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Gesundheits - Fachstelle für Prävention und Gesundheitsförderung ...

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<strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

im Land Berlin<br />

Die <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

wird finanziert durch die Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong> Verbraucherschutz.<br />

Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en<br />

Start ins Leben!<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> Initiativen aus<br />

Berliner Bezirken <strong>und</strong> anderen Kommunen


Herausgeber:<br />

<strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung im Land Berlin<br />

c/o Ges<strong>und</strong>heit Berlin<br />

Friedrichstraße 231<br />

10969 Berlin<br />

Tel.: 030/ 44 31 90 60<br />

Fax: Tel.: 030/ 44 31 90 63<br />

Email: fachstelle@ges<strong>und</strong>heitberlin.de<br />

Redaktion: Carola Gold, Maren Janella,<br />

Isabell Merchan<br />

Layout: Connye Wolf, www.connye.com<br />

Die Tagung am 20. November 2008 <strong>und</strong> Dokumentation wurde ermöglicht durch:<br />

<strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

im Land Berlin<br />

Die <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

wird finanziert durch die Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong> Verbraucherschutz.<br />

Bildnachweise<br />

Titel, S. 14, 19, 20, 23, 30, 39, 41, 46, 52, 53, 54 Stockxchange<br />

S.1 Senatsverwaltung <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

S. 4,19 Nadja Gowinkowski<br />

S. 6, 7 Prof. Raim<strong>und</strong> Geene<br />

S. 9 Franz-Mairinger, www.pixelio.de<br />

S. 12 Melanie Mieske, www.pixelio.de<br />

S. 13 Jutta Burdorf-Schulz<br />

S. 15, 16 Angelika Krebs<br />

S. 17 „BLiQ – Bewegtes Leben im Quartier“<br />

S. 21, 22 Unfallkasse Berlin<br />

S. 23 AOK Berlin<br />

S. 24 Landessportb<strong>und</strong> Berlin<br />

S. 25 Duxschulz, www.pixelio.de<br />

S. 26 Stephanie Hofschlaeger, www.pixelio.de<br />

S. 28,29 Zagg GmbH<br />

S. 32 Rolf van Melis, www.pixelio.de<br />

S. 35 Club Dialog<br />

S. 37, 49 Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg<br />

S. 39 Dr. Johann Böhmann / Klinikum Delmenhorst<br />

S. 42 Bezirksamt Mitte<br />

S. 44 Erysipel, www.pixelio.de<br />

S. 45 Martina Hartmann / REGSAM<br />

S. 47 Dissens e.V.<br />

Die lokalen Aktionsbündnisse<br />

Ges<strong>und</strong>e Lebensstile <strong>und</strong> Lebenswelten<br />

BliQ – Bewegtes Leben im Quartier werden gefördert<br />

im Rahmen des Nationalen Aktionsplans:<br />

„IN FORM – Deutschlands Initiative <strong>für</strong><br />

ges<strong>und</strong>e Ernährung <strong>und</strong> mehr Bewegung“<br />

www.in-form.de.


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Vorwort<br />

Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />

einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben,<br />

das wünschen sich alle Eltern <strong>für</strong> ihre Kinder.<br />

Aber leider wissen wir auch, dass nicht alle<br />

Berliner Kinder wirklich einen optimalen Start<br />

ins Leben haben. Spätestens an Hand der<br />

Daten aus den Schuleingangsuntersuchungen<br />

zeigt sich, dass die Unterschiede hinsichtlich<br />

der ges<strong>und</strong>heitlichen Risiken der Kinder sehr<br />

unterschiedlich verteilt sind. Soziale<br />

Belastungen der Familien wirken sich auch<br />

auf die Ges<strong>und</strong>heit der Kinder aus. Und nicht<br />

alle Familien verfügen über die Kompetenzen<br />

<strong>und</strong> Ressourcen, um Kinder optimal zu fördern<br />

<strong>und</strong> ihnen ein positives <strong>und</strong> aktivierendes<br />

Umfeld von Beginn an zu bieten.<br />

Allen Kindern zu einem guten Start zu verhelfen<br />

ist nicht nur <strong>für</strong> die Mitarbeiter/innen, die<br />

in Kitas, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> Jugendämtern,<br />

Familienzentren, Nachbarschaftsheimen oder<br />

Initiativen tätig sind, eine tägliche Herausforderung,<br />

sondern stellt auch <strong>für</strong> die Berliner<br />

Politik eine zentrale Verantwortung dar.<br />

Wir haben uns in der Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz,<br />

der Berliner Plattform zentraler<br />

Akteure des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesens, auf<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>ziele zur Verbesserung der<br />

Ges<strong>und</strong>heit von Kindern bis sechs Jahre<br />

verständigt. Gemeinsam mit allen Partner/innen,<br />

die an der Gestaltung ges<strong>und</strong>er<br />

Lebenswelten von Kindern in Familie, Kita,<br />

Stadtteil <strong>und</strong> Schule beteiligt sind, wollen wir<br />

wirksame Maßnahmen zur Verbesserung des<br />

Ernährungs-, Bewegungsverhaltens <strong>und</strong> der<br />

Sprachfähigkeit umsetzen.<br />

Dabei stehen wir nicht am Anfang. Viele gute<br />

Projekte <strong>und</strong> Initiativen bestehen bereits. Und<br />

die in diesem Band dokumentierten Beiträge<br />

belegen eindrucksvoll, dass es gute <strong>und</strong><br />

erfolgreiche Konzepte gibt. Doch oft fehlt es<br />

noch an Abstimmung <strong>und</strong> Koordinierung,<br />

Partner/innen finden nicht zusammen oder<br />

Mittel zur Umsetzung wichtiger Vorhaben<br />

fehlen. Die Rahmenbedingungen <strong>für</strong><br />

nachhaltige Effekte sind nicht überall gegeben.<br />

Und zum Ringen um Qualität in der <strong>Prävention</strong><br />

gehört auch die Diskussion darüber, wo der<br />

größte Handlungsbedarf besteht <strong>und</strong> was<br />

erfolgreiches Handeln auszeichnet, das diese<br />

Zielgruppen tatsächlich erreicht.<br />

Die <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>chancen der Kinder werden<br />

maßgeblich durch die Situation im Elternhaus<br />

bestimmt. Starke Kinder brauchen starke <strong>und</strong><br />

kompetente Eltern. Die Phase r<strong>und</strong> um die<br />

Geburt ist eine Zeit, die alle Eltern als großen<br />

Umbruch erleben. Wenn in dieser Phase die<br />

Unterstützung <strong>und</strong> Ansprache der Eltern<br />

gelingt, können wichtige Weichen <strong>für</strong> die<br />

Stärkung der Eltern in ihrer neuen Rolle <strong>und</strong> <strong>für</strong><br />

die Zuversicht in ihre eigene Kompetenz<br />

gestellt werden. Soziale Netzwerke, die Familien<br />

unterstützen, sind eine gute Investition in<br />

die Zukunft der Kinder. Dort wo es starke<br />

soziale Netzwerke gibt oder wo sie neu<br />

entstehen, kann Isolation <strong>und</strong> Überforderung<br />

von Eltern am besten entgegengewirkt<br />

werden.<br />

Ich freue mich daher, dass sich die <strong>Fachstelle</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung im<br />

Land Berlin mit ihrer ersten Fachtagung gerade<br />

dieser Frage angenommen hat. Die große<br />

Resonanz, die die Veranstaltung mit über 400<br />

Akteuren aus Kitas, Familienzentren,<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>ämtern, Vereinen <strong>und</strong> Initiativen<br />

gef<strong>und</strong>en hat, stimmt mich sehr zuversichtlich.<br />

Große Ziele, auch <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>ziele, brauchen<br />

viele engagierte Partner/innen. Ich möchte die<br />

Gelegenheit nutzen <strong>und</strong> mich bei allen, die<br />

sich <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> das ges<strong>und</strong>e<br />

Aufwachsen von Kindern einsetzen, bedanken<br />

<strong>und</strong> <strong>für</strong> die weitere Arbeit viel Erfolg<br />

wünschen.<br />

Katrin Lompscher<br />

Senatorin <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong><br />

Verbraucherschutz<br />

1


2<br />

Kapitel 1 Einleitung<br />

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1<br />

Kapitel 1 Einführende Beiträge<br />

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3<br />

Kinderges<strong>und</strong>heit – Ein Handlungsfeld kommunaler Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4<br />

Kinderges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> soziale Benachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5<br />

Frühkindliche Entwicklung – das Kleinkind in seiner Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9<br />

Kapitel 2 Ges<strong>und</strong> aufwachsen<br />

Der Early Excellence Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13<br />

Elternbildung bewegt Kinder – das Prinzip der kleinen Schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15<br />

Lokales Aktionsbündnis: „BLiQ – Bewegtes Leben im Quartier!“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17<br />

Heiße Töpfe – coole Köche oder Essen lernt man beim Kochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19<br />

Entwicklungsförderung in der Kita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21<br />

Ges<strong>und</strong>e Kinder – ges<strong>und</strong>e Zukunft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23<br />

Kleine kommen ganz groß raus – <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> Bewegungsförderung <strong>für</strong> Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24<br />

Fitness <strong>für</strong> Kids . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26<br />

Kapitel 3 Zugangswege zu Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Erfahrungen aus der Arbeit der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>multiplikator/innen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .28<br />

Erfahrungen aus der Arbeit des Familienzentrums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30<br />

Erfahrungen aus der Arbeit der Kita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .31<br />

Familien mit arabischem Migrationshintergr<strong>und</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32<br />

Familien mit vietnamesischem Migrationshintergr<strong>und</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33<br />

Familien mit russischem Migrationshintergr<strong>und</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .35<br />

Kapitel 4 Netzwerke zur <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Das Netzwerk „R<strong>und</strong> um die Geburt“ in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .36<br />

Vernetzung von Bewegungsförderung in Delmenhorster Kitas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39<br />

Das Marburger <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>netzwerk „mittendrin“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .41<br />

Das Netzwerk Bewegungsförderung in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .42<br />

Das Regionale Netzwerk <strong>für</strong> soziale Arbeit München (REGSAM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .44<br />

Kapitel 5 Bewegung im Stadtteil<br />

Planung von Spiel- <strong>und</strong> Bewegungsflächen im Stadtteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .46<br />

Nutzung von Bewegungsräumen im Stadtteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .47<br />

Motive <strong>und</strong> Möglichkeiten von Wohnungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .48<br />

Kiezdetektive – Kinderbeteiligung <strong>für</strong> eine ges<strong>und</strong>e Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .49<br />

KIEZ – Kiezkinder im Labyrinth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .51<br />

Kapitel 6 Diskussionen der Workshops<br />

Workshop A) Aktiv <strong>und</strong> Bewegt in Kitas, Familienzentren <strong>und</strong> anderen Treffpunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52<br />

Workshop B) Bewegung im Stadtteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53<br />

Workshop C) Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55<br />

Workshop D) Netzwerke <strong>und</strong> Partner <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55<br />

Anhang<br />

Teilnehmendenliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .57<br />

Tipps zum Weiterlesen


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 1 Einleitung<br />

Vorwort<br />

Kapitel 1<br />

Einführende Beiträge<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendliche aus armen <strong>und</strong> bildungsfernen<br />

Haushalten haben einen schlechteren<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zustand <strong>und</strong> häufiger psychische<br />

Probleme als ihre Altersgenossen aus<br />

einkommensstarken <strong>und</strong> gebildeten Familien.<br />

Um ihre <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>chancen zu verbessern<br />

bedarf es des Zusammenwirkens von Akteuren<br />

aus dem <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>-, Sozial-, Stadtentwicklungs-<br />

<strong>und</strong> Bildungsbereich. Insbesondere in<br />

sozial benachteiligten Stadtteilen wurden<br />

zahlreiche Beispiele <strong>für</strong> solch eine erfolgreiche<br />

Zusammenarbeit entwickelt.<br />

Seit 2005 gibt es in Berlin die Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz<br />

(LGK), die sich mit der<br />

„Verbesserung der ges<strong>und</strong>heitlichen Lebensbedingungen,<br />

der ges<strong>und</strong>heitlichen Versorgung<br />

<strong>und</strong> der ges<strong>und</strong>heitlichen Lage der<br />

Bevölkerung auf Berliner Ebene“ befasst <strong>und</strong><br />

Empfehlungen <strong>für</strong> politische Initiativen entwickelt.<br />

In einem solchen systemischen Prozess<br />

können Probleme der ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Lage <strong>und</strong> Versorgung der Bevölkerung benannt<br />

<strong>und</strong> entsprechende Lösungsstrategien entwickelt<br />

werden, die eng mit der Politik des<br />

Senats verzahnt sind.<br />

Die Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz ist damit<br />

eine wichtige Plattform <strong>für</strong> die Beratung, Planung<br />

<strong>und</strong> Koordinierung von <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>themen<br />

geworden. So wurde von den Mitgliedern<br />

der Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>ziele<br />

zur Verbesserung der Kinderges<strong>und</strong>heit<br />

erarbeitet <strong>und</strong> beschlossen.<br />

Als zentrales Anliegen hat sich die Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz<br />

im Jahr 2007 auf <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>ziele<br />

zur „Verbesserung von <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

<strong>und</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>für</strong> die<br />

Zielgruppe der Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen mit<br />

besonderem Fokus auf sozial benachteiligte<br />

Gruppen, einschließlich derjenigen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

im Land Berlin“ verständigt.<br />

Abgeleitet aus den Ergebnissen der<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>berichterstattung Berlin wurden<br />

konkrete Ziele <strong>für</strong> Kinder bis sechs Jahren in<br />

den Handlungsfeldern Ernährung, Bewegung<br />

<strong>und</strong> kognitive Sprachentwicklung vereinbart,<br />

die bis 2011 erreicht sein sollen. Die Ziele<br />

wurde so formuliert, dass Verbesserung in der<br />

Ges<strong>und</strong>heit der Berliner Kinder insbesondere<br />

durch Erfolge bei sozial benachteiligten Kindern<br />

erreicht werden, die im Bezug auf<br />

<strong>Prävention</strong> den größten Unterstützungsbedarf<br />

haben.<br />

Zur Unterstützung der Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz<br />

<strong>und</strong> zur fachlichen Begleitung des<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zielprozesses wurde am 01.07.<br />

2008 bei Ges<strong>und</strong>heit Berlin die <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung eingerichtet.<br />

Neben der Geschäftsstellenfunktion <strong>für</strong><br />

die Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz nimmt sie<br />

auch Aufgaben im Bereich der Qualitätsentwicklung<br />

<strong>und</strong> Qualifizierung wahr.<br />

Seit seiner Gründung 1993 arbeitet Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin als Landesarbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung,<br />

an der Stärkung <strong>und</strong><br />

Qualitätsentwicklung der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

in Berlin. Die Einrichtung der <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung eröffnet<br />

nun neue Möglichkeiten dieses Potential einzusetzen.<br />

Die erste Fachtagung der <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung kann als<br />

voller Erfolg gewertet werden. 400 Teilnehmer/innen<br />

aus den unterschiedlichsten Bereichen<br />

der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung, der Jugendhilfe,<br />

der Kinderbetreuung, der Arbeit mit<br />

Migrant/innen <strong>und</strong> der Politik haben sich in<br />

acht Workshops zu Möglichkeiten <strong>und</strong> Herausforderungen<br />

eines Aufwachsen in Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>für</strong> alle Kinder, insbesondere der<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung bei sozial benachteiligten<br />

Kindern <strong>und</strong> ihren Familien, verständigt.<br />

Die Ergebnisse zeigen, wie gut es vielerorts<br />

bereits gelungen ist, erfolgreiche Projekte <strong>und</strong><br />

Initiativen zu entwickeln. Diese vielen Projekte<br />

guter Praxis machen deutlich, dass es gelingen<br />

kann allen Kindern einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en<br />

Start ins Leben zu ermöglichen.<br />

Carola Gold<br />

Geschäftsführerin<br />

Ges<strong>und</strong>heit Berlin<br />

3


4<br />

Kapitel 1 Kinderges<strong>und</strong>heit – Ein Handlungsfeld kommunaler Politik Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Kinderges<strong>und</strong>heit – Ein Handlungsfeld<br />

kommunaler Politik<br />

Dagmar Pohle, Bezirksbürgermeisterin Marzahn-Hellersdorf<br />

Kinderges<strong>und</strong>heit als ein zentrales Handlungsfeld<br />

auf Berliner Ebene wird seit Jahren<br />

auf Bezirksebene mit unterschiedlichen lokalen<br />

Akteuren problemorientiert diskutiert.<br />

Daraus werden Strategien entwickelt <strong>und</strong><br />

konkrete Maßnahmen abgeleitet.<br />

Beispielhaft hier<strong>für</strong> sind <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>konferenzen<br />

wie sie z.B. im Oktober 2008 in Friedrichshain-Kreuzberg<br />

zum Thema „Ges<strong>und</strong>e<br />

Kita“ oder in Marzahn-Hellersdorf zum Thema<br />

„Mit Eltern – <strong>für</strong> Kinder“ durchgeführt wurden.<br />

Basierend auf der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>konferenz 2006<br />

zur „Bewegungsförderung <strong>für</strong> Kinder <strong>und</strong><br />

Jugendliche in Berlin-Mitte“ hat sich dort ein<br />

bezirkliches Netzwerk zur Bewegungsförderung<br />

gebildet.<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>konferenzen auf Landes- <strong>und</strong> Bezirksebene<br />

sind, neben der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong><br />

Sozialberichterstattung, eine Möglichkeit zur<br />

Diskussion <strong>und</strong> Definition von <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zielen.<br />

So haben in diesem Jahr die Bezirke<br />

Lichtenberg eine Resolution <strong>und</strong> Treptow-<br />

Köpenick <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>ziele formuliert.<br />

Eine wichtige Schnittstelle zur Diskussion <strong>und</strong><br />

zum Erfahrungsaustausch über Handlungsfelder,<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>ziele <strong>und</strong> Maßnahmen<br />

wurde mit der Einrichtung der <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung in Berlin<br />

geschaffen. Dabei kann u.a. auf die positiven<br />

Erfahrungen in der Zusammenarbeit von Bezirken,<br />

Land Berlin <strong>und</strong> Landesarbeitsgemeinschaft<br />

<strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung im Rahmen<br />

des Ges<strong>und</strong>e Städte-Netzwerkes im Regionalverb<strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>e Stadt Berlin aufgebaut<br />

werden. Beispielhaft hier<strong>für</strong> sind die Leitlinien<br />

<strong>für</strong> eine ges<strong>und</strong>e Stadt Berlin, die Schwerpunkte<br />

der heutigen Fachtagung als Handlungsfelder<br />

benennen. Dazu gehören etwa:<br />

■ eine präventive <strong>und</strong> ressourcenorientierte<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>politik, die die Schaffung <strong>und</strong><br />

Gestaltung ges<strong>und</strong>er Lebenswelten unterstützt<br />

■ der Ausgleich von ungleichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>chancen<br />

(sozialkompensatorisch), der das<br />

ges<strong>und</strong>e Aufwachsen von Kindern maßgeblich<br />

beeinflusst<br />

■ <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung <strong>und</strong> <strong>Prävention</strong> als<br />

Gemeinschafts- <strong>und</strong> Querschnittsaufgaben<br />

zu verankern.<br />

Rahmenbedingungen <strong>für</strong> gelingende Strategien<br />

zur Kinderges<strong>und</strong>heit im Land Berlin sind<br />

u.a. das Berliner Bildungsprogramm <strong>für</strong> Kitas,<br />

das Schulgesetz <strong>und</strong> das Gesetz über den<br />

öffentlichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>dienst. Die Ausweitung<br />

des erfolgreichen Programms „Gute ges<strong>und</strong>e<br />

Schule“ der Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Bildung, Wissenschaft <strong>und</strong> Forschung auf den<br />

Kita-Bereich ist ein wesentlicher Beitrag auf<br />

dem Weg zu einer ges<strong>und</strong>heitsförderlichen Kita<br />

<strong>und</strong> unterstützt die Erzieher/innen in ihrer<br />

pädagogischen Arbeit.<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung setzt dort an, wo Menschen<br />

wohnen/leben, arbeiten <strong>und</strong> ihre Freizeit<br />

verbringen.<br />

Schwerpunkte der heutigen Fachtagung werden<br />

in diesem Zusammenhang gelingende Ansätze<br />

<strong>für</strong> Kinderges<strong>und</strong>heit in deren Lebenswelten<br />

<strong>und</strong> die Beeinflussung ges<strong>und</strong>er Lebensstile<br />

sein.<br />

Damit kommt den Bezirken eine zentrale Rolle<br />

bei der stadtteilbezogenen/quartiersbezogenen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung <strong>und</strong> <strong>Prävention</strong> zu.<br />

Diese können sie aber nur erfüllen wenn entsprechende<br />

Rahmenbedingungen vorhanden<br />

sind.<br />

Zur Entwicklung <strong>und</strong> Förderung entsprechender<br />

Strukturen <strong>und</strong> Maßnahmen stehen hier<strong>für</strong><br />

auf kommunaler Ebene die Planungs- <strong>und</strong><br />

Koordinierungsstellen Ges<strong>und</strong>heit (Plan- <strong>und</strong><br />

Leitstellen Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales) zur<br />

Verfügung.<br />

Das <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>amt richtet seine Maßnahmen<br />

sozialkompensatorisch <strong>und</strong> subsidär aus.<br />

Gebiete der Sozialen Stadt erfahren über die<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Stadtentwicklung eine<br />

besondere Förderung, um negativen Entwicklungen/Trends<br />

im Quartier entgegenzuwirken.<br />

Eine zentrale Rolle nehmen aber die vielen<br />

Einrichtungen <strong>und</strong> Institutionen mit ihren präventiven<br />

<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsförderlichen Angeboten<br />

<strong>und</strong> Projekten ein. Zahlreiche Projekte<br />

zur soziallagenbezogenen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

mit bereits erfolgreichen Ansätzen wurden<br />

entwickelt <strong>und</strong> umgesetzt. Die Verstetigung<br />

<strong>und</strong> Implementierung in die Lebenswelten von<br />

Kindern <strong>und</strong> ihren Familien stellt eine besondere<br />

Herausforderung dar insbesondere nach<br />

Beendigung der Projektförderung.<br />

Unterstützung in der Umsetzung von Maßnahmen<br />

<strong>und</strong> Projekten erfahren die Bezirke z.B.<br />

von Krankenkassen die im Rahmen des § 20<br />

SGB V Maßnahmen zur <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

<strong>und</strong> <strong>Prävention</strong> in Settings fördern. Für unseren<br />

Bezirk möchte ich hier beispielhaft die<br />

Unterstützung der BZgA-Aktion „Ich geh’ zur U!<br />

Und du?“ (AOK) <strong>und</strong> des sich entwickelnden<br />

Netzwerkes R<strong>und</strong> um die Geburt (TK) benennen.<br />

Eine weitere Herausforderung sehe ich in der<br />

Erreichbarkeit sozial benachteiligter Familien<br />

<strong>und</strong> Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong>.<br />

■ Wie können Familien in einer bewegungsförderlichen<br />

<strong>und</strong> ernährungsbewussten Alltagsgestaltung<br />

unterstützt werden?<br />

■ Wie kann ein Stadtteil/Kiez so gestaltet werden,<br />

dass er barrierearme Zugangswege <strong>für</strong><br />

Kinder <strong>und</strong> Familien zu einer gemeinsamen<br />

Freizeit ermöglicht?<br />

■ Wo ist es bereits gelungen, Lebensräume<br />

entsprechend zu gestalten?<br />

Diesen Fragen wird auf der heutigen Fachtagung<br />

nachgegangen.<br />

In vier unterschiedlichen Themenbereichen<br />

werden Projekte, Netzwerke <strong>und</strong> Partner/innen<br />

in Impulsbeiträgen ihre Ansätze, Strategien<br />

<strong>und</strong> Maßnahmen zur Diskussion stellen.<br />

Sie sind ein Beispiel <strong>für</strong> das Engagement zur<br />

Kinderges<strong>und</strong>heit in Berlin, den Bezirken <strong>und</strong><br />

im Quartier. Da<strong>für</strong> möchte ich Ihnen allen<br />

danken <strong>und</strong> Sie ermuntern <strong>und</strong> auffordern, sich<br />

auch weiterhin <strong>für</strong> das ges<strong>und</strong>e Aufwachsen<br />

unserer Kinder <strong>und</strong> die Unterstützung ihrer<br />

Familien einzusetzen.<br />

Der <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

wünsche ich <strong>für</strong> ihre bevorstehenden<br />

Aufgaben viel Erfolg <strong>und</strong> danke ihr<br />

<strong>und</strong> dem Team von Ges<strong>und</strong>heit Berlin e.V. <strong>für</strong><br />

die Ausrichtung dieser Fachtagung.<br />

Kontakt:<br />

Dagmar Pohle<br />

Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf<br />

12591 Berlin<br />

Tel.: 030/ 902 932 001<br />

FAX: 030/ 902 932 005<br />

E-Mail: buero.buergermeisterin@ba-mh.<br />

verwalt-berlin.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 1 Kinderges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> soziale Benachteiligung<br />

Kinderges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> soziale<br />

Benachteiligung<br />

Professor Dr. Raim<strong>und</strong> Geene, Hochschule Magdeburg-Stendal<br />

Vielen herzlichen Dank, dass ich eingeladen<br />

wurde. Von mir aus zunächst einmal vor allem<br />

herzlichen Glückwunsch, dass es jetzt in Berlin<br />

diese <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

gibt. Auch in meiner früheren<br />

Tätigkeit bei Ges<strong>und</strong>heit Berlin habe ich mich<br />

da<strong>für</strong> eingesetzt, <strong>und</strong> dass Carola das jetzt hat<br />

verwirklichen können, ist eine tolle Sache. Es<br />

bietet <strong>für</strong> Berlin große Chancen, dass diese<br />

Koordinierungsstelle jetzt aufgebaut wird. Ich<br />

hoffe sehr, dass der heutige Fachtag dazu ein<br />

guter Auftakt ist, <strong>und</strong> ich will versuchen, von<br />

mir aus einen kleinen Beitrag dazu zu leisten.<br />

Ich werde dabei weniger über die biologischen<br />

Fragen reden, sondern mehr über die Frage<br />

sozialer Konstruktion von benachteiligten Kindern<br />

<strong>und</strong> Familien. Dazu werde ich zunächst<br />

über Kinderges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Kinderarmut sprechen,<br />

den Ansatz der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

vorstellen <strong>und</strong> das abschließend diskutieren.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich zählt erst einmal dieser Satz:<br />

„Menschen in schwieriger sozialer Lage haben<br />

in jeder Lebenssituation – von der Wiege bis zur<br />

Bahre – ein mindestens doppelt so hohes<br />

Risiko, schwer zu verunfallen, zu erkranken<br />

oder von Gewalt betroffen zu sein“. Kinder in<br />

schwieriger sozialer Lage erleben deutlich<br />

mehr Unfälle, mehr Gewalt. Sie haben mehr<br />

Übergewicht. Sie haben viel mehr mit<br />

Depressionen zu tun. Sie werden häufiger auf<br />

ADS oder ADHS diagnostiziert. Sie sehen<br />

deutlich mehr Fernsehen. Sie haben weniger<br />

Bewegung, haben eine weniger abwechslungsreiche<br />

Ernährung. Die einzige Ausnahme<br />

bilden die Allergien, von denen – aus welchen<br />

Gründen sei an dieser Stelle dahingestellt –<br />

sozial Bessergestellte stärker betroffen sind.<br />

Wie definieren wir soziale Benachteiligung? Ein<br />

Blick in den Berliner Sozialstrukturatlas zeigt<br />

uns, dass alleine der Unterschied, ob ich in<br />

Kreuzberg lebe oder in Zehlendorf, einen<br />

Unterschied in der Lebenserwartung von fünf<br />

Jahren zur Folge hat. Dies betrifft alle Kreuzberger<br />

im Vergleich zu allen Zehlendorfern. Sie<br />

wissen, dass in Kreuzberg sicherlich nicht nur<br />

Benachteiligte leben, in Zehlendorf nicht nur<br />

Bessergestellte. Und dennoch, alleine der Blick<br />

auf die Bezirke zeigt diese weite Spreizung von<br />

fünf Lebensjahren Unterschied. Wenn man die<br />

Spreizung b<strong>und</strong>esweit betrachtet anhand von<br />

Einkommen, dem am häufigsten verwendete<br />

Indikator sozialer Benachteiligung, dann sehen<br />

wir, dass diese noch deutlicher bei Männern<br />

ausfällt. Während Männer aus dem unteren<br />

Einkommensviertel eine durchschnittliche Lebenserwartung<br />

von 72 Jahren haben, haben sie<br />

aus dem oberen Einkommensviertel eine Lebenserwartung<br />

von 82 Jahren, also zehn Jahre<br />

Unterschied in der Lebenserwartung, ob sie zu<br />

den oberen 25 Prozent der Einkommensstarken<br />

zählen oder zu den unteren. Bei Frauen<br />

ist der Unterschied fünf Jahre.<br />

Wie entsteht eigentlich Kinder- <strong>und</strong> Familienarmut?<br />

Deutlich zeigt sich, dass das Armutsrisiko<br />

mit der Zahl der Kinder wächst. Jede<br />

Mutter hat schon mit einem Kind ein deutlich<br />

höheres Armutsrisiko. Es liegt bei 18 Prozent<br />

versus 12 Prozent bei den kinderlosen Frauen.<br />

Mit zwei Kindern liegt das Risiko schon deutlich<br />

über 20 Prozent, mit drei <strong>und</strong> mehr Kindern ist<br />

das Armutsrisiko in Berlin sogar über 50<br />

Prozent. 2008 lebten b<strong>und</strong>esweit insgesamt 1,8<br />

Millionen Kinder unter 15 Jahren in Bedarfsgemeinschaften<br />

nach Hartz IV, die Sozialhilfequote<br />

von Kindern ist fast doppelt so hoch<br />

wie im Bevölkerungsdurchschnitt. In einer<br />

Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung wurde hier<br />

ein sog. „Prekariat“ ausgewiesen, ergänzt um<br />

die sog. „Abgehängten“ <strong>und</strong> die sog. „Autoritätsorientierten“.<br />

Nach der Studie besteht in<br />

Deutschland insgesamt eine Schicht von 15 bis<br />

20 Prozent der Bevölkerung, die nachhaltig <strong>und</strong><br />

langfristig abgehängt sind. Klaus Hurrelmann<br />

spricht hier von den „gefährdeten Kindern“. Die<br />

Größenordnung von 15 bis 20 Prozent der<br />

Bevölkerung, die von dieser Desintegrationsproblematik<br />

betroffen sind, ist in allen Sozialstudien<br />

weitgehend stabil.<br />

Ein früher deutlicher Ausdruck davon liegt im<br />

Problem der Jugendarbeitslosigkeit. Im Januar<br />

2008 waren 423.941 Jugendliche unter 25<br />

Jahren in Deutschland arbeitslos gemeldet. Die<br />

Jugendarbeitslosigkeit <strong>und</strong> die Desintegration<br />

von Jugendlichen ist die Gr<strong>und</strong>lage des<br />

Problems, das sich dann weiter dynamisiert.<br />

Thomas Altgeld hat dies mit dem Begriff der<br />

Armutsspirale belegt, die diesen Teufelskreis<br />

anschaulich darstellt.<br />

Dieser Teufelskreis beginnt mit Mangelerfahrungen.<br />

Junge Eltern stellen fest, weniger zu<br />

haben, <strong>und</strong> beginnen sich da<strong>für</strong> etwas zu<br />

schämen. Diese Scham wird mit einer Vermeidungsstrategie<br />

beantwortet: Man zieht sich zurück<br />

aus sozialen Kontakten, sozialen Netzwerken.<br />

Wir sehen diese Vermeidungsstrategie<br />

u.a. darin, dass sozial Benachteiligte deutlich<br />

größere Hemmungen haben, ihre Kinder in eine<br />

Kita zu geben. Sie haben Sorgen, dass ihr<br />

Mangel, ihr Missstand dort auffällig wird,<br />

innerhalb der Kita, innerhalb des sozialen<br />

Netzes. Je stärker die Vereinsamung in der<br />

frühen Lebensphase des Kindes eintritt, desto<br />

stärker ziehen sich die jungen Eltern auch im<br />

Folgenden zurück. Dieser Rückzug führt im<br />

Weiteren zu stark eingeschränkten Bildungschancen.<br />

Die Kinder sind dann weniger<br />

sprachtüchtig, weniger kommunikationsfähig,<br />

weniger konzentrationsgeübt. Nach der Einschulung<br />

wird ihre soziale Benachteiligung<br />

über Schulnoten quasi „objektiviert“. Benachteiligte<br />

Kinder haben – mit einer Regelmäßigkeit<br />

von weit über 80 Prozent – schlechte<br />

Schulnoten, was wiederum zu dem Problem<br />

der schlechten Einmündung in den Beruf führt,<br />

eben die Jugendarbeitslosigkeit. Allzu oft<br />

mündet dies in eine frühe <strong>und</strong> oft überforderte<br />

Elternschaft. Wir sehen das deutlich bei<br />

Teenagerschwangeren. Auch wenn ihre Anzahl<br />

in Deutschland international vergleichsweise<br />

gering ist, zeigt die Motivforschung, dass diese<br />

sehr jungen Mütter versuchen, mit einer<br />

Mutterschaft dem eigenen Leben einen Sinn<br />

geben zu wollen, eben weil ihre sonstige<br />

Sinnsuche, die gesellschaftliche Teilhabe, so<br />

wenig erfolgreich ist.<br />

Warum ist die Kinder- <strong>und</strong><br />

Familienarmut so groß <strong>und</strong> deutlich<br />

geworden?<br />

Hier müssen wir zunächst das Phänomen betrachten,<br />

dass in der Soziologie „Marginalisierung<br />

der Kindheit“ genannt wird. Die Kinder<br />

werden häufig von einer Stelle zur nächsten<br />

gefahren. „Verinselung“ ist hier ein Stichwort,<br />

das beschreibt, dass Kindheit in einzelnen<br />

„Kinderinseln“ stattfindet, aber nicht mehr im<br />

komplexen Zusammenhang. Und wir haben<br />

dabei einen starken Geburtenrückgang in den<br />

Mittel- <strong>und</strong> Oberschichten. Auch wenn sich im<br />

Moment eine leichte Gegentendenz andeutet,<br />

ist die Größenordnung immer noch sehr stabil,<br />

dass in Mittel- <strong>und</strong> Oberschichten wenige<br />

Kinder geboren werden, aber bei sozial Benachteiligten<br />

eine konstant hohe Geburtenrate<br />

existiert. Unser Blick, der gesellschaftliche<br />

Blick der veröffentlichten Meinung, entfernt<br />

sich von Kindheit.<br />

Wir haben in Deutschland weiterhin das<br />

Problem, dass es eine hohe Unvereinbarkeit<br />

von Familie <strong>und</strong> Beruf gibt, <strong>und</strong> wenn Mütter<br />

beruflich nicht gefordert sind – wir sprechen<br />

von Dequalifizierung durch lange Mutterschaftspausen<br />

– führt das zu geringer Teilhabe,<br />

zu mangelnder Integration in den gesellschaftlichen<br />

Prozess. Wir haben in Anbetracht<br />

dessen, dass Kindheit zunehmend marginalisiert,<br />

einen Unterschied dahingehend, dass die<br />

5


6<br />

Kapitel 1 Kinderges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> soziale Benachteiligung Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

gesellschaftlichen Ressourcen <strong>für</strong> die Kinder<br />

immer dünner werden. Wenn wir also<br />

beispielsweise 1970 in der DDR noch eine<br />

Quote von einem Kind hatten, auf das 2,3<br />

Erwachsene kommen, haben wir jetzt schon<br />

eine Quote von 1:4 <strong>und</strong> erwarten <strong>für</strong> 2020, hier<br />

gerechnet auf Brandenburg, eine Quote von<br />

1:6. Das heißt, auf ein Kind kommen sechs<br />

Erwachsene. Vielleicht stellen wir uns hier im<br />

ersten Moment ein verwöhntes Kind vor, das<br />

glücklich unterm Weihnachtsbaum steht, umringt<br />

von lauter Geschenken der Erwachsenen.<br />

Genauer betrachtet, stellen wir aber fest, dass<br />

die Art der Ressourcenverteilung dadurch zu<br />

Ungunsten der Kinder bestimmt wird: öffentliche<br />

Gelder, öffentliches Bewusstsein, öffentliche<br />

Investitionen richten sich nach quantitativen<br />

Größen. Fließen die Mittel in den<br />

Straßenausbau oder in den Ausbau von Grünflächen,<br />

von Kinderspielplätzen? Je mehr die<br />

Kinder aus dem öffentlichen Bewusstsein<br />

verschwinden, desto weniger gesellschaftliche<br />

Ressourcen werden ihnen eingeräumt.<br />

Seit gut zwanzig Jahren sprechen wir schon von<br />

dem erwachsenenzentrierten Leitbild der Risikogesellschaft,<br />

in der auch sozial Benachteiligte<br />

immer mehr gefordert sind, eine individuelle<br />

Lebensplanung vorzunehmen, selber<br />

ihre eigenen Lebensentwürfe zu managen, eine<br />

hohe zusätzliche Anforderung. Dass dies vielen<br />

Menschen nicht gelingt, zeigt die Entwicklung<br />

der Working Poor, also all jenen, die geringqualifizierte<br />

Minijobs machen, <strong>und</strong> vielfach von<br />

einem oder auch zwei Minijobs leben müssen.<br />

Diese Menschen, zumeist Frauen, arbeiten hart<br />

<strong>und</strong> sind trotzdem – das Phänomen kennen wir<br />

aus den USA schon seit Jahren – weitgehend<br />

isoliert <strong>und</strong> verarmt.<br />

Es gibt eine weitere Problematik der intergenerativen<br />

Brüche. Die benachteiligten jungen<br />

Familien haben zunehmend weniger mit den<br />

Omas <strong>und</strong> Großmüttern zu tun. Insbesondere<br />

bei sozial Benachteiligten gibt es starke<br />

Verständigungsprobleme zwischen den er-<br />

wachsenen Generationen. Die Jüngeren fühlen<br />

sich von den Älteren nicht mehr verstanden,<br />

<strong>und</strong> es fehlt ihnen an emotionaler <strong>und</strong><br />

materieller Unterstützung der Lebenserfahrungen.<br />

Im Westen Deutschlands werden diese<br />

intergenerativen Brüche schon seit Ende der<br />

60er Jahre beklagt, ausgedrückt im Generationenkonflikt<br />

um 1968. Dieses ursprünglich<br />

westdeutsche Problem gleicht sich im Osten<br />

Deutschlands zunehmend an. Bei den Benachteiligten<br />

fehlt im Übrigen ein Faktor, der in<br />

den Mittel- <strong>und</strong> Oberschichten sehr relevant<br />

ist: In der emotionalen <strong>und</strong> materiellen Belastungsphase<br />

der Familiengründung sind junge<br />

Eltern besonders auf Starthilfe, auf emotionale<br />

<strong>und</strong> finanzielle Unterstützung durch die<br />

eigenen Eltern angewiesen. Gerade der Generationentransfer<br />

durch – oft vorgezogene – Erbschaften,<br />

der in den Mittel- <strong>und</strong> Oberschichten<br />

so wichtig ist, fehlt den Unterschichten <strong>und</strong><br />

führt auf besondere Weise zur Isolation.<br />

Gewalt <strong>und</strong> Verwahrlosung nehmen entgegen<br />

landläufiger Ansicht nicht zu, werden aber<br />

öffentlich wesentlich stärker wahrgenommen.<br />

Wir haben hier eine erhöhte Sensibilität<br />

gegenüber Gewalt <strong>und</strong> Verwahrlosung, wenngleich<br />

– oder vielleicht auch weil – die Zahlen<br />

rückläufig sind. Seit etwa 30 Jahren ist Gewalt<br />

<strong>und</strong> Verwahrlosung innerhalb aller Familien<br />

<strong>und</strong> auch außerhalb der Familien konstant<br />

rückläufig. Aber in dem Maße, in dem die<br />

Gesellschaft Gewalt verdrängt, in dem Maße ist<br />

sie auch sensibilisiert da<strong>für</strong>, wo Gewaltproblematiken<br />

bestehen, wird stark reagiert, zum<br />

Teil vielleicht auch überreagiert.<br />

Ich habe die Problematik von Bildungsungleichheit<br />

schon angesprochen. Die Schule<br />

verfolgt zwar theoretisch das Ziel, Egalität<br />

herbeizuführen. Nichts kann – könnte – Benachteiligung<br />

so gut ausgleichen wie Bildung.<br />

Tatsächlich wirkt sich diese Egalisierungsfunktion<br />

der Bildung aber eher gering aus,<br />

während die Selektionsfunktion immer stärker<br />

hervortritt. Durch schlechte Schulnoten wird<br />

die soziale Ungleichheit scheinbar verobjektiviert,<br />

<strong>und</strong> im Weiteren wird die schulische<br />

Ungleichheit dann zu einem weiteren Stressfaktor<br />

<strong>für</strong> die Benachteiligten.<br />

Zusammengefasst zeigt sich, dass Benachteiligte<br />

durch wenig Geld <strong>und</strong> geringe Teilhabe<br />

schlechte Chancen haben. Das führt häufig zu<br />

Defiziten in der Tagesstrukturierung <strong>und</strong> negativen<br />

Bildungskarrieren. Wir haben häufig<br />

bei benachteiligten Gruppen einen Mangel an<br />

positiver Identifikation <strong>und</strong> Defizite in der<br />

Kommunikationsfähigkeit, insbesondere bei<br />

der Kommunikation mit uns, mit der bildungsbürgerlichen<br />

Gesellschaft. Wir haben insgesamt<br />

einen Ressourcenmangel, aber wir haben<br />

auch in dieser Benachteiligungssituation eine<br />

ganze Reihe eigener Sublogiken <strong>und</strong><br />

Subsystemen, die <strong>für</strong> uns zunächst – oft –<br />

schwer verständlich sind. Es geht da nämlich<br />

um sehr viele verschiedene Realitäten. Das,<br />

was wir hier als Benachteiligung subsumieren,<br />

wird von den Benachteiligten selbst nicht als<br />

Gemeinsamkeit empf<strong>und</strong>en oder erlebt. So<br />

empfinden sich Migrant/innen nicht als eine<br />

gemeinsame Gruppe, sondern haben ganz<br />

eigene Selbstbilder <strong>und</strong> Realitäten. Die Fremdbilder<br />

zu Migrant/innen, die im öffentlichen<br />

Bewusstsein sind, decken sich oft nicht mit<br />

ihren eigenen.<br />

Wenn wir es soziologisch betrachten, können<br />

wir eine grobe Unterteilung in zwei verschiedene<br />

quasi „Hauptbetroffenengruppen“<br />

konstatieren. Da haben wir auf der einen Seite<br />

die vor allem herkunftsdeutschen Multiproblemfamilien,<br />

die eine sehr hohe Desintegrationsproblematik<br />

aufweisen, <strong>und</strong> zum Zweiten<br />

haben wir die Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

die zum großen Teil innerhalb ihrer<br />

sozialen Gruppen gut integriert <strong>und</strong> sozial<br />

eingeb<strong>und</strong>en sind, aber in der gesellschaftlichen<br />

Teilhabe stark benachteiligt sind. Wir<br />

müssen dabei aber immer unterscheiden: Was<br />

ist bei diesen Gruppen eigentlich das Differente,<br />

das Unterschiedliche, <strong>und</strong> wo ist<br />

wirklich Defizitäres? Mit dem Begriff der<br />

sozialen Benachteiligung erklären wir alles <strong>für</strong><br />

defizitär, wie es sich durch das Wort von der<br />

Sozialkompensatorik quasi selbstverräterisch<br />

ausdrückt.<br />

Unser Blick beispielsweise auf ihr Bewegungs<strong>und</strong><br />

Ernährungsverhalten geht von unseren<br />

Wertesystemen aus, <strong>und</strong> wird von den Benachteiligten<br />

nicht so wahrgenommen. Es ist<br />

im engeren Sinne gar nicht ihr Problem, sondern<br />

eher unser Problem, dass wir ihnen<br />

oktroyieren. Wir bemühen uns darum, dass<br />

Benachteiligungssituationen durch Emanzipation<br />

<strong>und</strong> Selbstorganisation bearbeitet werden,<br />

also dass sich Migrant/innen zusammenfinden<br />

<strong>und</strong> sich gegenseitig stützen. Wir müssen aber<br />

zum Teil feststellen, dass es durch geringe<br />

Ressourcen <strong>und</strong> wenig Selbstwirksamkeitserfahrungen,<br />

die wir diesen Menschen ermöglichen,<br />

sehr schwer ist <strong>für</strong> sie, Zugang zu<br />

Emanzipation <strong>und</strong> Selbstorganisation zu


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 1 Kinderges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> soziale Benachteiligung<br />

finden. Der durchaus selbstkritische Begriff der<br />

Zwangsbeglückung trifft diese Problematik: Wir<br />

können die Menschen gar nicht zwangsbeglücken.<br />

Wir müssen umgekehrt sagen: Wir<br />

müssen ihre Lebensrealitäten verstehen <strong>und</strong><br />

auch aufgreifen. Wir müssen ihren Habitus<br />

verstehen <strong>und</strong> auch <strong>für</strong> ihre speziellen Arten<br />

der Bewältigung <strong>und</strong> der Umgehensweise eine<br />

positive Haltung, eine Empathie finden. Und<br />

wenn wir versuchen, so eine Habitusentwicklung<br />

positiv zu beeinflussen, dann nähern<br />

wir uns dem Konzept des Diversity-Ansatzes,<br />

der einen wertschätzenden Bezug zur Lebenslage<br />

ausdrückt <strong>und</strong> immer auch eine Gleichzeitigkeit<br />

der drei Sozialisationsinstanzen<br />

Familie – Kita/Schule – Sozialarbeit. Kitas <strong>und</strong><br />

Schulen als zweite Sozialisationsinstanz haben<br />

die Aufgabe, die Erziehung der primären<br />

Sozialisationsinstanz Familie zu unterstützen.<br />

Kita, Schule <strong>und</strong> Sozialarbeit können aber<br />

letztlich nichts kompensieren, was im Elternhaus<br />

fehlt oder nicht da ist, denn jedes Kind ist<br />

zunächst <strong>und</strong> vor allem Teil der eigenen Familie.<br />

Wir können nur versuchen, den Eltern<br />

Vorschläge, Anregungen zu unterbreiten, ihnen<br />

dabei zu helfen, ihr eigenes Erziehungskonzept<br />

zu finden, zurückzufinden zu dem, was hier als<br />

intuitive Erziehungskompetenz bezeichnet<br />

wurde. Je stärker wir im Konflikt mit den Eltern<br />

arbeiten, desto mehr zertrampeln wir die<br />

intuitive Erziehungskompetenz der Eltern, was<br />

den Kindern nicht hilft, sondern sie massiv<br />

weiter belastet.<br />

Politische Strategien der<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Nach der Ottawa-Charta, der Magna Charta der<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung von 1986, soll <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

die Menschen anwaltschaftlich<br />

vertreten (advocate), sie befähigen (enable)<br />

<strong>und</strong> ihnen Gemeinschaftsaktionen vermitteln<br />

(mediate). An uns als Mitarbeiter/innen der<br />

Sozial- <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>dienste wird die<br />

Aufgabe gestellt, Gemeinschaftsaktionen zu<br />

fördern, Menschen zu empowern, ges<strong>und</strong>e<br />

Lebenswelten zu organisieren <strong>und</strong> <strong>für</strong> eine<br />

ges<strong>und</strong>heitsfördernde Gesamtpolitik zu wirken.<br />

Die Ottawa-Charta orientiert strikt auf<br />

Soziallagenbezug. Auch im 5. Sozialgesetzbuch<br />

wird die <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung <strong>und</strong><br />

<strong>Prävention</strong> darauf verpflichtet, insbesondere<br />

zur Verringerung sozial bedingter Ungleichheit<br />

von <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>chancen zu wirken.<br />

Soziallagenorientierung kennt vor allem drei<br />

verschiedene Strategien:<br />

■ den Setting-Ansatz, der auf ges<strong>und</strong>e Lebenswelten<br />

(Betriebe, Kitas, Schulen) abzielt<br />

■ den Sozialraum-Ansatz, manifest durch das<br />

B<strong>und</strong>-Länder-Programm „Soziale Stadt“ <strong>und</strong><br />

abzielend auf Restrukturierung von Wohngebieten,<br />

die sozial besonders belastet sind<br />

■ <strong>und</strong> den Gemeinwesen- bzw. Community-<br />

Ansatz, der in Deutschland augenblicklich<br />

etwas verkümmert ist.<br />

Ich werde versuchen, diese Strategien jetzt ein<br />

bisschen genauer darzustellen. Der Setting-<br />

Ansatz mit der Lebensweltorientierung kommt<br />

in Deutschland aus der betrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung.<br />

Das Ziel des Setting-Ansatzes<br />

ist es, dass man Institutionen wie z.B. die<br />

Betriebe selber ges<strong>und</strong>heitsförderlich ausrichtet.<br />

Mit Hilfe von Organisationsentwicklung<br />

sollen Lebenswelten so gestaltet werden, dass<br />

Ges<strong>und</strong>heit zum Besten der Organisation<br />

beiträgt: „Make the healthier way the easier<br />

choice“ charakterisiert diesen Ansatz der<br />

verhältnisgestützten Verhaltensprävention,<br />

also Verhältnisse zu schaffen, in denen die<br />

gesündere Möglichkeit die leichtere Wahl<br />

bietet. Das Konzept der Betrieblichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

wurde in den letzten<br />

Jahren erfolgreich auf Schulen übertragen, die<br />

sich ebenfalls an Ges<strong>und</strong>heit ausrichten. Auch<br />

in Kitas ist es vielfach gelungen, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

zum Leitbild der pädagogischen<br />

Arbeit <strong>und</strong> der Zusammenarbeit von Eltern,<br />

Kindern <strong>und</strong> Erzieher/innen aufzuwerten.<br />

Dieser Setting-Ansatz fokussiert auf die Rahmenbedingungen,<br />

unter denen die Menschen<br />

leben, arbeiten <strong>und</strong> lernen. Damit ist ein<br />

Politik- <strong>und</strong> Strategiewechsel innerhalb dieser<br />

Einrichtungen verb<strong>und</strong>en. Alle sollen partizipieren,<br />

auch <strong>und</strong> gerade die Kinder. <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

soll dabei nicht nur als Einzelprojekte<br />

umgesetzt werden, sondern integriert<br />

sein in die täglichen Aktivitäten. Dabei<br />

sind alle gleichermaßen gemeint, die Erzieher/innen<br />

ebenso wie die Eltern, die Kinder<br />

ebenso wie die Hauswirtschaft <strong>und</strong> die Reinigungskräfte.<br />

Alle Beteiligten sollen gemeinsam<br />

die Qualität <strong>für</strong> das Setting entwickeln.<br />

Der zweite Ansatz der Sozialraumorientierung<br />

ist insbesondere durch das B<strong>und</strong>-Länder-<br />

Programm „Soziale Stadt“ breit bekannt geworden<br />

<strong>und</strong> hier außerordentlich erfolgreich –<br />

die solcherart bearbeiteten Stadtteile stabilisieren<br />

sich nachhaltig. Es geht gegen eine<br />

Ghettoisierung, gegen ein „Abrutschen“ von<br />

Stadtteilen. Man versucht, Stakeholder zu<br />

identifizieren, also solche Menschen, die den<br />

Stadtteil stark machen können <strong>und</strong> lokale<br />

Aktivitäten initiieren. Letztlich sollen die<br />

Rahmenbedingungen des Stadtteiles nachhaltig<br />

verbessert werden. Es wird zielgerichtet<br />

in die räumliche Struktur investiert.<br />

Zum Dritten gibt es, wenngleich etwas verkümmert,<br />

den Community-Ansatz, der so beispielhaft<br />

in der AIDS-<strong>Prävention</strong> herausgearbeitet<br />

werden konnte. AIDS war in den 80er<br />

Jahren eine neue Krankheit, <strong>und</strong> es gab eine<br />

bürgerrechtlich höchst brisante Gr<strong>und</strong>satzfrage:<br />

Soll man HIV-Positive gesamtgesellschaftlich<br />

identifizieren <strong>und</strong> isolieren, um die<br />

weitere Ausbreitung zu verhindern (sog.<br />

Suchstrategie), oder kann man eine gesellschaftliche<br />

Lernstrategie entwickeln, mit der<br />

auf das Verantwortungsbewusstsein der Einzelnen<br />

<strong>und</strong> der Gesellschaft gesetzt wird, um<br />

eine Verbreitung der Infektionen soweit wie<br />

möglich einzugrenzen? Für Letzteres hat man<br />

sich parteiübergreifend entschieden. Hier wurde<br />

Diskriminierung abgebaut, um ges<strong>und</strong>heitlich<br />

riskantes Verhalten zu prävenieren. Für<br />

die damals stark marginalisierte Gruppe der<br />

schwulen Männer, zumeist noch sexuell anonym<br />

lebend, wurden offene Kommunikationsräume<br />

geschaffen <strong>und</strong> gefördert, um ihr<br />

Selbstbewusstsein zu stärken <strong>und</strong> um ihnen<br />

überhaupt eine Möglichkeit zu geben, sich zu<br />

artikulieren <strong>und</strong> die <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>botschaft als<br />

eigene anzuerkennen. Die heute erfolgreiche<br />

Szenezeitschrift „Siegessäule“ ist im Zuge der<br />

AIDS-<strong>Prävention</strong> erstmals als AIDS-<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>projekt<br />

herausgegeben worden, damit es<br />

überhaupt eine Zeitung gibt, in der die<br />

Schwulen miteinander offen kommunizieren<br />

<strong>und</strong> um diese Struktur <strong>und</strong> Diskussion zu<br />

öffnen <strong>und</strong> öffentlich zu machen. Tatsächlich<br />

war <strong>und</strong> ist das eine sehr erfolgreiche<br />

Strategie, die neben der Eindämmung der<br />

7


8<br />

Kapitel 1 Kinderges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> soziale Benachteiligung Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Infektionszahlen auch dazu geführt hat, dass<br />

Schwulsein heute selbstverständlich im öffentlichen<br />

Leben ist <strong>und</strong> dass es innerhalb der<br />

schwulen Szene keine Probleme mehr gibt,<br />

über AIDS offen zu kommunizieren.<br />

Wenn wir diese Strategie der Community-<br />

Orientierung jetzt auf andere Gruppen beziehen,<br />

dann müssen wir uns vor allem auf die<br />

Gruppen beziehen, die in dem Allgemeinen<br />

Gleichstellungsgesetz (AGG) explizit erwähnt<br />

sind. Kurioserweise taucht dort als erster<br />

Begriff auch „Rasse“ oder „ethnische Herkunft“<br />

auf, also dass Menschen nicht nach<br />

Rasse oder ethnischer Herkunft diskriminiert<br />

werden dürfen. Die weiteren, vom AGG<br />

geschützten Lebenswelten <strong>und</strong> Lebensweisen,<br />

beziehen sich auf Religion <strong>und</strong> Weltanschauung,<br />

Geschlecht, Behinderung sowie auf<br />

Alter <strong>und</strong> sexuelle Identität. All diese Lebensbedingungen<br />

kennzeichnen soziale Ansätze,<br />

die nach dem Gesetz als besonders diskriminierungsgefährdet<br />

gelten. Sie haben aber<br />

umgekehrt auch besonders hohe Potenziale<br />

zur Community-Organisation.<br />

Schon vor Jahrh<strong>und</strong>erten ist dieses Prinzip<br />

angewendet worden, verwiesen sei hier auf die<br />

Bewegung von Turnvater Jahn, der schon vor<br />

200 Jahren in der Berliner Hasenheide Gymnastikübungen<br />

machte <strong>und</strong> damit eine große<br />

Jugendsportbewegung auslöste. Auch die<br />

Trimm-dich-Aktion des Deutschen Sportb<strong>und</strong>es<br />

seit 1974 orientierte auf diese Art der<br />

sozialen Bewegung. Bewegung ist dabei<br />

durchaus im doppelten Sinne zu sehen, hier<br />

nämlich auch unter dem ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Aspekt der körperlichen Bewegung. Den<br />

Kampagnen kann der Erfolg bescheinigt werden,<br />

Jugendliche zu einer eigenen Community<br />

animiert zu haben, die es vorher so nicht gab.<br />

Soweit einige Beispiele aus diesem Bereich der<br />

Community-Orientierung, die ich jetzt kurz<br />

noch einmal gegeneinander stellen möchte.<br />

Bei der Lebensweltorientierung mit den positiven<br />

Aspekten der Organisationsentwicklung<br />

<strong>und</strong> des diskriminierungsfreien Zugangs zeigt<br />

sich die Grenze, dass es bei den Beteiligten<br />

Ungleichheiten gibt. Zum Beispiel gelingt es<br />

regelmäßig kaum, Eltern angemessen einzubeziehen<br />

– im Vordergr<strong>und</strong> steht eben die<br />

Zielgröße der Organisation. Auch in der Sozialraumorientierung<br />

haben wir einen breiten<br />

Zugang über die Stadtteilentwicklung. Wir können<br />

gezielt auf die benachteiligten Wohnviertel<br />

fokussieren. Wir haben aber ein gewisses<br />

Problem damit, dass der Stadtteil die Zielgröße<br />

ist, nicht die einzelnen Menschen. Segregationsprobleme,<br />

d.h. dass Menschen abwandern<br />

oder auch verdrängt werden, können wir<br />

nicht ganz beseitigen – es entspricht auch nicht<br />

dem Kernziel des Soziale Stadt-Programms. In<br />

der Community-Orientierung haben wir hier<br />

einen großen Vorteil dahingehend, dass Stärken,<br />

Identität <strong>und</strong> gruppenbezogene Lernprozesse<br />

gefördert werden. Hier kann eine<br />

besondere Dynamik entstehen, die sich jetzt<br />

schon in einer eigenen, neuen Ästhetik vormals<br />

sozial benachteiligter Bevölkerungsgruppen<br />

ausdrückt. Die Erfolgsgeschichte der schwulen<br />

Bewegung verlief bereits nach einem ähnlichen<br />

Muster, das sich aktuell in der Karriere Barack<br />

Obamas zeigt. Der US-Präsident steht <strong>für</strong> die<br />

vormals stark marginalisierte Gruppe der<br />

Afroamerikaner <strong>und</strong> bietet jetzt ein besonders<br />

positives Identifikationsbild, was besonders<br />

bemerkenswert erscheint dadurch, dass seine<br />

Karriere als Streetworker in den Armenvierteln<br />

Chicagos begann. Er steht <strong>für</strong> das Phänomen,<br />

dass das, was vorher als bedrohlich <strong>und</strong><br />

negativ galt, jetzt als besonders interessant<br />

<strong>und</strong> tiefsinnig gilt.<br />

Eine moralische Schwierigkeit in der Community-Orientierung<br />

besteht darin, dass eine<br />

solche Ästhetisierung möglicherweise auch<br />

mitunter alte <strong>und</strong> tradierte Strukturen legitimiert.<br />

Es verlangt der Mehrheitsgesellschaft<br />

erhebliche Toleranz ab zu akzeptieren, wenn<br />

beispielsweise türkische Eltern ihre Töchter<br />

nicht zum Schwimmunterricht zulassen möchten.<br />

Ich möchte meine theoretische Erörterung der<br />

Soziallagenorientierung hier erstmal beenden,<br />

hoffend, dass wir diese wichtige Frage an<br />

anderer Stelle noch einmal vertiefen können.<br />

Es sei mir allerdings noch ein kurzer Exkurs<br />

erlaubt, an Hand von Praxisbeispielen darzustellen,<br />

dass die von mir hier skizzierte Haltung<br />

sich sehr praktisch ausdrücken kann. Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin e.V. hat bereits mehrere<br />

Projekte durchgeführt <strong>und</strong> Initiativen angestoßen,<br />

die die Vielfältigkeit der Soziallagenorientierung<br />

schon antizipiert haben. Beispielhaft<br />

steht hier<strong>für</strong> das Projekt „Mütter als<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>managerinnen ihrer Familien“ in<br />

Berlin-Wedding. Hier haben Frauen mit Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

allesamt Hartz IV-Bezieherinnen<br />

<strong>und</strong> weitgehend von institutionalisierter<br />

Teilhabe ausgeschlossen, türkische Kochrezepte<br />

muttersprachlich zusammen getragen.<br />

Viele von Ihnen kennen das Projekt bereits,<br />

weil es Pate stand <strong>für</strong> zahlreiche Aktivitäten<br />

anderer Träger im Ernährungsbereich, mehrfach<br />

im türkischen Fernsehen TD1 dargestellt<br />

<strong>und</strong> auch häufig in Broschüren der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

publiziert wurde. Bemerkenswert<br />

war hier, dass diese so stark benachteiligten<br />

Frauen gar nicht mit <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>botschaften<br />

„beschult“ werden wollten, sondern<br />

vielmehr ihrerseits ihre eigenen Hinweise<br />

weiterverbreiten <strong>und</strong> mit ihren eigenen Rezepten<br />

<strong>für</strong> eine ges<strong>und</strong>e Küche arbeiten wollten.<br />

Sie waren nicht an Belehrung interessiert,<br />

sondern wollten sich eher selbst organisieren,<br />

um es anderen zu erzählen. Sie wollten nicht<br />

lernen, sondern lehren. Was wir heute auch als<br />

Zielgrößen moderner Pädagogik konstatieren –<br />

die Kinder wollen ihrer Neugier nachgehen, um<br />

anderen davon zu erzählen – haben die Frauen<br />

wie selbstverständlich, unbekümmert <strong>und</strong><br />

selbstbewusst umgesetzt.<br />

Vielfach vorgestellt, diskutiert <strong>und</strong> nachgeahmt<br />

wurde auch das ursprünglich aus Marzahn<br />

stammende Modellprojekt „Kiezdetektive“, in<br />

dem Schüler/innen ihr Wohnumfeld durchsuchen<br />

<strong>und</strong> dabei Schätze <strong>und</strong> Probleme<br />

identifizieren. Sie diskutieren ihre Ergebnisse<br />

mit der Politik <strong>und</strong> wirken im Folgenden selber<br />

aktiv <strong>und</strong> partizipativ an der Umsetzung mit.<br />

Das ist ein sehr schönes Projekt, mit dem<br />

Schüler/innen durch Selbstwirksamkeitserfahrungen<br />

gestärkt werden.<br />

Auch ein Modellprojekt von Ges<strong>und</strong>heit Berlin<br />

zur Ernährungssituation von Kindern am Kottbusser<br />

Tor zielte auf solche Selbstwirksamkeitserfahrungen<br />

ab. Im Zuge einer aktivierenden<br />

Befragung berichteten Kinder <strong>und</strong><br />

Jugendliche über ihre Bedürfnisse <strong>und</strong> Wünsche.<br />

Im Ergebnis entstand daraus ein Konzept<br />

<strong>für</strong> die Einrichtung von einer Schulkantine, die<br />

mit allen Beteiligten abgestimmt <strong>und</strong> gemeinsam<br />

umgesetzt wurde.<br />

Mit meinem Beitrag wollte ich soziale Benachteiligung<br />

darstellen, ohne in dem verbreiteten<br />

Opfer- <strong>und</strong> Beschützerblick zu verharren.<br />

Wichtig erscheint mir hier eine genaue Differenzierung,<br />

ausgehend von den eigenen Vorstellungen<br />

der Zielgruppen. Hier stehen wir<br />

immer wieder vor der Quadratur des Kreises<br />

zwischen anerkennender Unterstützung auf<br />

der einen Seite <strong>und</strong> der Kontrollaufforderung<br />

auf der anderen Seite. Ich plädiere hier entschieden<br />

<strong>für</strong> eine empathische, anerkennende<br />

Unterstützung der oft schwierigen – oder nur<br />

aus unserer Sicht schwierig anmutenden<br />

Lebenssituation. Das Diversity-Management<br />

mit dem Konzept der interkulturellen Öffnung<br />

hält da<strong>für</strong> ein Methoden-Repertoire bereit,<br />

aufbauend auf dem wichtigen Gr<strong>und</strong>satz, dass<br />

es um die gleichschrittige Entwicklung der<br />

Sozialisationsinstanzen geht: Die Kita, die<br />

Schule <strong>und</strong> die Sozialarbeit müssen den Eltern<br />

helfen, ihre eigene Erziehungskompetenz zu<br />

stärken. Mit dem Konzept der Kita als Familienzentrum<br />

wird das ja bereits flächendeckend<br />

verfolgt.<br />

Die <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung hat hier keine normierende<br />

Funktion, sondern eine dienende. Wir<br />

müssen uns bewusst machen, dass die Frage,<br />

wie unsere Leistungen in Anspruch genommen<br />

werden, kein Zugangsproblem ist, sondern<br />

davon abhängig ist, ob unsere Leistungen<br />

richtig ausgerichtet <strong>und</strong> angeboten sind, damit<br />

sie die Menschen auch wirklich erreichen <strong>und</strong><br />

ihnen helfen.<br />

Vielen Dank <strong>für</strong> Ihre Aufmerksamkeit!<br />

Kontakt:<br />

Professor Dr. Raim<strong>und</strong> Geene<br />

Hochschule Magdeburg-Stendal<br />

Osterburger Straße 25<br />

39576 Stendal<br />

Tel.: 03931/ 218 748 66<br />

E-Mail: raim<strong>und</strong>.geene@hs-magdeburg.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 1 Frühkindliche Entwicklung – das Kleinkind in seiner Umwelt<br />

Frühkindliche Entwicklung – das Kleinkind in<br />

seiner Umwelt<br />

Professorin Dr. Hellgard Rauh, Universität Potsdam<br />

1. Ausgangslage:<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zustand<br />

In der Geschichte der Menschheit war die<br />

Säuglings- <strong>und</strong> Kindersterblichkeit noch nie so<br />

gering. Dabei überleben heute auch Kinder, die<br />

zu früheren Zeiten nur eine geringe Überlebenschance<br />

gehabt hätten, z.B. die extrem<br />

früh geborenen Kinder oder Kinder mit Herzfehlern,<br />

wenn auch häufiger mit lebenslangen<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Einschränkungen. Auch nach<br />

den Ergebnissen des Kinder- <strong>und</strong> Jugendges<strong>und</strong>heitssurveys<br />

2007 beurteilten fast 94<br />

Prozent der Eltern den <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zustand<br />

ihrer Kinder als gut bis sehr gut. Auch Armut in<br />

der Familie ist heute in unserer Gesellschaft<br />

kein Gr<strong>und</strong>, dass ein Kind verhungern oder an<br />

Krankheit sterben müsste. Bestehen überhaupt<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>probleme bei unseren Kindern?<br />

2. Rahmenbedingungen<br />

2.1 Physische <strong>und</strong> psychische Anforderungen<br />

<strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>probleme<br />

Was die körperliche Ges<strong>und</strong>heit betrifft, haben<br />

wir selbst in den Armutsfamilien eine Situation,<br />

um die uns viele Länder auf anderen Kontinenten<br />

beneiden würden. Die vorhandenen<br />

Unterschiede sind solche auf hohem Niveau.<br />

Physische Ges<strong>und</strong>heit wird bei uns fast wie<br />

selbstverständlich erwartet, <strong>und</strong> selbst erhebliche<br />

ges<strong>und</strong>heitliche Risiken <strong>und</strong> Einschränkungen<br />

im Kindesalter können durch medizinische<br />

<strong>und</strong> andere Maßnahmen beschränkt<br />

oder gar kompensiert werden.<br />

Mit der Sicherung der körperlichen Ges<strong>und</strong>heit<br />

stiegen die Erwartungen an die psychische<br />

Ges<strong>und</strong>heit, dies umso mehr, als die veränderten<br />

Lebensbedingungen immer geringere<br />

Anforderungen an Körperkraft <strong>und</strong> immer<br />

höhere an geistige Fähigkeiten <strong>und</strong> sozioemotionale<br />

Stabilität der Person stellen. Die<br />

sogenannten einfachen Berufe sind selten bzw.<br />

in andere Länder verlegt worden.<br />

Historisch verändert hat sich auch folgendes:<br />

(1) Berufswelt <strong>und</strong> Berufsort trennten sich<br />

immer deutlicher <strong>und</strong> immer weiter von der<br />

Familienwelt <strong>und</strong> dem Familienort, zunächst <strong>für</strong><br />

die Väter, dann auch <strong>für</strong> die Mütter. Während<br />

der elterlichen Arbeitszeit besucht die Mehrzahl<br />

der Kinder altersgestufte Einrichtungen<br />

speziell <strong>für</strong> Kinder. (2) In der Altersgruppe der<br />

berufstätigen Erwachsenen hat die Zahl der<br />

Ehepartner mit Kindern stark abgenommen.<br />

Berufstätige mit Kindern müssen mit Berufstätigen<br />

ohne Kinder konkurrieren. Häufig<br />

erlangt die Berufswelt gesellschaftlich höhere<br />

Priorität als die Familienwelt. (3) Schließlich<br />

verliert <strong>für</strong> etliche Kinder auch der Familienort<br />

seine einheitliche Stabilität: Sie pendeln<br />

zwischen ihren getrennt lebenden Eltern.<br />

Über Jahrtausende der Menschheitsgeschichte<br />

waren <strong>für</strong> Kinder der Familienort <strong>und</strong> die<br />

Nachbarschaft die wichtigsten Lernfelder:<br />

Durch Dabeisein <strong>und</strong> Mitmachen bzw. Nachmachen<br />

erwarben sie die notwendigen Fertigkeiten<br />

zur Daseinssicherung <strong>und</strong> zum sozialen<br />

Miteinander. Das Setting Familie hat viele<br />

dieser Funktionen ausgelagert oder abgeschafft.<br />

Wo früher mehrere Personen – einschließlich<br />

Kindern – gemeinsam eine Arbeit<br />

verrichteten, haben Geräte, die dann nur von<br />

einer Person bedient <strong>und</strong> kontrolliert worden,<br />

die Arbeit übernommen. Selbst die Mahlzeiten<br />

sind heute in vielen Familien nur noch selten<br />

eine gemeinsame Unternehmung.<br />

Die letzte verbliebene Funktion der Familie, so<br />

die Familienforscher, ist damit das Ausleben<br />

<strong>und</strong> Aushandeln sozialer <strong>und</strong> emotionaler<br />

Beziehungen. In diesem Bereich ist sie auch am<br />

stärksten verletzlich. Dieser Wandel der Familie<br />

erhöht die Bedeutung psychischer Probleme im<br />

Kindesalter, ob sie nun in ihrer Anzahl <strong>und</strong> Art<br />

gegenüber früheren Zeiten zugenommen<br />

haben oder nicht: Sie treten stärker in Erscheinung<br />

<strong>und</strong> belasten die Familien, die Kinder<br />

<strong>und</strong> die pädagogischen Einrichtungen.<br />

Schulleistungsprobleme <strong>und</strong> Sprachprobleme<br />

nicht mitgezählt, waren, nach den Bef<strong>und</strong>en<br />

des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>surveys (2007), nach Aussagen<br />

ihrer Eltern gut 13 Prozent der Kinder<br />

zwischen drei <strong>und</strong> sechs Jahren mehr oder<br />

minder emotional auffällig, 36 Prozent der<br />

Kinder verhaltensauffällig. Zu den Verhaltensauffälligkeiten<br />

in dieser Altersgruppe zählten<br />

die Hyperaktivität (14,6 Prozent), Probleme im<br />

Umgang mit Gleichaltrigen (20,5 Prozent) <strong>und</strong><br />

Probleme im mitfühlenden Sozialverhalten,<br />

also einem Vorläufer des moralischen Verhaltens<br />

(10,7 Prozent).<br />

2.2 Wissen über gute Entwicklung<br />

Nie waren Eltern theoretisch so gut über<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Erziehung von Kindern infor-<br />

miert <strong>und</strong> praktisch so wenig vorgeübt wie<br />

heute. Das Erziehungswissen ist kaum noch in<br />

familiärer oder kultureller Tradition verankert.<br />

Wohnortmobilität der jungen Eltern oder gar<br />

Migration tragen zu dieser Lockerung der<br />

Traditionen bis hin zu Anzeichen von kultureller<br />

Entwurzelung bei. Dieser Kulturwandel ist<br />

übrigens in Ländern der Dritten Welt noch<br />

rascher <strong>und</strong> krasser als bei uns. Lange waren<br />

die ersten zwei bis drei Lebensjahre eines<br />

Kindes von den massiven Veränderungen weitgehend<br />

ausgenommen, die mit der Industrialisierung,<br />

der Elektronik <strong>und</strong> der Informationstechnologie<br />

die Familien verändert haben.<br />

Mit den modernen Lebensbedingungen der<br />

Eltern <strong>und</strong> der Familien haben sich die Erwartungen<br />

<strong>und</strong> die Anforderungen an eine „gute<br />

Entwicklung“ auch in dieser Altersgruppe<br />

gewandelt. Eltern greifen nun viel seltener auf<br />

familiäre <strong>und</strong> kulturelle Traditionen zurück <strong>und</strong><br />

holen sich ihr Erziehungswissen aus Medien<br />

<strong>und</strong> Kursen. Immer neue Superangebote bedrängen<br />

die jungen Eltern, dass sie bereits im<br />

Babyalter, oder sogar noch davor, mit intensivem<br />

Basistraining beginnen müssten, um<br />

ihrem Kind ein erfolgreiches Meistern der<br />

Schulzeit <strong>und</strong> der Berufsanforderungen zu<br />

sichern. So trainieren einige schwangere<br />

Frauen ihre werdenden Kinder im Zählen,<br />

indem sie mit leichten Schlägen auf ihren<br />

Bauch klopfen <strong>und</strong> dazu die Zahlwörter sagen.<br />

Andere Mütter benutzen das von Forschern<br />

entwickelte Testmaterial zur Untersuchung der<br />

Informationsverarbeitung bei Babys als Übungen<br />

zum Unterscheiden von Schachbrettmustern<br />

<strong>und</strong> Gesichtern. Andere machen mit ihren<br />

Babys spezielle motorische Übungen <strong>und</strong><br />

Massagen. Fast schon genormt sind die Activity<br />

Centers <strong>für</strong> Babys. Spezielle Musikkassetten<br />

(Baby Mozart, Baby Beethoven) <strong>und</strong> Fernsehsendungen<br />

(Baby Einstein) finden intensive<br />

Nachfrage.<br />

Besonders beliebt sind solche Kurse <strong>und</strong><br />

Trainings in Japan, den USA <strong>und</strong> neuerdings in<br />

China. Aber auch bei uns machen sie Furore,<br />

insbesondere wenn sie zugleich Babysitterfunktion<br />

übernehmen <strong>und</strong> das Kind beschäftigen,<br />

ohne dass der Erwachsene als<br />

Interaktionspartner gefordert wäre. Diesem<br />

Extrem der sensomotorischen <strong>und</strong> kognitiven<br />

Frühförderung <strong>und</strong> Frühschulung steht das<br />

9


10<br />

Kapitel 1 Frühkindliche Entwicklung – das Kleinkind in seiner Umwelt Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Extrem der psychischen Vernachlässigung gegenüber,<br />

mitunter sogar in der gleichen Familie.<br />

Die Vernachlässigung ist oft wenig offensichtlich,<br />

da sie selten die körperliche Versorgung<br />

der kleinen Kinder betrifft. Vielen jungen<br />

Eltern fehlen die Kenntnisse <strong>und</strong> die Fähigkeiten,<br />

das kleine Kind in seinen kommunikativen,<br />

emotionalen, sozialen, <strong>und</strong> kognitiven<br />

Belangen angemessen zu fördern.<br />

Feinfühligkeit der Mütter ist in unserem Lande<br />

zudem erheblich bildungsabhängig. Übertriebene<br />

Erwartungen an eine frühe (vor allem<br />

emotionale) Selbstständigkeit der Kinder kann<br />

die Entwicklung der Kinder beeinträchtigen,<br />

wie auch ängstlich übertriebene Behütung sie<br />

nicht die notwendigen Erfahrungen sammeln<br />

lässt, die sie später brauchen werden. Ein<br />

großer Teil unserer Kinder wächst dennoch<br />

auch psychisch gut heran, mit Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Chancen der Persönlichkeitsentwicklung,<br />

wie sie frühere Kinder- <strong>und</strong> Jugendgenerationen<br />

nur selten hatten. Und es gibt hervorragende<br />

Eltern <strong>und</strong> Erzieher/innen. Unsere<br />

Sorge sollte daher den Kindern in extremen<br />

Verhältnissen, den Kindern mit psychischen<br />

Vernachlässigungen <strong>und</strong> den Kindern unter<br />

psychischen Überforderungen gelten. Sie sollte<br />

aber auch den nächsten Generationen gelten,<br />

den künftigen Kindern der jetzigen Kinder.<br />

Welche Familien- <strong>und</strong> Kindheitserfahrungen,<br />

welches implizite Erziehungswissen werden sie<br />

einmal weitervermitteln?<br />

3. Struktur der Umwelten aus der<br />

Sicht der Kinder<br />

Im Folgenden werde ich auf einige neuere<br />

Forschungsbef<strong>und</strong>e der Entwicklungspsychologie<br />

zurückgreifen <strong>und</strong> sie in einem evolutionstheoretischen<br />

Konzept bündeln. Ich verspreche<br />

mir davon <strong>für</strong> Sie Anregungen <strong>für</strong> eine<br />

Gestaltung unserer Lebenswelt in solcher<br />

Weise, dass besonders die ganz kleinen Kinder<br />

ganz selbstverständlich dazu gehören sollten.<br />

Denn gerade das ist sicher eine Gefahr unserer<br />

modernen Welt, dass wir Kinder zu sehr<br />

ausgrenzen.<br />

3.1. Neugeborenenausstattung<br />

Das Neugeborene bringt bereits eine Wahrnehmungs-<br />

<strong>und</strong> Verhaltensausstattung mit, die<br />

es auf die nächsten Entwicklungsschritte vorbereitet.<br />

Es ist dabei aber weitestgehend auf<br />

die Interaktion mit einem es eng <strong>und</strong> <strong>für</strong>sorglich<br />

betreuenden Erwachsenen angewiesen.<br />

Obwohl ihr Sehvermögen erst mit etwa<br />

sechs Monaten ausgereift ist <strong>und</strong> sie zur<br />

eigenständigen Fortbewegung mitunter mehr<br />

als ein Jahr benötigen, sind die Nahsinne,<br />

Geruch, Geschmack <strong>und</strong> Tastsinn, von früh an<br />

funktionsfähig <strong>und</strong> sogar das Gehör, bzw. seine<br />

Repräsentanz im Gehirn, unterscheidet bereits<br />

zwischen Geräuschen, Tönen <strong>und</strong> Sprachlauten.<br />

Die rechte Hemisphäre hat einen kleinen<br />

Entwicklungsvorsprung vor der linken <strong>und</strong><br />

ermöglicht dem Kind die frühe Unterscheidung<br />

der musikalischen oder prosodischen <strong>und</strong><br />

rhythmischen Merkmale der Sprache. Mit<br />

wenigen Tagen können die Kinder nicht nur die<br />

Stimme ihrer Eltern von der anderer Personen<br />

unterscheiden, sondern auch ihre Muttersprache<br />

von anderen Sprachen. Sie sind schon,<br />

ab den letzten zwei Monaten im Mutterleib<br />

beginnend, mit dem Hören an ihrer sozialen<br />

Umwelt beteiligt. In der zweiten Jahreshälfte<br />

schränken sie ihre Hörschärfe auf diejenigen<br />

Lautklassen der Muttersprache ein, die inhaltliche<br />

oder grammatische Bedeutungsträger<br />

sind. So unterscheiden z.B. ungarische Kinder<br />

mehrere Klangfarben des Vokals a, schwäbische<br />

Kinder ei von ai, chinesische Kinder dagegen<br />

bald nicht mehr l von r. Diese Unterscheidungen<br />

sind wichtig, um später beim<br />

aktiven Spracherwerb sicher in der Grammatik<br />

zu werden.<br />

Mit dem Sehen beginnen die Kinder erst bei der<br />

Geburt, <strong>und</strong> ihr Sehen ist noch nicht sehr<br />

scharf, wenn sie frontal vor sich auf ein<br />

stehendes Bild schauen (was früher die übliche<br />

Untersuchungssituation war). Mit drei Monaten<br />

sehen sie wesentlich schärfer <strong>und</strong> studieren<br />

dann das Gesicht ihres Gegenübers mit<br />

größter Intensität. Sie reagieren aber deutlich<br />

auf Bewegungen, z.B. von Augen <strong>und</strong> M<strong>und</strong>,<br />

vor allem aber darauf, wenn von der Seite ein<br />

Kopf hereinkommt („conspec“ = conspecific),<br />

also ein vermutlicher Artgenosse. Babys<br />

nehmen Personen <strong>und</strong> deren Merkmale über<br />

alle Sinne früher <strong>und</strong> genauer wahr als Gegenstände<br />

<strong>und</strong> Geräusche <strong>und</strong> lernen dabei<br />

besonders rasch, Vertrautes von Unvertrautem<br />

zu unterscheiden – mit zunächst einer Bevorzugung<br />

des Vertrauten.<br />

Aber auch der physikalischen Umwelt begegnen<br />

sie nicht ungewappnet. Selbst bei noch<br />

fehlender Erfahrung scheinen sie davon auszugehen,<br />

dass Objekte, die sie sehen, aus<br />

fester Materie bestehen, gegen die man stoßen<br />

könnte. Objekte haben offenbar von vornherein<br />

so etwas wie Dingcharakter. Das muss nicht<br />

erst mühsam über das Kombinieren von isolierten<br />

Sinneserfahrungen erworben werden.<br />

Außerdem interessieren sie sich in der Objektwelt<br />

früh <strong>für</strong> das jeweils Neue <strong>und</strong> Neuartige,<br />

vor allem, wenn es nicht zu sehr vom Vertrauten<br />

abweicht. Anscheinend sind wir aus der<br />

langen Evolution mit Basisfertigkeiten, Basisbereitschaften<br />

<strong>und</strong> „Basiswissen“ ausgestattet,<br />

die uns von Anfang an eine Unterscheidung<br />

einer sozialen Welt von einer physikalischen<br />

Welt erlauben. Innerhalb jeder dieser Welten,<br />

<strong>und</strong> mit speziellen Funktionen <strong>für</strong> diese Welten,<br />

lernen wir besonders rasch.<br />

3.2 Objektwelt<br />

Lange Zeit hatte sich die Entwicklungspsychologie<br />

vor allem mit dem wachsenden Verständnis<br />

des Kindes mit der Objektwelt be-<br />

fasst, z.B. von Objekten im Raum, ihm selbst im<br />

Raum <strong>und</strong> von Objekten, die in oder unter<br />

einem anderen aus dem Sichtfeld verschwinden,<br />

aber doch noch da sind. Dann fand<br />

man heraus, dass die Kinder schon im 1.<br />

Lebensjahr erwarten, dass sich die Objekte<br />

nach den typischen physikalischen Gesetzen<br />

verhalten, also Objekte nicht einfach durch<br />

eine Wand hindurchgehen.<br />

Im Alter von einem halben Jahr reagieren Kinder<br />

bereits auf die Zahligkeit von Objekten: Sie<br />

w<strong>und</strong>ern sich <strong>und</strong> schauen länger, wenn hinter<br />

einem Schirm nur ein Objekt auftaucht, obgleich<br />

zwei hineingewandert sind (<strong>und</strong> umgekehrt),<br />

sie unterscheiden große von kleinen<br />

Mengen.<br />

Im Verlaufe des zweiten Lebensjahres erk<strong>und</strong>en<br />

die Kinder die Räume der Wohnung<br />

<strong>und</strong> ihnen vertraute Bereiche. Sie können aber<br />

erst im Laufe des 3. Lebensjahres von einem<br />

Modell her ableiten, wo sie z.B. einen Ball<br />

finden werden. Das praktische Wissen wird erst<br />

allmählich repräsentiert <strong>und</strong> dann Repräsentation<br />

<strong>und</strong> Wirklichkeit miteinander verb<strong>und</strong>en.<br />

3.3. Sozialwelt<br />

Noch erstaunlicher sind die Erkenntnisse zur<br />

Sozialwelt der Kinder. Nicht nur, dass die Kinder<br />

sich früh <strong>für</strong> menschliche Gesichter <strong>und</strong> Stimmen<br />

interessieren <strong>und</strong> mit etwa sechs Wochen<br />

auf beide hin lächeln; mit drei Monaten versuchen<br />

sie mit Lächeln <strong>und</strong> Gurren einen<br />

Interaktionspartner wieder zu aktivieren, dessen<br />

Mimik eingefroren ist („still face-Paradigma“)<br />

bzw. sie schauen wartend weg <strong>und</strong> üben<br />

sich in Selbstberuhigung (Geduld), um sich<br />

dann wieder zuzuwenden, <strong>und</strong> sind schließlich<br />

enttäuscht, wenn der/die Partner/in sich nicht<br />

aus seiner Starre löst. Bei Puppen strengen sie<br />

sich nicht an.<br />

Präsentiert man ihnen mit vier Monaten ihre<br />

Mutter online über den Bildschirm, dann<br />

interagieren sie mit ihr fröhlich; präsentiert<br />

man ihnen aber das Verhalten der Mutter von<br />

wenigen Minuten zuvor, reagieren sie mit<br />

Unmut. Sie merken sehr empfindlich, ob ein<br />

Verhalten auf ihr eigenes Verhalten fein abgestimmt<br />

ist oder nicht.<br />

Mit sieben bis neun Monaten unterscheiden<br />

die Kinder bereits Menschen von Tieren <strong>und</strong><br />

Tiere von Objekten, <strong>und</strong> mit neun bis elf Monaten<br />

Möbel von Fahrzeugen, <strong>und</strong> das jeweils<br />

anhand von Replica aus Plastik, die sie mit<br />

ihren Händen <strong>und</strong> Augen erk<strong>und</strong>en dürfen, die<br />

also sehr viel kleiner sind als in Wirklichkeit.<br />

Schon als Neugeborene zeigen die Kinder<br />

Nachahmung von Mimik, M<strong>und</strong>formen <strong>und</strong><br />

Handbewegungen, eine Besonderheit, die<br />

lange unerklärt blieb, jetzt aber durch die Entdeckung<br />

der Spiegelneurone eine neuronale<br />

Basis erhielt. Diese Fähigkeit dient dem unmittelbaren<br />

Miterleben <strong>und</strong> innerlichen Mitvoll-


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 1 Frühkindliche Entwicklung – das Kleinkind in seiner Umwelt<br />

ziehen der Handlung des Interaktionspartners.<br />

Spiegelneurone finden sich auch bei sozialen<br />

Säugetieren, aber ganz besonders viele beim<br />

Menschen.<br />

Das Kind kann im Verlaufe des ersten Lebensjahres<br />

aber nicht nur einfaches Verhalten des<br />

Gegenübers nacherleben <strong>und</strong> spiegeln, es<br />

reagiert selbst intensiv darauf, nachgeahmt zu<br />

werden, ein Schritt auf dem Weg, sich selbst im<br />

Spiegel zu erkennen (mit 18 Monaten) <strong>und</strong> eine<br />

Vorstellung von sich selbst zu entwickeln. Von<br />

besonderer Bedeutung ist aber auch, dass das<br />

Kind im letzten Viertel des ersten Lebensjahres<br />

seine Aufmerksamkeit gezielt auf die Richtung<br />

einschwenken kann, in die der/die Partner/in<br />

schaut, <strong>und</strong> dann auch in die Richtung, in die er<br />

zeigt. Mit zwölf Monaten zeigt es dann selbst<br />

auf Objekte, um die Aufmerksamkeit des Partners/der<br />

Partnerin zu lenken. Offensichtlich hat<br />

es dann schon eine rudimentäre Vorstellung<br />

davon, dass der Andere so etwas wie Aufmerksamkeit<br />

hat.<br />

Schließlich wird es im ersten Lebensjahr Experte<br />

im Lesen des Emotionsausdrucks im<br />

Gesicht der Partner/innen. Es kann sich dann<br />

nicht nur mitfühlend hineinversetzen, sondern<br />

sich davon auch abgrenzen. So z.B. beim<br />

visuellen Kliff: Gewöhnlich verharren Babys<br />

beim Krabbeln, wenn der Boden unter ihnen<br />

abzusinken scheint, <strong>und</strong> krabbeln nur weiter,<br />

wenn die Mutter aufmunternd nickt.<br />

Rückversichern ist auch sonst eine wichtige<br />

Strategie im Erk<strong>und</strong>ungsverhalten von Kindern<br />

<strong>und</strong> spricht da<strong>für</strong>, dass sie eine Art inneres<br />

Beziehungsband zu ihrer Hauptbezugsperson<br />

entwickelt haben. Ein solches psychologisches,<br />

inneres Band erscheint zu dem individuellen<br />

Entwicklungszeitpunkt, in dem die Kinder die<br />

Fortbewegung erlernen <strong>und</strong> – sonst möglicherweise<br />

– verloren gehen könnten. Es ist also ein<br />

über die Evolution entstandener Sicherungsmechanismus,<br />

übrigens nicht nur bei uns Menschen.<br />

4. Ein Vorschlag aus der Sicht der Evolution<br />

<strong>und</strong> der Entwicklungspsychologie<br />

Die Umwelten des Menschen sind aus Sicht der<br />

Evolution wahrscheinlich in „Module“ unterteilt.<br />

So unterschieden schon die frühen Menschen<br />

in der physikalischen Welt vermutlich<br />

Großobjekte wie Berge <strong>und</strong> Flüsse, aber auch<br />

Felsen <strong>und</strong> Bäume bzw. Sträucher, die ihnen als<br />

Wegmarkierungen dienten, von kleineren Objekten,<br />

wie Steinen <strong>und</strong> Zweigen, die als Werkzeuge<br />

zu gebrauchen waren. Diese Basisunterscheidungen<br />

sollen im Prinzip bis heute<br />

gelten, <strong>und</strong> auch schon beim Kleinkind. Im<br />

Verlaufe der ersten beiden Lebensjahre wird es<br />

recht kompetent im konkreten Zurechtfinden in<br />

seiner physikalischen Umwelt <strong>und</strong> im Umgang<br />

mit einfachen Objekten.<br />

Im zweiten Lebensjahr zieht es aber eine neue<br />

Vorstellungsebene ein <strong>und</strong> beginnt die Objektwelt<br />

zu repräsentieren, sei es durch andere<br />

Objekte im Symbolspiel, sei es durch sprachliche<br />

Bezeichnungen oder durch Kritzelzeichen<br />

oder Malen, oder auch nur in der phantasievollen<br />

Vorstellung. Dadurch löst es die Objekte<br />

aus ihren physikalischen Gesetzmäßigkeiten<br />

von Zeit, Raum <strong>und</strong> Kausalität, kann vorwegnehmend<br />

planen oder denkend nachvollziehen<br />

<strong>und</strong> wiederholen. Um hier nicht in einen Irrgarten<br />

oder in ein Chaos zu geraten, beginnt<br />

es, seine Vorstellungen <strong>und</strong> Begriffe zu ordnen<br />

<strong>und</strong> in die Struktur der Logik einzubinden, ein<br />

Vorgang, dessen Entwicklung bis weit in das<br />

Jugendalter reichen wird.<br />

Zur konkreten Umwelt des Menschen gehören<br />

auch die biologische Umwelt, also die Tiere <strong>und</strong><br />

Pflanzen. Kinder zählen schon früh die Tiere zu<br />

Lebewesen, aber erst später die Pflanzen. Bei<br />

den Tieren unterscheiden sie im zweiten Lebensjahr,<br />

ob diese laufen oder kriechen bzw.<br />

schwimmen oder fliegen. Aus Sicht der Evolution<br />

ist sicherlich eine wesentliche Aufgabe<br />

unterscheiden zu lernen, was eine Gefahr ist,<br />

etwa ein feindliches Tier, was giftig ist (Pflanzen)<br />

<strong>und</strong> was essbar ist. Beim Essenlernen<br />

erwerben die Kinder im kulturellen Kontext<br />

sehr früh solche basalen Unterscheidungen.<br />

Hier hat das <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>verhalten beim Essverhalten<br />

einen wichtigen Ursprung. Woran<br />

können aber Kinder heute die wesentlichen<br />

Unterscheidungen lernen?<br />

Von ganz besonderer Bedeutung <strong>für</strong> das<br />

Heranwachsen des Menschen ist seine soziale<br />

Umwelt. Länger <strong>und</strong> mehr noch als unsere<br />

nächsten Verwandten im Tierreich ist das Kind<br />

auf individuelle Pflege, Versorgung, Betreuung<br />

<strong>und</strong> Unterweisung angewiesen. Die sozialemotionale<br />

Bindung als eine wichtige Basis,<br />

die Kind <strong>und</strong> Bezugsperson in räumlicher Nähe<br />

zueinander halten, habe ich schon erwähnt,<br />

ebenso die frühe Fähigkeit der Kinder, mit dem<br />

Anderen innerlich mithandeln zu können. So<br />

können Kinder mit wenig über einem Jahr eine<br />

einfache Handlung, die sie bei einem Erwachsenen<br />

erstmalig beobachtet haben, die dieser<br />

aber nicht erfolgreich beenden konnte, nach<br />

mehreren St<strong>und</strong>en selbst durchführen, <strong>und</strong><br />

zwar erfolgreich. Schon mit zehn Monaten<br />

können sie eine mechanische Aktion von einer<br />

physikalisch sehr ähnlichen Handlung unterscheiden:<br />

Bei der mechanischen Version<br />

schauen sie auf den Hebel, bei der Handlung<br />

auf das Ziel. Eine ganz besondere Rolle in der<br />

sozialen Welt spielt die Kommunikation, die<br />

sich in der abgestimmten Interaktion, in der<br />

gegenseitigen Regulation von Erregung <strong>und</strong><br />

Emotionen, im Austausch von Mimik, in Gestik<br />

<strong>und</strong> Lautierung oder dann auch in Worten, <strong>und</strong><br />

damit symbolisch, ausdrückt. Sprachentwicklung<br />

hebt die Kommunikation auf die<br />

Repräsentationsebene. Sie erlaubt zudem,<br />

innere Zustände in Begriffe zu bringen, Gefühle<br />

zu konkretisieren <strong>und</strong> sie der Bearbeitung <strong>und</strong><br />

kulturellen Formung zugänglich zu machen.<br />

Das Kind am Ende des ersten Lebensjahres<br />

erlebt sich in intensiven sozial-emotionalen<br />

Beziehungen. Es beginnt gegen Ende des<br />

zweiten Lebensjahres, sich diese ebenfalls auf<br />

der Repräsentationsebene vorzustellen, etwa<br />

im Spiel mit Puppen, im eigenen Rollenspiel<br />

<strong>und</strong> später im tagträumenden Phantasiespiel.<br />

Im Spiel hat es noch eine gewisse Kontrolle<br />

über die Figuren, nicht jedoch im Traum, von<br />

dem es dann manchmal heimgesucht wird.<br />

Auch die soziale Vorstellungswelt bedarf ordnender<br />

Strukturen, die dann in die Realität <strong>und</strong><br />

das konkrete Miteinander ausstrahlen.<br />

Wenn ein Kind keine Ordnung in diese Welten<br />

bringen kann, werden diese <strong>für</strong> es bedrohlich.<br />

Viele Kinderängste bis hin zur Pathologie<br />

haben hier ihren Ursprung. Soziale Skripte, wie<br />

etwa das Essensritual am Mittagstisch oder<br />

das Schlafengehritual, geben einen ersten<br />

Ordnungsrahmen. Soziale Regeln, nach denen<br />

die verschiedenen Rollenträger sich verhalten,<br />

bilden eine weitere Basis.<br />

Gegen Ende des zweiten Lebensjahres möchten<br />

die Kinder in der Regel mitmachen <strong>und</strong><br />

nachmachen, mithelfen <strong>und</strong> dabei sein (compliance).<br />

Sie üben das beobachtete soziale<br />

Miteinander im Spiel. Man kann sie zum Mitmachen<br />

bei einfachen Tätigkeiten gewinnen,<br />

<strong>und</strong> sie beginnen, Verbote zu verstehen <strong>und</strong> zu<br />

beachten, aber auch deren Grenzen zu erproben.<br />

In dieser Zeit sind sie bereit dazu, in die<br />

soziale Gemeinschaft eingeführt, also „sozialisiert“<br />

zu werden. Sie beginnen ihr eigenes<br />

Verhalten nach gut <strong>und</strong> böse zu bewerten. Es<br />

wird der Gr<strong>und</strong>stein <strong>für</strong> moralisches Verhalten,<br />

moralische Gefühle <strong>und</strong> moralisches Urteilen<br />

gelegt. Auch dies ist ein wichtiger Gr<strong>und</strong>stein<br />

<strong>für</strong> unsere menschliche Entwicklung. Es ist<br />

durchaus denkbar, dass bei einigen Kindern<br />

dieser in der Evolution sehr späte Gr<strong>und</strong>stein<br />

nicht solide genug gelegt wurde.<br />

5. Gefährdungen durch Veränderung der<br />

Lebenswelt von Kleinkindern?<br />

Gerade in den ersten beiden Lebensjahren ist<br />

die biopsychosoziale Entwicklung der Kinder<br />

noch stark von der Evolution gestützt. Das gilt<br />

auch, mit Einschränkungen, <strong>für</strong> das komplementäre,<br />

unmittelbare Elternverhalten. Weil<br />

beides evolutionsgestützt ist, scheint es über<br />

viele unterschiedliche Lebensbedingungen<br />

hinweg gut zu funktionieren. Kinder sind mit<br />

ihren in Erziehungsfragen meist unerfahrenen<br />

Eltern in der Regel sehr nachsichtig <strong>und</strong> großzügig.<br />

Sie geben ihnen Zeit, sich zu guten Eltern<br />

zu entwickeln, die den komplementären Part zu<br />

ihrer eigenen Entwicklung ausbilden. Selbst<br />

materielle Armut muss nicht notwendigerweise<br />

die Kinder in ihren Basiserfahrungen gefährden,<br />

sie kann diese aber einfärben. In Ländern,<br />

die in der Geschichte häufig mit Krieg überzogen<br />

<strong>und</strong> besetzt wurden, scheinen noch Generationen<br />

danach die Kinder eine eher un-<br />

11


12<br />

Kapitel 1 Frühkindliche Entwicklung – das Kleinkind in seiner Umwelt Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

sicher-vermeidende Bindungsstrategie zu entwickeln:<br />

Sie reduzieren ihren Angstausdruck,<br />

um nicht mit zu viel Emotionsausdruck die<br />

Hauptbezugsperson zu vertreiben oder zu gefährden.<br />

Obgleich das intuitive Elternverhalten, als evolutionsgestütztes<br />

Basisrepertoire zumindest<br />

<strong>für</strong> die ersten zwei Jahre, durch das kindliche<br />

Verhalten aktiviert wird, kann es bei hoher<br />

Stressbelastung der Eltern oder einer depressiven<br />

Erkrankung verschüttet sein. Oder aber<br />

es ist in der eigenen Kindheit nicht oder nicht<br />

ausreichend gr<strong>und</strong>gelegt worden. Risiken <strong>und</strong><br />

Gefährdungen können aber auch daher<br />

stammen, dass das Kind krankheitsbedingt in<br />

seinem Repertoire an Verhaltensweisen erheblich<br />

abweicht, wie etwa bei autistischen<br />

Kindern oder Kindern, deren Erkrankungen <strong>und</strong><br />

Behinderungen erhebliche psychische Auswirkungen<br />

haben (z.B. Alkoholembryopathie).<br />

Rückzug <strong>und</strong> Ausgrenzung sind hier die<br />

größten Gefahren <strong>für</strong> die Familien.<br />

Solche Gefährdungen gab es schon immer; sie<br />

wirken heute nur schwerwiegender <strong>und</strong> länger,<br />

gerade weil auch behinderte <strong>und</strong> kranke Kinder<br />

<strong>und</strong> Eltern eine lange Lebenserwartung haben<br />

<strong>und</strong> sich die Problemlasten auf nur wenige<br />

Schultern verteilen. Es gibt aber Veränderungen<br />

in den Lebenswelten selbst kleiner<br />

Kinder, die in der Menschheitsgeschichte neu<br />

sind <strong>und</strong> deren langfristige Auswirkungen wir<br />

noch nicht abschätzen können. Hierzu zählen<br />

u. a. die folgenden:<br />

■ Die Zahl der stabilen Personen (Familie) hat<br />

abgenommen; die an der Betreuung beteiligten,<br />

aber mitunter wechselnden Personen<br />

hat zugenommen (Betreuer/innen,<br />

wechselnde Familienzusammensetzung). In<br />

vielen Kulturen ist zwar auch meist mehr als<br />

eine Person am Aufziehen eines Kindes<br />

beteiligt, mitunter sogar ein ganzes Dorf;<br />

aber es sind <strong>für</strong> das Kind stabile Personen in<br />

seiner sozialen Umwelt.<br />

■ Viele Kinder wachsen mit nur einem Erwachsenen<br />

auf, ohne Geschwister oder Kinder im<br />

alltäglichen Umkreis, es sei denn sie besuchen<br />

eine Kita/Krippe oder eine Tagesmutter.<br />

■ Es gibt jede Menge anregendes Baby- <strong>und</strong><br />

Kleinkinder-Spielzeug, das in der Regel nicht<br />

die Interaktion mit einem Erwachsenen verlangt.<br />

Eltern sind stolz, wenn ihr Baby sich<br />

möglichst lange „allein“ beschäftigen kann.<br />

■ Kleinstkinder legen zum Teil große Entfernungen<br />

zurück, <strong>und</strong> dies oft in sehr schnellem<br />

Tempo – übrigens ohne sich selbst deswegen<br />

bewegen zu müssen.<br />

■ Auch der Weg zu den Einrichtungen erfolgt in<br />

der Regel im Auto oder in Fahrzeugen. Eine<br />

Art Überblick über die Umwelträume <strong>und</strong><br />

ihre Beziehungen untereinander zu gewinnen,<br />

dürfte ihnen sehr schwer fallen.<br />

■ Personen begegnen ihnen zunehmend –<br />

auch – über elektronische Medien. Diese<br />

reagieren aber nicht auf das Kind, sie sind<br />

nicht auch über die Nahsinne erfassbar –<br />

<strong>und</strong> zwingen zu einem eher abstrakten Umgang.<br />

■ Objekte funktionieren im Wesentlichen über<br />

identische Handhabungen (Knopfdruck) <strong>und</strong><br />

lassen sich auch kaum mehr über je spezifische<br />

Geräusche oder Bewegungsmuster<br />

identifizieren. Auch das zwingt zu früher<br />

Abstraktion. Nur die Tiere machen noch ihre<br />

individuellen Laute <strong>und</strong> haben ihre spezifischen<br />

Bewegungsmuster.<br />

■ Die Lebenswelt der Kinder ist stark altersgestuft<br />

<strong>und</strong> oft getrennt von der der Erwachsenen.<br />

Die Erwachsenen begegnen<br />

dem Kind in einer Art Lehrerhaltung. Die<br />

Eltern begeben sich evtl. in die (vermeintliche)<br />

Lebenswelt des Kindes, aber das Kind<br />

hat wenig Möglichkeiten, an der Lebenswelt<br />

der Erwachsenen (<strong>und</strong> größeren Kinder) teilzunehmen.<br />

Bereits das Säuglingsalter wird zunehmend<br />

„verschult“. Das mag die kognitiven Fähigkeiten<br />

der Kinder, wenn vielleicht auch etwas<br />

einseitig, herausputzen; viele eingebettete<br />

Erfahrungen emotionaler <strong>und</strong> sozialer Art<br />

kommen dabei aber möglicherweise zu kurz.<br />

Kleinkinder sind aber <strong>für</strong> ihr psychisches<br />

Gedeihen von direkter Interaktion mit stabilen<br />

Betreuungspersonen sowie direktem Umgang<br />

mit (Alltags-)Objekten abhängig. Gegen Ende<br />

des ersten Jahres beobachten sie zudem<br />

intensiv die Interaktion Anderer miteinander<br />

<strong>und</strong> deren praktisches Handeln, z.B. im<br />

Haushalt. Dieses Lernangebot <strong>für</strong> Kleinstkinder<br />

hatte sich über die historischen Zeiten relativ<br />

wenig verändert. Entsprechend machte man<br />

sich über Kleinstkindpädagogik wenig Gedanken.<br />

Wie heute noch in traditionellen<br />

Dörfern in Mittelamerika, Asien <strong>und</strong> Afrika<br />

waren die Kinder einfach mit dabei. Die<br />

Erwachsenen (nicht nur die eigenen Eltern)<br />

sorgten <strong>für</strong> die Gr<strong>und</strong>bedürfnisse <strong>und</strong> die<br />

körperliche Sicherheit der Kinder, so gut sie<br />

konnten. Die wichtigsten Lehrer/innen der<br />

Kinder unter drei Jahren waren aber die älteren<br />

Geschwister <strong>und</strong> andere Kinder der Dorfgemeinschaft.<br />

Lernen durch Beobachten <strong>und</strong><br />

Mittun ist dort <strong>und</strong> war früher auch bei uns die<br />

Haupterfahrungsquelle <strong>für</strong> kleine Kinder,<br />

möglicherweise auch bereits in den frühen<br />

Zeiten der Menschheit. Auf diese Art des<br />

Lernens ist das Kleinkind „voreingestellt“.<br />

Die frühe Vereinzelung, die Abstraktheit der<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> die geringe Stabilität stellen<br />

wesentliche Veränderungen dar, deren langfristige<br />

Auswirkungen wir noch gar nicht abschätzen<br />

können, vor allem nicht die Auswirkungen<br />

über zwei oder drei Generationen,<br />

wenn die traditionellen Weisen des Aufwachsens<br />

auch nicht mehr Teil der Familienerinnerung<br />

sein werden.<br />

Literatur<br />

Pauen, S., Rauh, H. (2008). Frühe Kindheit: Das<br />

Säuglingsalter. In M. Hasselhorn <strong>und</strong><br />

R. K. Silbereisen (Hrsg) Enzyklopädie der Psychologie,<br />

Serie V (Entwicklung), Band 4:<br />

Entwicklungspsychologie des Säuglings- <strong>und</strong> Kindesalters<br />

(67 – 126). Göttingen: Hogrefe<br />

Verlag <strong>für</strong> Psychologie<br />

Rauh, H. (2008) Vorgeburtliche Entwicklung <strong>und</strong> Frühe<br />

Kindheit. In R. Oerter <strong>und</strong> L.<br />

Montada (Hrsg.). Lehrbuch Entwicklungspsychologie, 6.<br />

Überarbeitete Auflage.<br />

Weinheim: Beltz/PVU.<br />

Kontakt:<br />

Professorin Hellgard Rauh<br />

Großbeerenstraße 17<br />

14482 Potsdam<br />

Tel.: 0331/ 550 999 6<br />

E-Mail: rauh@uni-potsdam.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 2 Der Early Excellence Ansatz<br />

Kapitel 2<br />

Ges<strong>und</strong> aufwachsen<br />

Der Early Excellence Ansatz<br />

Jutta Burdorf-Schulz, Leiterin des Nachbarschafts- <strong>und</strong> Familienzentrums<br />

„Kiezoase“<br />

Der Early Excellence Ansatz<br />

Der Name „Early Excellence“ ist Programm <strong>und</strong><br />

macht den Anspruch deutlich, dass eine bestmögliche<br />

frühe Förderung im frühkindlichen<br />

Bereich eine wichtige Forderung <strong>für</strong> den Bildungsbereich<br />

ist <strong>und</strong> mit familienunterstützenden<br />

Angeboten gekoppelt sein sollte. Das<br />

Early Excellence – Programm wurde 1997 auf<br />

nationaler Ebene von der englischen Regierung<br />

ins Leben gerufen. Die konzeptionellen Anforderungen<br />

verknüpfen einen hohen Qualitätsanspruch<br />

an die pädagogische Arbeit mit<br />

intensiver Zusammenarbeit mit den Eltern <strong>und</strong><br />

neuen integrierten Unterstützungs- <strong>und</strong> Bildungsangeboten<br />

<strong>für</strong> die ganze Familie. Eine<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzung <strong>für</strong> die Förderung nach<br />

diesem Programm ist es, dass Eltern als die<br />

ersten Erzieher/innen ihrer Kinder partnerschaftlich<br />

in die pädagogische Arbeit einbezogen<br />

werden <strong>und</strong> nach Bedarf Elternbildung,<br />

Familienhilfe <strong>und</strong> weiterführende Angebote<br />

vernetzt angeboten werden.<br />

Das nationale Förderprogramm ‚Early Excellence’<br />

wurde in England inzwischen in ein noch<br />

umfassenderes Programm der ‚Children Centre’<br />

umgewandelt, die Zielsetzungen sind jedoch<br />

auch hier integriert.<br />

Einführung:<br />

Kindertageseinrichtungen stehen heute vor der<br />

Herausforderung sowohl sozialer Lernraum<br />

<strong>und</strong> Bildungsstätte <strong>für</strong> Kinder als auch Dienstleistungs-<br />

<strong>und</strong> Kommunikationsort <strong>für</strong> Familien<br />

zu sein.<br />

Im Workshop der Fachtagung „Für einen guten<br />

<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben“ wurde die<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Zielsetzung des Early Excellence<br />

Ansatzes im Pestalozzi-Fröbel Haus in<br />

Berlin vorgestellt, das seit einigen Jahren<br />

modellhaft neue Wege der Qualitätsentwicklung<br />

erprobt.<br />

Vorbild <strong>für</strong> die Neuorientierung ist das Pen<br />

Green Centre im englischen Corby, einem der<br />

ersten Early Excellence Centre in Großbritannien.<br />

Bei einem Besuch im Pen Green Centre in<br />

der ehemaligen Stahlarbeiterstadt Corby wird<br />

jedem/jeder Besucher/in schnell deutlich,<br />

dass das Besondere dieses Zentrum die po-<br />

sitive <strong>und</strong> ressourcenorientierte Gr<strong>und</strong>haltung<br />

aller Beteiligten ist. Bei der daraus resultierenden<br />

Vielzahl von Angeboten <strong>für</strong> Eltern,<br />

Kinder <strong>und</strong> Familien kann man dann schon mal<br />

den Überblick verlieren. Besucher/innen erleben<br />

jedoch die kindzentrierte Ausrichtung <strong>und</strong><br />

Atmosphäre <strong>und</strong> fühlen sich willkommen.<br />

Zur absolut wichtigsten Gruppe, den Kindern<br />

im Pen Green Centre, gibt es eigentlich nur zu<br />

sagen, dass sie sich sichtlich wohl fühlen <strong>und</strong><br />

vielfältige Möglichkeiten haben, als kleine<br />

Forscher die Welt zu erobern. Sie können sich<br />

entscheiden, wie sie ihr Spiel <strong>und</strong> ihre Aktivitäten<br />

gestalten wollen <strong>und</strong> erhalten dabei aufmerksame<br />

Unterstützung <strong>und</strong> Anregungen<br />

durch die Family-Worker. Als Family-Worker<br />

werden die pädagogischen Fachkräfte in den<br />

Centern bezeichnet.<br />

Das Pen Green Centre war eine der ersten<br />

Einrichtungen, die in das Programm der Early<br />

Excellence in England aufgenommen wurde<br />

<strong>und</strong> bis heute gehen von hier national <strong>und</strong><br />

international viele Impulse der Weiterentwicklung<br />

im Elementarbereich aus. Im Rahmen<br />

einer Recherche <strong>für</strong> die Heinz- <strong>und</strong> Heide Dürr<br />

Stiftung stieß die Psychologin Annette Lepenies<br />

auf das Pen Green Centre in Corby. Das<br />

Pestalozzi-Fröbel-Haus wurde als Trägereinrichtung<br />

gewonnen <strong>und</strong> bei einem Besuch des<br />

Pen Green Centres im Mai 2000 überzeugten<br />

13


14<br />

Kapitel 2 Der Early Excellence Ansatz Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

sich die Verantwortlichen vor Ort von der<br />

überzeugenden pädagogischen Arbeit <strong>und</strong> es<br />

entstand die Idee einer Übertragung, die den<br />

hiesigen Rahmenbedingungen angepasst sein<br />

sollte.<br />

Der Gr<strong>und</strong>gedanke der Early Excellence Centre<br />

ist im deutschen Bildungswesen noch nicht<br />

verankert. Anders als der Name suggeriert,<br />

handelt es sich nicht um elitäre Leistungszentren.<br />

Early Excellence Centre verstehen sich<br />

vielmehr als „Gemeinschaft forschend Lernender“,<br />

zu der die Kinder <strong>und</strong> ihre Familien<br />

ebenso gehören wie das pädagogische Fachpersonal.<br />

Leitgedanken dieses Ansatzes sind:<br />

1. Jedes Kind ist einzigartig<br />

Im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit steht<br />

das Kind mit seinen Stärken <strong>und</strong> Kompetenzen.<br />

Ziel ist es, kindliche Lernprozesse zu beobachten,<br />

zu dokumentieren <strong>und</strong> individuell zu<br />

fördern.<br />

2. Eltern sind die ersten Erzieher/innen <strong>und</strong><br />

Expert/innen ihrer Kinder<br />

Eltern <strong>und</strong> Erzieher/innen gehen eine neue<br />

Erziehungspartnerschaft ein. Der Dialog über<br />

die Lernprozesse <strong>und</strong> die Entwicklung der<br />

Kinder steht im Mittelpunkt.<br />

3. Die Kita wandelt sich zu einem<br />

Familienzentrum<br />

Als Bildungsstätte öffnen sich die Einrichtungen<br />

nach innen <strong>und</strong> außen <strong>und</strong> bieten<br />

Unterstützung, Bildung <strong>und</strong> Beratung <strong>für</strong> die<br />

ganze Familie. Zielsetzung ist die stärkere<br />

Einbeziehung <strong>und</strong> Stärkung der ganzen Familie<br />

(weitere Informationen zu dem beschriebenen<br />

Ansatz <strong>und</strong> dem Pen Green Center finden sich<br />

unter www.pengreen.org).<br />

Kontakt:<br />

Jutta Burdorf-Schulz<br />

Mehrgenerationenhaus Kiezoase<br />

Barbarossastraße 65<br />

10781 Berlin<br />

Tel.: 030/ 217 302 74<br />

E-Mail: burdorf-schulz@kiezoase.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 2 Elternbildung bewegt Kinder – das Prinzip der kleinen Schritte<br />

Elternbildung bewegt Kinder – das Prinzip<br />

der kleinen Schritte<br />

Angelika Krebs, Hochschule Magdeburg-Stendal<br />

Ausgangslage:<br />

Die Auswertung des sozio-ökonomischen<br />

Panels (Repräsentativstichprobe) einer Studie<br />

der Universität Marburg 2007 ergab einen direkten<br />

kausalen Zusammenhang zwischen Armut<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit bei Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen:<br />

Wer in Armut aufwächst, hat als Erwachsener<br />

eine schlechtere Ges<strong>und</strong>heit. Im Zusammenhang<br />

mit der Armutsentwicklung in<br />

Deutschland spricht man mittlerweile auch von<br />

einer Infantilisierung bzw. Familialisierung von<br />

Armut.<br />

Dass sich die sozio-ökonomische Lage, die<br />

Ausstattung mit finanziellen Ressourcen auch<br />

auf die Ges<strong>und</strong>heit auswirkt, wissen wir seit<br />

geraumer Zeit. Gerade <strong>für</strong> Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

trifft dies in verstärktem Maße zu. PISA<strong>und</strong><br />

IGLU-Studie zeigen auf, wie erheblich der<br />

Einfluss der sozialen Herkunft der Kinder auch<br />

auf ihren späteren Schul- <strong>und</strong> Ausbildungserfolg<br />

ist. Überdurchschnittlich viele Kinder aus<br />

sozial benachteiligten Familien verlassen die<br />

Schule ohne qualifiziertes Zeugnis. Eine<br />

ebenfalls erhebliche Anzahl scheitert anschließend<br />

in der beruflichen Ausbildung.<br />

Die negative Karriere beginnt bereits in den<br />

Kinderschuhen <strong>und</strong> bestimmt maßgeblich den<br />

weiteren Lebenslauf. Die Mehrzahl neuer Forschungsarbeiten<br />

belegt, dass der Lebensphase<br />

der frühen Kindheit <strong>und</strong> des Vorschulalters die<br />

größte Bedeutung <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> Intervention<br />

zukommt. Die meisten sozialen, psychischen<br />

aber auch viele ges<strong>und</strong>heitliche Probleme<br />

des Jugend- <strong>und</strong> Erwachsenenalters<br />

haben ihren Ursprung in Störungen der Kindheit,<br />

ausgelöst durch unbeabsichtigte Erziehungsfehler,<br />

elterliche Fehlhaltungen <strong>und</strong> eine<br />

nicht gelingende Eltern-Kind-Interaktion.<br />

Weil eine effektive Prophylaxe fehlt, müssen in<br />

der Regel öffentliche Hand <strong>und</strong> Krankenkassen<br />

<strong>für</strong> die immensen, oft lebenslangen Folgekosten<br />

aufkommen. Ein <strong>Prävention</strong>sprogramm,<br />

besonders <strong>für</strong> sozial benachteiligte Eltern mit<br />

jungen Kindern, liegt im öffentlichen Interesse<br />

<strong>und</strong> ist neben ethischen Gründen auch<br />

volkswirtschaftlich angezeigt.<br />

Konzept<br />

Das praxisorientierte <strong>Prävention</strong>sprogramm<br />

ELTERN-AG ist eine völlig neuartige Mischung<br />

aus Elternschule <strong>und</strong> Selbsthilfe. Es richtet sich<br />

an Paare in der Familienplanungsphase <strong>und</strong><br />

Eltern von Kindern im Vorschulalter, das heißt<br />

von der Schwangerschaft bis zur Einschulung,<br />

um schon in dieser frühen Phase der<br />

Entwicklung langfristig Benachteiligungen<br />

vorzubeugen. Das Angebot eignet sich durch<br />

seine Betonung des prozessorientierten Lernens,<br />

durch seine lange zeitliche Erstreckung<br />

sowie seinen Selbsthilfecharakter ganz besonders<br />

<strong>für</strong> bildungsferne Eltern, Migrant/innen<br />

<strong>und</strong> Menschen in besonderen Lebenslagen, die<br />

den konventionellen Angeboten eher ablehnend<br />

gegenüberstehen.<br />

Ein Ziel der Elternschule ist es, eine Verselbständigung<br />

der Elterntreffen durch eine Überführung<br />

in Selbsthilfegruppen zu erreichen,<br />

weshalb diese, neben der Betreuung durch die<br />

hauptamtlichen Mentoren, zusätzlich durch<br />

ELTERN-AG-Paten begleitet werden. Durch die<br />

Dauer der Elternschule über mindestens 20<br />

Wochen, durch nachfolgende Auffrischungskurse<br />

<strong>und</strong> die von Paten begleiteten Selbsthilfegruppen<br />

sind die Steigerung der Erziehungskompetenz,<br />

Ressourcenaktivierung, Nachhaltigkeit<br />

<strong>und</strong> Netzwerkbildung des Programms<br />

gesichert. Die ELTERN-AG-Gruppen sind durch<br />

Wohnortnähe <strong>und</strong> die angebotene Kinderbetreuung<br />

während der Sitzungen besonders<br />

klientenorientiert.<br />

Der Ablauf des Konzepts <strong>und</strong> seine Erfolge<br />

Das ELTERN-AG-Programm umfasst den Gr<strong>und</strong>kurs<br />

mit 20 Treffen <strong>und</strong> zwei Auffrischungskurse<br />

mit je zehn Treffen sowie die Begleitung<br />

der Zwischenzeiten durch Paten/innen.<br />

Für die Durchführung von Elternschulen werden<br />

Sozialarbeiter/innen, Sozialpädagog/innen,<br />

Erzieher/innen sowie Personen, die anderweitig<br />

entsprechende Qualifikationen nachweisen<br />

können, von der MAPP-Akademie (Magdeburger<br />

Akademie <strong>für</strong> Praxisorientierte Psychologie)<br />

in einer berufsbegleitenden neunmonatigen<br />

Zusatzqualifikation zu ELTERN-AG-<br />

Mentor/innen („Mentor <strong>für</strong> Empowerment in<br />

der frühen Bildung <strong>und</strong> Erziehung“) ausgebildet.<br />

Die Ausbildung soll ab 2008/09 in<br />

einen Zertifikatsstudiengang der Hochschule<br />

Magdeburg-Stendal (FH) überführt werden.<br />

Das Programm beginnt mit einer sechs- bis<br />

zehnwöchigen Vorlaufphase zur Eltern- <strong>und</strong><br />

Multiplikator/innenwerbung. In den folgenden<br />

zehn Wochen der ELTERN-AG (Initialphase)<br />

werden die Eltern durch die Mentor/innen in<br />

das Programm eingeführt <strong>und</strong> mit dem Konzept<br />

vertraut gemacht. In weiteren zehn Treffen, der<br />

sog. Konsolidierungsphase, werden die<br />

konzeptionellen Abläufe der ELTERN-AG <strong>und</strong><br />

die bisher vermittelten Inhalte gefestigt. Die<br />

Auffrischungskurse mit jeweils zehn Treffen<br />

finden an den entwicklungspsychologisch<br />

wichtigen Übergängen „Eintritt in den<br />

Kindergarten“ <strong>und</strong> „Eintritt in die Gr<strong>und</strong>schule“<br />

statt.<br />

Das präventive Empowermentprogramm EL-<br />

TERN-AG wurde durch die Ernennung zum<br />

Modellprojekt von „McKinsey bildet“ <strong>und</strong> zum<br />

Good Practice Modell der B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong><br />

ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung gewürdigt <strong>und</strong> hat<br />

auch b<strong>und</strong>esweit durch die Nominierung zum<br />

Deutschen <strong>Prävention</strong>spreis 2006 viel Aufmerksamkeit<br />

gewonnen. Ebenso haben namhafte<br />

Global Player der freien Wirtschaft das<br />

gesellschaftliche Potenzial des ELTERN-AG-<br />

Ansatzes erkannt <strong>und</strong> unterstützen selbige<br />

deshalb im Rahmen ihrer Pro-bono-Aktivitäten.<br />

Bis Mai 2008 wurden mit dem Programm 80<br />

15


16<br />

Kapitel 2 Elternbildung bewegt Kinder – das Prinzip der kleinen Schritte Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Mentor/innen ausgebildet, die mit ihrer Arbeit<br />

mindestens 600 Eltern mit r<strong>und</strong> 1.200 Kindern<br />

erreicht haben. Durch die genaue Auswahl<br />

(Kriterienkatalog) <strong>und</strong> besonders innovative<br />

<strong>und</strong> zugehende Konzepte der Elternwerbung<br />

setzen sich die ELTERN-AG-Gruppen vollständig<br />

aus der anvisierten Klientel zusammen. Die<br />

ELTERN-AG ist durch einen Stab zertifizierter<br />

<strong>und</strong> kontinuierlich fortgebildeter Mentor/innen<br />

sowie den selbst organisierten Elterngruppen<br />

in der Lage, sich regional <strong>und</strong> überregional<br />

auszubreiten.<br />

Ziele<br />

■ Verbesserung der elterlichen Erziehungskompetenzen<br />

<strong>und</strong> des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wissens<br />

■ Stärkung der kindlichen Resilienz<br />

■ Förderung der familiären<br />

Problembewältigungsfähigkeiten<br />

■ Stärkung sozialer Netze <strong>und</strong> Schutzfaktoren<br />

■ Verbesserung des aufsuchenden Verhaltens<br />

der Eltern bezüglich aller relevanten<br />

Institutionen <strong>und</strong> Kooperationspartner/innen<br />

(Beratungsstellen, Ämter,<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> Sozialdienste)<br />

Eckpunkte der Erziehungsphilosophie<br />

ELTERN-AG vertritt die Auffassung, dass wenige<br />

<strong>und</strong> einfache Erziehungsgr<strong>und</strong>sätze/-regeln<br />

ausreichend sind. Voraussetzung ist, dass<br />

Eltern lernen, diese angemessen <strong>und</strong> konsequent<br />

umzusetzen:<br />

■ Liebe <strong>und</strong> Respekt vor dem Kind<br />

■ Förderung <strong>und</strong> Ansprechbarkeit<br />

■ Konsequenz <strong>und</strong> Grenzen-Setzen<br />

■ Verstärkung des erwünschten Verhaltens,<br />

ignorieren des unerwünschten Verhaltens<br />

■ konstruktives Austragen von Konflikten<br />

■ Gewaltfreiheit<br />

Kernpostulate<br />

■ Erziehungsfähigkeiten sind bei allen Eltern<br />

vorhanden. Sie lassen sich gemeinsam entwickeln<br />

<strong>und</strong> stärken: „Eltern als Expert/innen<br />

ihrer Kinder“<br />

■ Verstärken Eltern ihre Basisfertigkeiten in<br />

der Erziehung, entwickeln die Kinder selbstregulierende<br />

<strong>und</strong> stabilisierende Verhaltensweisen:<br />

„Angeleitete Kinder als kreative Gestalter<br />

ihrer Entwicklung“<br />

■ Empowerment <strong>und</strong> Selbsthilfeorientierung:<br />

„Gemeinsames Lernen auf gleicher Augenhöhe“<br />

Wissenschaftliche Orientierung<br />

ELTERN-AG ist trotz einfach formulierter Postulate<br />

explizit wissenschaftlich ausgerichtet.<br />

Der Ansatz integriert im Besonderen die<br />

aktuellen Erkenntnisse der Neurowissenschaften,<br />

der Entwicklungspsychologie <strong>und</strong> der Pädagogik<br />

über die Bedeutung der frühen<br />

Kindheit. Die wissenschaftlichen Prinzipien<br />

sind geleitet durch Entwicklungsorientierung,<br />

Ressourcen- <strong>und</strong> Empowerment-Ansatz, kon-<br />

tinuierliche Evaluation <strong>und</strong> Überprüfung der<br />

Angemessenheit anhand evidenz-basierter Kriterien.<br />

Einsatzmöglichkeiten<br />

Die ELTERN-AG-Gruppen werden von zertifizierten<br />

Mentor/innen durchgeführt. Der Auftraggeber<br />

einer ELTERN-AG (zum Beispiel. Jugendamt,<br />

Freier Träger, Stiftung), welcher die<br />

Maßnahme finanziert, wählt die Kommune, die<br />

Stadt oder den Stadtteil, in dem die Eltern <strong>für</strong><br />

die Gruppe geworben werden <strong>und</strong> die Sitzungen<br />

stattfinden sollen. ELTERN-AG ist besonders<br />

<strong>für</strong> die Arbeit in sozialen Brennpunkten<br />

<strong>und</strong> mit Familien mit mehreren Risikofaktoren<br />

geeignet. Eine Vermittlung der Eltern<br />

in die Elterngruppen ist bei Wahrung bestimmter<br />

datenschutzrechtlicher Bestimmungen<br />

ebenfalls möglich.<br />

Durch die Merkmale „Einfachheit“, „niedrige<br />

Zugangsschwelle“ <strong>und</strong> „überprüfbare Effektivität“<br />

findet das Projekt bei den Adressat/innen<br />

der Zielgruppe eine hohe Akzeptanz – auch<br />

bei solchen, die sich durch konventionelle<br />

Beratungsangebote nicht angesprochen fühlen.<br />

Die Mentor/innen übernehmen in eigener<br />

Verantwortung <strong>und</strong> unabhängig vom/ von der<br />

Auftraggeber/in die Vorbereitung <strong>und</strong> Durchführung<br />

der Elterntreffen. Die Teilnahme an der<br />

ELTERN-AG beruht immer auf Freiwilligkeit. Die<br />

„Auftraggeber“ erhalten einen anonymisierten<br />

<strong>und</strong> qualifizierten Abschlussbericht über die<br />

Anzahl der Teilnehmer/innen, den Verlauf <strong>und</strong><br />

die auftragsrelevanten Erfolgsdaten des Elterntrainings.<br />

Sie wünschen weitere Informationen zur<br />

ELTERN-AG ® oder möchten sich zum „Mentor<br />

<strong>für</strong> Empowerment in der frühen Bildung <strong>und</strong><br />

Erziehung“ fortbilden? Dann kontaktieren Sie<br />

uns:<br />

Kontakt:<br />

Hochschule Magdeburg-Stendal,<br />

Projekt Eltern-AG<br />

Breitscheidstr. 2<br />

39114 Magdeburg<br />

Tel.: 0391 / 886-4612, Fax: 0391 / 886-4293<br />

www.eltern-ag.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 2 Lokales Aktionsbündnis: „BLiQ – Bewegtes Leben im Quartier!“<br />

Lokales Aktionsbündnis: „BLiQ – Bewegtes<br />

Leben im Quartier!“<br />

Maren Janella, Ges<strong>und</strong>heit Berlin<br />

Kindern von Anfang an ein ges<strong>und</strong>es Aufwachsen<br />

ermöglichen <strong>und</strong> Familien in einer<br />

ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> bewegungsförderlichen Alltagsgestaltung<br />

unterstützen – dies ist das Ziel<br />

des Lokalen Aktionsbündnisses „BLiQ – Bewegtes<br />

Leben im Quartier“. Insbesondere die<br />

Bedürfnisse von Familien in sozial benachteiligter<br />

Lage <strong>und</strong> mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

sollen durch das Aktionsbündnis unterstützt<br />

werden. Zielgruppe sind dabei Kinder bis sechs<br />

Jahre <strong>und</strong> ihre Eltern.<br />

Das Bündnis führt Familienzentren, Kitas, Freizeitangebote,<br />

Ärzt/innen <strong>und</strong> Sportvereine<br />

sowie Akteure <strong>und</strong> Initiativen aus den lokalen<br />

Berliner Regionen Kreuzberg <strong>und</strong> Marzahn<br />

zusammen.<br />

Marzahn <strong>und</strong> Kreuzberg weisen bevölkerungsbezogen<br />

einen besonders hohen Anteil an<br />

Menschen in sozial benachteiligten Lebenslagen<br />

sowie mit Migrationshintergr<strong>und</strong> auf. Der<br />

Anteil untergewichtiger Kinder in Marzahn-Hellersdorf<br />

beispielsweise beträgt 15 Prozent. In<br />

Friedrichshain-Kreuzberg sind deutsche Kinder<br />

türkischer Herkunft dreimal häufiger von Adi-<br />

positas betroffen als Kinder deutscher Herkunft.<br />

Die Stadtteilakteure bringen unterschiedliche<br />

Kompetenzen z.B. in Bewegungsförderung,<br />

<strong>Prävention</strong>, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>versorgung, Elternarbeit,<br />

der Arbeit mit Migrant/innen oder Mul-<br />

tiplikator/innenkonzepten mit. Gemeinsam<br />

wurde in einem partizipativen Ansatz ein ges<strong>und</strong>heitsförderliches<br />

Gesamtkonzept entwickelt.<br />

An Hand des ermittelten Bedarfs <strong>und</strong><br />

der Bedürfnisse wurden Angebote konzipiert,<br />

die zu einer nachhaltigen Veränderung der<br />

Lebenswelt der Kinder führen. Die Nachhaltigkeit<br />

wird dabei auf zwei Ebenen angestrebt,<br />

auf der Ebene der Wirkungen <strong>und</strong> auf<br />

der Ebene der Strukturen. Alle da<strong>für</strong> aus der<br />

Wissenschaft bekannten begünstigenden Komponenten<br />

wurden berücksichtigt <strong>und</strong> sind<br />

wesentlicher Bestandteil des Konzeptes. Die<br />

vorgesehenen Interventionen lassen im Alltag<br />

der Kitas <strong>und</strong> Familienzentren neue bewegungsförderliche<br />

Alltagsroutinen entstehen. Zu<br />

diesem Zweck werden Veränderungen in allen<br />

Lebensbereichen der Kinder initiiert: Im Kita-<br />

Alltag, im Stadtteil als unmittelbarem Lebensumfeld<br />

<strong>und</strong> vor allem in der Familie. In diesem<br />

Prozess stellen unterstützende Multiplikator/innen<br />

sicher, dass die Ansprache der Familien<br />

gelingt <strong>und</strong> bewegungs- <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsförderliche<br />

Routinen in den Alltag der<br />

Familien aufgenommen werden.<br />

Bedarf- <strong>und</strong> Bedürfnisermittlung<br />

In einem ersten Schritt wurden die objektiven<br />

Bedarfe aus den vorhandenen Sozial- <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>daten ermittelt. Dies erfolgte auf<br />

der Gr<strong>und</strong>lage der Analyse der Sozial- <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>berichte der Bezirke Friedrichs-<br />

hain-Kreuzberg <strong>und</strong> Marzahn-Hellersdorf. Die<br />

Auswertung zeigte, dass die Gruppe sozial<br />

benachteiligter Familien, insbesondere türkischer<br />

Herkunft im Teilbezirk Kreuzberg <strong>und</strong> die<br />

Gruppe sozial benachteiligter Familien, insbesondere<br />

osteuropäischer <strong>und</strong> vietnamesischer<br />

Herkunft im Teilbezirk Marzahn, die Gruppe mit<br />

dem größten Förderbedarf ist. Förderrelevante<br />

Bereiche in Marzahn-Hellersdorf sind in erster<br />

Linie die Zahnges<strong>und</strong>heit, gefolgt von Unter<strong>und</strong><br />

Übergewicht, psychischen Erkrankungen,<br />

Erkrankungen vor <strong>und</strong> während der Geburt,<br />

Verhaltensauffälligkeiten <strong>und</strong> körperkoordinatorische<br />

Fähigkeiten. Förderrelevante Bereiche<br />

in Friedrichshain-Kreuzberg sind ebenfalls in<br />

erster Linie die Zahnges<strong>und</strong>heit, gefolgt von<br />

Unter- <strong>und</strong> Übergewicht <strong>und</strong> körperkoordinatorischen<br />

Fähigkeiten. Die Ergebnisse weisen<br />

in beiden Bezirken darauf hin, dass die ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

Beeinträchtigungen der Kinder<br />

in einem nachweislichen <strong>und</strong> klaren Zusammenhang<br />

mit der sozialen Schicht <strong>und</strong> der<br />

Herkunft der Eltern stehen.<br />

Die subjektive Bedarfsermittlung erfolgte als<br />

qualitative Zielgruppenbefragung im öffentlichen<br />

Raum. Die Ergebnisse weisen darauf hin,<br />

dass viele der befragten Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

nur über ein unzureichendes<br />

soziales Netz an verwandtschaftlichen Kontakten<br />

verfügt <strong>und</strong> diese Situation als belastend<br />

erlebt. Die Familien sind deshalb in erhöhtem<br />

Maß bei der Bewältigung ihrer Alltagsaufgaben<br />

auf Unterstützung angewiesen. Neben vielfältigen<br />

Belastungen wie der prekären finanziellen<br />

Situation <strong>und</strong> der knappen Zeit, verfügen<br />

die Familien aber auch über Ressourcen.<br />

Alle befragten Mütter gaben z.B. an, gerne <strong>und</strong><br />

viel zu kochen <strong>und</strong> scheinen insgesamt sehr an<br />

Themen wie der Bewegung <strong>und</strong> Ernährung<br />

ihrer Kinder interessiert zu sein.<br />

Bezogen auf das Wohnumfeld wurde deutlich,<br />

dass die Familien die wohnortnahen Spielplätze<br />

viel <strong>und</strong> gerne nutzen. Der Zustand der<br />

Spielplätze <strong>und</strong> Parkanlagen wurde allerdings<br />

durchweg als zu verschmutzt <strong>und</strong> nicht kleinkindgerecht<br />

beschrieben. Die befragten Familien<br />

wünschen sich mehr Bewegungsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> spezielle Sportangebote <strong>für</strong><br />

Kleinkinder. Vor allem fehlt es ihnen in den<br />

Teilbezirken Marzahn <strong>und</strong> Kreuzberg an Sportangeboten<br />

am Wochenende <strong>und</strong> in der kalten<br />

Jahreszeit. Ferner wurde deutlich, dass die<br />

Mütter gerne Sportangebote zum Ausgleich <strong>für</strong><br />

ihren häufig sehr anstrengenden Alltag in Anspruch<br />

nehmen würden, wenn in dieser Zeit<br />

eine Versorgung der Kinder gewährleistet wäre.<br />

Auch besteht ein Interesse an Angeboten, die<br />

den Eltern zusätzlich die Möglichkeit <strong>für</strong> den<br />

Austausch mit anderen Eltern <strong>und</strong> Entlastung<br />

im Alltag geben. Sprachprobleme, Schwellenängste,<br />

bürokratische Hürden <strong>und</strong> Unkenntnis<br />

der Angebotsstrukturen sind Hindernisse, die<br />

eine Teilnahme der Kinder <strong>und</strong> ihrer Eltern an<br />

bereits vorhandenen Angeboten erschweren.<br />

17


18<br />

Kapitel 2 Elternbildung bewegt Kinder – das Prinzip der kleinen Schritte Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Workshopphasen<br />

In insgesamt sechs moderierten Workshops<br />

(drei pro Bezirk) wurden die fachliche Expertise<br />

<strong>und</strong> die Potenziale der Akteure im Stadtteil<br />

ermittelt <strong>und</strong> zur Entwicklung gemeinsamer<br />

Maßnahmen genutzt.<br />

In den ersten beiden Workshops wurde ein<br />

Überblick über vorhandene Strukturen <strong>und</strong><br />

Netzwerke erarbeitet <strong>und</strong> Überlegungen angestellt,<br />

welche weiteren Akteure am Bündnis<br />

zu beteiligen sind, bzw. welche Unterstützung<br />

hilfreich ist (Analyse der bestehenden Strukturen).<br />

In Friedrichshain-Kreuzberg bestand großes<br />

Einvernehmen, dass es bereits zahlreiche Angebote<br />

gibt, diese jedoch zu wenig bekannt<br />

<strong>und</strong> aufeinander abgestimmt sind. Positiv ist,<br />

dass viele Anbieter/innen ein großes Interesse<br />

daran haben, sich mit ihrem Angebot auch an<br />

anderen Orten zu präsentieren. Auch bei Partner/innen,<br />

die nur über begrenzte Ressourcen<br />

verfügen, z.B. ehrenamtlich organisierte Sportvereine,<br />

wird diese Möglichkeit gesehen. Beispielsweise<br />

könnten sie sich an einem Angebot,<br />

z.B. einem Stadtteil- oder Kitafest durch<br />

die Durchführung eines Schnupperangebots<br />

beteiligen.<br />

In Marzahn-Hellersdorf ist es bereits in der<br />

Vergangenheit gelungen, in Einrichtungen bewegungsorientierte<br />

Angebote zu etablieren<br />

(z.B. bewegte Kita). Insgesamt werden jedoch<br />

mehr Räume benötigt, die <strong>für</strong> Bewegungsangebote<br />

<strong>für</strong> Kinder <strong>und</strong> Familien genutzt<br />

werden können. Hier entstand der Vorschlag,<br />

über den Kontakt zur Wohnungsbaugesellschaft<br />

zu erreichen, dass in der Plattensiedlung<br />

Höfe <strong>und</strong> Freiflächen genutzt werden können.<br />

Als Problem wurde in beiden Bezirken die<br />

fehlende Information über die Angebote <strong>und</strong><br />

die geringe Nutzung durch Zielgruppen mit<br />

besonders hohem <strong>Prävention</strong>sbedarf eingeschätzt.<br />

Ein großer Wunsch bestand nach<br />

besserer Zusammenarbeit <strong>und</strong> Vernetzung mit<br />

Kinderärzt/innen. Hier sehen die Partner/innen<br />

große Potenziale um eine direkte Vermittlung<br />

der Zielgruppe an bedarfsgerechte Angebote<br />

zu erleichtern. Wie die Zusammenarbeit verbessert<br />

werden könnte, wurde ausführlich<br />

beraten. Eine Kinderärztin aus dem Aktionsbündnis<br />

gab den Hinweis, dass auch gegenüber<br />

den Kinderärzt/innen eine erfolgreiche<br />

Kommunikationsstrategie entwickelt werden<br />

muss. Sie erklärte sich bereit hieran mitzuwirken<br />

<strong>und</strong> beim Aufbau eines effizienten<br />

Informationssystems als „Türöffnerin“ zu fungieren.<br />

Bestehende Initiativen zeigen, dass auch seitens<br />

der Ärzteschaft eine Aufgeschlossenheit<br />

<strong>für</strong> das Anliegen der Aktionsbündnisse besteht.<br />

So organisiert ein Zahnmediziner im Gebiet<br />

eines Kreuzberger lokalen Aktionsbündnisses<br />

regelmäßig mit guter Resonanz einen „Bambini“-Lauf.<br />

In der zweiten Workshopphase wurden die vorhandenen<br />

lokalen <strong>und</strong> kommunalen Angebote<br />

erörtert sowie Angebote <strong>und</strong> erste Ideen <strong>für</strong><br />

neue bewegungsfördernde Interventionen <strong>und</strong><br />

Konzepte im Sozialraum entwickelt. Besonders<br />

diskutiert wurde dabei die Erreichbarkeit sozial<br />

benachteiligter Familien, Alleinerziehender,<br />

von Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

desintegrieter deutscher Familien, sowie die<br />

Niedrigschwelligkeit der vorhandenen Angebote.<br />

Die Teilnehmer/innen brachten dazu ihre<br />

Erfahrungen mit Bewegungsaktivitäten in ihren<br />

Einrichtungen <strong>und</strong> aus den Kontakten mit<br />

Eltern ein. Hier wurde betont wie wichtig die<br />

geschlechts- <strong>und</strong> kultursensible Kommunikation<br />

mit den Eltern ist. Es zeigte sich aber auch,<br />

dass zum Teil bereits Sprachschwierigkeiten,<br />

lange Arbeitszeiten oder die familiäre Situation<br />

(z.B. viele Kinder in unterschiedlichem Alter<br />

sind zu versorgen, alleinerziehend) die Ansprache<br />

der Eltern erschweren.<br />

In der abschließenden dritten Workshopreihe<br />

wurden die Partner/innen über die Ergebnisse<br />

der Bedarfs- <strong>und</strong> Bedürfnisermittlung informiert<br />

<strong>und</strong> daraus resultierende Bewertungen<br />

<strong>und</strong> Schlussfolgerungen mit ihnen beraten.<br />

Anschließend wurde <strong>für</strong> die jeweiligen Bezirke<br />

diskutiert, welche Angebotslücken bestehen,<br />

was an Aktivitäten initiiert bzw. gemeinsam<br />

gestaltet werden sollte <strong>und</strong> welche Prioritäten<br />

da<strong>für</strong> festzulegen sind. Kleingruppen erörterten<br />

Umsetzungsschritte, erforderliche Partner/innen<br />

<strong>und</strong> Ressourcen.<br />

Im Anschluss wurden Ergebnisse beider Bezirke<br />

im Plenum diskutiert. Dabei konnte zum<br />

gr<strong>und</strong>sätzlichen Vorgehen (Prozessgestaltung,<br />

Organisationsstruktur, Prozessverlauf, Maßnahmecharakter)<br />

Einvernehmen erzielt werden.<br />

Die Umsetzung folgender Maßnahmen wurde<br />

beschlossen:<br />

1.) Bewegter Spielplatz<br />

Der bewegte Spielplatz wird v.a als Wochenendangebot<br />

umgesetzt, um den Bedarf an attraktiver<br />

Freizeitgestaltung auch am Wochenende<br />

zu decken. Es sollen dabei Bewegungsspiele<br />

angeboten werden, die Eltern mit ihren<br />

Kindern zusammen wahrnehmen können.<br />

2.) Bewegte Wege<br />

Diese dienen der Bewältigung alltäglicher<br />

Wege zu Fuß oder per Fahrrad, als Alternative<br />

zum PKW <strong>und</strong> Bus. Angedacht sind z.B. „Gehgemeinschaften<br />

zur Kita“ oder die bewegungs-<br />

förderliche Gestaltung alltagsrelevanter Wege.<br />

Vorhandene Elemente werden wenn möglich<br />

genutzt <strong>und</strong> so gestaltet, dass diese dazu<br />

anregen sich zu bewegen (z.B.: „Hüpfpoller“).<br />

3.) Bewegte Räume<br />

Die bewegten Räume sind eng verb<strong>und</strong>en mit<br />

den bewegten Wegen. Hier sollen im Lebensumfeld<br />

der Kinder Freiräume geschaffen werden,<br />

die zur Bewegung einladen. Wenn möglich<br />

können dabei auch Freiflächen zwischen genutzt<br />

werden.<br />

4.) Qualifizierung <strong>und</strong> Kompetenzsteigerung<br />

Die Kompetenzen der Erziehenden sollen erhöht<br />

werden, um bewegungs- <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Alltagsroutinen in den Familienalltag<br />

zu integrieren. Die Eltern sollen systematisch in<br />

die Aktivitäten einbezogen werden, wobei<br />

sprachliche <strong>und</strong> kulturelle Besonderheiten berücksichtigt<br />

werden. Zusätzlich sollen Multiplikator/innen<br />

geschult werden, die in der Kita<br />

oder dem Stadtteil gemeinsam mit den Eltern<br />

Ideen zur Bewegungsförderung entwickeln <strong>und</strong><br />

umsetzten.<br />

Ausblick<br />

Die innerhalb der ersten Förderphase (Aufbauphase)<br />

aufgebauten Strukturen <strong>und</strong> gewonnenen<br />

Erkenntnisse bezüglich der Bedarfe <strong>und</strong><br />

Bedürfnisse der Zielgruppe werden in einer<br />

zweiten Förderphase (Durchführungsphase)<br />

weitergeführt <strong>und</strong> vertieft.<br />

Sechs lokale Aktionsbündnisse (drei in Kreuzberg,<br />

eins in Marzahn, eins in Potsdam <strong>und</strong> eins<br />

in Brandenburg) werden in der Gestaltung<br />

einer bewegungsfre<strong>und</strong>lichen Lebenswelt unterstützt.<br />

Außerdem wird der Transfer der<br />

Konzepte im Rahmen der Berliner <strong>und</strong> Brandenburger<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zieleprozesse vorangetrieben.<br />

Das Projekt wird finanziert aus Mitteln des<br />

Nationalen Aktionsplans „IN FORM – Deutschlands<br />

Initiative <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>e Ernährung <strong>und</strong><br />

mehr Bewegung“ innerhalb der Förderinitiative<br />

„Aktionsbündnisse Ges<strong>und</strong>e Lebensstile <strong>und</strong><br />

Lebenswelten“.<br />

Kontakt:<br />

Maren Janella<br />

Ges<strong>und</strong>heit Berlin<br />

Friedrichstraße 231<br />

10969 Berlin<br />

Tel.: 030/ 443 190 76<br />

E-Mail: janella@ges<strong>und</strong>heitberlin.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 2 Lokales Aktionsbündnis: „BLiQ – Bewegtes Leben im Quartier!“<br />

Heiße Töpfe – coole Köche oder Essen lernt<br />

man beim Kochen<br />

Bärbel Schock, JAO e.V.<br />

Ich möchte Ihnen heute ein Projekt vorstellen,<br />

in dem Eltern von Kindergartenkindern unter<br />

Anleitung einer Ernährungsberaterin lernen,<br />

schnelle <strong>und</strong> preiswerte <strong>und</strong> dennoch ges<strong>und</strong>e<br />

Gerichte zuzubereiten.<br />

Warum ist so ein Projekt überhaupt<br />

erforderlich?<br />

In einer Vernetzungsr<strong>und</strong>e mit Vertreter/innen<br />

von Jugendförderung, Schulen, Kitas, Jugendeinrichtungen<br />

<strong>und</strong> dem Regionalen sozialen<br />

Dienst wurde im Jahr 2005 festgestellt, dass im<br />

Stadtteil Marzahn NordWest ein hoher Anteil<br />

der Kinder Anzeichen von Mangel- bzw. Fehlernährung<br />

aufweist.<br />

Was also tun?<br />

Es war <strong>für</strong> uns keine Lösung, die Kinder über<br />

die Kita mit ausgewogener Ernährung zu<br />

versorgen – das sollte sowieso als gegeben<br />

vorausgesetzt sein – noch wollten wir über die<br />

Eröffnung einer Suppenküche oder ähnlichem<br />

die Eltern aus ihrer Verantwortung <strong>für</strong> eine<br />

ges<strong>und</strong>e Ernährung ihres Kindes entlassen.<br />

Blieb also nur noch, das „Übel“ an der Wurzel<br />

zu packen <strong>und</strong> die Eltern zu befähigen, ihren<br />

Kindern ges<strong>und</strong>e <strong>und</strong> ausgewogene Mahlzeiten<br />

zuzubereiten. Da das Essverhalten vorwiegend<br />

in den ersten zehn Lebensjahren erlernt<br />

<strong>und</strong> geprägt wird, haben wir als Zielgruppe<br />

Eltern von Klein- <strong>und</strong> Vorschulkindern ausgewählt.<br />

Geboren war das Projekt „Heiße Töpfe<br />

– coole Köche“. Nun machen wir uns nichts vor:<br />

Unsere Kinder lieben Spaghetti, Pizza, Fastfood<br />

<strong>und</strong> Co., <strong>und</strong> viele Eltern scheuen auch die<br />

Auseinandersetzung mit ihren Kindern um das<br />

Essen. Es galt also zunächst das Bewusstsein<br />

der Eltern zu schärfen, wie wichtig ges<strong>und</strong>es<br />

Essen <strong>für</strong> das Wohlbefinden <strong>und</strong> die körperliche<br />

<strong>und</strong> geistige Entwicklung des Kindes ist –<br />

es reicht eben nicht aus, dass das Kind satt ist.<br />

Ziel des Projektes war also zum einen, den<br />

Eltern zu verdeutlichen, dass Ernährungser-<br />

ziehung in der Familie stattfindet <strong>und</strong> ihnen<br />

dabei eine Vorbildfunktion zukommt, da Kinder<br />

durch Nachahmung lernen. Ein Kind, dem zu<br />

Hause kein Obst <strong>und</strong> Gemüse oder exotische<br />

Früchte angeboten werden, wird auch später<br />

nicht zu bewegen sein, diese zu essen <strong>und</strong><br />

noch schlimmer, es den eigenen Kindern wiederum<br />

nicht anbieten. Anderseits sollten die<br />

Eltern praktisch erfahren, wie einfach es ist,<br />

Mahlzeiten abseits von Suppendosen <strong>und</strong> Tiefkühlpizza<br />

zuzubereiten.<br />

Bei der Auswahl der Gerichte standen <strong>für</strong> uns<br />

folgende Aspekte im Mittelpunkt:<br />

Die Gerichte sollten...<br />

■ preiswert sein (max. 2,00 Euro pro Person)<br />

■ aus nicht viel mehr als sieben Zutaten<br />

bestehen<br />

■ in maximal 30 Minuten zuzubereiten sein<br />

■ Zutaten der Saison beinhalten, die in den<br />

Märkten der Region gekauft werden können<br />

■ in Deutschland übliche Mahlzeitengewohnheiten<br />

<strong>und</strong> Essensvorlieben von Kindern<br />

berücksichtigen<br />

Gemeinsam mit der Ernährungsberaterin Astrid<br />

Alter wurden entsprechende Rezepte konzipiert<br />

<strong>und</strong> zusammengestellt. Neben ganz<br />

neuen Gerichten wurden auch Tipps <strong>und</strong> Tricks<br />

verraten, wie man Fertiggerichte so aufpeppen<br />

kann, dass sie doch noch vollwertig sind, denn<br />

es ist immer noch besser, dass sich das Kind,<br />

wenn es allein aus der Schule kommt, eine<br />

Tiefkühlpizza aufwärmt, als dass es zu McDonalds<br />

<strong>und</strong> Co. geht. So entstanden pro Kurs <strong>und</strong><br />

Jahr etwa 50 Rezepte, die alle Bereiche vom<br />

Frühstück bis zum Abendbrot abdecken. Ein<br />

Kochkurs umfasste drei Veranstaltungen mit je<br />

drei St<strong>und</strong>en. Die Veranstaltungen fanden in<br />

den späten Nachmittagsst<strong>und</strong>en statt, sodass<br />

die Kinder währenddessen noch in der Einrichtung<br />

betreut werden konnten.<br />

Die Veranstaltungen gliederten sich in einen<br />

theoretischen Teil zu Fragen wie<br />

■ Was ist die Ernährungspyramide?<br />

■ Brauchen Kinder spezielle Kinderlebensmittel?<br />

■ Wie gestalte ich ein optimales Familienessen?<br />

<strong>und</strong> einen praktischen Teil zu Themen wie<br />

■ Suppenkasper <strong>und</strong> Gemüsemuffel<br />

■ Nudeln machen glücklich<br />

■ Burger <strong>und</strong> Co. mal ganz anders<br />

■ Süße Überraschungen <strong>für</strong> die Naschkatze<br />

Rezeptvorschlag – die Nutella-Alternative<br />

Zu diesem Thema habe ich ein Beispiel mitebracht.<br />

Wie heißt es immer so schön in den<br />

Kochsendungen: „Ich hab hier schon mal was<br />

vorbereitet“ <strong>und</strong> „Man nehme“:<br />

– 200 g Mandeln mit Schale, fein gemahlen<br />

– 100 g flüssigen Honig oder Sirup (ich habe<br />

hier Honig)<br />

– 100 g Joghurt oder Magerquark (ich nehme<br />

Quark)<br />

– 1 TL Kakaopulver oder Carobpulver (hier Kakao)<br />

Alle Zutaten werden in der Schüssel gut verrührt<br />

<strong>und</strong> fertig ist die Nutella-Alternative, garantiert<br />

ohne Geschmacksverstärker <strong>und</strong> Konservierungsstoffe.<br />

Die fertige Creme kann gut<br />

in einem geschlossenen Gefäß (Schraubglas)<br />

im Kühlschrank aufbewahrt werden <strong>und</strong> ist so<br />

etwa 14 Tage haltbar. Sie sehen, die Menge ist<br />

ungefähr identisch. Ein Glas Nutella kostet 1,69<br />

Euro, die Zutaten zur Schoko-Mandel-Creme<br />

kosten 1,30 Euro.<br />

Zum Abschluss des Kochkurses erhielten die<br />

Teilnehmenden eine Sammlung von r<strong>und</strong> 40<br />

Rezepten. Die Umsetzung unseres Konzeptes<br />

gestaltete sich schwieriger als zunächst gedacht.<br />

Die Kindertagesstätten des Stadtteils<br />

sind finanziell nicht so ausgestattet, dass sie<br />

sich das Projekt „leisten“ konnten, sodass<br />

nach einer Fremdfinanzierung gesucht werden<br />

musste, die in den Jahren 2005-2007 von der<br />

Quartiersagentur Marzahn NordWest übernommen<br />

wurde. Seitdem konnte das Projekt<br />

nicht durchgeführt werden, da keine Finanzierung<br />

gegeben war. Doch auch die Kooperation<br />

mit den Kitas verlief nicht reibungslos:<br />

Obwohl die Einrichtungen die Notwendigkeit<br />

des Projektes bestätigten, fanden sich im<br />

ersten Jahr nur sechs Kitas im Stadtteil <strong>und</strong> im<br />

zweiten Jahr drei Kitas, in denen wir den<br />

Kochkurs auch wirklich realisieren konnten.<br />

19


20<br />

Kapitel 2 Entwicklungsförderung in der Kita Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Die Kitas sollten die Räumlichkeiten (Küche)<br />

zur Verfügung stellen, die Anwesenheit<br />

eines/einer Koches/Köchin garantieren sowie<br />

die Werbung <strong>für</strong> den Kochkurs übernehmen,<br />

damit gezielt Eltern angesprochen werden<br />

konnten. Zeitliche, personelle <strong>und</strong> räumliche<br />

Defizite wurden daher am häufigsten als<br />

Gründe gegen eine Durchführung genannt.<br />

Ergänzend zu den Veranstaltungen in den Kitas<br />

fanden sich jedoch weitere Einrichtungen, vor<br />

allem der Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe, wo der Kurs<br />

stattfinden konnte. Im letzten Jahr wurde ein<br />

Kochkurs in einer Kita durchgeführt, zwei<br />

fanden in der Hauptschule <strong>und</strong> zwei bei freien<br />

Trägern statt. Insgesamt wurden pro Jahr etwa<br />

50 Mütter, leider keine Väter, erreicht. Viele<br />

waren bereit im nächsten Jahr noch einmal<br />

teilzunehmen. Trotz der geschilderten Schwierigkeiten<br />

<strong>und</strong> der fehlenden Finanzierung <strong>für</strong><br />

dieses Jahr möchte ich das Projekt nicht als<br />

gescheitert erklären. Wichtige Indikatoren, an<br />

denen wir dieses Projekt bewerten, sind unter<br />

Beachtung der Wirkung auf die Kompetenz der<br />

Eltern folgende:<br />

■ Kenntnisgewinn über ges<strong>und</strong>e Ernährung<br />

■ Erwerb praktischer Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten<br />

■ Erkenntnis über eigene Ressourcen<br />

■ Erwerb von Wissen über preiswerte <strong>und</strong> ausgewogene<br />

Kinderkost<br />

Kontakt:<br />

Bärbel Schock<br />

Haus Windspiel JAO e.V.<br />

Golliner Straße 6<br />

12689 Berlin<br />

Tel.: 030/ 934 914 20<br />

E-mail: familientreff.schock@jao-berlin.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 2 Entwicklungsförderung in der Kita<br />

Entwicklungsförderung in der Kita<br />

Manuel Ahrens, Unfallkasse Berlin<br />

Unfallversicherung <strong>für</strong> Kinder<br />

Jedes Berliner Kind, das eine Kindertagesstätte<br />

(Kita) besucht, ist automatisch bei der Unfallkasse<br />

Berlin unfallversichert. Das gilt auch <strong>für</strong><br />

Schüler/innen, Studierende, ehrenamtlich Tätige,<br />

Arbeiter/innen <strong>und</strong> Angestellten im öffentlichen<br />

Dienst <strong>und</strong> andere Gruppen. Gr<strong>und</strong>-<br />

sätzlich ist jeder in Deutschland, der in einem<br />

Arbeits- oder Dienstverhältnis steht, gesetzlich<br />

unfallversichert.<br />

Vielen Menschen ist das gar nicht bekannt, weil<br />

die Beiträge zu diesem Zweig der Sozialversicherung<br />

nicht auf der Lohn- oder Gehaltsabrechnung<br />

auftauchen. Der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>schutz<br />

<strong>für</strong> Beschäftigte liegt in der Verantwortung der<br />

Unternehmer/innen, daher besteht auch nur<br />

<strong>für</strong> sie die gesetzliche Pflicht, die Beiträge zu<br />

entrichten.<br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Die Hauptaufgabe der gesetzlichen Unfallversicherungsträger<br />

ist die <strong>Prävention</strong> von Unfällen<br />

<strong>und</strong> so genannten arbeitsbedingten <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>gefahren.<br />

Für den Bereich der Berliner<br />

Kitas hatten wir vor r<strong>und</strong> sechs Jahren<br />

unsere <strong>Prävention</strong>sarbeit überprüft <strong>und</strong> dabei<br />

festgestellt, dass viele Kitas <strong>und</strong> Eltern die<br />

Unfallkasse Berlin <strong>und</strong> deren Angebote kaum<br />

kannten. Es bestand in den Einrichtungen<br />

durchaus Bedarf, den Kenntnisstand in den<br />

Bereichen <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

zu erweitern.<br />

Zugleich wuchs in der <strong>Prävention</strong>sabteilung der<br />

Unfallkasse Berlin die Erkenntnis, dass die<br />

häufigsten Unfälle in den Kitas nicht aufgr<strong>und</strong><br />

technischer oder baulicher Mängel entstanden<br />

(wir haben hier heute hohe Standards), sondern<br />

dass psychosoziale Zusammenhänge, die<br />

soziale Lage der Kinder zu Hause, entwicklungsbedingte<br />

Ursachen, aber auch das soziale<br />

Klima in der Einrichtung als Hauptfaktoren zu<br />

betrachten waren. Die Entstehungsbedingun-<br />

gen von Unfällen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen Störungen<br />

sind also durchaus vergleichbar.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird der ausschließlich<br />

auf den einzelnen Unfall gerichtete Blick dem<br />

komplexen Ursachengefüge nicht gerecht. Wir<br />

richteten daher unsere Aufmerksamkeit zunehmend<br />

ganzheitlich aus, weg von einer auf<br />

Vermeidung, Verhütung <strong>und</strong> rein risikoorientiert<br />

ausgerichteten <strong>Prävention</strong>, hin zu einer<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung, die an den Potenzialen<br />

einer ges<strong>und</strong>en Entwicklung ausgerichtet ist,<br />

Fertigkeiten <strong>und</strong> Lebenskompetenzen fördert.<br />

Anforderungen an ein Kinderbuch zur<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>bildung<br />

Das selbst gestellte Ziel war, zunächst ein ganzheitliches<br />

Verständnis von Sicherheit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

in allen Berliner Kitas zu vermitteln<br />

<strong>und</strong> dabei auch den Bekanntheitsgrad der Unfallkasse<br />

Berlin zu erhöhen, um auf Unterstützungsangebote<br />

des Sozialversicherungsträgers<br />

aufmerksam zu machen. Dazu erschien<br />

uns ein Vorlesebuch als niedrigschwelliges<br />

Angebot geeignet, da Kinderbücher in Kitas<br />

gern zur pädagogischen Arbeit genutzt werden.<br />

Anders als in vielen Medien zur ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

„Aufklärung“ sollte auf einen warnenden,<br />

auf Defizite ausgerichteten Charakter in<br />

den Geschichten verzichtet werden. Auch das<br />

Gegenüberstellen von falschem <strong>und</strong> richtigem<br />

Verhalten sollte entfallen, denn gerade Kinder<br />

aus den Risikogruppen müssten sich sonst mit<br />

den Negativfiguren identifizieren. Entscheidende<br />

Gr<strong>und</strong>lage der Konzeption war die<br />

Ausrichtung der Geschichten auf die Vermittlung<br />

von positiven Emotionen, um Lust auf das<br />

Thema zu machen <strong>und</strong> sich Bildungsinhalte<br />

nachhaltig anzueignen. Um dies zu erreichen,<br />

müssen sich Gestaltung <strong>und</strong> Themen auf<br />

Augenhöhe der Kinder befinden.<br />

Berücksichtigung sollten daher die Entwicklungsbesonderheiten<br />

der jungen Zielgruppe<br />

(viertes bis siebtes Lebensjahr) finden, deren<br />

Interessen <strong>und</strong> Bedürfnisse. Dazu gehört auch<br />

entwicklungsspezifische Themen aufzugreifen,<br />

wie Furcht <strong>und</strong> Mut, Nichtkönnen <strong>und</strong> Können,<br />

Geborgenheit <strong>und</strong> Selbstständigkeit, Ausgrenzung<br />

<strong>und</strong> Integration <strong>und</strong> andere mehr. Hier<br />

wird der ganzheitliche Charakter deutlich, der<br />

im Schulterschluss mit dem Konzept der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

steht: Die Wechselwirkung<br />

verschiedener allgemeiner Lebenskompetenzen<br />

auf das eigentliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>thema<br />

sollte aufgezeigt werden mit dem Ziel, eine<br />

größere Selbstbestimmung zu erlangen. Klassische<br />

<strong>Prävention</strong>sziele (Beispiel: Verhütung<br />

von Sturzunfällen) sollten in Ziele der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

überführt werden, die sich an<br />

Fähigkeiten <strong>und</strong> dem Aufbau von Fertigkeiten<br />

ausrichtet (Beispiel: Bewegungsförderung mit<br />

dem Ziel größere Bewegungssicherheit zu erlangen).<br />

Eine Geschichte allein bewirkt noch keinen<br />

Bildungsprozess. Sie ist zunächst, wenn sie<br />

emotionalisierend wirkt, in der Lage, Interesse<br />

zu wecken. Der eigentliche Lernvorgang findet<br />

bei Kindern des Elementarbereichs im praktischen<br />

Spiel statt. Dies machen sie in der Regel<br />

selbsttätig, manche Kinder müssen jedoch<br />

dazu ermutigt werden. Teil des Kinderbuchkonzepts<br />

war daher, der Geschichte einen Anhang<br />

mit Spielvorschlägen folgen zu lassen,<br />

um Inhalte aufzugreifen <strong>und</strong> im geschützten<br />

Rahmen zu erproben.<br />

Die Erwachsenen gelten als heimliche Zielgruppe<br />

im Rahmen des Konzepts: Als Vorleser/innen<br />

werden sie in den <strong>Prävention</strong>sprozess mit<br />

einbezogen. Sie lernen mit <strong>und</strong> motivieren die<br />

Kinder, die Themen anschließend spielerisch zu<br />

verarbeiten. Voraussetzung ist, dass auch ihnen<br />

das Buch gefällt, denn sie sind Entscheider/innen<br />

<strong>und</strong> Multiplikator/innen.<br />

Die Abenteuer von Upsi<br />

Das Ergebnis der r<strong>und</strong> einjährigen konzeptionellen<br />

Vorarbeit kann sich sehen lassen: Bis<br />

heute sind fünf Bücher <strong>und</strong> ein Hörspiel zu<br />

unterschiedlichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>themen entstanden<br />

<strong>und</strong> – über die Berliner Grenzen hinaus<br />

– sehr nachgefragt. Hauptperson ist Upsi, eine<br />

Fantasiefigur, die nicht Lehrmeister oder Besserwisser<br />

ist, sondern die Erlebniswelt von<br />

Kindern widerspiegelt. Er ist neugierig, expe-<br />

21


22<br />

Kapitel 2 Entwicklungsförderung in der Kita Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

rimentierfreudig <strong>und</strong> stößt oft an Grenzen. Die<br />

folgende Tabelle gibt einen Überblick zu den<br />

Themen <strong>und</strong> Zielen der bisher veröffentlichten<br />

Bücher:<br />

Titel Ziel<br />

Klassische <strong>Prävention</strong><br />

Upsi lernt fliegen Verhütung von<br />

Sturzunfällen<br />

Upsi <strong>und</strong> der grüne<br />

Drache machen Feuer<br />

Upsi <strong>und</strong> der laute<br />

Seebär<br />

Upsi findet den<br />

schönsten Klang der<br />

Welt (CD)<br />

Upsi rettet den großen<br />

Wal<br />

Upsi <strong>und</strong> das<br />

Seepferdchen<br />

Verhütung von<br />

Brandunfällen<br />

Verhütung von<br />

Gehörschäden<br />

Verhütung von<br />

Hautschädigungen<br />

Verhütung von<br />

Ertrinkungsunfällen<br />

Die Medien schickte die Unfallkasse Berlin an<br />

alle Kitas <strong>und</strong> – seit 2007 – alle Erstklassen der<br />

Gr<strong>und</strong>schulen in Berlin. Die Akzeptanz ist bis<br />

heute sehr hoch, wie eine Abfrage ergab:<br />

■ Aus mehr als 200 Einrichtungen gaben über<br />

90 Prozent an, die Bücher regelmäßig vorzulesen,<br />

mehr als die Hälfte nutzen die Bücher<br />

häufig.<br />

Ziel<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Bewegungsförderung,<br />

Spaß an Bewegung<br />

Umgang mit Feuer<br />

lernen<br />

Bewusstes Zuhören<br />

fördern<br />

Sensibilisierung <strong>für</strong><br />

Hautempfindungen<br />

Vertrauen zur Bewegung<br />

im Wasser aufbauen,<br />

Schwimmen<br />

lernen<br />

Nebenziele<br />

Möglichkeiten <strong>und</strong><br />

Grenzen des eigenen<br />

Körpers ausloten, u.a.<br />

Möglichkeiten <strong>und</strong><br />

Grenzen von<br />

Selbstständigkeit, u.a.<br />

Wahrnehmungsförderung,Sprachentwicklung,Stressregulation,<br />

u.a.<br />

Zusammenhang<br />

Emotionen <strong>und</strong> Haut,<br />

Selbstwahrnehmung<br />

stärken, u.a.<br />

Überwindung von<br />

Ängsten, Umgang mit<br />

Trauer, u.a.<br />

■ Die Inhalte der Geschichten werden von<br />

nahezu allen Pädagoge/-innen als zusätzliche<br />

Unterstützung bei der Umsetzung eigener<br />

Bildungsziele bewertet. Über 60 Prozent<br />

betrachten dies sogar als vollständig<br />

erfüllt.<br />

■ Die Auswertung zeigt, dass es in den Einrichtungen<br />

nicht allein beim Vorlesen bleibt.<br />

Die <strong>Prävention</strong>sinhalte der Bücher werden<br />

regelmäßig (95 Prozent) auch nach dem Vorlesen<br />

zum Thema gemacht.<br />

■ Obwohl die Upsi-Bücher in Berlin nur an<br />

Kitas <strong>und</strong> Schulen ausgegeben werden, ist<br />

Upsi in einem Viertel der Einrichtungen auch<br />

einem überwiegenden Teil der Eltern bekannt.<br />

Gänzlich unbekannt ist Upsi den<br />

Eltern nur in zwölf Prozent aller befragten<br />

Einrichtungen. Vermutlich führt die Begeisterung<br />

der Kinder dazu, ihren Eltern von Upsi<br />

zu erzählen.<br />

■ In den Gr<strong>und</strong>schulen wird besonders die<br />

Didaktik <strong>und</strong> kindgerechte Umsetzung der<br />

Themen gelobt. Die Illustrationen haben den<br />

häufigsten Zuspruch, aber auch die fantasievollen<br />

Geschichten <strong>und</strong> Spielvorschläge im<br />

Anhang der Bücher kommen gut an.<br />

Berliner Kitas <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen erhalten Upsi-<br />

Bücher kostenfrei <strong>und</strong> können bei Bedarf<br />

weitere Exemplare bei der Unfallkasse Berlin<br />

nachbestellen. Institutionen außerhalb Berlins<br />

<strong>und</strong> Privathaushalte wenden sich an den Kooperationspartner<br />

Aktion DAS SICHERE HAUS.<br />

Dort kann das Buch gegen Einsendung von<br />

Briefmarken bestellt werden.<br />

Kontakt:<br />

Manuel Ahrens<br />

Unfallkasse Berlin<br />

Culemeyerstraße 2<br />

12277 Berlin<br />

Tel.: 030/ 762 413 76<br />

E-Mail: m.ahrens@unfallkasse-berlin.de<br />

www.unfallkasse-berlin.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 2 Ges<strong>und</strong>e Kinder – ges<strong>und</strong>e Zukunft<br />

Ges<strong>und</strong>e Kinder – ges<strong>und</strong>e Zukunft<br />

Werner Mall, AOK Berlin<br />

Soziale Benachteiligung beeinträchtigt nicht<br />

zuletzt die Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> dies auch bereits<br />

bei Kindern. Ob Übergewicht, Essstörungen,<br />

Verhaltensauffälligkeiten oder Unfälle – die Risiken<br />

sozial benachteiligter Kinder liegen<br />

teilweise um das Dreifache über denen von<br />

Kindern aus Mittel- <strong>und</strong> Oberschicht. Bewährtes<br />

ausbauen <strong>und</strong> Lücken schließen, könnte<br />

daher als Motto über der Initiative „Ges<strong>und</strong>e<br />

Kinder – Ges<strong>und</strong>e Zukunft“ stehen, die im Jahr<br />

2007 von AOK, Stern <strong>und</strong> RTL gestartet wurde.<br />

Auf der Basis einer Studie von Professor Klaus<br />

Hurrelmann von der Universität Bielefeld baut<br />

die b<strong>und</strong>esweite Kampagne auf ein langfristiges<br />

Engagement mit konkreten Hilfen <strong>und</strong><br />

Unterstützung <strong>für</strong> Kinder...<br />

■ in allen Entwicklungsphasen (von der<br />

Schwangerschaft bis in die Pubertät)<br />

■ in verschiedenen Themen (Ges<strong>und</strong>heit allgemein,<br />

Ernährung, Bewegung, Entspannung,<br />

Entwicklung)<br />

■ in allen sozialen Schichten<br />

■ in verschiedenen Lebenswelten (Familien,<br />

Kindergärten, Schulen, Stadtteile/Vereine).<br />

Die AOK Berlin bietet schon vor der Geburt des<br />

Kindes den Eltern Informationen <strong>für</strong> eine<br />

ges<strong>und</strong>e Ernährung in der Schwangerschaft an<br />

(AOK „Baby Care Nutrition“) <strong>und</strong> führt <strong>für</strong><br />

werdende Mütter diverse <strong>Prävention</strong>skurse zur<br />

Bewegung <strong>und</strong> Entspannung durch. Nach der<br />

Geburt schließen sich Angebote r<strong>und</strong> um die<br />

ges<strong>und</strong>e Entwicklung des Kindes <strong>und</strong> die junge<br />

Familie an. Zu den ersten Schritten aus dem<br />

Schutz der Familie heraus zählt der Eintritt in<br />

die Kindertagesstätte.<br />

Außerdem engagiert sich die AOK Berlin bereits<br />

seit Jahren in Berliner Kitas. Zum Beispiel mit<br />

dem Bewegungsprojekt „Kleine kommen ganz<br />

groß raus“, das gemeinsam mit dem Landessportb<strong>und</strong><br />

Berlin durchgeführt wird oder mit<br />

„Kitas bewegen“ in Zusammenarbeit mit der<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Bildung, Wissenschaft<br />

<strong>und</strong> Forschung <strong>und</strong> der Bertelsmann-Stiftung.<br />

Beispielhaft <strong>für</strong> diese Angebote wird im Folgenden<br />

das Programm „Tiger Kids“ vorgestellt:<br />

„TigerKids“ – Kindergarten aktiv<br />

Die Chancen, das Bewegungs- <strong>und</strong> Ernährungsverhalten<br />

im Kita-Alter erfolgreich zu<br />

beeinflussen, sind besonders groß, weil es in<br />

den ersten Lebensjahren entscheidend geprägt<br />

wird. Außerdem sind Eltern, deren Mitarbeit <strong>für</strong><br />

eine erfolgreiche Verhaltensprävention unverzichtbar<br />

ist, in der Kita ihrer Kinder noch<br />

vergleichsweise präsent <strong>und</strong> leichter anzusprechen.<br />

Nicht zuletzt werden in der Kita<br />

Bevölkerungsgruppen erreicht, die aufsuchende<br />

Angebote wie Beratung <strong>und</strong> Kurse nicht<br />

oder nur ungenügend annehmen.<br />

Das Programm „TigerKids“ ist darauf<br />

ausgerichtet<br />

■ Verhaltensänderung der ganz Kleinen <strong>und</strong><br />

damit ein ges<strong>und</strong>es, aktives Erwachsenwerden<br />

zu ermöglichen;<br />

■ regelmäßige Bewegung, die Spaß macht, zu<br />

fördern;<br />

■ die Auswahl von Speisen <strong>und</strong> Getränken<br />

ges<strong>und</strong>heitsförderlich zu gestalten <strong>und</strong><br />

■ einen ges<strong>und</strong>en Lebensstil zu erleben <strong>und</strong><br />

einzuüben.<br />

Das Programm, das von der Stiftung Kinderges<strong>und</strong>heit<br />

in München entwickelt wurde, ist<br />

wissenschaftlich überprüft <strong>und</strong> konnte in einer<br />

Wirksamkeitsstudie respektable Ergebnisse<br />

vorweisen.<br />

Außerdem arbeitet „TigerKids“ mit den Kindern,<br />

dem Kita-Team <strong>und</strong> den Eltern.<br />

Das Programm<br />

■ vermittelt spielerisch den Wert von<br />

ges<strong>und</strong>em Essen <strong>und</strong> mehr Bewegung <strong>für</strong><br />

die Kitakinder<br />

■ bietet ein mehrtägiges Schulungsangebot<br />

<strong>für</strong> Erzieher/innen <strong>und</strong> gegebenenfalls dem<br />

Küchenpersonal, einschließlich ausführlichem<br />

Lern- <strong>und</strong> Arbeitsmaterial durch die<br />

AOK Berlin<br />

■ offeriert eine Fortbildung nach einem Jahr<br />

durch die AOK Berlin<br />

■ gibt weitere Unterstützung via Internet<br />

■ organisiert Elternabende mit Unterstützung<br />

durch die AOK Berlin<br />

■ informiert mittels Elternbriefen<br />

Am Programm „Tiger Kids“, das im neuen EU-<br />

Weißbuch zur Adipositasprävention als beispielhaftes<br />

Projekt benannt wird, haben in den<br />

vergangenen zwei Jahren bereits r<strong>und</strong> 40 Berliner<br />

Kitas mit über 4000 Kindern teilgenommen.<br />

Weitere Informationen zu dem Programm unter<br />

www.tigerkids.de.<br />

Kontakt:<br />

Werner Mall<br />

AOK Berlin<br />

Geschäftsstelle Schöneberg<br />

Pallasstraße 25<br />

10781 Berlin<br />

Tel.: 030/ 253 163 50<br />

E-Mail: werner.mall@bln.aok.de<br />

23


24<br />

Kapitel 2 Kleine kommen ganz groß raus – <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> Bewegungsförderung <strong>für</strong> Kinder Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Kleine kommen ganz groß raus – <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong><strong>und</strong><br />

Bewegungsförderung <strong>für</strong> Kinder<br />

Dr. Heiner Brandi, Jugendreferent des Landessportb<strong>und</strong>es Berlin<br />

1. <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung im Leitbild der<br />

Sportjugend Berlin<br />

Die Sportjugend Berlin ist Dachorganisation <strong>für</strong><br />

den Kinder- <strong>und</strong> Jugendsport <strong>und</strong> anerkannter<br />

freier Träger der Jugendhilfe. Sie ist Interessenvertretung<br />

<strong>für</strong> r<strong>und</strong> 220.000 Kinder, Jugendliche<br />

<strong>und</strong> junge Menschen in fast 2.000 Berliner<br />

Sportvereinen sowie Träger von Einrichtungen<br />

<strong>und</strong> Projekten der Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfe. Die<br />

Sportjugend Berlin unterstützt auf Gr<strong>und</strong>lage<br />

des Kinder- <strong>und</strong> Jugendhilfegesetzes die Erziehung<br />

<strong>und</strong> Bildung junger Menschen zu eigenverantwortlichen<br />

<strong>und</strong> gemeinschaftsfähigen<br />

Persönlichkeiten. Sie ist offen <strong>für</strong> alle Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen, unabhängig von ihrer Herkunft,<br />

Hautfarbe, Religion <strong>und</strong> Weltanschauung.<br />

Die Sportjugend Berlin fördert junge Menschen<br />

in ihrer individuellen <strong>und</strong> sozialen Entwicklung,<br />

setzt sich da<strong>für</strong> ein, Benachteiligungen zu<br />

vermeiden oder abzubauen <strong>und</strong> trägt zu den<br />

Voraussetzungen <strong>für</strong> ein ges<strong>und</strong>es Aufwachsen<br />

bei.<br />

2. <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung als Querschnittsaufgabe<br />

in einem Kooperationsnetzwerk von<br />

Sport, Jugendhilfe <strong>und</strong> sozialer Arbeit<br />

Sport <strong>und</strong> Sportvereine sind Orte, an denen<br />

soziales Lernen stattfindet <strong>und</strong> informelle Bildungsprozesse<br />

angeregt werden. Nach Elternhaus,<br />

Kindertagesstätte <strong>und</strong> Schule ist der<br />

Sport eine bedeutsame Institution, in der eine<br />

große Zahl von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

soziale Erfahrungen gewinnt, wo Einstellungen<br />

<strong>und</strong> Verhaltensmuster mit geprägt werden <strong>und</strong><br />

sich soziales Verhalten ausbildet. Das gilt auch<br />

im Hinblick auf die Ausbildung eines aktiven<br />

<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Lebensstils.<br />

Sportorganisationen sind in der Regel attraktiv<br />

<strong>und</strong> offen <strong>für</strong> alle Bevölkerungs- <strong>und</strong> Altersgruppen.<br />

Sie erreichen auch untere soziale<br />

Schichten, inzwischen auch eine große Zahl<br />

von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> binden in dieser Hinsicht mehr<br />

Menschen als jede andere vergleichbare Organisation<br />

in Deutschland.<br />

Gleichwohl sind sozial benachteiligte Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugendliche noch immer unterrepräsentiert.<br />

Die Sportjugend Berlin hat in den vergangenen<br />

Jahren mit Unterstützung der Senatsverwaltung<br />

<strong>für</strong> Bildung, Wissenschaft <strong>und</strong><br />

Forschung ein Kooperationsnetzwerk von<br />

Sportorganisationen, Jugendhilfe <strong>und</strong> sozialer<br />

Arbeit etabliert, das nicht nur, aber insbeson-<br />

dere an sozial benachteiligte junge Menschen<br />

adressiert ist. Ziel ist die Herstellung von mehr<br />

Chancengerechtigkeit in der Beteiligung an<br />

Sport- <strong>und</strong> Bewegungsangeboten zur gesellschaftlichen<br />

Teilhabe <strong>für</strong> alle Kinder <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

– unabhängig von ihrer sozialen<br />

<strong>und</strong> ethnischen Herkunft. In das Kooperationsnetzwerk<br />

<strong>und</strong> dessen Handlungsansätze sind<br />

Kindertagesstätten, Schulen, Jugendfreizeitstätten<br />

sowie Projekte <strong>und</strong> Einrichtungen der<br />

Jugendsozialarbeit <strong>und</strong> Sportvereine als<br />

integrale Bestandteile eingeb<strong>und</strong>en. <strong>Prävention</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung stehen in<br />

einzelnen Elementen explizit im Vordergr<strong>und</strong><br />

bzw. sind mindestens als Querschnittsaufgabe<br />

verankert.<br />

3. Das Kooperationsnetzwerk in der Übersicht<br />

4. Ausgewählte Beispiele der <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Das vollständige Netzwerk kann an dieser<br />

Stelle nicht vorgestellt <strong>und</strong> diskutiert werden.<br />

Zwei bedeutsame Elemente, die <strong>Prävention</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung in der frühen Kindheit<br />

sowie die Ausbildung von Schutzfaktoren<br />

<strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heit im späteren Leben zum Ziel<br />

haben, sollen jedoch exemplarisch herausgestellt<br />

werden.<br />

„Kleine kommen ganz groß raus – Bewegungs<strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung von Kindern“<br />

Der aktuelle Bewegungsmangel im Lebensalltag<br />

vieler Kinder führt nachweislich zu erheblichen<br />

motorischen <strong>und</strong> psycho-sozialen Entwicklungsstörungen<br />

bei den Betroffenen. Zudem<br />

sind mit der Bewegungsarmut erhebliche<br />

Risikofaktoren <strong>für</strong> den ges<strong>und</strong>heitlichen Status<br />

im Lebenslauf verb<strong>und</strong>en. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

unterstützt das Förderprogramm ‚Kleine<br />

kommen ganz groß raus’ die Zusammenarbeit<br />

von Kindertagesstätten <strong>und</strong> Sportvereinen.<br />

Gemeinsam mit der AOK Berlin soll intensive<br />

Bewegung <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>e Ernährung in den<br />

Lebensalltag von Kindern ins „Setting“ Kindertagsstätte<br />

gebracht werden. An dem Programm<br />

zur <strong>Prävention</strong> von Bewegungsmangel <strong>und</strong><br />

Fehlernährung beteiligen sich bisher r<strong>und</strong> 140<br />

Kindertagesstätten <strong>und</strong> etwa 110 Sportvereine.<br />

Begleitet wird das finanzielle Förderprogramm<br />

durch entsprechende Informations- <strong>und</strong> Beratungsveranstaltungen<br />

– auch unter Einbeziehung<br />

von Eltern – sowie durch Fortbildungsveranstaltungen<br />

<strong>für</strong> die beteiligten Akteure in der<br />

Bildungsstätte der Sportjugend Berlin.<br />

Kinder in Bewegung gGmbH (KiB)<br />

Gemeinnützige Kindergarten-<br />

Trägergesellschaft des Berliner Sports<br />

Seit 2005 betreibt die Sportjugend Berlin in<br />

eigener Trägergesellschaft 21 Kindertagesstätten<br />

mit r<strong>und</strong> 2500 Plätzen. Im Rahmen des<br />

Berliner Bildungsprogramms <strong>für</strong> die Betreuung<br />

<strong>und</strong> Erziehung in Kindertagesstätten hat die<br />

Kinder in Bewegung gGmbH (KiB) ein besonderes<br />

Profil im Bildungsbereich ‚Körper,


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 2 Fitness <strong>für</strong> Kids<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Bewegung’ in Kombination mit<br />

der Förderung der Sprachentwicklung ausgebildet.<br />

Hinreichende Bewegungsaktivitäten<br />

sind im frühen Kindesalter Motor der Entwicklung<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig wesentliche Gr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>für</strong> das Lernen <strong>und</strong> <strong>für</strong> ein ges<strong>und</strong>es Aufwachsen.<br />

Hinreichende Bewegungsanlässe <strong>und</strong> Bewegungsangebote<br />

gehören deshalb zum festen<br />

Bestandteil des Tagesablaufs in den Kindertagesstätten.<br />

Die Kitas in der eigenen<br />

Trägerschaft sollen den <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zustand<br />

der Kinder unmittelbar verbessern, durch<br />

entsprechende Anregungen, ges<strong>und</strong>e Ernährung<br />

<strong>und</strong> die nachhaltige Entwicklung von<br />

ges<strong>und</strong>heitsbezogenen Einstellungen <strong>und</strong><br />

Verhaltensweisen. Dabei soll durch gezielte<br />

Elternarbeit auch das familiäre <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>verhalten<br />

modifiziert <strong>und</strong> verbessert werden.<br />

Die fachliche <strong>und</strong> organisatorische Zusammenarbeit<br />

mit anderen Einrichtungen <strong>und</strong><br />

Programmen des skizzierten Kooperationsnetzwerks<br />

kann hier<strong>für</strong> vielfältige Impulse<br />

geben <strong>und</strong> Synergieeffekte auslösen.<br />

Kontakt:<br />

Dr. Heiner Brandi<br />

Sportjugend im Landessportb<strong>und</strong> Berlin e.V.<br />

Jesse-Owens-Allee 2<br />

14053 Berlin<br />

Tel.: 030/ 300 021 66<br />

E-Mail: h. brandi@sportjugend-berlin.de<br />

25


26<br />

Kapitel 2 Fitness <strong>für</strong> Kids Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Fitness <strong>für</strong> Kids<br />

Dr. Kerstin Ketelhut, Humboldt Universität Berlin, Institut <strong>für</strong><br />

Sportwissenschaften<br />

Einführung<br />

Immer mehr Kinder in Deutschland sind übergewichtig<br />

<strong>und</strong> leiden unter Bewegungsmangel.<br />

Die Ursachen hier<strong>für</strong> sind in den veränderten<br />

Lebensgewohnheiten zu finden. Die nachteiligen<br />

Auswirkungen einer medienorientierten<br />

Welt auf das Spiel- <strong>und</strong> Freizeitverhalten<br />

von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen werden immer<br />

deutlicher. Viele Kinder sind zu passiven<br />

Konsument/innen geworden <strong>und</strong> sind folglich<br />

körperlich zu wenig aktiv. Untersuchungen in<br />

Deutschland ergaben, dass sich Kinder<br />

durchschnittlich nur eine St<strong>und</strong>e am Tag bewegen.<br />

Dieser Bewegungsmangel, ein inzwischen<br />

anerkannter kardiovaskulärer Risikofaktor,<br />

führt zunehmend dazu, dass Kinder<br />

sowohl motorische Defizite als auch eine<br />

verringerte körperliche Fitness aufweisen. In<br />

der Folge treten Risikofaktoren <strong>und</strong> Krankheiten<br />

wie erhöhter Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen,<br />

Adipositas <strong>und</strong> Diabetes mellitus,<br />

aber auch Schwächen des Stütz- <strong>und</strong><br />

Bewegungsapparates häufiger bereits im Kindes-<br />

<strong>und</strong> Jugendalter auf.<br />

Dass vielfach bereits zum Schulbeginn Defizite<br />

vorliegen, zeigen die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen,<br />

aber auch die Beobachtung<br />

der Sportlehrer/innen, die belegen,<br />

dass viele Kinder einfachste sportliche Übungen<br />

nicht mehr ausführen können. Insofern war<br />

es das Anliegen der Berliner Gesellschaft <strong>für</strong><br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen<br />

e.V. (BGPR), der Unfallkasse<br />

Berlin sowie der Universität Potsdam, ein<br />

<strong>Prävention</strong>skonzept zu entwickeln, das Kinder<br />

in einem Alter erreicht, in dem sie noch keine<br />

körperlichen Vorschädigungen <strong>und</strong> motorischen<br />

Defizite aufweisen.<br />

Projektbeschreibung<br />

Das zweijährige Pilotprojekt „Fitness <strong>für</strong> Kids“<br />

hatte zum Ziel, den oben genannten Problemen<br />

durch eine regelmäßige ges<strong>und</strong>heitsorientierte<br />

Bewegungserziehung bereits im Kindergartenalter<br />

zu begegnen. Es sollte zu einem Zeitpunkt<br />

ansetzen, zu dem bei den Kindern noch keine<br />

Defizite <strong>und</strong> Vorschädigungen vorliegen. Diese<br />

<strong>Prävention</strong>smaßnahme wurde zunächst in<br />

sechs Kitas mit 160 Kindern in verschiedenen<br />

Berliner Bezirken unterschiedlicher Sozialstruktur<br />

durchgeführt.<br />

Weitere sechs Kitas mit insgesamt 105 Kindern<br />

aus vergleichbaren sozialen Einzugsgebieten<br />

dienten als Kontrollgruppe. Um die Wirksam-<br />

keit dieser Maßnahme zu überprüfen, wurde<br />

das Projekt wissenschaftlich begleitet. Die<br />

Evaluierung dieser regelmäßigen Bewegungsförderung<br />

zeigte eindeutig, wie positiv sich<br />

diese <strong>Prävention</strong>smaßnahme auf den <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zustand<br />

<strong>und</strong> die motorischen Fertigkeiten<br />

der Kinder ausgewirkt hat. Die Intervention<br />

bestand in einem wöchentlichen Bewegungsprogramm<br />

(dreimal wöchentlich jeweils 45<br />

Minuten), das zunächst einmal pro Woche von<br />

qualifizierten Übungsleitern <strong>und</strong> die zwei weiteren<br />

Male von den zwischenzeitlich geschulten<br />

Erzieher/innen durchgeführt wurde. Dabei<br />

ging es um eine vielfältige spielerische Bewegungserziehung,<br />

die neben der Freude an der<br />

Bewegung die motorischen Gr<strong>und</strong>eigenschaften<br />

wie Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit <strong>und</strong> Geschicklichkeit<br />

der Kinder schulen sollte.<br />

Diese spielerischen Übungen waren <strong>für</strong> jedes<br />

Kind leicht umsetzbar, einfach zu verstehen<br />

<strong>und</strong> erforderten keine großen Sprachkenntnisse.<br />

Insbesondere Bewegungsspiele mit Alltagsmaterialien<br />

(zum Beispiel Zeitungen,<br />

Fliegenklatschen, Spülschwämme etc.) erwiesen<br />

sich als sehr motivierend bei den Kindern<br />

<strong>und</strong> waren zugleich eine kostengünstige Alternative<br />

<strong>für</strong> teure Spiel- <strong>und</strong> Sportgeräte. Neben<br />

der regelmäßigen Schulung der Übungsleiter/innen<br />

vor Ort wurden Workshops unter<br />

dem Motto „Bewegungsspaß im Kindergarten“<br />

angeboten, sodass diese nach einer anfänglichen<br />

Qualifizierungsphase in der Lage waren,<br />

die Bewegungserziehung ohne fremde Hilfe<br />

völlig selbstständig fortzusetzen.<br />

Im Rahmen des zweijährigen Projekts war es<br />

wichtig, neben der Förderung der Kinder auch<br />

die Dauerhaftigkeit der Maßnahme zu gewährleisten.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> wurden die<br />

Erzieherinnen der jeweiligen Einrichtungen regelmäßig<br />

vor Ort geschult, indem sie an der Bewegungsst<strong>und</strong>e<br />

teilnahmen, die die Übungsleiter<br />

mit den Kindern durchführten. Die<br />

Übungsleiter fungierten stets auch als Beratung<br />

<strong>für</strong> die Erzieher/innen. Anschließend<br />

war es ihre Aufgabe, das Gelernte in den ein<br />

bzw. zwei weiteren wöchentlichen Bewegungsst<strong>und</strong>en<br />

anzuwenden <strong>und</strong> mit den Kindern zu<br />

erproben. Um ihre Arbeit zu erleichtern, erhielten<br />

sie zahlreiche Arbeitsmaterialien. Zusätzlich<br />

erfolgte im Zuge von begleitenden<br />

Workshops eine weitere Qualifizierung der<br />

beteiligten Erzieherinnen, sodass diese das<br />

„Know-how“ erwarben, das Bewegungsprogramm<br />

selbstständig fortzusetzen. Den Nachweis<br />

ihrer Kenntnisse erbrachten sie in einer<br />

Lehrprobe. Auf diese Weise wurden kompetente<br />

Multiplikator/innen ausgebildet, die<br />

dieses Konzept selbstständig umsetzen <strong>und</strong> es<br />

innerhalb ihrer Einrichtung an andere Kolleg/innen<br />

weitervermitteln können.<br />

Der/die kostenträchtige Übungsleiter/in kann<br />

nach Beendigung des Projekts in neuen Kindergärten<br />

eingesetzt werden. Durch dieses<br />

Multiplikator/innenkonzept kann der langfristige<br />

Fortbestand des Angebots nach einer<br />

anfänglichen Starthilfe kostenneutral gesichert<br />

werden. Durch die Qualifizierung <strong>und</strong> Verselbstständigung<br />

der Multiplikator/innen erzeugt<br />

das Projektvorgehen Strukturen <strong>und</strong><br />

Wirkungen, die unabhängig vom Gesamtprojekt<br />

über die Laufzeit hinaus fortwirken.<br />

Unter der Bedingung einer kontinuierlichen<br />

Durchführung in den Kindertagesstätten ist von<br />

überdauernden positiven Wirkungen auf die<br />

motorische Entwicklung der Kinder auszugehen.<br />

Die Tatsache, dass sich regelmäßig<br />

weitere Erzieher/innen aus Einrichtungen, die<br />

an dem Pilotprojekt beteiligt waren, <strong>für</strong> den<br />

Workshop „Bewegungsspaß im Kindergarten“<br />

anmelden, zeigt, dass das Konzept der Multiplikator/innenschulung<br />

erfolgreich ist. Auch<br />

die Tatsache, dass dieses motivierende Bewegungsprogramm<br />

sehr gut bei den Kindern<br />

ankommt, sorgt <strong>für</strong> eine schnelle Verbreitung<br />

dieses einfachen <strong>und</strong> wirkungsvollen Konzepts.<br />

Auch die Nachfrage von Seiten der Eltern führt<br />

dazu, dass immer mehr Erzieherinnen auf<br />

diesem Gebiet aktiv werden.<br />

Die Resonanz auf dieses Pilotprojekt hat dazu<br />

geführt, dass „Fitness <strong>für</strong> Kids“ inzwischen<br />

unter Leitung der Berliner Gesellschaft <strong>für</strong><br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen<br />

e.V. in 49 Berliner Kindergärten<br />

(insbesondere in sozialen Brennpunkten<br />

im Bezirk Berlin-Mitte) durchgeführt wird<br />

<strong>und</strong> mittlerweile auch in den ersten Gr<strong>und</strong>schulen<br />

seine Umsetzung findet. Inzwischen<br />

wird auf eine wissenschaftliche Evaluation verzichtet,<br />

da die Effizienz des Programms belegt<br />

ist. Aus diesem Gr<strong>und</strong> konnte die so genannte


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel<br />

Qualifikationsphase durch den Übungsleiter<br />

bzw. die Übungsleiterin auf sechs Monate<br />

reduziert werden. Es ist geplant, stets weitere<br />

Kindergärten in das Projekt einzubeziehen <strong>und</strong><br />

Erzieherinnen sowie Erzieher auszubilden. Weiterhin<br />

vorgesehen ist, in nächster Zukunft<br />

zusätzlich auch den Bereich „Ges<strong>und</strong>e Ernährung“<br />

in das Gesamtkonzept aufzunehmen<br />

mit dem Ziel, die Kinder frühzeitig zu einem<br />

aktiven <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Lebensstil zu motivieren.<br />

Das Projekt wurde im Rahmen einer wissenschaftlichen<br />

Begleitung evaluiert. Das methodische<br />

Vorgehen beinhaltete eine Messung<br />

verschiedener ges<strong>und</strong>heitsbezogener Parameter<br />

vor <strong>und</strong> während der Intervention sowie die<br />

Messung motorischer Fertigkeiten. Um natürliche<br />

Entwicklungsprozesse bei den Kindern zu<br />

berücksichtigen, wurde eine Kontrollgruppe<br />

gebildet.<br />

Die Evaluation beinhaltete zunächst eine<br />

Eingangsuntersuchung, bei der verschiedene<br />

medizinische <strong>und</strong> motorische Tests durchgeführt<br />

wurden. Die Untersuchungen zeigten,<br />

dass Kinder in diesem jungen Alter noch über<br />

einen guten <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>status verfügen.<br />

Hinsichtlich der Motorik ergab sich, dass die<br />

Kinder aus sozial benachteiligten Familien in<br />

allen motorischen Tests schlechter abschnitten<br />

als Kinder der Mittel- <strong>und</strong> Oberschicht.<br />

Bereits nach einem Jahr der Intervention<br />

zeigten sich Unterschiede zwischen der Interventions-<br />

<strong>und</strong> der Kontrollgruppe, die nach<br />

dem zweiten Jahr hochsignifikant ausfielen.<br />

Insbesondere bei der motorischen Entwicklung<br />

sowie dem diastolischen Blutdruck in Ruhe <strong>und</strong><br />

bei Belastung wies die Interventionsgruppe<br />

deutlich bessere Ergebnisse als die Kontrollgruppe<br />

auf. Besonders die Kinder aus sozial<br />

schwachen Familien profitierten von dieser<br />

Bewegungsförderung, da sich die anfänglichen<br />

schichtabhängigen Unterschiede am Ende der<br />

Projektzeit aufgehoben hatten. Des Weiteren<br />

wirkte sich dieses Konzept durch seinen starken<br />

integrativen Charakter nach Aussage der<br />

Erzieher/innen positiv auf die soziale Kompetenz<br />

der Kinder aus.<br />

Kontakt:<br />

Dr. Kerstin Ketelhut<br />

Humboldt-Universität Berlin<br />

Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaften<br />

Konrad-Wolfstraße 45<br />

13055 Berlin<br />

Tel.: 030/ 351 305 46<br />

E-Mail: K-Ketelhut@t-online.de<br />

27


28<br />

Kapitel 3 Erfahrungen aus der Arbeit der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>multiplikator/innen Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Kapitel 3<br />

Zugangswege zu Familien<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Erfahrungen aus der Arbeit der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>multiplikator/innen<br />

Dilek Toptas <strong>und</strong> Detlef Kuhn, Zentrum <strong>für</strong> angewandte<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wissenschaften (ZAGG GmbH)<br />

Allgemeine Hintergr<strong>und</strong>informationen<br />

Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ist<br />

der von der Fläche her kleinste, da<strong>für</strong> aber am<br />

dichtesten besiedelte Bezirk Berlins. Im Bezirk<br />

leben r<strong>und</strong> 260 bis 440 Einwohner auf einer<br />

Fläche von 20,2 Quadratkilometern. Mit einer<br />

Arbeitslosenrate von 24 Prozent, einem Anteil<br />

von r<strong>und</strong> 13 Prozent Sozialhilfeempfänger/innen,<br />

einem niedrigen Wohnungsstandard mit<br />

hoher Belegungsdichte <strong>und</strong> dem <strong>für</strong> Berlin<br />

höchsten Anteil an Kindern unter 15 Jahren<br />

weist der Bezirk vielschichtige soziale <strong>und</strong><br />

ges<strong>und</strong>heitliche Probleme auf.<br />

In Friedrichshain-Kreuzberg liegt der Anteil<br />

übergewichtiger Kinder zum Zeitpunkt der<br />

Einschulung bei 9,7 Prozent, der Anteil der<br />

adipösen (schwer übergewichtigen) Kinder bei<br />

5,4 Prozent. Kinder mit türkischem <strong>und</strong><br />

arabischem Migrationshintergr<strong>und</strong> sind mit<br />

14,7 <strong>und</strong> 14,6 Prozent wesentlich häufiger<br />

übergewichtig, sie sind auch wesentlich<br />

häufiger adipös (8,7 Prozent <strong>und</strong> 7 Prozent) als<br />

ihre Altersgenossen deutscher Herkunft (5,9<br />

Prozent übergewichtig, 3,3 Prozent adipös.<br />

Diese Daten stammen aus der Einschulungsuntersuchung<br />

2007). Gleichzeitig verfügt der<br />

Bezirk über besondere Ressourcen: Eine große<br />

Vielfalt der Kulturen, eine reiche Projektlandschaft,<br />

eine nachbarschaftliche Kiezstruktur,<br />

eine lange Tradition der Bürgerbeteiligung <strong>und</strong><br />

eine sehr engagierte Bezirkspolitik, doch dazu<br />

später mehr.<br />

Zielgruppe<br />

Die Zielgruppe des Projekts sind Schwangere<br />

<strong>und</strong> ihre Angehörigen <strong>und</strong> Familien mit Kindern<br />

im Alter von null bis drei Jahren, maximal bis<br />

sechs Jahren, vorrangig mit türkischem <strong>und</strong><br />

arabischem Migrationshintergr<strong>und</strong>. Ältere Kinder<br />

in diesen Familien werden von der Intervention<br />

ebenfalls berührt, sind aber nicht vorrangige<br />

Zielgruppe.<br />

Ziele<br />

Ziel der Beratungsarbeit mit der Zielgruppe ist<br />

es, ges<strong>und</strong>heitsfördernde, kindliches Übergewicht<br />

vorbeugende Anteile im Lebensstil der<br />

Familien mit türkischem/arabischem Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

zu verstärken. Mit Hilfe des<br />

systemischen Beratungsansatzes wird schwer-


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 3 Erfahrungen aus der Arbeit der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>multiplikator/innen<br />

punktmäßig auf die Themen „Ausgewogene<br />

Ernährung, z. B. der Schwangeren, in Familien<br />

mit Kindern“ <strong>und</strong> „Bewegung von Kindern (<strong>und</strong><br />

ihren Bezugspersonen) im Alltag <strong>und</strong> durch<br />

sportliche Aktivitäten“ eingegangen. Erster<br />

Projektschritt bis Juni 2007 war die Ausbildung<br />

von 60 zum großen Teil muttersprachlichen<br />

Multiplikatoren in den Bereichen „Ausgewogene,<br />

Übergewicht vorbeugende Ernährung“,<br />

„Bewegungsförderung“ <strong>und</strong> „Systemischer Beratung“.<br />

Die Multiplikatoren flechten die Ausbildungsinhalte<br />

in ihre privaten <strong>und</strong> beruflichen<br />

Aktivitäten ein. Dabei werden sie von einem<br />

systematischen Qualitätsmanagement-<br />

Programm unterstützt.<br />

Vorerfahrungen der Beteiligten,<br />

bisherige Projekte<br />

Zahlreiche Initiativen, Vereine im Bezirk <strong>und</strong><br />

Abteilungen der Bezirksämter im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg<br />

befassen sich mit der sozialen<br />

Betreuung von Familien (siehe „Netzwerk“).<br />

So wurden die Einrichtung des Kreuzberger<br />

Geburtshauses unterstützt <strong>und</strong> Geburtsvor-<br />

<strong>und</strong> -nachbereitungskurse (auch türkisch<br />

<strong>und</strong> arabisch), PEKIP-Gruppen <strong>und</strong><br />

Eltern-Kind-Selbsthilfegruppen angeboten. Es<br />

wurden Wegweiser <strong>für</strong> Schwangere in Kreuzberg<br />

<strong>und</strong> <strong>für</strong> „Junge Familien im Friedrichshain-<br />

Kreuzberger Kiez“ erstellt <strong>und</strong> auch in türkischer<br />

Sprache veröffentlicht. Außerdem existiert<br />

eine Anlaufstelle <strong>für</strong> die Probleme von<br />

Vätern. Der Kinder- <strong>und</strong> Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst<br />

besucht regelmäßig junge Mütter im<br />

Kreuzberger Klinikum „Am Urban“. Seit 1999<br />

gehört der Bezirk dem Ges<strong>und</strong>e-Städte-Netzwerk<br />

der B<strong>und</strong>esrepublik an. Im Zuge dieser<br />

Beteiligung wurde eine systematische <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

mit Kindern, Jugendlichen, Familien<br />

<strong>und</strong> insbesondere sozial Benachteiligten<br />

etabliert sowie die Verbesserung der ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

<strong>und</strong> psychosozialen Situation von<br />

Migrant/innen verstärkt in Angriff genommen.<br />

Netzwerk<br />

Das ZAGG Zentrum <strong>für</strong> angewandte <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

<strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wissenschaften<br />

GmbH (in Kooperation mit der Plan- <strong>und</strong><br />

Leitstelle Ges<strong>und</strong>heit im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg<br />

von Berlin) hat die Projektkoordination<br />

<strong>und</strong> die Verantwortung <strong>für</strong> Verwaltung<br />

<strong>und</strong> Finanzierung inne.<br />

Das Konzept wurde von diesen beiden Partner/innen<br />

gemeinsam mit SW – Ernährungswissenschaftliche<br />

Dienstleistungen entwickelt.<br />

Weitere Netzwerkakteure sind unter anderem<br />

der „Arbeitskreis <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung vor<br />

<strong>und</strong> nach der Geburt“, der Verein AKARSU, das<br />

Bayouma-Haus, die Türkische Gemeinde zu<br />

Berlin, das Väterzentrum MANNEGE, der Verein<br />

Ges<strong>und</strong>heit Berlin e. V., der Berliner Hebammenverband,<br />

verschiedene (Kinder-)Ärzte, das<br />

Vivantes Klinkum Am Urban, Kotti e. V., die<br />

Interkulturelle Familienberatung des Arbeitskreises<br />

Neue Erziehung, das AWO-Begeg-<br />

nungszentrum im Bezirk, die Quartiersbeauftragten<br />

„Soziale Stadt“, vier interkulturelle<br />

Familien- <strong>und</strong> Stadtteilzentren, der Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst <strong>und</strong> verschiedene<br />

Einrichtungen der interkulturellen Familienhilfe<br />

im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg.<br />

Interventionsansatz<br />

Die gr<strong>und</strong>legende Interventionsstrategie besteht<br />

darin, vorhandene Ressourcen, die<br />

geeignet sind, Übergewicht bei Kindern mit<br />

türkischem <strong>und</strong> arabischem Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

vorzubeugen, weiter zu entwickeln. Zu<br />

diesem Zweck wurden 60 Multiplikator/innen<br />

in den Bereichen „Ausgewogene Ernährung,<br />

Vorbeugung von Übergewicht, Bewegung im<br />

Alltag, Förderung der Entwicklung <strong>und</strong> körperlichen<br />

Aktivität der Kinder, Systemische Beratung<br />

im individuellen Kontext“ ausgebildet.<br />

Die Multiplikator/innen sind zum Beispiel als<br />

Hebammen, Sozialarbeiter/innen <strong>und</strong> Erzieher/innen<br />

berufstätig <strong>und</strong> beziehen die Ausbildungsthemen<br />

in Aktivitäten in ihrem üblichen<br />

beruflichen Umfeld ein. Sie starten aber<br />

auch, angeregt durch die Ausbildung, neue<br />

Aktivitäten (z. B. Einbeziehung von Ernährungsberatung<br />

bei der Neugründung eines <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zentrums<br />

durch eine Hebamme).<br />

Diese Gruppe der professionellen Berater/innen<br />

wird von uns „<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>trainer/innen“<br />

genannt.<br />

Ein Teil der Multiplikator/innen sind Muttersprachler,<br />

die bisher nicht als Pädagogen/innen<br />

oder in <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>berufen tätig waren,<br />

aber beratend tätig werden möchten. Sie sind<br />

die „<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>mentor/innen“. Sie setzen<br />

die Ausbildungsinhalte in ihrem privaten Umfeld<br />

um. Oder sie schließen sich bestehenden<br />

Initiativen mit einem Angebot zum Thema<br />

„Übergewichtsprävention bei Kindern“ an, zum<br />

Beispiel, in dem sie als Kulturmittler/innen in<br />

Kooperation mit <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- oder sozialen<br />

Berufsgruppen arbeiten.<br />

Bei dieser Beratungsarbeit werden Trainer/innen<br />

<strong>und</strong> Mentor/innen durch regelmäßige<br />

Supervisionen <strong>und</strong> Qualitätszirkel-Treffen in<br />

ihren Aktivitäten begleitet <strong>und</strong> gefördert. Auf<br />

diese Weise wird sichergestellt, dass die Aktivitäten<br />

zielorientiert verlaufen <strong>und</strong> jede<br />

mögliche Unterstützung gewährt wird. Diese<br />

engmaschige Unterstützung wird mindestens<br />

bis November 2009 gewährt.<br />

Erfolge<br />

Die Ausbildungsinhalte ergänzen die bereits<br />

bestehenden Aktivitäten der sozialen <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>-Berufe in unseren Gruppen. Es<br />

haben sich Teilnehmer/innen gef<strong>und</strong>en, die an<br />

den Themen „Ernährung, Bewegung, Übergewichtsprävention“<br />

großes Interesse mitbringen.<br />

Folgerichtig setzen die Trainer/innen <strong>und</strong><br />

Mentor/innen die Ausbildungsinhalte sofort in<br />

ihrem Umfeld um:<br />

■ in dem sie sie selbst in ihrem Alltag<br />

erproben,<br />

■ in dem sie ihr privates Umfeld informieren<br />

<strong>und</strong> anregen,<br />

■ in dem sie gezielt Aktivitäten planen <strong>und</strong><br />

umsetzen.<br />

Derzeit werden diese Aktivitäten von der<br />

Projektleitung systematisch gesammelt <strong>und</strong><br />

ausgewertet. Außerdem werden das Projekt<br />

bzw. die Beratungsaktivitäten der Teilnehmer/innen<br />

von einem externen Evaluationsteam<br />

des Max Rubner-Instituts, B<strong>und</strong>esforschungsinstitut<br />

<strong>für</strong> Ernährung <strong>und</strong> Lebensmittel<br />

in Karlsruhe im Auftrag des B<strong>und</strong>esministeriums<br />

<strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Verbraucherschutz evaluiert. Zu einem<br />

späteren Zeitpunkt sind detailliertere Aussagen<br />

über Erfolge dieser vielfältigen Beratungsaktivitäten<br />

möglich.<br />

Kontakt:<br />

Dilek Toptas <strong>und</strong> Detlef Kuhn<br />

ZAGG GmbH<br />

Kantstraße 72, 10627 Berlin<br />

Tel.: 030/ 306 956 20<br />

E-Mail: info@zagg.de<br />

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30<br />

Kapitel 3 Erfahrungen aus der Arbeit des Familienzentrums Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Erfahrungen aus der Arbeit des<br />

Familienzentrums<br />

Gertrud Möller-Frommann, Leiterin Familienzentrum Mehringdamm<br />

1. Träger <strong>und</strong> konzeptionelle Ausrichtung<br />

Das Familienzentrum Mehringdamm ist seit<br />

Juni 2007 in Trägerschaft des Pestalozzi-Fröbel-<br />

Hauses (PFH), einer Stiftung des öffentlichen<br />

Rechts. Seitdem setzen wir den aus England<br />

kommenden Early Excellence-Ansatz um. Dieses<br />

pädagogische Konzept richtet sich an den<br />

individuellen Stärken des Menschen aus. Wir<br />

fördern die Kinder ausgehend von ihren Stärken<br />

<strong>und</strong> Interessen <strong>und</strong> gehen mit den Eltern<br />

eine enge Erziehungspartnerschaft ein. Das<br />

bedeutet, dass wir an den Erfahrungen <strong>und</strong> der<br />

Lebenssituation der Familien interessiert sind<br />

<strong>und</strong> uns mit den Eltern darüber austauschen.<br />

2. Lage<br />

Das Familienzentrum Mehringdamm befindet<br />

sich im Sozialraum II am Rande des Bergmannkiezes<br />

<strong>und</strong> in der Nähe des Victoriaparks in<br />

Kreuzberg. Nach Süden grenzt es direkt an den<br />

Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Die Familien<br />

haben in der Region eine sehr unterschiedliche<br />

Bildungs- <strong>und</strong> Einkommensstruktur: Es gibt<br />

einen großen Teil gut ausgebildeter deutscher<br />

Familien, die oft noch nicht lange in Berlin<br />

wohnen. Außerdem leben viele Familien mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> in der näheren Umgebung<br />

des Familienzentrums. Diese haben einen<br />

überwiegend niedrigen Bildungsgrad <strong>und</strong> sind<br />

häufig arbeitslos. Der Anteil der Familien mit<br />

türkischem Migrationshintergr<strong>und</strong> ist am größten.<br />

3. Personelle Bedingungen<br />

Das über den Leistungsvertrag mit dem Bezirksamt<br />

Friedrichshain-Kreuzberg finanzierte<br />

Team setzt sich aus vier fest angestellten Mitarbeiter/innen<br />

zusammen: Eine Sozialpädagogin,<br />

zwei Erzieherinnen <strong>und</strong> eine Verwaltungskraft.<br />

Eine Erzieherin hat einen türkischen<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong>. Außerdem arbeiten<br />

zahlreiche Honorarkräfte im Familienzentrum,<br />

die Kurse <strong>für</strong> Eltern <strong>und</strong> Kinder geben, Beratung<br />

anbieten oder im offenen pädagogischen<br />

Bereich unterstützen.<br />

4. Wie sind die Angebote gestaltet?<br />

Das Familiencafé mit offenem Spielbereich ist<br />

von Montag bis Freitag von 9-18 Uhr <strong>für</strong> alle<br />

Familien mit Kindern offen zugänglich. Besonders<br />

in den Nachmittagsst<strong>und</strong>en gibt es kostenlose<br />

pädagogische Angebote. Hier<strong>für</strong> ist<br />

keine Anmeldung erforderlich. Es gibt täglich<br />

kreative Angebote, ein Mal wöchentlich eine<br />

musikalische St<strong>und</strong>e, ein Mal monatlich eine<br />

Vorlesest<strong>und</strong>e, Einzelveranstaltungen zu Experimenten<br />

aus dem naturwissenschaftlichen<br />

Bereich <strong>und</strong> das Feiern von Festen zu Themen<br />

des Jahreskreises. Der offene Spielbereich ist<br />

so gestaltet, dass Kinder nach ihren Interessen<br />

selbst gewählte Spiel- <strong>und</strong> Bewegungsmöglichkeiten<br />

wahrnehmen können. Zum Familiencafe<br />

gehört ein großes Außengelände mit<br />

Spielgeräten, Fahrzeugen, Barfußpfad, Sand-<br />

spielplatz, Spielhaus <strong>und</strong> Beeten. Neben den<br />

kostenlosen, offenen Angeboten bieten wir<br />

Kurse im Bereich musische, kreative, ges<strong>und</strong>heits-<br />

<strong>und</strong> bewegungs- Förderung <strong>für</strong> Eltern<br />

<strong>und</strong> Kinder an. Für diese Angebote wird ein<br />

kleiner Kostenbeitrag erhoben. Außerdem gibt<br />

es kostenfreie Elternkurse zu Erziehungsthemen.<br />

5. Zugang zu Familien mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Wichtig <strong>für</strong> den niedrigschwelligen Zugang zum<br />

Familienzentrum ist die Offenheit <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>lichkeit<br />

der Mitarbeiter/innen. Wir begrüßen<br />

die Eltern beim Ankommen. Neue Eltern fragen<br />

wir, ob wir ihnen weiterhelfen können. Wir<br />

informieren neue Besucher/innen über unsere<br />

Angebote. Dabei ist es wichtig, dass eine<br />

Erzieherin die Eltern z.B. in der türkischen<br />

Muttersprache ansprechen kann. An einem<br />

Nachmittag in der Woche bieten wir soziale<br />

Beratung in türkischer Sprache an, an einem<br />

weiteren Nachmittag Rechtsberatung mit<br />

türkische Sprachmittlerin.<br />

Das Familienzentrum kooperiert mit zwei<br />

Trägern, die im Haus Deutschkurse durchführen.<br />

Einer der Deutschkurse findet an vier<br />

Vormittagen in der Woche mit Kinderbetreuung<br />

im offenen Spielbereich des Familiencafes<br />

statt. In der Pause kommen die Mütter<br />

ebenfalls ins Familiencafe. Dadurch kommen<br />

sie in Kontakt mit den Mitarbeiterinnen des<br />

Familienzentrums, die die Mütter über Angebote<br />

informieren, bei der Eingewöhnung der<br />

Kinder begleiten <strong>und</strong> den Austausch über die<br />

Entwicklung des Kindes mit den Eltern pflegen.<br />

In den Deutschkursen stellen wir neue Angebote<br />

durch die Kursleiterinnen vor, zum<br />

Beispiel ges<strong>und</strong>es Kochen oder den Elternkurs<br />

„Starke Eltern – Starke Kinder“ in türkischer<br />

Sprache. Viele Mütter aus den Deutschkursen<br />

besuchen auch nachmittags mit ihren Kindern<br />

das Familiencafe. Manchmal kommen auch die<br />

Väter mit.<br />

Ein weiterer Kooperationspartner ist der Jugendhilfeträger<br />

Lebenswelt gGmbH. Lebenswelt<br />

betreut vor allem Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

durch Fachleute mit vielen verschiedenen<br />

Migrationshintergründen.<br />

Die Familienhelfer begleiten Familien oft ins<br />

Familienzentrum, um ihnen die Angebote zu<br />

zeigen <strong>und</strong> mit den Mitarbeiter/innen des Familienzentrums<br />

in Kontakt zu bringen. Die<br />

Beziehungspflege, die Ansprache durch Mitarbeiter/innen<br />

aus dem Kulturkreis der Familie,<br />

das Einbeziehen in die Bildungsprozesse der<br />

Kinder, der Austausch mit den Eltern über ihre<br />

Erfahrungen, die Beteiligung bei der Angebotsplanung<br />

<strong>und</strong> die Vernetzung mit anderen<br />

Einrichtungen im Stadtteil fördert den Kontakt<br />

zu den Familien. Das führt dazu, dass Eltern<br />

andere Eltern mitbringen, weil sie die Atmosphäre<br />

im Familienzentrum mögen <strong>und</strong><br />

anderen Familien davon erzählen. Familien aus<br />

verschiedenen Kulturkreisen nutzen auch die<br />

Möglichkeit, sich im Familienzentrum in einem<br />

separaten Raum zu treffen.<br />

Zurzeit gibt es Familien tschechischer, ukrainischer,<br />

tamilischer <strong>und</strong> türkischer Herkunft<br />

<strong>und</strong> eine Gruppe spanisch sprechender Familien<br />

aus verschiedenen südamerikanischen<br />

Ländern. Neben dem Treffen in der Gruppe nehmen<br />

die Familien auch an anderen Angeboten<br />

des Familienzentrums teil. Ein wichtiges Anliegen<br />

dieser Familiengruppen eines Kulturkreises<br />

ist die Pflege <strong>und</strong> Aufrechterhaltung der<br />

eigenen Muttersprache.<br />

Kontakt:<br />

Gertrud Möller-Frommann<br />

Familienzentrum Mehringdamm<br />

Mehringdamm 114<br />

10965 Berlin<br />

Tel.: 030/ 285 047 17<br />

E-Mail: familienzentrummehringdamm@pfh-berlin.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 3 Erfahrungen aus der Arbeit der Kita<br />

Erfahrungen aus der Arbeit der Kita<br />

Edith Giere, V.A.K. Kita<br />

Einführung:<br />

Ich bin Kita-Leiterin im VAK e.V. (Verein zur<br />

Förderung ausländischer <strong>und</strong> deutscher Kinder).<br />

Unsere Kita befindet sich in Kreuzberg in<br />

der Oranienstr. 4. Die Kita bietet Platz <strong>für</strong> 90<br />

Kinder im Alter von ein bis sechs Jahren. 90<br />

Prozent unserer Kinder haben Eltern mit<br />

türkischen Wurzeln <strong>und</strong> Migrationserfahrungen.<br />

Schwerpunkte unserer Konzeption sind<br />

zweisprachige (türkisch/deutsch) Erziehung,<br />

Sport <strong>und</strong> Bewegungserziehung. Mit dem<br />

Thema „Ges<strong>und</strong>e Ernährung <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>e<br />

Lebensweise“ beschäftigen wir uns schon sehr<br />

lange. Vor drei Jahren haben wir mit der<br />

Zusammenarbeit mit der Krankenkasse BKK<br />

VBU begonnen. Im Jahr 2007, wurden wir zur<br />

„Ges<strong>und</strong>en Kita“ zertifiziert.<br />

Besonderheiten in der Arbeit mit<br />

türkischen Familien:<br />

Eltern deren Kinder unsere Kita besuchen,<br />

interessieren sich sehr <strong>für</strong> die Sauberkeit in<br />

den Gruppenräumen <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Mahlzeiten,<br />

die die Kinder in der Kita zu sich nehmen.<br />

Insbesondere achten muslimische Eltern auf<br />

das Essen <strong>für</strong> ihre Kinder. Sie legen großen<br />

Wert darauf, dass es weder zum Mittagessen<br />

noch zum Frühstück Schweinefleisch gibt.<br />

Zunehmend fordern sie auch, dass das Tier,<br />

dessen Fleisch die Kinder bekommen, nach<br />

islamischen Regeln geschlachtet worden ist.<br />

Vielen muslimischen Eltern ist es nicht so<br />

wichtig, dass die Kinder ges<strong>und</strong> ernährt<br />

werden, im Sinne von Vollwertkost, sondern,<br />

dass die Kinder reichlich essen. Nach wie vor<br />

gilt in vielen Familien ein dickes Kind auch als<br />

ein ges<strong>und</strong>es Kind. Eine gute, sich sorgende<br />

Mutter füttert ihr Kind lange über den Zeitpunkt<br />

hinaus, an dem es eigenständig essen könnte.<br />

In der traditionellen türkischen Küche wird sehr<br />

viel Öl verwendet <strong>und</strong> überwiegend weißes<br />

Mehl <strong>für</strong> die Herstellung von Teiggerichten.<br />

Üblicherweise wird zu jedem Essen Fladenbrot<br />

gereicht. Auch die Süßspeisen sind sehr öl- <strong>und</strong><br />

zuckerhaltig. Zuviel Zucker nehmen die Kinder<br />

auch durch Getränke wie Eistee, Säfte <strong>und</strong><br />

Limonaden auf. Im Vertrauen darauf, dass die<br />

in der Werbung angepriesenen Kinderartikel<br />

wie Kinderschokolade, Kindertee oder -joghurts<br />

auch ges<strong>und</strong> sind, kaufen die Eltern sie<br />

gern <strong>für</strong> ihre Kinder. Neben dieser <strong>für</strong> die<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Entwicklung der Kinder ungünstigen<br />

Ernährung, kommt der Bewegungsmangel<br />

der Kinder dazu. Noch Vorschulkinder<br />

werden oft mit dem Buggy zur Kita gefahren.<br />

Ein eigenes kleines Fahrrad <strong>für</strong> die Kinder<br />

halten die Eltern <strong>für</strong> zu gefährlich. Auch aus<br />

diesem Gr<strong>und</strong> wird den Kindern oft das Toben<br />

<strong>und</strong> Klettern auf Spielplätzen untersagt.<br />

Wir sehen es als unsere Aufgabe an, die Eltern<br />

über die Folgen von ungünstiger Ernährung<br />

<strong>und</strong> Bewegungsmangel aufzuklären. Uns ist<br />

bewusst, dass eine einmalige Aktion zum<br />

Thema „Ges<strong>und</strong>e Lebensweise“ nicht ausreicht,<br />

um Ernährungsgewohnheiten zu ändern.<br />

Daher ist dieses Thema im Kita-Alltag<br />

verankert.<br />

Was tun?<br />

Die Eltern werden gebeten, täglich frisches<br />

Obst <strong>für</strong> den Nachmittagsimbiss mitzubringen.<br />

Gemeinsam mit den Eltern wird überlegt<br />

welche leckeren Alternativen es anstelle der<br />

üblichen Torten zum Kindergeburtstag geben<br />

kann. Alle Kindergruppen im Haus beschäftigen<br />

sich regelmäßig mit dem Thema „Was<br />

macht Kinder groß <strong>und</strong> stark “.<br />

In dieser Zeit werden auch Elternabende von<br />

einer Kinderärztin <strong>und</strong> einer Ernährungsberaterin<br />

durchgeführt. Mit Eltern, deren Kinder<br />

zu dick sind, führen wir Einzelgespräche durch.<br />

Gemeinsam überlegen wir, wie die Ernährung<br />

ihres Kindes umgestellt werden kann, ohne<br />

dass das Kind das Gefühl hat, eine Diät<br />

einhalten zu müssen. Oft reicht es schon <strong>für</strong><br />

eine Gewichtsreduzierung, wenn das Kind auf<br />

Softdrinks verzichtet.<br />

Regelmäßig führen wir Sport- <strong>und</strong> Bewegungsst<strong>und</strong>en<br />

mit den Kindern durch. Die Übungsleiter<br />

kommen zu den Elternabenden <strong>und</strong><br />

erklären den Eltern wie <strong>und</strong> warum sie mit den<br />

Kindern turnen. In unregelmäßigen Abständen<br />

führen wir Elterngesprächskreise r<strong>und</strong> um das<br />

Thema „Ges<strong>und</strong>e Lebensweise“ durch.<br />

Alle Gespräche werden in Türkisch geführt oder<br />

ins Türkische übersetzt. Die türkische Sprache<br />

ist der Zugang zu den Eltern. Die Gespräche<br />

finden auf Augenhöhe mit den Eltern statt, sie<br />

sind niemals belehrend, sondern beratend.<br />

Verständnis <strong>für</strong> die individuelle Lebenssituation<br />

der Eltern <strong>und</strong> Respekt vor ihren kulturellen<br />

Gewohnheiten sind immer die Gr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>für</strong> unsere Gespräche.<br />

Kontakt:<br />

Edith Giere,<br />

Europa Kitas des VAK e.V.<br />

Oranienstraße 2a<br />

10997 Berlin<br />

Tel.: 030/ 618 657 4<br />

E-Mail: VAK-Kitas@t-online.de<br />

31


32<br />

Kapitel 3 Familien mit arabischem Migrationshintergr<strong>und</strong> Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Familien mit arabischem Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Lina Ganama, „Al-Nadi“ Beratungsstelle <strong>für</strong> arabische Frauen<br />

Wenn wir über Migranten/innen sprechen, <strong>und</strong><br />

dabei unweigerlich auch über Araber/innen<br />

sprechen, dann sprechen wir nicht über die<br />

Araber/innen mit verschiedenen Hintergründen.<br />

Sie befinden sich in Deutschland aus<br />

vielerlei Gründen: Heirat, Studium oder Arbeit,<br />

aber auch aus Gründen des Krieges <strong>und</strong> der<br />

Unterdrückung.<br />

Ferner dürfen wir die Araber/innen nicht vergessen,<br />

die in Deutschland keine Gastarbeiter<br />

sind. Der Umgang mit dieser Gruppe erfordert<br />

eine große Verantwortung <strong>und</strong> großes Hintergr<strong>und</strong>wissen<br />

bezüglich ihrer Kultur, Religion,<br />

Lebensweisen <strong>und</strong> ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse.<br />

Die Araber/innen sind die, die aus<br />

dem Irak, aus Algerien, Marokko, Tunesien,<br />

Somalia, Sudan, Libyen, Syrien, Palästina, dem<br />

Libanon <strong>und</strong> anderen arabischen Ländern<br />

kommen.<br />

Die größte arabische Gemeinde in Berlin<br />

kommt aus dem Libanon. Es sind sowohl<br />

Palästinenser als auch Kurden unter ihnen.<br />

Jede dieser Gruppen hat ebenfalls ihren eigenen<br />

kulturellen Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> ihre eigenen<br />

wirtschaftlichen Verhältnisse, <strong>und</strong> zwar so<br />

unterschiedlich, wie die Orte, aus denen sie<br />

gekommen sind. Und was <strong>für</strong> den Libanon gilt,<br />

gilt ähnlich auch <strong>für</strong> den Irak, vielleicht mit<br />

kleinen Abweichungen.<br />

Wenn wir über diese Bevölkerungsgruppe<br />

sprechen, müssen wir folgendes berücksichtigen:<br />

Die zweite Generation, die unter dem Bürgerkrieg<br />

<strong>und</strong> den ständige Bombardements<br />

gelitten hat, musste auch die bescheidensten<br />

Dinge des Lebens in den Camps entbehren.<br />

Diese zweite Generation litt nicht nur an der<br />

Trennung von ihren Familien <strong>und</strong> Verwandten in<br />

der Heimat, sondern auch hier in der Fremde an<br />

Arbeitsverbot, Leben in Heimen <strong>und</strong> Reiseverbot.<br />

Diese Bevölkerungsgruppe bekommt ihre<br />

Nachrichten verbal <strong>und</strong> nicht geschrieben, da<br />

sie nicht lesen kann. Diese Gruppe ist zwar<br />

interessiert an vielem was neu ist, doch oft<br />

nicht fähig, selbst eine Initiative zu ergreifen;<br />

aus Schamgefühl, Minderwertigkeitsgefühl<br />

<strong>und</strong> mangelnder Sprachkenntnisse. Sie wollen<br />

keine Fehler begehen oder Problemen aus dem<br />

Weg gehen.<br />

Was kann man tun um das Interesse zu<br />

wecken? Alle ins Boot holen!<br />

■ so früh wie möglich anfangen mit Aufklärungsarbeiten,<br />

besonders bei Feststellung<br />

der Schwangerschaft bzw. einer<br />

Mutterpasserteilung<br />

■ Einführung von Pflichtkursen <strong>für</strong> Eltern in<br />

Kitas über die Entwicklung ihrer Kinder<br />

(ca. drei Mal im Jahr), mit verschiedenen<br />

Themen: Ernährung, Bewegung,<br />

Krankheiten…<br />

■ <strong>Prävention</strong>sarbeit von Krankenkassen <strong>und</strong><br />

Beratungsstellen bzw. Gemeinden<br />

■ ansprechende Angebote durchführen, die<br />

auf die Bedürfnisse der Menschen<br />

abgestimmt sind<br />

■ darauf achten, in welchen Bereichen<br />

Handlungsbedarf besteht<br />

■ Aufmerksamkeit bei den Schulkindern <strong>für</strong><br />

ges<strong>und</strong>e Lebensstile wecken<br />

■ Broschüren <strong>und</strong> Plakate in der<br />

Muttersprache formulieren<br />

Wie kann man überzeugend arbeiten:<br />

■ persönliche Kontakte knüpfen<br />

■ auf die Menschen zu gehen<br />

■ Vertrauen aufbauen<br />

■ schnell <strong>und</strong> effektiv handeln<br />

■ nicht nur Vorschläge sondern konkrete<br />

Hilfsangebote anbieten<br />

■ über Anlaufspunke (Aktivitätsmöglichkeiten,<br />

wie z.B. einen Sportverein) informieren<br />

■ Kontakt-Adressen aushändigen<br />

■ Interesse zeigen<br />

■ nachfragen<br />

Kontakt:<br />

Lina Ganama, AL-Nadi –<br />

Beratungsstelle <strong>für</strong> arabische Frauen<br />

Moselstraße 2<br />

12159 Berlin<br />

Tel.: 030/ 852 060 2<br />

E-Mail: alnadi@nachbarschaftsheimschoeneberg.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 3 Familien mit vietnamesischem Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Familien mit vietnamesischem<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Phan Huy Thao, Reistrommel e.V.<br />

Einführung:<br />

Ich freue mich sehr, dass der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zustand<br />

der Migrant/innen aus Vietnam in<br />

einem solchen Rahmen thematisiert wird. Mein<br />

Bericht ist aus den Erfahrungen meiner Beratungstätigkeit<br />

gespeist, die ich in nahezu 20<br />

Jahren sammeln durfte, aber auch aus meiner<br />

Verwurzelung in den ethnischen Netzwerken<br />

der Gruppe.<br />

1. Kulturelle Besonderheiten<br />

Die ges<strong>und</strong>heitliche Lage der vietnamesischen<br />

Migrant/innen ist von ihrem kulturellen Hintergr<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> dem gesellschaftlichen Umfeld in<br />

Deutschland geprägt. Bevor die Vietnamesen/innen<br />

damals in die DDR einreisen durften,<br />

mussten sie im Heimatland eine <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>überprüfung<br />

bestehen. In einigen wenigen<br />

Fällen wurden allerdings auch Krankheiten<br />

durch Bestechung von Ärzten vertuscht.<br />

Im Allgemeinen aber kamen die Vietnamesen/innen<br />

als ges<strong>und</strong>e Arbeitskräfte zum Arbeitseinsatz<br />

in die Betriebe der DDR. Es gibt zwar<br />

bislang keine öffentlich bekannte Meldung,<br />

dass Vietnamesen/-innen aufgr<strong>und</strong> schlechter<br />

Arbeitsbedingungen in der DDR frühverrentet<br />

wurden, nach den Erfahrungen in den Beratungsstellen<br />

aber ist der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>zustand<br />

bei einigen Vietnamesen/-innen, die insbesondere<br />

in der chemischen Industrie eingesetzt<br />

wurden, im Dreischichtsystem oder im Akkord<br />

gearbeitet haben <strong>und</strong> immer unter dem Druck<br />

der Normerfüllung standen, schon damals in<br />

Folge der schweren Arbeit instabil geworden.<br />

Sie litten z.B. verstärkt an Migräne, Ess- oder<br />

Schlafstörungen.<br />

Nach der Wende mussten die Vietnamesen/innen,<br />

die sich zum Verbleib entschieden<br />

haben, jahrelang <strong>und</strong> unter permanenten <strong>und</strong><br />

massiven Unsicherheiten um ihr Bleiberecht<br />

kämpfen. Dabei waren viele mehrfachen Belastungen<br />

wie Arbeitslosigkeit, Beantragung<br />

von Aufenthaltsverlängerungen <strong>und</strong> Arbeitserlaubnissen,<br />

Auseinandersetzungen mit Behörden,<br />

Abwehr von Abschiebungsandrohungen,<br />

ökonomische <strong>und</strong> familiäre Schwierigkeiten,<br />

ein ständiges Abwägen von Vor- <strong>und</strong><br />

Nachteilen einer möglichen Rückkehr nach<br />

Vietnam <strong>und</strong> dazu noch der anwachsenden<br />

Fremdenfeindlichkeit ausgesetzt. Das führte<br />

häufig zu psychosomatischen <strong>und</strong> gar psychischen<br />

Erkrankungen.<br />

Nur sehr wenige Vietnamesen/-innen arbeiten<br />

gegenwärtig als Angestellte bei deutschen<br />

Firmen bzw. Institutionen. Einige arbeiten als<br />

Facharbeiter/innen in der Industrie, als Reinigungskräfte<br />

oder Transportarbeiter/innen<br />

bei Dienstleistungsfirmen oder als Bauhelfer/innen<br />

bei Baufirmen. Die überwiegende<br />

Mehrheit ist aber selbständig oder arbeitet in<br />

Firmen des Dienstleistungsbereichs, die im<br />

Besitz von Landsleuten sind. Diejenigen, die als<br />

Einzelhändler/innen auf Wochenmärkten tätig<br />

sind, müssen unter äußerst schlechten Bedingungen<br />

sehr lang arbeiten. Arbeitstage mit<br />

zehn bis zwölf St<strong>und</strong>en im ununterbrochenen<br />

Einsatz sind die Regel.<br />

Manche sind inzwischen körperlich stark<br />

angeschlagen. Krankheiten wie Rheuma, Gelenkentzündungen,<br />

Nierenprobleme oder Magengeschwüre<br />

haben sich in der letzten Zeit<br />

gehäuft. Die Hälfte von ihnen klagt über<br />

Rückenschmerzen, bei fast einem Viertel sind<br />

diese bereits chronisch. Außerdem sind Allergien<br />

im Sommer sowie Asthma verbreitet.<br />

Selbständige Frauen leiden häufig an Erkrankungen<br />

der Geschlechtsorgane. Durch diese<br />

andauernde Tätigkeit haben sie zu wenig Zeit<br />

<strong>für</strong> sich <strong>und</strong> ihre Familien. Sie sind körperlich<br />

<strong>und</strong> nervlich ermüdet <strong>und</strong> fühlen sich ständig<br />

ausgepowert. Die unendliche Anspannung<br />

können sie nicht mehr ertragen. Deshalb sind<br />

sie gestresst, nervös <strong>und</strong> sehr leicht aufzuregen.<br />

Schon eine Kleinigkeit genügt häufig,<br />

damit sie aufgebracht sind. Das Familienleben<br />

kann dadurch stark gestört sein. Sie sind<br />

schnell erregbar <strong>und</strong> fühlen sich schnell beleidigt.<br />

In Folge sind sie unfre<strong>und</strong>lich zu<br />

Partnern <strong>und</strong> Kindern. Dieser Dauerzustand<br />

führt dann oft zu Überreaktionen wie Unbeherrschtheit<br />

<strong>und</strong> Gewalttätigkeit in der Familie,<br />

aber auch zum Alkoholmissbrauch. Auch<br />

Krankheitsbilder wie organische Störungen<br />

oder Probleme im Bewegungsapparat <strong>und</strong> im<br />

Knochenbau können die Folge sein.<br />

Da die Vietnamesen/-innen durch ihre intensiven<br />

Tätigkeiten zumeist keine Zeit <strong>für</strong> sich<br />

selbst haben, werden manche am Anfang<br />

harmlos auftretende Krankheiten wie Husten<br />

oder Gelenkentzündung nicht richtig behandelt<br />

<strong>und</strong> entwickeln sich dann zu ernsthaften<br />

chronischen Beschwerden, die wiederum so<br />

lange es irgendwie geht verschleppt werden.<br />

Daneben können die Migration selbst sowie die<br />

Umstände, unter denen sie erfolgte, psychische<br />

Belastungen nach sich ziehen.<br />

Die Trennung von Familien <strong>und</strong> Bekannten,<br />

besonders bei Vietnamesen/-innen, die als<br />

Familienvater bzw. Mutter ohne Partner <strong>und</strong><br />

Kinder in die DDR gekommen sind, ist sehr<br />

belastend. Aber auch die Anpassungsleistungen<br />

an ein anderes Klima, andere Ernährungsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> einen anderen Lebensrhythmus<br />

haben sehr viel Energie verbraucht.<br />

Im Alltag müssen die Vietnamesen/-innen<br />

häufig erleben, dass Behandlungserfolge wegen<br />

Verständigungsproblemen mit dem/der<br />

Arzt/Ärztin erschwert werden. Ein/Eine Arzt/<br />

Ärztin, der seinen/seine Patienten/Patientin<br />

sprachlich nicht verstehen kann <strong>und</strong> darüber<br />

hinaus auch dessen ethnische Besonderheiten<br />

nicht kennt, hat natürlich Schwierigkeiten,<br />

seine/ihre Behandlung durchzuführen. Manche<br />

Vietnamesen/-innen gehen bei auftretenden<br />

Krankheiten nicht sofort zum/zur Arzt/<br />

Ärztin, wenn sie nicht gleich einen/eine Dolmetscher/in<br />

gef<strong>und</strong>en haben.<br />

Die Vietnamesen/-innen haben die erste Phase<br />

der Integration, die so genannte Phase des<br />

Kulturschocks in der DDR-Zeit, aufgr<strong>und</strong> der<br />

damaligen Rechtslage ohne es zu merken<br />

überw<strong>und</strong>en. Sie befinden sich jetzt in der<br />

zweiten Phase ihrer Integration, der so genannten<br />

Phase des Kulturwandels, in der mit<br />

Sicherheit die Anzahl der psychisch erkrankten<br />

Vietnamesen/-innen zunehmen wird. Leider<br />

gibt es noch keine Untersuchungen, die über<br />

das Auftreten möglicher kultur- <strong>und</strong> herkunftsabhängiger<br />

Störungen f<strong>und</strong>iert Auskunft geben<br />

könnten.<br />

Die häufigen Erkrankungen, die in den<br />

Beratungsstellen sichtbar sind:<br />

■ Lungenentzündung<br />

■ Hepatitis B<br />

■ Rückenschmerzen<br />

■ Rheuma<br />

■ Magen-Darmerkrankung<br />

■ Allergien / Hautprobleme<br />

■ Sucht<br />

2. Angebote<br />

Spezifische Angebote <strong>für</strong> diese Zielgruppe gibt<br />

es kaum. Einige Regeldienste haben sich<br />

allerdings <strong>für</strong> diese Zielgruppe interkulturell<br />

geöffnet wie zum Beispiel die Schwangerenberatung<br />

in Marzahn-Hellersdorf. Einige wenige<br />

vietnamesischsprachige Ärzt/innen sind<br />

völlig überlaufen.<br />

In den Handelszentren gibt es (illegale) Angebote<br />

der traditionellen Medizin, die stark<br />

beansprucht werden. Vielleicht sollte darüber<br />

nachgedacht werden, wie solche Angebote zur<br />

Verbesserung der ges<strong>und</strong>heitlichen Versorgung<br />

der Vietnamesen/-innen in die hiesige<br />

33


34<br />

Kapitel 3 Familien mit vietnamesischem Migrationshintergr<strong>und</strong> Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>netzwerke einbezogen werden<br />

können. Da keine vietnamesischen Kinderärzt/innen<br />

<strong>und</strong> insbesondere Kinderpsycholog/innen<br />

vorhanden sind, wird häufig der<br />

Besuch beim/bei der Kinderarzt/-ärztin nur im<br />

Notfall wahrgenommen, wobei auch die korrekte<br />

Anwendung von Medikamenten Unsicherheiten<br />

birgt. Es mehren sich die Fälle von<br />

Selbständigen ohne Krankenversicherung. Es<br />

fehlen gänzlich Angebote <strong>für</strong> Frührentner/innen<br />

aus ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen <strong>und</strong> vor<br />

allem Angebote <strong>für</strong> Behinderte.<br />

Hier ist es notwendig, dass Informationen über<br />

das Helfersystem in der Muttersprache bei der<br />

Zielgruppe ankommen. Die Angebote der<br />

Suchtberatung <strong>und</strong> -prävention im Bezirk<br />

greifen bei dieser Gruppe nicht (Sprachbarriere,<br />

Fehlen von Fachleuten mit vietnamesischer<br />

Kulturkompetenz). Ein sehr großes<br />

Problem mit allen negativen Folgen bildet die<br />

Verständigung mit Ärzt/innen auf Gr<strong>und</strong><br />

sprachlicher <strong>und</strong> in erster Linie kultureller<br />

Schranken. Dolmetschleistungen werden von<br />

den Krankenkassen nicht bezahlt, daher<br />

werden <strong>für</strong> die Übersetzung Familienmitglieder<br />

oder Muttersprachler/innen zumeist aus fachfremden<br />

Berufen hinzugezogen, die zwar<br />

besser Deutsch können, aber doch nicht in der<br />

Lage sind, komplizierte medizinische Zusammenhänge<br />

zu vermitteln. Das führt zwangsläufig<br />

zu zusätzlichen Übermittlungs- <strong>und</strong><br />

Offenbarungsschwierigkeiten <strong>und</strong> zu Missverständnissen.<br />

Die Ethnomedizin war als Ausbildungsinhalt<br />

kein Bestandteil der Arzt/Ärztinausbildung der<br />

meisten im Bezirk niedergelassenen Ärzt/innen.<br />

Inwieweit Fortbildungsangebote auf dem<br />

Gebiet wahrgenommen werden, ist uns unbekannt.<br />

Folgen vor allem der kulturellen<br />

Verständigungsschwierigkeiten sind verspätete<br />

oder Fehldiagnosen, ein Kreislauf aus<br />

immer weiteren Überweisungen der Patienten<br />

mit negativen pathologischen Organbef<strong>und</strong>en,<br />

immer invasivere Untersuchungen <strong>und</strong> Medikationen<br />

<strong>und</strong> letztendlich kostenintensivere<br />

<strong>und</strong> unbefriedigendere Ergebnisse – <strong>für</strong><br />

den/die Arzt/Ärztin <strong>und</strong> <strong>für</strong> den/die Patient/in,<br />

die beide Seiten frustrieren. Es ist darüber<br />

ernsthaft nachzudenken, wie die zweite Generation<br />

mit besten schulischen Leistungen zu<br />

Berufen im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesen hingelenkt werden<br />

kann.<br />

3. Ausblick<br />

Die Beratungsangebote des Regionalen Sozialdienstes<br />

des Sozialamtes (RSD) werden<br />

vornehmlich von vietnamesischen Rat-Suchenden<br />

genutzt, die sich weitestgehend in Deutsch<br />

verständigen können <strong>und</strong> dadurch relativ gut<br />

integriert sind. Zur Klärung der Belange (Sozialhilfeantragsaufnahme,<br />

Anhörungen gem.<br />

§ 7 Abs. 4 AsylblG <strong>und</strong> ähnliches) von Vietnamesen/innen<br />

mit unzureichenden Deutschkenntnissen<br />

setzt das Sozialamt ein/eine<br />

Sprachmittler/in ein, die/der ebenso im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>amt<br />

Einsatz findet.<br />

Es wird vom RSD nach wie vor festgestellt, dass<br />

sich die Angehörigen dieser Zielgruppe kaum<br />

öffnen <strong>und</strong> somit keine Probleme erkennen<br />

lassen, sie wollen nicht auffallen <strong>und</strong> leben<br />

zurückgezogen. Schwierigkeiten werden im<br />

Familienverband oder mit vertrauten Landsleuten<br />

bewältigt.<br />

Unabhängig davon fühlt sich der RSD dennoch<br />

verantwortlich, auch den Vietnamesen/innen<br />

Unterstützung in der Wahrnehmung ihrer<br />

Rechte anzubieten, die noch keine Chance zum<br />

Erlernen der deutschen Sprache hatten: Gegenwärtig<br />

ist der RSD in Zusammenarbeit mit<br />

einer Sprachmittlerin dabei, zum Erreichen<br />

dieser Zielgruppe entsprechende Informationsmaterialien<br />

wie Flyer <strong>und</strong> Wegweiser auf<br />

Vietnamesisch zu erarbeiten, welche dann mit<br />

den Stadtteil- bzw. soziokulturellen Zentren<br />

<strong>und</strong> den spezialisierten Diensten freier Träger<br />

abgestimmt werden sollen.<br />

Zur Erweiterung der interkulturellen Kompetenzen<br />

wurde die Teilnahme von Mitarbeiter/innen<br />

des Sozialamtes an entsprechenden<br />

Fortbildungen <strong>und</strong> Diversity-Trainings ermöglicht.<br />

Es wird gezielt die Nachbarschaftsarbeit<br />

<strong>für</strong> <strong>und</strong> mit Vietnamesen/innen gefördert<br />

(siehe oben), weil dadurch Schwellen gesenkt<br />

werden <strong>und</strong> vor Ort im unmittelbaren Lebensbereich<br />

Unterstützung gewährt oder organisiert<br />

werden kann. Das gewonnene Vertrauen<br />

kann dann in das Nachbarschaftsleben münden,<br />

was Integration fördert.<br />

Für Vietnamesen/-innen ohne deutsche<br />

Sprachkenntnisse, die Fachdienste des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>amtes<br />

aufsuchen, wird eine Sprachmittlerin<br />

eingesetzt, die sich seit dem<br />

01.01.2007 im Personalüberhangseinsatz befindet.<br />

Eine Festeinstellung im Zentrum <strong>für</strong><br />

Sexuelle Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Familienplanung ist<br />

vorgesehen. Mit der Einbeziehung der Sprachmittlerin<br />

in die Klientenarbeit sind der sprachliche<br />

Zugang <strong>und</strong> damit ein individuelles Beratungsgespräch<br />

möglich. Sozialarbeiter/innen<br />

des bezirklichen <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>dienstes führen<br />

regelmäßig im Haus „urban-social“ in enger<br />

Zusammenarbeit mit einer Kinderärztin Sprechst<strong>und</strong>en<br />

<strong>für</strong> minderjährige Mütter durch. Ebenfalls<br />

führen sie bei Familien mit Neugeborenen<br />

<strong>und</strong> Säuglingen Hausbesuche <strong>und</strong> Beratungen<br />

vor Ort sowie regelmäßige Sprechst<strong>und</strong>en mit<br />

Beratung zu Säuglingen <strong>und</strong> Kleinkindern<br />

durch. Ärzt/innen <strong>und</strong> Sozialarbeiter/innen<br />

nehmen an Weiterbildungen zu migrationsspezifischen<br />

Fragen ihres Fachgebietes teil.<br />

Kontakt:<br />

Phan Huy Thao<br />

Reistrommel e.V.<br />

Märkische Allee 414<br />

12689 Berlin<br />

Tel.: 030/ 21 75 85 49<br />

info@reistrommel-ev.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 3 Familien mit russischem Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Familien mit russischem Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Marina Bondarew, Club Dialog e.V.<br />

Der Club Dialog e.V. wurde 1988 von Bürger/innen<br />

der ehemaligen Sowjetunion in Ost-<br />

Berlin als unabhängige Interessenvertretung<br />

gegründet. Dialog ist ein viel besuchter russisch-deutscher<br />

Begegnungsort sowie Mittler<br />

zwischen beiden Kulturkreisen deutsch- <strong>und</strong><br />

russischsprachiger Menschen.<br />

1. Club in der Friedrichstraße<br />

Kommunikations-, Informations- <strong>und</strong><br />

Beratungszentrum (KIB)<br />

Friedrichstr. 176-179, 10117 Berlin<br />

Tel.: 030-2044859, Fax.: 030 2044610<br />

info@club-dialog.de<br />

Der Club in der Friedrichstraße ist ein viel<br />

besuchter Ort der Begegnung, des Informationsaustausches<br />

<strong>und</strong> des kulturellen Dialoges,<br />

der russisch- wie deutschsprachigen Berliner/innen<br />

offen steht<br />

Wir bieten unseren Besucher/innen:<br />

■ Information <strong>und</strong> Beratung zu sozialen <strong>und</strong><br />

juristischen Fragen, psychologische<br />

Beratung<br />

■ Informationsveranstaltungen, thematische<br />

Veranstaltungen <strong>und</strong> Seminare zu<br />

„Russlanddeutschen <strong>und</strong> ihrer Geschichte“,<br />

„Migration <strong>und</strong> Integration aus Osteuropa“,<br />

„Das Russisch Berlin“ u.a.<br />

■ Literaturveranstaltungen, Präsentationen,<br />

Konzerte, Ausstellungen, Diskussionen,<br />

thematische Reihen „Meine Geschichte“,<br />

„die Deutschen <strong>und</strong> wir“, „Ost-Westkreuzung<br />

Berlin“ u.a.<br />

■ Treffen von Interessengruppen <strong>und</strong> Klubs,<br />

z.B. „Der weibliche Blick“<br />

■ Literaturstudio, Klub 50 +; Klub „Sphäre“<br />

usw.<br />

KIB wird von der Senatsverwaltung <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> Soziales, dem Büro des Beauftragten<br />

<strong>für</strong> Integration <strong>und</strong> Migration <strong>und</strong> der gsub<br />

gefördert.<br />

2. „Schalasch“-Mitte – Das interkulturelle<br />

Jugendzentrum<br />

Lindower Str. 18, 13347 Berlin<br />

Tel.: 030- 28599485, Fax.: 030- 28599486<br />

Ansprechpartner/innen: Walentina Zapp,<br />

Irina Kuzmin<br />

Das interkulturelle Jugendzentrum „Schalasch“<br />

steht seit 1995 jungen Menschen unterschiedlicher<br />

Nationalitäten offen. Besonders beliebt<br />

ist das „Schalasch“ unter russischsprachigen<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen. Es fördert ihre<br />

Integration, unterstützt ihre Initiativen <strong>und</strong> hilft<br />

ihnen, den eigenen Weg unter den neuen<br />

Lebensbedingungen zu finden.<br />

„Schalasch“ bietet:<br />

■ Beratung zu Fragen der Schul- <strong>und</strong> Berufsbildung,<br />

Hilfe beim Zusammenstellen von<br />

Bewerbungsunterlagen, Vorbereitung auf<br />

Vorstellungsgespräche, Suche nach Ausbildungsplätzen<br />

■ Hausaufgabenhilfe <strong>und</strong> Nachhilfeunterricht<br />

in Mathematik, Chemie, Physik, Deutsch,<br />

Englisch <strong>und</strong> Russisch<br />

■ Kunstschule <strong>für</strong> Vorschulkinder<br />

■ Mädchentreff<br />

■ Musikstudio, Bollywoodtänze <strong>und</strong><br />

Orientalischer Tanz<br />

■ Kindermusiktheater <strong>und</strong> Jugendtheater –<br />

offene Gruppen<br />

■ Kurse in Selbstverteidigung, Hapkido <strong>und</strong><br />

Taek Wondo <strong>für</strong> Kinder <strong>und</strong> Jugendliche<br />

■ Internationaler Jugendaustausch,<br />

Jugendreisen, Fahrradtouren in die<br />

Umgebung Berlins<br />

■ Jugendcafé mit Musik, Billard <strong>und</strong> Internet<br />

„Schalasch-Mitte“ wird finanziert von der Senatsverwaltung<br />

<strong>für</strong> Jugend, Kultur <strong>und</strong> Sport,<br />

der Jugendförderung des Bezirks Mitte <strong>und</strong> der<br />

gsub.<br />

3. Schalasch-Ost<br />

Kinder- <strong>und</strong> Jugendzentrum Berlin-Marzahn<br />

Wuhletalstraße 70, 12687 Berlin<br />

Tel.: 030-93492331, Fax.: 030-93495845<br />

Ansprechpartner/in: Julia Merian<br />

Im Mai 2000 eröffnete der Club Dialog den<br />

Kinder- <strong>und</strong> Jugendklub „Schalasch-Ost“ im<br />

Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf von Berlin, in<br />

dem ca. 28.000 russischsprachige Berliner/innen<br />

wohnen. Zu den wichtigsten Aufgaben des<br />

Klubs gehören Integrations- <strong>und</strong> Orientierungshilfen<br />

<strong>für</strong> Kinder <strong>und</strong> Jugendliche, Entwicklung<br />

ihrer kreativen Fähigkeiten <strong>und</strong> Unterstützung<br />

einer ges<strong>und</strong>en Lebensweise.<br />

Der Klub „Schalasch-Ost“ bietet vielfältige <strong>und</strong><br />

interessante Möglichkeiten der Freizeitgestaltung:<br />

■ Kreativstudio <strong>für</strong> Vorschulkinder: Malen,<br />

Sport <strong>und</strong> Spiele<br />

■ Computerprojekte <strong>für</strong> Jugendliche/Internet<br />

■ Kreativwerkstatt <strong>für</strong> Mädchen: „Das kann<br />

ich selbst…“<br />

■ Gemeinsam kochen <strong>und</strong> essen – Schule <strong>für</strong><br />

ges<strong>und</strong>e Ernährung<br />

■ Freizeit mit Fahrrad: Ausleihe, Ausflüge,<br />

Reparieren<br />

■ Skaterclub<br />

■ Im Sommer auf den Außenplätzen:<br />

Volleyball, Basketball, Skateboard<br />

■ Im Winter in den Innenräumen: Tischtennis,<br />

Billard, Jugendcafé<br />

■ Projekte <strong>für</strong> Schulen <strong>und</strong> Kindergärten<br />

■ „Klub 30 +“, „Freitagsklub“ <strong>für</strong> Familien,<br />

Anglerklub <strong>für</strong> Jugendliche <strong>und</strong> Erwachsene,<br />

Touristikklub<br />

■ Beratung zur Berufsorientierung <strong>für</strong><br />

Migranten<br />

Die Jugendlichen sind durch einen Jugendrat an<br />

der Leitung des Klubs vertreten.<br />

4. Integrationscollege im Club Dialog e.V.<br />

Lindower Str. 18, 13347 Berlin<br />

Tel.: 030-28389152<br />

Ansprechpartner/innen: Marina Bondarew,<br />

Tsasa Neitzel<br />

■ Beratung in Russisch <strong>und</strong> Deutsch in den<br />

Bereichen Bildung, Qualifizierung,<br />

Anerkennung von Schul- <strong>und</strong><br />

Berufsausbildung<br />

■ Sprachkurse in Deutsch, Englisch <strong>und</strong><br />

Russisch<br />

■ Computerkurse<br />

■ Seminare zur Berufs- <strong>und</strong><br />

Arbeitsmarktorientierung<br />

■ Nachhilfeunterricht in Deutsch, Französisch,<br />

Englisch<br />

■ Abendkurse <strong>für</strong> Arbeitstätige in Deutsch,<br />

Englisch <strong>und</strong> Russisch sowie Computerkurse<br />

■ Samstagscollege <strong>für</strong> Kinder <strong>und</strong> Eltern<br />

Das Integrationscollege im Club Dialog e.V.<br />

wird gefördert durch den Europäischen Sozialfond<br />

<strong>und</strong> das Land Berlin<br />

Kontakt:<br />

Marina Bondarew, Club Dialog e.V.<br />

Friedrichstraße 176-179, 10117 Berlin<br />

info@club-dialog.de<br />

35


36<br />

Kapitel 4 Das Netzwerk „R<strong>und</strong> um die Geburt“ in Berlin Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Kapitel 4<br />

Netzwerke zur <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Das Netzwerk „R<strong>und</strong> um die Geburt“ in Berlin<br />

Ingrid Papies-Winkler, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg<br />

Einführung<br />

1995 wurde in Berlin-Kreuzberg die erste bezirkliche<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>konferenz zur „Standortbestimmung<br />

des Kreuzberger <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesens“<br />

mit ca. 150 Akteuren der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

<strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>versorgung<br />

durchgeführt. Ein Ziel, das von den beteiligten<br />

Akteuren formuliert wurde, sollte die <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

von Schwangeren <strong>und</strong><br />

jungen Familien sein, insbesondere die Verbesserung<br />

der Zugangswege zu sozial benachteiligten<br />

Zielgruppen – oftmals Familien<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong>.<br />

Ergebnisse der Berliner <strong>und</strong> der bezirklichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>berichterstattung sowie Befragungen<br />

von Gynäkologen/innen <strong>und</strong> Hebammen<br />

zeigen auf, dass die Inanspruchnahme von Vor<strong>und</strong><br />

Nachsorge r<strong>und</strong> um die Geburt von Frauen<br />

mit türkischem Migrationshintergr<strong>und</strong> deutlich<br />

geringer ist. Die Auswertung Berliner Perinataldaten,<br />

bezogen auf türkischstämmige Migrant/innen<br />

von 1993 – 1999 (David 2005),<br />

zeigt außerdem, dass das „Risiko Migrationshintergr<strong>und</strong>“<br />

immer noch zuzutreffen scheint,<br />

insbesondere in Bezug auf einen schlechteren<br />

Zustand des Kindes nach der Geburt.<br />

Auch der Berliner Basisbericht 2006/2007 zu<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong> Sozialdaten bestätigt ausdrücklich<br />

den Handlungsbedarf im Bereich von<br />

Schwangeren <strong>und</strong> jungen Familien mit Migrationshintergr<strong>und</strong>.<br />

So wird eine erhöhte<br />

Säuglingssterblichkeit <strong>und</strong> die geringere Inanspruchnahme<br />

von Früherkennungsuntersuchungen<br />

benannt.<br />

Die Zahl der Geburten betrug 2007<br />

2.857<br />

davon 45 Prozent Deutsche<br />

34 Prozent mit türkischem<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

2 Prozent mit Migrationshintergr<strong>und</strong> der<br />

westlichen Industrieländer<br />

5 Prozent mit Migrationshintergr<strong>und</strong> des<br />

ehemaligen Ostblocks<br />

14 Prozent mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

sonstiger Staaten<br />

Aufbau <strong>und</strong> Arbeitsweise des Netzwerkes<br />

Unter Federführung der Plan- <strong>und</strong> Leitstelle<br />

Ges<strong>und</strong>heit bildete sich in Folge der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>konferenz<br />

ein Arbeitskreis mit weiteren<br />

folgenden Zielsetzungen:<br />

■ Mitwirkung bei der bezirklichen<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>planung<br />

■ Verbesserung der Kooperation zwischen<br />

allen Einrichtungen <strong>und</strong> Personen, die mit<br />

Schwangeren <strong>und</strong> jungen Familien arbeiten<br />

■ Stärkung der Elternkompetenz<br />

■ Identifizierung von Versorgungslücken<br />

■ Initiierung von notwendigen Maßnahmen<br />

<strong>und</strong> Projekten<br />

■ Vermeidung von Doppelangeboten<br />

Der Arbeitskreis entwickelte sich zu einem<br />

interdisziplinären, ressort- <strong>und</strong> trägerübergreifenden<br />

Netzwerk mit ca. 40 beteiligten Einrichtungen<br />

auf freiwilliger Basis: Das Netzwerk<br />

ist gekennzeichnet durch eine stabile Kontinuität<br />

der Mitglieder. Die Netzwerksteuerung<br />

obliegt der Plan- <strong>und</strong> Leitstelle in enger Anbindung<br />

an den politischen Dezernenten <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit. Ziele, Handlungsschwerpunkte<br />

<strong>und</strong> -strategien werden partizipativ entwickelt<br />

<strong>und</strong> jeweils mit den geeigneten Kooperationspartner/innen<br />

umgesetzt.<br />

Im Folgenden finden Sie ausgewählte Arbeitsergebnisse<br />

im Rahmen der Netzwerkentwicklung:<br />

■ Von der Plan- <strong>und</strong> Leitstelle <strong>und</strong> dem<br />

Netzwerk wurde die Einrichtung des<br />

Geburtshauses Kreuzberg wesentlich<br />

unterstützt. R<strong>und</strong> 50 Prozent der Frauen, die<br />

bis 1995 im ersten Geburtshaus Charlottenburg<br />

entbanden, kamen aus Kreuzberg <strong>und</strong>


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 4 Das Netzwerk „R<strong>und</strong> um die Geburt“ in Berlin<br />

Neukölln. Das Bezirksamt stellte 1996 dem<br />

Geburtshaus Räume des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>amtes<br />

<strong>für</strong> ambulante Entbindungen <strong>und</strong> Vor- <strong>und</strong><br />

Nachbetreuungen von Schwangeren zur<br />

Verfügung. Besonders wurde darauf hingewirkt,<br />

dass eine räumlich <strong>und</strong> fachlich<br />

enge Kooperation mit dem Vivantes Klinikum<br />

„Am Urban“ <strong>und</strong> dem <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>amt<br />

stattfindet. Inzwischen wurde das Geburtshaus<br />

zu einer Berlinweit anerkannten Einrichtung<br />

mit vielen Kursangeboten. Etwa<br />

1.500 Kinder wurden bisher ambulant<br />

entb<strong>und</strong>en.<br />

■ Das Zentrum <strong>für</strong> sexuelle Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Familienplanung des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>amtes,<br />

Albatros-Lebensnetz e.V. <strong>und</strong> Balance e.V.<br />

beraten <strong>und</strong> betreuen Schwangere <strong>und</strong><br />

Familien ärztlich <strong>und</strong> sozialpädagogisch.<br />

Auch Nichtversicherte <strong>und</strong> Menschen ohne<br />

Aufenthaltsstatus erhalten Hilfe <strong>und</strong><br />

Behandlung. Im Zentrum <strong>für</strong> sexuelle<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Familienplanung haben ca.<br />

55 Prozent der Klienten/innen einen<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong>. Mit anderen<br />

Netzwerkeinrichtungen wird eng kooperiert.<br />

■ Der Kinder- <strong>und</strong> Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst<br />

führt neben ärztlichen Untersuchungen <strong>und</strong><br />

sozialpädagogischen Beratungen regelmäßig<br />

Hausbesuche bei Neugeborenen <strong>und</strong><br />

deren Eltern sowie Besuche bei jungen<br />

Müttern im Vivantes Klinikum „Am Urban“<br />

<strong>und</strong> im Klinikum im Friedrichshain durch, um<br />

so frühzeitig insbesondere sozial Benachteiligte<br />

zu erreichen, die Hilfe benötigen <strong>und</strong><br />

aus eigener Initiative die Dienste nicht in<br />

Anspruch nehmen. Für junge Eltern mit<br />

Schreibabys wird kostenlos emotionale<br />

Erste Hilfe angeboten, auch niedrigschwellig<br />

in Familien- <strong>und</strong> Nachbarschaftszentren.<br />

Eine enge Kooperation mit freiberuflichen<br />

Hebammen findet statt.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der erhöhten Säuglingssterblichkeit<br />

im Bezirksteil Kreuzberg wurde Anfang der<br />

90er Jahre ein spezielles Angebot <strong>für</strong> Familien<br />

mit besonderem Unterstützungsbedarf nach<br />

der Geburt geschaffen. Zwei Kinderkrankenschwestern,<br />

mit festen Personalstellen im<br />

Kinder- <strong>und</strong> Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst, beraten<br />

<strong>und</strong> betreuen Familien bis zum ersten Lebensjahr<br />

des Kindes kostenlos zu Fragen wie Stillen,<br />

Säuglingspflege, Ernährung von Mutter <strong>und</strong><br />

Kind, Schlaf- <strong>und</strong> Wachrhythmus. Das Angebot<br />

wird zu etwa 50 Prozent von Familien nichtdeutscher<br />

Herkunft wahrgenommen <strong>und</strong> umfasst<br />

auch Nicht-Versicherte. Zur Unterstützung<br />

von Kindern <strong>und</strong> Familien stehen auch Physiotherapeuten/innen,<br />

Ergotherapeuten/innen<br />

<strong>und</strong> Logopäden/innen durch den Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst zur Verfügung, die<br />

regelmäßig Kitas besuchen. Zur Sprach- <strong>und</strong><br />

Kulturmittlung wird der Gemeindedolmetschdienst<br />

<strong>für</strong> 20 Sprachen auf Honorarbasis eingesetzt.<br />

■ FuN-Familie <strong>und</strong> Nachbarschaft, unterstützt<br />

vom Diakonischen Werk Berlin-Brandenburg,<br />

bietet seit 2007 durch freiwillige Helfer<br />

des Projekts Känguru jungen Eltern Unterstützung<br />

in den ersten sechs Monaten nach<br />

der Geburt.<br />

■ Stützrad e.V., ebenfalls ein freier Träger der<br />

Jugendhilfe, bietet seit 2008 mit dem Projekt<br />

Wellcome im Ortsteil Friedrichshain Hilfe<br />

durch Ehrenamtliche <strong>für</strong> Eltern mit Neugeborenen<br />

in enger Kooperation mit der Geburtsklinik<br />

im Friedrichshain.<br />

■ Im Rahmen der Diskussion zur Überwindung<br />

von Zugangsbarrieren, insbesondere bei<br />

türkischen Schwangeren <strong>und</strong> Familien<br />

traditioneller Herkunft, wurde die gemeinsame<br />

Projektidee entwickelt, eine Elternschule<br />

im Klinikum „Am Urban“ einzurichten.<br />

Über 50 Prozent der Entbindungen<br />

dort werden bei Frauen türkischer Herkunft<br />

vorgenommen. Eine Initiative von<br />

Hebammen bietet muttersprachliche<br />

Beratung <strong>und</strong> Betreuung sowie Kurse<br />

zur Geburtsvorbereitung <strong>und</strong> Rückbildung<br />

an.<br />

Alle türkischen Schwangeren erhalten vom<br />

Krankenhaus eine individuelle Beratung <strong>und</strong><br />

Betreuung <strong>und</strong> die feste Zuordnung einer<br />

Hebamme. Das Projekt wird im Rahmen des<br />

„<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>fördernden Krankenhauses“ unterstützt.<br />

In der Kinderklinik im Friedrichshain<br />

wurde ebenfalls eine Elternschule eingerichtet,<br />

in enger Kooperation mit dem angegliederten<br />

Sozialpädiatrischen Zentrum. Hier ist außerdem<br />

eine kompetente Anlaufstelle <strong>für</strong> Wochenbettdepressionen.<br />

■ Im St. Joseph-Krankenhaus wurde ein<br />

Angebot <strong>für</strong> Eltern, Babys <strong>und</strong> Kleinkinder<br />

(null – drei Jahre) eingerichtet bei Schrei-,<br />

Schlaf- <strong>und</strong> Fütterproblemen. Eine Zertifizierung<br />

durch die WHO als stillfre<strong>und</strong>liches<br />

Krankenhaus ist erfolgt.<br />

■ R<strong>und</strong> 40 freie Hebammen bieten in<br />

Friedrichshain-Kreuzberg Schwangerenberatung,<br />

Vorbesuche <strong>und</strong> acht Hausbesuche<br />

nach der Geburt an (Finanzierung<br />

durch die Krankenkassen) sowie<br />

Geburtsvorbereitungs- <strong>und</strong> Rückbildungskurse.<br />

Die Inanspruchnahme von Hebammen<br />

liegt derzeit bei ca. 70 Prozent. Einige<br />

Hebammen arbeiten eng mit Gynäkologen/innenpraxen<br />

zusammen <strong>und</strong> bieten<br />

dort ihre Dienste an. In Berlin gab es bisher<br />

keine Familienhebammen. Als Modellprojekt<br />

werden ab 2009 Familienhebammen in<br />

Friedrichshain-Kreuzberg eingesetzt. Die<br />

Qualifizierungsmaßnahme wird von der<br />

Senatsverwaltung Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong><br />

Verbraucherschutz finanziert.<br />

■ Das Interkulturelle Familienzentrum<br />

Waldemarstraße ist Treffpunkt <strong>für</strong> Familien<br />

in einem sozialen Brennpunkt. Türkisch- <strong>und</strong><br />

arabischsprachige Mitarbeiter/innen bieten<br />

Beratung, Familienbildung <strong>und</strong> Vätergruppen<br />

an <strong>und</strong> begleiten Eltern-Kind- <strong>und</strong><br />

Selbsthilfegruppen.<br />

■ Durch den Kinder- <strong>und</strong> Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst<br />

wird Babymassage <strong>und</strong> Beratung<br />

vor Ort angeboten, darüber hinaus ein<br />

Kurs zur ges<strong>und</strong>en Ernährung <strong>und</strong> Bewegung<br />

aus dem Projekt „Ges<strong>und</strong> sind wir<br />

stark! – Sagˇliki daha güçlüyüz!“.<br />

37


38<br />

Kapitel 4 Das Netzwerk „R<strong>und</strong> um die Geburt“ in Berlin Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

■ Das Familienzentrum Mehringdamm, TAM<br />

(Treffpunkt am Mehringplatz) <strong>und</strong> FUN<br />

(Familie <strong>und</strong> Nachbarschaft) bieten Beratung<br />

<strong>und</strong> Betreuung <strong>für</strong> Schwangere <strong>und</strong><br />

junge Familien an sowie Eltenbildung,<br />

stellen Räume <strong>für</strong> Eltern-Kind-Gruppen zur<br />

Verfügung <strong>und</strong> bieten einen Spielraum <strong>für</strong><br />

Bewegung an. Familienzentrum <strong>und</strong> TAM<br />

haben einen erhöhten Anteil von Familien<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong>. Das Familienzentrum<br />

entwickelt sich zur Zeit zu einem<br />

Early Excellence-Zentrum nach britischem<br />

Vorbild, in dem die gezielte Förderung von<br />

Vorschulkindern <strong>und</strong> die Unterstützung <strong>und</strong><br />

Entlastung der Eltern Ziel ist. Im TAM<br />

wurden 30 Stadtteilmütter qualifiziert zur<br />

Unterstützung von Familien mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> als Mittler<br />

zwischen den Einrichtungen. Das Projekt<br />

wird wissenschaftlich begleitet <strong>und</strong><br />

evaluiert.<br />

■ Das Stadtteilzentrum Lausitzer Straße bietet<br />

einen Mütter-Treff <strong>und</strong> eine Schreibabyambulanz<br />

an. Auch hier wird eng mit Hebammen,<br />

Kinder- <strong>und</strong> Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst<br />

<strong>und</strong> anderen Einrichtungen kooperiert.<br />

■ Die Mannege e.V. ist Anlaufstelle <strong>für</strong> Väter.<br />

Neben Väterberatungen <strong>und</strong> –gruppen wird<br />

die Bedeutung des Vaters in gemeinsamen<br />

Fachtagungen <strong>und</strong> in Medien thematisiert.<br />

■ Mit diversen Trägern von Familien- <strong>und</strong><br />

Jugendhilfemaßnahmen, wird im Rahmen<br />

von ambulanten Hilfen zur Erziehung<br />

kooperiert mit verschiedenen Netzwerkpartnern.<br />

Bei einigen Trägern stehen<br />

Familienhelfer mit interkulturellen Kompetenzen<br />

<strong>und</strong> in ca. 15 Sprachen zur Verfügung.<br />

■ Wegweiser <strong>für</strong> Schwangere <strong>und</strong> Wegweiser<br />

<strong>für</strong> junge Familien in Friedrichshain-Kreuzberg<br />

wurden von der Plan- <strong>und</strong> Leitstelle<br />

erstellt <strong>und</strong> regelmäßig aktualisiert. Zusätzlich<br />

wurden Informationsmaterialien <strong>für</strong><br />

Schwangere <strong>und</strong> Familien in türkischer <strong>und</strong><br />

russischer Sprache herausgegeben. Vom<br />

interkulturellen Bayouma-Haus wurden<br />

Informationsmaterialien, wie z. B. der<br />

Impfplan, erarbeitet <strong>und</strong> in verschiedene<br />

Sprachen übersetzt, ebenso Materialien zur<br />

Unfallprävention.<br />

■ Ärzte- <strong>und</strong> Anwälte-Wegweiser mit<br />

Sprachkompetenzen wurden erstellt.<br />

■ Im Januar 2007 ist das <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderungsprojekt<br />

„Ges<strong>und</strong> sind wir stark! –<br />

Sagˇliki daha güçlüyüz!“ gestartet, das im<br />

Rahmen des Wettbewerbs „Besser essen.<br />

Mehr bewegen.“ vom B<strong>und</strong>esministerium<br />

<strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

<strong>für</strong> drei Jahre als Modellprojekt<br />

gefördert wird. Träger ist das Zentrum<br />

<strong>für</strong> angewandte <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

<strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wissenschaften (ZAGG),<br />

das in enger Kooperation mit der Plan- <strong>und</strong><br />

Leitstelle Ges<strong>und</strong>heit die Maßnahme<br />

durchführt. In enger Anbindung an das<br />

Netzwerk „<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung r<strong>und</strong> um<br />

die Geburt“ <strong>und</strong> anderer bezirklicher Netzwerkstrukturen<br />

sind zum einen 30 <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>trainer/innen<br />

geschult worden, die mit<br />

jungen Familien arbeiten. Zum anderen sind<br />

30 Migranten/innen, vorwiegend mit<br />

türkischem <strong>und</strong> arabischem Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

qualifiziert worden als <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>mentor/innen<br />

zu den Themenfeld<br />

Ernährung, Bewegung <strong>und</strong> Systemische<br />

Beratung zum Einsatz im nachbarschaftlichen<br />

Umfeld. Das Projekt wird durch<br />

Qualitätszirkel begleitet <strong>und</strong> evaluiert.<br />

■ Mitglieder des Arbeitskreises stehen<br />

anderen Einrichtungen kostenfrei als<br />

Referenten/innen <strong>und</strong> Berater/innen zur<br />

Verfügung.<br />

■ Im Rahmen eines EU-geförderten Projekts<br />

wurden 70 Migranten/innen zu Gemeindedolmetscher/innen<br />

qualifiziert. Der Gemeindedolmetschdienst<br />

kann in 20 Sprachen<br />

vermittelt werden. Projektträger ist Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin e.V. in enger Kooperation<br />

mit der Plan- <strong>und</strong> Leitstelle Ges<strong>und</strong>heit. Der<br />

Gemeindedolmetschdienst ist ein Projekt<br />

des Öffentlichen Beschäftigungssektors mit<br />

20 Teilnehmer/innen, die gemeinnützigen<br />

Einrichtungen in acht Sprachen <strong>für</strong><br />

kostenfreien Einsatz zur Verfügung stehen.<br />

Alle Sprach- <strong>und</strong> Kulturmittlerdienste stehen<br />

den Netzwerkmitgliedern zur Verfügung.<br />

■ In die Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz wurde<br />

der Schwerpunkt <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

r<strong>und</strong> um die Geburt als ein <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>ziel<br />

mit Maßnahmenempfehlungen eingebracht.<br />

Fazit<br />

Das Thema „<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung r<strong>und</strong> um<br />

die Geburt“ <strong>und</strong> insbesondere der Übergang<br />

von Schwangerschaft zur Familie wurden lange<br />

Zeit vernachlässigt. Im Fokus – auch der Jugendhilfe<br />

– standen weitgehend ältere Kinder<br />

<strong>und</strong> Familien, die der Hilfe bedurften. Diesem<br />

Defizit sollte seinerzeit mit Einrichtung des Arbeitskreises<br />

„<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung r<strong>und</strong> um<br />

die Geburt“ Rechnung getragen werden. Netzwerkarbeit<br />

erfordert einen langen Atem, personell<br />

kontinuierliche <strong>und</strong> verbindliche Koordination,<br />

gute Kenntnis kommunaler Strukturen<br />

<strong>und</strong> eine Unterstützung der Politik.<br />

Bewährt hat sich die freiwillige Teilnahme der<br />

Netzwerkmitglieder, die eine hohe Motivation<br />

<strong>und</strong> die Erkenntnis eines persönlichen oder<br />

institutionellen Nutzens bedingt. So konnten –<br />

nach persönlicher Einschätzung der Mitglieder<br />

– Konkurrenzen abgebaut werden, Kooperationen<br />

verschiedener Personen <strong>und</strong> Einrichtungen<br />

entwickelt werden, gegenseitige Erfahrungen<br />

<strong>und</strong> Wissen vermittelt <strong>und</strong> gemeinsame<br />

Projekte realisiert werden. Nach wie vor bleibt<br />

viel zu tun. Aufgr<strong>und</strong> der begrenzten personellen<br />

Ressourcen in der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong><br />

Jugendhilfe können Multiplikatorenmodelle<br />

wie „Ges<strong>und</strong> sind wir stark! – Sagˇliki daha<br />

güçlüyüz!“ Ansätze sein, um möglichst frühzeitig<br />

<strong>und</strong> präventiv Familien – insbesondere<br />

sozial Benachteiligte – durch <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

<strong>und</strong> <strong>Prävention</strong> zu erreichen. Die<br />

verstärkte Kooperation mit wissenschaftlichen<br />

Einrichtungen wäre hier sinnvoll zur Qualitätssicherung<br />

sowohl des Netzwerkes als auch<br />

einzelner Projekte. Darüber hinaus ist eine<br />

politische Unterstützung unabdingbar.<br />

Kontakt:<br />

Ingrid Papies-Winkler<br />

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg<br />

Plan- <strong>und</strong> Leistelle Ges<strong>und</strong>heit<br />

Yorckstraße 4-11<br />

10965 Berlin<br />

Tel.: 030/ 902 983 546<br />

E-Mail: gespl@ba-fk.verwalt-berlin.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 4 Vernetzung von Bewegungsförderung in Delmenhorster Kitas<br />

Vernetzung von Bewegungsförderung in<br />

Delmenhorster Kitas<br />

Dr. Johann Böhmann, Chefarzt <strong>für</strong> Kinder- <strong>und</strong> Jugendliche im Klinikum<br />

Delmenhorst<br />

Einführung<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Erfahrungen in der Kommune der<br />

vergangenen zehn Jahre erlaube ich mir, den<br />

Titel zu erweitern, in dem ich die Aktivitäten zur<br />

Bewegungsförderung nicht nur durch Vernetzungsaktivitäten<br />

erkläre, sondern selbst als ein<br />

wesentliches Moment zur Förderung der Vernetzung<br />

der Delmenhorster Kitas untereinander<br />

– <strong>und</strong> was in der aktuellen Debatte fast<br />

noch wichtiger erscheint – auch zu Einrichtungen<br />

des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>systems ansehe. Ausgangspunkt<br />

unserer Aktivitäten war vor mehr<br />

als zwölf Jahren die Analyse von Kinderunfällen.<br />

Wichtige Basis war weiterhin ein in<br />

Delmenhorst seit Jahren gut funktionierendes<br />

so genanntes „zentrales Modell“, in dem<br />

Ressourcen u.a. auch auf dem Gebiet der<br />

Psychomotorik allen Kitas zur Verfügung gestellt<br />

<strong>und</strong> zentral koordiniert werden.<br />

Aufbau <strong>und</strong> Arbeit des Netzwerkes<br />

Ich spreche über die Kommune Delmenhorst/<br />

Ganderkesee mit etwa 100.000 Einwohner/innen<br />

bzw. etwa 17.000 Kindern unter 16 Jahren.<br />

Ich berichte bewusst nicht über „tolle“ Bewegungsförderungsangebote,<br />

wie sie überall in<br />

Deutschland, teilweise auch mit kommerziellem<br />

Hintergr<strong>und</strong>, aus dem Boden schießen,<br />

<strong>und</strong> die „Verinselung der Kindheit“ eher noch<br />

fördern als diesem Trend entgegenzuwirken.<br />

Ich nehme Bezug auf viele Aussagen der<br />

vorausgegangenen Vorträge insbesondere zur<br />

sozialen Situation der Kindheit (Raim<strong>und</strong><br />

Geene), aber auch zur Entwicklungspsychologie<br />

(Hellgard Rauh), in der den motorischen<br />

Fähigkeiten eine unterschätzte Bedeutung <strong>für</strong><br />

die gesamte kognitive <strong>und</strong> emotionale Entwicklung<br />

zukommt.<br />

Ausgangspunkt unserer Vernetzungsaktivitäten<br />

war ursprünglich die Analyse von Kinderunfällen.<br />

Daraus resultierte der Versuch,<br />

neben der passiven Sicherheit, die aktive<br />

Sicherheit durch Bewegungsförderung, hauptsächlich<br />

bei psychomotorisch auffälligen<br />

Kindern, positiv zu beeinflussen. Verletzungen<br />

haben nach unseren eigenen Daten (1998-<br />

2002) nämlich im Alter von zwei bis vier Jahren<br />

ihren deutlichen epidemiologischen Gipfel <strong>und</strong><br />

die Zahl von sozial belasteten Familien insbesondere<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> ist weit<br />

überproportional hoch. Die Aktivitäten aus<br />

dem vom „R<strong>und</strong>en Tisch Unfallprävention“ in<br />

Kooperation u.a. mit der Drogenberatung, dem<br />

Kriminalpräventiven Rat <strong>und</strong> allen relevanten<br />

Behörden erfolgten in einer Struktur von<br />

Arbeitsgemeinschaften, bei denen die „AG<br />

Bewegungsförderung in der Kita“ eine zentrale<br />

Bedeutung erlangte.<br />

Daneben bestanden übrigens Arbeitsgemeinschaften<br />

<strong>für</strong> Verkehr – häusliche Unfälle – Unfallmonitoring<br />

<strong>und</strong> Senioren mit jeweils eigener<br />

Agenda <strong>und</strong> eigenen Untergruppen <strong>und</strong><br />

Akteuren. In der „AG Bewegungsförderung“<br />

waren sowohl Vertreter/innen der Kitas, als<br />

auch Lehrer/innen <strong>und</strong> Vertreter/innen von<br />

Vereinen <strong>und</strong> Privatinitiativen vertreten. Inhaltlich<br />

organisierte sich die Aktivität um den<br />

Leiter des Sprachheilkindergartens (Reinhold<br />

Leßner), der zusammen mit Vertreter/innen<br />

aus Kitas <strong>und</strong> Vereinen vor allem aus dem<br />

Gebiet der Multiplikatorenschulung eine große<br />

Zahl von engagierten Erzieher/innen erreichte.<br />

Ein Vorhaben, die Übungsleiterweiterbildung in<br />

Kooperation mit dem Landessportb<strong>und</strong><br />

Delmenhorst durchführen zu lassen, scheiterte<br />

allerdings.<br />

Erfolgreich waren Kooperationen zwischen<br />

einzelnen Kitas <strong>und</strong> Vereinen, bei denen die<br />

weitergebildeten Erzieher/innen als Übungsleiter/innen<br />

vom Verein honoriert werden,<br />

wobei die Kinder dem Verein beitreten. Sowohl<br />

Kitas als auch die Vereine profitieren von<br />

diesem nachhaltigen Projekt dreier Delmenhorster<br />

Kitas. Die Arbeitsgemeinschaft Kita in<br />

Bewegung, an der Vertreter/innen quasi aller<br />

Kitas sowie Dozent/innen der Berufsbildenden<br />

Schule teilnehmen, trifft sich mehrfach jährlich<br />

<strong>und</strong> diskutiert Themen angefangen von Sicherheit<br />

in den Kitas bis hin zur psychomotorischer<br />

Weiterbildung, Diagnostik (KTK) <strong>und</strong> Fördermaßnahmen<br />

<strong>für</strong> einzelne Kinder. Auch ein<br />

interessantes Projekt war das Reaktivieren<br />

alter Kinderspiele, das mit großer Begeisterung<br />

während eines Ganztagsseminars durchgeführt<br />

wurde. Überhaupt fanden eine große Zahl<br />

von Weiterbildungen mit etwa 20 Teilnehmern<br />

regelmäßig in Form von Workshops, gefördert<br />

vom Verein „Ges<strong>und</strong>heit im Kindesalter e.V“<br />

(www.gik-delmenhorst.de) oder auch einem<br />

örtlichen Lionsclub, statt. Hier erstreckte sich<br />

das Themenspektrum von Diagnostik bis zum<br />

Umgang mit „Problemeltern“ (Titel z.B. „kein<br />

Geld <strong>für</strong> die Gruppenkasse aber einen Handyvertrag“).<br />

In der „AG Kinderwelt ist Bewegungswelt“,<br />

ursprünglich in Kooperation mit dem<br />

Stadtsportb<strong>und</strong> Delmenhorst, werden in<br />

Kleingruppen von einem Psychomotoriker seit<br />

mehr als vier Jahren ohne Vereinszugehörigkeit<br />

Kinder wöchentlich gezielt gefördert. Die<br />

Finanzierung läuft in diesem Fall über einzelne<br />

Beiträge der Eltern <strong>und</strong> den Verein „Ges<strong>und</strong>heit<br />

im Kindesalter“. In der „Arbeitsgemeinschaft<br />

Schüler <strong>und</strong> Vereine“ (Frau Burdorf) finden sich<br />

Kooperationen zwischen Gr<strong>und</strong>schulen <strong>und</strong><br />

benachbarten Vereinen, die insbesondere im<br />

Nachmittagsangebot der verlässlichen Gr<strong>und</strong>schule<br />

von beiden Seiten angenommen werden.<br />

Aus dieser Aktivität hat sich eine Untergruppe<br />

gebildet, die Bewegungsförderung<br />

mit musikalischer Begleitung (Gitarrenworkshop)<br />

durchführt. In dieser Gruppe sind im<br />

dritten Jahr in Folge jeweils zehn Erzieherinnen<br />

durch einen Musikpädagogen mit großer<br />

Freude <strong>und</strong> Engagement weitergebildet worden<br />

<strong>und</strong> tragen die Aktivitäten in die Kitas. Fast<br />

alle Kitas in Delmenhorst haben einzelne<br />

Erzieherinnen in dieser Gruppe. Abger<strong>und</strong>et<br />

wird die Zahl der Arbeitsgemeinschaften durch<br />

eine Gruppe von Kitz-Leiterinnen mit dem Titel<br />

„Kita <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit“, wo eine Brückenbildung<br />

zum <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesen seit mehreren<br />

Jahren dazu führt, das gemeinsame Weiterbildungsveranstaltungen<br />

<strong>für</strong> jeweils 20 Erzieherinnen<br />

mit unterschiedlichen relevanten<br />

Themen durchgeführt werden. Ein sehr interessantes<br />

<strong>und</strong> wichtiges Thema war das<br />

bereits mehrfach wiederholte Projekt „Umgang<br />

mit Problemfamilien“. Es wurde von Praktikern<br />

aller Kitas rege nachgefragt.<br />

Fazit<br />

Ich habe versucht anhand von Beispielen<br />

Prinzipien einer gelingenden <strong>und</strong> nachhaltigen<br />

39


40<br />

Kapitel 4 Das Marburger <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>netzwerk „mittendrin“ Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Netzwerkarbeit im Sinne von „Viele Wege<br />

führen nach Rom, „Wer macht mit?“, „Hauptsache<br />

Fortschritte machen“ <strong>und</strong> „Aus Fehlern<br />

wird man klug“ zu illustrieren. In der anschließenden<br />

Diskussion wurden Strukturdefizite<br />

einer solchen Vernetzung ohne einen<br />

strukturellen Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> eine feste Organisationsstruktur<br />

deutlich, auch das Fehlen<br />

einer gr<strong>und</strong>legenden Evaluation durch die<br />

Abwesenheit institutioneller akademischer Un-<br />

terstützung wurde kritisch diskutiert. Neben<br />

der Anerkennung der engagierten Netzwerkarbeit<br />

erfolgte aber deutlich die Forderung,<br />

diese enger in kommunale Strukturen, trotz der<br />

notwendigen Freiheitsgrade, einzubinden. Insbesondere<br />

die Problematik der Überforderung<br />

<strong>und</strong> Belastung von Erzieherinnen durch eine<br />

Vielzahl von Projekten wurde mehrfach thematisiert,<br />

ebenfalls das Primat kognitiver Weiterbildung.<br />

Kontakt:<br />

Dr. Johann Böhmann<br />

Kinderklinikum Delmenhorst<br />

Wildeshausener Straße 92<br />

277753 Delmenhorst<br />

Tel.: 04221/ 994 401<br />

E-Mail:<br />

boehmann.hans@klinikendelmenhorst.de<br />

www.gik-delmenhorst.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 4 Das Netzwerk Bewegungsförderung in Berlin<br />

Das Marburger <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>netzwerk<br />

„mittendrin“<br />

Monika Kringe, Marburger <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>netzwerk „mittendrin“<br />

Einführung/Ziel des Netzwerkes<br />

Das Marburger <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>netzwerk <strong>für</strong> Kinder<br />

„mittendrin“ hat zum Ziel, die ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Chancengleichheit der Kinder in benachteiligten<br />

Stadtteilen zu erhöhen.<br />

Aufbau <strong>und</strong> Arbeitsweise des Netzwerkes<br />

Um die Lebenssituation der Kinder in drei Marburger<br />

Stadtteilen nachhaltig zu verbessern,<br />

haben sich 49 Marburger Akteure aus den Bereichen<br />

Soziale Arbeit, Verwaltung, Ges<strong>und</strong>heit,<br />

Medien <strong>und</strong> Wissenschaft zu einem interdisziplinären<br />

Netzwerk zusammengeschlossen.<br />

Träger des Modellprojektes ist der Marburger<br />

Verein zur Förderung bewegungs- <strong>und</strong><br />

sportorientierter Jugendsozialarbeit e.V. (bsj).<br />

Bei der Umsetzung des Modellvorhabens steht<br />

der sozialräumliche Zugang zu den Lebenswelten<br />

der Kinder <strong>und</strong> Eltern im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderliche Lebensstile der Bewohner/innen<br />

werden gestärkt <strong>und</strong> vorhandene<br />

Ressourcen im unmittelbaren Lebens<strong>und</strong><br />

Sozialraum unterstützt. Zielgruppe des<br />

Modellprojektes sind Kinder im Alter von null -<br />

zehn Jahren <strong>und</strong> ihre Familien.<br />

Gemeinsam mit sechs Kindertagesstätten, drei<br />

Horten, zwei Gr<strong>und</strong>schulen <strong>und</strong> drei Gemeinwesenvereinen<br />

in den benachteiligten Stadtteilen<br />

erreicht das Netzwerk 1100 Kinder <strong>und</strong><br />

ihre Eltern. Das Netzwerk geht von der Annahme<br />

aus, dass kommunale <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

wirkungsvoll umgesetzt <strong>und</strong> nachhaltig<br />

verankert werden kann, wenn alle Akteu-<br />

re des Gemeinwesens in den sozialräumlichen<br />

Prozess einbezogen sind. Daher ist die Beteiligung<br />

<strong>und</strong> Aktivierung der Kinder <strong>und</strong> ihrer<br />

Familien ein wesentlicher Bestandteil des Modellvorhabens.<br />

Die Maßnahmen in den Bereichen<br />

Bewegung <strong>und</strong> Ernährung werden gemeinsam<br />

mit den Bewohner/innen geplant <strong>und</strong><br />

umgesetzt. Im Bewegungsbereich ist die Unterstützung<br />

von elementaren Erfahrungen wie<br />

Klettern, Hangeln, Balancieren, Springen <strong>und</strong><br />

Laufen ein wichtiges Ziel des Netzwerkes. Im<br />

Wohnumfeld <strong>und</strong> in den Institutionen sollen<br />

Bewegungsräume erweitert werden, die die<br />

Kinder ermuntern, ihren Sozialraum zu freiem<br />

Bewegungsspiel zu nutzen.<br />

In diesem Kontext wurden die Kinder in einer<br />

breit angelegten Sozialraumerk<strong>und</strong>ung nach<br />

Verbesserungsmöglichkeiten in ihrem Wohnumfeld<br />

befragt. Die Erkenntnisse der Sozialraumerk<strong>und</strong>ung<br />

dienen der bewegungsorientierten<br />

Gestaltung des Sozialraums, z.B.<br />

gemeinsamer Bau von selbst geplanten Spielgeräten<br />

im Wohnumfeld.<br />

Der Einbezug abenteuerpädagogischer Methoden<br />

soll die Kinder unterstützen, den Sozialraum<br />

in Besitz zu nehmen <strong>und</strong> das Wohnumfeld<br />

als Spielort verstärkt zu nutzen. Sozialräumliche<br />

Bewegungsangebote <strong>für</strong> Kleinkinder<br />

<strong>und</strong> ihre Eltern werden im Rahmen von körperbezogenen<br />

Einheiten wie Erfahrungen im<br />

Wasser oder Babymassage umgesetzt.<br />

Das <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>netzwerk <strong>für</strong> Kinder „mittendrin“<br />

ernennt ges<strong>und</strong>e Ernährung zum Querschnittsthema<br />

in den Stadtteilen. Kochen<br />

lernen, Essenskulturen <strong>und</strong> Ernährungsgewohnheiten<br />

aus unterschiedlichen Nationen<br />

werden in den Stadtteilen, Kindergärten <strong>und</strong><br />

Schulen stärker thematisiert (z.B. Durchführung<br />

einer interkulturellen Essenswoche,<br />

Kocheinheiten mit Eltern <strong>und</strong> Kindern, Kochen<br />

<strong>für</strong> junge Eltern). In Kindertagesstätten <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>schulen sowie im nahen Wohnumfeld der<br />

Stadtteile werden Gemeinschaftsgärten <strong>für</strong><br />

Kinder <strong>und</strong> Familien eingerichtet. Der Aufbau<br />

<strong>und</strong> Betrieb von Gärten als Abenteuerraum<br />

bietet transparente Lernfelder <strong>für</strong> Kinder,<br />

indem er zu Naturerfahrungen <strong>und</strong> Experimentiermöglichkeiten<br />

anregt. Interkulturelle Gemeinschaftsgärten<br />

sind Lernorte <strong>für</strong> Gestaltungskompetenzen,<br />

eine Plattform <strong>für</strong> Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Orte <strong>für</strong> Identitätsrekonstruktionen<br />

in einem multikulturellen Kontext. <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

zeigt sich hier in einem<br />

sozialräumlichen, inklusiven, partizipativen<br />

<strong>und</strong> nachhaltigen Modell.<br />

Kontakt:<br />

Monika Kringe<br />

Verein zur Förderung bewegungs- <strong>und</strong><br />

sportorientierter Jugendsozialarbeit e.V. (bjs)<br />

Biegenstraße 40<br />

35037 Marburg<br />

Tel.: 06421/ 685 330<br />

E-Mail: kringe@bsj-marburg.de<br />

www.bsj-marburg.de<br />

41


42<br />

Kapitel 4 Das Netzwerk Bewegungsförderung in Berlin Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Das Netzwerk Bewegungsförderung in Berlin<br />

Tobias Prey, Bezirksamt Mitte<br />

Einführung:<br />

Die enorme Vielzahl an Bewegungsanbieter/innen<br />

<strong>und</strong> -angeboten kann nicht darüber<br />

hinwegtäuschen, dass in der zielgerichteten<br />

Ansprache <strong>und</strong> Motivation bewegungsdistanzierter<br />

Personengruppen nach wie vor<br />

Lücken bestehen. Die vorhandenen Angebote<br />

erreichen diese Gruppen nur unzureichend.<br />

Neben einer zielgruppenadäquaten Gestaltung<br />

der Angebote selbst gilt es hier, die Institutionen<br />

im Umfeld der Zielgruppe <strong>für</strong> die Bedeutung<br />

von Bewegungsförderung zu sensibilisieren<br />

<strong>und</strong> in die Lage zu versetzen, eine<br />

informierende, motivierende <strong>und</strong> vermittelnde<br />

Funktion einzunehmen.<br />

Hier<strong>für</strong> ist eine enge Vernetzung zwischen Bewegungsanbieter/innen<br />

einerseits sowie Multiplikator/innen<br />

in Einrichtungen andererseits<br />

wichtig. Der Bezirk Mitte hat in Folge einer <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>konferenz<br />

2006 ein Netzwerk Bewegungsförderung<br />

mit dem Schwerpunkt auf der<br />

Zielgruppe Kinder <strong>und</strong> Jugendliche aufgebaut.<br />

Aufbau <strong>und</strong> Arbeitsweise des Netzwerkes<br />

Das Netzwerk hat sich zunächst mit der<br />

Vertiefung der in der Konferenz aufgeworfenen<br />

Fragestellungen befasst. Schwerpunkte in der<br />

Diskussion waren:<br />

■ durch welche Schritte die Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Vernetzung zwischen Bewegungsanbieter/innen,<br />

Kinder- <strong>und</strong> Jugendeinrichtungen<br />

sowie Einrichtungen des <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wesens<br />

verbessert werden können<br />

■ welche Faktoren bei der Entwicklung<br />

bedarfsgerechter Bewegungsangebote zu<br />

berücksichtigen sind bzw. welche Maßnahmen<br />

erforderlich sind, um bestimmte<br />

(bewegungsdistanzierte) Zielgruppen<br />

überhaupt erst zu erreichen<br />

■ Bewegungsförderungsangebote in Schulen<br />

<strong>und</strong> Kitas zusammenzutragen <strong>und</strong> näher<br />

kennen zu lernen<br />

Im Anschluss daran konzentrierte sich die<br />

Arbeit stark auf die Vorstellung konkreter<br />

Projekte der Bewegungsförderung sowie der<br />

Information zu aktuellen Vorhaben <strong>und</strong> Ereignissen.<br />

Ergebnisse der Netzwerkarbeit<br />

Die Kontakte zwischen Bewegungsanbieter/innen<br />

<strong>und</strong> Multiplikator/innen im Bezirk haben<br />

sich in Folge der Netzwerkarbeit verbessert.<br />

Das Thema Bewegungsförderung wurde mittlerweile<br />

in mehreren Quartiersmanagement-<br />

Gebieten im Bezirk in Form von verschiedenen<br />

Projekten (Projekt „Fitness <strong>für</strong> Kids“ in mehreren<br />

Kitas <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulen in verschiedenen<br />

Stadtteilen, Projekt zur Wahrnehmungs- <strong>und</strong><br />

Bewegungsförderung in Kitas <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schule,<br />

bezirkliche Sportfeste, Marathonprojekt<br />

<strong>für</strong> Jugendliche, niedrigschwelliges Bewegungsprojekt<br />

in Schulen, Beteiligung des<br />

Quartiersmanagments im Rahmen des Programms<br />

„Nationale Aktionsbündnisse Ges<strong>und</strong>e<br />

Lebensstile <strong>und</strong> Lebenswelten“) des B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsminsiteriums<br />

aufgegriffen.<br />

Zur Vernetzung <strong>und</strong> Informationssammlung<br />

<strong>und</strong> -weitergabe wurde <strong>für</strong> zwei Jahre eine<br />

Koordinierungsstelle Bewegungsförderung bei<br />

der bezirklichen Arbeitsgemeinschaft der<br />

Sportvereine auf ABM-Basis eingerichtet,<br />

deren Hauptaufgabe die Entwicklung <strong>und</strong> der<br />

Aufbau einer Internet-Datenbank „Bewegungsangebote<br />

in Mitte“ (zu finden unter http://<br />

www.sportinmitte.de) war. Die Herausgabe der<br />

dort gesammelten Informationen in Form einer<br />

– mit geringem Ressourcenaufwand aktualisierbaren<br />

– Infobroschüre „Bewegungsangebote<br />

in Mitte“ ist vorgesehen, konnte aber<br />

noch nicht realisiert werden.<br />

Zur Erhebung der Vorgehensweise in der<br />

Kinderarztpraxis bei der Feststellung von<br />

Übergewicht von Kindern wurden mehrere<br />

Kinderarzt/ärztinpraxen im Bezirk befragt.<br />

Befragt wurden außerdem die bezirklichen<br />

Gr<strong>und</strong>schulen zu den bestehenden sowie den<br />

gewünschten Kooperationsformen mit externen<br />

Bewegungsanbieter/innen. Das Pädagogische<br />

Forum Mitte führte mehrere Informationsworkshops<br />

<strong>für</strong> Lehrer/innen, Erzieher/in-<br />

nen <strong>und</strong> Eltern über Zusammenhänge zwischen<br />

Lernen <strong>und</strong> Bewegungsförderung durch.<br />

Schwachstellen der Netzwerkarbeit –<br />

Netzwerkbefragung<br />

Im Laufe der gut zweijährigen Arbeit sind<br />

jedoch auch einige Schwachstellen in der<br />

Netzwerkarbeit zu Tage getreten: So ist das<br />

Netzwerk bislang ein reines Informationsnetzwerk,<br />

ohne dass Bedarfe <strong>und</strong> Handlungsansätze<br />

systematisch <strong>und</strong> explizit aus dem<br />

Netzwerk heraus verfolgt worden wären. Die<br />

Aktivitäten der Bewegungsförderung im Bezirk<br />

liefen daher bislang eher parallel zum Netzwerk<br />

<strong>und</strong> mehr oder minder losgelöst davon. Damit<br />

korrespondiert, dass sich über die Zeit der<br />

Teilnehmerkreis noch nicht so entwickelt hat,<br />

dass er die verschiedenen Funktionsbereiche in<br />

zufriedenstellender Breite abdecken würde.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wurde im November 2008<br />

eine Netzwerkbefragung durchgeführt mit<br />

Fragen zu:<br />

■ der gewünschten Funktion des Netzwerks<br />

■ der Nutzenerwartung <strong>für</strong> die eigene Arbeit<br />

■ Themenwünschen<br />

■ dem <strong>für</strong> erforderlich gehaltenen Kreis, der<br />

am Netzwerk beteiligt sein sollte<br />

■ Änderungsbedarf hinsichtlich der<br />

Organisation der Treffen


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 4 Das Netzwerk Bewegungsförderung in Berlin<br />

■ Wünschen zu Tagungsrhythmus,<br />

Arbeitsform, Informationswegen.<br />

Die Befragungsergebnisse zeigen als wichtigste<br />

gewünschte Funktionskategorien den<br />

Informations- <strong>und</strong> Erfahrungsaustausch sowie<br />

die Förderung von Kooperation auf. Als Nutzenkategorien<br />

werden dementsprechend auch<br />

vorrangig Kontakte <strong>für</strong> Kooperationen sowie<br />

Informationsgewinn benannt, aber auch<br />

Erkenntnisse <strong>für</strong> die eigene Projektentwicklung<br />

sowie mehr Mitglieder/Teilnehmer/innen am<br />

eigenen Angebot. Als fehlend wird überwiegend<br />

bemängelt, dass die Zeit zum gegenseitigen<br />

Austausch zu kurz ist – zugunsten<br />

eines zu breit angelegten Vortragsteils im<br />

Plenum, andere Arbeitsformen wie Kleingruppen<br />

oder Open Space werden in diesem<br />

Zusammenhang angeregt.<br />

Den breitesten Raum hinsichtlich Hinderungsgründen<br />

<strong>für</strong> die Teilnahme nahmen Hinweise<br />

auf Zeitmangel <strong>und</strong> Terminkonflikte ein – ein<br />

Punkt, der angesichts der nach wie vor breiten<br />

Forderung nach mehr Vernetzung zu diversen<br />

Themenfeldern <strong>und</strong> in unterschiedlichsten Funktionsbereichen<br />

unbedingt Beachtung finden<br />

muss. Hier besteht offensichtlich Handlungsbedarf,<br />

geeignete Formen des Informationsmanagements<br />

zu entwickeln.<br />

Ausblick<br />

Angestrebt wird, dem Netzwerk eine stärkere<br />

Ziel- <strong>und</strong> Handlungsorientierung zu verleihen.<br />

Die Arbeitsform wird entsprechend den<br />

Wünschen neu strukturiert werden. Großen<br />

Wert wird auch auf die Verstärkung der<br />

internen wie externen Kommunikation gelegt<br />

werden. Dadurch wird versucht, den Teilneh-<br />

merkreis zu stabilisieren <strong>und</strong> weitere wichtige<br />

Akteure hinzu zu gewinnen. Das Netzwerk<br />

Bewegungsförderung erstellt derzeit einen<br />

Internetauftritt, der unter http://www.berlin.<br />

de/ba-mitte/org/gesplanleit/gf_start.html<br />

abzurufen ist.<br />

Kontakt:<br />

Tobias Prey<br />

Bezirksamt von Mitte<br />

Abteilung Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Personal<br />

Mathilde-Jacob-Platz 1<br />

10551 Berlin<br />

Tel.: 030/ 200 932 395<br />

E-Mail: tobias.prey@ba-mitte.verwaltberlin.de<br />

43


44<br />

Kapitel 4 Das Regionale Netzwerk <strong>für</strong> soziale Arbeit München (REGSAM) Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Das Regionale Netzwerk <strong>für</strong> soziale Arbeit<br />

München (REGSAM)<br />

Martina Hartmann, Regionales Netzwerk <strong>für</strong> Soziale Arbeit München<br />

(REGSAM)<br />

Einführung<br />

REGSAM ist ein Projekt der Landeshauptstadt<br />

München <strong>und</strong> vernetzt Einrichtungen <strong>und</strong> Initiativen<br />

aus den Bereichen Soziales, Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> Schule, städtische Referate, die<br />

politischen Entscheidungsgremien auf unterster<br />

kommunaler Ebene <strong>und</strong> engagierten Bürger/innen.<br />

Es wird vom Sozialreferat der Stadt<br />

München gefördert. REGSAM umfasst regionale<br />

Netzwerke <strong>für</strong> Soziale Arbeit in 16 Münchner<br />

Regionen. Ziel ist es, unterschiedliche<br />

Angebote in diesen REGSAM-Regionen transparent<br />

zu machen. Institutionen <strong>und</strong> Dienste<br />

können durch das vernetzte Arbeiten ihre<br />

Leistungen besser koordinieren <strong>und</strong> diese<br />

durch optimale Ausnutzung ihrer Ressourcen<br />

bedarfsgerechter gestalten. Engpässe in der<br />

sozialen <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen Versorgung<br />

werden leichter erkannt <strong>und</strong> können rechtzeitig<br />

kommuniziert werden.<br />

Durch REGSAM vernetzte Einrichtungen sind<br />

beispielsweise Donna Mobile (<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>beratung<br />

<strong>für</strong> Migrantinnen), Zusammen Aktiv<br />

Bleiben (Verein <strong>für</strong> Freizeit, Soziales <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit), Frühkindliche <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

<strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>vorsorge des Referates<br />

<strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umwelt der Landeshauptstadt<br />

München, die Münchner Aktionswerkstatt<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> das Frauenges<strong>und</strong>heitszentrum.<br />

Hintergr<strong>und</strong><br />

Das Projekt REGSAM wurde 1992 durch das<br />

Sozialreferat der Landeshauptstadt München<br />

ins Leben gerufen, um „eine Vernetzung aller<br />

Akteure vor Ort zur besseren gegenseitigen<br />

Transparenz der Arbeitsweise der Einrichtungen,<br />

eine abgestimmte Kooperation der Aufgabenwahrnehmung,<br />

eine Optimierung des<br />

Ressourceneinsatzes <strong>und</strong> eine bessere Beteiligung<br />

bei Bedarfseinschätzungen <strong>und</strong> Planungen<br />

zu ermöglichen“ (Beschlussvorlage des<br />

Stadtrates).<br />

Es wurde in Zusammenhang mit dem Beschluss<br />

zur Regionalisierung <strong>und</strong> Dezentralisierung<br />

des Sozialreferats modellhaft in vier<br />

Regionen (Stadtteilen) eingerichtet. Seit Juli<br />

1996 bilden die REGSAM-Regionen auf Beschluss<br />

des Stadtrats die Gr<strong>und</strong>struktur sozialer<br />

Arbeit in München. 1997 wurde eine<br />

Rahmenvereinbarung zwischen dem Sozialreferat,<br />

den Wohlfahrtsverbänden <strong>und</strong> dem<br />

Referat <strong>für</strong> Umwelt <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit über die<br />

Modalitäten der Zusammenarbeit getroffen.<br />

Seit 2003 existieren flächendeckend 16 REG-<br />

SAM-Regionen.<br />

Ein Jahr später wurde das Projekt beim<br />

Trägerverein <strong>für</strong> regionale soziale Arbeit e.V.<br />

angesiedelt. Die Abkürzung „REGSAM“ steht<br />

<strong>für</strong> „Regionale Netzwerke <strong>für</strong> Soziale Arbeit in<br />

München“. Das Projekt dient der regionalen<br />

Vernetzung im sozialen Bereich in München. Es<br />

ist unabhängig, neutral, offen <strong>für</strong> alle <strong>und</strong><br />

vertritt die Interessen der Region nach dem<br />

Motto „Regional handeln – Münchenweit<br />

denken“.<br />

Die Stärke von REGSAM ist das f<strong>und</strong>ierte<br />

Wissen der Projektpartner über die Regionen<br />

<strong>und</strong> ihre Besonderheiten. Aktuelle Trends <strong>und</strong><br />

Themen werden aufgegriffen <strong>und</strong> Impulse <strong>für</strong><br />

die Sozialpolitik gesetzt. REGSAM wirkt aktiv<br />

mit bei der Gestaltung der sozialen Landschaft<br />

<strong>und</strong> Infrastruktur. Das Netzwerk kooperiert mit<br />

freien <strong>und</strong> öffentlichen Träger/innen. Entsprechend<br />

der Veränderung der sozialen Landschaft<br />

wird zunehmend auch die Vernetzung in<br />

andere Bereiche wichtig, z.B. verstärkt im <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>bereich<br />

(Krankenkassen), zu Wohnungsbaugesellschaften<br />

etc.<br />

REGSAM entwickelt <strong>und</strong> organisiert Projekte,<br />

Fachveranstaltungen <strong>und</strong> Fortbildungen, sowohl<br />

zu aktuellen sozialpolitischen Themen als<br />

auch <strong>für</strong> die konkrete Vernetzungsarbeit in den<br />

Regionen. Weitere Aktivitäten sind Ressourcenbörsen,<br />

r<strong>und</strong>e Tische, Konzepte, Stadtteilfeste<br />

<strong>und</strong> anderes. Das Projekt trägt dazu bei,<br />

Dienstleistungen aus den Bereichen Soziales,<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Schule in München zu<br />

vernetzen, zu verbessern sowie Engpässe in<br />

der Versorgung zu beheben. Dabei ist es<br />

wichtig, dass Einrichtungen, Verwaltung, Politik<br />

sowie Bürger/innen an einem Strang ziehen.<br />

REGSAM arbeitet in unterschiedlichen Strukturen.<br />

Dazu gehören – zielgruppenorientierte<br />

Facharbeitskreise, – eine Regionalen Arbeitsgemeinschaft<br />

Soziales (RAGS), – eine Vollversammlung<br />

<strong>und</strong> – ein beratendes Kuratorium als<br />

überregionales Gremium. Ziel ist es, eine sozial<br />

lebenswerte <strong>und</strong> gerechte Stadt zu gestalten.<br />

Themen, Bedarf, Wissen, Projekte, Initiativen<br />

<strong>und</strong> Ressourcen aus den Regionen werden im<br />

REGSAM-Team diskutiert <strong>und</strong> gebündelt. Vom<br />

regelmäßigen Austausch profitieren wiederum<br />

die Regionen. Synergien <strong>und</strong> Ressourcen<br />

werden effektiv genutzt. Die soziale Fachbasis<br />

wird zur lernenden Organisation.<br />

Das hauptamtliche REGSAM-Team besteht aus<br />

einer Teilzeitgeschäftsführerin, die auch eine<br />

Region moderiert, sechs REGSAM-Moderator/innen<br />

<strong>und</strong> einer Verwaltungskraft. Seit 2004<br />

begleiten diese die einzelnen Regionen. Anstellungsträger<br />

<strong>für</strong> das hauptamtliche Team ist der<br />

Trägerverein <strong>für</strong> regionale soziale Arbeit e.V. Er<br />

garantiert die Beteiligung aller wesentlichen<br />

Akteure der sozialen Landschaft <strong>und</strong> die Neutralität<br />

von REGSAM. Das Kuratorium kam neu<br />

hinzu. Es setzt sich zusammen aus den Delegierten<br />

der 16 Regionen <strong>und</strong> ist Bindeglied<br />

zwischen den Regionen <strong>und</strong> dem Trägerverein<br />

<strong>für</strong> regionale soziale Arbeit. Das Gremium berät<br />

den Trägerverein <strong>und</strong> die Geschäftsführung.


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 4 Das Regionale Netzwerk <strong>für</strong> soziale Arbeit München (REGSAM)<br />

Während der vier- bis sechsmal jährlich stattfindenden<br />

Treffen werden Themen bearbeitet,<br />

die in mehreren oder allen REGSAM-Regionen<br />

aktuell sind.<br />

REGSAM hat auf seiner Homepage auch Hinweise<br />

<strong>und</strong> Links zu den Themenbereichen Arbeit,<br />

Bildung, Ausbildung <strong>und</strong> Qualifizierung,<br />

Daten, Fakten <strong>und</strong> Meinungen zur Sozialpolitik,<br />

Frauen <strong>und</strong> Gender, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Pflege,<br />

Kinder – Jugend – Familie, Lesben <strong>und</strong> Schwule,<br />

Menschen mit Behinderung, Migration <strong>und</strong><br />

Interkulturelles, Psychische Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Senior/innen. Der Bereich „Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Pflege“ umfasst beispielsweise Links zu den<br />

Seiten des Bayerischen Sozialministeriums, zur<br />

Plattform „<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung bei sozial<br />

Benachteiligten“, zum Regionalen Knoten<br />

Bayern, zum <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>beirat der Stadt<br />

München, zur Münchner Pflegebörse <strong>und</strong> zum<br />

Referat <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Umwelt der<br />

Landeshauptstadt München.<br />

Durch den regelmäßigen Austausch im Netzwerk<br />

von REGSAM profitieren Fachkräfte <strong>und</strong><br />

Ehrenamtliche aus dem sozialen, ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

<strong>und</strong> schulischen Bereich, die vor Ort mit<br />

sozial benachteiligten Zielgruppen befasst<br />

sind, bestehende Ressourcen können effektiv<br />

genutzt werden. Soziale Einrichtungen greifen<br />

im Verb<strong>und</strong> die Anliegen der Bürger/innen vor<br />

Ort auf <strong>und</strong> unterstützen diese. Durch die<br />

sozialräumliche Arbeit leistet REGSAM einen<br />

Beitrag dazu, dass Bürger/innen ihre sozialen<br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Interessen leben <strong>und</strong><br />

organisieren.<br />

Die unterschiedlichen Angebote sind aufgeteilt<br />

in die Zielgruppen Kinder, Jugendliche <strong>und</strong> Familien,<br />

Senior/innen, Migrant/innen.<br />

Vorgehen<br />

Die Vernetzungsstruktur ist <strong>für</strong> alle 16 Regionen<br />

gleich: Es gibt zielgruppenorientierte Facharbeitskreise<br />

(FAK), die zielgruppenübergreifende<br />

regionale Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> Soziales<br />

(RAGS) <strong>und</strong> eine professionelle Moderation.<br />

Die Moderator/innen sind regional <strong>und</strong> stadtweit<br />

Ansprechpartner/innen sowie Bindeglied<br />

zwischen den Beteiligten auf den Ebenen<br />

soziale Fachbasis, Verwaltung, Träger, Bezirksausschüsse<br />

<strong>und</strong> Stadtrat. Sie unterstützen<br />

Projekte in den Regionen <strong>und</strong> arbeiten mit fach<strong>und</strong><br />

referatsübergreifenden Kooperationspartner/innen<br />

zusammen, zum Beispiel „Soziale<br />

Stadt“, Interkulturelle Qualitätsentwicklung<br />

(IQE), regionalen Planungsforen. Dabei nutzen<br />

sie ihre Kontakte <strong>und</strong> stellen ihre Erfahrung <strong>und</strong><br />

ihr Fachwissen über soziale Themen <strong>und</strong> Projekte<br />

der ganzen Stadt zur Verfügung.<br />

In den FAKs erfolgt ein fach- <strong>und</strong> themenorientierter<br />

Informationsaustausch. Hier wird<br />

der Bedarf von Zielgruppen wie Kindern <strong>und</strong><br />

Familien, alten Menschen, Pflegebedürftigen<br />

oder Migrant/innen benannt. Regionale Angebote<br />

im Sozialbereich werden aufeinander<br />

abgestimmt, um gemeinsam die Angebotsstruktur<br />

zu verbessern. Im FAK planen <strong>und</strong><br />

organisieren die sozialen Einrichtungen mit<br />

engagierten Bürger/innen oder mit anderen<br />

Kooperationspartner/innen gemeinsame Projekte<br />

<strong>und</strong> Veranstaltungen. Jeder FAK hat zwei<br />

Sprecher.<br />

In den 16 REGSAM-Regionen sind 150 Sprecher/innen<br />

<strong>und</strong> mehr als 2.000 Professionelle<br />

<strong>und</strong> Ehrenamtliche in den Fachkreisen <strong>und</strong><br />

Projektgruppen engagiert. Mitglieder der RAGS<br />

sind alle FAK-Sprecher/innen der Region sowie<br />

Vertreter/innen der Bezirksausschüsse <strong>und</strong> der<br />

Sozialverwaltung. Die RAGS ist das fachübergreifende<br />

Steuerungsgremium in der Region.<br />

Das Gremium fungiert als kompetenter Ansprechpartner<br />

<strong>für</strong> Politik, Verwaltung, Bürger/innen<br />

<strong>und</strong> vertritt den Stadtteil nach<br />

außen.<br />

Die Vollversammlung wird auf Wunsch der<br />

RAGS einberufen, in der Regel einmal pro Jahr.<br />

Eingeladen werden alle Interessierten <strong>und</strong> die<br />

Kooperationspartner/innen in der Region. Sie<br />

dient der Darstellung der geleisteten REGSAM-<br />

Arbeit, dem gesamtregionalen Austausch <strong>und</strong><br />

der Auseinandersetzung mit aktuellen sozialpolitischen<br />

Themen <strong>und</strong> Entwicklungen innerhalb<br />

der Region (zum Beispiel Armutsbericht,<br />

Zukunft der Sozialarbeit, bürgerschaftliches<br />

Engagement <strong>und</strong> anderes). Das Kuratorium<br />

ist das überregionale Gremium. Es<br />

vertritt die Interessen <strong>und</strong> Themen der Regionen<br />

<strong>und</strong> wird <strong>für</strong> ganz München sozialpolitisch<br />

aktiv. Auf der Homepage von REGSAM<br />

(www.regsam.net) wurde zudem das Onlineverzeichnis<br />

„München Sozial“ erstellt. Es bietet<br />

eine Übersicht über soziale, ges<strong>und</strong>heitsbezogene,<br />

kulturelle <strong>und</strong> schulische Einrichtungen,<br />

sortiert nach Stadtbezirken, Zielgruppen<br />

<strong>und</strong> Angeboten.<br />

„München Sozial“ enthält neben Adresse <strong>und</strong><br />

Kontaktmöglichkeit zur jeweils genannten<br />

Einrichtung auch weiterführende Informationen<br />

zu Angebot <strong>und</strong> Leistungen, Barrierefreiheit,<br />

Erreichbarkeit mit dem öffentlichen<br />

Nahverkehr, Homepage, Öffnungs- <strong>und</strong> Bürozeiten<br />

sowie aktuelle Ankündigungen. Wegen<br />

ihres hohen Informationsgehalts, der interaktiven<br />

Nutzung, der Aktualität der Daten sowie<br />

der bequemen Suchfunktionen ist die Datenbank<br />

einmalig. Die Nutzung ist kostenfrei. Alle<br />

Einträge erfolgen nur mit Einverständnis der<br />

Einrichtungen.<br />

Kontakt:<br />

Martina Hartmann<br />

REGSAM- Geschäftsführung<br />

Bayerstraße 77a Rgb<br />

80335 München<br />

Tel.: 089/ 189 358 16<br />

E-Mail: hartmann@regsam.net<br />

www.regsam.net<br />

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46<br />

Kapitel 5 Planung von Spiel- <strong>und</strong> Bewegungsflächen im Stadtteil Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Kapitel 5<br />

Bewegung im Stadtteil<br />

Planung von Spiel- <strong>und</strong> Bewegungsflächen<br />

im Stadtteil<br />

Birgit Funke, BERLINbewegt e.V.<br />

BERLINbewegt wurde im Jahr 1997 als Arbeitsgemeinschaft<br />

am Fachbereich Erziehungswissenschaften,<br />

Psychologie <strong>und</strong> Sportwissenschaften<br />

der Freien Universität Berlin gegründet<br />

<strong>und</strong> im Jahr 2003 als selbstständiger Verein<br />

ausgelagert. Aus dem Verb<strong>und</strong> von Theorie <strong>und</strong><br />

Praxis ergibt sich eine fachübergreifende Zusammenarbeit<br />

von Pädagogen, Sportwissenschaftler/innen,<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wissenschaftler/innen,<br />

Architekt/innen <strong>und</strong> Landschaftsplaner/innen.<br />

BERLINbewegt e.V. setzt sich <strong>für</strong> die Förderung<br />

von ges<strong>und</strong>heitsorientierten Spiel- <strong>und</strong> Bewegungsangeboten,<br />

insbesondere <strong>für</strong> Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugendliche, in Berlin ein. Im Vordergr<strong>und</strong><br />

der Arbeit stehen die Planung, Gestaltung <strong>und</strong><br />

Einrichtung von Bewegungs-, Spiel- <strong>und</strong> Sporträumen,<br />

die Partizipation von Kindern, Jugendlichen,<br />

Anwohner/innen <strong>und</strong> Betroffenen, sowie<br />

die Evaluation bestehender Räume <strong>und</strong><br />

durchgeführter Maßnahmen.<br />

Planung:<br />

Basis eines jeden Entwurfes ist die genaue<br />

Analyse der Bedürfnisse von Betroffenen <strong>und</strong><br />

des Ortes in seinem räumlichen <strong>und</strong> soziodemografischen<br />

Umfeld. Die Einbeziehung von<br />

Auftraggeber/innen <strong>und</strong> Nutzer/innen ist wesentlicher<br />

Bestandteil der Projekte von BER-<br />

LINbewegt e.V.<br />

Partizipation:<br />

Die Beteiligung von Kindern <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

an der Gestaltung ihres Lebensraumes ist eine<br />

Kernaufgabe. Die Begleitung der Partizipationsverfahren<br />

durch Pädagog/innen <strong>und</strong> Architekt/innen<br />

sorgt da<strong>für</strong>, dass Meinungen,<br />

Wünsche <strong>und</strong> Forderungen verstanden <strong>und</strong> in<br />

konkrete Planungen integriert werden.<br />

Evaluation:<br />

Die Analyse bestehender <strong>und</strong> geplanter Spiel<strong>und</strong><br />

Raumkonzepte gehört zu den angebotenen<br />

Leistungen. Ziel der Evaluation ist es<br />

auch, in einem zeitlichen Abstand die Richtigkeit<br />

der Intervention zu bestätigen, ggf. Korrekturen<br />

vorzuschlagen oder generelle Hindernisse<br />

darzustellen.<br />

Kontakt:<br />

Birgit Funke<br />

BERLINbewegt e.V.<br />

Burgherrenstraße 7<br />

12101 Berlin<br />

Tel.: 030/ 789 585 50<br />

E-Mail: funke@berlinbewegt.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 5 Nutzung von Bewegungsräumen im Stadtteil<br />

Nutzung von Bewegungsräumen im Stadtteil<br />

Andrea von Marschall, Dissens e.V.<br />

Einführung:<br />

Mitten im Plattenbaubezirk Berlin Marzahn gibt<br />

es einen ca. 16.000 Quadratmeter großen, frei<br />

zugänglichen mulifunktionalen Sport- <strong>und</strong> Bewegungsraum.<br />

Errichtet <strong>und</strong> ausgebaut worden<br />

ist er, nach längeren Partizipationsprozessen<br />

mit den Anwohner/innen, durch die<br />

Stattbau GmbH, unter Beteiligung des Bezirksamtes.<br />

Auf dem Platz gibt es Fußball-, Basketball<br />

<strong>und</strong> Volleyballfelder; Boulebahnen,<br />

Tischtennisplatten, Schachfeld, Halfpipe u.a.<br />

<strong>für</strong> Inliner; Rasen, Bänke <strong>und</strong> Sitzmöglichkeiten.<br />

Um das Gelände herum ist ein Zaun, an<br />

zwei Seiten befinden sich Drehtüren, die Tag<br />

<strong>und</strong> Nacht offen sind.<br />

Aufbau <strong>und</strong> Projekterfahrungen:<br />

Nach seiner Einweihung <strong>und</strong> Freigabe hat es<br />

kaum ein Jahr gedauert <strong>und</strong> die Beschwerden<br />

der umliegenden Anwohner/innen bei Wohnungsbaugesellschaften,<br />

Jugendamt <strong>und</strong> Polizei<br />

wegen nächtlicher Ruhestörung häuften<br />

sich. Auf dem Platz war kaum noch ein sicheres<br />

Sporttreiben möglich, überall lagen Scherben,<br />

was nicht völlig stabil gebaut war, wies Vandalismusschäden<br />

auf. Hauptnutzer waren zu<br />

ca. 95 Prozent Jungen <strong>und</strong> junge Männer.<br />

Unter Federführung des Jugendamtes wurde<br />

ein „R<strong>und</strong>er Tisch“ gegründet. Dabei waren<br />

neben Stadtbau, mehreren Abteilungen des<br />

Bezirksamtes, Freien <strong>und</strong> Öffentlichen Trägern<br />

der Jugendhilfe <strong>und</strong> die größte Wohnungsbaugesellschaft<br />

der Region. Es wurde beschlossen,<br />

den Platz weiterhin als offenen, jederzeit<br />

zugänglichen Raum zu erhalten. Dissens<br />

e.V. wurde jedoch damit beauftragt, „sanft<br />

steuernd“ einzugreifen. Diesen Hut haben wir<br />

uns gerne aufgesetzt, das war <strong>und</strong> ist immer<br />

noch eine spannende Herausforderung. Rückblickend<br />

lässt sich nach drei Jahren auf dem<br />

Platz gut analysieren, was erfolgreiche <strong>und</strong><br />

weniger erfolgreiche Strategien von uns waren.<br />

Ich beschränke mich jetzt auf die erfolgreichen<br />

Strategien:<br />

1. Geld<br />

Wir haben diverse Anträge gestellt <strong>und</strong> wurden<br />

dann von der Aktion Mensch, der Deutschen<br />

Kinder <strong>und</strong> Jungendstiftung (DKJS) <strong>und</strong> dem<br />

Fortuna Wohnungsunternehmen e.G. gefördert.<br />

Fortuna <strong>und</strong> die DKJS fördern uns<br />

weiterhin – auch das ist ein Kriterium <strong>für</strong> Erfolg.<br />

Mit diesem Geld können wir zwei Teilzeitstellen,<br />

Honorarkräfte <strong>und</strong> Betriebskosten<br />

finanzieren <strong>und</strong> immer wieder Sport- <strong>und</strong><br />

Spielgeräte kaufen <strong>und</strong> nachkaufen (hoher<br />

Verschleiß bei allen Formen von Bällen).<br />

2. Partizipation<br />

Wir reden mit allen! Alle Mitarbeiter/innen<br />

sprechen kontinuierlich mit den Menschen auf<br />

<strong>und</strong> um den Platz, erfragen ihre Meinung, Kritik<br />

<strong>und</strong> Verbesserungsvorschläge. Es gibt regelmäßige<br />

Platzkonferenzen <strong>für</strong> verschiedene<br />

Zielgruppen: Mädchen, Jungen, gemischt, Erwachsene.<br />

Vorschläge, die gemacht werden,<br />

versuchen wir umzusetzen: mehr Bänke an den<br />

Fußballfeldern, mehr Papierkörbe, spezielle<br />

Trainings wurden gewünscht <strong>und</strong> realisiert.<br />

3. Aktivierung unterrepräsentierter Gruppen<br />

Hauptnutzer waren Jungen <strong>und</strong> junge Männer.<br />

Diese wollten (<strong>und</strong> wollen) wir nicht vertreiben.<br />

Als besondere Herausforderung haben wir uns<br />

zum Anspruch erhoben, sukzessive immer<br />

mehr Menschen zu erreichen, die „normalerweise“<br />

nicht auf einer frei einsehbaren, immer<br />

zugänglichen Anlage Sport treiben würden <strong>und</strong><br />

auch Leute anzusprechen, die sich selber eher<br />

als „Bewegungsmuffel“ bezeichnen würden.<br />

Um dies zu erreichen, haben wir immer wieder<br />

Zielgruppen ganz speziell angesprochen:<br />

Für Mädchen gab <strong>und</strong> gibt es Mädchenfußball<br />

(sie haben dazu auch ein schönes Video gedreht,<br />

das auf YouTube zu sehen ist http://<br />

de.youtube.com/watch?v=JwRYvMHNWYA).<br />

Inzwischen gibt es auch ein Rugby-Training<br />

speziell <strong>für</strong> Mädchen. Für Kita-Kinder-Gruppen<br />

gibt es ein regelmäßiges Vormittagsangebot.<br />

Ganztags können sie sich Fahrzeuge ausleihen<br />

(Dreiräder, kleine Fahrräder, Gokarts). Wir haben<br />

zwei aktive Seniorinnen gewonnen, die<br />

Seniorensport anbieten: Boule, Nordic Walking,<br />

Schach <strong>und</strong> Skat. Familien stehen im Mittelpunkt<br />

unserer regelmäßigen Mitmachfeste.<br />

Durch Einzelaktionen, wie z.B. gemeinsame<br />

Bauwochen sprechen wir sie gezielt an <strong>und</strong><br />

haben mit ihnen gemeinsam die Bewegungsmöglichkeiten<br />

um Schaukeln, Kletterschiff <strong>und</strong><br />

ein kleines Häuschen erweitert. Alle Angebote<br />

sind <strong>für</strong> die Nutzer/innen kostenfrei.<br />

4. Beirat<br />

Direkt am Anfang haben wir einen Beirat gegründet:<br />

die Jugendstadträtin als Schirmherrin<br />

des Projektes, Vertreter/innen des Jugend-,<br />

Sport- <strong>und</strong> Natur- <strong>und</strong> Umweltamtes, jugendliche<br />

Platznutzer/innen, umliegende Projekte,<br />

das Fortuna Wohnungsunternehmen e.G. <strong>und</strong><br />

Streetworker der Region. Der Beirat trifft sich<br />

dreimal im Jahr, wertet das Geschehen <strong>und</strong> die<br />

Entwicklung auf dem Platz aus, sucht ggf. nach<br />

Lösungsstrategien <strong>und</strong> plant das weitere Vorgehen.<br />

5. Kooperation <strong>und</strong> Vernetzung<br />

Wir kooperieren mit vielen umliegenden Trägern<br />

(gemeinsame Gestaltung von Festen,<br />

praktische Nachbarschaftshilfe z.B. durch Geräteaustausch,<br />

punktuelle Hilfsaktionen (Fachaustausch),<br />

mit den oben erwähnten Ämtern<br />

<strong>und</strong> zusätzlich auch mit der Polizei <strong>und</strong> dem<br />

Ordnungsamt. Ein ganz wichtiger Kooperationspartner<br />

ist das Fortuna Wohnungsunternehmen<br />

e.G. Bei allen Kooperationspartner/innen<br />

bemühen wir uns um ein Gleichgewicht im<br />

Geben <strong>und</strong> Nehmen <strong>und</strong> um ein Verständnis <strong>für</strong><br />

die jeweiligen Belange <strong>und</strong> Sichtweisen.<br />

Für uns ist die Entwicklung auf dem Platz<br />

immer wieder spannend <strong>und</strong> überraschend, wir<br />

sind in einem kontinuierlichen Lernprozess.<br />

Gerne geben wir unsere Erfahrungen weiter<br />

<strong>und</strong> wir freuen uns über Besuch.<br />

Kontakt:<br />

Andrea von Marshall<br />

Dissens e.V.<br />

Allee der Kosmonauten 67<br />

12681 Berlin<br />

Tel.: 030 54987535 / 30<br />

E-Mail: andrea.v.marschall@dissens.de<br />

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48<br />

Kapitel 5 Motive <strong>und</strong> Möglichkeiten von Wohnungsunternehmen Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Motive <strong>und</strong> Möglichkeiten von Wohnungsunternehmen<br />

Frank Miller, Vorstand Fortuna Wohnungsunternehmen eG<br />

1. Historie<br />

■ Gegründet 1977 in Berlin- Marzahn als<br />

Arbeiterwohnungsgenossenschaft des<br />

Wohnungsbaukombinats Berlin (AWG WBK<br />

Berlin)<br />

■ (Besonderheit einer Genossenschaft: Sie<br />

macht nur Geschäfte mit ihren eigenen<br />

Gesellschaftern <strong>und</strong> versucht, nur diese zu<br />

unterstützen).<br />

■ Nach der Wende Umbenennung in Fortuna<br />

Wohnungsunternehmen eG<br />

2. Wirtschaftliche Daten<br />

■ 4.157 Wohnungen in Hohenschönhausen<br />

<strong>und</strong> Marzahn<br />

■ 37 Mitarbeiter/innen<br />

■ 16,8 Millionen Umsatzerlöse, davon<br />

10,8 Millionen Nettokaltmieten <strong>und</strong><br />

6,0 Millionen Betriebskosten<br />

■ Durchschnitt Nettokaltmiete m 2 /Monat:<br />

3,78 Euro<br />

■ Durchschnitt Betriebskosten m 2 /Monat:<br />

1,98 Euro<br />

■ Forderungsausfall pro Jahr ca. 250.000 Euro<br />

■ Fluktuationsrate (Kündigungen/Bestand an<br />

Wohnungen) etwa sieben Prozent (290<br />

Wohnungen)<br />

4. Kosten der Neuvermietung <strong>für</strong> eine<br />

Wohnung<br />

■ Personalkosten 200.000 Euro/Jahr<br />

■ Werbemaßnahmen ca. 100.000 Euro/Jahr<br />

■ Renovieren leerstehender Wohnungen<br />

200.000 Euro/Jahr<br />

■ Summe: 500.000 Euro/Jahr<br />

■ Pro Wohnung 1.724 Euro<br />

(bei 290 Wohnungen)<br />

■ Leerstandsbetriebskosten ca. 1,50 Euro/<br />

Quadratmeter pro Monat; <strong>für</strong> Abrechnung<br />

2007 400.000 Euro pro Jahr<br />

■ Mietausfall wegen Leerstand 680.000 Euro<br />

pro Jahr<br />

5. Mieterdaten<br />

■ Durchschnittsalter 49 Jahre<br />

■ Anteil der Mieter über 70 Jahre r<strong>und</strong> 14<br />

Prozent<br />

■ Durchschnittliches verfügbares<br />

Haushaltseinkommen ca. 1.600 Euro<br />

■ Geschätzter Anteil der<br />

Transfereinkommenbezieher im Bezirk<br />

Marzahn (inklusive Rentner) etwa 50<br />

Prozent<br />

6. Wirtschaftliche Gr<strong>und</strong>überlegungen<br />

der Fortuna<br />

■ Minderung der Mietausfälle wegen<br />

Leerstand<br />

■ Minderung der Leerstandsbetriebskosten<br />

■ Minderung des Forderungsausfalls<br />

■ Minderung der Fluktuationsrate <strong>und</strong> damit<br />

der Neuvermietungskosten<br />

7. Wesentliche Maßnahmen zur Umsetzung der<br />

wirtschaftlichen Gr<strong>und</strong>überlegungen<br />

■ Energetisch modernisierte Baukörper<br />

■ Attraktives Wohnumfeld (Grünanlagen,<br />

Spielplätze usw.)<br />

■ Günstige Mieten<br />

■ Sicherung <strong>und</strong> Stabilisierung des sozialen<br />

Wohnumfeldes in der (gefährdeten)<br />

Großraumsiedlung<br />

■ Erreichen von Wettbewerbsvorteilen<br />

gegenüber Konkurrenten<br />

8. Sicherung <strong>und</strong> Stabilisierung des<br />

sozialen Wohnumfeldes<br />

Bisherige (Einzel-) Maßnahmen der Fortuna<br />

■ Finanzielle Förderung der Initiative unser<br />

Platz (Dissens e.V.; soziale Stabilisierung<br />

<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Förderung)<br />

■ Finanzielle Unterstützung des Jugendclubs<br />

„Impuls“<br />

■ Zusammenarbeit mit der Kita „Zwergenoase“<br />

■ Gründung eines Seniorenbeirats in der<br />

Fortuna zur Ermittlung <strong>und</strong> Durchsetzung<br />

der Interessen der „Seniorenmieter“<br />

■ Gründung eines Seniorenclubs in der<br />

Fortuna (soziales<br />

Miteinander/ges<strong>und</strong>heitliche Initiative in<br />

Zusammenhang mit Kita Zwergenoase)<br />

■ Teilnahme der voher genannten Initiativen<br />

an den Mieterfesten/Mieteraktionen der<br />

Fortuna<br />

■ Schuldnerberatung bei der Fortuna<br />

9. Der „neue“ Ansatz. Aufbau eines<br />

„Kompetenzzentrums soziales Netzwerk“<br />

Gr<strong>und</strong>idee:<br />

Zur Abgrenzung der Fortuna von der Konkurrenz<br />

am Markt entwickeln wir das unternehmerische<br />

Leitbild einer Vision: „Wir werden<br />

das Wohnungsunternehmen mit der höchsten<br />

sozialen Kompetenz an den Standorten Berlin-<br />

Marzahn <strong>und</strong> Hohenschönhausen. Als leistungsstarkes<br />

<strong>und</strong> -fähiges Wohnungsunter-<br />

nehmen mit Verantwortung <strong>für</strong> die Zukunft<br />

wollen wir uns an den Gr<strong>und</strong>sätzen der unternehmerischen<br />

Sozialverantwortung ausrichten<br />

<strong>und</strong> dabei neben den Umweltbelangen vor<br />

allem die soziale Komponente verstärkt anwenden.“<br />

10. Geplante Maßnahmen<br />

■ Vernetzung der Einzelinitiativen unter Punkt<br />

acht<br />

■ Ausweitung der Kontakte <strong>und</strong> Aktivitäten<br />

auf alle sozialen Institutionen im Kiez<br />

■ Bereitstellen von Arbeitsräumen,<br />

Arbeitsmitteln <strong>und</strong> Geldern durch Fortuna<br />

■ Einbinden der Fortuna- Mieter/innen auf<br />

ehrenamtlicher Basis<br />

11. Vorbereitung<br />

■ In Vorbereitung auf die Umsetzung der<br />

Maßnahmen wurde zunächst unter der<br />

Leitung des Vorstandes der Fortuna eine<br />

Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit der Idee<br />

eines sozialen Netzwerkes, seiner<br />

Ausgestaltung <strong>und</strong> seiner Umsetzung<br />

befassen sollte (März 2008).<br />

■ Diese Gruppe soll auch in der Zukunft als<br />

„beratender Beirat“ die Aktivitäten<br />

begleiten.<br />

12. Aktuelle Umsetzung<br />

■ Initiative Mitmach- Brunch (Hilfestellung <strong>für</strong><br />

junge, alleinstehende Mütter in Verbindung<br />

mit ges<strong>und</strong>heitlicher Förderung); 1. Preis<br />

■ Einrichten eines Nachbarschaftszentrums in<br />

ehemaligen Geschäftsräumen der Fortuna<br />

unter Beteiligung des Dissens e. V. mit vier<br />

Mitarbeiter/innen (seit 31.10.2008; Lebenshilfe<br />

<strong>für</strong> Senioren als erste Maßnahme)<br />

■ Bereitstellen von sächlichen Mitteln (PC, Kfz<br />

usw.)<br />

■ Bereitstellen einer hauptamtlichen<br />

Mitarbeiterin der Fortuna zur Leitung des<br />

Gesamtprojektes<br />

Kontakt:<br />

Frank Miller<br />

Fortuna Wohnungsunternehmen eG<br />

Rhinstraße 42<br />

12681 Berlin<br />

Tel.: 030/ 936 430<br />

E-Mail: Frank.Miller@fortuna-eg.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 5 Kiezdetektive – Kinderbeteiligung <strong>für</strong> eine ges<strong>und</strong>e Stadt<br />

Kiezdetektive – Kinderbeteiligung <strong>für</strong> eine<br />

ges<strong>und</strong>e Stadt<br />

Ingrid Papies-Winkler, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg<br />

Allgemeine Übersicht<br />

Der Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg<br />

mit seinen ca. 260.000 Einwohnern ist gekennzeichnet<br />

durch<br />

■ den niedrigsten Sozialindex (siehe Berliner<br />

Sozialstrukturatlas)<br />

■ die höchste Arbeitslosenquote (ca. 24<br />

Prozent, Berlin 17,9 Prozent)<br />

■ den zweithöchsten Anteil von Migrant/innen<br />

(Ortsteil Kreuzberg höchster Anteil: ca. 35<br />

Prozent)<br />

■ die dichteste Bezirksbesiedelung<br />

■ die geringste Grünfläche je Einwohner<br />

■ den höchsten Anteil von Kindern unter 15<br />

Jahren<br />

Trotz niedrigstem Sozialindex Berlins, verfügt<br />

der Bezirk über viele wertvolle Ressourcen.<br />

Hierzu zählen<br />

■ die reiche Projektelandschaft<br />

■ die Vielfalt der Kulturen<br />

■ das hohe Potenzial an Selbsthilfe<br />

■ nachbarschaftliche Kiezstrukturen<br />

■ gute Modelle von Stadtplanung <strong>und</strong> -entwicklung<br />

■ eine lange Tradition der Bürgerbeteiligung.<br />

Hier setzt auch das Projekt zur Kinderbeteiligung<br />

– Kiezdetektive – an, eine Idee, die vom<br />

Kinder- <strong>und</strong> Jugendbüro Marzahn entwickelt<br />

wurde. In enger Kooperation zwischen dem<br />

Ges<strong>und</strong>e-Städte-Netzwerk <strong>und</strong> der Lokalen<br />

Agenda 21 wurde 1999 begonnen, Kinder als<br />

Experten in eigener Sache in Planungs- <strong>und</strong><br />

Entscheidungsprozesse zur nachhaltigen ges<strong>und</strong>en<br />

Stadtentwicklung <strong>und</strong> -gestaltung<br />

einzubinden. Kinder <strong>und</strong> Jugendliche erk<strong>und</strong>en<br />

als Kiezdetektive ihr Lebens- <strong>und</strong> Wohnumfeld,<br />

ermitteln Probleme, aber auch „Schätze“,<br />

dokumentieren diese in Form einer Ausstellung<br />

<strong>und</strong> präsentieren die Ergebnisse auf einer<br />

Kinderversammlung den verantwortlichen Politiker/innen,<br />

die mit ihren Verwaltungen, freien<br />

Trägern <strong>und</strong> gemeinsam mit den Kindern<br />

aufgefordert sind, die Probleme zu bearbeiten.<br />

Nach etwa sechs Monaten werden auf einer<br />

Folgeversammlung die Umsetzungsergebnisse<br />

nachgefragt bzw. präsentiert. Die Kiezerk<strong>und</strong>ungen,<br />

die Kinderversammlung <strong>und</strong> die<br />

Ergebniskontrolle werden als nachhaltige<br />

Planungs- <strong>und</strong> Kooperationsstruktur in bezirkliche<br />

Entscheidungsprozesse einbezogen.<br />

Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet<br />

vom Wissenschaftszentrum Berlin <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Berlin e.V. mit Unterstützung des<br />

B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Forschung.<br />

Aspekte, die in dem Projekt besonderes<br />

Gewicht haben<br />

■ Ges<strong>und</strong>e-Städte-Netzwerk, Kinderbeteiligung,<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung von sozial<br />

benachteiligten Kindern mit Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

Empowerment, Partizipation,<br />

Förderung von individuellen <strong>und</strong> sozialen<br />

Kompetenzen<br />

Ziele <strong>und</strong> Zielgruppen des Projektes<br />

In dem Projekt geht es darum, Kinder zu befähigen,<br />

ihre Lebensumwelt selbstständig zu<br />

erforschen, sie zu verstehen <strong>und</strong> zu hinterfragen.<br />

Sie sollen lernen, dass sie aktiv ihre<br />

Umwelt mit gestalten <strong>und</strong> verändern können.<br />

Die Kinder werden an die Politik herangeführt<br />

<strong>und</strong> <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> umweltbezogene<br />

Fragestellungen sensibilisiert. Sie erfahren,<br />

dass ges<strong>und</strong>e Wohnbedingungen <strong>und</strong> ein ges<strong>und</strong>es<br />

Wohnumfeld wichtige Voraussetzungen<br />

<strong>für</strong> das persönliche Wohlbefinden sind.<br />

Die Erkenntnis, selbst Einfluss zu nehmen <strong>und</strong><br />

Veränderungen herbeiführen zu können, soll<br />

zur Stärkung des Selbstbewusstseins <strong>und</strong> der<br />

Eigenverantwortlichkeit, beitragen. Das Projekt<br />

„Kiezdetektive“ zielt somit auf das Erleben<br />

demokratischen Handelns <strong>und</strong> stellt demzufolge<br />

einen umfassenden Ansatz zur <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

dar. Insbesondere in problembelasteten<br />

Stadtgebieten – oft mit hohem<br />

Migrantenanteil – werden durch dieses Projekt<br />

Kinder erreicht <strong>und</strong> <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche <strong>und</strong><br />

soziale Belange aktiviert.<br />

Die Zielgruppe des Projektes sind 6- bis 14jährige<br />

Kinder, vor allem aus sozial benachteiligten<br />

Familien <strong>und</strong> Stadtteilen. Neben den<br />

beteiligten Kindergruppen mit ihren jeweiligen<br />

Lehrer/innen, Erzieher/innen <strong>und</strong> Sozialpädagogen/innen<br />

sind häufig auch Schulstationen<br />

aktiv in die Projektdurchführung eingeb<strong>und</strong>en.<br />

Weitere Kooperationspartner/innen<br />

sind Nachbarschaftseinrichtungen, „Quartiersmanager“<br />

im Rahmen des Programms Soziale<br />

Stadt, die Jugendförderung, Kinder- <strong>und</strong> Jugendprojekte<br />

freier Träger, Kirchengemeinden<br />

sowie ehrenamtliche Begleiter/innen.<br />

Aktivitäten<br />

Bisher haben sich ca. 450 Kinder aus sieben<br />

Kindertagesstätten, zwölf Schulen <strong>und</strong> zwei<br />

Freizeiteinrichtungen beteiligt. Sie waren überwiegend<br />

in den Quartiersgebieten des Programms<br />

Soziale Stadt unterwegs, da dort der<br />

größte Entwicklungsbedarf gesehen wird <strong>und</strong><br />

die Kinder zur Verbesserung der Lebensqualität<br />

beitragen können. Etwa 80 Prozent der insgesamt<br />

beteiligten Kinder haben einen Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />

bei der Stadtteilbegehung<br />

im Mai 2004 mit der Nürtingen-Gr<strong>und</strong>schule<br />

lag der Anteil der beteiligten Schüler<br />

nicht deutscher Herkunftssprache sogar bei<br />

100 Prozent (Abb. 1).<br />

Grafik Herkunftssprache der Kinder<br />

Ausgewählte Ergebnisse des Projektes<br />

■ Zäune zwischen einem Kita-Gr<strong>und</strong>stück <strong>und</strong><br />

einer Seniorenfreizeitstätte wurden entfernt,<br />

eine Freifläche im Sinne der Kinder umgestaltet.<br />

Zwischen Kindern <strong>und</strong> Senioren<br />

wurden überdies Kontakte geknüpft <strong>und</strong><br />

gemeinsame Aktivitäten gestartet.<br />

■ Weil eine Mädchengruppe mehrfach von<br />

Jungen aus einem Fahrrad-Projekt „angemacht“<br />

wurde, fand unter Leitung des<br />

Bezirksamts ein Gespräch statt, bei dem das<br />

konkrete Problem, wie das gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Verhältnis von Mädchen <strong>und</strong> Jungen,<br />

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50<br />

Kapitel 5 Kiezdetektive – Kinderbeteiligung <strong>für</strong> eine ges<strong>und</strong>e Stadt Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

angesprochen wurde. Mittlerweile haben die<br />

Jungen die Mädchen zu einem gemeinsamen<br />

Essen eingeladen <strong>und</strong> ihre Projektarbeit<br />

vorgestellt.<br />

■ Ein Fußball-Verbot im Mendelssohn-<br />

Batholdy-Park wurde aufgehoben, ein neuer<br />

Bolzplatz ist geplant.<br />

■ Eine islamische Gr<strong>und</strong>schule, die seit<br />

langem auf zugesagte Spielgeräte wartete,<br />

bekam die Zusicherung, dass diese direkt<br />

nach Aufhebung der Haushaltssperre<br />

geliefert werden.<br />

■ Bei nahezu jeder Begehung wurden als<br />

Probleme Verschmutzung, H<strong>und</strong>ekot <strong>und</strong><br />

die Drogenszene (Spritzen in Parks <strong>und</strong> auf<br />

Spielplätzen) identifiziert. Gerade <strong>für</strong> die<br />

vermeintlich „geringfügigen“ Probleme<br />

(Graffitis <strong>und</strong> H<strong>und</strong>ekot) konnten bislang<br />

keine dauerhaften Lösungen gef<strong>und</strong>en<br />

werden. Am Kottbusser Tor, einem Brennpunkt<br />

der Berliner Drogenszene, ist inzwischen<br />

ein Druckraum <strong>für</strong> Abhängige<br />

eingerichtet worden.<br />

Umsetzungsmaßnahmen<br />

Die Erfahrungen der ersten Projektdurchläufe<br />

<strong>und</strong> deren Auswertung machten deutlich, dass<br />

eine stärkere Einbindung der Kinder in die<br />

Umsetzung von Ergebnissen sinnvoll ist, um<br />

die Projektziele<br />

■ den Lebensraum näher kennen lernen,<br />

■ die Lebenswelt aktiv mitgestalten,<br />

■ Verantwortung übernehmen,<br />

■ demokratisches Handeln erleben <strong>und</strong><br />

fördern,<br />

noch nachhaltiger umzusetzen.<br />

So wurden die Kiezdetektive des letzten Durchlaufs<br />

aus der Nürtingen-Gr<strong>und</strong>schule in ein<br />

anschließendes „Planning-for-Real-Verfahren“<br />

im Rahmen des Programms Soziale Stadt einbezogen.<br />

Sie bauten ein Modell ihres Stadtteils,<br />

in das die Ergebnisse der Kiezbegehung<br />

integriert wurden. Das Modell wurde öffentlich<br />

ausgestellt <strong>und</strong> diskutiert. Die Bewohner/innen<br />

konnten weitere Vorschläge zu Veränderungen<br />

einbringen. Die Kinder sind an den<br />

weiteren Planungen beteiligt. Die Kiezdetektive<br />

der Lemgo-Gr<strong>und</strong>schule sind ebenfalls an Planungs-<br />

<strong>und</strong> Umsetzungsmaßnahmen im Rahmen<br />

des Programms Soziale Stadt in der<br />

Düttmann-Siedlung beteiligt.<br />

Auch im Anschluss an die Kiezbegehungen<br />

2006 wurden die Schüler/innen in die Planung<br />

eines neu eingerichteten Familienzentrums in<br />

ihrem Wohngebiet durch das Quartiersmanagement<br />

einbezogen. An den Schulen wurde<br />

eine Schulhofbetreuung durch türkische<br />

Frauen, Bewegungsangebote, Gewaltpräventionsmaßnahmen<br />

sowie Umweltprojekte mit<br />

externen Partnern auf den Weg gebracht.<br />

Schwierigkeiten <strong>und</strong> Hürden<br />

Bei der Evaluation der ersten Durchläufe des<br />

Projektes ergaben sich folgende Probleme:<br />

■ Der Zeitraum zwischen den Kiezerk<strong>und</strong>ungen,<br />

der ersten Kinderversammlung mit<br />

den Bezirkspolitikern <strong>und</strong> der zweiten<br />

Kinderversammlung war mit sechs Monaten<br />

<strong>für</strong> die Kinder zu lang. Teilweise war die<br />

Erinnerung an die Ergebnisse nicht mehr<br />

präsent. Hinzu kam, dass die Bearbeitung<br />

der Probleme weitgehend von der Verwaltung<br />

erfolgte. Um eine weitergehende<br />

Partizipation der Kinder zu erreichen,<br />

wurden in den folgenden Durchläufen die<br />

Kinder in die Umsetzungsmaßnahmen mit<br />

einbezogen durch Projekte, die an den<br />

Schulen stattfanden.<br />

■ Ein Teil der beteiligten Kinder mit Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

hatte Sprachschwierigkeiten<br />

<strong>und</strong> Konzentrationsmängel. Darüber<br />

hinaus fehlten die Erfahrungen, eigene<br />

Interessen <strong>und</strong> Ideen zu artikulieren. Hier<br />

wurde versucht, durch eine intensivere<br />

Vorbereitung des Projekts entgegenzuwirken.<br />

■ Sehr wichtig <strong>für</strong> den Erfolg der Kiezdetektive<br />

ist außerdem die kontinuierliche, verantwortliche<br />

Projektkoordination, die Kontakt<br />

zu den beteiligten Einrichtungen hält, den<br />

Einführungsworkshop mit den Kindern <strong>und</strong><br />

Begleitpersonen durchführt, die Kiezerk<strong>und</strong>ungen<br />

begleitet, Ausstellung <strong>und</strong><br />

Kinderversammlungen vorbereitet,<br />

Ergebnisse kontrolliert, dokumentiert <strong>und</strong><br />

evaluiert, eine intensive Öffentlichkeitsarbeit<br />

organisiert sowie die Verantwortlichkeit<br />

<strong>und</strong> Zuverlässigkeit von Politik <strong>und</strong><br />

Verwaltung einfordert.<br />

Nachhaltigkeit <strong>und</strong> Übertragbarkeit des<br />

Projektes<br />

Das Projekt Kiezdetektive wird regelmäßig einmal<br />

jährlich mit etwa 60 Kindern im Bezirk<br />

Friedrichshain-Kreuzberg durchgeführt. Durch<br />

die Koordination im Rahmen des Ges<strong>und</strong>e-<br />

Städte-Netzwerks ist die Verbindlichkeit <strong>und</strong><br />

Kontinuität sowie die Vernetzung mit anderen<br />

bezirklichen Akteuren <strong>und</strong> Angeboten gewährleistet.<br />

Durch die Auswahl der Schulen in<br />

Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf,<br />

können sozial benachteiligte Kinder mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> aktiviert werden. Die<br />

Übertragbarkeit auch auf andere Städte <strong>und</strong><br />

Regionen ist erwünscht <strong>und</strong> wird vom BKK-<br />

B<strong>und</strong>esverband unterstützt. Wichtig ist eine<br />

Person, die verbindlich die Koordination des<br />

Projektes übernimmt ebenso wie interessierte<br />

<strong>und</strong> engagierte Politiker/innen, die Kinder als<br />

wichtige Partner/innen sehen.<br />

Mit dem Konzept der Kiezdetektive ist ein<br />

Instrument geschaffen, durch das junge<br />

Menschen in schwierigen sozialen Situationen<br />

über Partizipationsmöglichkeiten demokratisches<br />

Handeln erlernen können, durch das sie<br />

in ihren persönlichen Kompetenzen gestärkt<br />

werden <strong>und</strong> mit dem sie nicht zuletzt ihr alltägliches<br />

Umfeld verändern können. Und da<strong>für</strong><br />

gibt es Bedarf in beinahe jeder deutschen<br />

Stadt.<br />

Unterstützung erhielt das Projekt durch den<br />

BKK-B<strong>und</strong>esverband, durch das Aktionsprogramm<br />

Umwelt <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (APUG) <strong>und</strong> im<br />

Rahmen des Aktionsprogramms „Vielfalt fördern<br />

– Zusammenhalt stärken“ des Berliner<br />

Integrationsbeauftragten. Es wurde in enger<br />

Kooperation mit Ges<strong>und</strong>heit Berlin e.V.<br />

durchgeführt.<br />

Zusammenfassung<br />

Kinder zwischen sechs <strong>und</strong> 14 Jahren erforschen<br />

ihren Kiez, decken Missstände auf <strong>und</strong><br />

konfrontieren Politiker/innen damit. Der Projektansatz<br />

„Kiezdetektive“ befähigt Kinder, ihre<br />

Lebensumwelt selbstständig zu erforschen, sie<br />

zu verstehen <strong>und</strong> zu hinterfragen. Insbesondere<br />

Kinder in sozial schwierigen Lebensumständen<br />

– oftmals mit Migrationshintergr<strong>und</strong> –<br />

sollen lernen, dass sie aktiv ihr Lebensumfeld<br />

mit gestalten <strong>und</strong> verändern können. Sie<br />

werden dabei sowohl an die Politik herangeführt,<br />

als auch <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> umweltbezogene<br />

Fragestellungen sensibilisiert.<br />

Kontakt:<br />

Ingrid Papies-Winkler<br />

Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg<br />

Plan- <strong>und</strong> Leistelle Ges<strong>und</strong>heit<br />

Yorckstraße 4-11<br />

10965 Berlin<br />

Tel.: 030/ 902 983 546<br />

E-Mail: gespl@ba-fk.verwalt-berlin.de


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 5 KIEZ – Kiezkinder im Labyrinth<br />

KIEZ – Kiezkinder im Labyrinth<br />

Regina Backhaus <strong>und</strong> Joao Albertini, Labyrinth Kindermuseum Berlin<br />

Ein lebendiger Ort <strong>für</strong> alle Sinne<br />

Anfassen, Ausprobieren, Spielen, Neues entdecken<br />

– im Labyrinth Kindermuseum Berlin ist<br />

all das ausdrücklich erlaubt. Das Kindermuseum<br />

versteht sich als außerschulischer Lernort <strong>für</strong><br />

Kinder, Familien <strong>und</strong> Pädagogen <strong>und</strong> arbeitet mit<br />

Methoden des handlungs- <strong>und</strong> erfahrungsorientierten<br />

Lernens. Ziel ist es, die ges<strong>und</strong>heitliche,<br />

soziale <strong>und</strong> kulturelle Bildung von Kindern zu<br />

fördern. 1997 gegründet, zieht das Kindermuseum<br />

jährlich 90.000 kleine <strong>und</strong> große Gäste an.<br />

Die ehemalige Zündholzmaschinenfabrik gehört<br />

zum soziokulturellen Zentrum Fabrik Osloer Straße<br />

e.V.<br />

Mitmach-Ausstellungen<br />

Herzstück des Kindermuseums sind wechselnde,<br />

interaktive Ausstellungen <strong>für</strong> Kinder zwischen<br />

drei <strong>und</strong> zwölf Jahren. Die Ausstellungen werden<br />

vom Team des Kindermuseums selbst konzipiert<br />

<strong>und</strong> realisiert.<br />

Labyrinth macht schlau!<br />

Ein umfangreiches Fortbildungsprogramm <strong>für</strong><br />

Pädagogen <strong>und</strong> Eltern begleitet die jeweiligen<br />

Ausstellungen. Unter dem Motto „Labyrinth<br />

macht schlau!” werden hier innovative Ansätze<br />

<strong>und</strong> Methoden in die pädagogische Praxis transportiert.<br />

Jährlich werden r<strong>und</strong> 400 Teilnehmer<br />

fortgebildet.<br />

Labyrinth unterwegs<br />

„Labyrinth unterwegs“ heißt das mobile Angebot<br />

des Kindermuseums. Teile der Ausstellungen<br />

werden <strong>für</strong> den mobilen Einsatz nutzbar<br />

gemacht. So entstehen Koffer mit praxisnahen<br />

Anregungen <strong>und</strong> Arbeitsmaterialien <strong>für</strong> Schulen<br />

oder außerschulische Kindereinrichtungen.<br />

Projektarbeit<br />

Das Projektteam des Kindermuseums bietet Projekttage<br />

<strong>und</strong> -wochen <strong>für</strong> Schulen, Kindertagesstätten<br />

<strong>und</strong> Kinderfreizeiteinrichtungen an. Auch<br />

hier geht es um Themen der sozialen, ges<strong>und</strong>heitlichen<br />

<strong>und</strong> kulturellen Bildung. Von 2005 –<br />

2007 führt das Kindermuseum das b<strong>und</strong>esweit<br />

einmalige Modellprojekt „ges<strong>und</strong> groß werden!“<br />

durch. Ziel ist die Zertifizierung von schulischen<br />

<strong>und</strong> außerschulischen Kindereinrichtungen im<br />

Bereich der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung. Finanziert<br />

wird das Projekt von Aktion Mensch.<br />

Ausstellungsverleih<br />

Seit 2004 verleiht das Kindermuseum seine<br />

erfolgreichen Ausstellungen an andere Kindermuseen<br />

in Deutschland <strong>und</strong> im europäischen<br />

Ausland.<br />

Ganz ausgezeichnet<br />

Im Jahr 2003 erhält das Labyrinth Kindermuseum<br />

Berlin den Berliner Zivilcouragepreis <strong>und</strong> wurde<br />

2006 zur „Kulturmarke des Jahres“ gewählt.<br />

Das Labyrinth Kindermuseum Berlin ist ein Projekt<br />

mit gesamtstädtischer Bedeutung. Wir sehen<br />

dennoch unsere soziale Verantwortung auch<br />

<strong>und</strong> gerade <strong>für</strong> den Soldiner Kiez. Die Kiezkinder<br />

besuchen das Labyrinth Kindermuseum an den<br />

Sonntagen, an denen auch Joao Albertini im Museum<br />

tätig ist. Die Kinder zahlen im Gegensatz zu<br />

allen anderen Besuchern keinen Eintritt. Im<br />

vergangenen Jahr haben an den Sonntagen<br />

durchschnittlich 60 Kinder im Alter von zwei bis<br />

zwölf Jahren das Labyrinth besucht. Die Anwesenheit<br />

der Kinder im Museum verlief nicht<br />

immer ohne Konflikte. Daher war die Einführung<br />

verbindlicher Regeln Bestandteil des Projektes:<br />

■ Die Kinder dürfen das Labyrinth Kindermuseum<br />

nur besuchen, wenn Joao Albertini<br />

anwesend ist.<br />

■ Der Besuch im Museum ist auf eine St<strong>und</strong>e<br />

begrenzt, damit alle Kinder das Museum<br />

besuchen können.<br />

■ Alle Mitarbeiter – nicht nur Joao Albertini –<br />

sind „Chefs“, das bedeutet, dass sie <strong>für</strong> die<br />

Arbeit in der Ausstellung verantwortlich sind<br />

<strong>und</strong> die Kinder sich nach ihren Vorgaben<br />

richten müssen.<br />

■ Die Kinder kommen überwiegend aus Familien<br />

mit Migrationshintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> sind überwiegend<br />

Schüler <strong>und</strong> Schülerinnen der Wilhelm-Hauff-<br />

<strong>und</strong> der Rudolf-Wissell-Schule.<br />

Joao Albertini arbeitet als pädagogischer Mitarbeiter<br />

im Labyrinth Kindermuseum Berlin <strong>und</strong><br />

hat durch zahlreiche Projekte aber auch durch<br />

sein besonderes Engagement <strong>und</strong> seine vielseitigen<br />

Fähigkeiten einen besonderen <strong>und</strong> intensiven<br />

Kontakt zu den Kindern aus dem Soldiner<br />

Kiez aufbauen können.<br />

Auch sein kultureller Hintergr<strong>und</strong> – Joao Albertini<br />

stammt aus Brasilien – ist <strong>für</strong> die Arbeit mit<br />

dieser mutikulturellen Zielgruppe von Vorteil. Im<br />

Jahr 2005 gab es zahlreiche Konflikte in der<br />

Gruppe der Kiezkinder selbst, aber auch mit<br />

Besuchern <strong>und</strong> den pädagogischen Mitarbeitern<br />

des Kindermuseums. Diese konnten durch die<br />

Akzeptanz der Regeln von Seiten der Kiezkinder<br />

gemindert bzw. sogar ganz abgewendet werden.<br />

Durch das stete Erinnern <strong>und</strong> Einüben der Regeln<br />

bildete sich eine feste Gruppe von Kindern aus<br />

dem Kiez, die das Labyrinth Kindermuseum<br />

kontinuierlich besuchen. Die Kinder halten sich<br />

mittlerweile sehr gut an die Regeln.<br />

Viele Kinder kommen jeden Sonntag <strong>und</strong> übernehmen<br />

kleine Aufgaben im Ausstellungsbereich.<br />

Das nicht immer konfliktfreie Verhältnis zu<br />

den pädagogischen Mitarbeitern hat sich deutlich<br />

verbessert <strong>und</strong> zeugt von Vertrauen auf beiden<br />

Seiten. Durch die Kontinuität der Arbeit haben<br />

sich die Kinder weiterentwickelt, sie fühlen<br />

sich im Kindermuseum wohl <strong>und</strong> akzeptiert.<br />

In der Ausstellung „Ganz weit weg <strong>und</strong> doch so<br />

nah“, in der es um das Kennenlernen fremder<br />

Kulturen geht, mögen es die Mädchen, sich in<br />

der Station „Frisiersalon“ zu schminken <strong>und</strong> zu<br />

frisieren <strong>und</strong> sich im „Verwandlungsbasar“ zu<br />

verkleiden. Daraus entstanden kleine Tanz- <strong>und</strong><br />

Gesangsnummern im Sinne von „Bollywood“ die<br />

im Kindermuseum zur Aufführung gebracht wurden.<br />

Die Jungen führten einen Streetdance vor.<br />

Die Kinder fühlen sich selbstbewusst <strong>und</strong> stolz<br />

mit ihren Darbietungen, die auch bei den anderen<br />

Besuchern gut ankommen.<br />

Die Kiezkinder haben einen türkischen, arabischen<br />

oder serbokroatischen Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

sie kommen oft mit Geschwistern bzw. in kleinen<br />

Gruppen von Verwandten. Das Verständnis zwischen<br />

Mädchen <strong>und</strong> Jungen hat sich gebessert.<br />

Die Kinder, die das Alter von zwölf Jahren überschritten<br />

haben, neigen zu anderen Interessen<br />

<strong>und</strong> kommen nicht mehr ins Kindermuseum. Die<br />

jüngeren Geschwisterkinder gehören weiterhin<br />

zur Gruppe der Kiezkinder. Neben dieser positiven<br />

Entwicklung gibt es einen sich deutlich<br />

zuspitzenden Konflikt mit einer Gruppe von vier<br />

bis fünf Jungen im Alter von 7-14sieben bis 14<br />

Jahren, denen Hausverbot erteilt wurde. Um<br />

diesem Problem besser gewachsen zu sein,<br />

wurde inzwischen eine Zusammenarbeit mit dem<br />

Verein Kiezboom vereinbart.<br />

Bei akuten Konflikten nehmen die Mitarbeiter/innen<br />

des Kindermuseums Kontakt zu Kiezboom<br />

auf. Die Mitarbeiter/innen von Kiezboom, die im<br />

Bereich Konfliktschlichtung geschult sind, werden<br />

dann direkt ins Kindermuseum kommen, um<br />

die Mitarbeiter/innen des Kindermuseums bei<br />

der Lösung der Konflikte zu unterstützen. Dieser<br />

Lösungsansatz wurde in Gesprächen mit dem<br />

Quartiersmanagement entwickelt.<br />

Trotz <strong>und</strong> gerade wegen dieser Konflikte sind wir<br />

davon überzeugt, dass es wichtig ist, den Kindern<br />

aus dem Soldiner Kiez die Möglichkeit zu<br />

geben, die Angebote des Kindermuseums wahrzunehmen.<br />

Das aggressive Verhalten einiger<br />

Kinder macht deutlich, wie wichtig es ist mit<br />

dieser Zielgruppe zu arbeiten <strong>und</strong> einen Beitrag<br />

zur Förderung der sozialen Kompetenz der Kinder<br />

zu leisten. Da das Labyrinth Kindermuseum<br />

auf die Erlöse durch Eintrittsgelder angewiesen<br />

ist, wäre dieses Projekt ohne eine Förderung<br />

nicht möglich gewesen. Die Situation gilt auch<br />

<strong>für</strong> die zukünftige Arbeit mit den Kiezkindern.<br />

Kontakt:<br />

Regina Backhaus<br />

Joao Albertini<br />

Labyrinth Kindermuseum Berlin in der FOS<br />

Osloer Straße 12, 13359 Berlin<br />

Tel.: 030/ 800 931 163<br />

E-Mail: regina.backhaus@labyrinthkindermuseum.de<br />

joao.albertini@labyrinth-kindermuseum.de<br />

51


52<br />

Kapitel 6 Diskussionen der Workshops Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Workshops<br />

Kapitel 6<br />

Diskussionen der Workshops<br />

Workshop A)<br />

Aktiv <strong>und</strong> Bewegt in Kitas, Familienzentren <strong>und</strong><br />

anderen Treffpunkten<br />

Berichterstatterin: Iris Spitzner,<br />

IKK Brandenburg <strong>und</strong> Berlin<br />

Bewegungsförderung in die Kita hineinzubringen,<br />

darüber berichtete Frau Dr. Ketelhut durch<br />

das Projekt „Fitness <strong>für</strong> Kids“. Dies ist ein<br />

sechsmonatiges Programm, in dem Fachleute<br />

in Kitas Bewegungseinheiten durchführen.<br />

Bedingung ist aber, dass die Erzieher/innen<br />

daran teilnehmen <strong>und</strong> somit Übungen <strong>und</strong><br />

Abläufe lernen. Zusätzlich gibt es eine theoretische<br />

<strong>und</strong> praktische Weiterbildung. Wenn<br />

das Projekt in der Kita beendet ist, sind die<br />

Erzieher/innen befähigt, es selbstständig fortzuführen.<br />

Das ist mit Sicherheit ein guter<br />

Ansatz, der auch weitergeführt wird.<br />

Was als ganz wichtig benannt wurde war, dass<br />

die Erzieher/innen auch Spaß bei der Sache<br />

haben („Wenn es denen Spaß macht, dann<br />

weiß ich auch, dass sie das weiterführen“).<br />

Eine weitere wichtige Bedingung, Bewegungsförderung<br />

in die Kita hineinzubringen ist, dass<br />

mit den Rahmenbedingungen, die die Kita vor<br />

Ort hat, auch gearbeitet werden kann. Das<br />

heißt, dass mit Alltagsgegenständen gearbeitet<br />

wird. Im Vortrag waren zum Beispiel Zeitungen<br />

<strong>und</strong> Schwämme <strong>und</strong> Luftballons die<br />

Gegenstände, mit denen die Kinder sich<br />

bewegt haben. Die Berücksichtigung der Rahmenbedingungen<br />

ist eine Voraussetzung da<strong>für</strong>,<br />

dass alle Kitas, auch die mit fehlenden oder<br />

sehr geringen Ressourcen, an diesem Projekt<br />

teilnehmen können.<br />

Zunächst ging es um die Bildung eines Netzwerkes,<br />

das entstand, weil alle das gleiche<br />

Interesse hatten, nämlich das Thema Bewegung<br />

zu fördern.<br />

Ausgangspunkt waren hohe Unfallzahlen bei<br />

Kindern aufgr<strong>und</strong> von Bewegungsmangel. Man<br />

hat angefangen in kleinen Gruppen bei auf-<br />

fälligen Kindern, Bewegungsübungen durchzuführen.<br />

Später hat man sich dann aber<br />

entschlossen, auch durch die Diskussion im<br />

Netzwerk, das Ganze <strong>für</strong> alle anzubieten. Das<br />

Netzwerk besteht aus der Unfallkasse, aus<br />

Kitas, aus Trägern der Stadt <strong>und</strong> hat sich<br />

inzwischen so weiterentwickelt, dass die<br />

Bedarfe, die auch die Kitas vor Ort selber<br />

sehen, als neue Themen behandelt werden. Im<br />

Moment ist ein Thema in Entwicklung, das<br />

heißt: „Erst Bindung, dann Bildung“ <strong>und</strong><br />

schließt direkt an das an, was wir in den<br />

Beiträgen von Raim<strong>und</strong> Geene <strong>und</strong> Hellgard<br />

Rauh auch gehört haben.<br />

Das dritte Thema hatte den Schwerpunkt<br />

Ernährung – <strong>und</strong> zwar Ernährungsschulung <strong>für</strong><br />

Eltern. Diese wird während der Betreuungszeit<br />

in der Kita durchgeführt. Wichtigstes Ziel ist<br />

dabei, dass die Eltern die Ernährung, die ja in<br />

der Kita als ges<strong>und</strong> angeboten <strong>und</strong> vorausgesetzt<br />

wird, zu Hause ebenso anbieten können.<br />

Wichtig ist dabei, dass Rezepte entwickelt<br />

wurden, die leicht durchzuführen sind <strong>und</strong><br />

dabei:<br />

■ nicht mehr als 2,00 Euro pro Person kosten<br />

■ nicht mehr als sieben Zutaten enthalten<br />

■ <strong>und</strong> sich am Geschmack orientieren<br />

In den Kochkursen wurden eigene Rezepte<br />

entwickelt. Was leider in diesem Projekt nicht<br />

gelungen ist, ist die Nachhaltigkeit zu gewährleisten,<br />

aber da werden im Moment weiter<br />

Lösungen gesucht.


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 6 Diskussionen der Workshops<br />

Ganz wichtig <strong>für</strong> alle Projekte ist:<br />

■ dass die Nachhaltigkeit mitgedacht wird<br />

■ dass möglicherweise Multiplikator/innen<br />

ausgebildet werden<br />

■ dass die Projekte auf alle Fälle auch Spaß<br />

machen. Das war ein Begriff, der auch ganz<br />

oft genannt worden ist <strong>und</strong><br />

■ dass das „Einschlafen“ verhindert wird,<br />

entweder durch Multiplikator/innen ; oder<br />

eine andere Idee war auch, dass es<br />

möglicherweise im Bereich der Bewegung<br />

Erinnerungskärtchen oder<br />

Erinnerungstermine oder so etwas<br />

Ähnliches gibt<br />

Dicht damit verb<strong>und</strong>en ist das Thema Elternarbeit,<br />

das im zweiten Teil Thema war. Als<br />

erstes wurde die Eltern-AG aus Sachsen-Anhalt<br />

vorgestellt. Diese AG richtet sich an Eltern aus<br />

sozial benachteiligten Schichten. Ziel ist es<br />

Eltern dazu zu befähigen, mit ihren Ressourcen<br />

gut umzugehen, sich in ihrem Umfeld zurechtzufinden<br />

<strong>und</strong> sich weiterzuentwickeln, ausgehend<br />

von den positiven Erfahrungen, die jedes<br />

Elternteil mit bringt. Zu der Eltern-AG gab es<br />

ganz viele Nachfragen <strong>und</strong> eine heiße Diskussion<br />

entstand, in der es sehr darum ging,<br />

wie diese Zielgruppe erreicht wird! „Kommen<br />

denn da die, die man wirklich haben will oder<br />

die, die sich sowieso schon da<strong>für</strong> interessieren<br />

<strong>und</strong> die man damit eigentlich gar nicht mehr<br />

„beglücken“ muss“?<br />

Wichtig <strong>für</strong> die Erreichung war die persönliche,<br />

nicht stigmatisierende Ansprache. Dieses Projekt<br />

arbeitet zusammen mit Kitas, mit Ärzt/innen,<br />

wobei die Kitas <strong>und</strong> Ärzt/innen zum<br />

größten Teil als Multiplikator/innen dienen <strong>und</strong><br />

<strong>für</strong> die Teilnahme am Projekt werben. Wenn die<br />

Eltern einverstanden sind, sich ansprechen zu<br />

lassen, werden sie durch geschulte<br />

Mentor/innen, die den Verlauf der Eltern-AG<br />

begleiten, kontaktiert. Das ist ein ganz, ganz<br />

wichtiger Faktor: die Ansprache der Eltern, die<br />

mitmachen <strong>und</strong> nicht abgeschreckt werden<br />

sollen, durch eine Ansprache, die ihnen einen<br />

Spiegel vorhält <strong>und</strong> ihnen sagt, was sie falsch<br />

machen. Gefragt ist Ermutigung statt<br />

Bewertung <strong>und</strong> Kritik. Die Eltern-AG beinhaltet<br />

dann 20 Termine mit dem Ziel, dass die AG sich<br />

zum Schluss selbst organisiert.<br />

Ein zweiter Teil in der Diskussion war die Frage<br />

nach dem Aufbau der Eltern-AG. Wie viele<br />

kommen denn da? Beziehungsweise kann man<br />

auch die Väter mobilisieren? Das ist ein Punkt,<br />

der auch heiß diskutiert wurde: Wie kommt<br />

man an die Väter heran? Was ich ganz interessant<br />

fand, war der Ausspruch: „Na ja, die<br />

sehen sich dann der geballten Weiblichkeit<br />

gegenüber. Das könnte sie natürlich auch abschrecken.“<br />

Als Lösung da<strong>für</strong> wurde angedacht,<br />

spezielle Angebote <strong>für</strong> Väter zu entwickeln.<br />

Zu funktionieren scheint der Ansatz<br />

der zwei Mentoren in der Eltern AG. Idealerweise<br />

ist einer weiblich <strong>und</strong> einer männlich. In<br />

den AGs, die einen männlichen Mentor haben,<br />

ist auch die Inanspruchnahme durch Väter<br />

etwas größer.<br />

Der nächste Vortrag hatte das Thema „Elternbeteiligung<br />

in der Kita“. Was mich beeindruckt<br />

hat war eine sehr gute Dokumentation je Kind,<br />

die <strong>für</strong> die Eltern jederzeit einsehbar ist. Sie<br />

zeigt, was das Kind in der Kita macht. Die Kita<br />

zeigt einen Film darüber was im letzten Jahr so<br />

gelaufen ist. Es wird ein Dokumentationsbogen<br />

<strong>für</strong> jedes Kind frei ausgelegt. Es gibt feste<br />

Termine, an denen Elterngespräche stattfinden<br />

<strong>und</strong> es gibt ein Eltern-Café, das jeden Monat<br />

stattfindet, an dem auch jedes Mal ein Erzieher<br />

teilnimmt. Durch die Ansprache direkt über das<br />

Kind gelingt es, die Eltern auch <strong>für</strong> weitere<br />

Themen <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Mitarbeit in der Kita zu<br />

interessieren.<br />

Ganz wichtig, was auch in anderen Beiträgen<br />

thematisiert wurde, war das offene Angebot<br />

eines Cafés, die Atmosphäre: „Ich bin hier nicht<br />

in irgendeinem Workshop, wo ich etwas erzählt<br />

bekomme oder wo ich vielleicht auch noch<br />

mitarbeiten muss, sondern es ist eine entspannte,<br />

ganz normale Kaffeekranz-Atmosphäre“.<br />

Dies war auch ein wichtiger Aspekt der<br />

Eltern-AG. Wenn eine bestimmte persönliche<br />

Basis schon gelegt ist, ist der Austausch über<br />

viele Dinge möglich – auch über die Knackpunkte,<br />

die einem auf dem Herzen liegen, <strong>und</strong><br />

schwierige Themen können durchaus angesprochen<br />

werden.<br />

Der dritte Beitrag im zweiten Teil kam aus dem<br />

Nachbarschaftszentrum Kiez Oase Schöneberg,<br />

das gezeigt hat, wie die Ansprache <strong>und</strong><br />

die Beteiligung der Besucher/innen gelingen<br />

kann. Hier wurde herausgestellt, was eigentlich<br />

auch <strong>für</strong> alle anderen gilt: „Man muss den<br />

Bedarf desjenigen, den man ansprechen will,<br />

wirklich im Blick haben <strong>und</strong> ihn auf dieser<br />

Ebene ansprechen.“<br />

Im Beispiel des Nachbarschaftszentrums ist es<br />

unter anderem die Babykrabbelgruppe, die<br />

einen Einstieg bietet, um weitere Themen oder<br />

weitere Angebote kenntlich zu machen <strong>und</strong><br />

diejenigen, die kommen, da<strong>für</strong> zu gewinnen.<br />

Das heißt, ein Einstieg ist durch ein bestimmtes<br />

Angebot schon gegeben <strong>und</strong> andere<br />

Möglichkeiten finden sich dann durch die<br />

Ansprache der Betreuer aus dem Nachbarschaftszentrum.<br />

Die Einschätzung aller drei Referent/innenen<br />

<strong>und</strong> auch des Publikums war, je schwieriger die<br />

Gruppe ist, so will ich es ausdrücken, je größer<br />

die soziale Benachteiligung, desto wichtiger ist<br />

es, die Gruppe klein zu halten, die persönliche<br />

Ansprache zu bieten <strong>und</strong> eine Homogenität der<br />

Gruppe sicherzustellen. Wie Herr Geene heute<br />

Morgen sagte: Die Scham, die eigene Situation<br />

vielleicht darstellen zu müssen, ist ein großer<br />

Hinderungsgr<strong>und</strong>, aber es kann gelingen, indem<br />

einfach auf gleicher Augenhöhe miteinander<br />

gesprochen wird.<br />

Workshop B) Bewegung im Stadtteil<br />

Berichterstatter: Stefan Bräunling,<br />

Regionaler Knoten des Kooperationsverb<strong>und</strong>es<br />

„<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung bei sozial<br />

Benachteiligten“<br />

In den beiden Workshops, von denen ich jetzt<br />

berichte, ging es um Bewegungsförderung im<br />

Stadtteil. Der erste Teil befasste sich mit der<br />

Gestaltung von bewegten Lebensräumen <strong>und</strong><br />

der zweite Teil mit der Frage, wie aktiviere ich<br />

Eltern <strong>und</strong> Kinder im Stadtteil. Das ging<br />

allerdings ziemlich ineinander über, was aber<br />

auch sehr gut war <strong>und</strong> das Thema sehr spannend<br />

<strong>und</strong> anschaulich machte.<br />

Im ersten Teil des Workshops hat Philipp<br />

Mühlberg von der Senatsverwaltung <strong>für</strong> Stadtentwicklung<br />

das Programm „Soziale Stadt“<br />

<strong>und</strong> die Bezüge zum Thema <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

dargestellt: Zunächst die Ziele,<br />

stabile Nachbarschaften zu schaffen, Chancengleichheit<br />

herzustellen <strong>und</strong> Begegnungsräume<br />

zu eröffnen. Kurz: Das Programm „Soziale<br />

Stadt“ hat 33 Gebiete in Berlin mit fünf- bis<br />

zwanzigtausend Einwohner/innen.<br />

Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen<br />

hohen Anteil an Arbeitslosen haben, einen<br />

hohen Anteil an Empfänger/innen von Transferleistungen<br />

<strong>und</strong> einen hohen Ausländeranteil.<br />

Wobei Philipp Mühlberg wichtig war zu sagen,<br />

dass Ausländer/in-sein nicht per se eine<br />

Benachteiligung ist, sondern dass dabei soziale<br />

Probleme im Gr<strong>und</strong>e umdefiniert werden.<br />

Wichtig an dem Programm „Soziale Stadt“ ist<br />

das Schaffen von Netzwerken, von Kommunikationsstrukturen,<br />

<strong>und</strong>, so betonte Philipp<br />

Mühlberg vor allem, auch das Schaffen von<br />

Bewegungsräumen. Es geht um Einbindung, es<br />

geht um das Schaffen eines Wir-Gefühls. Ein<br />

Beispiel, das Philipp Mühlberg den Teilnehmenden<br />

vorgestellt hat, ist die Spandauer<br />

Bolzplatzliga, eine bunte Liga, in der Fußball<br />

53


54<br />

Kapitel 6 Diskussionen der Workshops Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

gespielt wird – Mädchen <strong>und</strong> Jungen. Interessanterweise<br />

gibt es natürlich Regeln, aber<br />

keine Schiedsrichter. Die Spieler/innen müssen<br />

sich während ihrer Turnierspiele selber über<br />

den Verlauf einigen, dadurch werden die<br />

Identifikation <strong>und</strong> das Wir-Gefühl gefördert.<br />

Das 1999 ins Leben gerufene B<strong>und</strong>-Länder-<br />

Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf<br />

– Soziale Stadt“ dient der Förderung<br />

von sozial <strong>und</strong> wirtschaftlich benachteiligten<br />

Stadtteilen. Ziel ist die Verbesserung<br />

der Wohn- <strong>und</strong> Lebensbedingungen in den<br />

Quartieren sowie der sozialen Lage <strong>und</strong><br />

Lebenschancen seiner Bewohner/innen.<br />

Das Programm verfolgt dabei einen integrierten<br />

Ansatz: Maßnahmen des Städtebaus<br />

werden gezielt mit Maßnahmen u.a. der Bildungs-<br />

<strong>und</strong> Beschäftigungspolitik, der Familien-,<br />

Kinder- <strong>und</strong> Jugendpolitik, der Integration<br />

<strong>und</strong> der Ges<strong>und</strong>heit vor Ort gebündelt. Da<strong>für</strong><br />

wird von der Kommune ein integriertes Entwicklungskonzept<br />

<strong>für</strong> das Quartier entwickelt,<br />

das die ressortübergreifende Zusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> die Bündelung von Ressourcen (sowohl<br />

investiven, als auch nicht-investiven Mitteln)<br />

vorsieht. Wesentliche Kennzeichen des Programms<br />

sind die Begleitung durch ein aktives<br />

Quartiersmanagement sowie die Beteiligung<br />

der lokalen Partner/innen <strong>und</strong> der Bewohnerschaft<br />

vor Ort.<br />

Im nächsten Beitrag hat Birgit Funke vom<br />

Verein „BERLINbewegt“ die Gestaltung <strong>und</strong> die<br />

Planung von Spielplätzen vorgestellt. Die Themen<br />

dabei sind: altersspezifische Spielplätze,<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Zugänglichkeit. Funke hat die<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der Umfeldanalyse erklärt <strong>und</strong><br />

betont, dass es dabei nicht nur darum geht,<br />

einen Spielplatz zu gestalten, sondern sich vor<br />

allen Dingen das Umfeld zu vergegenwärtigen<br />

<strong>und</strong> die Bedarfe <strong>und</strong> Bedürfnisse zu bestimmen.<br />

Außerdem ist Birgit Funke auf die Kriterien <strong>für</strong><br />

einen möglichst hohen Spielwert eingegangen.<br />

Sie stellte dar, wie bereits Kita-Kinder in die<br />

Planung <strong>und</strong> Beteiligung einbezogen werden<br />

können. So können die Kinder etwa ihre Kritik,<br />

zum Beispiel an dem Hof oder dem Garten der<br />

Kita, mit roten oder grünen Fähnchen darstellen,<br />

ihre Wünsche äußern, Modelle bauen<br />

oder Bilder malen, die darstellen, wie ihre<br />

Umgebung aussehen soll. Birgit Funke hat<br />

deutlich vertreten, dass es wichtig ist, reale<br />

Pläne mit den Kindern zu machen, nicht nur<br />

„bunte Bildchen“.<br />

Nach einer entsprechenden Nachfrage stellte<br />

Birgit Funke dar, dass der Verein „BERLINbewegt“<br />

in erster Linie auf die Einrichtungen im<br />

Kiez zugeht. Die Eltern <strong>und</strong> die Bewohner/innen<br />

in der Umgebung werden nur vermittelt<br />

angesprochen, denn sie sind auf einer<br />

ganz praktischen Ebene instabil <strong>und</strong> können im<br />

Gegensatz zur Einrichtung etwa umziehen oder<br />

ähnliches. Demgegenüber bleibt die Einrichtung<br />

als feste <strong>und</strong> stabile Größe im Kiez.<br />

Der dritte Beitrag war die Präsentation des<br />

Spiel- <strong>und</strong> Sportplatzes „Unser Platz“ in<br />

Marzahn-Nord durch Andrea von Marschall.<br />

Dieser große Sportplatz <strong>für</strong> Nutzer/innen aller<br />

Altersstufen wurde schon eingerichtet, bevor<br />

der jetzige Träger Dissens e.V. dorthin kam.<br />

Anfangs gab es große Schwierigkeiten: Vandalismus,<br />

Lärmbelästigung der Anwohner/innen<br />

in den Plattenbauten um den Platz herum, <strong>und</strong><br />

eine ganz überwiegende Nutzung durch Jungen<br />

(93 Prozent).<br />

Das Ziel, das Dissens sich jetzt gesetzt hat <strong>und</strong><br />

schon seit mehreren Jahren verfolgt, ist eine<br />

breitere Nutzung. Es gilt, neue Nutzergruppen<br />

zu gewinnen, ohne die bisherigen Nutzer/innen<br />

zu vertreiben. In dem Konzept gibt es sehr<br />

viele partizipative Elemente wie gemeinsame<br />

Spielplatzkonferenzen, aber auch solche nur<br />

<strong>für</strong> die Mädchen <strong>und</strong> nur <strong>für</strong> die Jungen.<br />

Um neue Gruppen anzuziehen, werden mindestens<br />

drei Feste pro Jahr veranstaltet. In<br />

letzter Zeit sind auch Senior/innen gewonnen<br />

worden, sich dort aufzuhalten <strong>und</strong> zum Beispiel<br />

Boule zu spielen. Auch Kita-Kinder sind<br />

gewonnen worden.<br />

Eine Nachfrage aus dem Plenum bezog sich auf<br />

das Thema Verstetigung. Andrea von Marschall<br />

beschrieb ein Projekt, in dem Patenschaften<br />

aufgebaut werden <strong>und</strong> das sich durch bürgerschaftliches<br />

Engagement selbst tragen soll,<br />

was allerdings praktisch nicht leicht umsetzbar<br />

ist.<br />

Der Hauptpartner bei diesem Projekt ist die<br />

Wohnungsbaugesellschaft Fortuna eG, aber<br />

zusätzlich müssen noch soziale Einrichtungen<br />

<strong>und</strong> viele weitere Partner/innen, natürlich auch<br />

die Politik im Bezirk, gewonnen werden, um<br />

das Projekt langfristig zu tragen. In diesem<br />

Zusammenhang verwies Philipp Mühlberg auf<br />

die <strong>für</strong> solche Projekte wichtigen Fragen wie:<br />

Was sind starke Partner/innen? Wer sind die,<br />

auf die man auch längerfristig bauen kann?<br />

Im zweiten Teil des Workshops ging es hauptsächlich<br />

um die Aktivierung von Eltern <strong>und</strong><br />

Kindern. Monika Kringe stellte das Marburger<br />

Netzwerk „mittendrin“ vor, das 22 aktive Institutionen<br />

in drei Stadtbezirken in Marburg<br />

umfasst, dazu noch einmal 29 unterstützende<br />

Institutionen <strong>und</strong> insgesamt 40 Maßnahmen,<br />

die hauptsächlich in Kitas <strong>und</strong> Schulen durchgeführt<br />

werden. Der Gr<strong>und</strong>satz ist, Bewegungsmöglichkeiten,<br />

die es gibt, nicht unbedingt zu<br />

perfektionieren, sondern die Kinder ihre<br />

elementaren Bewegungserfahrungen wiederentdecken<br />

zu lassen. Alle Akteure des Sozialraums<br />

sollen diesen Prozess mitgestalten.<br />

Dazu wurde im Rahmen von „mittendrin“ eine<br />

sehr umfangreiche Sozialraumerk<strong>und</strong>ung mit<br />

insgesamt 800 Kindern durchgeführt. Dabei<br />

wurden etwa „Bewegte Landkarten“ genutzt,<br />

in denen auf dem Schulhof der gesamte Bezirk<br />

nachgestellt wird <strong>und</strong> die Kinder als Expert/innen<br />

<strong>für</strong> ihre Umwelt befragt werden. Das wurde<br />

unter dem Titel „Blick aus 120 cm Höhe“<br />

durchgeführt. Wichtig war dabei abermals,<br />

dass Eltern <strong>und</strong> Pädagog/innen, vor allem aber<br />

die Kinder, als Expert/innen befragt wurden.<br />

Danach hat Frank Miller, Vorstand der Fortuna<br />

Wohnungsbaugesellschaft eG, die das Projekt<br />

„Unser Platz“ unterstützen, die Sichtweise des<br />

Wohnungsbauunternehmens <strong>und</strong> die Gründe,<br />

warum das Unternehmen sich auch <strong>für</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

engagiert, dargestellt. Ein<br />

Unternehmen wie die Fortuna Wohnungsbaugesellschaft<br />

eG hat einen hohen Forderungsausfall,<br />

etwa durch Menschen, die ihre Miete<br />

nicht bezahlen können oder durch eine hohe<br />

Fluktuation. Fluktuation bedeutet immer Renovieren<br />

<strong>und</strong> neu Vermieten, was hohe Kosten<br />

verursacht <strong>und</strong> einen laufenden hohen Leerstand<br />

nach sich zieht, der wiederum einen<br />

Mietausfall bedeutet <strong>und</strong> Betriebskosten verursacht.<br />

Für die Fortuna Wohnungsbaugesellschaft eG<br />

sind das starke ökonomische Gründe, ein<br />

sozial verbessertes Wohnumfeld schaffen zu<br />

wollen. Es geht also nicht nur um technische<br />

<strong>und</strong> energetische Anforderungen, sondern<br />

auch um die Sicherung <strong>und</strong> Stabilisierung des<br />

sozialen Wohnumfeldes. Darüber bekommt<br />

das Unternehmen Wettbewerbsvorteile.<br />

Das Unternehmen pflegt außer dem Projekt<br />

„Unser Platz“ auch Kontakte zu Jugendclubs,<br />

zur Kita <strong>und</strong> zum Seniorenclub. Den Seniorenclub<br />

hat die Wohnungsbaugesellschaft selber<br />

aufgebaut. Das Unternehmen hat sich das Ziel<br />

gesetzt, das Wohnungsbauunternehmen mit<br />

der höchsten sozialen Kompetenz in ganz<br />

Marzahn <strong>und</strong> Hohenschönhausen zu werden,<br />

<strong>und</strong> dazu ein Kompetenzzentrum eingerichtet,<br />

unter anderem mit dem Ziel, Kontakt zu allen<br />

sozialen Einrichtungen in diesen Bezirken<br />

aufzunehmen. Eine konkrete Maßnahme, die in<br />

dem Zusammenhang schon entstanden ist, ist<br />

ein „Mit-Mach-Brunch“ <strong>für</strong> die Anwohner/innen.<br />

Die letzte Maßnahme, die dargestellt wurde,<br />

war das Projekt „Kiezkinder“ von Regina Backhaus<br />

<strong>und</strong> Joao Albertini aus dem Labyrinth<br />

Kindermuseum. Die Kinder, die dort in der


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Kapitel 6 Diskussionen der Workshops<br />

Umgebung wohnen, können kostenlos das<br />

Museum besuchen. Sie müssen sich dabei an<br />

bestimmte Regeln halten. Das Projekt schafft<br />

Identifikation <strong>und</strong> sie üben Verantwortung,<br />

zum Beispiel <strong>für</strong> ihre Geschwister, die sie<br />

meistens mitbringen. Diese Kinder beteiligen<br />

sich in ihren Schulen auch am Aufbau von<br />

neuen Ausstellungen.<br />

Workshop C) Familien mit<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

Berichterstatter: Stefan Pospiech,<br />

<strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung im Land Berlin<br />

Spricht man von Migrant/innen als Zielgruppe,<br />

ist darunter natürlich eine heterogene Gruppe<br />

mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Ressourcen<br />

<strong>und</strong> Problemen zu verstehen. Das wurde<br />

gleich zu Beginn der Diskussion in diesem<br />

Workshop deutlich. Spricht man beispielsweise<br />

über die arabischen Familien, kann man<br />

festhalten, dass es alleine aus diesem Kulturkreis<br />

schon unglaublich viele differenzierte<br />

Zielgruppen gibt, die alle wieder eigene<br />

kulturspezifische Besonderheiten haben, weil<br />

es Arabien als Land ja nicht gibt.<br />

Ganz wichtig ist auch zu beachten, dass ein<br />

Migrationshintergr<strong>und</strong> nicht gr<strong>und</strong>sätzlich als<br />

Problem verstanden wird, sondern der gesamte<br />

Migrationsprozess natürlich eine enorme<br />

biografische Lebensleistung darstellt, den die<br />

Menschen durchlebt haben. Dieser Prozess<br />

birgt sehr viele Ressourcen, kann allerdings<br />

auch sehr viele <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>probleme mit sich<br />

bringen. Es ist also sehr schwierig, eine allgemeingültige<br />

Aussage darüber zu machen, wie<br />

der Zugang zu oder die Problemlage von Migranten/innen<br />

in Berlin ist.<br />

Im Workshop wurden jedoch Schwierigkeiten<br />

genannt, die gehäuft auftreten: Zum Einen sind<br />

es die Sprachbarrieren, die ein großes Problem<br />

bei der Inanspruchnahme von Versorgungsangeboten<br />

<strong>und</strong> bei der Information über Versorgungsangebote<br />

darstellen. In Deutschland<br />

gibt es ein sehr komplexes <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>- <strong>und</strong><br />

Sozialsystem. Auch wenn man die Sprache gut<br />

beherrscht, muss man sich in diesen Systemen<br />

erst einmal zurechtfinden. Wenn man die<br />

Sprache nicht beherrscht, hat man sehr große<br />

Probleme, an diese Angebote heranzukommen.<br />

Das ist besonders dann der Fall, wenn<br />

man auf Dienste trifft, die gar nicht darauf<br />

vorbereitet sind, mit Menschen umzugehen,<br />

die die Sprache nicht sprechen oder auch<br />

andere Wahrnehmungen von Schmerz <strong>und</strong><br />

Krankheit haben.<br />

Das Zweite, das oft beklagt wird, ist, dass auch<br />

etwas mehr Eigeninitiative von Seiten der<br />

Migrant/innen kommen könnte. Mehr Engagement,<br />

sich zu informieren, im politischen<br />

Prozess zu beteiligen <strong>und</strong> Angebote wahrzunehmen.<br />

Im Workshop wurde allerdings darauf<br />

hingewiesen, dass dies oft nicht aufgr<strong>und</strong><br />

mangelnden Engagements vermieden wird,<br />

sondern mit Scheu <strong>und</strong> Sprachbarrieren zusammenhängt,<br />

also der Angst, nicht verstanden<br />

zu werden, wenn man sich irgendwo aktiv<br />

einschaltet oder auch, dass man nicht<br />

unangenehm auffallen oder stören möchte.<br />

Ein weiterer Aspekt, der im Workshop angesprochen<br />

wurde, war eine zum Teil falsch<br />

verstandene Fürsorglichkeit, wenn es um<br />

Ges<strong>und</strong>heit geht. Als Beispiel da<strong>für</strong> wurde<br />

genannt, dass im türkischen Kulturkreis zum<br />

Teil die Meinung vorherrscht, dass ein wohlgenährtes<br />

Kind, also ein etwas dickleibigeres<br />

Kind, ein ges<strong>und</strong>es Kind ist. In diesem Kontext<br />

wird Dickleibigkeit nicht als Defizit wahrgenommen,<br />

sondern als etwas Positives.<br />

Falsches Ernährungsverhalten wird oft dadurch<br />

verursacht, dass etwa die Werbung suggeriert,<br />

Kinderschokolade <strong>und</strong> ähnliches sei ges<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> solche Aussagen nicht hinterfragt werden.<br />

Es gibt auch oft eine zu große Vorsicht gegenüber<br />

den Kindern, sowohl was die Kleidung (zu<br />

warm) angeht, aber auch was die Bewegungsaktivitäten<br />

(zu vorsichtig) angeht. Was oft nach<br />

sich zieht, dass Kinder, die sehr vorsichtige<br />

Eltern haben, sich wenig bewegen <strong>und</strong> auch<br />

noch mit vier Jahren im Kinderwagen zur Kita<br />

gebracht werden. Dadurch entsteht ein Teufelskreis,<br />

da diese Kinder motorisch oft auch<br />

ungeschickter sind <strong>und</strong> sich öfter verletzen.<br />

Ein weiteres Themenfeld der Workshops waren<br />

die spezifischen Problemlagen, die Migrant/innen<br />

haben, vor allem was ihren Zugang zu<br />

Angeboten der <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung <strong>und</strong> zu<br />

<strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>versorgung betrifft.<br />

Dabei wurde deutlich, dass oft fälschlicherweise<br />

ein Bild von Migrant/innen vorherrscht,<br />

die in größeren Familienverbünden<br />

leben <strong>und</strong> viele Versorgungsleistungen im Familienverb<strong>und</strong><br />

übernommen werden. Dies entspricht<br />

in vielen Fällen nicht mehr der Realität –<br />

außer vielleicht noch bei Einwanderern/innen,<br />

die mit ihren Großeltern gekommen sind. Bei<br />

den vietnamesischen Zielgruppen etwa ist oft<br />

eine Vereinsamung anzutreffen.<br />

Wie erreichen wir Zielgruppen, die einen Migrationshintergr<strong>und</strong><br />

haben? Das war eine der<br />

im Workshop gestellten Fragen. Dabei ist natürlich<br />

wichtig, dass die Angebote mit einer vorurteilsfreien<br />

Wertschätzung gegenüber anderen<br />

Kulturkreisen <strong>und</strong> dem nötigen Respekt<br />

vor der Lebensleistung anderer agieren. Komm-<br />

Strukturen haben sich auch nicht bewährt.<br />

Teilnehmende an dem Workshop berichteten,<br />

dass man sehr viele Kurse anbieten könne, die<br />

Werbung in türkische, russische oder arabische<br />

Sprache übersetzen, dennoch würden die<br />

Kurse oft nicht wahrgenommen. Es sei viel<br />

wichtiger, durch persönlichen Kontakt, durch<br />

Bindung, durch Aufbau von Vertrauen, die<br />

Leute auf diese Angebote hinzuweisen, so der<br />

Tenor im Workshop. Es müsse natürlich auch<br />

immer ein Suchprozess in Kitas stattfinden.<br />

Wichtige Fragen seien dabei: Wie können wir<br />

mit den Eltern arbeiten? Welche Angebote<br />

werden angenommen? Welche Angebote<br />

treffen auch die Interessen der Eltern? Wo<br />

haben die Eltern auch das Gefühl, wir können<br />

etwas mitgestalten?<br />

Große Bedeutung haben natürlich auch Multiplikator/innen<br />

aus den jeweiligen Migranten-<br />

Communities. Zu diesem Thema hat Detlef<br />

Kuhn von der ZAGG GmbH das Projekt „Ges<strong>und</strong><br />

sind wir stark“, vorgestell, über das Migrant/innen<br />

als Multiplikator/innen ausgebildet werden.<br />

Sie haben oft einen wesentlich näheren<br />

Kontakt zu den Zielgruppen, Angebote werden<br />

über diese Multiplikator/innen eher wahrgenommen.<br />

Zu beachten ist auch, dass die Angebote<br />

niedrigschwellig sind. So hat es sich bewährt,<br />

Informationen über Ges<strong>und</strong>heit, Stillverhalten<br />

oder Schwangerschaft in eine andere Aktivität<br />

einzubinden, also z.B. bei einem gemeinsamen<br />

Ausflug ins Grüne oder einem gemeinsamen<br />

Essen über diese Themen zu sprechen.<br />

Die Teilnehmenden des Workshops waren sich<br />

auch darin einig, dass eine interkulturelle<br />

Öffnung der Dienste sehr wichtig ist. Es gibt<br />

immer noch viel zu wenig Fachpersonal, das<br />

selber einen Migrationshintergr<strong>und</strong> hat. Hier<br />

herrscht Handlungsbedarf.<br />

Workshop D)<br />

Netzwerke <strong>und</strong> Partner <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong><br />

Susanne Borkowski, Kita Stendal<br />

In unserer Arbeitsgruppe standen Netzwerkpartner,<br />

deren Ziel das ges<strong>und</strong>e Aufwachsen<br />

von Kindern ist, im Mittelpunkt. Wir haben am<br />

Vormittag Berichte von drei Akteuren aus<br />

unterschiedlichen Netzwerken gehört <strong>und</strong> am<br />

Nachmittag von drei Partnern, die Netzwerke<br />

<strong>für</strong> Bewegung initiiert haben <strong>und</strong> auch darin<br />

arbeiten. Die Diskussionsteilnehmer/innen<br />

warfen dabei folgende Frage auf: Wenn sich<br />

z.B. zwei Netzwerke mit Bewegung beschäftigen,<br />

entsteht dann unter den Netzwerken<br />

nicht ein Konkurrenzverhältnis? Dazu gab es<br />

von den Akteuren folgende Antwort: Solange<br />

die Netzwerke auf unterschiedlicher Organisationsebene<br />

arbeiten, ist es in Ordnung.<br />

Schwieriger wird es, wenn dies auf gleicher<br />

55


56<br />

Kapitel 6 Diskussionen der Workshops Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Organisationsebene geschieht. An dieser Stelle<br />

müsste man schauen, wie man die<br />

Arbeitsebenen ressortübergreifend besser<br />

bündeln könnte, um Überschneidungen zu<br />

vermeiden.<br />

Ein großes Problem ist allerdings die Zeit. Je<br />

mehr Netzwerke es gibt, umso mehr muss man<br />

sich zeitlich engagieren. Zeit ist etwas, was nur<br />

in begrenztem Maße da ist <strong>und</strong> <strong>für</strong> viele<br />

Akteure oft knapp wird.<br />

Im Workshop kamen auch folgende Fragen auf:<br />

Gibt es manchmal nicht schon zu viele Netzwerke?<br />

Wie kann man sich beteiligen (<strong>und</strong> z.B.<br />

auch finanziell profitieren), wenn man als<br />

Akteur außerhalb eines Netzwerkes etwas mit<br />

ähnlichem Inhalt anbieten möchte? Werner<br />

Mall von der AOK beantwortete diese Frage mit<br />

„Als Partner sucht man sich feste Projekte aus<br />

<strong>und</strong> finanziert dann auch nur diese Projekte.<br />

Akteure müssen also darüber nachdenken,<br />

Partner in diesen Netzwerken zu werden, um<br />

auch von den finanziellen Mitteln eins Netzwerkes<br />

zu profitieren.“<br />

Netzwerke entstehen oftmals aus der Situation,<br />

in der eine Versorgungslücke vorhanden<br />

ist. In diesem Zusammenhang berichtete Ingrid<br />

Papies-Winkler von der Plan- <strong>und</strong> Leistelle <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales des Bezirksamtes<br />

Kreuzberg-Friedrichshain, in Kreuzberg sei vor<br />

einigen Jahren festgestellt worden, dass<br />

zwischen der Geburt <strong>und</strong> den ersten Wochen<br />

nach der Geburt eine solche Versorgungslücke<br />

bestand. In der Schwangerschaft waren die<br />

Frauen betreut, aber danach fehlten die<br />

Angebote. Daraufhin wurde das Netzwerk<br />

„R<strong>und</strong> um die Geburt“ gegründet.<br />

Das Netzwerk <strong>für</strong> Bewegung in Berlin-Mitte ist<br />

entstanden, weil man feststellte, dass es viele<br />

Anbieter/innen gibt, aber zu den Angeboten<br />

niemand geht. Das warf die Frage auf: Sind die<br />

Angebote nicht nutzerorientiert genug? Wie<br />

schafft man es, Anbieter/innen <strong>und</strong> Nutzer/innen<br />

zusammen zu bringen? Es ist oft ausschlaggebend,<br />

dass eine „Lücke“ vorhanden<br />

ist, die durch die Bildung von Netzwerken<br />

geschlossen werden soll. Dabei können Erfahrungen<br />

aus anderen Projekten einfließen, um<br />

neue Netzwerke zu initiieren.<br />

Es ist notwendig, einen festen Ort als Ausgangspunkt<br />

zu suchen <strong>und</strong> von dort aus lokale<br />

Strategien aufzubauen, die man dann z.B. auf<br />

andere Bezirke ausdehnen kann. Eine „eins zu<br />

eins Übertragung“ ist auf Gr<strong>und</strong> der unterschiedlichen<br />

Bedingungen nicht möglich.<br />

Im weiteren Verlauf des Workshops haben wir<br />

aus München gehört, dass zu Beginn der<br />

Netzwerkarbeit zunächst deutlich gemacht<br />

werden musste: Welche Akteure gibt es bereits<br />

auf der lokalen Ebene, welche Kontakte<br />

bestehen schon untereinander? Wie kann man<br />

diese Kontakte sinnvoll nutzen? Neue Strategien<br />

werden im Münchner Netzwerk zunächst<br />

in kleinen Arbeitskreisen diskutiert <strong>und</strong> dann in<br />

die Facharbeitskreise eingebracht. Die<br />

Arbeitskreise arbeiten nicht nur mit Fachleuten<br />

zusammen, sondern beteiligen auch die Bürger/innen<br />

an der Entwicklung neuer Ideen.<br />

Am Ende eines solchen Prozesses gibt es größere<br />

Treffen, auf denen der Unterstützungsbedarf<br />

in den unterschiedlichen Projekten<br />

festgehalten wird. Gemeinsam wird überlegt,<br />

was die Kreise alleine leisten können <strong>und</strong> an<br />

welchen Stellen sie Hilfe von anderen Netzwerken<br />

benötigen.<br />

Unser Workshop hat auch festgestellt, dass der<br />

Setting-Ansatz allein keine Garantie da<strong>für</strong> ist,<br />

alle Zielgruppen zu erreichen. Man sollte ihn<br />

natürlich trotzdem weiter verfolgen, ihn aber<br />

weiterentwickeln. An dieser Stelle gab es verschiedene<br />

Ideen: Zum Beispiel könnten Multiplikator/innen<br />

eingesetzt werden. Besonders<br />

Erfolg versprechend scheinen diese Konzepte<br />

dann zu sein, wenn die Multiplikator/innen den<br />

gleichen Migrationshintergr<strong>und</strong> wie die<br />

Zielgruppe besitzen. Weiterhin wäre es sehr<br />

wichtig, neue Wege in der Elternarbeit zu<br />

beschreiten, damit Eltern besser erreicht<br />

werden.<br />

Eltern wissen oft sehr wenig oder gar nichts<br />

davon, was mit ihren Kindern in den Kitas getan<br />

wird. Das bedeutet, damit <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>programme<br />

im Setting Kita erfolgreich sein<br />

können, müssen auch die Eltern einbezogen<br />

werden.<br />

Als Erfahrungen aus der Arbeit der Netzwerke<br />

konnten wir mitnehmen, dass sich durch die<br />

gemeinsame Arbeit die Kontakte der Akteure<br />

untereinander verbessern <strong>und</strong> man voneinander<br />

lernen kann. Mehrfach wurde berichtet,<br />

dass Informationsbroschüren oder Datenbanken<br />

entstanden sind <strong>und</strong> Angebote erstmals<br />

katalogisiert wurden, um mehr Transparenz zu<br />

schaffen. Die Charakterisierung der Zielgruppe<br />

wurde immer wieder als ein Problem<br />

beschrieben, das zu Beginn einer gemeinsamen<br />

Netzwerkarbeit gelöst werden muss.<br />

Ebenso muss man sich fragen, ob sich die<br />

Bedürfnisse der Zielgruppe mit den Angeboten<br />

decken oder ob die Zielgruppe vielleicht etwas<br />

ganz anderes will.


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Anhang Teilnehmer/innen der Fachtagung<br />

Anhang<br />

Teilnehmende der Fachtagung<br />

Nait-Lachgar Abderrahman<br />

Khaled Abuatiya, Al-Dar – Arabischer<br />

Frauenverein e.V.<br />

Elke Achilles, Bezirksamt Spandau<br />

Signe Adam, Bezirksamt Tempelhof-<br />

Schöneberg<br />

Ursula Aelker, Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst<br />

Aso Agace, HINBUN<br />

Manuel Ahrens, Unfallkasse Berlin<br />

Jutta Ahrens, Kindergärten City<br />

Tülay Akin, lilolei – Deutsch-Englischer<br />

Kindergarten<br />

Franz Allert, Landesamt <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Soziales<br />

Kathrin Ambrosius, FIPP e.V. Familienzentrum<br />

im Kinder- u. Jugendhaus an der Wuhle<br />

Federico Arana<br />

Stefan Arnold<br />

Songül Aydin, Al-Dar – Arabischer Frauenverein<br />

e.V.<br />

Nevin Aydin, Ökofee e.V.<br />

Helga Bachert, Kneipp Kita<br />

Regina Backhaus, Labyrinth Kindermuseum<br />

Berlin<br />

Susanne Bavar-Pfuhl, Aspkarow Nord<br />

Katja Becker<br />

Gabriela Beckmann, Bezirksamt Mitte von<br />

Berlin<br />

Katja Beeck, AMSOC e.v. Patenschaftsprojekt<br />

Heidrun Beise, KJGD Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst Alt-Tempelhof<br />

Susanne Bendigs, Quartiersmanagement<br />

Reuterplatz<br />

Dr. Giselind Berg, Berlin School of Public<br />

Health<br />

Lea Bergmann, Schulzentrum Edith Stein<br />

Max Berktold, Trapez e.V.<br />

Dr. Susanne Bettge, Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

Dana Beyer, Schulpsychologischer Dienst<br />

Axel Bielefeldt, BVV Büro Pankow<br />

Tanja Boettcher, Trialog e.V. Familienzentrum<br />

Clara Bofinger, Stützrad e.V.<br />

Barbara Bohl, HeileHaus e.V.<br />

Dr. Johann Böhmann, Kinderklinik Delmenhorst<br />

Anke Böker, Blütenhof Berlin LTD – Ges<strong>und</strong>heit<br />

aus der Mitte<br />

Nina Bolte, Phorms Kindergarten<br />

Marina Bondarew, Schalasch Ost<br />

Dr. Gudrun Borchardt, Techniker Krankenkasse<br />

Landesvertretung Berlin <strong>und</strong> Brandenburg<br />

Susanne Borkowski, Evangelische Kita Stendal<br />

Dr. Carola Börner, Bezirksamt Mitte<br />

Bianca Böttcher, Schulstation<br />

Dr. Heiner Brandi, Landessportb<strong>und</strong> Berlin e.V.<br />

Bettina Braun, Schulzentrum Edith Stein<br />

Katja Brendel, Stützrad e.V.<br />

Nicole Bruhn, Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst Stegitz-Zehlendorf<br />

Ricarda Buch, Nadeshda e.V.<br />

Barbara Burgdorf, Kita Drontheimer Straße<br />

Jutta Burdorf-Schulz, Kiezoase<br />

Nachbarschafts- <strong>und</strong> Familienzentrum<br />

Patricia Ramirez Cervera, Berlin School of<br />

Public Health<br />

Ülger Çiftçi, AWO Friedrichshain-Kreuzberg e.V.<br />

Luisa Czopp, Schulzentrum Edith Stein<br />

Bärbel Danielsen<br />

Tanja Dannenberg, Schulstation<br />

Renate David, Caritas Klinik Pankow<br />

Dr. Susanne Deininger, Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

Meltem Demir-Walther, Schulpsychologische<br />

Beratungsstelle Kreuzberg<br />

Prof. Cengiz Deniz, Evangelische<br />

Fachhochschule Berlin<br />

Heidi Depil, casablanca gGmbH<br />

Kerstin Deter, Kita im Komponistenviertel<br />

Michaela Dick, RBO-Rehabilitationszentrum<br />

Berlin-Ost gGmbH<br />

Friedlinde Dorsch, trias Gesellschaft <strong>für</strong> Arbeit,<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales mbH<br />

Andrea Dorschner, Stadtverwaltung Potsdam<br />

Carla Drews, Blütenhof Berlin LTD –<br />

Ges<strong>und</strong>heit aus der Mitte<br />

Christiane Droste, Gender +<br />

Dr. Herbert Dürrwächter<br />

Hedwig Dylong, Gender +<br />

Christiane Eitel, Arbeitskreis<br />

Neue Erziehung e.V.<br />

Ola El-Khatib, MaDonna Mädchentreff<br />

Caglayan Erdogan, IMA e.V. – Integrative<br />

Migrantenarbeit<br />

Birka Eschrien, Kreissportb<strong>und</strong> Prignitz e.V.<br />

Elisa Etokakpan<br />

Nadine Falk, Schulzentrum Edith Stein<br />

Liliana Farsch, Kita Haus der Kinder<br />

Susanne Felkel, FB+E GmbH Berlin c/o Charité<br />

Frauen-Klinik<br />

Martin Fiebig, Kinderarztpraxis Dr. med. Sylvia<br />

Odemarck<br />

Bettina Fierek, MUT Gesellschaft <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit mbH<br />

Ove Fischer, Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf<br />

Berlin<br />

Maria Flothkötter, aid- Infodienst<br />

Tabea Frank, Kinder u. Jugendprojekt<br />

Birgit Freier, Bezirksamt Friedrichshain<br />

Kreuzberg<br />

Petra Friede, Kita Sonnenblume<br />

Agnes Friedrich, Kneipp-Kita Spandau<br />

Heide-Lore Fritsch, Bezirksamt Charlottenburg-<br />

Wilmersdorf<br />

Dr. Christina Fuhrmann, Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Integration, Arbeit <strong>und</strong> Soziales<br />

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58<br />

Anhang Teilnehmer/innen der Fachtagung Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Birgit Funke, BERLINbewegt e.V.<br />

Lina Ganama, Al Nadi Beratungsstelle <strong>für</strong><br />

arabische Migrantinnen<br />

Uta Gärtner, Goldnetz gGmbH<br />

Prof. Raim<strong>und</strong> Geene, Hochschule Magdeburg-<br />

Stendal<br />

Edith Giere, VAK e. V.<br />

Beate Gilke<br />

Carola Gliesche, Kita Waldhäuschen<br />

Carola Goen, Bezirksamt Pankow<br />

Carola Gold, <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Kris Golisch, Arbeitskreis Neue Erziehung e.V.<br />

Dr. Katharina Graffmann-Weschke, AOK Berlin<br />

Angelika Graß, Kinder in Bewegung gGmbH<br />

Brunhilde Gregorius, Kita am Rudolfplatz<br />

Günter Grieshammer<br />

Chanelle-Melina Große, Schulzentrum Edith<br />

Stein<br />

Guido Grunenberg, Techniker Krankenkasse<br />

Kathrin Grützke, Kita Hansaufer<br />

Monika Grynfelder, Schulzentrum Edith Stein<br />

Iris Haase, Kita Hermsdorferstrasse<br />

Rudi Haberkorn, Bezirksamt Reinickendorf<br />

Monika Hachmann-Schöneck,<br />

Senatsverwaltung <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong><br />

Verbraucherschutz<br />

Kathrin Haese, Bezirksamt Lichtenberg von<br />

Berlin<br />

Xenia Hamel, Kath. Kita St.Hildegard<br />

Aisheh Hamzeh, Al-Dar – Arabischer<br />

Frauenverein e.V.<br />

Petra Hanafi, Diakonisches Werk Berlin<br />

Stadtmitte e.V.<br />

Juliane Hartwig<br />

Rudolf Hauschild, Sozialkommission 5<br />

Friedrichshain<br />

Anja Hauschild, Schlstaion Lemgo<br />

Katharina Haverkamp, Stützrad e.V.<br />

Christian Hecklau, Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong> Verbraucherschutz<br />

Franziska Heinicke, Sozialdiakonische<br />

Jugendarbeit Lichtenberg e.V.<br />

Magdalene Heinisch, Kindertagesstätte Omas<br />

Garten e.V.<br />

Katherina Heinrichs<br />

Theresa Helm, Schulzentrum Edith Stein<br />

Tina Hentschke, Kath. Kita Vom Guten Hirten<br />

Gisela Herberg, Kita Pünktchen <strong>und</strong> Anton e.V<br />

Birgit Herbst<br />

Andrea Herfert, Integrationskindergarten<br />

Rike Hertwig, <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Michael Hiller, BVV Neukölln<br />

Sylvia Hochwald, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>amt Frankfurt<br />

(Oder)<br />

Susanne Hofer, Kita Toblacher<br />

Michaela Hohmann-Kaddatz, KoordinatorIn<br />

häusliche Gewalt der örtlichen<br />

Polizeidirektionen<br />

Hildegard Höllen, Schulzentrum Edith Stein<br />

Daniela Horst, Kita Pusteblume<br />

Lucia Jacobs, Navitas gGmbH<br />

Dorothe Jacobs<br />

Michael Jäger, Vernetzungsstelle<br />

Schulverpflegung Berlin<br />

Edeltraud Jahn, Deutsche Rheuma-Liga Berlin<br />

e.V.<br />

Kerstin Jahnke, Blütenhof Berlin LTD –<br />

Ges<strong>und</strong>heit aus der Mitte<br />

Maren Janella, <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Oliver Janiczek, HAGE Hessische<br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>erziehung e.V.<br />

Jannika Jarling, Humboldt Universität Berlin<br />

Albertini Joao, Labyrinth Kindermuseum Berlin<br />

Daniela Jörges , Verein <strong>für</strong> Sport <strong>und</strong><br />

Jugendsozialarbeit e.V.<br />

Klaus Kaiser, Malteser Hilfsdienst e.V.<br />

Hans-Peter Kaiser, Gemeinschaftskrankenhaus<br />

Havelhöhe<br />

Lucy Kamolz, Al-Dar –<br />

Arabischer Frauenverein e.V.<br />

Monika Kathe, Kinder- <strong>und</strong> Jugend gGmbH der<br />

Volkssolidarität Berlin<br />

Anna-Katharina Kautz, Schulzentrum Edith<br />

Stein<br />

Sidsel Kavli, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>amt Charlottenburg-<br />

Wilmersdorf<br />

Dr. Kerstin Ketelhut, Humboldt Universität<br />

Berlin<br />

Nidae Khoder<br />

Verena Kirchhof, Kindertagesstätte „Till<br />

Eulenspiegel“<br />

Martina Kirschbaum, Kita Akazieninsel<br />

Veronika Klawitter, Kinderjugendhaus e.V.<br />

Volkmar Klein, Landeskriminalamt Berlin<br />

Reiner Kleist, Orte <strong>für</strong> Kinder Kita Fantasia<br />

Manuela Kloß<br />

Ulrike Koch, Diakonisches Werk Berlin<br />

Stadtmitte e.V.<br />

Susann Kocksch<br />

Sandra Köhler, Kinder in Bewegung e.V.<br />

Michaela Kohn, Kita Traumbaum<br />

Gerd Kokles<br />

Hadmut Köppen<br />

Brigitte Kott, Kita am Rudolfplatz<br />

Sylvia Krause, Der Polzeipräsident in Berlin<br />

Direktion 3<br />

Dane Krause, IMA e.V. – Integrative<br />

Migrantenarbeit<br />

Angelika Krebs, Projekt Eltern-AG – Hochschule<br />

Magdeburg-Stendal<br />

Anja Kreitmeyer, ahab – akademie<br />

Heike Kretschmann, Unabhängige<br />

Patientenberatung Deutschland<br />

Monika Kringe, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>netzwerk <strong>für</strong><br />

Kinder<br />

Prof. Hans Kröger, Verein zur Förderung der<br />

psychosomat. Forschung bei Autoimmun-<br />

Erkrankungen e.V.<br />

Detlef Krüger, BARMER Ersatzkasse –<br />

Geschäftsstelle Ost<br />

Manuela Kruse, FAMOS e.V.<br />

Ilona Ksinzyk, Bezirksamt Charlottenburg-<br />

Wilmersdorf<br />

Detlef Kuhn, ZAGG GmbH Zentrum <strong>für</strong><br />

angewandte <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>wissenschaften<br />

Mario Kühn, Sozialdiakonische Jugendarbeit<br />

Lichtenberg e.V.<br />

Dr. Dagmar Kunz-Mosley<br />

Hartmut Kupfer, Lebenswelt gGmbH<br />

Franka Kupsch, FAMOS e.V.<br />

Egon Kutzera, DRK Deutsches Rotes Kreuz<br />

Krankenhaus<br />

Ursula Langer-Weisenborn, FAMOS e.V.<br />

Ulrike Larsen, Kita Haus der Kinder<br />

Mareen Lassetzki, Bezirksamt Mitte<br />

Nicole Lauersdorf, Bezirksamt Neukölln<br />

Sabine Lawrenz, Ev. Kita Stegeweg<br />

Thanh Thuy Le, S.U.S.I. e.V.<br />

Ilona Lehmann, Kindergarten Kigäno<br />

Kerstin Lehnisch, Verein <strong>für</strong> Ambulante<br />

Versorgung e.V. Hohenschönhausen<br />

Kati Lippold, Alice Salomon Hochschule Berlin<br />

Gabi Loeffler, Kita Märchenland<br />

Dr. Katrin Lohmann, Freie Universität Berlin<br />

Thorsten Lückel, SOS-Kinderdorf Berlin-Moabit<br />

Sabine Lustig, Bezirksamt Spandau<br />

Susanne Lutz, Lebensplan<br />

Anne Maaßen, Blütenhof Berlin LTD –<br />

Ges<strong>und</strong>heit aus der Mitte<br />

Maria Macher, Diakonisches Werk Neuköln-<br />

Oberspree e.V.


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Anhang Teilnehmer/innen der Fachtagung<br />

Karin Majewski, REGSAM<br />

Werner Mall, AOK Berlin – Geschäftsstelle<br />

Schöneberg<br />

Petra Mannheim, BfbKM Treptow-Köpenick<br />

Doris Manthey, Kita Pankower Str. 13<br />

Tanja Manthey-Gutaberger, Kinder u.<br />

Jugendprojekt<br />

Octavia Marian, Kolle Knirpse<br />

Janine Marks, Schulzentrum Edith Stein<br />

Astrid Maschke, Bezirksamt Tempelhof-<br />

Schöneberg<br />

Sigrid Mätzschke, BEST Sabel Kita Kaulsdorf<br />

Nadine Mehl, Kita Märchenland<br />

Jacqueline Meier, Kita KiBiLuGa<br />

Marcus Melzer, Humboldt Universität Berlin<br />

Gerhard Menke, Treberhilfe Berlin e.V.<br />

Monika Meyer, Bezirksamt Friedrichshain-<br />

Kreuzberg<br />

Kerstin Michaelis, Kita Windfee<br />

Monika Miczynski, Kita Wolgaster Straße<br />

Frank Miller, Fortuna<br />

Wohnungsunternehmen eG<br />

Sabine Misch, Kindertagesstätte<br />

Herzlichgarten e.V.<br />

Jutta Mohamed, Kindertagesstätte Neue<br />

Hochstr.<br />

Simone Mohaupt, Kita Rappelkiste<br />

Waldtraut Mohnholz, BVV Marzahn-Hellersdorf<br />

Gabriele Möhring, Bezirksamt Spandau<br />

Karen Molkenthin, Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Inneres <strong>und</strong> Sport<br />

Gertrud Möller-Frommann, Familienzentrum<br />

Mehringdamm<br />

Isabell Morawiak, Schulzentrum Edith Stein<br />

Phillipp Mühlberg, Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Stadtentwicklung<br />

Detlef Müller, Kita Emdener Str.<br />

Astrid Müller, Bezirksamt Neukölln<br />

Bernd Müller-Senftleben, Ministerium <strong>für</strong><br />

Arbeit, Soziales, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Familie<br />

Brandenburg<br />

Mohamed Nasra,<br />

Norbert Naumann, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>amt Dortm<strong>und</strong><br />

Sozialpsychiatrischer Dienst<br />

Heidrun Navasardyan, Bezirksamt<br />

Reinickendorf<br />

Viktoria Neu, Kita Akazieninsel<br />

Nora Neuhann, Schulzentrum Edith Stein<br />

Michaela Neumann, Blütenhof Berlin LTD –<br />

Ges<strong>und</strong>heit aus der Mitte<br />

Dagmar Nickel, Bezirksamt Mitte von Berlin<br />

Wolfgang Nitze, Bezirksamt Friedrichshain-<br />

Kreuzberg<br />

Angelika Nofz, Integrationskindergarten<br />

Martina Nußhart, urban consult gGmbH<br />

Dr. Sylke Oberwöhrmann, Senatsverwaltung<br />

<strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit, Umwelt <strong>und</strong><br />

Verbraucherschutz<br />

Heidrun Pamp, Bezirksamt Reinickendorf,<br />

Allgemeiner sozialpädagogischer Dienst<br />

Ingrid Papies-Winkler, Bezirksamt<br />

Friedrichshain-Kreuzberg<br />

Doreen Paschke, Sozialdiakonische<br />

Jugendarbeit<br />

Peter Paulus, KJGD Kinder- <strong>und</strong><br />

Jugendges<strong>und</strong>heitsdienst Alt-Tempelhof<br />

Tirza Pelzer<br />

Regina Pesch, Kinder in Bewegung gGmbH<br />

Katrin Peters, DRK Deutsches Rotes Kreuz<br />

Kliniken Westend<br />

Elisabeth Petry-Stahlberg, Bezirksamt Mitte<br />

Dr. Anne-Kathrin Pieper, Bezirksamt<br />

Charlottenburg-Wilmersdorf<br />

Christin Piephans, Schulzentrum Edith Stein<br />

Doris Pinnow, Kita Hansaufer<br />

Dennis Plösner, IMA e.V. – Integrative<br />

Migrantenarbeit<br />

Kirstin Pomorin, Blütenhof Berlin LTD –<br />

Ges<strong>und</strong>heit aus der Mitte<br />

Stefan Pospiech, <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Katarina Prchal, Institut <strong>für</strong><br />

Sportwissenschaften<br />

Regina Preuß, Zentrales<br />

Personalüberhangmanagement<br />

Tobias Prey, Bezirksamt Mitte von Berlin<br />

Daniel Prochnow<br />

Endré Puskas, Sport- <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>park B<br />

erlin e.V.<br />

Ricarda Raabe, Selbsthilfetreffpunkt im<br />

Nachbarschaftshaus am Lietzensee e.V<br />

Kristin Radl, Schulzentrum Edith Stein<br />

Simone Raehse, Kolle Knirpse<br />

Silke Raude, Humboldt Universität Berlin<br />

Dr. Hellgard Rauh, Universität Potsdam<br />

Magrit Reetz, Verein <strong>für</strong> ambulante Versorgung<br />

Hohenschönhausen e.V.<br />

Dr. Bettina Reimann, Deutsches Institut <strong>für</strong><br />

Urbanistik difu GmbH<br />

Iman Reimann, EKT-Regenbogen-Kidz e.V.<br />

Christian Reiß, Hort der Petruskirche<br />

Kerstin Richter<br />

Nadja Rieger, Kita Zwergenbaude e.V.<br />

Petra Rocha Pantoja, JFH Wannsee<br />

Pamela Rudnick, Trialog e.V. Familienzentrum<br />

Gabi Rudolph, Kita Omas Garten<br />

Regina Rudolph-Goecks, Kita Mäusevilla<br />

Barbara Ruff, Familie im Zentrum an der<br />

Christian-Morgenstern-Gr<strong>und</strong>schule<br />

Brigitte Ruff, Kneipp-Kita Spandau<br />

Stefanie Rutz, Schulzentrum Edith Stein<br />

Renate Saalfrank, Bezirksamt Spandau<br />

Janine Sannemann<br />

Rainer Sbrzesny, Unabhängige<br />

Patientenberatung Deutschland –<br />

Beratungsstelle Potsdam<br />

Ralf Schäfer, BIK e.V.<br />

Hannelore Schäfer, Eigenbetrieb Nord Ost<br />

Kindergärten<br />

Sandra Schaffernicht, Stadtkinder e.V.<br />

Anja Schamberger, Alice Salomon Hochschule<br />

Berlin<br />

Dr. Hansjörg Scherer, Kur <strong>und</strong> Freizeit Belzig<br />

GmbH<br />

Jana Scherf, Schulzentrum Edith Stein<br />

Kerstin Schibel, Ministerium <strong>für</strong> Arbeit,<br />

Soziales, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Familie Brandenburg<br />

Beate Schiewe, Blütenhof Berlin LTD –<br />

Ges<strong>und</strong>heit aus der Mitte<br />

Ute Schiller, Blütenhof Berlin LTD – Ges<strong>und</strong>heit<br />

aus der Mitte<br />

Marlies Schleinert, Bezirksamt Tempelhof-<br />

Schöneberg<br />

Marina Schlömer, KITA Silbersteiner<br />

Rappelkiste<br />

Karola Schmelzer, Bezirksamt Friedrichshain<br />

Kreuzberg<br />

Katharina Schmidt, Zentrum <strong>für</strong> innovative<br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>technologie (ZiG)<br />

Dirk Schnurpfeil, Polizei Berlin<br />

Bärbel Schock, Jugendwerk Aufbau Ost e.V.<br />

JAO<br />

Jörg Scholz, Tandem BQG<br />

Agnes Schönborn, Schulzentrum Edith Stein<br />

Nicole Schonert, Integrationskindergarten<br />

Karthrin Schönfeld, Schulzentrum Edith Stein<br />

Doris Schreiber-Bonnet, DRK-Kliniken Westend<br />

Anja Schröder, Bezirksamt Mitte von Berlin<br />

Frauke Schulz, ahab – akademie<br />

Elena Schumann, Schulzentrum Edith Stein<br />

Irina Schurich, Kinder in Bewegung gGmbH<br />

Anke Schuster, Kita Emdener Str.<br />

Dr. Susanne Schwidergall<br />

Silke Seifahrt, Kindertagesstätte Karower<br />

Knirpse<br />

Andrea Sievert, Kita Sonnenblume<br />

59


60<br />

Anhang Teilnehmer/innen der Fachtagung Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben!<br />

Catharina Sikorszky Vértes, Schulzentrum<br />

Edith Stein<br />

Rosemarie Sommer, Kita Hänselstraße<br />

Andrea Sommer, Kindertagesstätte<br />

Kreuzgraben<br />

Johannes Spatz, Forum Rauchfrei<br />

Christiane Speidel, Kita Wolgaster Straße<br />

Iris Spitzner, IKK Brandenburg <strong>und</strong> Berlin<br />

Erna Spitzner, Blütenhof Berlin LTD –<br />

Ges<strong>und</strong>heit aus der Mitte<br />

Antje Stache, Humboldt Universität Berlin<br />

Claudia Stachewitz, KITA Silbersteiner<br />

Rappelkiste<br />

Monika Steier<br />

Liane Steinke, Kita Pusteblume<br />

Nadine Sternberg, Ev. Kita Stegeweg<br />

Regina Stolzenberg, Berlin School of Public<br />

Health<br />

Tanja Müller, Bezirksamt Friedrichshain-<br />

Kreuzberg<br />

Marili-Veronica Tannert,<br />

Schulzentrum Edith Stein<br />

Dr. Frauke Tedsen-Ufer, <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>amt<br />

Charlottenburg-Wilmersdorf<br />

Katinka Teetz, SPZ Friedrichshain<br />

Sven Tellner, Sport- <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>park<br />

Berlin e.V.<br />

Mandy Teresiak, Schulzentrum Edith Stein<br />

Phan Huy Thao, Reistrommel e.V.<br />

Nadja Thauer, Blütenhof Berlin LTD –<br />

Ges<strong>und</strong>heit aus der Mitte<br />

Stefanie Thiele, Schulzentrum Edith Stein<br />

Jeannette Thielisch, Kita Eigenbetrieb Süd-Ost<br />

Heike Thöne, S.T.E.R.N. Gesellschaft der<br />

behutsamen Stadterneuerung mbH<br />

Kathleen Tiede, Kita Drontheimer Straße<br />

Kerstin Tietze-Petrahn, Kita „am Besselpark“<br />

Müyesser Tiryaki, AWO Friedrichshain-<br />

Kreuzberg e.V.<br />

Gülbahar Toman, Allgemeine Jugendberatung<br />

ajb gmbh<br />

Dilek Toptas<br />

Romy Tschentscher, Integrationskindergarten<br />

Stephanie Ulrich, Schulzentrum Edith Stein<br />

Irina Unbekannt, Schüler-Projekt Koch Dich<br />

Schlau<br />

Katharina Vacek, Schulzentrum Edith Stein<br />

Maria Vogler, Kindertagesstätte<br />

Herzlichgarten e.V.<br />

Ulrike von Haldenwang, Berliner<br />

Hebammenverband e.V.<br />

Andrea von Marschall, Dissens e.V.<br />

Gudrun von Stösser<br />

Priscilla Voß, Schulzentrum Edith Stein<br />

Margit Voß<br />

Cindy Wagner, Kita Sonnenschein<br />

Gregor Wagner, Tandem BQG<br />

Petra Warman, Polizei Berlin<br />

Anne-Kathrin Wehlan, Schulzentrum<br />

Edith Stein<br />

Karen Wehnert, Independent Living<br />

Jugendwohnen in Pankow gGmbH<br />

Stefan Weigand, <strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung<br />

Gabriele Weisheit, Kita Rappelkiste<br />

Simone Wespel, Bezirksamt Mitte von Berlin<br />

Prof. Karl-Friedrich Wessel, Humboldt<br />

Universität Berlin<br />

Jeannette Westphal, Kita Rappelkiste<br />

Stephanie Wetzel<br />

Ilse Wichmann, Kita Manteuffelstr.<br />

Rotwut Wiedemann, KoordinatorIn häusliche<br />

Gewalt der örtlichen Polizeidirektionen,<br />

Direktion 5<br />

Daniela Wiederhold, Johanniter Krankenhaus<br />

Andrea Wikowski, Kita die Insel<br />

Sabine Wilhelm-Osterloh, Bezirksamt Steglitz-<br />

Zehlendorf<br />

Cathrin Winkler<br />

Sylvia Winn, Kita Tabaluga<br />

Ina Wlodasch, Ges<strong>und</strong>heit Berlin<br />

Steffi Wolf, Schulzentrum Edith Stein<br />

Prof. Nicola Wolf-Kühn, Hochschule<br />

Magdeburg-Stendal<br />

Sabine Wolter, Kita Märchenland<br />

Ling Yue<br />

Gabriele Zabel, Kindergarten Sonnenblume<br />

Petra Zahrt, Kindertagesstätte<br />

„Entdeckerland“<br />

Ruth Zantow, SOS-Berufsausbildungszentrum<br />

Gisela Zieseler, Integrationskita „Käpt“n<br />

Browser“ gGmbH<br />

Andrea Zimmer, Familie & Co.<br />

Stefanie Zink, Schulzentrum Edith Stein<br />

Martina Zinner, Bezirksamt Mitte<br />

Regina Zipper, Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf<br />

Sonja Zipper, Kath. Kita Vom Guten Hirten


Für einen guten <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>en Start ins Leben! Anhang Tipps zum Weiterlesn<br />

Tipps zum Weiterlesen<br />

Internetseite von Ges<strong>und</strong>heit Berlin:<br />

www.ges<strong>und</strong>heitberlin.de<br />

Internetseite des Kooperationsverb<strong>und</strong>es „<strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung bei sozial Benachteiligten“:<br />

www.ges<strong>und</strong>heitliche-chancengleichheit.de<br />

Download der Arbeitshilfen „Aktiv werden <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit“:<br />

http://www.ges<strong>und</strong>heitlichechancengleichheit.de/?uid=cd399ae18e53ccd7d807f8204d9470e0&<strong>und</strong><br />

id=toolbox<br />

Internetseite von BLiQ – Bewegtes Leben im Quartier:<br />

www.bliq.ges<strong>und</strong>heitberlin.de<br />

Internetseite der Landesges<strong>und</strong>heitskonferenz Berlin:<br />

http://www.berlin.de/sen/ges<strong>und</strong>heit/lgk/<br />

Internetseite des Gemeindedolmetschdienstes:<br />

http://www.gemeindedolmetschdienst-berlin.de/<br />

Internetseite des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz:<br />

http://www.besseressenmehrbewegen.de/<br />

Internetseite des B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

www.bmg.b<strong>und</strong>.de<br />

Informationen zum Nationalen Aktionsplans INFORM<br />

http://www.in-form.de/<br />

Internetseite der B<strong>und</strong>eszentrale <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Aufklärung:<br />

http://www.bzga.de/<br />

Transfer guter Beispiel im Setting Kita<br />

www.kitas-fuer-kitas.de<br />

Brandenburger Netzwerk Ges<strong>und</strong>e Kita<br />

www.ges<strong>und</strong>e-kita.net


Kontakt <strong>Fachstelle</strong>:<br />

<strong>Fachstelle</strong> <strong>für</strong> <strong>Prävention</strong> <strong>und</strong> <strong>Ges<strong>und</strong>heits</strong>förderung im Land Berlin<br />

c/o Ges<strong>und</strong>heit Berlin<br />

Friedrichstraße 231<br />

10969 Berlin<br />

Tel.: 030/ 44 31 90 60<br />

Fax: Tel.: 030/ 44 31 90 63<br />

Email: fachstelle@ges<strong>und</strong>heitberlin.de

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