediingen, Tübinger Straße 28<br />

Telefon (07471) 2937<br />

Walther Frick, Journalist<br />

748 Sigmaringen, Hohe Tannen<br />

Telefon (07571) 8341<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben<br />

die persönliche Meinung der Verfasser<br />

wieder; diese zeidinen für den Inhalt<br />

der Beiträge verantwortlich. Mitteilungen<br />

der Schriftleitung sind als solche gekennzeidinet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters<br />

oder Redaktionsausschusses erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerisdie<br />

Heimat" weiter zu empfehlen.


Winterlingen von Südosten<br />

FRITZ SCHEERER<br />

HÖH ENZOLLERISCHE<br />

HEIMÄT<br />

Herausgegeben com<br />

Aus der Geschichte von Winterlingen, Benzingen und Harthausen<br />

Winterlingen mit seinen Ortsteilen Benzingen und Harthausen<br />

liegt auf der Hochfläche der Alb. Dabei gehören<br />

ihre Markungen nicht nur der Kuppenlandschaft der<br />

Hochalb, sondern in den südlichen Teilen auch der Flächenalb<br />

an, einem flachen, offenen Land mit weiten Akkerflächen,<br />

wahrend die höher gelegene Kuppenalb mit<br />

ihrer unruhigen Hügelwelt fast ganz dem Wald gehört.<br />

Zwischen den Kuppen laufen verlehmte Gründe und<br />

Wannen, bei Winterlingen um „Bergle", „Dürrenbühl"<br />

und „Oschle" im Winterlinger Tal aus, auf Harthauser<br />

Markung im „Schorren" ins Harthauser und Heutal,<br />

heute Trockentäler, einst in kleinen Trichtern ins tertiäre<br />

Meer mündend. In einer kleinen, aber wohl ausgeprägten<br />

Stufe bricht die Kuppenalb zur Flächenalb ab. Diese<br />

W <strong>3828</strong> F<br />

Hohenzollerilchen Gefdiichteoerein<br />

26. Jahrgang Nr. 3/September 1976<br />

Foto: M. Hermann<br />

Stufe läßt sich weithin als Küstensaum eines untermiozänen<br />

Meeres (Burdigalliff) nachweisen. Der Abfall beträgt<br />

rund 30 m (Fachberg bei Winterlingen 832 m und<br />

„Bühl", der schon zur Flächenalb gehört, 799 m). Der<br />

Küstensaum greift um den Fachberg herum und stößt<br />

über Harthausen nach Neufra-Gammertingen vor.<br />

Wie auf der Kuppenalb bilden auch auf der Flächenalb<br />

die Massenkalke (meist verkarstet) den Untergrund. Nur<br />

tritt vor allem bei Winterlingen, teilweise auch bei Harthausen<br />

und Benzingen, eine bis 30 m mächtige Decke<br />

tertiärer Gesteine hinzu. Sie liegt auf den breiten, ebenen<br />

Platten und besteht aus Meeressanden und darunterliegenden<br />

Tonmassen und Geröllpackungen kartoffelgroßer<br />

Kalkgerölle, die einst auf der nach Südosten fallenden


Albhochfläche abfließende Gewässer im Miozänmeer<br />

hier abgelagert haben. Infolge ihrer den Kalkuntergrund<br />

dichtenden, die Feuchtigkeit haltenden Böden ist die<br />

Decke gesuchtes Ackerland und bietet durch das in den<br />

Kiesen gespeicherte Grundwasser günstige Siedlungsplätze.<br />

Deshalb häufen sich hier Siedlungen: Blättringen,<br />

Benzingen, Winterlingen, auf der Gegenseite der Schmiecha<br />

Fronstetten, Nusplingen (Hardt) und Stetten am<br />

kalten Markt. Die Winterlinger konnten sogar ihre Hülbe<br />

zu einem See, einem Schwimmbad ausbauen.<br />

Die Bodennutzung entspricht den Geländeformen. Doch<br />

Flurnamen auf der Winterlinger Markung beweisen, daß<br />

nicht immer geschlossene Waldungen in der Kuppenalb<br />

vorhanden waren. „Auchten" (Nachtweide), „Langer<br />

Trieb", „Hagenrain", „Kühstelle", ebenso „Breitenhardt",<br />

„Egenhardt" auf Harthauser und „Steinkenhardt"<br />

auf Benzinger Markung („Hardt" = Weidewald)<br />

weisen auf Weide hin oder „Alter Hau", „Unterer Hau"<br />

auf Harthauser Markung und „Storzwang", „Obere"<br />

und „Hintere Häuen" bei Winterlingen auf Rodung.<br />

Hier sind nur die zwei kleinen Fluren „Oschle" und<br />

„Bändle" und bei Harthausen „Bierendorf" heute noch<br />

Ackerflur, während alles übrige im letzten Jahrhundert<br />

meist in Nadelwald umgewandelt wurde.<br />

Nachdem wir die natürlichen Verhältnisse kurz skizziert<br />

haben, wollen wir die ersten Spuren der Menschen auf<br />

diesen Höhen (Winterlingen 788 m, Harthausen 726 m<br />

und Benzingen 770 m) verfolgen.<br />

Aus der Vor- und Frühgeschichte<br />

In der Höhle auf dem Rücken der „Kühstelle" (Kuhställe)<br />

nordnordwestlich Winterlingen, auf der Westseite der<br />

Straße nach Bitz fanden sich Knochenreste von Wildpferd,<br />

Wollnashorn und Höhlenbär, ein Mammutbakkenzahn,<br />

also von Tieren, die vor rund 20 000 Jahren<br />

lebten. Daß die Jäger der Eiszeit die Höhle aufgesucht<br />

haben, beweisen Steingeräte. Das Bruchstück eines Ovalbeils<br />

aus Quarzit von der „Weidenhalde" muß von Menschen<br />

der Jungsteinzeit stammen (etwa 4000-1800 v.<br />

Chr.).<br />

Bekannt, fast einmalig, ist der Winterlinger Depotfund<br />

der Spätbronzezeit mit seinen bronzenen Beilen, Sicheln<br />

und Messern, der sich heute im Landesmuseum befindet.<br />

Bronzezeitliche Funde wurden auch bei Harthausen in<br />

den „Wiesleäcker" in zwei Grabhügeln gemacht. Es müssen<br />

also schon in vorgeschichtlicher Zeit zwischen 1800<br />

und 1200 v. Chr. hier Siedlungen bestanden haben.<br />

Einer jüngeren Periode, der Hallstattkultur (nach Hallstatt<br />

im Salzkammergut so genannt), gehören zu Harthausen<br />

vier ausgegrabene Grabhügel im „Koppelauwald"<br />

an, die schon Eisengegenstände (Fußring, Lanzenspitzen)<br />

enthielten. Ähnlich ist es bei den 12 Grabhügeln<br />

bei Winterlingen am Westfuß des „Dürrenbühl" an der<br />

Straße nach Bitz, wo sich in einem Hügel sogar ein vierrädriger<br />

Wagen, Messer und Tonteller fanden.<br />

Um das Jahr 75 n. Chr., als die Römer ihre Reichsgrenze,<br />

die bis dahin der Donau entlang verlief, auf den<br />

Nordwestrand der Alb vorschoben, kamen sie auch in<br />

unsere Gegend. Dem Albrand entlang errichteten sie eine<br />

Kastell-Linie und eine Straße, den sogenannten Alblimes.<br />

Von der Donau bei Laiz bauten sie eine Verbindungsstraße<br />

zum Neckar bei Sulz. Diese verlief weithin auf<br />

dem Rücken zwischen Schmeien- und Laucherttal nordwärts<br />

(heute „Hochsträß") bis zur Straßenbiegung westlich<br />

Benzingen und 2,7 km geradlinig nordwärts durch<br />

34<br />

die heutige Winterlinger „Römerstraße", um am<br />

„Schloßwäldchen" ins Schmiechatal nach Straßberg<br />

(Name!) hinabzusteigen. Von Straßberg zog sie über<br />

Ebingen zum Erdkastell auf der Wasserscheide bei Lautlingen<br />

und weiter zum Straßenknotenpunkt Häsenbühl<br />

bei Isingen, wo sich in 16 km Entfernung vom Kastell<br />

Sulz mindestens ein Rasthaus, wenn nicht ein Kastell befand.<br />

Die nächste Station war in 18 km Entfernung bei<br />

Lautlingen/Ebingen und dann 14 km weiter bei Winterlingen.<br />

In und bei der Flur „Herdweg" fanden sich Reste<br />

der Raststätte: eine Zisterne mit Knochen, Käseschüsseln,<br />

Bronzemünzen, Sigillata-Reste von Bilderschüsseln<br />

usw.<br />

Etwa von der heutigen Straßengabel südöstlich Winterlingens<br />

an zog die Römerstraße Inzigkofen-Burladingen<br />

nordnordwestwärts über Bitz und Hermannsdorf zum<br />

Kastell Burladingen, das längeren Bestand hatte. Im<br />

Winkel dieser zwei Römerstraßen legten dann die Alamannen<br />

Winterlingen an.<br />

Die Alamannen nehmen Besitz von der Gegend<br />

Um 260 kam unser Land endgültig in germanischen Besitz.<br />

Der alte Kulturboden wurde unter Meidung der römischen<br />

Siedlungsstätten in Bearbeitung genommen. Damit<br />

wurde die siedlungsmäßige Grundlage für das heutige<br />

Gesicht des schwäbischen Landes geschaffen. Auf der<br />

Hochfläche zwischen Schmiecha und Lauchert entstanden<br />

die -ingen-Orte Blättringen, Benzingen, Winterlingen,<br />

im Schmiechatal Storzingen, Kaiseringen, Ebingen,<br />

Truchtelfingen, Tailfingen, Onstmettingen, im Laucherttal<br />

bzw. Fehlatal Burladingen, Gauselfingen, Gammertingen,<br />

Hettingen, Hermentingen, Veringen usw. Dies<br />

sind Ortsnamen, die fast alle einen Personennamen enthalten,<br />

so in Tailfingen, das 793 als Dagoluinga erwähnt<br />

wird, den Personennamen Dagolf = Tagwolf oder in<br />

Ebingen Ebo. Ob bei Winterlingen das Bestimmungswort<br />

vom Personennamen Wintarful oder Vidrapul herstammt,<br />

ist fraglich. 842 lautete der Ortsname Wintarfulinga<br />

und 793, wenn es sich hier um Winterlingen handelt,<br />

Winterfilisninga, wo „Winter" vielleicht das nördlich<br />

höher gelegene Filisninga = im andern Vilsingen bedeutet<br />

im Vergleich mit Vilsingen bei Sigmaringen.<br />

Über die Kultur unserer Vorfahren unterrichteten uns<br />

die Funde aus ihren Gräbern. Inmitten von Winterlingen<br />

auf der eigenartigen Anhöhe von „Lehr" liegt ein alamannisches<br />

Gräberfeld. Immer wieder stößt man hier<br />

auf Gräber, so 1903 bei der Wirtschaft zum „Kreuz"<br />

oder 1938 bei der Verbreiterung der Seestraße, wo 16<br />

Gräber angeschnitten wurden, in denen sich als Beigaben<br />

Waffen, Riemenzungen, Schnallen, Ohrringe und Perlketten<br />

fanden.<br />

Die beiden alamannischen Reihengräberfriedhöfe in<br />

Winterlingen sind von zwei getrennten Siedlungen, die<br />

noch im 7. Jahrhundert bestanden, aber dann spätestens<br />

zu Anfang des 9. Jahrhunderts vereinigt waren. Das<br />

Kloster St. Gallen hatte hier schon früh Besitz, vielleicht<br />

schon 793, als Graf Peratoldus, Berthold, seinem Wunsch<br />

gemäß die Besitztümer, die dieser vorher dem Kloster<br />

übereignet hatte, gegen eine jährliche Steuer als Lehen<br />

zurücknahm. Die Orte, an denen seine Besitzungen lagen,<br />

sind einzeln aufgeführt: „in Keltesuuis (Engelswies)<br />

und Filisninga (Vilsingen) und Hohunsteti (Heinstetten)<br />

und Ebinga (Ebingen), in alia (dem andern) Filisninga<br />

(vermutlich Winterlingen) und Lutulinga (Lautlingen)


Rathaus der Zentralgemeinde Winterlingen Foto: H. Burkarth<br />

und Faffinga (Pfeffingen) und Dagoluinga (Tailfingen)"<br />

usw. Hinterläßt Berthold keinen Sohn, so sollen die Güter<br />

zu ewigem Besitz des Klosters verfallen. Dieser Berthold<br />

muß also ein reicher Mann aus dem Adel gewesen<br />

sein, wahrscheinlich aus dem alten alamannischen Herzogsgeschlecht,<br />

das von den Franken gestürzt worden ist.<br />

842 übergaben ein gewisser Salomon und seine Mutter<br />

Meginrada dem Kloster St. Gallen alles, was sie in Nuspilinga<br />

(Nusplingen), Frunstet (Fronstetten) und Wintarfulinga<br />

(Winterlingen) hatten (Wart. 2,4). Von diesen<br />

St. Gallischen Gütern ist aber später dann nicht mehr<br />

die Rede.<br />

Im Süden der Winterlinger Markung findet sich der<br />

Flurnamen „Weinstetten", der an eine abgegangene Siedlung<br />

gleichen Namens erinnert, von der noch 1496 die<br />

drei Zeigen „Hysberg", „Hugenbühl" und „Raisach"<br />

(heute noch die „Raisenhalde) auf eine eigene Markung<br />

hinweisen. Die Äcker der genannten Zeigen gehörten damals<br />

alle zum Winterlinger Wüstenhof, der dem Namen<br />

nach „entweder der abgegangene Maierhof von Weinstetten<br />

ist, oder aber eigens zur Bewirtschaftung der<br />

wüst liegenden Felder gegründet worden ist" (Kreisbeschr.<br />

II, S. 911). Sehr wahrscheinlich waren die Böden<br />

der -stetten-Siedlungen nicht ganz so günstig wie die der<br />

„ingen" und lassen ihrer Lage nach an eine ursprüngliche<br />

Weidewirtschaft denken. Ganz in der Nähe finden sich<br />

heute noch die Fluren „Kälberstelle" und „Herdweg",<br />

während die Fluren Winterlingens, die an Weide erinnern,<br />

im Norden der Winterlinger Markung liegen<br />

(s. oben). Jenseits des Schmiechatales liegen die andern<br />

„Stetten": Fronstetten, Stetten am kalten Markt, Meß-<br />

stetten, Heinstetten oder das abgegangene Waldstetten<br />

bei Tailfingen. Die Markung Weinstetten scheint aber<br />

1453 unter Winterlingen, Kaiseringen und Benzingen<br />

aufgeteilt zu sein, denn drei Ebinger Bürger, von denen<br />

einer den Namen Weinstetter trägt, verkauften damals<br />

drei Gütlein zu Winterlingen, Kaiseringen, Fronstetten,<br />

wo die Markungen zusammenstoßen, also in Weinstetten.<br />

Im 7. und 8. Jahrhundert werden in Fortsetzung des<br />

Landausbaus Orte gegründet, die den Namen -dorf führen.<br />

Auf der heutigen Harthauser Markung dürften die<br />

beiden Flurnamen „Nettendorf" und „Bierendorf" auf<br />

abgegangene Siedlungen hinweisen, von denen aber<br />

nichts Näheres bekannt ist. Die Flur Bierendorf ist heute<br />

fast ganz von Wald umgeben, hat aber keinen ungünstigen<br />

Boden. Ähnlich verhält es sich mit Nettendorf, das<br />

aber zu weit vom heutigen Harthausen entfernt ist und<br />

so dem Wald überlassen wurde.<br />

Die -dorf-Orte treten meist in Gruppen auf und können<br />

einem Kleinraum ein bestimmtes Gesicht geben. Ihre Böden<br />

sind größtenteils ungünstiger als die der angrenzenden<br />

Altsiedlungen. Es ist zu beobachten, daß mehr oder<br />

weniger große Stücke ihrer Feldflur durch Rodung gewonnen<br />

wurden. Unsere beiden -dorf-Siedlungen lagen<br />

im Ausläufer des Hohenzollerngrabens. Jänichen weist<br />

nun vor allem an den -dorf-Orten des oberen Neckars<br />

(Göllsdorf, Epfendorf, Oberndorf, Binsdorf, Ostdorf, die<br />

heute noch bestehen) nach, daß sie planmäßige Siedlungen<br />

sind, gegründet in der Hauptsache vor der Mitte des<br />

7. Jahrhunderts durch die Franken. Auf die Franken<br />

weist auch der Kirchenheilige von Harthausen, Mauritius<br />

(Ostdorf hat einmalig in Württemberg St. Medar-<br />

35


dus, St. Remigius haben Nagold, Bergfelden, Oberndorf,<br />

Epfendorf).<br />

Und nun zu Harthausen! Der oft wiederkehrende Name<br />

Hausen, der auf eine etwas jüngere Siedlungsphase<br />

hindeutet, bezeichnet einen Wohnplatz bzw. eine Niederlassung<br />

überhaupt. Hohenzollern zählte früher über<br />

20 -hausen-Siedlungen, von denen noch neun bestehen.<br />

Ähnlich ist es um den Herrensitz Burgfelden, wo von<br />

sechs noch drei vorhanden sind (Zillhausen, Stockenhausen,<br />

Margrethausen) oder um den Herrenhof Winzeln<br />

hinter der Lochen (Hausen a. Tann, Ratshausen, Dotternhausen).<br />

Die Lage der -hausen-Orte wird meist<br />

durch ein Bestimmungswort näher bezeichnet. Das Bestimmungswort<br />

im Namen von Harthausen hat nichts<br />

mit unserem Eigenschaftswort „hart" zu tun. Das Wort<br />

„Hard" oder „Hart" kommt aus der althochdeutschen<br />

Sprache und bedeutet Weidewald. Es ist die Landschaftsbezeichnung<br />

des Höhenrückens zwischen Fehla<br />

und Schmiecha (siehe auch Ebinger-, Meßstetter Hardt).<br />

Die älteste Form „Harthusa" findet sich in einer Urkunde<br />

von 994, bezieht sich aber nicht auf unser Harthausen,<br />

sondern auf Harthausen bei Oberndorf.<br />

Die erste sichere urkundliche Erwähnung unseres Harthausens<br />

ist 1275 im Liber decimationis, als durch Papst<br />

Gregor X. nach dem Konzil von Lyon sämtliche Inhaber<br />

geistlicher Pfründen mit dem zehnten Teil ihres jährlichen<br />

Einkommens besteuert wurden, und zwar sechs<br />

Jahre lang, von 1274-1280, um einen Kreuzzug zu finanzieren,<br />

der aber nicht zur Ausführung kam. Jeder<br />

Geistliche mußte sein Jahreseinkommen unter Eid angeben.<br />

In dem Liber decimationis heißt es, diesen Eid habe<br />

auch der Pfarrer von Hondelwanck (Hindelwang bei<br />

Hohenfels) geschworen und gleichzeitig für die hiesige<br />

Pfarrei. Diesem Pfarrer waren die beiden Pfarreien unterstellt.<br />

Damals war es keine Seltenheit, daß ein Geistlicher<br />

mehrere Pfarreien innehatte, die er durch Leutpriester<br />

oder Vikare versehen ließ.<br />

Wenn Harthausen auch erst 1275 erstmals erwähnt wird,<br />

so ist die Siedlung doch viel älter. Die zahlreichen -hausen-Orte<br />

dürften spätestens um die Mitte des 8. Jahrhunderts<br />

entstanden sein.<br />

Auffallend bei den drei Markungen Winterlingen, Benzingen<br />

und Harthausen ist, daß sie sich als langer Streifen<br />

von Nordwesten nach Südosten (die Winterlinger<br />

Markung nur rund 1 km breit) von der Kuppenlandschaft<br />

der Hochalb zur Flächenalb erstrecken. So kommt<br />

die Winterlinger Markung zu fast 9 km Länge. Der Gegensatz<br />

bestimmt die Landschaftsformen und damit auch<br />

die Nutzungsmöglichkeiten. Die Kuppenlandschaft trägt,<br />

wie schon angeführt, fast durchweg geschlossene Waldungen,<br />

während die Flächen im Süden mit ihren Lehmböden<br />

Äcker und Wiesen haben. Es sei nur an die Winterlinger<br />

Flurnamen erinnert: Hofäcker, Birkhauäcker,<br />

Gauäcker, Straßäcker, Brunnenäcker.<br />

Da es viele Harthausen gibt, allein drei in unserem<br />

Raum, bekamen sie alle einen Beinamen, so auch unser<br />

Harthausen. Im Habsburger Urbar von 1303 heißt es<br />

einfach noch Harthausen, während es dann 1454 erstmals<br />

„Harthausen uf Scher" heißt (FUB.6.63). In den<br />

folgenden Jahren ist manchmal der Beiname weggelassen<br />

oder ist „Scher" verschieden geschrieben. Nicht stimmen<br />

kann „an der Scher", wie es im 19. Jahrhundert<br />

heißt, denn ein Flüßchen „Scher" war nirgends vorhanden.<br />

1948 wurde dann verfügt, daß es „Harthausen auf<br />

der Scher" zu heißen habe. Durch das Gemeindewappen<br />

wurde dieser Name versinnbildlicht in den goldfarbenen<br />

Felszacken, in Erinnerung an die frühere Zugehörigkeit<br />

36<br />

an die Scherragrafschaft (alth. scerra = schroffer Fels),<br />

die sich an der oberen Donau bis zur Lauchert erstreckte.<br />

Ortsherrschaft und Grundbesitz<br />

1116, wird ein Adalbert liber homo de Winterlingen genannt,<br />

dessen Burg nicht festzustellen ist. 1294 sind vermutlich<br />

Nachkommen Zeugen für Kallenberg, auch<br />

Veringer Bürger namens Wolfer scheinen von ihnen<br />

abzustammen.<br />

Die Burg der Herren von Benzingen soll unterhalb des<br />

Friedhofs am „Brühl" gelegen sein. Als erster Ortsadeliger<br />

wird hier Albertus de Benzingen 1327 genannt, der<br />

1268 als Ritter bezeichnet wird. Ein Ritter Heinrich von<br />

Benzingen machte 1252 eine Schenkung an das Kloster<br />

Heiligkreuztal. 1254 wird Ritter Heinrich als Zeuge in<br />

einer Urkunde des Grafen Wolfrad von Veringen für<br />

Kloster Stein erwähnt und mit ihm neben anderen die<br />

Plebane Hermann von Büningen (Bingen) und Conrad<br />

von Harthausen. Dann scheint die Familie aus dem Lauchertgebiet<br />

weggezogen zu sein.<br />

War 842 in Winterlingen noch der Scherragraf Cozbert<br />

zuständig, so war spätestens 1264 Winterlingen hohenbergisch.<br />

Die Grafen von Hohenberg verpfändeten die<br />

Oberhoheit in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts an<br />

die Ritter von Lichtenstein bei Neufra, von denen es<br />

wahrscheinlich bald Württemberg erwarb. Auf jeden<br />

Fall, 1367 war Winterlingen württembergisch und blieb<br />

es nach einigen Verpfändungen. 1535 wurde dann der<br />

Ort nach dem Grundsatz „cuis regio eius religo" reformiert<br />

und blieb bis zur Eingliederung von etwa 500 Heimatvertriebenen<br />

nach dem zweiten Weltkrieg fast ganz<br />

evangelisch.<br />

Die Verbindungen nach Harthausen waren nun abgeschnitten.<br />

Die jüngste unter den Verkehrsverbindungen<br />

von Harthausen nach den Nachbarorten ist die nach<br />

Winterlingen. Erst nach langen Verhandlungen mit der<br />

Gemeinde Benzingen, die Eigentümerin des zwischen<br />

Winterlingen und Harthausen liegenden Waldes ist,<br />

konnte 1901 die Verbindung zwischen Harthausen und<br />

Winterlingen hergestellt werden. Harthausen war von<br />

der Industrialisierung nach Veringenstadt und Sigmaringen<br />

orientiert.<br />

Benzingen und Harthausen gehörten seit Ende des<br />

13. Jahrhunderts zur Grafschaft Veringen. Die Grafen<br />

von Veringen gelangten durch Heirat in den Besitz von<br />

Teilen der Grafschaft Gammertingen. Wolfrat III.<br />

(1216-1273) heiratete eine Tochter Konrads und Adelheids<br />

von Heiligenberg. Zum Erbgut dieser Tochter<br />

dürften auch die beiden Orte Benzingen und Harthausen<br />

gehört haben. Die Grafschaft Veringen wurde dann öfters<br />

verpfändet und verkauft, bis am 24. Dezember 1535<br />

Kaiser Karl V. das Veringer Gebiet und die Grafschaft<br />

Sigmaringen an Karl I. von Zollern und dessen Brüder<br />

verlieh. Damit kamen auch die beiden Dörfer an Hohenzollern.<br />

Auf grundherrschaftliche Verhältnisse von Winterlingen,<br />

die außerordentlich verwickelt sind, hier einzugehen,<br />

würde zu weit führen. Nur der Besitz des Klosters Stein<br />

am Rhein soll hier angeführt werden, dem das Geburtsgut<br />

gehörte und zum Maierhof in Straßberg zählte. Es<br />

umfaßte 1372 52 Jauchert Äcker und 6 Mannsmahd<br />

Wiesen. Es wurde später in drei kleine Güter zerteilt<br />

und 1562 an Württemberg verkauft, während das 1339<br />

genannte Hasengut des Klosters 1413 an die Nikolauspflege<br />

Veringendorf überging.<br />

Uber die Vermögensverhältnisse der Bürger geben uns<br />

für Winterlingen die Steuerlisten von 1525 einigermaßen


Auskunft. Die 31 Hausbesitzer waren zu 991 Gulden<br />

veranschlagt, darunter war einer bis 200 fl., 16 bis<br />

100 fl. und 14 bis 20 fl., ohne Häuser waren 5 (2 bis<br />

200 fl., 2 bis 100 fl. und 1 bis 20 fl.). Die Zahl der Vermögenslosen<br />

wird mit 6 angegeben.<br />

Über die Lehens- und Grundbesitzverhältnisse in Harthausen<br />

gibt ein Urbar der Grafschaft Veringen aus dem<br />

Jahr 1303, das sogenannte Habsburger Urbar Aufschluß<br />

(FAS.137,6). Darin heißt es u. a.: „Zu Harthusen lit ein<br />

Meigerhof (Maierhof) der giltet ze Zinsen 5 Malter Kernen,<br />

4 Malter Roggin, 4 Malter Haber, 2 Malter Vesen,<br />

ein viertel (120) eygs (Eier)". Dann werden die Abgaben<br />

des Hirten, des Wirts, des Pfarrers, des Vogts aufgeführt.<br />

Jedermann gab ein Herbst- und ein Fastnachtshuhn<br />

und ein Viertel Haber. „Der Lüten sind jetz sool<br />

300. Dieselben Lüte hant gegeben jeglichs ze Stüre (Steuer)<br />

acht Pfunt haller". 1568 geben die Harthauser<br />

Fleischsteuer auf Martini 10 Schilling und auf Mai<br />

10 Schilling. Ein jeder „der ain pluog oder Meni (Pferdegespann)<br />

füert, gibt der Herrschaft (damals Sigmaringen)<br />

jars für das Pfluogrecht oder Ackerpau uf sant<br />

Martinstag sechszehn Schilling". Das sind aber bei weitem<br />

nicht alle Abgaben, dazu kommen u. a. der Zehnten<br />

(Groß- und Kleinzehnten). Im Urbar von 1303 werden<br />

überhaupt keine eigenen Güter der Bürger aufgeführt,<br />

woraus man schließen dürfte, daß die Bewohner Harthausens<br />

Leibeigene waren.<br />

Die kirchlichen Verhältnisse<br />

Winterlingen gehörte bis zur Reformation zur Pfarrei<br />

Ebingen. Im Ort war eine Kapelle, die der hl. Gertraud<br />

geweiht war. An die Altäre der Kapelle wurden verschiedene<br />

Stiftungen gemacht. Am Ort besaß die Kaplanei<br />

7 Lehen, und aus Harthausen, Straßberg, Benzingen<br />

und Meßstetten bezog sie Einkünfte. Mit Einführung der<br />

Reformation wurde dann eine eigene Pfarrei errichtet.<br />

Die Anfänge der Pfarrei Harthausen liegen im Dunkeln.<br />

Doch das Patrozinium des hl. Mauritius, das im Frankenreich<br />

schon zur Zeit der Merowinger verbreitet war,<br />

weist in frühe Zeit zurück. Im Liber decimationis ist<br />

zwar Harthausen aufgeführt, aber kein Steuerbetrag eingetragen,<br />

während die Pfarrei Benzingen 23 Pfund in<br />

Rottweiler Währung entrichten mußte. Das Patronat<br />

über die Pfarrei hatten die jeweiligen Ortsherren. Urkundlich<br />

mit Namen nachgewiesen ist zu Harthausen ein<br />

Pfarrer erstmals 1635, und zwar Magister Jakob Griener.<br />

Die heutige Pfarrkirche wurde 1740/42 erbaut unter<br />

Pfarrer Sebastian Hepp, während der untere Teil des<br />

Turmes aus dem 15. Jahrhundert stammt. Das Deckenfresko<br />

wurde von Andreas Meinrad von Au gemalt, der<br />

zu einem der bedeutendsten Freskomaler des südwestdeutschen<br />

Raumes wurde. Er ist auch der Schöpfer des<br />

Bildes der Marter des hl. Sebastian, das den südlichen<br />

Seitenaltar schmückt, und einer Ölmalerei, die den hl.<br />

Wendelin mit einem hl. Diakon darstellt. Ein Werk des<br />

Schömberger Bildhauers Urban Faulhaber ist die prachtvolle<br />

Rokokokanzel, die 1752 geschaffen wurde.<br />

Die Pfarrkirche St. Mauritius weist daneben in zwei Reliefs<br />

mit den Darstellungen der Kreuzigung Christi und<br />

der Beweinung sowie zwei Tafeln mit weiblichen Heiligenfiguren<br />

(hl. Margarete und Agnes) vor gemaltem<br />

Goldgrund Werke auf, die zu den bedeutendsten des<br />

Kreises zählen. Es sind Kunstwerke, die zu Anfang des<br />

16. Jahrhunderts entstanden sind und dem „Meister von<br />

Meßkirch" und dem „Meister Hans Strüb" zugeschrieben<br />

werden.<br />

Die wirtschaftlichen Verhältnisse<br />

Die Felder von Winterlingen waren in die drei Zeigen<br />

„Hinter der Lehr", „Hinter der Kirche" und „Lengenfeld"<br />

eingeteilt, in Harthausen in die ösche „Kasten",<br />

„Kay" und „uf Brucken". Seit dem Mittelalter wurde<br />

der Bestand der Wechselfelder laufend durch Reutäcker<br />

vermehrt. So sind für Harthausen aus dem 17. Jahrhundert<br />

zwei Anträge auf Ausstockung von Wald urkundlich<br />

festgehalten. „Am 27. Marty. Der Gemeinde ist auf<br />

ihr untertäniges bitten gnädigst bewilligt worden, gnädiger<br />

Herrschaft mit Grund und Boden eigentlich gehörige<br />

ungefähr 50 Jauchert bestehende Waldungen Haytal,<br />

streckend an Gutenberg, jedoch mit Genehmigung Heeslingens<br />

als forstliche Obrigkeit auszustocken, dergestalten<br />

gegen Reichung der Landgarb, 9 Jahre lang zu nutzen.<br />

Nach Ablauf obiger Jahre aber gnädiger Herrschaft<br />

frei sein solle, solches wiederum zu Holzboden<br />

verwachsen zu lassen (Protokollbuch der Grafschaft<br />

Veringen „Harthusen uff der Scherr")".<br />

1695 werden Martin Pfaff und Caspar Barth von Harthausen<br />

vernommen, weil sie angeblich ohne vorherige<br />

Erlaubnis ausgestockt hätten, was sie aber bestritten. Auf<br />

solche Ausstockungen war man zu Harthausen angewiesen.<br />

Bei der Vermehrung der Bevölkerung mußten Waldplätze,<br />

Steppen und Öden in Äcker verwandelt werden.<br />

Es entstanden landesherrliche Reutäcker, die sogenannten<br />

Weitreitinnen, wo bald da und dort ein Stück umgebrochen<br />

wurde, von denen die Landgarbe der Herrschaft<br />

zu entrichten war, wie dies 1496 und 1560 für Winterlingen<br />

bezeugt ist. Die Landgarbe ist 1560 folgendermaßen<br />

beschrieben: „Jeder Jauchert Acker gibt jährlich<br />

3 Viertel rauhe oder IV2 Viertel glatte Frucht. Wechselfelder,<br />

die zu Acker gebrochen werden, geben je Jauchert<br />

2 Viertel glatte Frucht".<br />

1717 beschweren sich Benzingen, Harthausen und Veringendorf<br />

über die Leistung der Frondienste, sie seien nicht<br />

verbunden, das Stroh in der Fron von Veringenstadt<br />

nach Sigmaringen zu führen. Auch 1772 weigern sie sich,<br />

Frondienste zu leisten. Schließlich mußten sie aber die<br />

Verpflichtungen einhalten.<br />

Zu Ende des 18. Jahrhunderts war die wirtschaftliche Situation<br />

der Albgemeinden so, wie der Feldmesser Veith<br />

die Lebensumstände von Harthausen charakterisierte:<br />

„Daß hier ganz armselig zu leben" (Chronik des Pfarrers).<br />

Winterlingen galt im 18. Jahrhundert mit seinen<br />

vielen Seidnerhäuschen als „die ärmste Gemeinde weit<br />

und breit" (Hebeisen, Gustav: Ein Gutachten über die<br />

wirtschaftlichen Verhältnisse der Herrschaft Straßberg).<br />

Von einer spürbaren Verbesserung kann erst nach der<br />

Mitte des 19. Jahrhunderts gesprochen werden, als industrielle<br />

Fertigungen in den Dörfern Einzug hielten. In<br />

neuester Zeit ist die Masse der Erwerbstätigen nicht<br />

mehr in der Landwirtschaft, sondern in Handwerk,<br />

Handel und Verkehr und vor allem in der Industrie.<br />

Winterlingen und seine Ortsteile konnten bedeutende<br />

Werke schaffen. Das Ortsbild hat sich grundlegend zum<br />

Vorteil verändert. Neue Schulen, Sportstätten, Kindergärten<br />

usw. entstanden. Alle drei Orte haben zahlreiche<br />

Industriebetriebe, moderne Ladengeschäfte. Neue Siedlungen<br />

entstanden, viele Häuser erfuhren Umbauten und<br />

Erweiterungen. Frische Farben der Neubauten beherrschen<br />

das Bild. Die Einwohnerzahlen sind bedeutend angestiegen,<br />

in Winterlingen in den letzten 100 Jahren um<br />

weit über das Doppelte, in Harthausen und Benzingen<br />

ist es ähnlich. Die Zeit der armen Alborte, in der im<br />

19. Jahrhundert viele auswandern mußten, ist vorbei.<br />

37


JOHANN ADAM KRAUS<br />

Zur Geschichte von Hettingen<br />

Der Name unserer Stadt lautete ursprünglich Halingen<br />

(1208) oder Hätingen (1264), also mit langem ä, wie die<br />

unverfälschte Mundart heute noch sagt. O. v. Ehrenberg<br />

1 hat den Namen von der Kurzform eines Personennamens<br />

Hato oder Hatu = Kampf abgeleitet, vgl. Hadubrand,<br />

den germanischen Vornamen. Die alemannische<br />

Siedlung des Ortes dürfte ins 5. bis 6. nachchristliche<br />

Jahrhundert zurückreichen, nachdem schon Bronzezeitmenschen<br />

auf der Hochfläche zwischen Fehla (alt Feig,<br />

Velcha) und Lauchert hausten und über 100 Steingrabhügel<br />

hinterließen.<br />

Der ins Laucherttal hereinreichende Bergrücken, auf dem<br />

jetzt das Schloß steht, mußte in der Burgenzeit des 11.<br />

Jahrhunderts geradezu die Ortsherren zum Bau einer<br />

Höhenburg einladen. Doch erhalten wir erst durch das<br />

Kloster Zwiefalten (gegr. um 1090) Kunde vom hiesigen<br />

Adel. Es ist vor allem der Gammertinger Graf Adalbert I.<br />

seit 1101, der in Zwiefalter Schriften 2 den Namen<br />

»Graf von Hätingen« führt, der also bestimmt zeitweise<br />

hier residiert haben muß. Uber seine Familie ist schon<br />

viel geschrieben und gerätselt worden, bis man sich aus<br />

dem Gestrüpp der Urkunden, Aufschriebe, Hypothesen<br />

und Vermutungen ein ungefähres Bild machen konnte,<br />

wobei noch manche Fragen offen blieben 3 .<br />

Als Herr von Hettingen kommt demnach Graf Adalbert<br />

I. (als Sohn Ulrichs I.) von Gamertingen (s o die<br />

alte Form!) in Frage, der von 1101 bis 1138 erwähnt wird<br />

und schließlich ins Benediktinerkloster Zwiefalten eintrat,<br />

wo er an einem 15. Oktober vor 1150 starb. Seine<br />

Gattin und Schwester scheinen beide Adelheid geheißen<br />

zu haben, die sich ebenfalls ins Fragen-Kloster Zwiefalten<br />

zurückzogen. Sein Sohn, Graf Adalbert (Albert) der<br />

Zweite von Hätingen steht als „junior" am 12. September<br />

im Zwiefalter Totenbuch. Er hieß auch „Graf Albert<br />

von Achalm" und urkundete noch im Jahre 1161 in<br />

Trochtelfingen. Seine Frau Mechtilde, Gräfin von Hätingen,<br />

findet sich am 14. Oktober im genannten Nekrolog.<br />

Beider Tochter Adelheid ehelichte um 1160 den edlen<br />

Berthold von Weissenhorn-Neuffen, der gelegentlich<br />

auch „Graf" genannt wird und von 1160 bis 1222 nachzuweisen<br />

ist 4 . Im Nekrolog ist er als „Graf Berthold<br />

von Hätingen" am 21. Februar eingetragen. Dr. H. M.<br />

Maurer glaubt, daß er die Burg Hettingen baulich verbessert<br />

hat und in ihr gegen Ende seines Lebens auch<br />

zeitweise hauste 4a . Sein angebliches, in Zwiefalten seit<br />

1520 gemalt gewesenes, aber falsches Wappen, das einen<br />

Löwen enthielt, hat viel Verwirrung angerichtet 5 . In<br />

Wirklichkeit führte er drei Hiefhörner (Neuffen) übereinander<br />

im Schild. Nach seinem 1222 erfolgten Tode<br />

soll er nach der späten Zimmerischen Chronik im genannten<br />

Kloster beerdigt worden sein, wie die meisten<br />

der Gammertinger Grafenfamilie und viele der Vasallen.<br />

Laut Nekrologs sind davon zu nennen: 1. Hermann von<br />

Hätingen, Mönch zu Zwiefalten und Subdiakon, gestorben<br />

an einem 15. Juni. Er stammte wohl von den Burgmannen.<br />

2. Der Laie Adelbert von Hätingen, vermutlich<br />

auch ein Niederadeliger, am 16. Juni. 3. Luitgard von<br />

Hätingen, Laie. 4. Beringer von Hätingen am 21. August<br />

(niederadelig). 5. Die Gräfin Mächtild von Hätingen,<br />

wohl Adelberts II. Frau, am 14. Oktober. 6. Adelbert<br />

von Hätingen, Mönch zu Zwiefalten, ein hochberühmter<br />

Mann mit schönem weißem Haar, am 15. Oktober (vor<br />

1150, wohl der Graf von 1101 f.). Er schenkte dem Kloster<br />

laut Chronik einen Hof zu Gauingen und gab auch<br />

38<br />

in Pfronstetten und Tigerfeld 3 Huben Landes c . Außerdem<br />

schenkte der niederadelige Walther von Halingen<br />

dem Kloster Va Mansus (Bauerngut) in Neufra. Ein<br />

Lambert von Herbertingen übergab durch seinen Treuhänder<br />

Adalbert von Halingen (wohl den Grafen) den<br />

Benediktinern eine Kapelle zu Upflamör mit Garten,<br />

dazu 3 Huben und 2 Wälder. Aus diesen Übergaben<br />

wird begreiflich, daß die Familie von Gammertingen<br />

und Hettingen unter den besonderen Wohltätern von<br />

Zwiefalten aufgezählt ist.<br />

Kurz vor dem Abgang des Grafen Berthold von Neuffen-Hätingen<br />

(1222) wird die Oberherrschaft an den<br />

Grafen Gottfried von Sigmaringen-Helfenstein übergegangen<br />

sein, der die Witwe Adelheid des verstorbenen<br />

Grafen Konrad von Heiligenberg geheiratet hatte, deren<br />

Mutter ebenfalls aus dem Gammertinger Grafenhaus<br />

stammte. Ich halte sie für die 1182 urkundlich genannte<br />

jüngste Tochter des Markgrafen Heinrich von Ronsberg<br />

und seiner Gattin Udilhild von Gammertingen. Adelheid<br />

dürfte das Gebiet mit Vasallen um Benzingen, Hettingen,<br />

Neufra über ihren ersten Mann von Heiligenberg an<br />

den zweiten Gatten, Gr. Gottfried von Sigmaringen-<br />

Helfenstein, weitergegeben haben, als dessen Frau sie<br />

1220 nachzuweisen ist. Obige Udilhild wird von einigen<br />

als Tochter Ulrichs von Gammertingen, von andern als<br />

solche Adalberts von Gammertingen-Hettingen angesehen<br />

7 .<br />

Um 1240 finden wir den Grafen Gottfried von Sigmaringen<br />

mit seiner zweiten Frau Adelheid von Württemberg-Grüningen<br />

8 , welche noch 1291 als Gräfin von Sigmaringen<br />

mit dem Wappensiegel Helfenstein-Württemberg<br />

(Elefant und 3 Hirschstangen) erscheint. In der erwähnten<br />

Urkunde von 1240 stehen als Zeugen: Der Plebanus<br />

(Leutpriester - Pfarrer) Hartmann von Hätingen,<br />

Albertus Plebanus von Benzingen und der hiesige<br />

Burgmann Rudolf von Hätingen, wohl vom Ortsadel.<br />

Nach dem vor dem 2. Februar 1241 erfolgten Tode<br />

Gottfrieds dürfte die Herrschaft über Hettingen an die<br />

Grafen von Veringen übergegangen sein, wie es scheint<br />

über eine Tochter Anna des genannten Grafen Berthold<br />

von Hätingen. Als nämlich Graf Wolfrad von Veringen<br />

im J. 1252 dem Ritter Heinrich von Benzingen Güter<br />

bei Binswangen übereignete, war Pfarrer Heinrich von<br />

Hätingen neben den Pfarrern H(einrich) von Titstetten<br />

(Deutstetten), Adalbert Vicepleban von Veringen und<br />

den Rittern Heinrich von Schalksburg und Hermann<br />

von Hornstein Zeugen 9 .<br />

Schon im J. 1208 wird als Hettinger Pfarrer ein Heinrich<br />

von Wilzingen mit seinen Brüdern Hermann und<br />

Wernher als Vasallen der Grafen von Berg-Wartstein genannt<br />

10 . Dagegen im J. 1254 steht in einer Salemer Urkunde<br />

ein Konrad minister (d. h. Amtmann) zu Hätingen<br />

zusammen mit seinem Herrn, dem Grafen Wolfrad<br />

junior von Veringen, und dazu die Pfarrer Hermann<br />

von Bingen, Konrad von Harthausen/Sch. und<br />

Hermann von Benzingen u . Graf Wolfrad von Veringen<br />

stellte mit seinen zwei Söhnen Wolfrad und Heinrich<br />

auf der Burg Hätingen im Jahre 1267 eine Urkunde aus.<br />

Offenbar hat seine Familie hier residiert 12 . Graf „Heinrich<br />

von Hätingen" ist am 24. April 1300 Siegler für den<br />

Grafen Konrad von Landau und am 16. Juni 1305 in einer<br />

Zwiefalter Urkunde sein Sohn: Graf „Wölfli von<br />

Hattingen" 13 .


Wann Hettingen das Stadtrecht erhielt, scheint nicht bekannt<br />

zu sein. Nach W. Baur werde die Stadt erstmals<br />

im J. 1407 erwähnt. Doch wird ein Tor schon 1333 in<br />

einer Urkunde des Kl. Statten genannt, in der Gr. Heinrich<br />

von Veringen ein Ewiges Licht ins Kloster stiftet<br />

mit Einkünften aus einer Hettinger Wiese „vor dem<br />

Tor" und zugehörigem Garten, die Bugge der Mayer bebaute<br />

und jährlich daraus 30 Schilling Heller gab. Zeuge<br />

dieser Stiftung sind Ritter Eberhard von Liechtenstein<br />

und der Hettinger Kirchherr Walther der Schenk, Bugge<br />

der Mayer und Konrad Sengli. Allerdings muß gesagt<br />

werden, daß gelegentlich auch ein Gatter im Dorfzaun<br />

„Tor" genannt wurde.<br />

Von 1270 bis 1283 finden wir wieder einen Amtmann<br />

(minister) Hiltebold von Hätingen bei den Veringer<br />

Grafen 14 . In ihren Diensten dürfte auch der Ritter<br />

Friedrich von Haetingen im Jahr 1272 gestanden haben,<br />

der wohl hier auf der Burg wohnte 15 . Im gleichen Jahr<br />

nennt sich Graf Heinrich „von Altenveringen" (Burg<br />

und Flecken!) im Gegensatz zu einer Burg Neuveringen<br />

bei Riedlingen, die vermutlich vom gleichen Geschlecht<br />

den Namen hatte, aber längst abgegangen ist le . Altveringen<br />

mit Burg und Flecken gab er damals dem Bischof<br />

von Konstanz zu Lehen. Im Jahre 1283 ist ein Hettinger<br />

rector ecclesiae (Kirchenrektor) ohne Namensnennung<br />

mit dem jungen Heinrich von Veringen und dem minister<br />

Hiltebold und einem Otto von (Langen-)Enslingen<br />

aufgeführt 17 . Dieser Graf Heinrich der Jüngere heißt<br />

1285 wieder „Graf von Hätingen", wohnte aber zeitweise<br />

auf Neu-Veringen bei Riedlingen. Am 24. Februar<br />

1297 eignete er mit seinem Sohne Wolfrad dem Kloster<br />

Bebenhausen Grundstücke zu Tigerfeld, und dabei steht<br />

wieder ein Conrad von Munderkingen als damaliger<br />

„minister" zu Haetingen samt dessen Schwiegersohn Petrus<br />

18 .<br />

Von niederadeligen Herren des Namens „von Hätingen"<br />

verlautet fernerhin am Orte selber nichts mehr, sondern<br />

nur von den gräflichen Herren aus dem Hause Veringen<br />

19 . Außerhalb jedoch finden sich einige, die von den<br />

hiesigen abstammen könnten.<br />

Am 16. April 1350 haben die Söhne zweier Brüder, nämlich<br />

„Pfaff Berthold von Hätingen" und seine Vettern,<br />

die Gebrüder Heinrich und Jakob von Hätingen, ihre<br />

anerstorbenen Rechte an der Mühle zu Aidlingen (b. Böblingen),<br />

die Cunrad der Brotbeck, genannt Spuoler, als<br />

Lehen von ihnen hat, um 5 Schilling Heller verkauft an<br />

den Edelknecht Burkart von Bondorf. Heinrich von Hätingen<br />

siegelt für alle, doch ist sein Siegel leider verloren<br />

20 . Der Edelknecht Dietrich der Tieringer (Friedrichs<br />

sei. Sohn im Bach) erwarb am 3. Oktober 1359 vom<br />

Kirchherrn von Balingen, dem genannten „Berchtold<br />

dem Hätinger", u. a. das Berersgut, den halben Wehingerhof<br />

und des Gesellen Hofgesäß zu Tieringen (b. Balingen)<br />

um 45 Pfund Heller 21 . Um 1390 oder zuvor<br />

heißt es: „Heinrich Hettinger hatte den Zehnten unter<br />

Winzeln und den Hof zu Flartheim" und die Lehen der<br />

Herrschaft Hohenberg zu Tieringen. Dieselben Lehen<br />

hatte dann Dietrich Tieringer als Träger für Agnes von<br />

Tieringen und vorher hatte es zu Lehen der Pfaff Berchtold<br />

Hettinger, der als Träger den Fritz Walch bestellt<br />

gehabt" 22 . Aus dem Hätinger ist nun ein Hettinger geworden.<br />

So darf man wohl auch die folgenden Personen<br />

hierherziehen: Ein Hattinger zu Schömberg war im J.<br />

1394 mit 150 fl in der Steuer und zahlte an Österreich,<br />

Inhaber der Herrschaft Hohenberg, ein Zwanzigstel als<br />

Steuer. Dagegen zahlte ein „Hattinger zu Horb" im J.<br />

1442 an die Herrschaft Österreich anderthalb Gulden<br />

Strafe für einen Frevel 22 . Die Hettinger zu Horb haben<br />

sich bald in Rottweil und Freiburg ausgebreitet, doch<br />

gab es 1593 auch solche in Biberach und 1607 in Mainz.<br />

Die Matrikel der Universität Freiburg berichten dies und<br />

weiter: Johann H. aus Horb studierte 1561 in Tübingen<br />

1565 in Freiburg, und wohnte dort als Doktor Juris Uti.<br />

noch 1605. Aus Rottweil studierten in Freiburg: 1556<br />

Johann Leonhard Hettinger, 1565 Johann Konrad, 1567<br />

Johann Christoph, 1607 ein weiterer Johann Konrad<br />

Hettinger. Ob eine Katharina von Hettingen, 1406 Gattin<br />

des Edelknechts Rudolf von Pfahlheim, zu unseren<br />

niederadeligen von Hätingen gehörte, ist ziemlich zweifelhaft<br />

23 . Der Horber Bürgermeister Hans Hettinger besaß<br />

im J. 1453 einen Teil des Zehntens zu Bösingen b.<br />

Rottweil 24 und 1483 erwarb seine Familie, nun zu Rottweil,<br />

einen Teil des Zehnten zu Dormettingen und hatte<br />

auch zeitweise den zu Hausen am Tann 25 . In Dormettingen<br />

besaß sie das Pfarrbesetzungsrecht bis ins<br />

17. Jahrhundert 2e . Als Nachkomme obigen Hans hatte<br />

Konrad Hettinger zu Rottweil 1533 das österreichische<br />

Lehen zu Bösingen 27 . Er veräußerte am 29. Mai 1539 die<br />

Hälfte des Dorfes Bösingen an die Stadt Rottweil, wo er<br />

Bürger war, um 460 fl. Am 14. Juli 1572 starb 63jährig<br />

der Consul und Assessor des kaiserlichen Hofgerichts<br />

zu Rottweil, Johann Conrad Hettinger. Seine Gattin<br />

Anna Möckerin stiftete ihm einen farbigen Grabstein in<br />

der 5. Kapelle des Heiligkreuz-Münsters daselbst 28 . Vermutlich<br />

ist er identisch mit dem gleichnamigen Bürgermeister<br />

von Rottweil, der laut Zimmerischer Chronik im<br />

Jahr 1560 bei der Hochzeit des Grafen Heinrich von<br />

Fürstenberg dabei war, und dessen Sohn in Freiburg studierte<br />

29 . In der Friedhofkirche zu Gengenbach findet<br />

sich ein Grabstein mit der Aufschrift: „Anno (15)90, den<br />

26. July starb Johann Friedrich Hetinger, dem Got genad".<br />

Dabei steht das bei O. v. Alberti 30 abgebildete<br />

Wappen der Rottweiler Hettinger neben dem der Liesch<br />

von Hornau (zu Horb). Nach Alberti gehört auch der<br />

kurmainzische Rat Johann Hettinger hierher, der im J.<br />

1675 mit dem Beinamen „zu Neckerstein" geadelt wurde.<br />

Das Wappenbuch Siebmacher 31 bringt als Wappen<br />

der Rottweiler Hettinger: In Weiß und Rot gespaltenem<br />

Schild ein auf grünem Dreiberg stehender Sittich mit<br />

Halsband, und als Helmzier den Sittich auf einer rotweißen<br />

Kappe stehend. Er reiht die Familie ein unter<br />

„Speyerische am kaiserlichen Hofgericht" und unter „Biberachische"<br />

als „Hettinger vom Neckherstein". Zu untersuchen<br />

wäre, ob alle diese und auch der berühmte<br />

Kanzelredner und Schriftsteller Prof. Franz Hettinger<br />

von Aschaffenburg zu Würzburg (1819-90) tatsächlich<br />

von unseren Hätingern abstammen.<br />

Doch kehren wir nach dieser Abschweifung wieder nach<br />

dem Lauchertstädtchen Hettingen zurück:<br />

Graf Heinrich von Veringen wird letztmals in einer teils<br />

in Hettingen, teils Gammertingen ausgestellten Urkunde<br />

vom 29. November 1307 erwähnt. Darin wird der Verkauf<br />

von Gütern des Ritters Otto von Grüningen ans<br />

Kl. Salem bezeugt, weil sie veringisches Lehen waren 32 .<br />

Im Jahre 1310 weilte Graf Wolfrad von Veringen auf<br />

Burg Hettingen, damals „Haitingen" geschrieben. Hier<br />

stellten am 25. November 1311 Gr. Wolfrad und Gr.<br />

Heinrich und Heinrich, sein Sohn, der Kirchherr zu<br />

Veringen (Laie, nicht Pfarrer!), samt ihrer Schwester<br />

Katharina eine Urkunde aus. Sie betrifft den Verkauf<br />

der Burg Sigeberg bei Upflamör um 540 Pfund Heller<br />

ans Kloster Zwiefalten als Lehen von Reichenau. Diese<br />

Lehenschaft wird damit auf Stadt und Dorf und Kirchensatz<br />

zu Gammertingen übertragen, die nun Mannlehen<br />

Reichenaus für die Grafen werden 33 .<br />

39


Am 6. Dezember 1346 lesen wir von einem Bürger Ruf<br />

Manze von Hettingen an der Bruck, für den sein Herr,<br />

Graf Heinrich von Veringen, siegelt 34 . Am 1. Mai 1360<br />

verkauften Gr. Heinrich von Veringen und sein Sohn<br />

Friedrich den leibeigenen Kunz den Maiger von Hätingen<br />

um 6 Pfund Heller. Dieser Graf Heinrich starb am<br />

25. März 1366. Sein Grabstein steht in der Pfarrkirche<br />

Hettingen. Auch ein Jahrtag besteht für ihn 35 . Die Grafenbrüder<br />

Wolfrad und Fritz von Veringen veräußerten<br />

am 5. Januar 1379 an zwei Veringer Bürger Gilten aus<br />

einzeln aufgeführten Hettinger Wiesen, u. a. an der Vehlen<br />

(Fehla; Vehlen ist verdruckt!) 36 . Auch dieser Graf<br />

Friedrich wurde nach seinem 1385 erfolgten Tod in der<br />

Hettinger Pfarrkirche beigesetzt 37 .<br />

Um jene Zeit ist in Hettingen am Kirchplatz ein Frauenklösterlein<br />

geplant gewesen. Eine Urkunde vom<br />

14. März 1395 berichtet: Vor Wilhelm von Hohenrechberg<br />

(Schwestersohn der genannten Grafen von Veringen)<br />

und der Bürgerschaft sei die ehrbare Grau Guota<br />

Gensler erschienen und habe gebeten, aus Liebe zu Gott<br />

in dem Häuslein wohnen zu dürfen, das an einer Seite<br />

auf der Kirchhofmauer (bei der Kirche) stehe, und zwar<br />

ohne Steuer und Frondienste leisten zu müssen. Wenn<br />

eine oder mehr Schwestern zu ihr ins Haus ziehen wollten,<br />

möge man es ihnen ebenso gestatten. Dies gesteht<br />

der adelige Herr zu mit dem Recht, immerfort dort umsonst<br />

zu wohnen und die Nachlässe nach Belieben zu<br />

vermachen 38 . Der Graf (als eigentlicher Machthaber in<br />

der Stadt) gestattete dies.<br />

Graf Wölfli von Veringen selber war offenbar amtsmüde<br />

und vermutlich krank: Am 20. August 1398 vermachte<br />

er vor dem Hofgericht Rottweil seine Güter an den<br />

Grafen Friedrich von Zollern-Schalksburg, genannt<br />

Mülli 39 . Doch starb der Beschenkte samt seinem Sohn<br />

noch vor dem Schenker.<br />

Im Jahre 1401 erwarb die Pfarrkirche St. Martin zu<br />

Hettingen vom Gammertinger Bürger Heinz Trützer als<br />

Jahreszins 4 Schilling Heller aus einem Haus im Dorf<br />

Anmerkungen:<br />

1 MittH 31, (1897) 91. 2 Zwiefalter Chronik, hgg. von König<br />

u. Müller 1941; Mon. Germ. Necrol. I. 3 HJH 1937,68;<br />

1950,145; 1951, 10 f.; 1956,124; HH 1957,14; 1965,26;<br />

1966,57; 1967,9 u. 28; ZfwL 1966, 94 f. 4 ZfwL 1966,94,166.<br />

4a ebd., 100. 5 HH 1968,27. 6 Chr. Zwief. 88. 7 HH 1966,57.<br />

8 WUB 3,445. 9 ebd., 4,282. 10 dito, 2,367. 11 MittH 3,48.<br />

12 WUB 6,200. 13 MittH 4,14 u. 18. 14 Mitt 3,67. 15 WUB 7,167.<br />

16 HH 1967,32. 17 WUB 8,423. 18 WUB 11,24. 19 Mitt 4,14,18.<br />

MANFRED HERMANN<br />

Die Nötenwang-Kapelle zu Inneringen<br />

In vielen Gemeinden des Zollerlandes gibt es neben den<br />

Pfarrkirchen zahlreiche Kapellen, die teils von adligen<br />

Grundherren, Klöstern, teils aber auch vom einfachen<br />

Volk als Zeichen reichen religiösen Lebens gestiftet wurden.<br />

Sie sind Ausdruck eines oft kindlich schlichten, lebensfrohen<br />

und sogar jubelnden Glaubens, der sich im<br />

Ewigen geborgen fühlt. Viele Kapellen sind freilich auch<br />

in Zeiten größter innerer und äußerer Not entstanden,<br />

da die Gläubigen Zuflucht suchten beim Herrn aller<br />

Dinge, insbesondere der Naturgewalten. Viele Menschen<br />

setzten ihr Vertrauen in die Freunde Gottes an dessen<br />

Gnadenthron, so in die Gottesmutter, in verschiedene<br />

Seuchen- und Viehpatrone und andere Heilige, da sie<br />

hofften, Gott werde keine Bitte seiner Freunde abschla-<br />

40<br />

(Vorstadt) Gammertingen 40 . Heiligenpfleger waren<br />

Benz Schick und Albert Kumprächt. Vier Jahre darauf,<br />

am 11. November, trat der Veringer Bürger Hartlieb<br />

Läsch seine Gärten zu Hettingen innerhalb des Etters<br />

dem Heiligen St. Martin ab. Er hatte sie von Heinz dem<br />

Mälchinger von Hustnegg (bei Gammertingen am Weihtäle)<br />

käuflich erworben und erhielt nun 26 Pfund Heller<br />

40 . Benz Vierdung, Bürger zu Hettingen, veräußerte<br />

am 29. März 1405 4 Schilling Jahreszins aus seinem<br />

Haus und Garten beim Türli an der Badstube um 4 Pfund<br />

weniger 4 Schilling. Vor dem Rottweiler Hofgericht vermachte<br />

am 7. September 1407 Graf Wölfli von Veringen<br />

im Falle seines Todes dem Heinrich von Hohenrechberg,<br />

dem Sohn seiner Schwester Sophie (Gattin des Wilhelm<br />

von Hohenrechberg), die Herrschaft Gammertingen, die<br />

Pfandschaft an der Vesti Liechtenstein, die 2 Altarlehen<br />

zu Hettingen und anderes, was er noch besaß. Er siegelte<br />

neben dem Hofgericht.<br />

Zwei Jahre darauf, am 14. September, urkundete derselbe<br />

Graf: Sein Kaplan Burkart Stoll zu Hätingen habe<br />

von Hans von Steinhilben zu Herrenberg all seinen Besitz<br />

im Dorflein Hermentingen gekauft: Landgarbe,<br />

Zins, Gilten. Der Kaplan stiftet es an den St. Katharinenaltar<br />

zu Hettingen, dessen Gründer die Grafen von<br />

Veringen sind. Der Graf überträgt nun das Gekaufte als<br />

bisher gräfliches Lehen als Eigentum dem genannten Altar<br />

zur Ehre Gottes, Mariens und aller Heiligen und besonders<br />

St. Katharina zum Seelenheil des Grafen und<br />

seines Geschlechtes 40 .<br />

Graf Wölfli von Veringen starb als letzter seiner Linie<br />

im Jahre 1415 in Saulgau und wurde in Hettingen beigesetzt.<br />

Zu einem eigenen Grabstein scheint seine Hinterlassenschaft<br />

nicht mehr gereicht zu haben 41 . Von da<br />

an handelt Heinrich von Rechberg als Herr zu Hettingen.<br />

Die Zimmerische Chronik von 1566 meint (1,45),<br />

die Veringer Grafen hätten sogar die Sättel ab den Pferden<br />

ins Städtlein Veringen verkauft, was wohl übertrieben<br />

sein dürfte.<br />

20 W. Reg. 7244. 21 W. Reg. 6746. 22 Müller, Hohenberg 1,145 u.<br />

11,173 . 23 W. Reg. 8 751. 24 OA Rottw. 349. 25 Kreisbesch. Balingen<br />

11,185,411. 26 OA Rottw. 3 8 2. 27 OA Rottw. 349. 28 OA<br />

Rottw. 184. 29 Zimm. Chronik 11,25 0,4 3 3 . 30 O. v. Alberti,<br />

Württ. Wappenbuch 1,1097. 31 Siebmachers großes Wappenbuch<br />

V.211. 32 MittH 4,20 f. 33 Mitt 4,23. 34 Mitt 4,43. 35 Mitt<br />

5,5, Bild S. 122. 36 HH 1957,31. 37 Mitt 5,15. 38 HH 1957,31<br />

nach Orig. i. Pfarrarchiv. 39 Mitt 5,23. 40 HH 1957,31. 41 Mitt<br />

5,37.<br />

gen. Viele kleine und große Heiligtümer wurden zu<br />

Wallfahrtsorten, zu denen ganze Pfarreien unterwegs<br />

waren. Das Wallfahren gründete eben auf dem Bewußtsein,<br />

daß an vielbesuchten Gebetsstätten der Himmel offener<br />

sei und Gott auf die Fürsprache seiner Heiligen<br />

freigebiger Gnaden austeile als anderswo. Ja, sie galten<br />

als zeichenhafte Vergegenwärtigung des Jenseits, zu dem<br />

der Pilger unterwegs ist. Mühe und Opfer einer frommen<br />

Reise waren Werke der Sühne und läuternden Vorbereitung<br />

auf die Gottesbegegnung am Wallfahrtsort 1 .<br />

Zu den Nahwallfahrten im engeren Raum gehörte<br />

auch die Kapelle Maria-Nötenwang bei Inneringen.<br />

Recht einsam steht sie zwei Kilometer südöstlich des Ortes<br />

in einer Waldschneise an der Straße nach Egelfingen.


Leider wird sie von Gläubigen nur noch wenige Male im<br />

Jahr aufgesucht. Zudem ist sie wegen ihrer abseitigen<br />

Lage nicht wenig durch Einbrecher gefährdet.<br />

Uber die Entstehung gibt es leider keine sehr zuverlässigen<br />

Nachrichten. Auf jeden Fall ist sie - nach Unterlagen<br />

im Inneringer Pfarrarchiv 2 - 1646 errichtet und<br />

damit ein „Kind" des Dreißigjährigen Krieges, jedenfalls<br />

aus der Not und Gefahr der damaligen Ereignisse geboren.<br />

Die mündliche Tradition berichtet, ein österreichischer<br />

Offizier sei bei einer Schlacht auf dem Degerfeld,<br />

einem Gewann unterhalb des Kapellenstandortes, wunderbar<br />

aus Todesgefahr errettet worden 3 . Er habe daraufhin<br />

die Kapelle gelobt und auch gestiftet. Wahrscheinlich<br />

bezieht sich die Überlieferung auf die schrecklichen<br />

Kriegsereignisse der Jahre 1632 und 1633, als der<br />

Ort viel zu leiden hatte 4 . Offensichtlich ist die Stiftung<br />

des Offiziers rasch von der Pfarrgemeinde angenommen<br />

Nötenwang-Kapelle Foto: M. Hermann<br />

worden. Denn das Gnadenbild der Kapelle, die „Madonna<br />

mit der Erdbeerschüssel", trägt auf der Rückseite die<br />

Inschrift „R. D. M. G. B. & B. N. 1633", deren Auflösung<br />

im ersten Teil lautet: Reverendus Dominus Magister<br />

Georgius Benckler. Sie nennt damit den Namen jenes<br />

opfervollen Priesters, der von 1610 bis 1640 als Seelsorger<br />

in Inneringen wirkte und Großes während der<br />

Pest- und Kriegszeit leistete. Seiner sorgfältigen Kirchenbuchführung<br />

verdanken wir eine genaue Kenntnis<br />

der Bevölkerungsverluste Inneringens während Seuche<br />

und Krieg. Er starb als Dekan des Landkapitels Riedlingen,<br />

nachdem er „über 30 Jahre lang das Amt des Pfarrers<br />

mit größter Sorgfalt versehen hatte" ä . Die Inschrift<br />

des Gnadenbildes macht deutlich, daß wir in diesem<br />

Geistlichen den Hauptstifter der Figur vor uns haben -<br />

der damalige Kaplan mag der zweite gewesen sein -<br />

und daß die Stiftung auf das Jahr 1633 zurückgeht. Die<br />

Madonna ist heute noch das einzige Ausstattungsstück<br />

aus der ersten Kapelle.<br />

Sehen wir, wie die Kapelle in das gottesdienstliche Leben<br />

der Pfarrei hineingenommen war. Am Josephstag -<br />

19. März - zogen die Gläubigen in feierlicher Prozession,<br />

also mit Kreuz und Fahnen, zum Heiligtum der<br />

Gottesmutter in „Aitenwang" (später Nötenwang). Johann<br />

Ott, der Dorfchronist des 18. Jahrhunderts, weiß<br />

von seinen Eltern her noch über Pfarrer Ludwig Freiherrn<br />

von Gall (1680-97 in Inneringen) zu berichten 6 :<br />

„Auch habe er gemelter Pfarrherr zue Aytenwang bey<br />

so großem Schneh seine Pfarrkünder an S. Josephs Tag<br />

ermanet und gebeten, daß sie sollen den allmechtigen<br />

Gott und die überselligiste Muetter Gottes und den heiligen<br />

Joseph mit instendigem Beten und Anruofen nicht<br />

nachlassen, biß und so lang Gott der Allmechtige und<br />

die selligiste Mutter Gottes und der heilige Joseph [sie]<br />

erhöre. Man solle kaum dieses Gebet mit großer Andacht<br />

verricht haben, so habe sich durch die augenscheinliche<br />

Gnadt Gottes das Wetter gebrochen, daß man vermeindt,<br />

nicht mehr anheim zu kommen, daß man bis an<br />

die Knie durch den Schneh hinab getreten habe, allwo<br />

man in dem Hinabgehen auf dem Schneh gelofen wie<br />

auf einem Bredt. Ist dieser große Schneh innerhalb 3<br />

oder 4 Täg über flachem Feld vollkommentlich hinweg<br />

gegangen". Ebenso zogen die Inneringer am Fest Mariä<br />

Heimsuchung (2. Juli, das Patronatsfest) prozessionsweise<br />

zur Kapelle in „Aithenwang", um die Gottesmutter<br />

für das Dorf zu bitten.<br />

Von einer umfassenden Renovation der Gnadenstätte<br />

hören wir unter Pfarrer Johann Heinrich Gauch<br />

(1717-32 in Inneringen) 7 . Aus Mitteln der Heiligenpflege<br />

seien die „heillige Dreyfaltigkeit Capellen, die<br />

Niclaus Capellen und das Aytenwanger Capelle" erneuert<br />

worden. Durch den Verlust der Heiligenpflege-Rechnungen<br />

läßt sich das genaue Jahr und der Umfang der<br />

Arbeiten nicht mehr feststellen. Es mag um 1725 gewesen<br />

sein, als die Renovation der Kreuz-Kapelle beendet<br />

war.<br />

Unter Pfarrer Friedrich Anton Freiherr von Langen<br />

(1747-72 in Inneringen) 8 nahm die ganze Gemeinde in<br />

der Sorge um das tägliche Brot Zuflucht zur Gnadenmutter<br />

von Aiten- oder Nötenwang. Am 11. Juli 1751<br />

bat der genannte Seelsorger Schultheiß und Bürgermeister<br />

einen Revers zu unterschreiben, in dem festgelegt<br />

wurde, diesen Sommer hindurch wöchentlich eine Prozession<br />

nach Mariä Aithenwang zu gehen „um abwendung<br />

des Hagels, Schauer etc und Erhaltung der lieben<br />

Feldfrüchten". Die Bitte wurde gewährt, freilich angefügt<br />

„aber zu keiner Schuldigkeit des Herrn Pfarrers<br />

oder der Gemeind, sondern es jedem Theil auf andere<br />

Jahre ferners hin freystehen thuet, doch aber die Gemeind<br />

iederzeitt einen ieweiligen Herrn Pfarrer zu ersuchen<br />

und erbetten hat" 9 . Bei früheren Seelsorgern war<br />

es mehr Brauch gewesen, im selben Anliegen den Rosenkranz<br />

betend zur Dreifaltigkeitskapelle zu ziehen. Nunmehr<br />

hatte sich wohl der Ruf der Aitenwang-Kapelle<br />

gefestigt, ein Gnadenort zu sein, dem man den Vorzug<br />

gab.<br />

Nach 114jährigem Bestehen wurde die Kapelle durch einen<br />

Neubau ersetzt. Johann Ott schreibt darüber: „Eß<br />

ist in anno 1760 daß Aytenwanger Capelle nach Pfingsten<br />

[25. Mai] abgebrochen worden, und die Selligiste<br />

Muetter Gottes in die heillige Creitz Cappellen mit einer<br />

großen prozession übersetzt worden. Dise gemelte Capellen<br />

ist wiederum durch gemelten Herrn Pfarrer Jhro Exzelenß<br />

Herrn von Langen und andere guth Thetter wi-<br />

41


derum alß ney auferbaut worden, und den 7. herbstmonat<br />

[September] ist die Muetter Gottes widerum von hier<br />

auß mit höchster Sollaenitet und procession mit vilen<br />

unzallebaren fremben Leiten in dise neye Capellen Ayte<br />

oder Netenwangen übersetzt worden" 10 . Wie auch bei<br />

anderen Bauten bzw. Renovationen scheint Pfarrer von<br />

Langen nicht nur der Initiator des Neubaus gewesen zu<br />

sein, er dürfte auch einen Großteil der Unkosten aus eignen<br />

Mitteln bestritten haben. Leider berichtet Ott nicht,<br />

welche Handwerker und Künstler der Seelsorger beigezogen<br />

hat.<br />

Drei Jahre später wurde die Kapelle feierlich eingeweiht:<br />

„Anno 1763 den 4. Augusti ist das Aytenwanger<br />

Kapelle und zue gleich daß Niclaß Kabelle in einem Tag<br />

durch den Weybischof von Costantz [Franz Carol Joseph<br />

Fugger, Graf von Kirchberg und Weißenhorn] gewihen<br />

worden mit großer SoIIenitet, und zugleich auch<br />

allhier gefirmt worden" (Johann Ott).<br />

Am Fest des hl. Ulrich, Bischofs von Augsburg, (4. Juli)<br />

1774 fiel 4 Uhr nachmittags in Inneringen ein starker<br />

Hagel und vernichtete die Winterfrucht ganz, die Sommerfrucht<br />

teilweise, und zwar so, daß viele die niedergeschlagene<br />

Frucht im Oberen Osch nicht einmal mehr einbrachten.<br />

Um solche Schäden zu verhindern und die<br />

göttliche Gerechtigkeit zu versöhnen, ordnete Pfarrer<br />

Alois Lindau (1772-84 in Inneringen) an, daß am<br />

St. Ulrichsfest jeden Jahres morgens früh um 6 Uhr eine<br />

Prozession zum Heiligtum der Gottesmutter in Aitenwang<br />

stattfinden solle, wo eine erste hl. Messe gelesen<br />

werde. Darauf kehre die Prozession ins Dorf zurück, wo<br />

in der Heiligkreuz-Kapelle eine zweite hl. Messe und<br />

darauf in der Pfarrkirche eine dritte gehalten werden<br />

möge, vorausgesetzt, es seien drei Priester da. Andernfalls<br />

solle in einer der Kapellen ein Meßopfer entfallen,<br />

dafür der Rosenkranz mit den Litaneien gebetet werden<br />

11 . Die Nachfolger des Pfarrers hätten jedoch die<br />

Freiheit, anders in dieser Sache zu entscheiden. Die genannte<br />

Übung blieb bis zum Jahr 1821 bestehen. Kaplan<br />

und Pfarrverweser Raphael Stählin schrieb unterm<br />

5. August desselben Jahrs: „Nicht unverdientermaßen ist<br />

dies aufgehoben worden als überflüssige Frömmigkeitsübung".<br />

Denn der Himmel werde nicht durch das Geschrei<br />

vieler Bitten versöhnt, sondern mehr durch Zerknirschung<br />

des Herzens, durch Flucht vor der Sünde<br />

und die Ehrsamkeit der Sitten, was leichter in der Mutterkirche<br />

eingehalten werden könne. Eine für diese Zeit,<br />

die kaum mehr ein Verhältnis zur barocken Frömmigkeit<br />

besaß, bezeichnende Bemerkung!<br />

Auch die wöchentlichen Prozessionen zur Nötenwang-<br />

Kapelle in der Sommerszeit setzte der eifrige Seelsorger<br />

Alois Lindau, der Nachfolger von Langens fort. Als die<br />

Ortsvorsteher 1777 vergaßen, um diese Bittgänge nachzusuchen,<br />

verlas der Pfarrer den Revers von 1751 sonntags<br />

von der Kanzel. „Es haben aber die Vorgesetzten<br />

sich nach dem Gottesdienst bey mir gemeldet, ihr Vergessen<br />

und Nachlessigkeit anerkannt, und umb fernere<br />

Procession nacher Maria Aytenwangen bittlichen angehalten",<br />

so vermerkt Pfarrer Lindau unterm 19. Juni<br />

dieses Jahres 12 .<br />

Die Wertschätzung des Heiligtums überdauerte - das<br />

läßt sich an den Votivtafeln der Kapelle ablesen - die<br />

schwere Zeit der Aufklärung, da etwa in Vorderösterreich<br />

von Joseph II. alle Bruderschaften und Wallfahrten<br />

verboten, ja sämtliche Nebenkirchen abgerissen werden<br />

mußten. Der neue Geist machte sich in einer Anweisung<br />

des Konstanzer Generalvikars, Freiherrn von Wes-<br />

42<br />

.i? v *<br />

Madonna mit der Erdbeerschiissel Foto: M. Hermann<br />

senberg, auch hier bemerkbar, die Bitt- und öschprozessionen<br />

nach Jungnau und die an Mariä Heimsuchung<br />

nach Nöthenwang abzuschaffen, bzw. sie durch eine<br />

Betstunde in der Pfarrkirche zu ersetzen (Anordnung<br />

vom 6. 6. 1804) 13 .<br />

Die schwerste Unwetterkatastrophe seit Menschengedenken<br />

traf die Gemeinde Inneringen am Bartholomäus-Tag<br />

(24. 8.) 1853 u . „Es war ein heißer Sommertag. Unheimliche<br />

Schwüle lag auf der ganze Flur. Die Leute waren<br />

mit der Ernte auf dem Feld beschäftigt.- Da ballten<br />

sich zwischen 3 und 4 Uhr nachmittags nordwestlich des<br />

Dorfes schwarze Gewitterwolken zusammen. Näher und<br />

näher zogen sie heran. Der Sturm brach los. Blitze auf<br />

Blitze zuckten, und ohne Absetzen brauste und brüllte<br />

der Donner. Den Tropfen folgten sofort die Schloßen<br />

und Hagelkörner, immer größer und dichter. Bald hatten<br />

sie die Größe von Hühner-, ja Gänseeiern erreicht,<br />

bis sie gar zusammengeballt in Klumpen und Eisstücken<br />

niederprasselten. Nach etwa 10 Minuten ließen die empörten<br />

Elemente etwas nach mit ihrer Raserei, und es<br />

bot sich den Bewohnern Inneringens ein entsetzliches<br />

Bild der Verwüstung und der Zerstörung. In obigem<br />

Zeitraum von 10 Minuten waren alle Häuser abgedeckt<br />

worden. Nicht eine einzige Ziegelplatte war mehr auf<br />

denselben zu sehen. Sämtliche Fenster auf der Nordwestseite<br />

der Häuser waren zertrümmert.


Das Mauerwerk der Häuser sah aus, wie wenn mit Kartätschen<br />

darauf geschossen worden wäre. Das Futter und<br />

die Feldfrüchte, welche draußen standen, waren derart<br />

in den Boden hineingeschlagen, daß kaum zu erkennen<br />

war, ob hier Gerste oder Haber gestanden hatte. Die<br />

Obstbäume standen da ohne Laub, ohne Triebe, ohne<br />

Frucht und vielfach auch ohne Rinde. In den Wäldern<br />

sah es gerade so aus. Die Tiere des Feldes wie Hasen,<br />

Rebhühner, Wachteln und andere Vögel lagen zu Hunderten<br />

erschlagen umher . . . Zur immerwährenden Erin-<br />

Votivtajel von 1832 von Lukas Flöß Foto: M. Hermann<br />

nerung an dieses allgewaltige Naturereignis wird seit jener<br />

Zeit alljährlich am 24. August eine Bittprozession<br />

nach „Maria Nöthenwang" gehalten und nachmittags<br />

von 15.30 - 16 Uhr mit allen Kirchenglocken in drei<br />

Absätzen geläutet. Die Leute halten dann bei der Arbeit<br />

inne und beten 5 Vater unser und das „Salve Regina"<br />

zur Abwendung eines ähnlichen Hagelschlages wie im<br />

Jahr 1853." Weitere Anliegen der gläubigen Besucher<br />

werden auf den Votivtafeln deutlich.<br />

Sehen wir uns die Kapelle näher an. Es ist ein ungegliederter<br />

Bau mit zwei Fensterachsen und einem halbrunden<br />

Chor auf der Südseite, aus Bruchsteinen aufgeführt<br />

und mit einem Biberschwanzdoppeldach versehen. Auf<br />

der Nordseite ein gewalmtes Vordach auf zwei Holzstützen.<br />

Unterhalb des Dachansatzes sind zwei kräftige<br />

Profilleisten zu sehen. Auf dem Südende des Dachfirstes<br />

sitzt ein Kreuz über Kugel und Stange. Dem Eintretenden<br />

bietet sich das Bild einer verstaubten und selten gelüfteten<br />

„Bauernstube" mit zahlreichen Tafeln an der<br />

Wand, mit Kränzen und Wachsblumen und einem einfachen,<br />

etwas holprigen Ziegelplattenboden.<br />

Der Aufbau des Altares folgt dem Halbrund des Chores<br />

und bildet in der Mitte eine große Nische für das Gnadenbild,<br />

die „Madonna mit der Erdbeerschüssel". Maria<br />

steht auf einer Wolkenbank, die von dem über dem Tabernakel<br />

aufsteigenden Sockel getragen wird, dazu ist sie<br />

von einem barocken Strahlenkranz umgeben. Über der<br />

Figur, ferner an der geschweiften Mensa sind muschelförmige<br />

Ornamentschnitzereien von bescheidener Qualität<br />

angebracht. Beidseitig vom Tabernakel sind in rechteckiger<br />

Umrahmung die reliefartigen Brustbilder von<br />

Maria und Johannes zu sehen. Gekrönt wird der Altar<br />

von vier geflügelten Engelsköpfchen. Das gesamte<br />

Schreiner- und Schnitzwerk macht einen etwas hausbakkenen<br />

Eindruck, es sind Werke einfacher Volkskunst.<br />

Sehr bemerkenswert ist die Madonna von 1633 lä , also<br />

aus der Mitte des Dreißigjährigen Krieges, die schon barocke<br />

Züge trägt und doch noch aus dem Geist der Gotik<br />

geschaffen ist. Sie ist Gottesmutter und Himmelkönigin<br />

in einem. Aufrecht steht sie vor dem Beter, den linken<br />

Fuß - unsichtbar unter dem langen Mantel - auf<br />

die Mondsichel mit breitem Gesicht gesetzt. Mit der<br />

rechten Hand hält sie das nackte Jesuskind, das ebenfalls<br />

dem Beter entgegensieht, das linke Ärmchen um den<br />

Hals der Mutter gelegt und mit der Rechten nach den<br />

Früchten in der anderen Hand der Maria greifend. Das<br />

gekrönte Haupt der Madonna wird gerahmt vom offen<br />

über den Rücken niederfließenden, welligen Haar. Der<br />

fußlange Mantel ist ziemlich flach gearbeitet; rundliche,<br />

kaum gebrochene Schüsselfalten sitzen ihm einfach auf.<br />

Vor dem linken Fuß erscheint, teils vom Mantel bedeckt,<br />

die Mondsichel mit einem kräftig herausgearbeiteten<br />

Männergesicht.<br />

Zum reizvollen Inventar der kleinen Wallfahrtskapelle<br />

gehören 9 noch erhaltene Votivtafeln und 2 Hinterglasbilder,<br />

die sich allesamt in einem angegriffenen Zustand<br />

befinden. Bei den meisten beginnt die Malschicht abzublättern,<br />

etliche weisen schon große Fehlstellen auf. Die<br />

älteste Tafel von 1771 stammt ohne Zweifel von dem<br />

Inneringer Dorfmaler Johann Chrysostomus Flöß<br />

(1721-72 in Inneringen), sechs weitere zwischen 1794<br />

und 1832 schuf dessen Sohn Lukas Flöß (1751-1834) in<br />

seiner charakteristischen Manier. Die besterhaltene Tafel<br />

von 1832 soll dem Leser einen Eindruck dieser reizvollen<br />

Bauernmalerei vermitteln.<br />

Es wäre zu wünschen, daß die Kapelle noch besser gegen<br />

Einbruch gesichert wird oder deren Kunstgegenstände an<br />

einem sicheren Ort geborgen werden. Vielleicht findet<br />

sich auch einmal ein Spender, der die Restaurierung der<br />

Votivtafeln ermöglicht.<br />

Anmerkungen<br />

1 Beitl Klaus, Votivbilder - Zeugnisse einer alten Volkskunst,<br />

Salzburg 1973, Erläuterung zu Tafel 15.<br />

2 Mortuarium sive Liber Anniversariorum Ecclesiae Inneringanae,<br />

ex antiquiore erutus, in Ordinem digestus et conscriptus<br />

a M: Joanne Conrado Arbogasto Gauch SS Theologie<br />

et SS Canonum Candidato, ejusdem Ecclesiae tunc temporis<br />

Parocho et Rectore, 1733, pag. 68.<br />

3 L. Stauss, Inneringen, in: 50 Jahre Lauchertzeitung, Gam-<br />

mertingen 1926, S 33.<br />

4 Maier, Krezdorn, Die Geschichte des Ortes Inneringen,<br />

Verlag der Gemeinde, o. J. (1966), S. 88.<br />

5 PfArchiv Inneringen, Totenbuch I (Eintrag zum 24. Sept.<br />

1640).<br />

6 PfArchiv Inneringen, Dorfchronik, Hs. »Gedenkh- und<br />

Merkh-würdige Sachen, die sich bey meinen Lebzeiten hin<br />

und wieder zue getragen haben . .., den Anfang darzue gemacht<br />

in Anno 1722«. Pfarrer Ludwig Frh. von Gall war<br />

der Sohn des Trochtelfinger Obervogtes Franz Ludwig von<br />

Gall (1660-82 in fürstenberg. Diensten), von 1675-80 in<br />

Trochtelfingen Pfarrer, ab dem 19. 6. 1680 in Inneringen,<br />

dort gest. am 16.6. 1697. Auch hier wird deutlich, daß die<br />

Pfarrei Inneringen sogar Trochtelfingen gegenüber attraktiver<br />

war und ausschließlich von in fürstenberg. Diensten<br />

hochgekommenen Persönlichkeiten besetzt wurde.<br />

43


7 Aus Mellingen in der Schweiz, 1691 zum Priester geweiht,<br />

zunächst Hofkaplan der Freiherrn von Zweyer, 4 Jahre<br />

Pfarrer in Wolfach, 14 Jahre Pfarrer und Kammerer in<br />

Stühlingen (dort zugleich Hofmeister und Prinzenerzieher<br />

am fürstenherg. Hof), ab dem 13.9. 1717 Pfarrer in Inneringen<br />

bis zu seinem Tod am 27. 3. 1732. Als Prinzenerzieher<br />

weitgereist, sprach und schrieb ein gutes Französisch.<br />

Apostol. Protonotar.<br />

8 Nach dem unrühmlichen Abgang seines Vorgängers präsentierte<br />

der Fürst in Donaueschingen 1747 als besonders würdigen<br />

Seelsorger Pfarrer Anton Jos. Friedrich Freiherrn von<br />

Langen, den Sohn des fürstenb. Obervogtes in Neustadt/<br />

Schwzw. Geb. 9.11.1716, gest. 24.6.1772 als Dekan des<br />

Kapitels Riedlingen u. Pfarrer in Inneringen. Er erwarb den<br />

theol. Doktor in Rom, wurde Pfarrer in Engen. Er hatte in<br />

Inneringen zunächst einen schweren Stand: Die Sitten seien<br />

H. BURKARTH<br />

Zum 100. Geburtstag der Lauchert-Zeitung<br />

Ein Beitrag zur Geschichte des Zeitungswesens in Hohenzollern<br />

Die Lauchert-Zeitung könnte in diesem Jahr ihren hundertsten<br />

Geburtstag feiern, wenn ihr nicht die Machthaber<br />

des Dritten Reiches im Alter von fast siebzig Jahren<br />

das Lebenslicht ausgeblasen hätten. Ihr genaues Geburtsdatum<br />

ist der 4. Oktober 1876. Damals gab der Gammertinger<br />

Buchdrucker Franz Sauter die erste Nummer<br />

der Lauchert-Zeitung heraus, die gleichzeitig zum Amtsund<br />

Oberamts-Anzeigeblatt für die Stadt und den Oberamtsbezirk<br />

Gammertingen erhoben wurde. Die Zeitung<br />

erschien dreimal wöchentlich und kostete im Monat<br />

30 Pfennig frei Haus, pro Nummer also 2 1 /z Pfennig.<br />

Öfter hätte sie auch nicht erscheinen können, denn sie<br />

wurde von Hand gesetzt und auf einer Handpresse gedruckt.<br />

Als Redakteur befleißigte sich Sauter einer liberalen<br />

und regierungsfreundlichen Haltung.<br />

Schon nach fünf Monaten verkaufte Sauter jedoch<br />

Druckerei und Zeitungsverlag an einen Hironymus Büchsenmann.<br />

Büchsenmann war ein streitbarer Anhänger<br />

der Zentrumspartei, deren Sache er auch in seiner Zeitung<br />

verfocht. Diese Haltung trug ihm den Unwillen der<br />

Preußischen Beamtenschaft in Gammertingen ein und<br />

das Verbot, sich weiterhin Oberamtsblatt zu nennen.<br />

Auch sonst scheint die Sache nicht floriert zu haben,<br />

denn schon zwei Monate später hatte Büchsenmann die<br />

Lust an seiner Zeitung verloren und zog von Gammertingen<br />

weg. Obwohl er in der letzten Nummer versichert<br />

hatte, daß die Zeitung wie bisher erscheine, ereignete<br />

sich nichts mehr.<br />

Es dauerte 2 Jahre und 3 Monate, bis am 12. Juli 1879<br />

wieder eine Lauchert-Zeitung erschien. Der Buchdrucker<br />

Stefan Steinweg unternahm erneut den Versuch, an dem<br />

seine beiden Vorgänger gescheitert waren. Der dichtende<br />

Seilermeister Eduard Bär aus Gammertingen begrüßte<br />

die Neuerscheinung mit einem freudigen Gedicht. Aber<br />

auch Steinweg hatte sich mehr versprochen. Das Interesse<br />

der Landbevölkerung an einer Zeitung war noch nicht<br />

groß. Obwohl fast keine Konkurrenz vorhanden war,<br />

gab es zu wenig Abonnenten und kaum Inserate. So war<br />

Steinweg froh, daß er nach einem halben Jahr in Franz<br />

Werner aus Tuttlingen einen Käufer für Verlag und<br />

Druckerei fand.<br />

Werner war ein tüchtiger Mann und ihm ist es zu danken,<br />

daß die Lauchert-Zeitung überhaupt überlebte. Er<br />

verbesserte Aufmachung und Inhalt der Zeitung wesentlich,<br />

und es gelang ihm, mit unermüdlichem Eifer Abonnenten<br />

und Inserate zu gewinnen. Die Druckerei war<br />

44<br />

zerfallen und das pfarrliche Hauswesen nahezu zusammengebrochen<br />

gewesen. Um den geistigen Wiederaufbau der Gemeinde<br />

hatte er sich große Verdienste erworben (vgl. Totenbucheintrag).<br />

9 S. Anm. 2, pag. 59.<br />

10 S. Anm. 6, S. 46.<br />

11 S. Anm. 2, pag. 28.<br />

12 S. Anm. 2, S. 59 Zu Pfr. Alois Lindau, s.: Manfred Hermann,<br />

Zur Pfarr- und Kunstgeschichte Inneringens, HH<br />

1974, S. 12-15.<br />

13 S. Anm. 2, pag. 70.<br />

14 »Der furchtbare Hagelschlag im Jahr 1853 in Inneringen«,<br />

in: HH 1951, S. 30.<br />

15 Die Kunstdenkmäler des Kreises Sigmaringen, hg. v. Walther<br />

Genzmer, Stuttgart 1948, S. 176/77.<br />

immer noch in Privathäusern in Miete. Mit steigender<br />

Abonnentenzahl mußte der Betrieb jedoch vergrößert<br />

werden. 1881 schaffte Werner eine Schnellpresse an und<br />

zog gleichzeitig in einen Raum im Erdgeschoß des<br />

Schlosses um. In vielen Orten der Umgebung wurden<br />

Agenturen eingerichtet und Geschäftsleute wie Bevölkerung<br />

gewöhnten sich daran, Inserate, die natürlich spottbillig<br />

waren, aufzugeben. Besonders stolz war man, daß<br />

es sogar südlich von Sigmaringen und bei Hechingen<br />

Bezieher der Lauchert-Zeitung gab. Das Format der<br />

Zeitung war damals noch klein (etwa unser heutiges<br />

DIN A 4). Aber die Zeitungen der Umgebung waren<br />

auch nicht größer und erschienen ebenfalls nicht täglich.<br />

Werner erwarb sich durch seinen Fleiß und seine Tüchtigkeit<br />

großes Ansehen bei Mitbürgern und Lesern. Er<br />

galt als der eigentliche Gründer der Zeitung. 1886 zog er<br />

mit seiner Druckerei in ein eigenes Haus ein, in dem sich<br />

heute noch die Buchdruckerei Acker befindet. Mit der<br />

Zeit fühlte er sich gesundheitlich dem Betrieb nicht mehr<br />

gewachsen. Er verkaufte deshalb 1890 Verlag und Drukkerei<br />

an Paul Bosch aus Hechingen. Er selbst kaufte in<br />

Gammertingen den Gasthof „Sonne". Doch bald zog es<br />

ihn wieder zur Kunst Gutenbergs, und er übernahm in<br />

Ulm die Leitung einer größeren Zeitung.<br />

Bosch hatte es wesentlich leichter, als seine Vorgänger.<br />

Die Zeitung florierte und war in den Ortschaften des alten<br />

Oberamtes Gammertingen und den „angrenzenden<br />

Teilen Württembergs und Badens" unentbehrlich geworden.<br />

Nach zehnjähriger Tätigkeit als Redakteur und<br />

Druckereibesitzer kaufte Bosch eine größere Druckerei<br />

in Lahr.<br />

Am 1. Mai 1900 übernahm ein Schüler des bewährten<br />

Werner, Christian Daikeler aus Neufra, die Lauchert-<br />

Zeitung. Seither sind Verlag und Druckerei, wie wir<br />

noch sehen werden, fest in „Neufraer Hand". Durch den<br />

Bau der Hohenzollerischen Landesbahn kam mehr Leben<br />

ins einsame Laucherttal. Auswärtige Zeitungen, die teilweise<br />

jetzt täglich erschienen, drängten herein. Trotzdem<br />

gelang es Daikeler, den Leserkreis zu erhalten und zu erweitern.<br />

Verlagsleiter, Redakteur und oftmals auch Setzer<br />

und Drucker in einer Person, das war natürlich eine<br />

aufreibende Tätigkeit. Das Schwierigste war wohl, immer<br />

den Lokalteil zu füllen, denn es ereignete sich ja<br />

nicht viel. So mußte immer wieder das Wetter die Spalten<br />

ausfüllen. Tiefsinnig berichtete die Redaktion über<br />

den augenblicklichen Regen in Gammertingen und des-


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sierte. Die Bevölkerung war damals längst nicht so mobil<br />

wie heute. Man war zwar auch an der großen Politik interessiert,<br />

wollte aber in erster Linie wissen, was um einen<br />

herum vorging. Der Raum mittleres Hohenzollern,<br />

der früher ein selbstverständliches Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

hatte, zerfällt heute durch Kreis- und Gemeindereform<br />

langsam aber sicher. Dazu tragen natürlich<br />

auch die Zeitungen bei, die nach den jeweiligen<br />

Kreisen hin orientiert sind.<br />

Zu Anfang der dreißiger Jahre lief alles gut und niemand<br />

konnte sich vorstellen, daß sich etwas ändern würde.<br />

Acker war Junggeselle, und er sah sich rechtzeitig<br />

nach einem Nachfolger um. So kam sein Neffe Edwin<br />

Stern aus Neufra schon frühzeitig ins Haus, um die<br />

Druckkunst zu lernen. Neben dem Zeitungsdruck war<br />

die Druckerei mit Aufträgen von Privat- und Geschäftsleuten<br />

gut beschäftigt. Die Lauchert-Zeitung kostete damals<br />

1,10 und 0,36 Post- und Zustellgebühren im Monat.<br />

Das Ende der Lauchert-Zeitung nahte mit dem Dritten<br />

Reich. Seit 1934 wurden Acker zunehmend Schwierigkeiten<br />

gemacht. Die Abonnenten wurden unter Druck<br />

gesetzt, eine Parteizeitung zu abonnieren. Die Sigmaringer<br />

Kreisleitung wollte mit allen Mitteln die Zeitung der<br />

parteinahen „Verbo" eingliedern. Bei Acker hagelte es<br />

unfreundliche Briefe von der Kreisleitung und anderen<br />

Parteistellen. Acker wollte jedoch seine Selbständigkeit<br />

auf keinen Fall aufgeben. Allen Anfeindungen zum<br />

Trotz erschien seine Zeitung weiter und behielt auch viele<br />

treue Leser. Natürlich berichtete Acker auch über<br />

Parteiveranstaltungen. Aber es wurde ihm dann vorgeworfen,<br />

daß er nicht „mit Begeisterung" berichtete.<br />

Auch von der NS-Presse wurde die Lauchert-Zeitung öffentlich<br />

angegriffen, wegen angeblicher Falschmeldungen<br />

usw.<br />

Der Kriegsbeginn 1939 verschärfte die Schwierigkeiten<br />

weiter. Die meisten Mitarbeiter wurden einberufen.<br />

Trotzdem konnte durch vermehrte Arbeitsleistung der<br />

„letzten Getreuen" die Zeitung weiter erscheinen. Aller-<br />

KARL-WERNER STEIM<br />

Eisenbahn brachte den Fortschritt nach Haigerloch<br />

Eyachtalbahn von Eyach über Haigerloch nach Stetten vor 75 ]ahren eröffnet<br />

Mit der Eröffnung der Eyachtalbahn von Eyach über<br />

Haigerloch bis nach Stetten/Haigerloch vor 75 Jahren<br />

war ein wichtiger Schritt in ein neues Zeitalter getan.<br />

Ein Jahr nach der Jahrhundertwende erfüllte sich der<br />

langgehegte Wunsch von Handel, Handwerk, Industrie<br />

und der ganzen Bevölkerung. Die großen finanziellen<br />

Opfer hatten sich gelohnt, „daß auch dieser schöne Fleck<br />

Erde dem großen Verkehr erschlossen wurde", wie eine<br />

Hechinger Zeitung damals schrieb.<br />

In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts waren die<br />

Verkehrsverhältnisse im unteren Eyachtal geradezu<br />

trostlos. Von Haigerloch nach Bad Imnau gab es noch<br />

keine Talstraße; nur ein teilweise schwindelerregender<br />

Fußpfad war der einzige Verbindungsweg mit Imnau.<br />

Fuhrwerke mußten den unbequemen Fahrweg über Tailfingen<br />

benützen. Ähnlich waren die Wegverhältnisse talaufwärts,<br />

Owingen zu.<br />

1838/1840 ließ der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen<br />

die Fabrik Karlstal bei Haigerloch bauen, um den Bewohnern<br />

der Umgebung eine Verdienstmöglichkeit zu<br />

bieten. Nach der Übernahme Hohenzollerns durch Preu-<br />

46<br />

dings gab die Papierrationierung dem NS-Regime nun<br />

ein Mittel in die Hand, mißliebige Blätter durch Streichung<br />

der Papierzuteilung auszuschalten. Im März 1943<br />

war es dann soweit. Am 31. März 1943 erschien die letzte<br />

Nummer der Lauchert-Zeitung. Es ist typisch für das<br />

damalige Regime, daß die Abonnenten von dem Verbot<br />

früher erfuhren, als Acker selbst.<br />

Er betrieb seine Druckerei noch bis zum 5. Juni 1943,<br />

dann wurde auch diese, als nicht kriegswichtig, geschlossen.<br />

Er selbst wurde auf das Wirtschaftsamt in Sigmaringen<br />

dienstverpflichtet. Einige Zeit später wurde das<br />

Schriftmaterial abgeholt und auf Lastwagen weggefahren.<br />

Dies wurde weder begründet, noch war von einer<br />

Bezahlung die Rede. Der getreue Peter Osswald hatte<br />

vorher schon so etwas kommen sehen und einiges versteckt.<br />

Nach Kriegsende war es Ackers Ziel, die Lauchert-Zeitung<br />

wieder erscheinen zu lassen. Er ging zu Fuß nach<br />

Stuttgart zu einer Schriftgießerei, um Schriftmaterial zu<br />

bekommen. Auch die Papierbeschaffung war schwierig,<br />

obwohl noch etwas Papier von der Lauchert-Zeitung<br />

vorsorglich „ausgelagert" war. Im September 1946 wurde<br />

erstmalig das „Katholische Kirchenblatt" für Gammertingen,<br />

Neufra und Burladingen gedruckt. Von allen<br />

Seiten wurde das Wiedererscheinen der Lauchert-Zeitung<br />

erwartet. Aber die französische Militärregierung verweigerte<br />

die Lizenz. Als sich die politischen Verhältnisse soweit<br />

gebessert hatten, daß eine Wiederbegründung möglich<br />

gewesen wäre, war die Lizenzpresse schon so fest etabliert,<br />

daß es nicht mehr möglich war, eine kleine Zeitung<br />

neu zu begründen. Deshalb bemühte sich Acker um<br />

den weiteren Ausbau der Druckerei. Fast 20 Jahre lang<br />

erschien die „Hohenzollerische Heimat" bei Sebastian<br />

Acker, der auch das ganze finanzielle Risiko trug. Er<br />

starb am 25. Februar 1968, mit ihm ein Stück <strong>Hohenzollerischer</strong><br />

Zeitungsgeschichte. Die Buchdruckerei Acker<br />

feiert in diesem Jahr unter Herrn Edwin Stern ihr<br />

100. Jubiläum. Ihre älteste Tochter, die Lauchert-Zeitung,<br />

verschied 1943 im Alter von 67 Jahren.<br />

ßen im Jahre 1850 verstärkte der neue Landesherr die<br />

Bemühungen zur Industrialisierung des Ländchens. Bald<br />

entstand die Saline in Stetten bei Haigerloch. Diese beiden<br />

größten Betriebe im Raum Haigerloch waren aber<br />

dringend auf einen Eisenbahnanschluß angewiesen, um<br />

konkurrenzfähig zu bleiben. Dasselbe galt vor allem für<br />

die Holzhändler, Säg- und ölmüller und gerade die<br />

Hopfenbauern, die ihre Waren nur mit entsprechenden<br />

Einbußen absetzen konnten. Der geringe Besuch des Bades<br />

Imnau war natürlich auch auf die schlechten Verkehrsverbindungen<br />

zurückzuführen. So wurde der Ruf<br />

nach einer Eisenbahn immer häufiger und immer dringender.<br />

Der damalige Haigerlocher Oberamtmann Emele nahm<br />

sich der gewünschten Eisenbahn besonders an. Unter seinem<br />

Vorsitz tagte dann am 1. Juni 1878 erstmals ein<br />

„Eisenbahnkomitee", das in der Folgezeit eine umfangreiche<br />

Verkehrsstatistik aufstellte. Berginspektor Bender<br />

von der Saline in Stetten entwarf eine entsprechende Petition,<br />

die noch im gleichen Jahr nach Stuttgart gesandt<br />

wurde. Die Württembergische Eisenbahnbaukommission,


für die Hohenzollern wohl „weit hinter dem Mond" lag,<br />

lehnte am 20. Dezember 1878 ab. Die Bemühungen<br />

schienen zunächst gescheitert. 1880 stellte Bezirksgeometer<br />

Schwenk einen Kostenüberschlag auf für eine Bahnlinie<br />

Eyach - Haigerloch - Balingen. Er belief sich auf<br />

413 350 Mark ohne Hochbauten, Maschinen, Wagen und<br />

dergleichen. Im selben Jahr trat Oberamtmann Emele<br />

vom Vorstand zurück.<br />

Sein Nachfolger wurde Stadtbürgermeister Stehle, der<br />

wiederum 1887 von Salineninspektor Bender abgelöst<br />

wurde, der sich besonders nachhaltig um das Vorhaben<br />

kümmerte. Letzter Komitee-Vorsitzender wurde schließlich<br />

Amtsgerichtsrat Kraus, der das Gelingen des Werkes<br />

auch sehen durfte. Mit Unterstützung der Königlichen<br />

Regierung und des Hohenzollerischen Kommunallandtags<br />

in Sigmaringen, der Preußischen Regierung, der<br />

Westdeutschen Eisenbahngesellschaft, des Amtsverbands<br />

der Stadt Haigerloch und weiterer Gemeinden sollte das<br />

schwere Werk zur glücklichen Vollendung kommen.<br />

Am 10. Juli 1899 wurden die ersten Sprengungen am<br />

Tunnel in Haigerloch gelöst, der Durchstich wurde am<br />

21. Februar 1900 vollzog en. Die Kosten für den 130 m<br />

langen Tunnel wurden auf rund 70 000 Mark veranschlagt.<br />

Die ehrenwerten Mitglieder des Haigerlocher<br />

Herrenmuseums unternahmen im März des Jahres 1900<br />

einen Festzug durch den Haigerlocher Tunnel. Beim<br />

Austritt an der Straße nach Stetten wurden Freudenschüsse<br />

abgefeuert, die nach einem zeitgenössischen Bericht<br />

„lange im Eyachtal verhallten".<br />

Auch die übrigen Eisenbahnarbeiten machten - sicher<br />

auch dank der erfahrenen italienischen Arbeiter - rasche<br />

Fortschritte. Der Tag der Eröffnung der Eyachtalbahn<br />

von Eyach bis Stetten/Haigerloch nahte. Wie es<br />

von Stetten aus weitergehen sollte, war noch unklar. Der<br />

Haigerlocher Bevölkerung erschien eine Fortsetzung<br />

nach Balingen wichtiger als nach Hechingen.<br />

Am 17. Juni 1901 war es dann soweit. Die Bahneröffnung<br />

wurde festlich begangen. Die Stadt war prächtig<br />

geziert, ebenso der Bahnhof und die neue Bahnhofbrücke.<br />

Gegen 13 Uhr fuhr der reich bekränzte Festzug,<br />

der die Gäste aus Württemberg in Eyach abgeholt<br />

hatte, auf dem Haigerlocher Bahnhof ein. Die gesamte<br />

JOH. WANNENMACHER<br />

Sprichwörtliche Redensarten und urwüchsige Ausdrücke<br />

aus unserer heimischen Mundart (Rangendingen)<br />

Sprichwörter und Redensarten sind das kernige Brot unserer<br />

Mundart, sind Richtungspunkte mit langer Erfahrung.<br />

Sie sagen mit wenigen Worten oft mehr und zutreffender<br />

über eine Sache aus, als viele Umschreibungen<br />

und Darlegungen in hochdeutscher Sprache dies vermögen.<br />

Heute spricht, redet, schreibt man mit Recht so<br />

vielseitig von der Kraft der notwendigen Liebe und<br />

Güte, die allein Menschen und Völker miteinander versöhnen,<br />

verstehen und verbinden können. - Ein treffliches<br />

Sprichwort in der Mundart, das viel im übertragenen<br />

Sinn gebraucht wird, sagt in dieser Richtung so<br />

kurz und anschaulich: „Mit einem Tropfen Honig fängt<br />

ma meh Flieaga als mit ama Faß vool Essig". Und seufzend<br />

unter der Last der Arbeit hört man mitunter: „'S<br />

dreht sich ällas ums Häs und 's Gfräß" (Kleidung und<br />

Essen). Andererseits lehrt die Erfahrung aus früher oft<br />

armen Zeitläuften: „Am Häs und am Gfräß muaß ma<br />

spara lerna!" Wer seinen Platz am Tisch oder auch seine<br />

Arbeitsstätte ungeordnet verläßt, „Dear lauft aweg (da-<br />

Schuljugend sang ein Eisenbahnlied. Ein Schulkind begrüßte<br />

den Sigmaringer Regierungspräsidenten, Graf<br />

Brühl, mit einem Gedicht. Ein anderes Mädchen sprach<br />

ein Verschen für den Vertreter des zuständigen Stuttgarter<br />

Ministers, Freiherr von Soden. Stadtrat Schaller begrüßte<br />

namens der Stadt Haigerloch. Sängerbund und<br />

Liederkranz umrahmten den Festakt auf dem Bahnhof.<br />

Nach der Rückkehr von Stetten bewegte sich ein langer<br />

Festzug unter Vorausmarsch der Tübinger Militärmusik<br />

zum Gasthof „Post". Dort wurden die gebührenden<br />

Trinksprüche ausgebracht. Soviel Prominenz hatte Haigerloch<br />

lange nicht gesehen. Mit Musik verrannen die<br />

Feststunden wie im Flug.<br />

Abends war ein Festbankett für die Bevölkerung in der<br />

Brauerei Maier. Dr. Mock führte den Vorsitz, die Festrede<br />

hielt Hauptlehrer Fink. Zahlreiche Gedichte, Trinksprüche<br />

usw. lockerten die Feier auf.<br />

An diesem Festtage kam morgens der letzte Dettinger<br />

Postwagen reich geschmückt in Haigerloch an. Während<br />

des Festessens nahm auch der Eyacher Postwagen Abschied.<br />

Er war mit Fahnen und Laubgewinden geziert,<br />

der Postillon mit Trauerflor.<br />

Zwar klang Wehmut mit, doch war der Tag der Eisenbahn-Eröffnung<br />

ein heiß herbeigesehntes Ereignis. Wie<br />

schrieb doch die Zeitung als Vorspruch zur Bahn-Eröffnung<br />

vor 75 Jahren: „Wo heutzutage die Eisenbahn<br />

nicht hingeht, da ist, wie man zu sagen pflegt, die Welt<br />

mit Brettern vernagelt."<br />

Der Abschnitt Eyach - Stetten/Haigerloch ist 13,3 km<br />

lang. Als erste Strecke der Hohenzollerischen Kleinbahn-<br />

Gesellschaft, die am 5. Juli 1899 gegründet worden war,<br />

war am 28. 3. 1900 das 5,6 km lange Teilstück Sigmaringendorf<br />

- Bingen und am 18.3. 1901 Hechingen -<br />

Burladingen (14,7 km) eröffnet worden. Weiter folgten<br />

dann: Kleinengstingen - Gammertingen (19,7 km) am<br />

7. 9. 1901, Burladingen - Gammertingen und Hanfertal<br />

- Bingen (36,98 km) am 6. 12. 1908, Hanfertal -<br />

Sigmaringen (2,32 km) am 5.10.1910 und schließlich<br />

Stetten - Hechingen (14,83 km) am 24. 12. 1912. Die<br />

Gesamtlänge der Strecken beträgt 107,43 km, davon liegen<br />

92,55 km auf hohenzollerischem und 14,88 km auf<br />

württembergischem Gebiet.<br />

von), wiea d' Sau vom Trog". Als die Technik noch<br />

nicht in der Landwirtschaft eingezogen war, mußten<br />

einst ganze Äcker mit Kartoffeln oder Rüben mit der<br />

Hacke bearbeitet werden. Das war ein hartes und mühevolles<br />

Tun, und das Sprichwort sagt dazu: „'S Hacka<br />

geit schmale Backa und broate Händ!" Einer, der sich in<br />

allem hinausreden und schwierigen Situationen leicht<br />

und mit Erfolg entwinden kann, von dem heißt es:<br />

„Dear ischt aalglatt". Wer übermäßig viel ißt und<br />

trinkt, ist in der Mundart „a Fresser". Es heißt aber von<br />

einem solchen auch: „'S kommt koa Fresser uff d'Welt,<br />

ma zieaht a (ihn)". Der Einfluß der Umwelt auf den<br />

Menschen ist damit deutlich erkannt und hervorgehoben.<br />

Ist einer tappig, redet überall dumm und ungeschickt<br />

heraus, so daß er sich manchen Vorteil verscherzt, „Dös<br />

ischt a Tralaramm". Dagegen wird ein gescheiter Kopf<br />

bewundert und dies oft humorvoll und spaßig bestätigt:<br />

„'S goht nontz (nichts) über an gscheita Kopf als<br />

d'Haut". Eine Frau, die sich im Sprechen und vorschnel-<br />

47


len Handeln sehr zurückhält, aber alle Vorteile schlau<br />

wahrzunehmen versteht, doch wenig darüber verrät,<br />

„Ischt hälenga Fett wiea a Goaß (Geiß)". Will jemand<br />

unter allen Umständen, ja sogar mit Gewalt irgend ein<br />

Ziel erreichen, so sagt man: „Dear will parduu do na",<br />

etc. Ist eine Sache in keiner Weise erwünscht, ja überflüssig<br />

und lästig, dann meint der Volksmund dazu:<br />

„Dös ischt so überflüssig wiea an Kropf!" Streiten sich<br />

zwei, und die Zankerei mit bösen Vorwürfen und Worten<br />

wird dem einen Teil zuviel, so droht dieser plötzlich<br />

mit strengeren Mitteln, indem er entgegnet: „So, jetzt<br />

ischt aber gnuag Hai (Heu) honna!" Wenn sich ein paar<br />

Leute über ein unliebsames Vorkommnis am Orte besonders<br />

aufhalten und allerlei harte Urteile gefällt werden,<br />

so kann einer, der über der Sache steht, die Situation<br />

plötzlich aufhellen und beenden mit der Redeweise:<br />

„Ha, 's ischt jo schau schlimm, aber morga sprengt wieder<br />

a andere Sau da Ga(r)ta na, diea hot no a dreckeregares<br />

Fiedla wiea diea!" - Oft gebraucht man auch das<br />

Wort „Schieargar", was soviel bedeutet wie „beinahe".<br />

Da hört man beispielsweise: „I be schiergar en Bach nei<br />

gfalla; i hau me schiargar in Fenger nei gschnitte" usf.<br />

Jagt man einem immer wieder Angst ein, hetzt und<br />

treibt ihn, so wird dieser zuletzt ganz unsicher, wird<br />

„vergelschtaret" und weiß zuletzt nicht mehr, was er<br />

tun und lassen soll. „Hendaretfür" heißt soviel wie ganz<br />

quer und verkehrt. Wenn man immer in den Rock- und<br />

Hosentaschen herumkramt oder an anderen herumzumpft<br />

und sie auf diese Weise belästigt, so kann man<br />

vorwurfsvoll die Frage hören: „Was grooblescht denn<br />

älleweil heromm?" Und wenn in der Pfanne etwas Gutes<br />

brutzelt und brodelt, Luftblasen hinaus pustet, dann<br />

„pfuuzget" es. Kleine Kinder tragen oft ein Kettchen<br />

mit einer Medaille um den Hals. Diese Medaille nennt<br />

der Volksmund schlicht und einfach „a Deele".<br />

So trifft die Mundart, reichlich mit Beobachtungen und<br />

langen Erfahrungen, mit wendigem Geist und tiefem Gemüt<br />

erfüllt, sprachlich in einzigartiger Weise die Dinge<br />

des Lebens. Sie ist deswegen wohl wert, erhalten und gepflegt<br />

zu werden!<br />

900 Jahre Jungingen<br />

Fest und Heimatbuch<br />

Jungingen ist innerhalb des alten Hohenzollern ein ganz<br />

besonderer Ort. Die Junginger waren nicht nur in unserer<br />

ganzen Heimat als Hausierer bekannt und beliebt,<br />

ihre spezielle Industrie hat seit Jahrzehnten Weltgeltung.<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeben vom Hohenzollerisdien <strong>Geschichtsverein</strong><br />

in Verbindung mit den Staatlichen<br />

Schulämtern. Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong><br />

<strong>Geschichtsverein</strong> 748 Sigmaringen,<br />

Karlstr. 3. Druck: M. Liehners Hofbuchdruckerei<br />

KG, 748 Sigmaringen, Karlstr. 10.<br />

Die Zeitschrift „Hohenzollerisdoe Heimat'<br />

ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie<br />

will besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

mit der Geschichte ihrer Heimat<br />

vertraut machen. Sie bringt neben fachhistorischen<br />

auch populär gehaltene Beiträge<br />

aus der Geschichte unseres Landes.<br />

Sie veröffentl. bevorzugt Beiträge, die im<br />

Schulunterricht verwendet werden können.<br />

Bezugspreis: 3,00 DM halbjährlich<br />

Konten der „Hohenzollerisdien Heimat":<br />

802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

123 63 Postscheckamt Stuttgart<br />

48<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

Fritz Scheerer, Rektor i. R.,<br />

7460 Balingen, Am Heuberg 42<br />

Job. Adam Kraus, Erzb. Archivar i. R.,<br />

7800 Freiburg/Br., Badstr. 2<br />

Manfred Hermann, Pfarrer<br />

7451 Neufra/Hhz.<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen<br />

Karl-Werner Steim<br />

7400 Tübingen,Stauffenbergstr. 51<br />

Job. Wannenmacher, Schulrat i. R.,<br />

7487 Gammertingen, Goethestr.<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen<br />

Der Gemeindereform konnte Jungingen entrinnen. So<br />

nahm die rührige Gemeinde die erste urkundliche Nennung<br />

ihres Namens im Jahr 1075 zum Anlaß, sich in einem<br />

Fest und einem Buch darzustellen.<br />

Ein offizieller Festakt, ein historischer Umzug und die<br />

Ausstellung „Jungingen gestern und heute" waren die<br />

Höhepunkte der vier Festtage. Mittelpunkt des Festaktes<br />

war die ausgezeichnete Rede von Landrat i. R. Dr. Speidel<br />

„Jungingen gestern, heute und morgen".<br />

Für das Heimatbuch brauchte Bürgermeister Norbert<br />

King nicht mühsam nach einem Autor zu suchen. Er<br />

fand in Jungingen ein ganzes Dutzend Männer, welche<br />

die Aufgabe mit Begeisterung und Sachkenntnis übernahmen.<br />

Das Buch führt die Bezeichnung Heimatbuch<br />

zurecht, denn es berichtet nicht nur über die Ortsgeschichte,<br />

sondern bringt eine Fülle von Berichten über<br />

den Hausierhandel, die Industrie, Mundart, Heimatdichtung,<br />

Landschaft usw. Es stellt, wie es im Klappentext<br />

heißt, tatsächlich einen wesentlichen Beitrag zur hohenzollerischen<br />

Geschichte dar. Besonders zu loben ist die<br />

hervorragende Ausstattung. 103 Fotos begleiten den<br />

Text. Das Buch ist zum bescheidenen Preis von 25 DM<br />

erhältlich und kann allen Heimatfreunden nur wärmstens<br />

empfohlen werden.<br />

Richtigstellung der Pfarrlisten<br />

Stein und Zell (Boll)<br />

Zu Hohz. Heimat 1976, S. 2 und 18, ist ergänzend zu<br />

bemerken Der 1420 in Stein b. Hechingen aufgezogene<br />

Pfarrer Werner Schlaitz senior kam am 27. November<br />

1439 als Seelsorger nach Steinhofen und einigte sich mit<br />

der bischöflichen Behörde um 15 fl Erstfrüchte. Der jüngere<br />

Werner Schlaitz in Zell dagegen wurde (laut M.<br />

Krebs, Annatenregister Nr. 3387, veröff. im »Freiburger<br />

Diözesanarchiv Band 71) vom Kloster Stein am Rhein<br />

als »Ewiger Vikar« auf die klostereigene Pfarrei<br />

Schwenningen bei Werenwag unterm 27. November<br />

1439 präsentiert und zog bald von Zell weg. Aus dem<br />

am 8. Februar 1438 geplant gewesenen Bau der beiden<br />

Schlaitz im Burgstall zu Zell wird also kaum etwas geworden<br />

sein! Es müßte sich denn um ein ganz kleines<br />

Gebäude gehandelt haben, das in anderthalb Jahren fertig<br />

gestellt werden konnte. J. A. Kraus<br />

Redaktionsausschuß:<br />

Hubert Deck, Konrektor<br />

745 Hechingen, Tübinger Straße 28<br />

Telefon (07471) 2937<br />

Walther Frick, Journalist<br />

748 Sigmaringen, Hohe Tannen<br />

Telefon (07571) 8341<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben<br />

die persönliche Meinung der Verfasser<br />

wieder; diese zeichnen für den Inhalt<br />

der Beiträge verantwortlich. Mitteilungen<br />

der Sdiriftleitung sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters<br />

oder Redaktionsausschusses erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerische<br />

Heimat" weiter zu empfehlen.


HOHENZOLLERISCHE<br />

HEIMÄT<br />

Herausgegeben oom<br />

W <strong>3828</strong> F<br />

Hohenzollerilchen Gefchichteoerein<br />

26. Jahrgang Nr. 4/Dezember 1976


MANFRED HERMANN<br />

Die Dreifaltigkeits-Kapelle zu Inneringen<br />

Nach der abgegangenen Sebastianskapelle 1 und dem<br />

kleinen Wallfahrts-Heiligtum Maria-Nötenwang 2 zu Inneringen<br />

soll auch die dortige Dreifaltigkeits-Kapelle<br />

eine eingehendere Betrachtung erfahren. Sie liegt etwa<br />

1 km vor dem westlichen Dorfrand auf einem bewaldeten<br />

Hügel. Ihre seltene Form - sie ist als Rundbau mit<br />

einem inneren Durchmesser von 5,15 m errichtet — ließ<br />

im letzten Jahrhundert die Meinung aufkommen, es<br />

handle sich um ein röm. Bauwerk 3 . Der Sigmaringer<br />

Kunstdenkmäler-Band datiert dagegen das kleine Heiligtum<br />

ins 18. Jahrhundert 4 .<br />

Vor 25 Jahren hat Johann Adam Kraus ihren mittelalterlichen<br />

Ursprung nachgewiesen, indem er aus der Hs<br />

324 des Erzb. Archivs (S. 83) den Text einer wohl verlorenen<br />

Urkunde veröffentlichte 5 : „Der Generalvikar des<br />

Bischofs Hugo von Hohenlandenberg 1496-1529,<br />

32-32, durch Gottes Zulassung und des Apostolischen<br />

Stuhles Gnade Bischof von Konstanz, entbietet hiermit<br />

allen Lesern dieses Schriftstücks seinen Gruß . . . Wir<br />

sind den frommen Absichten des in Christo geliebten<br />

Johannes Herli, Leutpriester an der Pfarrkirche<br />

zu Inneringen und Dekan des Landkapitels Riedlingen<br />

in unserer Diözese gern gewogen. Er will an einem<br />

Platz, zum Heiligenberg genannt, nicht weit vom Dörflein<br />

Inneringen und noch im Gebiet der dortigen Pfarrei<br />

aus besonderer Andacht eine steinerne Kapelle bauen<br />

mit einem Altar in der Hoffnung, daß sie auch mit<br />

dem Nötigen ausgestattet werde, doch ohne Beeinträchtigung<br />

der Pfarrkirche und des jeweiligen Pfarrers,<br />

und zwar zum Lob des göttlichen Namens. Er bittet<br />

nach Erbauung auch um die Weihe. Nach Darlegung seiner<br />

Gründe gewähren wir ihm kraft bischöflicher Gewalt<br />

huldvoll im Herrn seine Bitte und geben Bauerlaubnis<br />

unter Wahrung aller Rechte der Pfarrkirche und<br />

des jeweiligen Seelsorgers. Gegeben zu Konstanz im Jahr<br />

1520" (vermutlich um den 18. Juni).<br />

So ist die Kapelle das Vermächtnis eines Priesters, der<br />

als Dekan des Landkapitels Riedlingen eine angesehene<br />

Persönlichkeit gewesen sein muß und dicht vor seinem<br />

Lebensende stand. Johann Herli oder Härdli wurde am<br />

21. Juni 1497, wohl durch die Grafen von Werdenberg,<br />

auf die Pfarrei Inneringen präsentiert G . Am 29. Juni d. J.<br />

verhandelte er vor dem bischöfl. Insiegler in Konstanz<br />

über die Zahlung der Hälfte der Erstfrüchte der Pfarrpfründe,<br />

die mit 45 fl recht hoch war und im Kapitel<br />

nur durch die Einkünfte von Riedlingen, (Dürren-)Waldstetten<br />

und Veringen(dorf) übertroffen wurde.<br />

Da sein Vorgänger Georg Meßner alias Rottengatter<br />

7 sich eine Pension vorbehalten hatte, wurde ihm die<br />

Summe um 5 fl ermäßigt 8 . Johannes Herli oder Härdli<br />

war am 15. Sept. 1519 als Dekan bestätigt worden 9 , am<br />

16. Januar 1522 folgte ihm Petrus Streng im Pfarramt.<br />

Wahrscheinlich war Härdli zu dieser Zeit tot.<br />

Daher ist es fraglich, ob er nach dem Bau der Kapelle sie<br />

auch entsprechend auszustatten vermochte. Immerhin<br />

wäre als Altarbild ein geschnitzter oder gemalter „Gnadenstuhl"<br />

vorstellbar, eine Darstellung des thronenden<br />

Gott Vaters mit dem gekreuzigten Sohn vor dem Schoß,<br />

darüber die Taube des Hl. Geistes. Leider ist kein Ausstattungsstück<br />

der Erbauungszeit mehr erhalten geblieben.<br />

Die Weihe des Heiligtums erfolgte relativ spät: Erst am<br />

11. Juli 1575 konsekrierte Weihbischof Balthasar von<br />

50<br />

Konstanz, Titularbischof von Askalon, die Kapelle auf<br />

dem Heiligenberg mit dem Altar zu Lob und Ehren der<br />

heiligsten Dreifaltigkeit und aller Heiligen. Zugleich<br />

verlieh er allen Gläubigen, die am Weihetag das Heiligtum<br />

besuchen, einen Ablaß von 40 Tagen 10 .<br />

Aus dem Ende des 17. Jahrhunderts berichtete der Dorfchronist<br />

Johann Ott 11 über den Inneringer Pfarrer Ludwig<br />

Freiherrn von Gall (1680 bis zu seinem Tod 1692 in<br />

Inneringen): Wenn ein Unwetter am Himmel stand, eilte<br />

der Seelsorger bisweilen in Hut und Mantel in die Dreifaltigkeits-Kapelle,<br />

um durch sein Gebet dem Sturm zuvorzukommen<br />

und alle Schäden abzuwenden. Hinter der<br />

Übung des Pfarrers stand sicher das Bewußtsein, daß<br />

Gott an besonderen Gnadenorten das Gebet eher erhören<br />

und zahlreichere Gnaden austeilen werde als anderswo.<br />

Als später der Ruf der Mariä-Nötenwang-Kapelle sich<br />

festigte, ein solcher Gnadenort zu sein, zogen die Inneringer<br />

mehr dorthin, um den Schutz der Gottesmutter<br />

für Haus, Vieh und Felder zu erbitten.<br />

Weiter hielt Ott fest, daß unter Pfarrer Johann Heinrich<br />

Gauch (1717-32 in Inneringen) neben der Sebastiansund<br />

der Nötenwangkapelle auch das Heiligtum zur<br />

hl. Dreifaltigkeit von Grund auf erneuert wurde. Teils<br />

geschah dies aus Mitteln der Heiligenpflege, teils aus<br />

Spenden der Gläubigen. Diese Maßnahme fällt wohl in<br />

die Zeit um 1725. Wie sehr das Heiligtum dem Seelsorger<br />

am Herzen lag, erkennen wir aus einer Bemerkung<br />

Otts: „Diser gemelte Pfahr Herr hat gar oft ihn Sommer<br />

Zeit wie auch in der Ernnt und Herbst mit denen kleinen<br />

Kindern eine Procession oder Kreuzgang in die haillige<br />

Dreyfaltigkeit Capällen mit einem lauten Rosencrantz<br />

hinauß und hinein angestelt, umb einen fruchtbahren<br />

regen oder aber umb ein guottes Weter zue verhofen,<br />

daß er über alles die Gröste Sorge getragen."<br />

Dem Anniversarium II 12 der Pfarrei Inneringen ist ein<br />

liturgischer Kalender der Gemeinde beigegeben, der von<br />

Pfarrer Johann Konrad Arbogast Gauch (1732-47 in<br />

Inneringen) angelegt bzw. aus dem Vorgängerbuch übernommen<br />

wurde. Danach ging man am Vigiltag des<br />

Dreifaltigkeitsfestes nach der Vesper in der Pfarrkirche<br />

zur Dreifaltigkeitskapelle, um dort ebenfalls eine Vesper<br />

zu singen. Am Dreifaltigkeitsfest selber zogen die Gläubigen<br />

in Prozession zur Kapelle, um dort mit dem Pfarrer<br />

einen Festgottesdienst zu halten. Auch am 11. Juli,<br />

dem Weihetag des Heiligtums, fand jeweils auf dem<br />

Heiligenberg eine hl. Messe statt. Sicherlich strömten<br />

zahlreiche Besucher nicht zuletzt deswegen dorthin, um<br />

den 1575 verliehenen Ablaß von 40 Tagen zu gewinnen.<br />

Aus der Zeit des Pfarrers Anton Joseph Freiherr von<br />

Langen (1747-72 in Inneringen) liegen uns keine Nachrichten<br />

zum Heiligtum der hl. Dreifaltigkeit vor. Wie er<br />

teilweise aus eigenen Mitteln den Altar der Sebastianskapelle<br />

(um 1755) errichten und fassen und 1760 die Nötenwang-Kapelle<br />

völlig neu erstellen ließ, hat er sich<br />

ohne Zweifel auch um jene auf dem Heiligenberg gekümmert.<br />

Der dortige hl. Johann Nepomuk in der östl.<br />

Außennische, eine sehr gute Steinhauerarbeit um 1750,<br />

ist wohl als Zeichen der besonderen Verehrung zu werten,<br />

die der Inneringer Seelsorger dem Patron der Priester<br />

und Beichtväter entgegenbrachte. Dieser Plastik soll<br />

nachher unsere Aufmerksamkeit gelten.<br />

Zum Abschluß des kunstfreudigen 18. Jahrhunderts ließ<br />

1799 Pfarrer Ignaz Freiherr von Laßberg (von 1784 bis


Hl. Johann Nepomuk aus der Dreifaltigkeitskapelle, von<br />

Franz Magnus Hops Foto: M. Hermann<br />

zu seinem Tod 1821 in Inneringen) aus der bekannten<br />

fürstenbergischen Forstmeistersfamilie in Heiligenberg 13<br />

auf seine Kosten ein neues Altarblatt mit der Dreifaltigkeit<br />

und allen Heiligen malen, das der Inneringer Dorfmaler<br />

Lukas Flöß (1751-1834) für Hfl lieferte. Leider<br />

hat erst in jüngster Zeit Pfarrer Alfred Heinzler<br />

(1936-59) das Blatt herausgenommen und durch eine<br />

Madonna von Lourdes ersetzt. Vermutlich ist es noch irgendwo<br />

vorhanden, zur Zeit jedoch nicht auffindbar. In<br />

den 50er Jahren unseres Jahrhunderts schließlich gab der<br />

bekannte und beliebte Beuroner Benediktiner-Pater Tutilo<br />

Gröner dem Heiligtum neuen Glanz, indem er den<br />

Sternenhimmel des Gewölbes mit zahlreichen Engeln und<br />

Heiligen übermalte.<br />

Noch immer kommen im Sommer zahlreiche Beter und<br />

Spaziergänger zu dem kleinen Heiligtum. Die Gemeinde<br />

tat in letzter Zeit ein übriges, um es wieder attraktiver<br />

zu machen: Sie beseitigte einen Teil des Baum- und<br />

Buschbestandes, so daß die Kapelle heute wieder weit<br />

sichtbar ist. Nicht zuletzt lohnt sich für den Kunstfreund<br />

ein Besuch, weil der dortige Johann Nepomuk zu<br />

den schönsten Steinfiguren dieses Themas in Hohenzollern<br />

gehört.<br />

Die ca. 150 cm hohe Plastik aus grauem Sandstein ist im<br />

Dreiviertelrund gearbeitet und zeigt einen geschlossenen<br />

Umriß. Der Heilige erscheint in seiner gewohnten priesterlichen<br />

Kleidung: in langem Talar, der vorn durch<br />

Knöpfe geschlossen ist, im Chorrock mit fein ausgearbeiteter<br />

Spitzenborte und mit breiter Pelz-Mozzetta, die am<br />

Rücken tief hinabreicht. Mit der Rechten hält Johannes<br />

den Fuß des Kreuzes, das er mit der Linken dicht vor<br />

sein Gesicht führt, sich liebevoll dem gemarterten Herrn<br />

zuwendend. Ein reizender geflügelter Engelskopf vor<br />

der Brust des Heiligen hilft gewissermaßen, das Kreuz<br />

zu stützen. Das Haupt des Märtyrerpriesters, mit einem<br />

Birett bedeckt, ist im ganzen mit tiefer Ausdruckskraft<br />

gestaltet, mit dem der Rokokozeit eigenen Pathos; die<br />

edlen Gesichtszüge werden von kurzem Bart und über<br />

den Ohren wegwehenden Haaren gerahmt. Lebendigkeit<br />

gewinnt die Gestalt des Heiligen auch durch den vorgestellten<br />

linken Fuß, dessen Knie sich durch die Gewänder<br />

drückt. Locker entfaltet sich der Chorrock im Raum,<br />

zarte Wellen spielen über den Talar. Leider ist die Oberfläche<br />

des Sandsteins schon stark angegriffen, Teile des<br />

Sockels und des Talarsaumes bröckeln ab. Es wäre zu<br />

überlegen, ob die Figur nicht in Bälde in Sicherheit gebracht<br />

und durch einen Abguß ersetzt werden sollte.<br />

Zum Schluß noch ein Wort zum Künstler: Der Sigmaringer<br />

Kunstdenkmäler-Band von 1948 vermutet als<br />

Bildhauer Johann Georg Weckenmann aus Haigerloch<br />

(1727-95). So liegt ein Vergleich mit dem dortigen Jo-<br />

Hl. Bischof Nikolaus, früher im Hochaltar der Sebastians-<br />

Kapelle, von Franz Magnus Hops Foto: M. Hermann<br />

51


hann Nepomuk vom Marktbrunnen 14 recht nahe. Auf<br />

den ersten Blick zeigt sich jedoch in der Gewandbehandlung<br />

ein deutlicher Unterschied: Die knittrige Oberfläche<br />

von Chorrock und Talar, die für Werke Weckenmanns<br />

typisch ist, findet sich bei der Inneringer Figur<br />

überhaupt nicht. Vielmehr ist an den Bildhauer des<br />

ehem. Hochaltars der Sebastianskapelle zu denken, dessen<br />

Mittelfigur - ein hl. Bischof Nikolaus - ähnliche<br />

Anmerkungen:<br />

1 HH 1974, 51-53.<br />

2 HH 1976, 40-44.<br />

3 Zingeler, Laur, Die Bau- und Kunstdenkmäler in den<br />

Hohenzollern'schen Landen, Stuttgart 1896, 19.<br />

4 Hoßfeld, Vogel, Genzmer, Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns,<br />

Bd. II: Kr. Sigmaringen, Stuttgart 1948, 176.<br />

5 HH 1951, 48.<br />

6 PfArch. Inneringen, Aufzeichnungen im Anniversarium II.<br />

7 Mag. Georgius Meßner alias Rottengatter aus Konstanz<br />

wurde am 28. 2. 1483 als Pfarrer von Inneringen proklamiert<br />

u. am 7. April d. J. investiert. Am gleichen Tag verhandelte<br />

er vor dem bisch. Insiegler in Konstanz über die Zahlung<br />

der Hälfte der Erstfrüchte (40 fl, die auf Bitten der Grafen<br />

von Werdenberg auf 30 fl ermäßigt wurden). Vgl. Krebs,<br />

Anm. 8, Nr. 4936. Am 18. Sept. 1492 verschreibt er der<br />

Pfarrkirche Inneringen 600 fl für eine Seelenmesse, die jährlich<br />

zu halten ist. Vgl. Maier/Krezdorn, Die Geschichte des<br />

Ortes Inneringen, o. J., S. 180. Diese haben jedoch nicht<br />

erkannt, daß Gerg Meßner und Georg Rottengatter ein und<br />

dieselbe Person sind.<br />

8 M. Krebs, Die Annatenregister des Bistums Konstanz aus<br />

dem 15. Jh., Freib. Diöz. Arch. 1956, Nr. 4955.<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Züge aufweist. Es liegt doch sehr nahe, daß Pfarrer von<br />

Langen bei fast gleichzeitigem Auftrag sich an den selben<br />

Meister gewandt hat: an den Sigmaringer Franz Magnus<br />

Hops (1717-56). Wohl nur er kommt als Bildhauer<br />

des Johann Nepomuk in Frage. Seine Inneringer Arbeiten<br />

15 mehren nicht nur die Kenntnis seines Stils, sie<br />

zeigen eindringlich auch die Qualität seiner Schöpfungen.<br />

8 S. Anm. 5.<br />

10 PfArchiv Anniversarium Ecclesiae Inneringanae I (Einträge<br />

aus dem 16. u. 17. Jh.), f. 31.<br />

11 PfArchiv Inneringen, Hs. „Gedenkh- und Merkh-würdige<br />

Sachen, die sich bey meinen Lebzeiten hin und wieder zue<br />

getragen haben,. . . den Anfang darzue gemacht in Anno<br />

1722."<br />

12 PfArchiv Inneringen, angelegt 1733 v. Pfr. Johann Konrad<br />

Arbogast Gauch. Es enthält weitere wertvolle Angaben zur<br />

Pfarrgeschichte.<br />

13 Jos. v. Laßberg - Mittler und Sammler. Aufsätze zu seinem<br />

100. Todestag, hgbn. v. K.S.Bader, 1955. Ignaz v. L.<br />

war ein Onkel des Donaueschinger und Meersburger Privatgelehrten<br />

und Sammlers.<br />

14 Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns, Bd. I, Kr. Hechingen,<br />

bearb. v. F. Hoßfeld, H. Vogel, W. F. Laur, A. Waldenspul<br />

und W. Baur, Hechingen 1939, Abb. 258.<br />

15 Außer dem hl. Nikolaus, dem hl. Sebastian u. dem hl. Rochus<br />

v. ehem. Altar d. Sebastians-Kap., dem hl. Johann<br />

Nepomuk d. Dreifaltigkeits-Kap. sind ferner ein Auferstandener,<br />

ein Wundenkreuz im Pfarrhaus und ein hl. Aloysius<br />

in der Kreuz-Kapelle Franz Magnus Hops zuzuschreiben.<br />

Wie mag wohl Luzius nach Hechingen gekommen sein?<br />

Der hl. Luzius wird als Bischof und Märtyrer und Patron<br />

der Bischofskirche in Chur verehrt, wo er nach der<br />

Überlieferung im 5/6. Jahrhundert lebte und wirkte.<br />

Das war zu einer Zeit, in der es bei uns im Schwabenland<br />

noch kaum eine christliche Kirche gab, mit Ausnahme<br />

wohl von Konstanz, dem alten Römerort. Nun steht<br />

in der Unterstadt Hechingen bei einem 1808 aufgehobenen<br />

Franziskanerkloster ein 1975 herrlich wiederhergerichtetes<br />

Gotteshaus zu diesem heiligen Bischof aus der<br />

Schweiz, erbaut am Ende des 16. Jahrhunderts, als einziges<br />

in ganz Württemberg und Baden diesem Bischof geweiht.<br />

Der Vorgängerbau mit einem um 1500 abgegangenen<br />

Frauenklösterlein des 3. Ordens des hl. Franziskus<br />

hatte ebenfalls schon diesen Schutzherrn, bestand bereits<br />

im J. 1318, ja war sogar im Jahre 1328 nachweisbar laut<br />

päpstlicher Ablaßurkunde die Pfarrkirche der Stadt Hechingen,<br />

deren Anfänge nicht auf der Höhe, sondern in<br />

der Niederung zu suchen sind. Vermutlich entstand die<br />

Oberstadt im Anschluß an die alte Burg, der Vorgängerin<br />

des sog. Neuen Schloßes. Die Pfarrei-Rechte wurden<br />

1488 in die neue Jakobuskirche übertragen, während der<br />

Friedhof unten noch lange in Gebraucht blieb, besonders<br />

in Pestzeiten.<br />

Wie der hl. Luzius (sicher nicht persönlich, wie eine Fabel<br />

meinte, sondern) als Patron nach Hechingen kam,<br />

wissen wir mangels Urkunden nicht. Man ist somit auf<br />

Kombinationen angewiesen, wie das geschehen sein<br />

könnte.<br />

Es müssen Leute im Spiel gewesen sein, die gute Beziehungen<br />

zu Chur gehabt haben und in unserer Gegend irgendwie<br />

begütert und tätig waren. Was läßt sich da<br />

52<br />

denn historisch feststellen? Haben etwa aus unserer weiteren<br />

Umgebung Beziehungen nach Chur bestanden, zur<br />

Wiege des Luziuskultes?<br />

Nun schenkte der deutsche König (spätere Kaiser) Otto<br />

I. zu Mainz am 23. Mai des Jahres 937 die bisher königliche<br />

Fischerei in der Echaz (Achaza) im Pfullichgau im<br />

Orte Hönau (Hohenouwa) samt Flußbett und Grund<br />

und Boden bis hinab zum Gumpen, den die Anlieger<br />

(Enten-) See (bei Pfullingen) heißen, dem Priester Hartbert,<br />

der offenbar hier wohnte, und in Diensten des<br />

Gaugrafen Hermann stand (WUB I, 209 und IV, 479).<br />

Dieser Priester Hartbert wurde im Jahre 949 Bischof<br />

von Chur und regierte bis 968. Er begleitete als solcher<br />

den König nach Italien und ging 951 mit dem Erzbischof<br />

Friedrich von Mainz als Gesandter nach Rom, um<br />

mit Papst Agapitus II. über die Herstellung des Kaisertums<br />

zu verhandlen, jedoch ohne Erfolg. Trotzdem bezeugte<br />

ihm der König durch reiche Schenkungen seine<br />

Zufriedenheit. Im Bürgerkrieg zwischen Otto und seinem<br />

Sohn und Schwiegersohn hielt er treu zu ersteren<br />

und vermittelte die die Unterwerfung Ludolfs bei Illertissen<br />

im J. 954. Auch später fand der Kirchenfürst sich<br />

häufig in der Umgebung des kaiserlichen Herrn". So<br />

steht zu lesen in der Oberamtsbeschreibung Reutlingen<br />

1893 I. 474 und II. 190 f.<br />

In Hönau findet sich später neben anderen Gütern auch<br />

eine Mühle als Churer Besitz, die im Jahre 1206 aus den<br />

Händen des Ritters Walther von Pfullingen als Lehen<br />

des Bistums Chur aus Kloster Weißenau (bei Ravensburg)<br />

und 1263 tauschweise an Ludwig von Lichtenstein<br />

kam (dem vermutlichen Gründer des Lichtensteins ob


Hönau). Chur gelangte auch früh, vielleicht ebenfalls<br />

durch obigen Bischof Hartbert oder noch früher in Besitz<br />

von Großengstingen mit Zubehör, worüber von<br />

1419 bif 1663 im bischöflichen Archiv von Chur viele<br />

Lehensurkunden vorliegen.<br />

So wohnte der Lehensinhaber Ritter Hans von Lichtenstein<br />

1373 in Großengstingen, und im J. 1419 war ein<br />

gleichnamiger Herr, 1430 aber ein Wolf von Lichtenstein<br />

Leheninhaber des Dorfes G. mit dem Kirchensatz<br />

und mit Rechten zu Melchingen, Undingen, Erpfingen,<br />

Meidelstetten, Bernloch, Kohlstetten, Ober- und Unterhausen,<br />

Hönau, Pfullingen. Aus der genannten Oberamtsbeschreibung<br />

II. 352wäre weiteres zuersehen.<br />

Somit ist für das 14. und die folgenden Jahrhunderte in<br />

ziemlicher Nähe von Hechingen in Melchingen, Undingen<br />

Erpfingen usw. Besitz des Bistums Chur nachgewiesen.<br />

Meines Vermutens nach muß dies auch ehemals für<br />

Hechingen selber der Fall gewesen sein! Somit wäre die<br />

Bischofskirche Chur als Gründerin der Pfarrei St. Luzen<br />

in Betracht zu ziehen. Warum sollte das Bistum nicht<br />

(offenbar vor dem 13. Jahrhundert) diesen Hechinger<br />

Besitz tauschweise an die Zollergrafen abgetreten haben,<br />

um anderswo seine Güter dafür abzurunden?<br />

Tatsächlich lesen wir von mancherlei derartigen Aktionen:<br />

Schon der genannte Bischof Hartbert von Chur<br />

JOSEF MÜHLEBACH<br />

übergab dem König Otto I. im Jahre 960 das früher von<br />

dem burgundischen König Konrad (dem Vater der Herzogin<br />

Gerberga von Schwaben) eingetauschte Besitztum<br />

Kirchheim unter Teck gegen Güter in Churrätien (WUB<br />

K, S. 213 Nr. 184). Im Jahre 961 wechselte derselbe Bischof<br />

Besitzungen seine Bistums im Breisgau gegen Güter<br />

in der Baar ans Kloster Schwarzach, ebenso im Nagoldgau,<br />

in der Munigishuntare, in der Grafschaft Affa und<br />

im Eritgau und Muntricheshuntare aus (K. Weller,<br />

Württbg. Kirchengesch. 1936, 101). Andere Bischöfe,<br />

Klöster und Herren handelten ähnlich, wie derselbe Autor<br />

aufzählt.<br />

Somit darf man einen ähnlichen Tausch auch bei Hechingen<br />

annehmen. Vermutlich jener Schwabe Hertbert<br />

oder ein Nachfolger als Bischof von Chur hat die Pfarrei<br />

St. Luzen in Hechingen begründet und damit die alte<br />

Pfarrkirche des hl. Martin auf dem Martinsberg in Niederhechingen,<br />

die wohl in die früheste Zeit des Christentums<br />

im 7/8. Jahrhundert zurückgereicht haben dürfte,<br />

abgelöst. Diese Martinskirche mit Friedhof wurde im<br />

18. Jh. von Stein aus noch gelegentlich versorgt und um<br />

1806/13 dem Abbruch überantwortet, nachdem es von<br />

ihr 1798 hieß:" Die Fenster sind durch Stürme ausgebrochen,<br />

die Kirche muß geschloßen werden, da sie Tag und<br />

Nacht dem Zugang von Gesindel offensteht." Also kümmerte<br />

sich kein Mensch mehr um sie.<br />

Aus der Geschichte des Klosters Gorheim Sigmaringen<br />

Die Eröffnung des Franz-von-Assisi-Hauses am l.Mai<br />

wird als bedeutungsvolles Ereignis in die Geschichte des<br />

Klosters und der Pfarrei Gorheim eingehen. Dieses Ereignis<br />

ist berechtigter Anlaß, der wechselvollen Geschichte<br />

des Klosters nachzuspüren, um ein Bild der Geschehnisse<br />

um das Schicksal der Klosteranlage zu gewinnen,<br />

ein Bild allerdings, das sich im Rahmen dieser Darstellung<br />

nur als eine kurze Schau in die Geschichte gewertet<br />

wissen will.<br />

Wenn man dabei zunächst nur an das Kloster Gorheim<br />

denkt, so muß berechtigterweise in diesen Rückblick<br />

auch die Zeit einbezogen werden, die der Klostergründung<br />

vorausgegangen ist. Gorheim war ursprünglich eine<br />

1303 gegründete Beginenklause vom Dritten Orden des<br />

heiligen Franziskus, die sich schon 1312 dem Franziskanerorden<br />

anschloß. In der ersten Zeit treffen wir in<br />

Gorheim nur eine Klause mit einigen Klausnerinnen bei<br />

der Michaelskapelle (Terziarinnen). Als „Anheberinnen",<br />

also als erste Anfängerinnen, werden Klara und Luggen<br />

Müller genannt. Die Michaelskapelle war eine Filialkapelle<br />

von Laiz, wo 1308 ebenfalls eine Beginenklause ihren<br />

Anfang genommen hatte.<br />

Älter als die Beginenklause ist die Siedlung Gorheim mit<br />

dem Goremer Bach, der einst eine Mühle getrieben hat.<br />

Das Wort Gorheim dürfte mit dem Personennamen Goro<br />

zusammenhängen (Gorinheim). Die Entstehung der Siedlung<br />

Gorheim geht in die fränkische Siedlungsperiode,<br />

also etwa in das siebte Jahrhundert, zurück. Die Orte<br />

mit der Endung -heim sind fränkische Siedlungen.<br />

Die erste Tertiarinnenklause lag höher auf dem Berg als<br />

das heutige Klostergebäude. Wohl um die Mitte des<br />

14. Jahrhunderts dürften das Dorf Gorheim und seine<br />

Gemarkung in Sigmaringen aufgegangen sein. Am<br />

30. Mai 1347 übergab Konrad von Reischach, Pfarrer in<br />

Laiz, die Michaelskapelle mit all ihren Gütern und<br />

Rechten auf ewige Zeigen den frommen Jungfrauen der<br />

Klause. Im Verlauf der Jahre konnten die Schwestern<br />

ihren Grundbesitz durch den Ankauf und die Schenkung<br />

an Grundstücken erweitern. Für den Ankauf standen die<br />

Mitgift der neu aufgenommenen Schwestern und Mittel<br />

aus Almosen zur Verfügung. So konnten die Klausnerinnen<br />

nach 1347 den Bau eines Klosters neben der Michaelskapelle<br />

beginnen und diesen bald fertigstellen.<br />

Noch hatten die Schwestern keinen eigenen Geistlichen<br />

zur Feier des Gottesdienstes, zur Spendung der Sakramente<br />

und zur religiösen Leitung. Der Wunsch nach einer<br />

solchen geistlichen Hilfe war gewiß berechtigt, einmal<br />

wegen des Anwachsens der Schwesternzahl und<br />

auch deshalb, weil der Pfarrer in Laiz mit der Seelsorge<br />

in der ausgedehnten Pfarrei sehr stark beansprucht war.<br />

Mit der Gründung einer Pfründe im Jahre 1395 bekamen<br />

die Schwestern den längst ersehnten ersten Kaplan<br />

und Beichtvater: Heinrich Röhlinger. Die Tagesarbeiten<br />

der Schwestern waren Chorgebete, Besorgung der Hausund<br />

Feldarbeiten, das Weben von Stoffen für eigenen<br />

und fremden Bedarf. Sehr wahrscheinlich pflegten sie<br />

auch die Kranken in dem schon im 14. Jahrhundert in<br />

der Siedlung Gorheim erbauten Siechenhaus.<br />

Schwere Drangsale hatten die Schwestern im Dreißigjährigen<br />

Krieg zu erleiden. Am 5. März zündeten die<br />

Schweden die Klosterscheune zu Gorheim an. Bei dem<br />

Brand kamen zwei Schwestern, die sich in die Gewölbe<br />

der Scheuer geflüchtet hatten, ums Leben. Auch wurde<br />

den Nonnen danach alles Vieh weggenommen. Sie selbst<br />

flüchteten in die Stadt, in der sie 18 Jahre verbleiben<br />

mußten. Erst 1651 kehrten von 17 vertriebenen Ordensfrauen<br />

sieben wieder ins Kloster zurück.<br />

Nach dem Dreißigjährigen Krieg mußte das alte Klostergebäude,<br />

das wegen der Brandschäden baufällig geworden<br />

war, von Grund auf erneuert werden. Wegen<br />

53


des äußerst bedenklichen Bauzustandes entschlossen sich<br />

die Schwestern zu einem Neubau. Unter der aus Laiz<br />

stammenden Schwester M. Seraphina Wirth wurden Kirche<br />

und Kloster unter großen Anstrengungen und Opfern<br />

nach den Plänen des Schweizer Terziarenbruders IIluminatus<br />

Roth neu aufgebaut, und zwar so, daß Kirche<br />

und Kloster zu einem Trakt verbunden wurden. Das alte<br />

Kloster stand ehemals höher am Berg, der Neubau wurde<br />

weiter heruntergerückt. Die Kirche diente dann bis<br />

1814 und dann wieder von 1852 bis zur Erbauung der<br />

jetzigen Herz-Jesu-Kirche als Gotteshaus.<br />

Ein harter Schicksalsschlag traf das Kloster, das auch im<br />

Spanischen Erbfolgekrieg viele Drangsale zu überstehen<br />

hatte, im Jahre 1782: in jenem Jahr fiel das Terziarinnenkloster<br />

des heiligen Franziskus zu Gorheim zusammen<br />

mit dem gleichartigen Kloster in Laiz dem Josefinismus<br />

zum Opfer. 1783 wurden die Klostergüter zu<br />

Gunsten des österreichischen Religionsfonds verkauft.<br />

Durch den Preßburger Frieden 1805 kamen die Klostergebäude<br />

mit dem dazu gehörenden Grundbesitz an das<br />

Fürstliche Haus Hohenzollern-Sigmaringen, das bis zur<br />

späteren Ausgleichung die Pensionen an die vertriebenen<br />

Schwestern zahlte.<br />

Nach 1783 war das Klostergebäude von der österreichischen<br />

Regierung als Versammlungsort für Exnonnen<br />

von verschiedenen Klöstern eingerichtet worden. Seit<br />

1807 diente es als Waffendepot und seit 1814 zugleich<br />

als Kaserne des Fürstlich-Hohenzollernschen Militärs,<br />

nachdem Hohenzollern-Sigmaringen durch die Rheinbundakte<br />

1806 souveränes Fürstentum geworden war.<br />

Von 1852 an, nach dem Übergang Hohenzollerns an<br />

Preußen, wurden die hohenzollerischen Soldaten zu den<br />

preußischen Kasernen eingezogen. Schon 1836 war die<br />

Klosteranlage an den allgemeinen Kirchenfond übergegangen.<br />

So konnte 1852 Erzbischof Hermann von Vikari<br />

auf Betreiben von Thomas Geiselhart, damals noch Pfarrer<br />

in Veringenstadt, die leeren Klosterräume den Jesuiten<br />

überlassen, die in den folgenden Jahren eine segensreiche<br />

missionarische Tätigkeit entfalteten. Aber dieses<br />

JOHANN ADAM KRAUS<br />

Aus Harthausen auf der Scher<br />

Die jetzt Winterlingen zugeschlagene Gemeinde Harthausen<br />

auf der Scher hat im Jahre 1974 durch die<br />

Kunsthistorikerin Mariela D. Siepmann ein bebildertes<br />

Heimatbuch herausgegeben, das die Geschichte des Albdorfes<br />

auf 310 Seiten schildert, indem es sich auf die<br />

Vorarbeiten des inzwischen verstorbenen Oberlehrers<br />

Max Beuter stützt. Das Buch führt durch die Römerzeit<br />

über Alemannen und Franken zum Scherragau, über die<br />

Grafen von Veringen und Werdenberg und Hohenzollern<br />

bis zur Jetztzeit. Die frühgeschichtlichen Funde sind<br />

liebevoll geschildert, Name und Lage der Siedlung behandelt.<br />

Die Mauritiuspfarrei und Pfarrkirche mit ihren<br />

Kunstschätzen (und der Frage des „Meisters von Meßkirch",<br />

S. 51-57) werden erörtert. Die ehemaligen Pestbruderschaft,<br />

zwei Kapellen, das Schulwesen, die Gemeindeverwaltung,<br />

der Waldbesitz und die damit zusammenhängenden<br />

Streitigkeiten aus Gerichtsprotokollen,<br />

Lehens- und Grundbesitzverhältnisse, Wasserversorgung,<br />

Bevölkerung, Auswanderung, Sitte und Gebräuche<br />

sind beschrieben. Die auf Seite 30 aufgeführte Liste der<br />

Pfarrer der Gemeinde, die mit dem Magister Jakob<br />

Griener 1635 beginnt, soll hier ergänzt werden bis heute:<br />

1254. Plebanus oder Leutpriester Konrad (Mitt. Hohz.<br />

III. 48).<br />

54<br />

Wirken war nur von kurzer Dauer. Schon im Jahre<br />

1872 wurde der Jesuitenorden in dem damals einsetzenden<br />

Kulturkampf aufgehoben.<br />

Die Jesuiten mußten Deutschland verlassen. Nach dem<br />

Weggang der Jesuiten waren die Räume eine Weile von<br />

Privatpersonen bewohnt, bis nach dem Ende des Kulturkampfes<br />

im März 1890 der Franziskanerorden das Kloster<br />

übernehmen konnte. 1894 wurde das Kloster Konvent-<br />

u. Studienhaus mit der Einrichtung einer Hochschule<br />

für Philosophie. Weil im Laufe der Zeit das Klostergebäude<br />

und Kirche nicht mehr ausreichten, erfolgte<br />

eine Erweiterung der Gebäude und ein Kirchenneubau,<br />

letzterer aber auf einem anderen Platz. Die Grundsteinlegung<br />

der neuen, geräumigen Kirche war am 4. Oktober<br />

1911 und die Einweihung durch den Franziskaner-Erzbischof<br />

P. Dionysius Schuler am 19. November 1912.<br />

Wie ehemals die Jesuiten, so leisteten auch die Franziskaner<br />

reichlich Aushilfe in der Seelsorge und hielten in<br />

der näheren und weiteren Umgebung Missionen und<br />

Exerzitien ab. In jüngster Zeit begann für Gorheim ein<br />

neuer Geschichtsabschnitt. Der Nachwuchs im Franziskanerorden<br />

hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg so verringert,<br />

daß die Philosophische Abteilung des Studienhauses<br />

der Philosophisch-Theologischen Hochschule der<br />

Thüringischen Franziskanerprovinz nicht mehr aufrechterhalten<br />

werden konnte und von der Ordensleitung im<br />

Sommer 1967 nach Fulda verlegt werden mußte.<br />

Der Konvent des Klosters Gorheim schmolz infolgedessen<br />

spürbar zusammen. Zunächst bot sich bei dieser Entwicklung<br />

für die Stadtpfarrei Sigmaringen die Bildung<br />

der Kuratie Gorheim mit den Filialen Unterschmeien<br />

und Oberschmeien an, nachdem einige Jahre zuvor<br />

(1963) die Pfarrgemeinde St. Fidelis errichtet worden<br />

war. Die Kuratie Gorheim ist am 1. September 1967 mit<br />

der Bestellung des Franziskanerpaters Edwin Kremer als<br />

Pfarrkurat ins Leben getreten; die Erhebung zur Pfarrei<br />

verfügte der Freiburger Erzbischof anläßlich der Einweihung<br />

des Franz-von-Assisi-Hauses.<br />

1275. Ein ungenannter Pfarrer, der auch Hindelwangen<br />

versieht.<br />

1386 verlieh Hz. Leopold von Österreich die hiesige<br />

Pfarrei dem Hugo von Hornstein. Doch war die Verleihung<br />

strittig, denn<br />

1397 wird Konrad, Sohn des Grafen Wolfrad von Veringen,<br />

als „Kirchherr" dahier bezeichnet. Eine Urkunde<br />

vom 14. August dieses Jahres berichtet, daß betr. die<br />

drei Kirchen Veringendorf, Benzingen und Harthausen<br />

eine Übereinkunft getroffen sei. Graf Eberhard von<br />

Wirtemberg habe s. Zt. alle drei dem Konrad, Gr. Wölflins<br />

Sohn geliehen, aber auch Hz. Leopold selig alle drei<br />

dem Hugen, dem Sohn des Ritters Manz von Hornstein.<br />

Beide Herrschaften stritten also darüber. Jetzt wurde<br />

ausgemacht: Stirbt der eine Geistliche vor dem andern,<br />

so soll der Überlebende alle drei Kirchen haben und<br />

wenn beide tot sind, sollen beide Herrschaften Österreich<br />

und Wirtemberg jegliche ihr Recht behalten<br />

(Mitt. Hohz. 5, 22).<br />

1410 am 15. Juni präsentierte Gr. Eberhard III. von<br />

Wirtemberg dem Bischof nun den Hugo von Hornstein<br />

auf Harthausen (W. Reg. 4821), und am 14. Juni auf<br />

Veringen und am 15. Juni auch auf Benzingen.<br />

1420 am 15. März traf Herr Johannes Smid als neuer


Pfarrer mit der bischöflichen Behörde ein Abkommen<br />

wegen der Erstfrüchte Harthausens in Höhe von 26 fl<br />

(Krebs Annaten). Jedoch im September desselben Jahres<br />

ist ein Heinrich Frank, Pfarrektor dahier, der auf Bitten<br />

Hermanns von Hornstein 20 fl Erstfrüchte zahlen soll<br />

(Krebs, ebenda).<br />

1436 resignierte Heinrich Frank am 19. Mai auf die<br />

Pfarrei H. und auf 1 Jahr wurde ein Verweser bestellt.<br />

1437 wird am 30. April für die Pfarrei H. proklamiert<br />

und am 13. Mai investiert: der Priester Johann Nobel,<br />

auf Präsentation des „Ballivus" der Herzöge von Österreich<br />

namens Maximilian von Rappolstein und Hohenack.<br />

Im Jahre 1489 am 24. Juni bekam Nobel für ein<br />

Jahr Absenzerlaubnis und verzichtet 1491 auf die Pfarrei.<br />

1491 am 10. Sept. proklamiert der Diakon und am<br />

1. Okt. investiert der Priester Balthasar Raming, präsentiert<br />

durch Kaiser Maximilian. Erstfrüchte zahlte Räming<br />

12 fl.<br />

1504 den 22. Oktober zahlte der neue Pfarrer Johannes<br />

Rott als Erstfrüchte der Pfarrei Harthausen nur 12 fl.<br />

1533 ist ein Johannes (vielleicht obiger Rott) Pfarrer<br />

dahier.<br />

1555 dagegen im Februar ist die Pfründe unbesetzt oder<br />

vakant. Seit<br />

1555 dem 24. Juni erscheint als Pfarrer ein Martin Wagner.<br />

1575 wird der Pfarrer Kaspar Krausenbuch von Harthausen<br />

als tot gemeldet. Wann er aufgezogen war, ist<br />

nicht bekannt.<br />

1575 schon am 5. Oktober wird auf Präsentation Ferdinands<br />

von Österreich Konrad Sauiger (Sulger) als Pfarrer<br />

bestimmt.<br />

HERBERT BURKARTH<br />

200 Jahre Gammertinger Post<br />

1776 wurde als zweite Poststation in Hohenzollern die<br />

Kaiserliche Reichsposthalterei Gammertingen gegründet.<br />

Das Hechinger Amt war schon 20 Jahre früher an der<br />

Poststrecke Cannstatt-Tübingen-Rottweil-Schaffhausen<br />

eröffnet worden (1756). Eine Kaiserliche Poststation, die<br />

1692 in Hechingen entstanden war, hatte keinen Bestand.<br />

Im Februar 1776 beantragte der Fürst von Hechingen<br />

beim Fürsten von Thum und Taxis die Einrichtung einer<br />

Postverbindung von Hechingen über Gammertingen<br />

nach Riedlingen. Die bisherige Verbindung von Hechingen<br />

über Cannstatt-Göppingen-Ulm sei viel zu umständlich.<br />

Fast gleichzeitig ging in Regensburg ein Schreiben<br />

des Gammertinger Freiherrn Marquardt Carl Anton<br />

Speth von Zwiefalten ein, der um Errichtung einer Poststation<br />

in Gammertingen bat. Er wies auf die günstige<br />

Lage von Gammertingen hin, welche es erlaube, die beiden<br />

Postkurse Cannstatt-Schaffhausen und Schaffhausen-Ulm<br />

zu verknüpfen. Er betonte, daß jetzt die meisten<br />

Briefe durch Boten befördert würden, um die lange<br />

Laufzeit über Cannstatt zu vermeiden. Es seien auch<br />

einige Klöster an der Postlinie interessiert. Im übrigen<br />

ließ er, wie damals üblich, sein Anliegen beim Fürsten<br />

von Thurn und Taxis und beim Oberpostamt Augsburg<br />

durch Freunde und Verwandte vortragen.<br />

Ein Gutachten, das aus Regensburg beim Oberpostamt<br />

Augsburg angfordert wurde, war allerdings entmutigend.<br />

Die Rentabilitätsberechnung ergab, daß die Briefbeförderung<br />

auf dieser Strecke nur Verluste bringen<br />

1593. Nach Sulgers Tod wird Georg Föler (Failer) auf<br />

Präsentation des Grafen Karl von Hohenzollern verkündet<br />

und am 10. November investiert. Er zahlt 12 fl Erstfrüchte<br />

an den Bischof.<br />

1594 war schon wieder ein anderer Pfarrer dagewesen<br />

und alsbald verstorben: Johannes Agrikola. Ihm folgt<br />

am 9. Dezember Udalrikus (Ulrich) Haak und wird am<br />

19. Januar 1595 investiert, präsentiert von Gr. Carl von<br />

Hohenzollern.<br />

1635 wird genannt Mgr. Jakob Grien (wohl von Veringen).<br />

1638 erscheint Mgr. Johannes Kienlin, der 1641 zurücktritt.<br />

1641-1653. Simon Speh wurde am 16. April als Seelsorger<br />

verkündet und am 22. April 1641 investiert; zahlte<br />

Erstfrüchte 50 fl 54 kr.<br />

1653 folgt nach Speh's Tod am 22. Januar Mg. Andreas<br />

Benkler, investiert am 18. Februar. Starb 1661.<br />

1661 folgt am 11. Juni Christian Widenmann, invest.<br />

29. November.<br />

1673 am 24. Mai kommt Mg. Jodokus Schneider, invest.<br />

7. März 1674, geht schon 1675 nach Veringen und<br />

starb 1698.<br />

1678-80 Franz Wilhelm Ungedult.<br />

1680-83 Dr. Josef Ignaz Bildstein; 1683-1715 Johann<br />

Franz Scherdin usw. Erwähnt sei noch, daß ein Andreas<br />

Göggel aus Veringenstadt, gb. 29. Novb. 1803, Priester<br />

seit 20. Sept. 1827, als Vikar in Harthausen starb am<br />

4. Februar 1830. Der bisherige letzte Pfarrer Christian<br />

Dietz aus Ringingen ging zu Beginn 1976 in den Ruhestand<br />

heim. Seitdem wird die Pfarrei von Neufra aus<br />

durch Pfr. Manfred Hermann versehen.<br />

würde. Ein Punkt sprach jedoch für Gammertingen. Es<br />

lag nicht auf österreichischem Territorium, wie die übrigen<br />

Poststationen im Donaugebiet. Die Frage wurde<br />

vom Fürsten persönlich entschieden, der die Einrichtung<br />

der beantragten Poststrecke Hechingen-Gammertingen-<br />

Riedlingen anordnete.<br />

Die Gründung der Poststation Gammertingen<br />

Schon am 3. April 1776 ließ der Fürst von Thurn und<br />

Taxis Baron Speth in Gammertingen mitteilen, daß er<br />

die Einrichtung eines Ordinari Post-Courses Hechingen-<br />

Gammertingen-Riedlingen beabsichtige, mit einer Relaisstation<br />

(Pferdewechsel) in Gammertingen. Die Annahme<br />

von Briefen war nicht vorgesehen. Baron Speth wurde<br />

gebeten, einen geeigneten Posthalter vorzuschlagen. Dieser<br />

bedankte sich umgehend und schlug als Posthalter<br />

den Ochsenwirt Franz Xaver Göckel vor. Seine Enttäuschung<br />

über die Ablehnung der Briefbeförderung<br />

schluckte er zunächst. Mit Dekret vom 23. Juni 1776<br />

wurde Göckel zum Kaiserlichen, Fürstlich Thurn und<br />

Taxis'schen Reichsposthalter ernannt. Der Verkehr wurde<br />

aufgenommen und Göckel schrieb im September 1776<br />

nach Regensburg, daß er schon im Besitz einer Postuniform<br />

sei. Die Gammertinger waren stolz auf ihre Post.<br />

Als Baron Speth 1777 heiratete, ritt Posthalter Göckel in<br />

Uniform mit zwei blasenden Postillionen dem Hochzeitszug<br />

voraus. Im übrigen entwickelte sich der Verkehr<br />

auf der neuen Poststrecke über Erwarten gut, vor allem<br />

der Personenverkehr, welcher ursprünglich nicht vorge-<br />

55


sehen war. Baron Speth bemühte sich weiterhin in Eingaben<br />

an die Postdirektion in Regensburg um eine Briefpost,<br />

erreichte aber nichts.<br />

Übergang der Posthalterei an die Familie Schmid<br />

Posthalter Göckel starb 1787 an einem Schlaganfall. Die<br />

Witwe teilte den Tod ihres Mannes dem Oberpostamt<br />

Augsburg mit und bat gleichzeitig um Überlassung der<br />

Posthalterei. Da die Frau schon 70 Jahre alt und kein<br />

männlicher Erbe vorhanden war, wurde die Posthalterei<br />

neu vergeben. Als erster bewarb sich der Stiefsohn des<br />

Verstorbenen, Kronenwirt Heinrich Deifel. Er schrieb,<br />

daß für das Postfuhrwerk nur ein Mann wie er, der vier<br />

Pferde habe, in Frage komme. Daß seine Wirtschaft<br />

nicht in Gammertingen, sondern in Bronnen, also weit<br />

entfernt von der Poststraße lag, verschwieg er. (Die heutige<br />

Krone in Gammertingen hieß damals „Lamm".)<br />

Zweiter Bewerber war Sonnenwirt Joseph Schmid. (Die<br />

Sonne lag in der Reutlinger Straße und wurde später<br />

„Post" genannt.) Schmid war sogar bereit, 9000 Gulden<br />

Kaution zu stellen. Erkundigungen bei den Posthaltern<br />

in Hechingen und Riedlingen ergaben, daß diese mit ihm<br />

verwandt waren und nichts mehr wünschten, als einen<br />

Posthalter Schmid in Gammertingen. Baron Speth gab<br />

sich sachlich und schrieb, daß beide Wirte zuverlässige<br />

Männer seien, aber Schmid einen besseren Gasthof habe.<br />

Am 26. 12. 1787 wurde Joseph Schmid zum Posthalter<br />

ernannt, ein Amt, das für genau 121 Jahre in seiner Familie<br />

bleiben sollte. Das Posthalterpatent für Joseph<br />

Schmid ist heute noch im Besitz seiner Nachkommen; es<br />

hängt im Speisesaal des Hotel Post in Gammertingen.<br />

Schmid renovierte seinen Gasthof und baute neue Scheuern<br />

und Stallungen. Er konnte jedoch sein Amt nur<br />

8 Jahre ausüben. Nach längerer Krankheit verstarb er<br />

im Januar 1795. Seine Witwe, Agathe, geb. Göggel, bat<br />

darum, ihr die Posthalterei zu lassen, zumal sie einen<br />

20jährigen Sohn habe, der als Nachfolger in Frage komme.<br />

Baron Speth setzte sich persönlich für Frau Schmid<br />

ein; sie bekam ohne Anstand das Posthalterpatent. Es<br />

kamen harte Zeiten. Durch eine Viehseuche verlor Frau<br />

Schmid innerhalb von einer Woche 5 Pferde. Sie wandte<br />

sich um finanzielle Hilfe an die Postdirektion, unterstützt<br />

durch ein Schreiben der Speth'schen Kanzlei. Aus<br />

der Armenkasse wurden ihr 100 Gulden bewilligt. Das<br />

nächste Jahr, 1796 brachte Truppendurchmärsche, damit<br />

verbunden häufige Zwangseinquartierungen. Im Oktober<br />

d. J. wurden Haus und Hof von den Franzosen auf dem<br />

Rückzug geplündert. Der angerichtete Schaden betrug<br />

mehr als 2000 Gulden. Im September 1798 bat Frau<br />

Schmid wegen ihres schlechten Gesundheitszustandes um<br />

Entlassung aus dem Postdienst und Übertragung der<br />

Posthalterei auf ihren Sohn Joseph. Dies ging reibungslos<br />

vor sich.<br />

'4/ '6 M<br />

r<br />

Politische Veränderungen<br />

1805 wurde die Speth'sche Herrschaft Gammertingen-Hettingen<br />

von Württemberg besetzt. Vom Gammertinger<br />

Posthaus wurde das Thum- und Taxiswappen<br />

abgenommen und durch ein württembergisches ersetzt.<br />

Ein Jahr später kam Gammertingen jedoch zum Fürstentum<br />

Hohenzollern-Sigmaringen und stolz hängten die<br />

Sigmaringer ihr Wappen an das erste Postamt, das in ihren<br />

Besitz kam. Es wurden langwierige Übernahmeverhandlungen<br />

mit Thum und Taxis geführt, was aber völlig<br />

sinnlos war, weil ein Postamt ohne Postverbindungen<br />

keinen Wert hatte. Die fürstliche Regierung richtete zu<br />

den Rentämtern einen Amtsbotendienst ein. Der Gammertinger<br />

Josef Anton Teufel betrieb eine private Postlinie<br />

Hechingen-Gammertingen-Sigmaringen. Erst 1819<br />

schloß Hohenzollern-Sigmaringen einen Postvertrag mit<br />

Württemberg, und Joseph Schmid wurde wieder württembergischer<br />

Posthalter. Noch im gleichen Jahr ging<br />

die württembergische Post an Thum und Taxis über und<br />

Schmid war nach 14jähriger Unterbrechung wieder<br />

Thum- und Taxis'scher Posthalter.<br />

Einrichtung von Postexpeditionen<br />

Sigmaringen hatte 1819 ein württembergisches Postamt<br />

bekommen, das noch im gleichen Jahr von Thum und<br />

Taxis übernommen wurde. Erst 1825 gelang es der Sigmaringer<br />

Regierung, die Einrichtung eines Postkurses<br />

Haigerloch-Hechingen-Gammertingen-Sigmaringen, bei<br />

der Thum und Taxis'schen Postverwaltung durchzusetzen.<br />

Haigerloch und Gammertingen bekamen Postexpeditionen.<br />

Kurz vor Eröffnung der Gammertinger Postexpedition<br />

starb Posthalter Schmid. Die Posthalterei<br />

wurde der Witwe, Theresia geb. Buck, übertragen, die aus<br />

Hitzkofen stammte. Ein Jahr später verheiratete sie sich<br />

mit Johann Haller aus Gammertingen, der nun für<br />

32 Jahre Posthalter in Gammertingen wurde.<br />

Die abgehende Post wurde damals mit einem einzeiligen<br />

Stempel GAMMERTINGEN abgestempelt. Der Postverkehr<br />

war noch dürftig. Es fuhr nur einmal in der<br />

Woche ein Postwagen nach Sigmaringen und einer von<br />

Sigmaringen über Gammertingen nach Hechingen. Für<br />

wenige Monate wurde 1842 in Gammertingen ein zweizeiliger<br />

Datumstempel benützt, der anscheinend aber<br />

nicht funktionierte. 1844 bekam das Postamt dann einen<br />

Steigbügelstempel mit Datum und Jahreszahl. Seit 1845<br />

wurde die Strecke Haigerloch-Sigmaringen zweimal<br />

wöchentlich von Eilpostwagen befahren. Zur Zeit Posthalters<br />

Haller wurden die Briefmarken eingeführt. Sie<br />

wurden in Gammertingen mit einem Vierringstempel mit<br />

der Ortsnummer 303 entwertet. Der Datumstempel wurde<br />

nicht auf die Marke gesetzt. 1852 war für einige Monate<br />

ein Achtringstempel (Versuchsstempel) in Gebrauch.<br />

Seine Abdrücke sind sehr selten und werden mit heute<br />

vierstelligen Summen bezahlt.<br />

1) Einzeller (47 x 3,25 mm) 1825-44, danach im Innendienst und als Fahrpost-Stempel; 2) Steigbügel-Stempel, Dezember 1844<br />

bis Oktober 1864 (schwarz, blau, blaugrün, grün, rot, schwarz); 3) Nummern-Stempel 303 als Nachfolger des stummen 8-Ring-<br />

Stempels (Juni 1852-Februar 1853) zunächst rot, dann schwarz ab Februar 1853-30. Juni 1867; 4) Einkreiser Oktober 1864<br />

bis Juli 1874, schwarz.<br />

56


Abfahrt der letzten Postkutsche am 5. November 1901 ab Gammertingen nach Kleinengstingen. Der Mann mit dem Bart im<br />

Hintergrund ist der preußische Landtagsabgeordnete Hirschwirt Schmid. Postillion ist Johann Hönes (f 1970).<br />

Foto: Müllermeister Josef Reiser, Gammertingen<br />

Posthalter Theodor Schmid<br />

Johann Haller bat 1858 um Entlassung aus dem Postdienst.<br />

Nachfolger wurde Theodor Schmid, ein Sohn aus<br />

erster Ehe. Seit 1850 hatte in Hohenzollern Preußen die<br />

Posthoheit und die Ernennung von Schmid mußte deshalb<br />

von der Regierung in Sigmaringen bestätigt werden.<br />

Die Einsetzung als Postexpeditor war nur vorbehaltlich,<br />

denn es war die Errichtung eines eigenen Postamtes<br />

geplant.<br />

Im gleichen Jahr wurde die tägliche Personenpost<br />

Hechingen-Gammertingen-Sigmaringen eingeführt.<br />

Trochtelfingen bekam eine Postexpedition und 1859<br />

wurde die Personenpost Reutlingen-Gammertingen eröffnet.<br />

Ein wichtiges Jahr war 1864. In diesem Jahr<br />

wurde die Landbotenpost eingeführt. Zum Postamt<br />

Gammertingen gehörten die Orte Neufra, Gauselfingen,<br />

Kettenacker, Feldhausen und Harthausen b. F. Die Orte<br />

wurden dreimal in der Woche von den Landpostboten<br />

aufgesucht. Im gleichen Jahr bekam Gammertingen eine<br />

Telegraphenstation, die aber nur stundenweise in Betrieb<br />

war. Schließlich bekam das Postamt 1864 einen neuen<br />

Stempel, einen Einkreiser mit Datum und Uhrzeit, aber<br />

ohne Jahreszahl. Die Posthalterei war damals ein recht<br />

großer Betrieb, der mehrere Personen beschäftigte, welche<br />

teils Postangestellte waren, teils vom Posthalter besoldet<br />

wurden. Innerhalb der Postexpedition war neben<br />

dem Posthalter ein Postbeamter tätig. Die Briefträger innerhalb<br />

von Gammertingen wurden vom Posthalter besoldet,<br />

während die Landpostboten Postangestellte waren.<br />

Daneben gab es Postillione, Postfuhrleute, Pferdeknechte<br />

und Taglöhner für Haus und Landwirtschaft.<br />

Ende der Thum- und Taxispost<br />

Am 16. 2. 1867 ging die ganze Thum- und Taxispost an<br />

den preußischen Staat über. Alle Beamten und Angestellten<br />

wurden von der staatlichen Oberpostdirektion<br />

Frankfurt übernommen. In Gammertingen wurde der<br />

Thum- und Taxisstempel weiter verwendet, mit dem<br />

jetzt die preußischen Briefmarken entwertet wurden.<br />

Kurz danach kam die Post an den Norddeutschen Bund<br />

und ab 1. 1. 1872 zur Reichspost. Da Württemberg seine<br />

eigene Post behielt, kam Hohenzollern zur Oberpostdirektion<br />

Konstanz.<br />

Trennung von Postamt und Posthalterei<br />

1881 wurde in Gammertingen ein eigenes Postamt eröffnet.<br />

Postassistent Johann Heinzelmann, der bisher bei<br />

Posthalter Schmid beschäftigt war, wurde zum Postverwalter<br />

ernannt. Die ganze Post- und Personenbeförderung<br />

blieb jedoch Aufgabe der Posthalterei. 1887 feierte<br />

die Familie Schmid das 100jährige Jubiläum als Posthalterfamilie.<br />

Generalpostdirektor Heinrich v. Stephan gratulierte<br />

in einem persönlichen Schreiben. Theodor<br />

Schmid starb 1885. Nachfolger war sein Sohn Karl<br />

Theodor.<br />

Der älteste Sohn von Karl Theodor Schmid war Wilhelm<br />

Schmid, welcher als Landesbaurat in Hohenzollern<br />

und vor allem in Sigmaringen der älteren Generation<br />

noch gut bekannt ist. Die Aufgaben der Posthalterei<br />

wurden nach und nach abgebaut. 1901 eröffnete man<br />

die Bahnstrecke Kleinengstingen-Gammertingen und<br />

1908 die Bahnstrecken Gammertingen-Sigmaringen und<br />

Gammertingen-Hechingen.<br />

Am 6. 12. 1908 fuhr, festlich geschmückt, der letzte<br />

Postwagen durch das Laucherttal nach Sigmaringen. Die<br />

Posthalterei wurde aufgehoben. Karl Theodor Schmid<br />

war im gleichen Jahr gestorben. Der jüngste Sohn Theodor,<br />

der das Anwesen übernehmen sollte, fiel im Ersten<br />

Weltkrieg. Die Gastlichkeit der alten Posthalterei wird<br />

heute von den Nachkommen im Hotel Post weitergeführt<br />

(Frau Baur ist eine Enkelin von Karl Theodor<br />

Schmid).<br />

Noch einige Daten zur weiteren Geschichte des Postamtes<br />

Gammertingen. 1901 Eröffnung des Fernsprechverkehrs.<br />

Seit 1907 war Karl Barth Leiter des Postamtes<br />

(bis 1946!). Dem Amt Gammertingen waren 18 Zweigpostämter,<br />

Poststellen und Posthilfsstellen zugeteilt.<br />

1929 Einführung der Landkraftpost mit Personenbeförderung.<br />

24. 4. 1946 völlige Einstellung des Postbetriebes<br />

57


durch die Franzosen. 1. 9. 46 Wiederaufnahme der Briefbeförderung.<br />

1949 Wiedereinrichtung des Landkraftpostdienstes.<br />

1957 Umbau des Postamtes und Aufnahme des<br />

Selbstwählfernsprechdienstes. Seither schrittweiser Abbau<br />

des Postamtes Gammertingen („Rationalisierung").<br />

Übernahme aller Poststellen durch die Ämter Sigmaringen,<br />

Reutlingen und Hechingen. Am 1. 10. 1961 wurde<br />

Postmeister Martin Reiser versetzt und Gammertingen in<br />

ein Amt ohne Verwaltungsdienst umgewandelt.<br />

Quellen und Literatur<br />

Fürstlich Thurn und Taxis'sches Zentralarchiv Regensburg,<br />

Stationsakten Gammertingen 1776-98 Nr. 6326, 1825-1865<br />

Nr. 6327.<br />

Div. Urkunden im Hotel „Post" Gammertingen.<br />

Unveröffentlichte „Postgeschichtliche Aufzeichnungen" des<br />

JOHANN WANNENMACHER<br />

Postamtes Gammertingen von Karl Barth, fortgeführt von<br />

Martin Reiser.<br />

K. Barth, Aus der Postkutschenzeit Hohenzollerns, Hohenz.<br />

Heimat 1954, S. 53.<br />

A. H. Buckenmaier, Das Postwesen im Fürstentum Hohenz.<br />

Hechingen unter den letzten beiden Fürsten, Hohenz. Heimat<br />

1973, S. 38.<br />

M. Hermann, Die Thurn und Taxis'schen Postanstalten in<br />

Hohenzollern, Hohenz. Heimat 1973, S. 38.<br />

A, Rist, 190 Jahre Reichspoststation Gammertingen, Hohenz.<br />

Heimat 1967, S. 27.<br />

F. Wölffing-Seelig, 500 Jahre Post in Württemberg, Lorch<br />

1965.<br />

/. Wiest, Geschichte der Stadt Gammertingen unter der<br />

Speth'schen Herrschaft, Gammertingen 1961.<br />

Herrn Pfarrer Hermann, Neufra, danke ich für zahlreiche<br />

Hinweise und Anregungen.<br />

Ein Rangendinger Auswanderer schreibt 1859 einen Brief aus Amerika an<br />

seine Eltern und Geschwister in der Heimat<br />

Rangendingen. Am Kirchweihfest des Jahres - 17. Oktober<br />

- nahm der Festprediger auch Bezug auf die früher<br />

so zahlreichen Auswanderer aus Rangendingen. Wegen<br />

ihrer an den Tag gelegten glaubensstarken Haltung<br />

und Gesinnung erwähnte er hierbei besonders die beiden<br />

Brüder Wendelin und Valentin Heck, die am 3. September<br />

1853 in die USA auswanderten. Die zwei Auswanderer<br />

waren tüchtige Schmiede und wurden von nah und<br />

fern aufgesucht, weil sie ein besonders wirksames Mittel<br />

beim Härten und Schleifen von Stahl und Eisen anzuwenden<br />

wußten. Ihre Werkstatt ist am Orte noch erhalten<br />

und steht als kleines Häuschen, das heute als Schuppen<br />

dient, unmittelbar vor dem Hause des Sebastian<br />

Heck an der Landstraße nach Haigerloch. Aus jetzt<br />

noch vorhandenen Briefen und der Familienüberlieferung<br />

ist der Grund ihrer Auswanderung bekannt. Er lag<br />

in der Hauptsache in der Armut und den schlechten<br />

Verdienstmöglichkeiten der damaligen Zeit. Dazu waren<br />

die fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts außergewöhnlich<br />

nasse und für die Landwirtschaft sehr schlechte<br />

Jahre. Das Getreide ist teilweise auf dem Halme ausgewachsen.<br />

In vielen Familien sah man oft tagelang kein<br />

Stückchen Brot. Kartoffeln gab es so wenig, daß sie<br />

nicht einmal für die Menschen ausreichten, vielweniger<br />

aber zur Schweinefütterung verwendet werden konnten.<br />

Für zwei oder drei Säcke Korn wurden Acker, Wiesen<br />

und Wälder verkauft. Industrie war noch keine vorhanden.<br />

Wie soviele in jenen Jahren entschlossen sich deswegen<br />

auch die beiden Brüder Wendelin und Valentin<br />

Heck - 24 und 19 Jahre alt - zur Auswanderung. Am<br />

3. September 1853 machten sie sich auf den weiten Weg.<br />

Ein leichtes Pferdefuhrwerk brachte sie und ihre geringe<br />

Habe bis zur nächstgelegenen Bahnstation Reutlingen.<br />

Zur Überfahrt nach Amerika benutzten sie der geringen<br />

Kosten wegen ein Segelschiff. Außergewöhnlich schlechte<br />

Verhältnisse bewirkten, daß sie 90 Tage auf dem Wasser<br />

waren. In Amerika angelangt, erhielten die beiden<br />

Auswanderer erst Obdach bei Bekannten im Staate<br />

Ohio. Später arbeiteten sie auf ihrem Handwerk bei einer<br />

Gesellschaft, machten sich aber schon nach fünf Jahren<br />

selbständig. Am sechsten Jahrestag ihrer Auswanderung<br />

schrieb der Ältere, Wendelin Heck, einen Brief an<br />

seine Eltern und Geschwister in Rangendingen. Der<br />

Brief bietet manche interessante Einblicke in das Leben<br />

der ehemaligen Auswanderer und gibt weiterhin ein anschauliches<br />

Bild der damaligen Zeitverhältnisse. Deswegen<br />

sei er nachfolgend wiedergegeben:<br />

58<br />

Braire du Rocher, September -3- 1859<br />

Theuerste Eltern und Geschwister!<br />

Euren letzten Brief haben wir erhalten und daraus vernommen,<br />

daß Ihr alle gesund und wohlbehalten seid.<br />

Danken wir Gott dafür. Auch wir sind soweit gesund.<br />

Ich und Valentin hatten letzten Winter harte Krankheiten<br />

mitzumachen. Auch meine Frau war den ganzen<br />

Winter nicht gesund. Es waren meistenteils die Nachfolgen<br />

von Fiebern. Ich und der Valentin arbeiteten hart<br />

auf unserem Handwerk. Wir arbeiten nicht mehr in der<br />

Companie. Letztes Neujahr habe ich alles gekauft und<br />

habe zwei Arbeiter. Auch Valentin hat zwei Arbeiter,<br />

und wir haben ein ziemlich gutgehendes Geschäft. Ich<br />

will dieses Spätjahr noch ein Haus bauen. Wir werden<br />

noch einige Jahre unser Geschäft treiben und sobald es<br />

uns schickt, ein Stück Land kaufen. Dieses bezahlt harte<br />

Arbeit am besten. Das Land wird alle Jahre teurer, allein<br />

die Sachen haben einen guten Preis. Doch ist es<br />

nicht mehr so gut wie vor vier Jahren. Aber die Leute<br />

leben frei. - Wie es in Amerika ist, will ich schreiben.<br />

Vielen Leuten geht es sehr gut. Leute, welche in Europa<br />

in größter Armut gelebt haben, werden hier reiche Leute.<br />

Manche sind reich von Europa gekommen, geht ihnen<br />

schlecht, geraten in Armut. Sobald sie diese erkennen,<br />

fangen manche ihre Sachen an, besser zu leiten und kommen<br />

wieder zu Vermögen. Viele haben nichts nach Amerika<br />

gebracht und werden nie nichts haben. Viele werden<br />

überhäuft mit Krankheiten und bleiben arm. Kurz, es ist<br />

auch nach den Einrichtungen, die sie machen, wie sie arbeiten<br />

und wie sie das Verdiente anwenden, zur Sparsamkeit<br />

oder zur Verschwendung. Viele, welche leichtgläubig<br />

sind, werden nicht selten betrogen um alles, was<br />

sie haben, aber im Grunde genommen, wer es recht anfaßt,<br />

das Verdiente spart, kann sich etwas erwerben und<br />

hat nach harter Arbeit ein besseres Leben als in Europa.<br />

- Mein Vermögen ist zur Zeit 1800 Dollar. Aber wir<br />

haben nicht leichtsinnig gelebt oder verschwendet. Unermüdliche<br />

Arbeit bringt einem diese Mittel und Gottes<br />

Glück und Segen. Er hat uns hart geprüft und heimgesucht,<br />

allein zur Bewährung, damit man ihn nicht vergißt.<br />

— Sonst ist in Amerika ein ganz anderes Leben wie<br />

in Europa. Man lebt hier mehr sorgenfreier als dort. -<br />

Man ist nicht geplagt von den Behörden, wie in<br />

Deutschland. Alles, was man pflanzt und aufzieht, ist<br />

keinem Zehnten und keinem Lehen, sondern nur einer<br />

leichten Staatssteuer unterworfen, welche jedermann im-


Stande ist zu zahlen. Ich bezahlte letztes Jahr 35 Cent<br />

Steuer — oder einen deutschen Gulden. Das sind alle<br />

meine Abgaben an den Staat, und habe niemand keine<br />

andere zu bezahlen. - Meine Lieben, der 3. September<br />

ist der Tag unserer Auswanderung. Mein Wunsch wäre,<br />

noch einmal zu Euch zu kommen und zu sagen, wie es<br />

hier ist. Allein, sagen ist leichter als tun. Soviel Geld, um<br />

zu Euch zu kommen, hätte ich in einem halben Jahr verdient.<br />

Wer einmal in Amerika ist, geht nicht leicht zurück.<br />

Wer sein Leben gut machen kann, wünscht sich<br />

nicht in das eiserne Joch und in die Tyrannei nach Europa<br />

zurück. Bruder Valentin hat besser getan als Max,<br />

der ja zurückgeblieben ist. In einigen Jahren hat er sich<br />

ein Vermögen erworben und ist noch jung. Es war so<br />

besser, als bei den Preußen dienen, sich plagen und quälen<br />

zu lassen. Wir wünschen uns nicht nach Europa zu-<br />

WALTHER FRICK<br />

Das einstige „Chalet" in Sigmaringen<br />

Ein Baudenkmal des 19. Jahrhunderts verschwindet ganz<br />

Bis diese Zeilen gedruckt sind, wird vermutlich der<br />

letzte Rest der einstigen „Besitzung Teufel" nordwestlich<br />

des Sigmaringer Stadtkerns verschwunden sein. Während<br />

des Spätsommers wurde der einstige untere Park durch<br />

die Baumaschinen zerstört, jene viereckige Fläche zwischen<br />

dem Gorheimer Bächle im Süden, der Gorheimerund<br />

Jungnauer Straße im Norden und Osten, und einer<br />

schnurgeraden Fichtenreihe im Westen. Gerade diese<br />

Fichtenreihe war noch ein deutlich sichtbarer Teil des<br />

Anwesens, das sich einst vom genannten Bach bis zum<br />

Antoniustäle hinzog.<br />

Das Ganze ist interessant und sein Verlust bedauerlich<br />

genug, um hier festgehalten zu werden, denn es gehört<br />

in jene Mode der zweiten Jahrhunderthälfte, auch<br />

in nicht-alpinen Regionen „schweizerisch" zu bauen. Es<br />

gibt in Hohenzollern nur wenige Beispiele; im Stadtkern<br />

von Gammertingen stand so ein „Schweizerhaus" mit<br />

hölzernen, verzierten und sozusagen laubgesägten Giebeln,<br />

wie es das „Chalet" einmal geradezu musterhaft<br />

war. Ein reicher Mann namens Teufel - wir wissen<br />

nicht einmal seinen Vornamen - übernahm aus dem Besitz<br />

des Hauptmanns Dopfer vom Hohenzollerischen Bataillon<br />

(der mußte nämlich 1849 gehen als Revoluzzer!)<br />

dessen „Hüttie", wie Dopfer es nannte, eben dieses ursprüngliche<br />

Schweizerhäuschen. Es stand übrigens auch<br />

geografisch an einer interessanten Stelle: die Linie vom<br />

Kloster Gorheim über die Brauerei „Zollerhof" und den<br />

Brenzkofer Berg entlang nach Osten markiert sozusagen<br />

messerscharf das Südende der Alb; das Mittelgebirge ist<br />

hier deutlich zu Ende, die Talaue beginnt, mit der Donau<br />

drin, und was im Süden ansteigt zwischen Laiz und<br />

Sigmaringen, ist Oberschwaben. Das Haus stand wenige<br />

Dutzend Meter von der Straße ab, jedoch beträchtlich<br />

höher als sie. An seiner Stelle, um das vorweg zu nehmen,<br />

steht jetzt das Altersstift St. Michael. - Jener<br />

Herr Teufel war offenbar sehr reich und sehr weitgereist.<br />

Das Haus muß prachtvolle Teppiche, Gemälde,<br />

Skulpturen und Möbel besessen haben, wie Dr. Karl<br />

Theodor Zingeler, späterer Leiter des Haus- und Domänenarchivs,<br />

1877 schreibt. Der Besitzer hat aber außerdem<br />

das ganze Gelände vom Bach an bis hinauf an den<br />

Stadtwald gärtnerisch und landwirtschaftlich genutzt.<br />

Er hatte Gemüseland, richtige Gartenanlagen, Obstbäume<br />

die Menge, und er hatte die „Villa Muh", die noch in<br />

diesem Jahr abgerissen wird. Das ist der scherzhafte<br />

rück, um dort zu leben, nur um Euch wiederzusehen.<br />

Wenn es der Wille Gottes ist, werdet Ihr das erleben,<br />

wenn ich gesund bleibe.<br />

Wir grüßen Euch alle herzlich, Eltern und Geschwister<br />

und hoffen auf baldige Antwort! Wendelin Heck,<br />

P. Caroline (Frau)<br />

Valentin Heck<br />

Wendelin Heck kam im Jahre 1862 zu Besuch nach<br />

Rangendingen und nahm dann seinen jüngsten Bruder<br />

Medard mit nach Amerika. Auch dieser wurde Farmer.<br />

Alle drei Brüder gelangten zu ansehnlichem Wohlstand.<br />

Wendelin Heck aber ereilte ein tragisches Geschick. Als<br />

er einen Maulesel zur Tränke führte, wurde er von diesem<br />

geschlagen und starb darauf im Jahre 1876. - Seine<br />

Witwe hat die Verbindung nach Rangendingen bis vor<br />

dem Ersten Weltkrieg aufrecht erhalten.<br />

Name für eine kleine Sennerei, wie Teufel sie nannte,<br />

ebenfalls ein Schweizer Chalet, mit Kuhstall und Scheunenteil<br />

und Knechtswohnung. Alles ganz winzig, aber für<br />

Herrn Teufels Haushalt offenbar ausreichend. Ganz hinten<br />

im Norden, auf Felszacken, standen zwei Aussichtpavillons,<br />

von denen einer vor mehreren Jahren offenbar<br />

im Sturm zusammenbrach. Seine Trümmer liegen in einer<br />

sonnenlosen, feuchten Schlucht und vermodern. Der<br />

andere steht noch, und zwar so weit im Norden, daß die<br />

Straßenschneise für die Bundesstraße 32 und ihre Fortführung<br />

durch die Talaue — denn dies ist der Grund für<br />

das Verschwinden der Teufeischen Anlage - sie nicht<br />

tangiert. Zwischen Chalet und Villa Muh breitet sich<br />

eine grüne Matte aus, auf der Teufels Kühe weideten.<br />

Sie wird demnächst tief hinunter abgetragen und weicht<br />

der Straßenschneise, die im übrigen den Insassen des erst<br />

wenige Jahre alten Stifts das zweifelhafte Vergnügen<br />

bringt, den Verkehr unmittelbar unter ihren Fenstern<br />

dahindonnern zu hören.<br />

Wann Teufel starb, haben wir nicht erforscht, aber<br />

nach ihm kamen drei andere Besitzer - und beinahe ein<br />

Schloß. Denn zunächst wohnte hier Baurat Leibrand,<br />

damals Leiter des Hohenzollerischen Landesbauamtes,<br />

derselbe, der zu Beginn unseres Jahrhunderts die steinerne<br />

Kleinbahnbrücke in Sigmaringen erbaute. Nach ihm<br />

lebt hier Prinz Karl von Hohenzollern, und der hätte<br />

neben oder anstelle des Chalets gerne ein Schloß gebaut.<br />

Dazu soll es deshalb nicht gekommen sein, weil der damalige<br />

Hofmarschall von Wangenheim es dem fürstlichen<br />

Haus abriet. Schließlich erwarben den Besitz die<br />

Barmherzigen Schwestern, die das „Klösterle", das Josefinenstift<br />

leiten und einige Jahrzehnte auch im Fidelishaus<br />

ein Altersheim hatten, wie nunmehr auch im Chalet.<br />

Sie selber rissen es in den 60er Jahren ab und bauten<br />

das jetzige Stift. Aber den großen Parkgarten südlich<br />

der Gorheimer Straße bewirtschafteten sie bis vor wenigen<br />

Jahren mit Gemüse und Beeren. Zu Teufels Zeiten<br />

gab es die Gorheimer Straße auch schon, einen Fahrweg<br />

der vormotorisierten Zeit, wahrscheinlich nur einen besseren<br />

Feldweg, den er offenbar auf Grund des jahrhundertealten<br />

Wegerechtes offenhalten mußte. - Die Fichtenreihe,<br />

von der die Rede war, wurde durch diesen Weg<br />

nur geringfügig unterbrochen und bildet im oberen Teil,<br />

wo der Stadtwald anfängt, noch jetzt die sichtbare<br />

Grenze des einstigen Anwesens.<br />

59


Diese Zeilen sind auch deshalb geschrieben, weil am<br />

Beispiel des einstigen Chalets deutlich wird, wie individuell<br />

man im 19. Jahrhundert baute. Gerade Sigmaringen<br />

hat dafür gute Beispiele. So baute ein Bruder jenes<br />

Hauptmanns Dopfer eine italienische Villa (heute Haus<br />

Bumiller) neben der späteren Handwerkskammer, ähnlich<br />

die Juweliere Zimmerer ihre heute verschwundene<br />

Villa in Hedingen. Und wenn man noch weiter ausgrei-<br />

JOSEF DESCHLER<br />

Vom Schulwesen der Gemeinde Ablach<br />

Zur Geschichte einer Zwergschule (1776-1966)<br />

Im Verfolge der Gemeinde- und Schulreformen büßten<br />

viele kleine Gemeinden ihre Selbständigkeit als politisches<br />

Gebilde und oft auch ihre eigene Schule mit mehr<br />

oder weniger Freiwilligkeit oder Zwang ein. Meist handelte<br />

es sich um einklassige Schulen, jetzt Zwergschulen<br />

genannt. Wie bedeutend sie aber im ganzen Schulwesen<br />

des früheren Hohenzollerns waren, zeigt die Angabe aus<br />

Keßlers Beschreibung der Hohenzollerischen Lande vom<br />

Jahre 1893, daß von insgesamt 117 öffentlichen Schulen<br />

59 Einklaßschulen, mithin 50 Prozent vorhanden waren.<br />

Ihre Zahl nahm zwar dauernd ab, aber vor der Einführung<br />

der Hauptschule gab es in Hohenzollern immer<br />

noch 49 einklassige Volksschulen. (Hohenz. Landeskalender<br />

1967)<br />

Daß aus diesen Zwergschulen trotz mancher Mängel<br />

wackere Männer aller Berufe und tüchtige Frauen hervorgingen,<br />

braucht nicht bewiesen zu werden, da allerorts<br />

bekannt, und daß neben der Vermittlung der notwendigen<br />

Kenntnisse und Fertigkeiten auch auf die Erziehung<br />

in Eintracht mit dem Elternhaus großer Wert<br />

gelegt wurde, ist eine Binsenwahrheit. Daß diese kleinen<br />

Schulen in der heutigen Zeit ein Anachronismus wären,<br />

wird jedermann verstehen, aber zu ihrer Zeit haben sie<br />

ihre Aufgabe, so weit es möglich war, aufs beste erfüllt.<br />

Zu diesen einklassigen Schulen zählte auch lange Zeit die<br />

Volksschule Ablach. In den folgenden Ausführungen<br />

wird versucht, ihre Geschichte von den Anfängen bis zur<br />

Einführung der Hauptschule und die Eingliederung in<br />

die Schule Krauchenwies darzustellen.<br />

Das Dorf Ablach bildete mit den Dörfern Gutenstein,<br />

Engelswies und Altheim bei Meßkirch die Herrschaft<br />

Gutenstein, die dem Grafen von Schenk-Castell gehörte<br />

und bis zur Auflösung des alten Reiches unter österreichischer<br />

Landeshoheit stand. (K. u. k. Oberamt Stockach<br />

der Landgrafschaft Nellenburg) Ob nun schon vor dem<br />

Erlaß der „Allgemeinen Schulordnung für die deutschen<br />

Normal-, Haupt- und Trivialschulen in sämtlichen<br />

k. u. k. Erblanden" im Jahre 1774 durch die Kaiserin<br />

Maria Theresia 1 und ihren Sohn Josef II. in Ablach<br />

Schule gehalten wurde, wie in den größeren Nachbarorten,<br />

ist zweifelhaft, weil die Kuratkaplanei erst im Jahre<br />

1773 mit einem ortsansässigen Kaplan (Ignaz Menzinger)<br />

2 besetzt wurde, und die Kirche damals in den kleineren<br />

Dörfern die Hauptschulträgerin war, weil die<br />

Mesner meistens auch als Lehrer fungierten 3 . Es wird<br />

wohl so gewesen sein, wie es in den Betrachtungen eines<br />

alten Dorfschulmeisters im Wochenblatt für das Fürstentum<br />

Hohenzollern-Sigmaringen (9. Jahrgang 1817,<br />

Stück 47) erzählt wird. „Ich bin ein alter Schulmann.<br />

Die Geige unter dem Arme bin ich vor 60 Jahren zum<br />

ersten Male in die Schule getreten. Damals lag tiefe<br />

Nacht über dem Acker des Herrn, den ich bearbeiten<br />

sollte. Ich selber wußte kaum erträglich in dem großgedruckten<br />

Himmelsschlüssel zu lesen. Schreiben und<br />

60<br />

fen möchte, sind alle fürstlichen Gebäude in der Karlstraße,<br />

von der früheren Reithalle an, kühne Zeugnisse<br />

solchen Bauwillens. Ein Gegenbeispiel von heute, leider<br />

nur eines von zahlreichen: in der Au, wo man auf völlig<br />

leerer Fläche städtebaulich Wertvolles hätte schaffen<br />

können, erstellte als erstes die Bundespost ein Fernmelde-<br />

Zentrum - nach einem Bauplan, den sie von der Küste<br />

bis zu den Alpen überall gleich verwendet.<br />

Rechnen waren eine Rarität." Der Schulbesuch war freiwillig,<br />

unterrichtet wurde nur im Winter von Martini<br />

bis Georgi, die Lehrer waren meistens Handwerker<br />

(Schuhmacher, Schneider, Weber, Stricker) und das<br />

Schulzimmer zugleich ihre Arbeitsstätte. Neben religiösen<br />

Belehrungen umfaßte der Unterricht nur kümmerliches<br />

Lesen, Schreiben und Rechnen. Durch die Schulordnung<br />

Maria Theresias besserte sich dieser Zustand langsam.<br />

Unser Freund aus dem Wochenblatt schreibt darüber:<br />

„Die Finsternis, die das Schulfach bedeckte, war<br />

mit einem Male durch den Strahl der herrlichsten Morgenröte<br />

beleuchtet, da unter Maria Theresias und Josef<br />

II. denkwürdiger Regierung der Bildung und Erziehung<br />

der Jugend eine sorgfältige Aufmerksamkeit gewidmet<br />

wurde. Ein planmäßiger Unterricht trat an die<br />

Stelle des alten Schlendrians. Der Lehrer, früher dem<br />

Kuhhirten gleichgestellt (weil er wie dieser jedes Jahr<br />

um das Amt anhalten mußte), gelangte nun zu einer ständigen<br />

Anstellung."<br />

Schon vom Jahre 1775 ab wurde durch das Obervogteiamt<br />

Gutenstein auch in Ablach bei Hofübergaben und<br />

Erbschaften ein sogenannter Normalschulgroschen eingezogen<br />

und an die Landschaftskasse nach Stockach abgeführt.<br />

Im Jahre 1776 übersendet der Obervogt von<br />

Gutenstein die Winterschultabellen der 4 Dörfer an das<br />

Oberamt Stockach, ein Beweis dafür, daß mit der Durchführung<br />

der Schulordnung Ernst gemacht wurde. Nun<br />

wurde auch in Ablach regelmäßig Schule gehalten. Als<br />

erster namentlich bekannter Lehrer und Mesner ist ein<br />

Xaver Uetz vom Jahre 1780-1802 zu erwähnen. Seine<br />

Vorbildung wie die seines Nachfolgers und Sohnes Josef<br />

Uetz, der von 1802 bis 1824 Lehrer und Mesner war, ist<br />

nicht bekannt, sie dürfte aber nur handwerklich erfolgt<br />

sein. (Schulbesuch und Lehre bei einem Musterlehrer und<br />

Prüfung vor einer Kommission, ob er lesen, schreiben<br />

und rechnen kann. Religion und Musik waren sehr wichtig.)<br />

Entsprechend der Ausbildung war auch die Bezahlung.<br />

Neben dem bekannten Schulkreuzer je Kind und<br />

Woche bestand sie in Naturalien, wie folgende Aufzeichnungen<br />

des Schultheiß Single besagen. „1798, den 12.<br />

Jänner dem Xaver Uetz zu Besoldung Fesen gegeben<br />

8 Viertel, den 16. März 1799 2 Viertel Kernen, den 19.<br />

Juni 1802 erhält der Lehrer zu seiner Besoldung 2 Viertel<br />

Kernen und 2 Viertel Millfrucht." Zu einem weiteren,<br />

wesentlichen Aufschwung des gesamten Schulwesens im<br />

Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen (zu dem Ablach<br />

allerdings erst vom Jahre 1812 gehörte, denn als Teil der<br />

Herrschaft Gutenstein kam es im Jahr 1806 zum Lande<br />

Baden und wurde im Jahre 1812 gegen das Dorf Rast<br />

eingetauscht) trug die „Allgemeine Schulordnung für die<br />

Stadt- und Landschulen" vom 16. November 1809 bei 4 .<br />

In 6 großen Abschnitten mit viel Paragraphen regelte<br />

sie das gesamte Volksschulwesen des Fürstentums hinsichtlich<br />

Schulpflicht, Schuldauer, Schulzucht, Schulein-


ichtung, Lehrgegenstände, Lehrmethode, Lehrerbildung,<br />

Lehrerbesoldung, Schulaufsicht und Schulgebäude. Unser<br />

Freund im Wochenblatt schreibt hierzu: „Wir haben nun<br />

keinen Schullehrer mehr, der bei Hochzeiten den Hanswurst<br />

spielen, an den Sonntagen vor der Kirchtüre Brot<br />

und Eier sammeln oder gleich dem Bettler von den eigenen<br />

Kindern den Kreuzer holen muß." Mit dem Schuldienst<br />

war in den meisten Dörfern auch der Mesner- und<br />

Organistendienst verbunden, was in Ablach bis 1894 der<br />

Fall war. Selbstverständlich wurden nun auch an die Vorbildung<br />

der Lehrer andere Maßstäbe angelegt, und es bildete<br />

sich langsam aus dem Schulhandwerker der seminaristisch<br />

gebildete Lehrer, wie das Bewerbungsschreiben des<br />

Provisors Joachim Haag von Ablach aufzeigt 5 .<br />

Die Schulstube, denn von einem Schulhaus ist in Ablach<br />

erst vom Jahre 1840 die Rede, befand sich zunächst in<br />

dem Hause neben der Kirche. Der Lehrer Josef Uetz<br />

hielt einige Jahre in seinem Hause Schule, bis dann im<br />

Jahre 1809 laut Feuerkataster des Obervogts von Gutenstein<br />

auf der Nordseite des jetzigen Pfarrhauses ein<br />

Schulzimmer eingerichtet wurde. Dieses wurde im Jahre<br />

1825 zum Preise von 153 Gulden erweitert, wobei das<br />

Rentamt Gutenstein den Betrag von 37 Gulden für Holz<br />

beisteuerte. Doch dieser Schulraum genügte den unterrichtlichen<br />

und hygienischen Anforderungen in keiner<br />

Weise, was die Revisionsberichte der Schulkommissäre<br />

jedes Mal betonten, besonders der Bericht des Schulkommissars<br />

Pfarrer Emele von Krauchenwies vom Jahr 1840<br />

mit folgenden Ausführungen: „daß das Schullokal zu<br />

klein, (1834 waren es 60 Schüler) zu nieder, mit schlechtem<br />

Licht, schadhaftem Ofen und vielen anderen Mängeln<br />

besonders der Abtritte behaftet sei, und daß er der<br />

wiederholten Versprechungen überdrüssig sei, und daß<br />

ein Bausachverständiger untersuchen möge, ob eine Erweiterung<br />

oder ein Neubau vorgenommen werden soll."<br />

Nach langem Hin und Her zwischen der fürstlichen Regierung,<br />

dem Oberamt, dem Schulkommissar und der<br />

Gemeinde von 1840 bis 1842, der Einreichung verschiedener<br />

Baupläne und Auswahl verschiedener Bauplätze<br />

kam es endlich zu dem Beschluß, das Schulhaus auf dem<br />

Platz neben dem Pfarrhaus zu erstellen. Der Bau wurde<br />

im Jahre 1843/44 nach dem Plane und unter Leitung des<br />

Werkmeisters Kirn von Wald um den Preis von 4729<br />

Gulden 28 Kreuzer erstellt und bildete mit verschiedenen<br />

Um- und Ausbauten bis zum Jahre 1966 das Schulund<br />

Rathaus der Gemeinde. Es enthielt einen großen<br />

Schulsaal, den Rathaussaal, eine Wohnung für den Lehrer,<br />

auch einen kleinen Stall und eine Scheune für die<br />

Landwirtschaft des Lehrers. Nach Aufgabe derselben<br />

diente dieser Teil als Geräteschuppen für die Feuerwehr<br />

und nach Errichtung der 2. Lehrerstelle als 2. Schulsaal<br />

und als Zimmer für den 2. Lehrer. Bemerkenswerter<br />

Weise bestand schon im Jahre 1842 der Plan, das Schulhaus<br />

auf dem Platze des heutigen, neuen Schulhauses<br />

beim Friedhof zu erstellen. Der große Schulsaal wurde<br />

1956 durch den Einbau großer Fenster und der Ausstattung<br />

mit modernen Schulmöbeln zu einem schönen, hellen<br />

Klassenzimmer umgestaltet, in dem auch noch heute<br />

Schule gehalten wird. Da die Schulaborte von der Gesundheitsbehörde<br />

abgesprochen wurden, da überdies für<br />

den Kindergarten bis zur Erstellung eines eigenen Gebäudes<br />

Räume benötigt wurden, beschloß die Gemeinde<br />

nach Besprechungen mit den Behörden den Bau eines<br />

neuen Schulhauses auf dem schon 1842 geplanten Platze.<br />

Der Bau wurde nach den Plänen der Architekten Gäßler<br />

und Böhmer zum Preise von 600 000 DM in den Jahren<br />

1965/66 ausgeführt und im November 1966 festlich eingeweiht<br />

und bezogen. Neben 3 Schulsälen und den entsprechenden<br />

Nebenräumen, Aborten, Pausenhalle und<br />

Duschbad gehört auch ein Gymnastikraum dazu, der in<br />

den letzten Jahren zu einer geräumigen behaglichen<br />

Mehrzweckhalle für Feste und Feiern der Gemeinde erweitert<br />

wurde. Nach Einführung der Hauptschule wurde<br />

die Schule Ablach in die Hauptschule Krauchenwies eingegliedert.<br />

Wie ja auch die Gemeinde Ablach trotz heftigen<br />

Widerstandes 1975 an die Gemeinde Krauchenwies<br />

angeschlossen wurde.<br />

Eine Lehrerwohnung wurde erst im Jahre 1855 benötigt,<br />

da die früheren Lehrer Ablacher Bürger waren und Eigenhäuser<br />

besaßen. Sie wurde dann im unteren Stock des<br />

Schulhauses unter dem großen Schulsaal eingerichtet und<br />

bildete oft einen Streitpunkt zwischen Lehrer und Gemeinde.<br />

Zwar war im Jahre 1904 ein Umbau des Hauses<br />

geplant, bei dem aber nur die Erstellung armseliger<br />

Schüleraborte außerhalb des Gebäudes herauskam, die<br />

dann 1945 bei der Beschießung Ablachs durch die Franzosen<br />

auch Granattreffer abbekamen. Im Jahre 1938/39<br />

wurde am Südhang des Kirchberges um den Preis von<br />

20 000 RM eine geräumige Lehrerwohnung erbaut, die<br />

jetzt aber verkauft wurde, da die Lehrer auf eine<br />

Dienstwohnung verzichteten. Die ehemalige Lehrerwohnung<br />

im alten Schulhaus dient seither als Büroraum der<br />

Gemeindeverwaltung.<br />

Die Volksschule Ablach war trotz großer Kinderzahl<br />

(durchschnittlich 60-70) bis zum Jahre 1919 einklassig,<br />

das heißt alle Schüler vom 1. bis 8. Schuljahr wurden<br />

von einem Lehrer in einem Klassenzimmer, manchmal zu<br />

gleicher Zeit und im gleichen Unterrichtsfach unterrichtet<br />

und betreut, teils „Stille Beschäftigung mit Helfersystem,<br />

teils direkter Unterricht". Weil aber im Jahre<br />

1919 die Schülerzahl eine Höhe (83 Kinder) erreicht<br />

hatte, die für eine Lehrkraft untragbar war, wurde<br />

eine 2. Lehrstelle errichtet. Da noch kein 2. Schulsaal<br />

vorhanden war, mußte Halbtagsunterricht erteilt<br />

werden: sommers von 7-10 Uhr Obere Jahrgänge,<br />

10-12 Uhr Grundschule, winters vormittags Obere<br />

Jahrgänge, nachmittags Grundschule, bis dann nach Einbau<br />

eines 2. Schulsaales im Spritzenhaus die Schule von<br />

1922-1938 zweiklassig geführt wurde. Von 1938 bis<br />

1964 war die Schule mit einer kurzen Unterbrechung<br />

1946/47 wieder einklassig, da die Schülerzahl nach<br />

Heimkehr der Evakuierten und Verteilung der Flüchtlinge<br />

und Vertriebenen im Jahr 1957 bis auf 29 Schüler<br />

abgesunken war. Nach Wiederanstieg der Schülerzahl<br />

auf 54 wurde ab Ostern 1964 wieder eine 2. Lehrerstelle<br />

errichtet. Als 2. Schulsaal diente vorübergehend der Rathaussaal,<br />

weil der untere Schulsaal schon einige Jahre<br />

für die zahlreiche Kleinkinderschar als Kindergarten benützt<br />

wurde.<br />

Es mögen nun einige Angaben über die Schülerzahlen<br />

folgen: 1834 waren es 60 Schüler, 1857: 62 Schüler,<br />

1887: 80 Schüler, 1919: 83 Schüler, 1940: 53 Schüler,<br />

1945: 77 Schüler, davon 15 Evakuierte, 1957: 29 Schüler,<br />

die niedrigste Zahl seit Schulbestand, 1963: 48 Schüler,<br />

1965: 64 Schüler.<br />

Uber die innere Einrichtung, den eigentlichen Schulbetrieb<br />

des Ablacher Schulwesens (Lehrgegenstände, Lehrmethode,<br />

Lehrbücher, Schulzucht) ist nichts Besonderes<br />

zu berichten, da hierfür die für alle Volksschulen des<br />

Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen bzw. der Preußischen<br />

Regierung, bzw. des Kultusministeriums von Baden-Württemberg<br />

geltenden Gesetze und Bestimmungen<br />

maßgebend waren oder sind. Für die ab 1862 ab geforderten<br />

gymnastischen Übungen für Knaben, später Turnunterricht,<br />

jetzt Leibesübungen genannt, stand bis 1930<br />

nur der kleine Platz zwischen dem Schul- und Nachbarhaus,<br />

später ein Wiesenstück hinter dem Schulhaus zur<br />

Verfügung. Ein eigentlicher Sportplatz fehlt noch immer.<br />

Der Arbeitsunterricht für Mädchen, später als Industrieschule,<br />

Handarbeitsunterricht oder Weibliche<br />

61


Handarbeit bezeichnet, wurde bis 1966 von nebenberuflichen<br />

Laienlehrerinnen (Näherinnen, Schneiderinnen) erteilt.<br />

Der katholische Religionsunterricht erfolgte durch<br />

den Ortsgeistlichen und den Lehrer, während der evang.<br />

Religionsunterricht durch den evang. Geistlichen von<br />

Sigmaringen in der Schule Krauchenwies erteilt wurde.<br />

Bezüglich der vorgeschriebenen Wiederholungsschule,<br />

auch Sonntag- oder Abendschule, später Fortbildungsschule<br />

genannt, sei nur bemerkt, daß dieselbe vom jeweiligen<br />

Lehrer abgehalten wurde, und daß Pfarrkurat<br />

Wendelin Eger von Ablach im Jahre 1844 bei Bucher u.<br />

Liehner in Sigmaringen ein „Lesebuch für Werk- und<br />

Sonntagschulen" herausgab, in dem in Briefform mit verschiedenen<br />

Stil- und Schriftarten Gebote und Verbote<br />

der Landesregierung, bürgerliche und volkstümliche Fragen<br />

dargestellt wurden.<br />

Der Schulfond erhielt im Jahre 1840 durch die Brüder<br />

Anton und Xaver Single eine namhafte Stiftung und betrug<br />

im Jahr 1910 15 000 Mark, so daß an der Schule<br />

Ablach schon seit langer Zeit die Lernmittelfreiheit bestand<br />

und diese auch nach Aufhebung des Fonds nach<br />

der Inflation 1923 seitens der Gemeinde beibehalten<br />

wurde. Auch bei der Beschaffung von Lehrmitteln und<br />

Büchern für die Lehrer- und Schülerbücherei war die<br />

Gemeinde nicht kleinlich. Es bestand auch lange Zeit ein<br />

großer Schulgarten, der teils dem Lehrer als Gemüsegarten<br />

diente, teils als eine vom Lehrer geleitete Baumschule<br />

fungierte.<br />

Über die Schulaufsicht ist nichts Besonderes zu bemerken.<br />

Sie vollzog sich nach den gesetzlichen Bestimmungen<br />

der jeweiligen Regierung. Weil die Gemeinde Ablach<br />

früher ihren Lehrer aus eigenen Mitteln besoldete, hatte<br />

sie auch lange Zeit das Recht, den Lehrer zu wählen, wie<br />

folgende Ausschreibung im Amtsblatt der Regierung Sigmaringen,<br />

Jahrgang 1857, Nr. 18, beweist: „Die erledigte<br />

Schulstelle in Ablach, mit welcher der Mesnerdienst verbunden<br />

werden wird (nach Zustimmung des Ordinariats<br />

Freiburg), soll wieder besetzt werden. Die Bewerber werden<br />

aufgefordert, ihre mit den vorgeschriebenen Attesten<br />

belegten Gesuche beim Gemeinderath in Ablach binnen<br />

4 Wochen einzureichen. Sigmaringen, den 23. April 1857,<br />

Königl. Preuß. Regierung." Es meldeten sich 3 Bewerber.<br />

Die Gemeinde wählte den Provisor Friedrich Eger, der<br />

von 1857 bis 1883 als tüchtiger Lehrer tätig war und<br />

eines plötzlichen Todes starb, als Kreisschulinspektor<br />

Dr. Schmitz zu einem Schulbesuch erschien.<br />

Es möge nun eine Liste der Lehrer und Lehrerinnen folgen,<br />

die an der Volksschule Ablach bis zur Eingliederung<br />

nach Krauchenwies tätig waren:<br />

1780-1802 Xaver Uetz, Lehrer und Mesner, von<br />

Ablach gebürtig<br />

1802-1824 Josef Uetz, Lehrer und Mesner, von<br />

Ablach gebürtig<br />

1824-1855 Joachim Haag, Lehrer und Mesner,<br />

von Ablach gebürtig<br />

1855-1856 Karl Karle, Provisor<br />

1857-1883 Friedrich Eger, Lehrer und Mesner<br />

1883 Anton Mühlebach, Provisor<br />

1883-1924 Paul Bischof, Lehrer und bis 1894 Mesner<br />

1919-1921 August Wolf, 2. Lehrer<br />

1921 Johann Wannenmacher, 2. Lehrer<br />

1922 August Fritz, 2. Lehrer<br />

1923-1934 Anton Stehle, 2. Lehrer, ab 1924<br />

1. Lehrer<br />

1924 Fidelis Teufel, 2. Lehrer<br />

1925-1934 Theophil Porzych, 2. Lehrer<br />

1933 Rosa Bieger, Vertreterin für erkrankten<br />

Lehrer Stehle<br />

Thomas Wannenmacher, ab 1936<br />

62<br />

1. Lehrer<br />

1936-1938 Kilian Schnitzler, 2. Lehrer<br />

1939-1940 Franz Keller, Rektor a. D., als Vertreter<br />

für den zum Heeresdienste eingezogenen<br />

Lehrer Wannenmacher<br />

1945 Okt./Dez. Michael Stöhr, gemeinsam für Krauchenwies<br />

und Ablach<br />

1945 Okt./Dez. Franz Gaiser, Hilfslehrer<br />

1945 Dez.-1947 Josef Deschler<br />

1946-1947 Helmut Dörfer und Helmut Oelker,<br />

gemeinsam für Krauchenwies und Ablach,<br />

2. Lehrer<br />

1947 Maria Stahl, Hilfslehrerin<br />

1947-1948 Ludwig Pfeffer<br />

1948-1966 Josef Deschler, ab 1964 1. Lehrer<br />

1964-1965 Dorothea Derschka, 2. Lehrerin<br />

1965-X Anna Maria Acker, 2. Lehrerin<br />

1966-X Ludwig Pfeffer, 1. Lehrer<br />

Es mögen noch einige Angaben über die Lehrerbesoldung<br />

in Ablach folgen:<br />

Gehaltsberechnung des Schullehrers und Meßners Joachim<br />

Haag von Ablach für das Jahr 1834:<br />

I. Aus dem Schuldienst<br />

an Geld von der Heiligenfabrik (Heiligenpflege)<br />

von der Ortssteuerkasse: 2 fl (Gulden)<br />

das Gehalt für das Schulehalten ist veränderlich,<br />

indem es nach der Kinderzahl berechnet<br />

werden muß. Für den Winterkurs<br />

(Martini bis Georgi) zahlt ein Kind für eine<br />

Woche 2 x (Kreuzer) und für den Sommerkurs<br />

(Georgi-Martini) in der Woche 1 x.<br />

Im Durchschnitt können jährlich 60 Kinder<br />

angenommen werden, so macht der Betrag<br />

für den Winterkurs 24 Wochen ä 2 x mal 60 40 fl<br />

für den Sommerkurs 28 Wochen ä 1 x mal 60 28 fl<br />

für die Sonntagsschule 12 fl<br />

für die Anschaffung von Tinte und Papier 5 fl 24 x<br />

an Naturalien:<br />

vom fürstlichen Rentamt in Sigmaringen,<br />

Gnadensache Sr. Fürstl. Durchlaucht<br />

Roggen, 2 Simri ä 45 x<br />

Gersten, 2 Simri a 45 x<br />

aus der Ortssteuerkasse von jedem Baurenkind<br />

jährlich 1 Jmi Gersten macht im Durchschnitt<br />

für 16 Kinder 3 Simri<br />

für das Heizen des Schulzimmers Mühlfrucht<br />

5 Simri<br />

Dienstwohnung besitzt der Lehrer keine und<br />

hat auch keine Entschädigung hierfür, da Eigenheim<br />

Summe vom Schuldienst<br />

1 fl 30 x<br />

1 fl 30 x<br />

3 fl<br />

3 fl 40 x<br />

105 fl 9 x<br />

II. Aus dem Meßnerdienst:<br />

an barem Geld aus den Stiftungen der Heiligenpflege<br />

für gestiftete Jahrtäge 56 a 6 x 5 fl 36 x<br />

für Kirchenwasch 3 fl<br />

für das Orgelspielen 40 x<br />

für das Läuten bei der öschprozession 16 x<br />

für das Richten der Turmuhr<br />

aus Gemeindemitteln von den Söldnern statt<br />

1 fl<br />

der Brotlaibe<br />

Gütergenuß: 1 Mannsmad Wiese i. Kl. ohne<br />

3 fl<br />

Lasten 24 fl<br />

gesamt 37 fl 32 x<br />

III. Zufällige Einkünfte (Stolgebühren)<br />

für das Begraben einer erwachsenen Person<br />

1 fl 41 x macht für 3 Pers. im Durchschnitt 5 fl 3 x<br />

Kinderleichen im Durchschnitt 5 a 12 x 1 fl<br />

Taufen jährlich im Durchschnitt 17ä5x 1 fl 42 x


Trauungen im Durchschnitt 1 a 1 fl 1 fl<br />

30 Läutelaibe (Wetterläuten) a 15 x 7 fl 30 x<br />

gesamt 16 fl 47 x<br />

Gesamt aus dem Meßnerd. 53 fl 47 x<br />

dazu Gesamtsumme aus dem Schuld. 105 fl 9 x<br />

Gehalt mithin: 158 fl 56 x<br />

Ablach, den 18. Oktober 1834<br />

Pfarramt: Zimmermann<br />

Schultheiß: Waibel<br />

Gerichtsmann: Teufel, Strobel, Wetz, Häberle<br />

Lehrer: Haag.<br />

Da das Gehalt des Lehrers aber 200 Gulden betragen<br />

soll, muß der Unterschiedsbetrag von der Landesschulkasse<br />

übernommen werden, denn nach Mitteilung des<br />

Oberamts Sigmaringen hat die Gemeinde Ablach laut<br />

Gemeindehaushaltstabelle kein Vermögen und außer einem<br />

kleinen Pferch- und Pachtvertrag von Schafen kein<br />

Einkommen, dagegen 3500 Gulden Schulden. An Stiftungen<br />

ist nur ein unbedeutender Schulfond und eine für<br />

ihre eigentlichen Zwecke unzulängliche Heiligenfabrik da.<br />

Die Gemeinde sei arm, aber die Einwohner nicht unvermögend<br />

(Staatsarchiv Sigmaringen Abt. XI C2 Nr. 166).<br />

Bei der Gehaltsregulierung vom 17. Jänner 1856 sah die<br />

Sache schon wesentlich anders aus. Die Naturalien waren<br />

alle auf Geld umgestellt.<br />

I. Aus dem Schuldienst<br />

aus der Gemeindekasse bar<br />

statt der 4 Simri Mühlfrucht ä 45 x<br />

statt früher von jedem Bauernkind 1 Jmi<br />

Fruchthaber = 4 Simri ä 45 x<br />

aus dem Ortsschulfond<br />

Summa:<br />

an Gütern:<br />

Acker im Neutheil Nr. 256 3 /8 Morgen<br />

Acker im Herdstrich Nr. 164 °/8 Morgen<br />

Dienstwohnung besitzt der Lehrer im Schulund<br />

Gemeindehaus frei. Holz bezieht er<br />

2 Klafter oder hierfür 10 Gulden.<br />

II. Aus dem Meßnerdienst:<br />

an barem Geld aus Stiftungen der Heiligenfabrik<br />

für 81 gestiftete Jahrtäge ä 6x<br />

aus einer Stiftung von Konrad Schultheiß<br />

für das Richten der Turmuhr jährlich<br />

von den Söldnern (Kleinbauern) statt der<br />

Brotlaibe aus der Ortssteuerkasse bar<br />

für das Orgelspielen jährlich<br />

für das Läuten bei der öschprozession<br />

aus Stolgebühren:<br />

für das Begraben einer erwachsenen Person<br />

1 fl 41 t, durchschn. jährlich 5 Personen<br />

Kinderleichen jährlich durchschn. 8 a 12 x<br />

Trauungen jährlich gerechnet<br />

für 30 Läutelaibe a 15 x thut<br />

Gütergenuß: Karte IX Nr. 977 Wiese l 3 /,<br />

Morgen in der Au ohne alle Lasten<br />

Summa:<br />

dazu aus Schuldienst<br />

169 fl 38 x<br />

3 fl<br />

3 fl<br />

22 fl<br />

197 fl 36 x<br />

5 fl<br />

5 fl<br />

207 fl 36 x<br />

8 fl<br />

2 fl<br />

1 fl<br />

3 fl<br />

6 x<br />

40 x<br />

16 x<br />

8 fl 25 x<br />

1 fl 36 x<br />

1 fl<br />

7 fl 30 x<br />

24 fl<br />

59 fl 34 x<br />

207 fl 36 x<br />

zusammen: 267 fl 10 x<br />

Ablach, den 17. Jänner 1856<br />

Johann Mayer, Kaplan<br />

Bürgermeister: Uetz<br />

Gemeinderath: Häberle, Teufel<br />

Heiligenpfleger: Schweikart.<br />

Im Oktober 1873 betrug das Gehalt des Lehrers 403 fl<br />

17 x. Da es laut Verfügung der Königl. Regierung aber<br />

500 fl betragen sollte, mußte die Gemeinde nach anfänglichem<br />

Sträuben den Unterschiedsbetrag von 96 fl 43 x<br />

aus der Gemeindekasse entrichten. Für das Zahlenkönnen<br />

führt das Oberamt Sigmaringen an: „Die Gemeinde sei<br />

schuldenfrei, habe einen Waldbesitz von namhafter<br />

Größe, jeder Bürger sei im Genüsse eines zu 26 fl gewerteten<br />

Bürgernutzens und die Umlagen zu den Gemeindebedürfnissen<br />

betragen im 10jährigen Durchschnitt nur<br />

9x per 100 Gulden Steuerkapital." (Staatsarchiv Sigmaringen.<br />

XI C2 Nr. 166 und Rub. xiv Abt, 2 Nr. 32.)<br />

Wenn man die Stellungsnahmen des Oberamts zu Lehrergehalt<br />

von 1834 und 1873 vergleicht, so kann man sich<br />

über den wirtschaftlichen Aufschwung der Gemeinde nur<br />

wundern. Nach Abtrennung des Mesnerdienstes im Jahre<br />

1894 betrug das Lehrergehalt mit Organistendienst<br />

1001 Mark nebst freier Wohnung und 7 rm Buchen- oder<br />

11 rm Fichtenholz. Später regelte sich das Gehalt des<br />

Lehrers nach den Sätzen der staatlichen Besoldungsordnungen,<br />

und die Gemeinde entrichtete die geforderten<br />

Schulstellenbeiträge.<br />

Anmerkungen:<br />

1 Maria Theresia war es auch, die im Jahre 1770 auf Vorsprechen<br />

einer Deputation von 3 Mann unter Führung des Adlerwirts<br />

von Ablach dem Fürsten Karl Friedrich von Hohenzollern-Sigmaringen<br />

als Lehenshoheit die Auflage machte,<br />

einen Teil des starken Wildbestandes im Faulbronnen (jetzt<br />

Wildpark Josefslust) abzuschießen, und den anderen Teil in<br />

einem mit Planken versehenen Tiergarten zu hegen.<br />

2 Catalogus Personarum Ecclesiaticarum Dioecesis Constantiensis<br />

ad an. 1779 pag. 109 Ablach Parochiae Krauchenwies.<br />

D. Petrus de Alcant. Ignat. Menzinger, Capellan. Curat, ad<br />

S. Annam 6. an.<br />

3 Auf der Diözesan-Synode in Konstanz wurde um 1567 bezüglich<br />

der Schule beschlossen, daß in allen Pfarreien Elementarlehrer<br />

angestellt werden sollen, die im Hauptamte den<br />

Mesnerdienst versahen. Nach Dehner Chronik von Sigmaringendorf.<br />

4 Kallenberg, Die Schulorganisation von 1809 im Fürstentum<br />

Sigmaringen, Hohenz. Jahreshefte, 22. Bd., Jahrgang 1962.<br />

5 Bewerbung des Schulprovisors Joachim Haag von Ablach<br />

um eine Schulstelle.<br />

Hochjürstliche, Hochpreißliche Landesregierung<br />

Nachdem der Unterzeichnete die in voriger Woche abgehaltene<br />

Prüfung der Schulkandidaten erstanden hat, so will er auf<br />

den Fall hin, daß er dabei fähig befunden worden seyn sollte,<br />

der Hochpreißlichen Landesregierung die unterthänigste Bitte<br />

vortragen, ihm zu einer Schulstelle, wo er seine erworbenen<br />

Kenntniße praktisch üben kann, gnädigst beförderlich zu seyn.<br />

Dem Unterzeichneten müßte eine wie immer kärgliche Anstellung<br />

um so erwünschter sein, als er schon 2 Jahre mit Erwerbung<br />

der nötigen Kenntniße im Schulfach zugebracht hatte<br />

und während dieser Zeit ein unnützer Miteßer am Tische seiner<br />

Eltern war, die überdies ein sehr beschwerliches Hauswesen<br />

haben und seiner Unterstützung in der Haus- und Feldarbeit<br />

nur sehr schwer entbehrten. Wäre der Unterzeichnete so<br />

glücklich durch die hohe Gnade Hochpreißlicher Landesregierung<br />

seine armen Eltern von der Last seiner ferneren Verpflegung<br />

und Aufwendung anderer Kosten entheben zu können,<br />

so würde er dankbar nie ermüden, durch stete Vervollkommnung<br />

seiner Kenntniße und durch gute Aufführung in seinem<br />

wichtigen Berufe, soviel möglich nützlich zu werden. In tiefer<br />

Ehrfurcht harrend.<br />

Ablach, den 31. Oktober 1822<br />

Hochpreißlicher Landesregierung unterthänig gehorsamster<br />

Ioachim Haag, Schukandidat.<br />

(Staatsarchiv Sigmaringen, Rubrik Schulsachen, Rep. CII<br />

Nr. 17 F. 217.) Von 1824 bis 1855 war Haag dann Lehrer an<br />

der Volkschule Ablach. Aber der Mensch ist schwach und aus<br />

dem soliden Provisor Haag entwickelte sich dann ein Mann,<br />

der später dem Trünke ergeben war und 1855 seines Schulamtes<br />

enthoben wurde. Seine Pension ergab sich aus dem Unterschiedsbetrag,<br />

der nach Abzug des Gehalts für den nachfolgenden<br />

Provisor (Karl Karle) überig blieb.<br />

Quellen: Schulchronik von Ablach<br />

Gemeindechronik von Ablach<br />

Gemeindearchiv Ablach<br />

Staatsarchiv Sigmaringen<br />

63


Woher kommt „Maria Schray"?<br />

Der Schreiber glaubt, sich dunkel daran erinnern zu<br />

können, daß vor Jahren einmal an dieser Stelle oder in<br />

den „Jahresheften" in irgendeinem Zusammenhang die<br />

Marienkapelle dieses Namens bei Pfullendorf genannt<br />

wurde; danach sollte der Name nichts mit „schreien" zu<br />

tun haben, sondern - Irrtum ist keineswegs ausgeschlossen<br />

- mit irgendeiner Art charakteristischer Abgrenzung<br />

oder Umzäunung eines bestimmten Gebietes, also<br />

um einen Flurnamen, der mit dem sakralen (späteren)<br />

Gehalt der Stätte nichts zu tun hat. Nun berichtet der<br />

„Südkurier" aus gegebenem Anlaß, die Kapelle ist in ihrer<br />

jetzigen Gestalt 500 Jahre alt, ganz anders: danach<br />

soll die Bezeichnung zunächst vom „Verschreien" kommen.<br />

Hierher habe man, bevor es die Kapelle gab, nach<br />

mittelalterlicher Rechtsordnung jene geführt, die verjagt<br />

und für vogelfrei erklärt wurden. Dies sei der Ort der<br />

„scraiata", wo der Richter öffentlich den Spruch verlas,<br />

den Delinquenten also „verschrie", wonach man ihn verjagte.<br />

- Daraus sei dann die Kapelle als Ort des Gebetes<br />

solcher Armen geworden, als Schrei zu Maria. Die<br />

Legende legt zu einer Zeit, als das alte Verschreien offenbar<br />

in Vergessenheit geraten war, den Schrei sogar in<br />

den Mund des dortigen Marienbildes. Das sei unter dreimaligem<br />

Schreien davon und in den Wald geflogen, als<br />

die Kapelle 1632 von den Schweden in Brand geschossen<br />

wurde. - Der Wandel zu diesem doppelten Verständnis<br />

des Schreis entspricht wohl der Wirklichkeit, aber welches<br />

Wort liegt dem eigentlich zugrunde? Und ist es<br />

möglich, daß zufällig die alte Flurbezeichnung ähnlich<br />

lautete wie das richterliche „Schray"? Frick<br />

Buchbesprechung<br />

Hohenzollerische Münzen<br />

Heft 1: Kunsthistorisches Museum, Sammlung von Medaillen,<br />

Münzen und Geldzeichen, Burgring 5, A-1010<br />

Wien.<br />

Heft 2: Staatl. Museen zu Berlin und Staatl. Kunstsammlungen<br />

Dresden.<br />

Beide bearb. v. Karl Werner Steim, Tübingen 1976.<br />

Für die Freunde hohenzollerischer Münzen und Medaillen<br />

hat Karl Werner Steim wertvolle und seltene Prägungen<br />

in den Museen von Wien, Ost-Berlin und Dresden<br />

zusammengetragen und verzeichnet. Es sind darun-<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

herausgegeben vom Hohenzollerischen <strong>Geschichtsverein</strong><br />

in Verbindung mit den Staatlichen<br />

Schulämtern. Verlag: <strong>Hohenzollerischer</strong><br />

<strong>Geschichtsverein</strong> 748 Sigmaringen,<br />

Karlstr. 3. Druck: M. Liehners Hofbuchdruckerei<br />

KG, 748 Sigmaringen, Karlstr. 10.<br />

Die Zeitschrift „Hohenzollerische Heimat'<br />

ist eine heimatkundliche Zeitschrift. Sie<br />

will besonders die Bevölkerung in Hohenzollern<br />

mit der Geschichte ihrer Heimat<br />

vertraut machen. Sie bringt neben fachhistorischen<br />

auch populär gehaltene Beiträge<br />

aus der Geschichte unseres Landes.<br />

Sie veröffentl. bevorzugt Beiträge, die im<br />

Schulunterricht verwendet werden können.<br />

Bezugspreis: 3,00 DM halbjährlich<br />

Konten der „Hohenzollerischen Heimat":<br />

802 507 Hohenz. Landesbank Sigmaringen<br />

123 63 Postscheckamt Stuttgart<br />

64<br />

Die Autoren dieser Nummer:<br />

Manfred Hermann, Pfarrer,<br />

7451 Neufra<br />

Johann Adam Kraus, Erzb. Archivar i. R.<br />

Badstraße 2, 7800 Freiburg/Br.<br />

Josef Mühlebach, Landesverw.-Rat a. D.,<br />

Leopoldstraße 41, 7480 Sigmaringen<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen<br />

Johann Wannenmacher, Schulrat i. R.,<br />

Goethestraße, 7487 Gammertingen<br />

Walther Frick, Journalist,<br />

Hohe Tannen, 7480 Sigmaringen<br />

Josef Deschler, Oberlehrer i. R.,<br />

7482 Krauchenwies-Ablach<br />

Schriftleitung:<br />

Dr. med. Herbert Burkarth,<br />

7487 Gammertingen<br />

Riehand Schell<br />

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den Sammler nicht mehr zu beschaffen sind. Selbst in<br />

Museen sind hohz. Münzen nur selten vertreten, im Wiener<br />

Münzkabinett befinden sich immerhin 50 Münzen<br />

und 3 Medaillen. Neben dem Fürstl. Hohenz. Museum in<br />

Sigmaringen besitzt das Staatl. Museum in (Ost-)Berlin<br />

die größte Sammlung alter hohenz. Prägungen: 67 Münzen<br />

und 5 Medaillen. Zunächst gibt Steim eine kurze<br />

Einführung in die hohenz. Münzgeschichte, anschließend<br />

versucht er den Werdegang der hohenz. Münzsammlungen<br />

zu skizzieren, als letztes registriert er sorgfältig alle<br />

vorhandenen hohenz. Prägungen. Die bemerkenswerten<br />

Hefte sind beim Verfasser, Stauffenbergstraße 51,<br />

7400 Tübingen, zu beziehen.<br />

'j/<br />

Redaktionsausschuß:<br />

Hubert Deck, Konrektor<br />

745 Hechingen, Tübinger Straße 28<br />

Telefon (07471) 2937<br />

Walther Frick, Journalist<br />

748 Sigmaringen, Hohe Tannen<br />

Telefon (07571) 8341<br />

Die mit Namen versehenen Artikel geben<br />

die persönliche Meinung der Verfasser<br />

wieder; diese zeichnen für den Inhalt<br />

der Beiträge verantwortlich. Mitteilungen<br />

der Schriftleitung sind als solche gekennzeichnet.<br />

Manuskripte und Besprechungsexemplare<br />

werden an die Adresse des Schriftleiters<br />

oder Redaktionsausschusses erbeten.<br />

Wir bitten unsere Leser, die „Hohenzollerische<br />

Heimat" weiter zu empfehlen.

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