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GERALD IGOR HAUZENBERGER - Austrianfilm

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Seeking Integration Through Expression:The Use of Collage With Victims of CrimeVictims of crime may have symptoms unique to the type of traumatic eventthey have experienced, yet they may also have loss and grief issues related to thosefound in victims of other types of trauma (Davis, Lurigio & Skogan, 1997). We asclinicians seek ways to empower these clients with not only coping skills forhandling their issues in the present, but with the ability to form a vision of theirfuture beyond this loss. It has been found that victimization can alter and challengea person’s beliefs about their sense of who they are and their general safety in theworld, and who they can now trust (including themselves) in that world. They maynow question perceptions that the day before they would have taken for granted.These are what Janoff-Bulman (1992) has termed “shattered assumptions” abouttheir everyday existence. A large part of the healing process for these clientsconsists of first acknowledging their experience (actual and perceived) and thenseeking to integrate it into their existing sense of self (Herman, 1997; Hybels-Steer, 1995). For healing to occur, a reorganization of one’s sense of self andidentity must occur. This involves examining, rearranging, reorganizing andincorporating that which is new into that which is already known until an alteredsense of self can be found. This reorganization consists of an integration of theaffect and cognitions connected with the trauma into an existing schema of oneself.It is when this begins to occur that the person can begin to move forward. Thisintegration provides a new “picture” of oneself, a new narrative of one’s life whichis able to contain all experiences of that life.The benefits of collage as an agent to promote healing has been noted in theliterature (Cohen, Barnes & Rankin, 1995; Hagood, 2000; Landgarten, 1981;Linesch, 1988,) Collage contains and structures; it is controllable yet allowsexploration, not only through the placement of materials but within ourselves. TheModernists understood the potential of collage to serve as a medium which couldsupport the interplay of not only actual separate pieces on paper but the interplayof the real and the surreal. It was the Surrealists who first showed us the ability of


THIMFILM Verleih und FRAMELAB Filmproduktion präsentierenWird die Zivilgesellschaft zum Staatsfeind Nr. 1?Ein Film von Gerald Igor HauzenbergerAb 25. November 2011 im KinoEine FRAMELAB Filmproduktion im Verleih von Thimfi lm.Hergestellt mit Unterstützung desBMUKK, des Filmfonds Wien, Kultur Land Oberösterreich und im Rahmen des ORF Film-Fernsehabkommens.Österreich 2011, 116 Minuten, 1,85:1, 35mm. DCP,120 MinutenEine Produktion von FRAMELAB Filmproduktion e.U.,Sechshauserstr.13/29, A-1150 Wien, T: 0043/699 19699661Im Verleih von Thimfi lm GmbH, Hermanngasse 18/5, 1070 WienPressebetreuung: Michaela Englert, englert@thimfi lm.at, T: +43 699 1946 36 34Pressedownload: www.thimfilm.atwww.derprozess.com


StabKurztextBuch und RegieProducerKameraKamera 2nd UnitSchnittTonMusikTongestaltung:DramaturgieGerald Igor HauzenbergerMichael SeeberDominik Spritzendorfer / Gerald Igor HauzenbergerMathias GritschMichael PalmLisa Ganser / Hjalti Bager-Jonathansson / Nils KirchhoffBernhard FleischmannMichael PalmDavid Wingate / Ebba SinzingerÜber ein Jahr dauerte der Prozess gegen 13 Tierschützer, die nach § 278a, dem so genannten Mafiaparagraphen, angeklagt wurden.Den NGO-Aktivisten wurde die Bildung einer kriminellen Organisation vorgeworfen. Zwei Jahre lang hatte die Polizei die politischenAktivisten überwacht, sogar eine verdeckte Ermittlerin eingeschleust.Der Prozess endete dennoch mit einem Freispruch in allen Punkten. Viele der Aktivisten stehen aufgrund der Prozesskosten aber vordem finanziellen Ruin. Handelt es sich also um einen Musterprozess gegen zivilen Ungehorsam? Muss jeder, der sich aktiv in einerNGO engagiert, fortan fürchten, als Mitglied einer terroristischen Organisation angeklagt zu werden? Der Filmemacher Gerald IgorHauzenberger begleitete einen der größten Prozesse der Republik mit der Kamera.Seite 2 Seite 3


Supermärkte, als Ausdruck einer konsequenten Praxis gegen Überproduktion. Ein andermal nahm er in „Tausche Familie“ den Platzeiner Bäuerin ein, machte für den Bauern das Bett, weigerte sich aber Fleisch zu kochen, während die Bäuerin in seiner WG einundverkleidet als Huhn im Rahmen einer Protestaktionauf dem Wiener Stephansplatz symbolisch geschlachtetwurde.Hnat ist überzeugt davon, durch Aktionismus das größte Aufmerksamkeitspotenzial zu erreichen. Mitten im Winter demonstrierte ernackt vor der chinesischen Botschaft für ein Verbot der dortigen Pelzindustrie. Er stört Modeschauen mit dem Schlachtruf „Pelz istMord“ und ist mit vielen Polizisten so gut bekannt, dass er oft beinahe verständnisvoll behandelt wird. Das schützt ihn aber nichtdavor, auch in Handschellen abgeführt und wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ zu exorbitanten Geldstrafen verurteilt zuwerden.Sabine Koch – Basisgruppe Tierrechte (BaT)Sabine Koch arbeitet als Hundetrainerin und moderiert eine Sendung auf Radio Orange. Sie wurde von den Wiener „Grünen“ aufListenplatz 17 bei der Nationalratswahl 2008 gesetzt. Die 30-jährige ist bekannt für ihre Proteste gegen Pelzhandelsfirmen. Sie istMitglied der BaT (Basisgruppe Tierrechte).Die BaT sieht sich nicht primär als Tierschutzverein, sondern lehnt sämtliche Herrschafts-, Unterdrückungs-, und Ausbeutungsformenüber Menschen und Tiere gleichermaßen ab. Die Gruppe setzt sich deshalb auch nicht für eine Reform der existenten Tierhaltungein, sondern für deren Abschaffung. Zu einigen Aktionen, wie z.B. einer Schweinebefreiung aus einem Masttierbetrieb, ladensie auch Journalisten ein. Sabine Koch lebt gemeinsam mit ihren Hunden in Wien.Jürgen FaulmannJürgen Faulmann war bei PeTA (People for the Ethical Treatment of Animals) in Deutschland beschäftigt, bevor er Kampagnenleiterbei Vier Pfoten wurde, einer international agierenden Organisation, die sich für die Freilandhaltung von Hühnern und Schweineneinsetzt. Als größten Erfolg nennt der Verein das Importverbot von Hunde- und Katzenfellen aus Asien in die EU, das am 1. Januar2009 in Kraft trat.Die Arbeit von Vier Pfoten ist weitgehend auf Lobbying und Öffentlichkeitsarbeit ausgelegt. Nebenbei betreibt der Verein mehrereParks für gerettete Bären und einen Hof für ausrangierte Tiere, auf dem Faulmann ehrenamtlich arbeitet.Der Vereinsvorstand hat Faulmann nach seiner Verhaftung explizit unterstützt, weil seine Aktionen über zivilen Ungehorsam nichthinausgehen. Faulmanns Leitmotiv ist Gandhis Ausspruch: „First they ignore you, then they ridicule you, then they fight you, thenyou win.“Chris MoserChris Moser arbeitet als Künstler, Bildhauer, Maler und Restaurator von Kirchen. Seine Arbeitenwaren in den vergangenen Jahren imRahmen mehrerer Ausstellungen zu sehen.Mosers Ästhetik ist zweifellos einer radikalen Ikonographie geschuldet. Der Schluss, dass Mosers Schaffen über einen künstlerischenGestus hinaus ein Leben im Untergrund, Widerstand undKampf propagieren würde, wie das die Anklage nahelegt, wirkt nichtschlüssig. Moser lebt mit seiner Frau und den gemeinsamen Kindern auf einem alten Bauernhof in Tirol. In seinem Haus wurde einFlugzettel-Gedicht mit dem Refrain: „Jäger töten!“ gefunden. Das Gericht wertete diese Zeile als Aufruf zum Mord an Jägern.Moser wurde alsEinziger der Inhaftierten bereits nach zwei Monaten entlassen. Seine Grundrechtsklage gegen die Verhaftung lehnteder Oberste Gerichtshof dennoch ab.Falls es nach dem Einspruch der Staatsanwaltschaft zu einer Fortführung des Prozesses kommt, ist ungewiss, ob die Familie denHof finanziell halten kann.Die ErmittlerOberstleutnant Böck & Bettina BognerJosef Böck ist der operative Leiter der SOKO „Bekleidung“. Im Zeugenstuhl sitzend wollte der kaum eine Stellungnahme abgeben.Mehr als 40x wiederholte er: Ich verweise auf den Akt.Nach monatelanger Überwachung von Handys, Peilsendern und großem Lauschangriff bis ins Schlafzimmer genügte es ihmschon, von der Kriminellen Organisation überzeugt zu sein, als er nachweisen konnte, dass einer von 13 Angeklagten nachtensnicht zuhause war, als eine Kleider Bauer Filiale beschädigt wurde. Die Unschuldsvermutung ist ihm fremd. Ebenso gilt es fürnicht entlastend, dass die anderen 12 Angeklagten offensichtlich an anderen Stätten geortet werden konnten. Viele dieser Protokollesind bis Prozessende dem Gericht noch nicht vorgelegen. Die SOKO wurde gerichtlich sogar verurteilt, weil sie die volleAkteneinsicht nicht gewährleistet hat. Das blieb aber ebenso wie Amtsmissbrauchsklagen ohne Wirkung.Wolfgang HandlerWolfgang Handler, Mitte 30, ist der Staatsanwalt im Tierschützerprozess. Es ist sein bislang größter Fall.Der Strafantrag liest sich wie ein Rundumschlag gegen Tierschutz eines leidenschaftlichen Jägers. Für die Stinkbomben, dienachts bei Kleider Bauer deponiert wurden, erfand er den Terminus Gasanschlag. Gegen einen niederösterreichischen Grün-Aktivisten erhob er Anklage, um den Prozess just in Wiener Neustadt eröffnen zu können. Während der Aktivist erwiesenermaßenunschuldig ist, liegt die Vermutung nahe, dass die Beweislage für ein Verfahren in Wien nicht ausgereicht hätte. Handler hatbereits angekündigt, dass er nach Vorliegen des schriftlichen Urteils auf jeden Fall in eine weitere Instanz gehen will.Seite 8 Seite 9


Die VerteidigerStefan TraxlerStefan Traxler ist der Verteidiger von vier verhafteten Tierschützern. Er vertritt üblicherweise den VGT in Rechtssachen. Traxler istkein erfahrener Strafverteidiger und war bislang hauptsächlich in zivilrechtlichen Verfahren im Einsatz. Er bezeichnet den Prozessals Kampf „David gegen Goliath“.Philipp BischofPhilipp Bischof ist der prominenteste Verteidiger. Die Öffentlichkeit wurde auf ihn aufmerksam, als er der zentrale Anwalt in der„Operation Spring“ war. Beim Tierschützer-Prozess verteidigt er drei Angeklagte.Kritische Expertinnen für die Grundrechteund eine moderne DemokratiePetra VeltenPetra Velten ist Professorin am Institut für Strafrecht in Linz und strebt eine Novellierung des § 278 an. Der Paragraph sole, wieursprünglich geplant, gegen Mafia- und Terrornetzwerke, nicht aber gegen demokratische Organisationen angewendet werden.Im Film ist sie die Stimme einer verantwortungsvollen „Hüterin des Rechts’“.Weil sie Richterin Arleth in einer Publikation für ihre Prozessführung kritisiert hatte, wurde sie im Februar 2010 von der Richtervereinigungangezeigt.Bundespräsident Heinz Fischer lud sie persönlich in die Hofburg vor, um mit den Richtern und ihr über Öffentlichkeit und Pressefreiheitzu reden. Aufgrund ihrer treffenden Argumente wurde die Klage eine Woche später abgewiesen.Alexia StueferAlexia Stuefer ist jene Strafverteidigerin, die Richterin Sonja Arleth mit der größten Konsequenz herausforderte. Sie ließ sich auchnicht einschüchtern, als ihr Prozessverzögerung unterstellt oder mit einem Brief an die Rechtsanwaltskammer gedroht wurde.Beim Tierschützer-Prozess verteidigt sie drei Angeklagte.Stephan Jürgen MertensHeinz PatzeltDer Chef von Amnesty International Österreich hat schon vor Jahren vor einem missbräuchlichen Einsatz des Anti-Mafia-Paragrafengewarnt. Patzelt sieht in diesem Gesetz nicht nur ein demokratiepolitisches Problem, sondern verweist auch auf dieinakzeptable finanzielle Last, die Angeklagten trotz eines Freispruchs droht. In Hinblick auf den geringen staatlichen Kostenersatzund die exorbitant verhängte Untersuchungsstrafe spricht Patzelt wörtlich von einem „menschenrechtlichen Scherz“. Tatsächlichstehen Kosten von mehreren Hunderttausend Euro einer Maximalabgeltung von 1.250 Euro Anwaltskosten und 50 Euro pro Tagfür die Untersuchungshaft gegenüber.Mertens verteidigte im BAWAG-Prozess Helmut Elsner und setzt sich besonders für seinen Mandanten Jürgen Faulmann ein. Erhalt es für geradezu absurd, dass einem Tierschützer Tierquälerei zur Last gelegt wird, weil er angeblich Tiere aus nicht artgerechterHaltung befreit habe.Seite 10 Seite 11


Über den FilmTüren werden mit Rammböcken aufgebrochen, vermummte Kommandos stürmen mit Stahlhelmen und geladenen Waffen dieWohnungen, jagen junge Menschen aus ihren Betten und setzen ihnen Pistolen an den Kopf. Die Beamten werfen Computer aufden Boden, durchwühlen Kästen und Betten. Kinder stehen verängstigt daneben.Das sind keine Szenen aus dem Irak-Krieg, sondern die Bilder eines Polizei-Einsatzesin Österreich 2008, bei dem der Mafia-Paragraf278a just gegen Tierschützer in Anwendung gebracht wurde. Mit dem Vorwurf der Bildung einer kriminellen Organisationreichte somit schon die Vermutung auf Sachbeschädigungen aus, um zehn der Aktivisten ins Gefängnis zu bringen.Zwei Jahre Überwachung, drei Monate Untersuchungshaft und die Beschlagnahmung von Materialiendurch die Einsatzkommandoserbrachten nicht die erhofften Beweise. Die Staatsanwaltschaft stellte dennoch Antrag auf Haftverlängerung, mit demArgument, es handle sich um eine besonders klandestine, kriminelle Vereinigung.Der Strafantrag folgte ein Jahr später. Und weil den ermittelnden Behörden immer noch der wesentliche Anfangsverdacht fehlte,lauschten Spezialeinheiten wochenlang penibel bis in die Schlafzimmer der Angeklagten. Verdeckte Ermittler nahmen an hundertenVeranstaltungen teil, ehemalige Tierschützer wurden von der SOKO als Vertrauenspersonen umgepolt. Neben dem Verteilenvon Flyern und der Behinderung von Tiertransporten gaben sie heimlich Aufzeichnungen an den Verfassungsschutz weiter.Die RichterinSonja ArlethSonja Arleth hatte bisher keinen größeren Strafprozess geleitet und geriet durch Rechtsexperten und Prozessbeobachter deutlichunter Druck. Sie tritt den Verteidigern gegenüber sehr autoritär auf und betont trotz Befangenheitsantrages stets und mantraartig,dass der Ausgang des Prozesses völlig offen sei. Für den gesamten Prozess hatte sie nur 34 Tage eingeplant. Nach einem Jahrwaren noch nicht einmal die Hälfe der Zeugen einvernommen.Nach der entlastenden Zeugeneinvernahme der verdeckten Ermittlerin Danielle Durand wurde spürbar, dass die Richterin dieeklatanten Mängel der Anklage erkannte.Bei ihrem mündlichen Freispruch wagte sie sogar den Satz, dass ermittelnde Polizisten wohl in einer „alternativ strukturiertenRealität“ gelebt hätten.Fazit: Fünf Millionen Euro Ermittlungskosten, aber keine Beweise. Was bleibt ist der ebenso nebulose wie höchst bedrohlicheAnklagepunkt, der gemäß dem Paragraph278a lautet: „… der/die Angeklagte hat sich auf andere Weise bei einer kriminellenOrganisation beteiligt, indem er/sie Information, Wissen oder anderes für strafbare Handlungen zur Verfügung gestellt hat.“Dieser lapidary klingende Gesetzestext ermöglicht es den Richtern, Beschuldigte auch ohne Beweise für konkrete Straftateneinzusperren. Das ist ein Warnsignal auch für große NGOs wie Greenpeace, Global 2000 oder attac, dass „Direct Actions“ undziviler Ungehorsam auf das schärfste bestraft werden können.Unser Film zeigt fünf Menschen anerkannter österreichischer und deutscher Menschenrechts- und Tierschutzorganisationenganz persönlich, wie sie sich auf ihre Verteidigung vorbereiten während desProzesses agieren. Wie sie mit der Aussicht auf eineweitere Haftstrafe – es drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis – zurecht kommen.Der Prozess zeigt auch, wie Spitzenpolitiker von der damaligen Justizministerin Claudia Bandion-Ortner bis zu Parteisprechernund Menschenrechtsexperten auf einen immer kafkaesker werdenden Strafprozess reagieren.Seite 12 Seite 13


RegiestatementHintergründeNach dem konservativen Backlash 2001, ausgelöst durch 9/11, werden weltweit Bürger- und Menschenrechte eingeschränkt.In Österreich novelliert eine Koalition aus Konservativen und Rechtspopulisten ein Sicherheitsgesetz (Paragraf 278), das ermöglichtDemonstranten sozialer und politisch linksstehenden Bewegungen mit staatsbedrohenden Terror- und Mafiaorganisationengleichzusetzten.In diesem Strafprozess steht viel auf dem Spiel. Der schleichende Abbau von Grundrechten zur Terrorprävention mit dem §278könnte sowohl Künstler/innen, Journalist/innen und Filmemacher/innen in das Radar politisch motivierter Polizisten ziehen unddiese für Monate oder Jahre in Strafprozesse verwickeln. Es scheint, als würden moderne Demokratien wie Österreich einenSchritt rückwärts in Richtung Kontroll- und Misstrauensgesellschaft machen.Als sozial engagierter Filmemacher interessiert mich besonders, wie es um die persönlichen und „objektiven“, strukturellenGrenzen für politischen Aktivismus in einer modernen Demokratie bestellt ist. Und was passiert, wenn Teile der Gesellschaft dasVertrauen in den Staat verlieren.Österreichs Tierschutzgesetze gehören zu den fortschrittlichsten weltweit. Als erstem Land gilt in Österreich seit 1. Januar 2009ein Legebatterienverbot für Hühner, schon vor Jahren wurden Pelztierfarmen und Wildtiere im Zirkus aus ethischen Gründenverboten. Trotzdem wurden einige jener Tierschützer, die diese Gesetze mit ausgearbeitet haben, drei Monate lang inhaftiert.Gegen sie wurden polizeiliche Maßnahmen angewandt, die etwa den Briefbombenattentäter in den 1990ger Jahren zur Streckebringen sollten. Damals wurde der Paragraf 278 geschaffen. Der Unterparagraf § 278a soll Waffen- und Menschenhandel, dieGefährdung von Wirtschaft und Verfassung, den Handel mit Drogen und radioaktivem Material verhindern. Er ermöglicht Verurteilungenohne konkrete Beweise auszusprechen. In der „Operation Pelztier“ wurde er allerdings gegen Tierschützer eingesetzt.Nach offensichtlich exzessivem Einsatz behördlicher Mittel erwiesen sich die Ergebnisse kleiner und großer Lauschangriffe undselbst von DNA-Proben entlastend für die Verdächtigten. Selbst ein dringender Tatverdacht auf Brandlegung musste von denErmittlern zurück gelegt werden. Trotzdem ermittelte die Sonderkommission weiter, führte selbst bei 2.500 Spendern der betroffenenVereine Verhöre und Hausdurchsuchungen durch, sammelte massiv Informationen. Ohne Ergebnis.So stellt sich die berechtigte Frage, ob hier – in einem demokratiepolitisch gefährlichen Spiel – nicht primär Gesinnung bestraft,so wie der exorbitante Einsatz polizeilicher Ermittlungsmaßnahmen gerechtfertigt werden soll. Der Oberste Gerichtshof stärkteindes die Position der Behörden. Sturmgewehre und Pistolen wären bei der Stürmung der Wohnungen ebenso gerechtfertigtgewesen wie danach die lange Untersuchungshaft. Die Verdunkelungsgefahr, die bei großen Wirtschaftsdelikten der letzten Zeitzentrale Verdächtige noch lange nicht in U-Haft brachte, wurde im Fall der Tierschützer offenbar als besonders hoch eingeschätzt.Der weitere Verlauf des Prozesses lässt sich schwer prognostizieren. Einerseits gab es in Österreich bislang fast keine Freisprüchefür Menschen, die nach diesem Paragrafen angeklagt wurden. Andererseits waren darunter bislang auch keine Tierschützer,sondern etwa Mitglieder einer Mafia oder Terrororganisation. Wie unklar und nahezu willkürlich Urteile letztlich ausfallen können,zeigt ein anderer, filmisch ebenfalls dokumentierter Fall eines Großeinsatzes der Polizei: die „Operation Spring“. Damals wurdenmehrere Nigerianer zur Drogenmafia erklärt und zu mehreren Hundert Jahren Haftstrafen verurteilt. Der Richterspruch lauteteu.a.: „Der Beschuldigte hatte unbekannte Mengen von Drogen an einem unbekannten Ort zu einer unbekannten Zeit unbekanntenPersonen verkauft.“ Mit dem Wiener Neustädter Tierschützer-Prozess steht erneut das Vertrauen der Zivilgesellschaft in denPolizei- und Justizapparat auf dem Spiel.Vor der Berufung des StaatsanwaltesWas blieb letztlich konkret von den Anklagepunkten über? Bei den schwersten Vorwürfenhandelte es sich um zwei Fälle vonBrandstiftung an Jagdhütten. Eine ist bereits gelöst. Der Jäger hat sich mittlerweile der Versicherung gegenüber selbst beschuldigt,unachtsam mit dem Feuer gewesen zu sein. Ein weiterer Vorwurf war Nötigung einer Mitarbeiterin der Firma Kleiderbauer.Eine PR-Sprecherin der Kette musste laut Protokoll Todesängste ausstehen, als Demonstranten sie am Wegfahren gehinderthatten. Des weiteren fanden drei Sachbeschädigungen an Autos von Managern (zerstochene Reifen und Farbbeschmierung)statt, mehrere Auslagen gingen in Wien zu Bruch, eine Filiale von Kleider Bauer wurde in Graz mit einer Stinkbombe attackiert.Für diese Delikte konnten keine Täter ausgeforscht werden.Der Staatsanwalt meldete einen Tag nach Urteilsverkündung Berufung und Nichtigkeit an. Seither arbeitet die Richterin an derschriftlichen Urteilsausfertigung. Dieses mehrer hundert Seiten umfassende Konvolut wird im Januar 2012 erwartet.Danach ist wieder der Staatsanwalt am Zug. Es sei denn, dass die Justizministerin tatsächlich einmal von ihrem WeisungsrechtGebrauch macht.Seite 14 Seite 15


Der RegisseurGerald Igor HauzenbergerGerald Igor Hauzenberger absolvierte das Studium der Film & Theaterwissenschaften in Berlin und Wien und den Universitätslehrgangfür Film & Geisteswissenschaften. Er arbeitet seit 7 Jahren als Regisseur, Kameramann, Projektkurator und unterrichtetean mehreren Universitäten. Sein letzter Dokumentarfilm, Einst süße Heimat – Begegnungen in Transsylvanien, lief erfolgreichim TV und wurde fünfmal auf Internationalen Filmfestivals ausgezeichnet (z.B. FIPRESCI Award).Filmografie2011 Der Prozess2007 Einst süße Heimat – Begegnungen in Transsylvanien (Beyond the forest, dokumentarischer Portraitfilm)2003 In the Eye of the Beholder (short doc.)2002 East Timor – Resistance without Publicity (short doc.)1999 Eclipsa – Nam ce face (doc.)1998 Serial on1996 24 Dialogs1995 Einklang (Experimentalfilm)Fotos, Pressetext, Filmclippings unter www.thimfilm.atSeite 16


Ab 25. November im KinoEine FRAMELAB Filmproduktion im Verleih von Thimfilm.Hergestellt mit Unterstützung desBMUKK, des Filmfonds Wien, Kultur Land Oberösterreich und im Rahmen des ORF Film-Fernsehabkommens.Österreich 2011, 116 Minuten, 1,85:1, 35mm. DCP,120 MinutenEine Produktion von FRAMELAB Filmproduktion e.U.,Sechshauserstr.13/29, A-1150 Wien, T: 0043/699 19699661Im Verleih von Thimfilm GmbH, Hermanngasse 18/5, 1070 WienPressebetreuung: Michaela Englert, englert@thimfilm.at, T: +43 699 1946 36 34Pressedownload: www.thimfilm.atwww.derprozess.com

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