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Grüss Gott

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<strong>Grüss</strong><br />

<strong>Gott</strong>Begleiter der Evangelischen Kirche in Urlaub und Kur · 2012<br />

Camping-Seelsorge • Barfußwandern • Radwegekirchen<br />

Museumsschätze • Neuer Landesbischof


Heinrich Bedford-Strohm<br />

Landesbischof der<br />

Evangelisch-Lutherischen<br />

Kirche in Bayern<br />

GRÜSS GOTT<br />

Herausgegeben im Auftrag<br />

des Evangelisch-Lutherischen<br />

Landeskirchenrats<br />

vom Arbeitskreis für Freizeit<br />

und Erholung in der Evangelisch-<br />

Lutherischen Kirche in Bayern,<br />

Katharina-von-Bora-Straße 11–13,<br />

80333 München,<br />

Telefon: 089/5595-213<br />

Mail: tourismus@elkb.de<br />

REDAKTION:<br />

Thomas Roßmerkel, Kirchenrat<br />

(verantwortlich),<br />

Gerd W. Drahn<br />

(Gestaltung),<br />

Heinz Brockert,<br />

Evangelischer Presseverband<br />

für Bayern<br />

(Redaktion)<br />

DRUCK:<br />

Universal GmbH, München<br />

Ausgabe 2012<br />

Titelfoto:<br />

Clarissa von Kern<br />

Sehr geehrte, liebe Urlaubsgäste,<br />

sehr geehrte, liebe Kurgäste!<br />

Geh aus, mein Herz und suche Freud,<br />

in dieser lieben Sommerszeit,<br />

an deines <strong>Gott</strong>es Gaben;<br />

schau an der schönen Gärten Zier<br />

und siehe, wie sie mir und dir<br />

sich ausgeschmücket haben.<br />

Mit diesem wunderbaren Lied von Paul Gerhardt grüße ich Sie ganz<br />

herzlich. Mit wenigen Worten malt uns der Dichter das Bild des Sommers<br />

vor Augen: Das satte Grün der Wiesen, die Blumenpracht in den<br />

Gärten: da blühen Flieder und Hortensien, Rosen, Phlox und Rittersporn,<br />

Schmetterlinge flattern und die Bienen erfüllen die Luft mit<br />

ihrem geschäftigen Brummen. Die Freude über diese Schönheit, nach<br />

der wir uns den Winter über sehnen, spiegelt sich in diesem Lied ganz<br />

deutlich wider: Die Sinne leben im Sommer auf, die langen Tage wecken<br />

den Unternehmungsgeist – es hält uns nur schwer noch in den Häusern,<br />

sondern zieht uns ins Freie, an die frische Luft, in die Natur.<br />

Für viele ist der Sommer die Zeit, wo wir den Alltag Alltag sein lassen<br />

und uns für einige Tage oder sogar Wochen aus ihm verabschieden.<br />

Was für eine Freude, nichts tun zu müssen, dafür aber vieles tun zu können:<br />

ob schwimmen, spazieren gehen, wandern, lesen, stundenlang in<br />

einem Café sitzen, andere Menschen beobachten und die Natur genießen,<br />

ohne dass schon wieder die Pflicht ruft oder das schlechte Gewissen<br />

sich meldet.<br />

Der schönen Dinge sind so viele. Und wenn es gut geht, merken wir,<br />

wie sich langsam der Körper entspannt, Seele und Geist zu neuen Kräften<br />

kommen. Neue Eindrücke regen den Kopf an, lassen uns auf andere<br />

Gedanken kommen, bahnen den Weg für Neues, legen lang Verschüttetes<br />

wieder offen.<br />

Etwas anderes zu sehen – die Schönheit der Natur, Hügel und Berge,<br />

Wälder, Flüsse und Seen: dabei kann und soll uns das Herz aufgehen.<br />

Und damit sind wir wieder bei dem Lied von Paul Gerhardt:<br />

Ich selber kann und mag nicht ruhn,<br />

des großen <strong>Gott</strong>es großes Tun<br />

erweckt mir alle Sinnen;<br />

ich singe mit, wenn alles singt,<br />

und lasse, was dem Höchsten klingt,<br />

aus meinem Herzen rinnen.<br />

Das ist die beste Antwort auf alles, was wir an Schönem und Gutem erfahren:<br />

<strong>Gott</strong> zu danken, der uns dies in seiner großen Freundlichkeit<br />

schenkt. Dankbar zu sein – nehmen Sie den Sommer und den Urlaub<br />

zum Anlass.<br />

Der Sommer geht vorüber, nach Urlaub und Erholung hat uns irgendwann<br />

der Alltag wieder im Griff. Die Erinnerung aber an das Schöne<br />

und ein dankbares Herz – die begleiten uns durch Herbststürme und<br />

die Kälte des Winters.<br />

So wünsche ich Ihnen, dass die guten Erfahrungen aus Ihrem Urlaub<br />

Sie auch im Alltag begleiten und so jeder Tag eine schöne Urlaubserinnerung<br />

für Sie bereit hält.<br />

Es grüßt Sie sehr herzlich<br />

Ihr Landesbischof<br />

Heinrich Bedford-Strohm


Foto: Kurverwaltung Bad Griesbach<br />

Radwegekirchen<br />

Im Café »Rotundo«<br />

der Bamberger evangelischenErlöserkirche<br />

wird auch Trinkwasser und<br />

Flickzeug angeboten. Ein Informationsblatt<br />

weist auf die<br />

nächste Fahrradwerkstatt hin.<br />

Die Gemeinde ist auf Radler<br />

eingestellt. Die Ruhe im Kir-<br />

chenraum lädt<br />

zur Rast ein,<br />

die Linden vor<br />

der Kirche zum Brotzeit machen.<br />

»Ein Ort, an dem die<br />

Räder still stehen können und<br />

die Seele zur Ruhe kommt«, so<br />

beschreibt die oberfränkische<br />

Regionalbischöfin Dorothea<br />

ein neues Ziel für<br />

Fahrradurlauber<br />

Greiner die »Radler- Kirche«.<br />

Als erste »Radwegekirche« in<br />

Bayern leistete sie Pionierarbeit.<br />

Über 40 weitere – von<br />

Deggendorf bis Lohr am Main<br />

– nehmen inzwischen an diesem<br />

Programm teil und sind durch<br />

grüne Schilder mit einem einheitlichen<br />

Symbol erkennbar.<br />

3


Kirchenrat Thomas Roßmerkel,<br />

Leiter der kirchlichen<br />

Dienste für Urlaub und Freizeit,<br />

erläutert, warum die bayerische<br />

Landeskirche dieses neue<br />

Aufgabenfeld eröffnet hat.<br />

»Wir wissen, dass 28 Prozent<br />

aller Radurlauber Kunst und<br />

Kultur erleben wollen und auch<br />

ein Bedürfnis nach geistlichen<br />

Halt-Stationen haben«, sagt<br />

Roßmerkel. Naturnahe Fortbewegung<br />

und Entschleunigung<br />

vermittele eine neue innere<br />

Haltung. Radtouristen seien<br />

sensibilisiert für die Wahrnehmung<br />

besonderer Orte, wie sie<br />

Kirchen nun einmal sind.<br />

Die Idee der Radwegekirchen<br />

stammt aus Gemeinden in den<br />

neuen Bundesländern und<br />

Foto: Kurverwaltung Bad Birnbach<br />

wurde von der Evangelischen<br />

Kirche in Deutschland (EKD)<br />

aufgegriffen. Sie schließt mit<br />

den Landeskirchen Verträge<br />

über die Nutzung des einheitlichen<br />

Logos für die Radwegekirchen.<br />

Wie wird eine Kirche<br />

eine Radwegekirche? Sie sollte<br />

in unmittelbarer Nähe zu einem<br />

Radwanderweg liegen und<br />

einen Kirchenraum besitzen,<br />

der zur Stille und Besinnung<br />

einlädt. Hinweisschilder auf<br />

dem Radweg und an der Kirche,<br />

die diese als Radwegekirche<br />

kennzeichnen, sind<br />

wünschenswrt. Das Außengelände<br />

der Kirche sollte für Radwegetouristen<br />

gastfreundlich<br />

gestaltet sein.<br />

Das können sein: Abstellmöglichkeiten<br />

für Fahrräder mit<br />

Gepäck, Orte für die Rast (Tische<br />

und Bänke) und ein Zu-<br />

4<br />

gang zu Trinkwasser und WC.<br />

Wenn der Radtourist darüber<br />

hinaus noch Informationen<br />

über die nächste Fahrradwerkstatt<br />

oder auf private Pannen-<br />

Helfer bekommt, auf Übernachtungsmöglichkeiten<br />

(Bed<br />

& Bike) sowie Wegeverlauf und<br />

Sehenswürdigkeiten aufmerksam<br />

gemacht wird, dann wird<br />

die Radwegekirche gerne angefahren<br />

werden.<br />

Eine andere bayerische Radwegekirche,<br />

die gerne angesteuert<br />

wird, liegt im Altmühltal im<br />

Städtchen Leutershausen. Wir<br />

treffen dort Rita Eckert aus<br />

Thüringen. Leise hat sie sich<br />

von ihrer Radlgruppe davongestohlen.<br />

»Wenn ich den ganzen<br />

Tag mit einer großen Gruppe<br />

unterwegs bin, brauche ich auch<br />

mal einen Moment Ruhe für<br />

mich.« Ihre Ruhe findet sie an<br />

diesem Tag in der evangelischen<br />

Kirche St. Peter in Leutershausen.<br />

Das rund 800 Jahre alte<br />

<strong>Gott</strong>eshaus ist seit kurzem eine<br />

Radwegekirche.<br />

Seit fünf Tagen ist Rita Eckert<br />

mit ihrem Rad durch Bayern<br />

unterwegs. In zwei Stunden<br />

geht die Tour auf dem Altmühlradweg<br />

weiter, doch zuerst<br />

gönnt sie sich einen kurzen<br />

Blick in die Kirche: »Hoffentlich<br />

komme ich auf den Kirchturm<br />

und kann mir die schöne<br />

alte Stadt von oben anschauen.«<br />

Radwegekirche seien<br />

»eine ganz tolle Sache«, findet<br />

die Touristin. Urlaub auf dem<br />

Rad sei zwar schön, aber anstrengend.<br />

»Da kommen Radwegekirchen<br />

genau richtig«.<br />

Leutershausens Dekan Rainer<br />

Horn hat die Idee der Radwegekirchen<br />

schnell aufgegriffen:<br />

»Das ist eine schöne<br />

Idee, denn der Altmühlradweg<br />

führt unweit der Kirche vorbei.«<br />

In den Sommermonaten<br />

nutzen tausende von Radlern<br />

diese Strecke. In der Leutershausener<br />

Kirche erwartet sie<br />

unter anderem ein Korb voll<br />

mit roten Äpfeln, ein Gästebuch<br />

und ein paar Getränke auf<br />

einem Bistro-Tisch.<br />

Wer seinen Urlaub in Bayern<br />

verbringt, kommt nicht zuletzt<br />

wegen der vielfältigen Naturerlebnisse.<br />

Vom Bergpanorama<br />

über Seenlandschaften bis hin<br />

zu Flusstälern und Wäldern hat<br />

Bayern seinen Feriengästen viel<br />

RADWEGEKIRCHEN IN BAYERN<br />

Mitte Mai 2011 wurde die evangelische Erlöserkirche in Bamberg als erste Radwegekirche<br />

in Bayern eingeweiht. Mittlerweile dürfen sich mehr als 40 weitere evangelische<br />

Kirchen im Freistaat mit dem Attribut »Radwegkirche« schmücken, weil sie einen besonderen<br />

Service für Radler, die dort Rast machen wollen, bereit halten. Die Radwegekirchen<br />

sind »ein Ort, an dem die Räder still stehen können und die Seele zur Ruhe kommt,<br />

denn viele Fahrradtouristen suchen zugleich körperliche Bewegung und Ruhe für die<br />

Seele.«, sagte die oberfränkische Regionalbischöfin Dorothea Greiner bei der Einweihung<br />

der ersten Radler-Station in Bamberg. Einen Überblick über die Radwegekirchen<br />

gibt es auf der Internet-Seite www.bayern-evangelisch.de/radwegekirchen/<br />

zu bieten. Immer mehr Menschen<br />

entdecken, dass ein Bayernurlaub<br />

nicht nur an einem<br />

Ort verbracht werden kann,<br />

sondern Gelegenheit für eine<br />

Radltour auf gut ausgebauten<br />

Radwanderwegen bietet.<br />

Für den Allgemeinen Deutschen<br />

Fahrrad-Club (ADFC)<br />

sind die Radwegekirchen eine<br />

positive Begleiterscheinung des<br />

wachsenden Radtourismus.<br />

»Wir finden die Idee super«,<br />

heißt es in der Zentrale in Bremen.<br />

Sportliche, kulturelle und<br />

gastronomische Angebote gebe<br />

es für Radurlauber schon. Jetzt<br />

werde zunehmend auch die spirituelle<br />

Lücke geschlossen. Es<br />

habe sich noch nicht genügend<br />

herumgesprochen, dass auch<br />

viele evangelische Kirchen tagsüber<br />

geöffnet sind.<br />

»Kirchräume erfreuen sich zu-


nehmender Beliebtheit und locken<br />

europaweit immer mehr<br />

Gäste an« weiß man beim<br />

ADFC. Besucher nehmen in<br />

Kirchenräumen Platz, weil<br />

diese mit ihrer klaren Struktur<br />

und ihrer Ruhe zunehmend als<br />

einzigartig empfunden werden.<br />

Sie hoffen, in der Kirche gelassener<br />

zu werden und Trost zu<br />

finden.<br />

Viele Gemeinden beginnen zu<br />

verstehen, dass hinter diesem<br />

neu erwachten Interesse an den<br />

Kirchräumen ernst zu nehmende<br />

religiöse Fragen, Anliegen<br />

und Sehnsüchte stecken.<br />

Und deshalb beschließen sie,<br />

auf neue Weise einladend zu<br />

sein und auch unter der Woche<br />

ihre Kirchtüren zu öffnen. Jetzt<br />

haben die Kirchen die Radfahrer<br />

in den Blick genommen.<br />

Was denken die Deutschen<br />

über das Radfahren? Der<br />

ADFC hat 2011 eine große<br />

Umfrage zu diesem Thema gemacht.<br />

41 Prozent der Deutschen<br />

fahren mehrmals pro<br />

Woche Fahrrad, 15 Prozent<br />

sogar täglich. Rund zwei Drittel<br />

nutzen das Fahrrad für Einkäufe<br />

oder Erledigungen, 38<br />

Prozent für den Weg zur Arbeit<br />

oder Ausbildungsstätte. Die<br />

größten Verlagerungspotenziale<br />

vom Auto zum Fahrrad bestehen<br />

in den ländlichen Regionen<br />

und in den Städten bis 20.000<br />

Einwohner.<br />

Der Boom im Radfahren und<br />

Radtourismus hat auch viel mit<br />

Gesundheitvorsorge zu tun.<br />

Schon mit 30 Minuten leichter<br />

Bewegung am Tag, wie sie das<br />

Radfahren bietet, verbessert<br />

man seine Fitness entscheidend.<br />

Der ADFC ist in mehr als 450<br />

Orten in Deutschland vertreten.<br />

Die Bundesgeschäftsstelle<br />

ist unter:<br />

Postfach 107747,<br />

28077 Bremen,<br />

E-Mail: kontakt@adfc.de,<br />

telefonische Infoline:<br />

0421/346290 zu erreichen.<br />

Wenn Sie diese Symbole<br />

sehen, finden Sie<br />

ca. 800 registrierte <strong>Gott</strong>esdienste<br />

unter freiem Himmel<br />

in Bayern: vom Kurpark über<br />

den See bis hin zum Berg.<br />

z.B. Meditative Spaziergänge<br />

und Wanderungen, Abendandachten<br />

mit Himmelsbeobachtung,<br />

Erzählabende am<br />

Lagerfeuer, Familiennachmittage<br />

im Wald.<br />

19 mehrwöchige Einsätze<br />

von Seelsorge-Teams auf sechs<br />

Campingplätzen in Bayern und<br />

einem in Italien. Rund 27.000<br />

Camper werden erreicht.<br />

700 auch unter der Woche<br />

verlässlich geöffnete evang.<br />

Kirchen als Orte der Stille und<br />

Rastplatz für die Seele.<br />

z.B. Posaunenblasen im<br />

Freien. Orgelkonzerte<br />

»Töne + Worte« bzw.<br />

»Musik+Besinnung«, Offenes<br />

Singen. Abendliedersingen,<br />

Serenaden am See.<br />

Sechs Freizeiten, an denen<br />

rund 60 Familien mit rund<br />

100 Erwachsenen und rund<br />

100 Kindern teilnehmen.<br />

z.B. Seelsorgeangebote,<br />

Bibelgespräche, Vortragsund<br />

Gesprächsabende,<br />

Filmabende.<br />

5


Eine der längsten<br />

Burgen der Welt<br />

Die Stadt Burghausen hat vieles zu bieten<br />

Sie ist eine der vielfältigsten<br />

Städte in Bayern. Geschichte<br />

und Gegenwart,<br />

Kultur und Industrie, bedeutende<br />

Sehenswürdigkeiten<br />

und überregional wichtige Ausstellungen<br />

reichen sich hier die<br />

Hand. Die alte Herzogsstadt<br />

Burghausen liegt an der Salzach,<br />

die hier die Grenze zu<br />

Österreich bildet.<br />

Auf einem Höhenzug über der<br />

Altstadt erstreckt sich die Burg<br />

zu Burghausen, die mit 1.051<br />

Metern eine der längsten Burganlagen<br />

der Welt ist. Scheinbar<br />

ohne Ende ziehen sich die Mauern,<br />

Zinnen, Türme und Kapellen<br />

über eine schmale<br />

Bergzunge hoch über der Salzach.<br />

Mittelpunkt eines Burghausen-Besuches<br />

ist die Burg<br />

mit ihren malerischen Festen<br />

und anderen Veranstaltungen.<br />

Hier sind Museen und Ausstellungen<br />

beheimatet, hier entfalten<br />

sich Künstlergruppen,<br />

wohnen und feiern die Burghauser<br />

mit ihren Gästen. Hier<br />

finden Kultur und Seele eine<br />

6<br />

Die Ostarrîchi-<br />

Urkunde vom<br />

1. November 996<br />

wird bis 4. November<br />

in Burghausen<br />

gezeigt<br />

fast unwirklich schöne, traumhafte<br />

Kulisse. Die Burganlage<br />

ist ganzjährig geöffnet. Der<br />

Eintritt ist frei<br />

Um 1900 war Burghausen<br />

eine Kleinstadt mit etwa 2.500<br />

Einwohnern. Mit der Anbindung<br />

an das Schienennetz im<br />

Jahr 1897 kam die Industrie, vor<br />

allem chemische Betriebe wie<br />

die Wacker-Chemie, und es<br />

setzte ein wirtschaftlicher Aufschwung<br />

ein. Ausgehend von<br />

Arbeitersiedlungen in der Nähe<br />

der Industrieanlagen (die Wackerstraße<br />

steht heute unter<br />

Denkmalschutz) entstand in<br />

den folgenden Jahrzehnten die<br />

Neustadt, während Altstadt und<br />

Burg in großen Teilen in ihrem<br />

historischen Aussehen erhalten<br />

blieben. Die Einwohnerzahl<br />

Burghausens stieg aber rasch<br />

auf über 18.000 am Ende des 20.<br />

Jahrhunderts.<br />

Der relative Reichtum der<br />

Stadt führte ab Mitte des vergangenen<br />

Jahrhunderts zu einer<br />

Zunahme von auch überregional<br />

beachteten kulturellen Insti-<br />

tutionen. So bringt die jährlich<br />

stattfindende Internationale<br />

Jazzwoche Burghausen weltweit<br />

berühmte Jazzgrößen in<br />

die Stadt. Seit 1995 existiert in<br />

Burghausen die Athanor Akademie<br />

für Darstellende Kunst<br />

mit Hauptsitz auf der Burg.<br />

Und am Eingang zur Burganlage<br />

erwartet die Besucher ein<br />

Museum der besonderen Art:<br />

Das 1983 gegründete Fotomuseum<br />

vermittelt einen umfassenden<br />

Einblick in das äußerst


faszinierende und auch immer<br />

noch junge Medium Fotografie.<br />

Anhand historischer Aufnahmen<br />

zur Stadtgeschichte, einer<br />

herausragenden Kamerasammlung<br />

von über 600 Apparaten<br />

aus allen Zeiten und Anwendungsbereichen<br />

sowie der<br />

Präsentation früherer fotografischer<br />

Verfahren werden 170<br />

Jahre Fotogeschichte eindrucksvoll<br />

dargestellt. Des weiteren<br />

werden Themen wie Portrait,<br />

Reise, Dokumentation, Mode,<br />

Der deutsch-österreichische Grenzfluß<br />

Salzach verschafft Burg und Stadt<br />

Burghausen eine malerische Lage, links<br />

ein historisches Modell<br />

Werbung und Journalismus mit<br />

eindrucksvollen Beispielen vorgestellt.<br />

Haus der Fotografie –<br />

84489 Burghausen,<br />

Telefon +49(0)86774734,<br />

Mail: hausderfotografie@burghausen.de.<br />

Und 2012 findet eine gemeinsam<br />

mit dem österreichischen<br />

Bundesland Oberösterreich<br />

veranstaltete Ausstellung in<br />

Burghausen und zwei österreichischen<br />

Orten (Augustiner-<br />

Chorherrenstift Ranshofen bei<br />

Braunau am Inn und im Schloss<br />

Mattighofen in Oberösterreich)<br />

statt. Unter dem Titel »Verbündet<br />

– Verfeindet – Verschwägert«<br />

wird vom 27. April bis 4.<br />

November 2012 die wechselvolle<br />

Beziehung zwischen Bayern<br />

und Östereich beleuchtet.<br />

Die gemeinsame Geschichte<br />

beginnt im 8. Jahrhundert, als<br />

Bayern in die »Marchia Orientalis«<br />

expandierte, also die<br />

»Östliche Mark« – das heutige<br />

Oberösterreich. Dieser erste<br />

Teil der Schau in der Burg zu<br />

Fotos: Haus der Fotografie, Dr. Robert-Gerlich-Museum<br />

Burghausen informiert über<br />

Sklavenhandel und christliche<br />

Mission, Ackerbau und Kaiserkrönung,<br />

Rittertum und Fernhandel<br />

entlang der Donau. Die<br />

Zeitreise endet im 14. Jahrhundert,<br />

als Oberösterreich und<br />

Bayern nach vielen politischen<br />

Wirren eine klare Grenze auf<br />

der Landkarte Europas zogen.<br />

»Star« dieses Ausstellungsabschnittes<br />

ist die Gründungsurkunde<br />

Östereichs, die in einem<br />

eigens dafür entworfenen<br />

Raum auf der Burg gezeigt<br />

wird. Normalerweise wird die<br />

»Ostarrîchi«–Urkunde, die am<br />

1. November 996 ausgestellt<br />

wurde und der erste schriftliche<br />

Beleg des Namens »Österreich«<br />

ist, im Hauptstaatsarchiv in<br />

München aufbewahrt. Die Ausstellung<br />

in Ranshofen setzt<br />

Mitte des 15. Jahrhunderts ein<br />

und dokumentiert, wie sich<br />

trotz Kriegen die Kunst und<br />

Kultur im Barock entfaltete.<br />

Im Schloss Mattighofen geht<br />

die Zeitreise weiter bis zu den<br />

Kriegen gegen Napoleon, zum<br />

Tiroler Volksaufstand und zum<br />

Wiener Kongress.<br />

Weitere Informationen im Internet<br />

unter www.hdbg.de/<br />

Burghausen. Heinz Brockert<br />

7


Seit 50 Jahren gibt es die Camping-Se<br />

Den Urlaubern nachfahren<br />

»Beim Abwasch kommt man<br />

ins Gespräch«, freut sich Uwe<br />

Renner über die Kontakte, die<br />

er beim Campen knüpft. Der<br />

Konstrukteur aus Hilpoltstein<br />

verbringt zwei Wochen auf dem<br />

Campingplatz Langlau am<br />

Brombachsee in Franken mit<br />

seiner Frau Sibylle und Sohn<br />

David. In der Wohnwagen- und<br />

Zeltesiedlung mit bis zu 2.000<br />

Bewohnern aus allen Teilen<br />

Deutschlands, aus der Schweiz,<br />

Holland und Skandinavien erfüllen<br />

die Renners eine selbstgewählte<br />

Aufgabe: Sie sind<br />

ehrenamtliche Mitarbeitende<br />

des Freizeitprojekts »Kirche<br />

unterwegs« der bayerischen<br />

evangelischen Landeskirche.<br />

Seit über 15 Jahren schon leistet<br />

das Ehepaar diesen Dienst<br />

auf Zeltplätzen in Franken, im<br />

Bayerischen Wald, in Oberbayern<br />

oder auch mal in Italien.<br />

»Ob diese Tage Freizeit oder<br />

Arbeit sind, kann ich gar nicht<br />

mehr auseinanderhalten«, sagt<br />

Sibylle Renner. Allabendlich<br />

führen die Renners ein »Betthupferl«<br />

für die Campingkinder<br />

mit den Handpuppen »Krax«,<br />

der Rabe, und »Konrad«, die<br />

Maus, auf. Nachhmittags haben<br />

die beiden Camping-Seelsorger<br />

schon mit Kindern, Jugendlichen<br />

und Eltern gemalt. Und<br />

8<br />

vieles mehr wird angeboten.<br />

Im Prospekt des »See-Camping«<br />

wird für die Veranstaltungen<br />

von »Kirche unterwegs«<br />

geworben. Alle Aktivitäten<br />

haben die Renners schon zu<br />

Hause geplant, Material besorgt<br />

und das Programm geschrieben,<br />

das auf dem Campingplatz ausliegt.<br />

Walter Lebender, Verwalter<br />

des See-Campingplatz<br />

Langlau, unterstreicht, dass die<br />

Kirchenleute »gerade wegen<br />

der Kinderanimation gerne auf<br />

den Platz gelassen werden«.<br />

Manche Gäste fragten schon<br />

bei der Reservierung, »ob die<br />

Kirche auch da ist«.<br />

Diakon Lothar Deeg ist<br />

hauptamtlicher Mitarbeiter der<br />

bayerischen Landeskirche in<br />

der Camping-Seelsorge und<br />

»Camper mit Leib und Seele«.<br />

Seit 17 Jahren verlebt er mit sei-<br />

Foto: Gerd W. Drahn<br />

ner Familie die Ferien auf irgendeinem<br />

Campingplatz.<br />

»Wenn wir das nicht machen<br />

würden, würde mir etwas im<br />

Leben fehlen«, sagt die Tochter.<br />

Dabei gibt es die Lagerfeuerromantik<br />

der Anfänge gar nicht<br />

mehr. Von der ehemaligen Zeltmission<br />

über die Camping-Seelsorge<br />

bis zur heutigen »Kirche<br />

unterwegs« haben sich die Angebote<br />

immer wieder gewandelt.<br />

Eines ist geblieben: Die<br />

kirchlichen Mitarbeitenden<br />

möchten »dort sein, wo die<br />

Menschen sind, wenn sie im<br />

Sommer ihre Gemeinde verlassen,<br />

um irgendwo Urlaub zu<br />

machen«, wie Deeg sagt.<br />

»Neben der Erholung des Körpers<br />

und des Geistes soll auch<br />

die Erbauung der Seele nicht zu<br />

kurz kommen.« Deshalb fährt<br />

man den Campern nach.<br />

Zuerst, ab 1962, nur auf Camping-<br />

und Caravanplätze in<br />

Bayern. Ab 1973 folgte man den<br />

Familien, die mit ihrem Käfer<br />

über den Brenner fuhren, um in<br />

Italien Urlaub zu machen. Marina<br />

di Venezia wurde dort das<br />

Standquartier und ist es bis<br />

heute. Die Camping-Seelsorge<br />

lud die Urlauber zeitweise in


elsorge in Bayern<br />

Fotos: (5) Kirche Unterwegs<br />

die »Ziehharmonika-Kirche«<br />

ein, einen umgebauten Lkw<br />

(Bild oben), in dem man Stühle<br />

und einen Altar hatte. Am liebsten<br />

aber bewegt man sich unter<br />

den Urlaubern im Freien, sichtbar<br />

und hörbar für alle Platzbesucher.<br />

Ist die »Kirche unterwegs«<br />

erstmals auf einem neuen Platz,<br />

dann legt sie bei der Anmeldung<br />

Hinweise aus und hängt<br />

an exponierten Stellen Plakate<br />

auf. Mehr ist nicht nötig.<br />

Alles weitere ist dann<br />

nur noch Mundpropaganda.<br />

Manchmal werden<br />

auch noch die Camping-Seelsorge-Klassiker<br />

wie Lagerfeuer oder<br />

Nachtwanderungen mit Fackeln<br />

angeboten, aber es überwiegen<br />

inzwischen die kreativen Elemente<br />

der Freizeitgestaltung.<br />

Nicht weggefallen sind die<br />

»volkskirchlichen« Angebote:<br />

<strong>Gott</strong>esdienste am Sonntag, Kinderstunden,<br />

Bibelgespräche<br />

und manchmal auch sogar richtige<br />

Kinderbibelwochen.<br />

Ein nicht unbeträchtlicher Teil<br />

der Camper, der die »Kirche<br />

unterwegs« besucht, kommt<br />

schon in der dritten Generation.<br />

Sie hatten sie schon mit ihren<br />

Großeltern oder Eltern auf<br />

Campingplätzen kennen gelernt.<br />

Für nicht wenige von<br />

ihnen ist das der einzige wiederkehrende<br />

Kontakt zur Kirche.<br />

Und so bleibt es nicht aus, dass<br />

einige den anwesenden Pfarrer<br />

bitten, einen Trau-<strong>Gott</strong>esdienst<br />

für sie abzuhalten oder ihr Kind<br />

zu taufen. Manchmal müssen<br />

unter den anwesenden Campern<br />

noch die Taufpaten gesucht<br />

werden.<br />

»Es ist ein sehr reizvoller<br />

Job«, das meinen nicht nur Diakon<br />

Lothar Deeg und seine<br />

Kollegin, die Pfarrerin Astrid<br />

Polzer, die die »Kirche unterwegs«<br />

in Bayern leiten. Das<br />

meinen auch die vielen Ehrenamtlichen,<br />

die jeweils zu fünft<br />

oder zu sechst ein Camping-<br />

Seelsorge-Team bilden. Sie bekommen<br />

eine theologische und<br />

pädagogische Schulung, um<br />

dann die Arbeit eigenständig<br />

auf einem Campingplatz machen<br />

zu können. Eine Gemeinde<br />

vom Säugling bis zum<br />

Greis, ständig wechselnd und<br />

aus immer wieder neuen Menschen<br />

bestehend, das hat etwas.<br />

Dort ehrenamtlich<br />

tätig sein zu können,<br />

wo andere Urlaub machen,<br />

dafür opfern sie<br />

gern einmal ihre freie<br />

Zeit im Jahr.<br />

In diesem Jahr feiert<br />

die »Kirche unterwegs«<br />

in Bayern vom<br />

27. bis 29. Juli ihr 50jähriges<br />

Bestehen.<br />

Dafür ist ihr schon mal<br />

von der Stadt Pappenheim<br />

der Volksfestplatz<br />

zur Verfügung gestellt<br />

worden. Der Jubiläums-<strong>Gott</strong>esdienst<br />

wird<br />

bei schönem Wetter<br />

unter freiem Himmel<br />

in der Weidenkirche<br />

gefeiert. Und Landesbischof<br />

Heinrich Bedford-Strohm<br />

wird<br />

predigen<br />

Jutta Olschewski<br />

Karl-Heinz Ulrich<br />

Internet: www.kirche-unterwegs.de;<br />

www.afg-elkb.de/beratung/kirchein-der-freizeitwelt/kirche-unterwegs.<br />

Amt für Gemeindedienst in der<br />

Evang.-Luth. Landeskirche Bayern,<br />

Sperberstraße 70,<br />

90461 Nürnberg,<br />

Telefon: (911) 43 16-170<br />

9


Die (fast)<br />

heiteren<br />

Olympischen<br />

Spiele in<br />

München<br />

Zwei Ereignisse in der<br />

Nachkriegsgeschichte<br />

haben sich den Deutschen<br />

unauslöschlich eingeprägt.<br />

1989 (fast 45 Jahre nach<br />

Kriegsende) fielen durch gewaltlosen<br />

Widerstand die<br />

Mauer in Berlin und der »Eiserne<br />

Vorhang« quer durch<br />

Deutschland, die das Land in<br />

zwei Staaten geteilt hatten. Und<br />

1972 (27 Jahre nach Ende von<br />

Krieg und der Nazi-Barbarei)<br />

hatten die Völker der Welt nach<br />

München, Augsburg (Kanuslalom)<br />

und Kiel (Segeln) geschaut,<br />

wo – vor 40 Jahren – die<br />

20. Olympischen Sommerspiele<br />

der Neuzeit ausgetragen wurden.<br />

Und sie entdeckten ein<br />

neues Deutschland: heiter, einladend,<br />

weltoffen und friedlich.<br />

Als Deutschland 1966 in Rom<br />

mit nur einer Stimme Vorsprung<br />

vor Kanada, das Montreal<br />

ins Rennen geschickt hatte,<br />

10<br />

die Ausrichtung des<br />

größten Sportereignisses<br />

der Welt übertragen<br />

bekam, war<br />

das keineswegs so<br />

selbstverständlich.<br />

Die Erinnerungen<br />

an das Leid, das die<br />

Deutschen über viele<br />

Nationen und Völker<br />

gebracht hatte,<br />

waren noch sehr<br />

lebendig. Ebenso die<br />

Erinnerungen an die<br />

Olympischen Spiele 1936 in<br />

Berlin, die den Nazis als Propaganda-Show<br />

gedient hatten. Die<br />

Macher von Olympia 1972<br />

waren sich selbst nicht sicher,<br />

ob sie mit ihrem Wunsch, die<br />

Spiele nach München, der<br />

selbsternannten »Weltstadt mit<br />

Herz« zu holen, nicht zu hoch<br />

gegriffen hatten. Der München-<br />

Faktor spielte eine gewichtige<br />

Rolle. Besonders angetan<br />

waren die internationalen Juroren,<br />

dass der allergrößte Teil der<br />

Sportstätten und das Olympische<br />

Dorf nahe beieinander auf<br />

einem Gelände nur wenige Kilometer<br />

vom Stadtzentrum entfernt<br />

errichtet werden konnten.<br />

Was auf dem, später unter<br />

Denkmalschutz gestellten<br />

Olympiagelände zu Füßen<br />

einer Hügel-Landschaft aus<br />

Trümmern des Krieges, gebaut<br />

und gestaltet wurde, war eine<br />

Visitenkarte des neuen demo-<br />

kratischen Deutschlands. Sie ist<br />

besonders mit drei Namen verbunden:<br />

dem Architekten Günter<br />

Behnisch (Stuttgart), dem<br />

Landschaftsarchitekten Günther<br />

Grzimek (Ulm) und dem<br />

visuellen Gestalter Otl Aicher<br />

(ebenfalls Ulm). »Wir wollen<br />

heitere, unpathetische Spiele«,<br />

waren die Drei sich einig. Und<br />

das sollte sich auch in den Bauten<br />

und im Erscheinungsbild<br />

von Olympia 72 ausdrücken.<br />

Sie ließen bisherige Auffassungen,<br />

wie Stadien und Arenen zu<br />

sein haben – wuchtig, kolossal –<br />

hinter sich. Sie suchten nach<br />

einem Gesamtbild für die olympischen<br />

Stätten. Und sie gingen<br />

Risiken ein und bauten etwas,<br />

was es so noch nicht gegeben<br />

hatte.<br />

»Tanzende« Architektur<br />

Günter Behnisch, in Dresden<br />

geboren, setzte das Auf und Ab<br />

der Hügellandschaft in der Architektur<br />

fort. Er baute die<br />

Sportstätten in die Erde hinein<br />

statt sie auf Flächen zu stellen,<br />

und er zog große und kleine<br />

Zeltdächer aus Stahl und Acryl<br />

über sie. Diese wurden das weltweit<br />

beachtete Wahrzeichen des<br />

Olympiageländes. Behnisch, der<br />

später auch den Plenarsaal des<br />

Bundestages in Bonn gestaltet<br />

hat, sagte einmal über diese beiden<br />

Werke: »Beide sind spielerisch.<br />

Die Dinge fangen an zu


Foto: (3) Gerd W. Drahn<br />

tanzen, wenn man sie nicht festbindet.<br />

Und vielleicht ist das<br />

Tanzen wichtiger als alles andere<br />

in der Architektur.«<br />

Das Spielerische, Fließende<br />

nahm der Landschaftsarchitekt<br />

Günther Grzimek auf. In bewusster<br />

radikaler Abkehr von<br />

eckigen Formen schuf er einen<br />

Park, in dem kein Weg, keine<br />

Wiese, kein Bachlauf dem monotonen<br />

Rechteck-Denken gehorchte.<br />

In der Person und im<br />

Lebenslauf des Designers Otl<br />

Aicher (Jahrgang 1922) wurde<br />

am stärksten der Aufbruch des<br />

neuen Deutschland und seiner<br />

Abkehr von Enge und Gewalt<br />

deutlich. Dem Nationalsozialismus<br />

stand er ablehnend gegenüber.<br />

Er war eng befreundet mit<br />

der Familie der Widerstandskämpfer<br />

Hans und Sophie<br />

Scholl und saß zeitweise in<br />

Haft. Er heiratete nach dem<br />

Krieg Inge Scholl, die älteste<br />

Tochter der Familie, die die<br />

Ulmer Volkshochschule begründete.<br />

Für die Olympischen Spiele<br />

erfand er gültige Symbole für<br />

die verschiedenen Sportarten,<br />

sogenannte Piktogramme, und<br />

tauchte die Hinweisschilder, die<br />

Werbung, aber auch die Dirndl<br />

der Olympia-Hostessen in ein<br />

lichtes Blau, die Farbe der Jugend,<br />

in Silber, Weiß und ein<br />

helles Grün. »Tiefe drückt sich<br />

nicht immer im Ernst aus.<br />

Leichtigkeit und Nichtkonformität<br />

sind ebenfalls<br />

Zeihen von achtbarer<br />

Subjektivität«, sagte er<br />

über sein Olympia-Engagement.<br />

Die Spiele wurden »heiter«,<br />

wie ihre Initiatoren<br />

es sich vorgestellt hatten.<br />

Ein glückseliges Gefühl<br />

Foto: privat<br />

verband Einheimische<br />

und Gäste. Super-Sport war zu<br />

sehen durch den US-Schwimmer<br />

Mark Spitz, der sieben<br />

Goldmedaillen gewann, durch<br />

die zierliche Kunstturnerin<br />

Olga Korbut aus der Sowjetunion<br />

und viele mehr. Aber<br />

auch westdeutsche und ostdeutsche<br />

Athleten wuchsen über<br />

sich hinaus und gewannen<br />

Edelmetall, das sie über Jahrzehnte<br />

zu Größen der Sportszene<br />

machte: Heide<br />

Rosendahl, Ulrike Meyfarth<br />

und Klaus Wolfermann, der in<br />

einem der dramatischsten Wettbewerbe<br />

der olympischen Geschichte<br />

seinem Konkurrenten<br />

und persönlichen Freund, dem<br />

Letten Janis Lusis, die schon sicher<br />

gewähnte Goldmedaille<br />

um zwei Zentimeter entriss.<br />

Was so schön begann, hätte so<br />

schön enden können. Es gab Sicherheitslücken<br />

in der Betreuung<br />

der Athleten. In der Nacht<br />

zum 6. September stiegen neun<br />

palästinensische Terroristen<br />

über den zu niedrig geplanten<br />

Olympiasieger Klaus<br />

Wolfermann vor seinem<br />

Goldwurf (unten). Viele<br />

anrührende und spannende<br />

Geschichten rund<br />

um die Olympischen<br />

Spiele 1972 in München<br />

enthält der Sonderband<br />

des Hauses der Bayerischen<br />

Geschichte »München<br />

’72«, erhältlich im<br />

Buchhandel.<br />

Zaun, der das Gelände des<br />

Olympischen Dorfs umgab,<br />

drangen in ein Haus mit israelischen<br />

Sportlern ein und nahmen<br />

elf als Geisel, um in Israel<br />

inhaftierte Landsleute freizupressen.<br />

Der Krisenstab erreichte,<br />

dass die Geiselnehmer<br />

und ihre Opfer auf den Militärflugplatz<br />

Fürstenfeldbruck bei<br />

München gebracht werden<br />

konnten. Dort schlug ein Befreiungsversuch<br />

fehl. Die Terroristen<br />

töteten neun Israelis, fünf<br />

Palästinenser wurden bei einem<br />

Feuergefecht mit der deutschen<br />

Polizei erschossen, drei festgenommen.<br />

Nach langen Beratungen entschied<br />

sich das Internationale<br />

Olympische Komitee dagegen,<br />

die Spiele abzubrechen. Es war<br />

vermutlich die richtige Entscheidung,<br />

denn das Friedenssignal,<br />

das von diesen<br />

Olympischen Spielen ausging,<br />

konnte von der Gewalt nicht<br />

angetastet werden. Es wirkt bis<br />

heute. Heinz Brockert<br />

11


Anfang der 90er-Jahre: Bedford-Strohm als Assistent von Wolfgang Huber<br />

Ungewohnte Töne bekommen<br />

die Protestanten<br />

in Bayern von<br />

ihrem neuen Landesbischof<br />

Heinrich Bedford-Strohm<br />

zu hören.<br />

Denn seine Geige stellt<br />

der 51-jährige Theologe, der<br />

am 30. Oktober vergangenen Jahres<br />

in einem festlichen <strong>Gott</strong>esdienst in der Nürnberger<br />

Lorenzkirche in sein Amt eingeführt<br />

wurde, auch als Bischof nicht in die Ecke. Er hat<br />

sie schon im Landeskirchenamt zum Klingen gebracht<br />

und im Internet auf youtube.com kann<br />

jeder sich von den musikalischen Fähigkeiten des<br />

»obersten Hirten« von 2,6 Millionen Protestanten<br />

überzeugen.<br />

Einen unkonventionellen Menschen haben die<br />

Mitglieder des bayerischen Kirchenparlaments<br />

(Landessynode) zum Landesbischof gewählt.<br />

Heimatverbunden ist er, aber auch in vielfältigen<br />

Funktionen in der Welt zu Hause. Seine Frau, die<br />

Psychotherapeutin Deborah Bedford-Strohm, hat<br />

er in den USA kennengelernt. Und nach seiner<br />

12<br />

1997: Ordination in der Coburger Morizkirche<br />

Der neue Landesbischof spielt gern Geige Familie Bedford-Strohm mit ihren drei Söhnen<br />

In Bayern und derWelt zu Hause<br />

Der neue Landesbischof plädiert für eine authentische Kirche<br />

Wahl lud er Islam-Vertreter aus ganz Bayern zu<br />

einer gemeinsamen Adventsfeier ins Landeskirchenamt<br />

in München ein.<br />

Heinrich Bedford-Strohm ist 1960 in Memmingen<br />

im Allgäu geboren und im oberfränkischen<br />

Coburg in einer Pfarrfamilie aufgewachsen. Von<br />

1981 bis 1988 studierte er evangelische Theologie<br />

in Erlangen, Heidelberg und Berkeley (USA).<br />

Von 1989 bis 1992 war er Assistent am Lehrstuhl<br />

für Systematische Theologie und Sozialethik der<br />

Universität Heidelberg bei Wolfgang Huber, dem<br />

späteren Ratsvorsitzenden der Evangelischen<br />

Kirche in Deutschland (EKD). Weitere Stationen<br />

waren ein Gastvikariat im badischen Heddesheim,<br />

eine Gastprofessur am Union Theological<br />

Seminary in New York und eine Professur an der<br />

Universität Gießen.<br />

Von 1997 bis 2004 war Bedford-Strohm Pfarrer<br />

an der Coburger Morizkirche. 2004 folgte er<br />

einem Ruf an die Universität Bamberg als Professor<br />

für Systematische Theologie und Gegenwartsfragen.<br />

Ab 2008 leitete er dort auch die<br />

Dietrich-Bonhoeffer-Forschungsstelle für Öffentliche<br />

Theologie. Er ist Mitglied der Sozialkammer


Fotos: privat (6), epd-bild (2)<br />

Heinrich Bedford-Strohm mit seiner Frau Deborah in Südafrika<br />

der EKD und hat zahlreiche weitere Ämter inne.<br />

Als eine der ersten Aufgaben musste der neue<br />

Landesbischof die Jahreslosung 2012 auslegen<br />

»Jesus Christus spricht: Meine Kraft ist in den<br />

Schwachen mächtig.« Und er deutete sie so:<br />

»Durch die Kraft Jesu Christi sind wir mächtig.<br />

Das heißt: Es kommt nicht darauf an, wer die<br />

Schönste, der Beste, die Erfolgreichste und auch<br />

nicht wer der Reichste ist. Das Denken in Superlativen<br />

engt ein. Es schafft Misstrauen und die<br />

Sorge davor, den hart erkämpften ersten Platz<br />

wieder abgeben zu müssen. Die vermeintliche<br />

Stärke wird zur Schwäche. Wir brauchen eine<br />

neue politische Kultur, die das öffentliche Zeigen<br />

von Schwachheit nicht bestraft, sondern als Teil<br />

des Menschseins annimmt.« Menschliche Fehlbarkeit,<br />

Schwäche und<br />

Furcht würden erst dann<br />

eine destruktive Bedeutung<br />

gewinnen, »wenn sie<br />

permanent und krampfhaft<br />

versteckt werden<br />

müssen«.<br />

Bayerns neuer Landesbischof<br />

möchte ein »politischer«<br />

Bischof sein und<br />

zu kontroversen Fragen<br />

Stellung nehmen. »Wer<br />

wirklich fromm ist,<br />

kommt an politischen<br />

Fragen nicht vorbei. Kirchen und Religionsgemeinschaften<br />

haben eine wichtige öffentliche<br />

Funktion, weil sie ethische Orientierung geben<br />

auf die Frage, wohin sich die Gesellschaft weiter<br />

entwickelt«, sagt er.<br />

Ändern möchte er das Bild seiner Kirche in der<br />

Öffentlichkeit. »Ein ganz zentraler Programmpunkt<br />

ist für mich eine authentische, öffentliche<br />

Kirche. Also eine Kirche, die weit nach außen ausstrahlt,<br />

eine Kirche, die durch ihr eigenes Sein,<br />

durch ihre Arbeit, durch ihre Glaubenslust den<br />

Menschen wieder neu zeigt, welch große Kraft in<br />

den alten Traditionen des Christentums steckt.«<br />

Auch die heilige Taufe gehört zum Amt eines Landesbischofs<br />

Für den neuen bayerischen Bischof hat die soziale<br />

Gerechtigkeit einen hohen Stellenwert. Er<br />

sagt: »Glaube und Gerechtigkeit gehören untrennbar<br />

zusammen. Die Verbindung von beiden<br />

muss im Zentrum von Theologie und Kirche stehen.<br />

Und ich werde auch als Bischof immer wieder<br />

danach fragen, wie Spiritualität und<br />

Frömmigkeit in den sozialen Fragen der Zeit Gestalt<br />

gewinnen. Nach biblischem Verständnis be-<br />

Heinrich Bedford-Strohm wurde am 30. Oktober 2011 in der<br />

St. Lorenzkirche in Nürnberg in sein Amt eingeführt<br />

misst sich Gerechtigkeit immer an der Situation<br />

der Schwächsten. Deshalb muss der soziale Ausgleich<br />

ein zentrales Thema sein.<br />

Es muss uns beunruhigen,<br />

wenn unsere Gesellschaft<br />

immer ungleicher wird.«<br />

Kompetenz in Sozial-Ethik<br />

bringt der Theologe, der mit<br />

vier Geschwistern aufgewachsen<br />

ist, reichlich mit. Er hat<br />

über das Thema »Vorrang für<br />

die Armen. Auf dem Weg zu<br />

einer theologischen Theorie der<br />

Gerechtigkeit« promoviert. Die<br />

Scham der Armut sei die Konsequenz<br />

eines gesellschaftlichen<br />

Klimas, in dem Armut häufig mit Versagen<br />

assoziiert werde, sagt Bedford-Strohm. »Das innere<br />

Gefühl der eigenen Würde bricht weg, weil<br />

die eigene Armut als Versagen interpretiert<br />

wird.«<br />

Regenerationsquellen sind für den Theologen<br />

neben der Musik das Meditieren biblischer Texte,<br />

die er auch auf seinem iPhone hat, Wanderungen<br />

und vor allem seine Familie. Die intensive Kommunikation<br />

mit seiner Frau und den drei Söhnen<br />

sei ihm am allerwichtigsten. Deshalb ist er »fest<br />

entschlossen«, diese Zeitinseln auch im Bischofsamt<br />

zu bewahren.<br />

13


A<br />

D<br />

14<br />

Urlaub ❧ Freizeit ❧ Freie Zeit?<br />

R<br />

Foto: Gerd W. Drahn


Foto: Roger Frei, Franz Marc Museum, Kochel<br />

Museumsschätze im Voralpenland<br />

Die Münchner und die Gäste von überall her verbinden mit dem nahe der Landeshauptstadt<br />

gelegenen Alpenvorland meist schönste Erlebnisse: Erholung pur mit Wandern,<br />

Radfahren, Schwimmen in der Natur, Besichtigungen malerisch gelegener Klöster und<br />

Kirchen, Besuche von Museen weitab vom Münchner Kulturbetrieb und das Genießen<br />

kulinarischer Freuden in idyllischen Gaststätten oder Biergärten, fern des großstädtischen<br />

Touristenrummels. Dieses harmonische Zusammenspiel vielfältiger Erlebnismöglichkeiten<br />

macht auch heute noch den Zauber dieser oberbayerischen Region aus. Große<br />

Namen von historischen Persönlichkeiten, Künstlern und Sammlern prägen die Museumslandschaft<br />

des bayerischen Voralpenlandes. Die Museen sind meist bequem mit der<br />

Bahn von München aus erreichbar. Aber auch mit dem Fahrrad kann man herrliche<br />

Wege zurücklegen und die Rast mit dem Ziel eines Museumsbesuchs verbinden.<br />

Im Einklang mit<br />

der Natur<br />

Dem berühmten engen<br />

Freund und geistigen Weggefährten<br />

Gabriele Münters ist<br />

das 2008 eröffnete Franz-Marc-<br />

Museum in Kochel am gleichnamigen<br />

oberbayerischen See<br />

gewidmet. Der im Ersten Weltkrieg<br />

gefallene große Künstler<br />

(1880 bis 1916) und seine Frau<br />

Maria lebten hier im Ortsteil<br />

Ried ab 1914. In dem modernen<br />

Ausstellungsgebäude (oben),<br />

das in einer traumhaften Landschaftskulisse<br />

errichtet wurde,<br />

lässt sich das Werk Franz Marcs<br />

in einen neuen Zusammenhang<br />

stellen. Die dort ausgestellte<br />

Sammlung Etta und Otto<br />

Stangls ist eine großartige Ergänzung<br />

mit Werken der »Brücke«-Künstler<br />

und anderen<br />

Arbeiten aus der Zeit nach dem<br />

Ersten Weltkrieg.<br />

Franz Marc Museum<br />

Franz-Marc-Park 8-10<br />

82431 Kochel am See<br />

Tel. 08851-2488-0<br />

info@franz-marc-museum.de<br />

www.franz-marc-museum.de<br />

Dienstag – Sonntag und an Feiertagen:<br />

April bis Oktober 10 –18 Uhr<br />

November bis März 10 –17 Uhr<br />

24. und 31.12. geschlossen<br />

Highlights am<br />

Wegesrand<br />

Das Highlight in der Reihe<br />

der außerhalb von München gelegenen<br />

Museen mit Besucherrekord<br />

ist das seit 2001<br />

bestehende »Buchheim-Museum<br />

der Phantasie« in Bernried.<br />

Am besten erreicht man es<br />

mit dem Schiff von Starnberg<br />

aus. Die beachtliche Sammlung<br />

des Künstlers, Verlegers, Autors<br />

(»Das Boot«) und Filmemachers<br />

Lothar Günther Buchheims<br />

ist hier ausgestellt. In den<br />

50er Jahren erwarb Buchheim<br />

mit einem sicheren Gespür für<br />

Kunst die Werke teilweise zu<br />

Spottpreisen – im Sinne des<br />

Nazi-Regimes galten sie weithin<br />

noch als »entartet«. Heute wird<br />

seine Sammlung auf über 100<br />

Millionen Euro geschätzt.<br />

Großartige moderne Architektur<br />

mit 4000 qm Ausstellungsfläche,<br />

direkt am idyllischen<br />

Starnberger See gelegen, mit<br />

einem über dem Wasser schwebenden<br />

Steg ist ein würdiges,<br />

vom Staat finanziertes Ambiente,<br />

kreiert von dem Architekten<br />

Günther Behnisch.<br />

In den großzügigen Räumen<br />

öffnen sich ungeahnte Welten<br />

expressionistischer Malerei.<br />

Hier ist genug Platz für die<br />

hochkarätigen Gemälde, Aquarelle,<br />

Zeichnungen und Druck-<br />

15


grafiken von Erich<br />

Heckel, Emil<br />

Nolde, Ernst Ludwig<br />

Kirchner, Max<br />

Pechstein u.a., die<br />

sich gegenseitig<br />

durch die großzügige<br />

Präsentation<br />

nichts nehmen.<br />

Aber auch die Volkskunstsammlung,<br />

die Kunsthandwerk<br />

aus aller Welt und bayerische<br />

Volkskunst umfasst, sowie Kultgegenstände<br />

aus Afrika und anderen<br />

außereuropäischen<br />

Ländern bezaubern Groß und<br />

Klein. Die interessanten Sonderausstellungen<br />

machen das<br />

Museum (oben) zu einem Zentrum<br />

der Lebendigkeit. Der<br />

Skulpturenpark lädt zum Lustwandeln<br />

ein. Kinder freuen sich<br />

über Überraschungen wie Giraffenfiguren,<br />

ein Fußballtor<br />

mit einer Mannschaft aus Gips<br />

oder ein altes Auto. Man kann<br />

hier einen spannenden halben<br />

Tag verbringen.<br />

Buchheim Museum der Phantasie<br />

Am Hirschgarten 1<br />

82347 Bernried<br />

Tel: 08158-997020<br />

E-Mail: info@buchheimmuseum.de<br />

www.buchheimmuseum.de<br />

April bis Oktober:<br />

Dienstag bis Sonntag und an<br />

Feiertagen von 10 – 18 Uhr<br />

November bis März:<br />

Dienstag bis Sonntag und an<br />

Feiertagen 10 –17 Uhr,<br />

außer 24.12. und 31.12.<br />

16<br />

Auf den Spuren einer<br />

Kaiserin<br />

Im Starnberger Regional-<br />

Museum erfährt man etwas<br />

über die höfische Schifffahrt<br />

der Wittelsbacher sowie der<br />

Geschichte der bäuerlichen Lebens-<br />

und Arbeitswelt rund um<br />

den See – ein faszinierender<br />

Einstieg,<br />

Land und Leute von<br />

einst in dieser Regionkennenzulernen.<br />

Eine historische<br />

Persönlichkeit, die<br />

hier am Starnberger<br />

See ihre Kindheit<br />

verbrachte, ist jedem bekannt:<br />

Wer unserer Sisi – der legendären<br />

Kaiserin Elisabeth – huldigen<br />

will, dem sei das Museum in<br />

Possenhofen empfohlen, in dem<br />

Ort, wo die einst bayerische<br />

Prinzessin aufwuchs. Unterge-<br />

Fotos: (3) Gerd W. Drahn<br />

Fotos: (2) KEM<br />

bracht in dem von König Ludwig<br />

II. erbauten und 1865 eröffneten<br />

ehemaligen Bahnhof<br />

(siehe Bild), bietet es im ehemaligen<br />

Prunkwartesalon Erinnerungsstücke<br />

der Kaiserin,<br />

Bilder und Plastiken zeigen sie<br />

und ihre Familie in verschiedenen<br />

Lebensetappen – eine liebevolle<br />

Hommage vor Ort an<br />

die in Bayern immer noch sehr<br />

verehrte Prinzessin.<br />

Zum 175. Geburtstagsjubiläum<br />

läuft parallel die Sonderausstellung:<br />

»Kaiserin Elisabeth<br />

am Starnberger See – Unbeschwerte<br />

Kindheit und enge Familienbande«.<br />

Museum Starnberger See<br />

Possenhofener Str. 5<br />

82319 Starnberg<br />

Tel.: 08151-44 77 57-0<br />

E-Mail: info@museum-starnberger-see.de<br />

Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr<br />

Kaiserin Elisabeth Museum<br />

Schlossberg 2<br />

82343 Pöcking<br />

Tel.: 08157-925932<br />

E-Mail: sisi-museum@web.de<br />

www.kaiserin-elisabeth-museum-ev.de<br />

Mai bis 14. Oktober:<br />

Freitag, Samstag, Sonntag und an<br />

Feiertagen 12 – 18 Uhr<br />

Gruppen ganzjährig nach Vereinbarung<br />

Geheimtipp für<br />

Kunstfreunde<br />

Ein Kleinod ganz anderer Art<br />

ist das »Kupfermuseum« in Fischen,<br />

unweit von Kloster Andechs<br />

gelegen und im 1. Stock<br />

eines denkmalgeschützten<br />

Gutshofs untergebracht (Bild<br />

oben rechts). Mit der Privatsammlung<br />

des Kunsthändlers


Siegfried Kuhnke<br />

wurde ein Museum<br />

kunsthandwerklicher<br />

Erzeugnisse und Exponate<br />

gegründet,<br />

das einzigartig auf<br />

der Welt ist und sich<br />

von den anderen Museen<br />

abhebt: Hier erfahren<br />

die Besucher<br />

Geschichte und Geschichten<br />

rund um<br />

das wertvolle Metall »Kupfer«,<br />

auch das Rote Gold genannt,<br />

und sehen daraus gefertigte originale<br />

Kunstwerke von der<br />

Frühgeschichte bis zum Art<br />

Déco um 1920.<br />

Kupfermuseum<br />

Herrschinger Straße 1<br />

82396 Pähl-Fischen a.A.<br />

Tel.: 08808-92191-31<br />

E-Mail: info@KupfermuseumFischen.de<br />

www.KupfermuseumFischen.de<br />

Mittwoch bis Samstag 10 –16 Uhr,<br />

und nach Vereinbarung<br />

Mitte Dezember bis Anfang<br />

März geschlossen<br />

Einzigartige Exponate,<br />

Wegbereiter der<br />

Moderne<br />

Wir gelangen zur Museumsstadt<br />

Murnau, die schon damals<br />

wie heute bequem mit der Bahn<br />

zu erreichen ist. Im sogenannten<br />

»Russenhaus« lebte das<br />

Künstlerpaar Wassily Kandinsky<br />

und Gabriele Münter von<br />

1909 bis 1914. Hier entstanden<br />

grundlegende Werke und<br />

Fotos: (3) Heike Herzog-Kuhnke<br />

Ideen, die als Kunst des<br />

»Blauen Reiter« berühmt wurden<br />

und bahnbrechend für die<br />

Kunst der Moderne waren,<br />

nicht zuletzt wegen einer neuen<br />

Art des Sehens, der Eigenständigkeit<br />

von Farbe und Form, um<br />

das Wesen des Gegenstandes<br />

einzufangen, anstatt ihn realistisch<br />

abzubilden, was zur Abstraktion<br />

führte. Der intensiven<br />

Farbpoesie der Artefakte kann<br />

man sich beim Betrachten nur<br />

schwer entziehen.<br />

Neue weitreichende Wege der<br />

Kunst wurden beschritten, mit<br />

Malerfreunden, die sich in der<br />

Nähe niederließen, diskutiert,<br />

gearbeitet, Schriften verfasst<br />

und gemeinsame Ausstellungen<br />

vorbereitet haben. Auf vielen<br />

Gemälden des Künstlerpaares<br />

Kandinsky und Münter ist der<br />

Ort Murnau, die umliegende,<br />

von beiden oft durchwanderte<br />

Voralpen-Landschaft und das<br />

Interieur des idyllisch gelegenen<br />

Gebäudes eingefangen.<br />

Eine von Kandinsky bemalte<br />

Treppe und Möbel zeugen u.a.<br />

vom Einfluss der bayerischen<br />

Volkskunst auf das Werk der<br />

Maler.<br />

Bis heute übt das Haus mit<br />

dem wunderschönen Garten<br />

einen besonderen Zauber aus.<br />

Nach der Trennung Münters<br />

von Kandinsky lebte sie hier<br />

mit Unterbrechungen bis zu<br />

ihrem Tode mit ihrem späteren<br />

Foto: Gerd W. Drahn<br />

Lebensgefährten Johannes<br />

Eichner (1886 bis 1958). Ein<br />

Großteil des Frühwerks von<br />

Kandinsky wurde von Münter<br />

im Keller versteckt – geschützt<br />

vor den Geschehnissen des<br />

Dritten Reiches und dem Zweiten<br />

Weltkrieg.<br />

Heute bilden diese Gemälde<br />

durch Schenkung der Künstlerin<br />

den bedeutendsten Bestand<br />

der Städtischen Galerie im Lenbachhaus<br />

in München. Auf<br />

Wunsch von Münter sollte ihr<br />

Haus eine Stätte der Erinnerung<br />

an ihrer beider Schaffen<br />

werden. Das Schloss-Museum<br />

Murnau (Bild links), gegründet<br />

1993, präsentiert mit über 80<br />

Gemälden, Zeichnungen und<br />

Grafiken die umfangreichste<br />

Sammlung von Werken Gabriele<br />

Münters aus den Jahren<br />

1902 bis 1958 sowie von Künstlern<br />

»Der Neuen Künstlervereinigung<br />

München« und des<br />

»Blauen Reiter« wie Wassily<br />

Kandinsky, Marianne v. Werefkin,<br />

Alexej Jawlensky, Franz<br />

Marc und Heinrich Campendonck.<br />

Schloßmuseum des Marktes Murnau<br />

Schloßhof 4 – 5<br />

82418 Murnau a. Staffelsee<br />

Tel.: 08841-476207<br />

E-mail: schlossmuseum@murnau.de<br />

www.schlossmuseum-murnau.de<br />

Dienstag bis Sonntag 10 – 17 Uhr<br />

Zusätzlich von Juli bis September:<br />

Samstag und Sonntag bis 18 Uhr<br />

sowie an Feiertagen<br />

1. bis 25. Dezember:<br />

Dienstag bis Freitag 13 – 17 Uhr,<br />

am Wochenende 10 – 17 Uhr<br />

24. 12. und 31. 12. geschlossen<br />

25.12. und 1.1. von 13 – 17 Uhr geöffnet<br />

Madlon von Kern M.A.<br />

17


Mit einer Stimme<br />

singen und beten<br />

Draußen herrscht spätabendliche<br />

Stille. Das<br />

Kurviertel von Bad<br />

Griesbach in Niederbayern hat<br />

»Gute Nacht« gesagt. Nur gelegentlich<br />

leuchten die Scheinwerfer<br />

eines vorbeifahrenden<br />

Autos auf und das Motorengeräusch<br />

ist unangenehm laut,<br />

weil es die Ruhe für einen Moment<br />

jäh durchbricht. Drinnen,<br />

in der Emmauskirche, die am<br />

Eingang zum Kurviertel gebaut<br />

wurde, ist es ebenso still. Etwa<br />

40 Personen haben im Halbrund<br />

der Kirchenbänke Platz<br />

genommen und warten voller<br />

Andacht auf den Beginn einer<br />

abendlichen Besinnung, die sich<br />

neckisch »Betthupferl« nennt.<br />

Das »Betthupferl« ist eine Mischung<br />

aus Musik, Gute-Nacht-<br />

Geschichten, Gebet und Segen.<br />

Der Altarraum der Kirche,<br />

ebenfalls ein weites offenes<br />

Halbrund, ist durch Kerzen erleuchtet.<br />

Pfarrer Klaus Stolz hat<br />

auf einem Sitzkissen auf den<br />

18<br />

Stufen vor dem Altar Platz genommen<br />

und erzählt eine Parabel<br />

von zwei Freunden, die<br />

nacheinander eine enttäuschende<br />

und eine ermutigende<br />

Erfahrung miteinander gemacht<br />

haben.<br />

Die Emmauskirche in Bad<br />

Griesbach und ihr »Programm«<br />

sind etwas Besonderes und vermutlich<br />

Einmaliges im deutschsprachigen<br />

Raum. Evangelische<br />

und katholische Christen haben<br />

das <strong>Gott</strong>eshaus gemeinsam gebaut<br />

und sie nutzen die Kirche<br />

und das im Kirchenkomplex integrierte<br />

Kurseelsorgezentrum<br />

gemeinsam. Und in diesem Jahr<br />

wird bereits das 20-jährige Jubiläum<br />

eines ungewöhnlichen<br />

ökumenischen Experiments gefeiert,<br />

das seine Bewährungsprobe<br />

schon lange hinter sich<br />

gebracht hat.<br />

Im Oktober 1992 haben der<br />

damalige Bischof der katholischen<br />

Diözese Passau Franz-<br />

Xaver Eder und der damalige<br />

Landesbischof der Evangelisch-<br />

Lutherischen Kirche in Bayern<br />

Johannes Hanselmann die Kirche<br />

eingeweiht. Ihr Name »Emmaus«<br />

erinnert an die biblische<br />

Geschichte, die bei Lukas 24,<br />

13-35 aufgezeichnet ist. Zwei<br />

Jünger Jesu gehen nach seinem<br />

Tod enttäuscht und hoffnungslos<br />

von Jerusalem zu dem kleinen<br />

Ort Emmaus. Ein Fremder<br />

gesellt sich zu ihnen und lässt<br />

sich ihren Kummer erzählen.<br />

Am Abend, als sie beim Essen<br />

zusammen sitzen und der<br />

»Fremde« das Brot bricht, erkennen<br />

die Jünger, dass der auferstandene<br />

Jesus Christus mit<br />

ihnen am Tisch sitzt. Aus vermeintlicher<br />

Hoffnungslosigkeit<br />

wird ein Aufbruch ins Leben<br />

und auch ein Aufbruch in eine<br />

neue Zeit.<br />

In einem »Emmausgebet«, das<br />

auf dem Schriftentisch der Kirche<br />

ausliegt, sind einige Gedanken<br />

der biblischen Geschichte<br />

festgehalten:


»Herr Jesus Christus,<br />

die Emmausgeschichte von damals<br />

ist unsere Geschichte heute.<br />

Wie den Emmausjüngern begegnest<br />

Du auch uns in unserem Alltag.<br />

Die täglichen Sorgen machen uns<br />

blind für Dich – füreinander.<br />

Öffne uns die Augen, damit wir Dich,<br />

der ja mit uns geht, erkennen<br />

in unserem Bruder, unserer Schwester.<br />

Öffne uns das Herz, dass wir erkennen,<br />

Du bist mitten unter uns.<br />

Erwärme unser Herz mit Deinem<br />

guten Wort; denn viele von uns sind<br />

wie ausgebrannt. Bleibe bei uns<br />

in der Nacht unseres Lebens. Du allein<br />

bist Licht in aller Dunkelheit. Amen«<br />

Die Emmauskirche ist voller<br />

Symbolik. Berühmte Architekten,<br />

Maler und Bildhauer haben<br />

sie gestaltet. Dabei wurde darauf<br />

geachtet, dass das Verbindende<br />

zwischen den Konfessionen<br />

ebenso Raum erhält wie<br />

die jeweilige Eigenart von evangelischer<br />

und katholischer Tra-<br />

dition. Im Altarraum (unten)<br />

vermittelt eine 100 Quadratmeter<br />

große Rückwand österliche<br />

Freude. Der Nürnberger Maler<br />

Oskar Koller hat dort starke<br />

farbliche Kontraste gesetzt, die<br />

von dunklen Schattierungen<br />

außen zur Mitte in helles Licht<br />

übergehen. Die Decke der<br />

Apsis ist aus hellem Holz, dessen<br />

Rippen wie Sonnenstrahlen<br />

wirken. Sie erinnert an ein Zelt<br />

oder eine Muschel. Die Emmauskirche<br />

ist auch eine Pilgerkirche.<br />

Neben dem Altarraum<br />

befindet sich auf einem Tischchen<br />

ein Stempel, mit dem man<br />

die Anwesenheit in einem Pilgerbuch<br />

festhalten kann.<br />

Die bunte Rückwand im Hintergrund<br />

hebt ein ungewöhnliches<br />

Altarkreuz (oben) heraus,<br />

das von der Decke über dem<br />

aus hellem Stein gestalteten<br />

19<br />

Fotos: (4) Ökumenisches Emmauszentrum


Altar hängt. Zwei Rechtecke<br />

aus Metall sind so übereinander<br />

gelegt, dass ein quadratisches<br />

Kreuz in orthodoxer Tradition<br />

entstanden ist. Im Mittelfeld<br />

steht eine Figurengruppe, die<br />

schemenhaft gestaltet ist und<br />

durch ihre Körpersprache besticht.<br />

Zwei Männer in untersetzter,<br />

gar korpulenter Gestalt<br />

sind einander zugewandt und in<br />

einem Gespräch vertieft, die<br />

Emmaus-Jünger. Die dritte Person<br />

(Jesus Christus) steht neben<br />

ihnen in etwas abwartender<br />

Haltung. Der Schöpfer des Altarkreuzes,<br />

der Bremer Bildhauer<br />

Professor Waldemar<br />

Otto, hat auf diese Weise die<br />

Emmaus-Situation eingefangen.<br />

Wer genau hinschaut, wird<br />

entdecken, dass die beiden Jünger,<br />

die nackt sind und ein Tuch<br />

um ihre Hüften geschlungen<br />

haben, Badegästen nachempfunden<br />

sind, wie man sie im<br />

Thermenbereich von Bad<br />

Griesbach antreffen kann.<br />

Die Architekten Alexander<br />

Freiherr von Branca, Norbert<br />

20<br />

Liebich und Otto Hofmeister<br />

haben dem<br />

Hauptraum der Kirche<br />

links und rechts je<br />

eine Kapelle beigegeben,<br />

die die Konfessionen<br />

entsprechend<br />

ihrer Tradition gestaltet<br />

haben. Die evangelische<br />

ist eher schlicht<br />

gehalten, die katholische<br />

mit üppigem<br />

Schmuck versehen.<br />

Der Passauer Bildhauer<br />

Leopold Hafner<br />

hat dort in leicht vergoldeter<br />

Bronze einen<br />

Sakramentsaltar gestaltet.<br />

Dazu einen<br />

Kerzenleuchter als<br />

»Brennenden Dornbusch«,<br />

dessen Zweige<br />

und Blüten sich hinauf<br />

ranken zu einer Darstellung<br />

der Krönung<br />

Mariens. Links vom<br />

Altar steht eine etwa<br />

einen Meter große Bronzeskulptur<br />

des Heiligen Bruder<br />

Konrad von Parzham, dessen<br />

Geburtsort etwa zwei Kilometer<br />

von der Emmauskirche entfernt<br />

ist. Dort ist noch sein<br />

Geburtshaus – ein altes Rottaler<br />

Bauernhaus, das einzige<br />

noch erhaltene Geburtshaus<br />

eines Heiligen in Deutschland –<br />

zu sehen.<br />

Die konfessionellen Elemente,<br />

zu denen auch ein anrührender<br />

und anregender<br />

Kreuzweg in den Doppelsäulen<br />

des Hauptraums der Kirche gehört,<br />

weisen auf den jeweiligen<br />

geistlichen Reichtum der Konfessionen<br />

hin. So kann der eine<br />

Christ vom anderen lernen. In<br />

einem kleinen Glockenturm auf<br />

dem Dach sind zwei Glocken<br />

übereinander gehängt. Die eine<br />

ist dem Bruder Konrad gewidmet,<br />

die andere Martin Luther.<br />

Sie werden gemeinsam geläutet,<br />

und dann sprechen die Konfessionen<br />

mit einer Stimme.<br />

Die Kirche verfügt über viele<br />

Nebenräume, in denen die bei-<br />

den Kurseelsorgen zu eigenen<br />

oder gemeinsamen Veranstaltungen<br />

laden. Die Planung und<br />

Werbung wird gemeinsam gemacht.<br />

Den Hauptgottesdienst<br />

am Sonntag gestalten die Konfessionen<br />

abwechselnd, und<br />

auch dadurch wird die Neugier<br />

auf das Glaubensleben und die<br />

Glaubenspraxis der »anderen«<br />

geweckt. Im diesjährigen Jubiläumsjahr<br />

wird einmal im Monat<br />

zu einem Ökumenischen <strong>Gott</strong>esdienst<br />

geladen. Und im Jubiläumsmonat<br />

Oktober sind vier<br />

geplant. Vom geschwisterlichen<br />

Geist in Bad Griesbach kann<br />

die Ökumene im ganzen<br />

deutschsprachigen Raum lernen.<br />

Heinz Brockert<br />

ZEIT FÜR BRIEFE<br />

Ansichtskarten aus dem<br />

Urlaub zu schicken, ist beliebt.<br />

Aber es gibt in den<br />

Urlaubswochen auch Zeit<br />

für Briefe, die zu schreiben<br />

man im Alltag immer wieder<br />

aufgeschoben hat. Ein<br />

persönlicher Kummer, ein<br />

ungelöster Konflikt, eine<br />

Krisensituation kann nach<br />

oben gekommen sein und<br />

Sie belasten. Sie können<br />

das dem Team der Briefseelsorge<br />

anvertrauen. Sie<br />

ist eine Einrichtung der<br />

Evangelisch-Lutherischen<br />

Kirche in Bayern, arbeitet<br />

aber überregional und<br />

interkonfessionell.<br />

Fast drei Jahrzehnte konnten<br />

Tausende von Ratsuchenden<br />

brieflich ein<br />

Stück auf ihrem Lebensweg<br />

begleitet werden, bis<br />

sie wieder Mut und Zuversicht<br />

geschöpft hatten. Für<br />

alle Briefe gilt das Briefund<br />

Seelsorgegeheimnis.<br />

Sie bekommen rasch eine<br />

persönliche Antwort.<br />

Schreiben Sie an:<br />

Evangelische<br />

Briefseelsorge,<br />

Postfach 600 306<br />

81203 München


Foto: Hans-Peter Sauter<br />

In der historischen Marktgemeinde Thurnau gibt es viel zu entdecken<br />

In lichter Höhe<br />

vom Schloss in<br />

die Kirche<br />

An der Autobahn zwischen<br />

Bamberg und<br />

Bayreuth gibt es leider<br />

nur einen Hinweis auf das<br />

Schloss in Thurnau. Dabei hat<br />

der kleine Marktflecken durchaus<br />

noch viel mehr zu bieten.<br />

Wer die Autobahn verlässt,<br />

kann eine kleine Zeitreise unternehmen.<br />

Der Besucher von<br />

Thurnau wird überrascht sein<br />

von seinem geschlossenen mittelalterlichen<br />

Ortskern oder<br />

von seinem Burgschloss, das<br />

über die Zeiten immer ausladender<br />

geworden ist. Jeder Anoder<br />

Erweiterungsbau ist Zeug-<br />

Über einen Gang in lichter Höhe<br />

konnten die Grafen von Thurnau vom<br />

Schloss in die Kirche gehen (Bild oben)<br />

und im doppelstöckigen »Herrschaftsstand«<br />

(Bild unten) Platz nehmen<br />

Foto: Karl-Heinz Ulrich<br />

nis der Stilelemente einer anderen<br />

Kunstepoche.<br />

Die Kirche gegenüber ist typisch<br />

für Oberfranken mit<br />

Schiefer gedeckt. Ihr Inneres ist<br />

klassischer Spätbarock – für<br />

eine evangelische Kirche eher<br />

ungewöhnlich. Die spätgotischen<br />

Anfänge sind kaum noch<br />

zu erkennen. Unmittelbar daneben<br />

steht das einzige Töpfermuseum<br />

Bayerns.<br />

Das historische Gebäude beherbergte<br />

einst die Lateinschule<br />

Thurnaus. Das war ein mittelalterliches<br />

Gymnasium mit dem<br />

Schwerpunkt Latein als Schrift-<br />

21


Fotos: (4) Markt Thurnau<br />

In einem Renaissancebau des ausgehenden 16. Jahrhundert<br />

befindet sich das Töpfermuseum Thurnau<br />

und als Unterrichtssprache.<br />

Die Anfänge dieser drei Komplexe<br />

gehen auf das 13. Jahrhundert<br />

zurück. Sie dominieren<br />

in ihrer stilistischen Geschlossenheit<br />

das Ortsbild Thurnaus<br />

bis heute. Hier war die Kirche<br />

sprichwörtlich »im Dorf« geblieben.<br />

Gemeinsam mit dem<br />

Grafengeschlecht lenkte sie das<br />

Leben der Menschen in Thurnau.<br />

Die Jahrhunderte alte Verbindung<br />

zwischen Kirche und<br />

gräflichem Haus symbolisierte<br />

der erhaltene geschlossene und<br />

überdachte hölzerne Brückengang<br />

zwischen Schloss und Laurentiuskirche.<br />

Über ihn konnten die Mitglieder<br />

der gräflichen Familie geraden<br />

Weges und trockenen<br />

Fußes in luftiger Höhe die<br />

Straße überqueren. So gelangten<br />

sie direkt in ihren doppelstöckigen<br />

»Herrschaftsstand«<br />

über dem Westeingang der Kirche,<br />

um dort am <strong>Gott</strong>esdienst<br />

teilzunehmen. Der »Patron«<br />

war nicht nur für den Erhalt<br />

»seiner« Kirche zuständig. Er<br />

war auch derjenige, der hier das<br />

Kirchenrecht wahrte und<br />

darum auch die Entscheidung<br />

traf, dass die Reformation in<br />

»seiner Landeskirche« eingeführt<br />

wurde.<br />

Mit dem Tod des letzten<br />

männlichen Vertreters des Grafenhauses<br />

von Giech in den<br />

22<br />

30er Jahren des vergangenen<br />

Jahrhunderts endete diese enge<br />

Verbindung zwischen adeliger<br />

Herrschaft und Kirche. Heute<br />

wird das Schloss in einer Stiftung<br />

des Freistaates Bayern geführt.<br />

Aber es gibt Pläne, den<br />

Übergang in luftiger Höhe für<br />

die Besucher des Schlosses begehbar<br />

zu machen.<br />

Einzigartig wie diese Verbindung<br />

zwischen Schloss und Kirche<br />

ist auch das Töpfermuseum<br />

in Thurnau. Es beherbergt auf<br />

drei Etagen Erzeugnisse der<br />

ortsansässigen Töpferwerkstätten<br />

aus den letzten zwei Jahrhunderten.<br />

Das ganze Töpferhandwerk<br />

ist anhand der umfangreichen<br />

Ausstellung nachvollziehbar.<br />

Man sieht eine<br />

Lore, mit der der Ton aus unterirdischen<br />

Schächten geholt<br />

wurde.<br />

Zu sehen ist auch eine originalgetreue<br />

Töpferwerkstatt, in<br />

der das Material geformt, modelliert<br />

und die Glasur aufgetragen<br />

wurde. In den Vitrinen<br />

präsentieren sich die fertigen<br />

Ausstellungsstücke. Gezeigt<br />

werden Gebrauchsgegenstände<br />

für Küche, Haus, Hof und Garten<br />

neben Andenken, Kuriositäten<br />

und kunstvollen handwerklich<br />

gefertigten Erzeugnissen.<br />

Beeindruckend sind zwei alte,<br />

voll keramische Kachelöfen.<br />

Und ganz sicher in keinem an-<br />

Wiederentdeckt: Die »Schwarze Küche«, aus dem 16. Jahrhundert,<br />

eine Besonderheit des Museums<br />

deren Töpfermuseum zu bestaunen<br />

ist die »Schwarze<br />

Küche«. Es war wohl eine<br />

Küche in der alten Lateinschule.<br />

Über viele Jahrzehnte<br />

war sie im alten, unbewohnten<br />

Gebäude versteckt gewesen.<br />

Bei der Herrichtung des Hauses<br />

zum Museum wurde sie freigelegt.<br />

Ausgestattet mit den für<br />

Thurnau typischen Gebrauchsgegenständen<br />

aus Keramik bietet<br />

sie dem Betrachter einen<br />

Einblick in eine originale<br />

Küche des Mittelalters.<br />

Das Museum ist eine wichtige<br />

historische Quelle in einem<br />

Marktflecken, der bis heute von<br />

zahlreichen produzierenden<br />

Töpferwerkstätten lebt. Wie hat<br />

sich ein Handwerk verändert<br />

und wie verändert es sich weiterhin?<br />

Manches erhält sich und<br />

manches geht »unter den Händen«<br />

der Handwerker verloren.<br />

In Thurnau waren es »Dazugezogene«,<br />

die den Blick auf Vergangenes<br />

freigelegt haben. Der<br />

Töpfermeister Stüdemann aus<br />

Berlin und seine Frau aus Bremen<br />

waren die Ideengeber und<br />

die Begründer des Museums.<br />

Sie waren vor dem 2. Weltkrieg<br />

nach Thurnau gekommen und<br />

betrieben bis in die 60er Jahre<br />

eine der angesehensten Werkstätten<br />

des Ortes.<br />

Spannend ist es, mit einem<br />

ehemaligen Lehrmädchen der


Schubkarren und Werkzeuge für den<br />

Tonabbau. (o.) Drehen und Formen eines<br />

Kruges in einer alten Darstellung (r.)<br />

Stüdemanns das Töpfermuseum<br />

zu erleben. Brigitte Hörisch,<br />

so ihr Geburtsname, war<br />

1944 von Potsdam nach Thurnau<br />

gekommen und hatte bei<br />

dem anspruchsvollen Maler<br />

und Töpfer das Töpferhandwerk<br />

erlernt. Für sie ist Thurnau<br />

immer noch ihr »Zuhause«, obwohl<br />

sie schon lange nicht mehr<br />

dort wohnt. Regelmäßig besucht<br />

sie den Ort und betrachtet<br />

das Museum als sichtbaren Teil<br />

ihres Lebens. Als sie die von ihr<br />

angefertigten Ausstellungsstücke<br />

in einer Vitrine erläutert,<br />

funkeln ihre Augen wie das<br />

Feuer des Brennofens, der bei<br />

über 1.000 Grad den weichen<br />

Ton zu einem schönen Gebrauchsgegenstand<br />

oder einem<br />

einmaligen Kunstwerk härtet.<br />

Das Museum macht attraktive<br />

Angebote für Gruppen, für<br />

Jung und Alt. Jeder kann dort<br />

auf spielerische Weise unter<br />

fachkundiger Anleitung zu seiner<br />

eigenen Überraschung ent-<br />

decken, dass auch in ihm ein<br />

Töpfer steckt, der mit seinen eigenen<br />

Händen etwas Kreatives<br />

gestalten kann. »Schließlich ist<br />

das Töpfern eines der ältesten<br />

Handwerke«, sagt der evangelische<br />

Dekan Hans Hager. Es ist<br />

wohl auch das einzige menschliche<br />

Handwerk, dessen Kreativität<br />

und Gestaltung mit der<br />

<strong>Gott</strong>es verglichen wird. Denn<br />

<strong>Gott</strong> schuf, so kann man es in<br />

der Schöpfungsgeschichte lesen,<br />

den Menschen aus einem<br />

Klumpen Lehm. Und an anderer<br />

Stelle in der Bibel wird <strong>Gott</strong><br />

mit einem Töpfer verglichen,<br />

der den Menschen nach seinem<br />

Willen und nach seiner Vorstellung<br />

geschaffen hat.<br />

Darum ist es für den Dekan<br />

ein selbstverständliches Anliegen,<br />

dass die Kirchengemeinde<br />

ihre kreativen Gemeindemitglieder,<br />

die Inhaber und Mitarbeitenden<br />

der noch produzierenden<br />

sechs Töpferwerkstätten,<br />

tatkräftig unterstützt,<br />

damit die geschichtsträchtige<br />

Tradition Thurnaus nicht ausstirbt.<br />

Denn diese muss sich vermehrt<br />

gegen Massenfertigungen<br />

aus dem In- und Ausland<br />

behaupten.<br />

Und so können bei den drei<br />

Kirchweihfesten im Jahr neben<br />

vielen anderen Fieranten auch<br />

die heimischen Töpfer ihre<br />

handgefertigten, individuell ge-<br />

Ein besonderes Stück des<br />

Museums: Thurnauer Kachelofen<br />

aus der Biedermeierzeit<br />

staltetenGebrauchsgegenstände und kunsthandwerklichen<br />

Produkte anbieten und<br />

verkaufen.<br />

Neben diesen »Kerwamärkten«<br />

ist der Weihnachts-Töpfermarkt<br />

mit seiner Tombola<br />

zugunsten des Töpfermuseums<br />

Thurnau eine große Unterstützung<br />

für die Marktgemeinde,<br />

die das Museum betreibt und<br />

unterhält.<br />

In Zeiten, in denen die Kommunen<br />

allesamt unter Finanznot<br />

leiden, ist es ein lobenswertes<br />

Engagement der Gemeinde<br />

Thurnau, unter anderem<br />

die Kosten für die zwei<br />

Mitarbeiterinnen des Museums<br />

zu tragen. Dass darüber hinaus<br />

andere, von der Gemeindeverwaltung<br />

unterstützte Aktionen<br />

durchaus erfolgreich sein können,<br />

zeigen die Ergebnisse der<br />

jährlichen Weihnachts-Töpfermärkte<br />

am 2. Adventswochenende.<br />

Zu ihm strömen nicht nur<br />

Interessierte aus der ganzen<br />

Republik. Es kommen sogar<br />

Aussteller/Töpfer mit ihren<br />

Produkten aus den Nachbarländern.<br />

Jammerschade ist es, dass<br />

so viele Transitreisende auf<br />

Bayerns Autobahnen es versäumen,<br />

mal einen Abstecher in<br />

malerische und erlebnisreiche<br />

Orte entlang der Schnellstraßen<br />

zu machen. Und Thurnau gehört<br />

dazu. Karl-Heinz Ulrich<br />

23<br />

Foto: Karl-Heinz Ulrich


Industrie- und Kunststadt<br />

Schweinfurt<br />

Die Stadt Schweinfurt im bayerischen Regierungsbezirk<br />

Unterfranken ist den meisten als Industrie-<br />

und Arbeiterstadt bekannt. Sie ist das<br />

Zentrum der europäischen Wälzlagerindustrie.<br />

Das Wälzlager ist für alle Fortbewegungsmittel,<br />

egal ob Fahrrad, Auto, Flugzeug oder Schiff, ein<br />

unentbehrliches Bauteil. Der Name der Stadt ist<br />

eng verbunden mit vielen technischen Errungenschaften,<br />

die die Welt »bewegen«.<br />

Fahrstühle mit Wälzlagern der Schweinfurter<br />

Firma SKF bringen Besucher an die Spitze des<br />

Eiffelturms in Paris. Hongkongs U-Bahnen rollen<br />

mit Lagern derselben Firma. Im berühmten Moskauer<br />

Bolschoi-Theater steckt in den bühnentechnischen<br />

Anlagen Lineartechnik der<br />

Schweinfurter Firma Rexroth. Und jedes zweite<br />

Dialysegerät weltweit kommt von Fresenius<br />

Medical Care aus Schweinfurt.<br />

2007 wurde die Stadt von dem renommierten<br />

Schweizer Institut<br />

Prognos in puncto »Dynamik«<br />

deutschlandweit auf Rang 1 gesetzt.<br />

Das allerdings verdankt sie<br />

nicht nur dem Können und dem<br />

Fleiß der Menschen in ihrem industriellen<br />

Sektor, sondern auch<br />

einer Transformation vom Industriezentrum<br />

zum Kulturzentrum.<br />

Das Museum Georg Schäfer auf<br />

einem Grundstück hinter dem<br />

neuen Rathaus präsentiert die bedeutendste<br />

Privatsammlung deutscher<br />

Malerei des 19. Jahrhunderts.<br />

Das Museum Otto Schäfer zeigt<br />

rund 1.000 illustrierte Drucke, vornehmlich<br />

des 15. und 16. Jahrhunderts,<br />

darunter eine Sammlung von<br />

24<br />

Carl Spitzweg: (1808–1885),<br />

Selbstportrait ca. 1840/42<br />

Georg Schäfer (1896–1975),<br />

Unternehmer und Gründer des<br />

gleichnamigen Museums. Blick<br />

von außen (oben links) und der<br />

berühmte Spitzweg-Saal<br />

(oben rechts)<br />

Dürer-Stichen in hoher Qualität. Die Kunsthalle<br />

Schweinfurt im ehemaligen Ernst-Sachs-Bad besitzt<br />

eine große Auswahl zeitgenössischer Kunst.<br />

Der Industrielle Georg Schäfer (1896–1975) war<br />

ein enthusiastischer Gemäldesammler. Er trat<br />

1919 in das väterliche Unternehmen ein. Sein<br />

Vater, der Schlosser- und Kunstschmiedemeister<br />

sowie spätere Geheimrat Georg Schäfer (1861–<br />

1925), der seit 1904 mit einer eigenen Kugellager-<br />

Fertigung auf dem Markt war, begründete die<br />

Kunst-Sammel-Tradition der Familie. Von ihm<br />

erbte Georg Schäfer Gemälde der Münchner<br />

Schule. Sie bildeten die Basis seiner eigenen Sammelleidenschaft.<br />

Ab 1950 entwickelte sich daraus die schnell<br />

wachsende und heute weltberühmte Sammlung<br />

Georg Schäfer. Sie wurde erstmals 1966 im Germanischen<br />

Nationalmuseum in Nürnberg der Öffentlichkeit<br />

vorgestellt. Georg<br />

Schäfer konzentrierte sich auf<br />

die deutsche Kunst – vor allem<br />

des 19. Jahrhunderts – zu einer<br />

Zeit, da der Kunstmarkt und<br />

die kunsthistorische Forschung<br />

diesen Bereich kaum zur<br />

Kenntnis nahmen. So gelang es<br />

ihm, eine einmalige Sammlung<br />

zusammenzutragen, die zur<br />

Neubewertung dieser Kunst<br />

seit den 1970er Jahren maßgeblich<br />

beitrug.<br />

Die Qualität der Sammlungen<br />

im Georg-Schäfer-Museum<br />

beruht unter anderem<br />

auf der Kombination hochkarätiger<br />

Einzelwerke mit Werkgruppen<br />

bedeutender Künstler


und Neuentdeckungen von Gemälden weniger<br />

bekannter Meister. Damit steht es in einer Reihe<br />

mit der Sammlung englischer Kunst in der Tate<br />

Gallery in London oder den Sammlungen deutscher<br />

Kunst in der Nationalgalerie in Berlin und<br />

der Neuen Pinakothek in München.<br />

Zu den ältesten Bildern der Sammlung zählt Januarius<br />

Zicks Bäuerliches Idyll aus der Zeit um<br />

1760, zu den jüngsten Max Liebermanns Frau<br />

Martha Liebermann, entstanden um 1930. Von<br />

Adolph Menzel besitzt die Sammlung über 100<br />

Gemälde, Gouachen und Zeichnungen. Weitere<br />

größere Werkblöcke gibt es von Caspar David<br />

Friedrich, Georg Ferdinand Waldmüller, von Wilhelm<br />

Leibl und seinen Freunden Johann Sperl<br />

und Carl Schuch, von Hans Thoma, Josef Wenglein<br />

und Josef Wopfner sowie von Max Liebermann<br />

und Max Slevogt.<br />

Der wertvollste Schatz des Museums ist aber<br />

seine Spitzweg-Sammlung. Es<br />

beherbergt mit 173 Gemälden<br />

und über 100 Zeichnungen die<br />

weltweit größte Kollektion von<br />

Kunstwerken des Münchner<br />

Malers Carl Spitzweg (1808–<br />

1885). Das erlaubt eine Dauerausstellung<br />

seiner Gemälde,<br />

aber auch thematische Sonderausstellungen<br />

wie man sie von<br />

Spitzweg sonst nirgendwo sieht.<br />

So waren in einer Sonderschau<br />

die bislang wenig beachteten<br />

Nachtbilder von Spitzweg ausgestellt,<br />

»ein Forum für Freunde<br />

der Dunkelheit, der Spitzwegschen<br />

Nachtruhe und des Schlafes«,<br />

wie Schweinfurts Oberbürgermeister<br />

Sebastian Remelé<br />

bei der Eröffnung sagte.<br />

Carl Spitzweg kannte den Zu-<br />

stand persönlich, dass einem<br />

Menschen durch Grübeleien<br />

der Schlaf geraubt wird. Überliefert<br />

ist ein Vierzeiler von ihm: »Dein Spott ist<br />

Ursach g’wesen /Daß ich in voriger Nacht/Die<br />

ersten 9 Stunden/Kein Aug’ hab zugemacht!« 100<br />

Nachtbilder hat Spitzweg gemalt: Nachtwächterund<br />

Theaterszenen, märchenhafte Hexenritte,<br />

nächtliche Trinkszenen, Irrlichter und Mondscheinbilder.<br />

In einem Spitzweg-Katalog sind alle<br />

Nachtstücke des Museums Georg Schäfer und<br />

noch einiges mehr beschrieben. (Museum Georg<br />

Schäfer,Brückenstraße 20, 97421 Schweinfurt.<br />

Öffnungszeiten: Di – So 10 – 17 Uhr, Do bis 21<br />

Uhr. Internet: www.museumgeorgschaefer.de).<br />

Die Idee für das Museum Otto Schäfer ent-<br />

stand 1951, als Otto Schäfer (1912–2000) mit der<br />

Schedelschen Weltchronik sein erstes illustriertes<br />

Buch erwarb. Der Unternehmer war Miteigentümer<br />

der Firma Kugelfischer Georg Schäfer und<br />

Co. und setzte sich vielfach für die wirtschaftlichen,<br />

kulturellen und sozialen Belange seiner<br />

Heimatstadt ein. Neben der Bibliothek mit rund<br />

tausend illustrierten Drucken, widmet sich eine<br />

zweite Sammlung im Museum Otto Schäfer den<br />

Erstausgaben deutscher Literatur von der Reformationszeit<br />

bis zum Realismus. Schwerpunkte<br />

des 5.100 Bände starken Bestands ist die Zeit<br />

Goethes. (Museum Otto Schäfer, Judithstr. 16,<br />

97422 Schweinfurt. Öffnungszeiten: Di.–Sa: 14–17<br />

Uhr, Sonn- und Feiertage: 10 – 17 Uhr, am Montag<br />

sowie an einigen Feiertagen im Jahr geschlossen.<br />

Internet: www.museumottoschaefer.de).<br />

Das dritte bedeutende Museum in Schweinfurt<br />

ist die städtische Kunsthalle, die in einem ehemaligen<br />

»Volks- und Hallenschwimmbad«<br />

(erbaut 1931/33)<br />

Platz gefunden hat, das der Industrielle<br />

Ernst Sachs (1867–1932)<br />

seiner Stadt geschenkt hat. 2003<br />

entschied sich der Stadtrat für die<br />

Umnutzung als neues Domizil für<br />

die städtische Galerie. Die charakteristischen<br />

Raumelemente<br />

blieben beim Umbau erhalten.<br />

Das Kernstück ist die große Halle<br />

im Erdgeschoss.<br />

Drei Sammlungen wurden dort<br />

zusammengefaßt: die städtische<br />

zur deutschen Kunst nach 1945,<br />

die Exponate des Kunstvereins<br />

Schweinfurt und als Dauerleihgabe<br />

die Sammlung Joseph Hierling<br />

mit Werken des Expressiven<br />

Realismus aus der Zeit zwischen<br />

den beiden Weltkriegen. Wesent-<br />

liche Entwicklungsstränge der<br />

Carl Spitzweg: Der Bücherwurm, um 1850<br />

deutschen Kunst im vergangenen<br />

Jahrhundert lassen sich dort verfolgen.<br />

(Kunsthalle Schweinfurt, Rüfferstraße 4,<br />

97421 Schweinfurt. Öffnungszeiten: täglich: 10 bis<br />

17 Uhr, Do: 10 bis 21 Uhr, Mo. geschlossen. Internet:<br />

www.kunsthalle-schweinfurt.de).<br />

In Schweinfurt läßt sich gut verfolgen, dass wirtschaftlicher<br />

Erfolg Bürgersinn, Kunst- und Bildungsförderung<br />

beflügeln kann. Es lohnt sich<br />

also, einen Abstecher in diese aufstrebende Stadt<br />

am Main zu machen.<br />

Einiges mehr läßt sich dort entdecken. So zählt<br />

das Schweinfurter Rathaus (erbaut 1570) zu den<br />

schönsten Renaissance-Rathäusern in Süddeutschland.<br />

25


26<br />

Die renovierte Lutherstätte<br />

Nach einer umfangreichen Sanierung<br />

ist das Hauptschiff der St.<br />

Anna-Kirche in Augsburg wieder<br />

eingeweiht worden. Die Lutherstätte war<br />

seit Ende 2010 dauerhaft für <strong>Gott</strong>esdienste<br />

und Besucher gesperrt. Die 1321 erbaute<br />

Kirche ist eine der wichtigsten Stätten der<br />

Reformation in Deutschland. 1518 hielt sich<br />

Martin Luther vom 7. bis 20. Oktober in<br />

Augsburg auf, als er einen Disput mit dem<br />

päpstlichen Legaten Cajetan ausfocht.<br />

Hauptstreitpunkt war die Frage, ob der<br />

Papst oder die Heilige Schrift oberste Autorität<br />

in der Kirche sind.<br />

»Wer St. Anna nach der Restaurierung betritt,<br />

wird überrascht sein«, verspricht Architekt<br />

Hans-Heinrich Häffner, der die<br />

Gesamtkoordination des Projektes innehat.<br />

Die barocke Decke des Haupthauses, die<br />

wegen ihrer bedrohlichen Risse der Grund<br />

für den Beginn der Restaurierung war, erstrahlt<br />

nun in frischen Farben. »Wir haben<br />

die Fresken- und Stuckdecke auf den Stand<br />

von 1748/49 gebracht, als das Hauptschiff in<br />

seiner jetzigen Form eingerichtet wurde«,<br />

sagt Häffner. Auch die Fuggerkapelle im<br />

Anbau wurde so gut wie möglich in die Ursprungsform<br />

der Renaissance-Zeit gebracht.<br />

Zudem kann ein neues Lichtkonzept den<br />

Innenraum optimal in Szene setzen. Damit<br />

beauftragt wurde Bauingenieur Walter<br />

Bamberger, der bereits die Beleuchtung für<br />

den Kölner Dom und die Dresdner Frauenkirche<br />

konzipiert hat. Auch an den Klang<br />

haben die Planer gedacht: Die Orgel wurde<br />

ausgebaut, in all ihre Stücke zerlegt, gereinigt<br />

und neu gestimmt. »Sie klingt jetzt kräftiger<br />

und harmonischer«, sagt der Organist<br />

von St. Anna, Michael Nonnenmacher. In St.<br />

Anna ist am Neujahrstag dieses Jahres das<br />

bundesweite evangelische Jahr der Musik<br />

zum Reformationsgedenken eröffnet wor-<br />

Lutherstich: privat<br />

den. Ein Meilenstein für die Protestanten<br />

war der Augsburger Reichstag 1530, bei dem<br />

das heiße Sommerwetter der noch jungen<br />

evangelischen Kirche zugute kam. Als der<br />

sächsische Kanzler Christian Beyer am 25.


Juni 1530 mit lauter<br />

Stimme auf<br />

deutsch die »Confessio<br />

Augustana« im<br />

kleinen »Kapitelsaal«<br />

der bischöflichen<br />

Augsburger Residenz<br />

verlas, mussten wegen<br />

der enorm drückenden<br />

Schwüle die Fenster geöffnet<br />

werden. Auf dem<br />

Hof standen Kopf an<br />

Kopf die Anhänger Luthers<br />

und hörten und verbreiteten<br />

diese evangelische<br />

Bekenntnisschrift,<br />

die bis heute die theologische<br />

Grundlage der rund 60 Millionen Lutheraner<br />

in über 120 Ländern ist.<br />

Der geistige Kopf der lutherischen Verteidigungsschrift<br />

war der Humanist und Reformator<br />

Philipp Melanchthon (1497–1560).<br />

Denn Luther konnte seine Sache auf dem<br />

Reichstag, einer Art Parlament der Fürsten,<br />

Stände und Reichsstädte, nicht selbst vertreten.<br />

Weil er vom Kaiser für »vogelfrei« erklärt<br />

und seines Lebens nicht mehr sicher<br />

war, musste Luther den Reichstag von der<br />

Veste Coburg aus verfolgen, die damals in<br />

kursächsischem, also evangelischem Gebiet<br />

lag. Für ihn sprang auf dem Reichstag sein<br />

Freund und Vertrauter Melanchthon ein –<br />

nicht zur reinen Freude Luthers. Dem<br />

hemdsärmeligen und wortgewaltigen Reformator<br />

war Melanchthon, den er in seinem<br />

Zorn »Bruder Leisetritt« nannte, zu akademisch<br />

und zu vorsichtig.<br />

Dennoch formulierte Melanchthon in den<br />

»Artikeln« der »Confessio« lutherische<br />

Kerngedanken: Nach diesem Verständnis ist<br />

der Mensch nicht durch sein eigenes Zutun,<br />

wie gute Taten oder Wohltätigkeit, vor <strong>Gott</strong><br />

Foto: Gerd W. Drahn<br />

St. Anna in Augsburg<br />

»gerechtfertigt«, sondern allein aus der<br />

»Gnade <strong>Gott</strong>es«. Deshalb braucht er auch<br />

nicht mehr – wie in der katholischen Kirche<br />

– Priester oder Heilige, um in eine religiöse<br />

Verbindung mit <strong>Gott</strong> treten zu<br />

können. Derartige Elemente der Lehre Luthers<br />

erschütterten die katholische Kirche in<br />

ihren Grundfesten. Die Spaltung der Christenheit<br />

in eine katholische und evangelische<br />

Kirche war die Konsequenz.<br />

Luthers Aufenthalt in Augsburg und die<br />

weitere Entwicklung der Reformation in<br />

Augsburg mit der Überreichung des Augsburger<br />

Bekenntnisses und der Verabschiedung<br />

des Augsburger Religionsfriedens ist<br />

Gegenstand eines kleinen »Museums« in<br />

der Annakirche, der sogenannten »Lutherstiege«.<br />

Augsburg selbst ist bis in die heutige<br />

Zeit ein Brennpunkt der Ökumene geblieben.<br />

1999 unterzeichneten Spitzenvertreter<br />

der beiden Kirchen die »Gemeinsame Erklärung<br />

zur Rechtfertigungslehre«, die alte<br />

theologische Gräben aus der Reformationszeit<br />

überwand. Den äußeren Rahmen für<br />

diesen Ökumene-Akt gab erneut die St. Annakirche<br />

ab.<br />

»Durch die Sanierung wird Anna noch<br />

schöner und noch attraktiver für Touristen.<br />

Zugleich sind wir aber auch Gemeindekirche.<br />

Diese Balance in den Griff zu bekommen,<br />

ist eine Herausforderung«, sagt<br />

Susanne Kasch, Stadtdekanin und Pfarrerin<br />

von St. Anna. Mit der jetzigen Wiedereröffnung<br />

ist die Generalsanierung jedoch noch<br />

nicht abgeschlossen. Goldschmiedekapelle,<br />

kleine und große Sakristei, Kreuzgang und<br />

die darüber liegenden Dachstühle werden<br />

saniert. Bis 2013 sollen die Arbeiten an St.<br />

Anna dann komplett abgeschlossen sein.<br />

(Internet: www.st-anna-augsburg.de)<br />

Nadja A. Mayer<br />

Achim Schmid<br />

27


Die Glasstraße<br />

im Bayerischen Wald<br />

Die Gläserne Scheune<br />

Die Gläserne Scheune, die zwischen Viechtach<br />

und Schönau im Bayerischen Wald liegt, ist ein<br />

Ort, den man nicht so leicht vergisst. Eine ganze<br />

Familie hat hier an einem Ensemble mit ungewöhnlichen<br />

Kunstwerken mitgewirkt: Der Glas-<br />

28<br />

250 Kilometer lang ist die<br />

Glasstraße im Bayerischen<br />

Wald. Wer ihr folgt, wandelt<br />

zwischen bodenständigem<br />

Handwerk und preisgekrönten<br />

Werken heutigen GlasDesigns. Das für die Region so bedeutende<br />

Material Glas inspirierte viele Künstler und so entstanden<br />

entlang der Glasstraße fantasievolle gläserne Kunstwerke im<br />

Einklang mit der Natur.<br />

maler Rudolf Schmid, seine Frau Margarete, die<br />

Kinder Reinhard, Rudolf, Michael und Barbara –<br />

allesamt Glasmaler wie der Vater – und der<br />

Schwiegersohn Franz Thöner.<br />

In den Galerieräumen werden Glasarbeiten in<br />

den verschiedensten Glasmaltechniken und Formen<br />

und in herkömmlichen und neu entwickelten<br />

Fotos: (2) Franz Thöner<br />

Foto: Marion Wittenfellner<br />

Deckenhohe Glasarbeiten<br />

des Künstlers<br />

Rudolf Schmid beherbergt<br />

die »Gläserne<br />

Scheune« bei Viechtach<br />

im Bayerischen Wald.<br />

Vor ihrem Eingang steht<br />

ein Holzkreuz in Glas<br />

gefaßt, von dem Kunstführungen<br />

des evangelischen<br />

Pfarrers<br />

Ernst-Martin Kittelmann<br />

(Bild oben rechts)<br />

ausgehen.


Malweisen gezeigt. In der Scheune selbst sind<br />

sechs große Glaswände zu sehen. Besonderer<br />

Blickfang sind drei großflächige Glaswandarbeiten<br />

von Rudolf Schmid, die Legenden, Sagen und<br />

Mythen aus dem Bayerischen Wald einfangen.<br />

Eine dieser Glaswände stellt die Geschichte des<br />

Räubers Heigl, dem »Robin Hood« des Bayerischen<br />

Wald, dar. Das Bild erstreckt sich bis unter<br />

das Dach der Scheune. Es erzählt das Schicksal<br />

dieser sagenumwobenen Gestalt. Der Räuber<br />

Heigl trieb sein Unwesen im Kötztinger Land<br />

und setzte sich, wenn es ihm zu brenzlig wurde,<br />

oft nach Böhmen ab. Viele Jahre wurde er gejagt,<br />

bis man ihn verhaftete. In Straubing wurde er verurteilt<br />

und die Todesstrafe über ihn verhängt.<br />

Dank eines Gnadengesuchs aus dem Volk wurde<br />

er lebenslänglich ins Zuchthaus geschickt. Dort<br />

wurde er während eines Streits mit einem Mithäftling<br />

von diesem getötet.<br />

Ein ebenfalls imposantes Werk ist die Darstellung<br />

»Leben und Weissagungen« des Waldpropheten<br />

Mühlhiasl, einer der geheimnisvollsten<br />

Gestalten des Bayerischen Waldes. Seit zweihundert<br />

Jahren gehen Weissagungen dieses vermeintlichen<br />

Waldhirten um und sind Quellen<br />

zahlreicher Legenden, Spekulationen und Veröffentlichungen.<br />

Das rund neun mal sieben Meter<br />

große Glasgemälde ist eine symbolische Darstellung<br />

des Mühlhiasls. Die Grundlage dafür ist der<br />

Roman „Der Waldprophet“ von Paul Friedl. Rudolf<br />

Schmid: »Der Mühlhiasl hat nie gelebt, doch<br />

wenn er gelebt hätte, dann hätte er so gelebt wie<br />

Paul Friedl ihn in seinem Buch beschreibt.«<br />

Das dritte großflächige Werk ist die Darstellung<br />

des grimmigen Wolfes von Gubbio, der vom Heiligen<br />

Franz zu großer Sanftmut gezähmt wurde.<br />

Das Besondere an dieser Arbeit ist, dass Rudolf<br />

Schmid nur Bleistift und Pastellkreide benutzt<br />

hat. Das Glasgemälde mit dem Namen »Hl. Franziskus«<br />

hat etwa eine Größe von rund 2,8 mal<br />

zehn Meter.<br />

Zu den besonderen Kunstwerken<br />

der Glasscheune gehört<br />

auch das 3,80 x 3,50<br />

Meter große und reich geschnitzte<br />

Scheunentor<br />

»Rauhnacht«. Es zeigt Druden,<br />

Hexen und Geister des<br />

Bayerischen Waldes und ist<br />

ein Denkmal dieser Region,<br />

die reich an Legenden und<br />

Sagen ist.<br />

Rudolf Schmid ist 1938 in Deggendorf am Fuß<br />

des Bayerischen Waldes geboren. 2006 erhielt er<br />

für sein Lebenswerk den Glasstraßenpreis. Die<br />

»Gläserne Scheune« befindet sich rund fünf Kilometer<br />

nordöstlich der Stadt Viechtach in Rich-<br />

Foto: Annette Schmidt / WaldZeit e.V.<br />

tung Schönau (Rauhbühl 3, 94234 Viechtach,<br />

Tel.: 09942/8147). Öffnungszeiten: 1. April – 30.<br />

September 10 bis 17 Uhr; 1. – 31. Oktober 10 bis<br />

16 Uhr. (Internet: www.glaeserne-scheune.de)<br />

Zwiesel<br />

In Zwiesel bieten gleich mehrere Glasbläsereien<br />

den Gästen an, sich selbst in dieser traditionellen<br />

Kunst zu versuchen. Etwas abseits vom<br />

Stadtzentrum lädt in Zwiesel eine Gläserne Kapelle<br />

zum Verweilen und Nachdenken ein. Sie besteht<br />

aus 131 speziell von der Glasfachschule<br />

Zwiesel angefertigten gläsernen Kacheln, die von<br />

einem Metallgerippe getragen werden.<br />

(Internet: www.die-glasstraße.de)<br />

Regen<br />

In der Nähe des Luftkurortes Regen kann man<br />

durch einen rund 2.000 Quadratmeter großen<br />

Gläsernen Wald spazieren, der nachts in Licht getaucht<br />

wird. Jeder Baum aus grünem, blauem,<br />

braunem oder weißem Flachglas ist einzigartig.<br />

Im Laufe der Zeit sollen auf dem Areal noch<br />

etwa 50 weitere Bäume »wachsen« und noch<br />

viele Einheimische und Touristen begeistern.<br />

(Internet: www.glaeserner-wald.de)<br />

Frauenau<br />

Die Stadt sieht sich als das Gläserne Herz des<br />

Bayerischen Waldes mit produzierenden Glashütten,<br />

Glaskünstlerwerkstätten und dem international<br />

renommierten Glasmuseum. Frauenau<br />

lockt auch mit seinen Gläsernen Gärten. 21 große<br />

von bekannten Künstlern gestaltete Glasobjekte<br />

sind hier in die Landschaft eingebettet.<br />

(Internet: www.glasmuseum-frauenau.de)<br />

Gläserne Arche<br />

Von Juni 2003 bis Oktober 2005 reiste dieses<br />

von regionalen Glaskünstlern geschaffene, grün<br />

schimmernde gläserne Schiff durch die bayerischböhmische<br />

Grenzregion.<br />

Auf Berggipfeln, inmitten<br />

der Wildnis der Nationalparke,<br />

vor Glashütten, auf<br />

Kirch- und Stadtplätzen<br />

trug die gläserne Arche zur<br />

Verständigung deutscher<br />

und tschechischer Grenzbewohner<br />

bei, schuf neue<br />

Kontakte und stellte die<br />

jahrhundertealte Bedeutung<br />

dieser Waldlandschaft als weltweit berühmte<br />

Glasregion heraus. Heute ankert die schöne Gläserne<br />

Arche am deutsch-tschechischen Grenzbahnhof<br />

Bayerisch Eisenstein.<br />

(Internet: www.glasarche.com)<br />

29


98<br />

Prozent aller Menschen<br />

kommen mit<br />

gesunden Füßen auf<br />

die Welt. Aber nur 40 Prozent<br />

von ihnen haben gesunde Füße,<br />

wenn sie erwachsen sind. Die<br />

meisten sind als Kinder viel barfuß<br />

herumgelaufen. Als Erwachsener<br />

erinnert man sich<br />

noch daran, wie glücklich und<br />

frei man sich dabei gefühlt hat.<br />

Aber Sand, Lehm, Moos, Gras,<br />

Laub und Holz unter den bloßen<br />

Sohlen zu spüren, das<br />

30<br />

Barfußwandern<br />

ist<br />

kann in jedem Alter ein Hochgenuss<br />

sein.<br />

Barfußwandern ist im Trend.<br />

Es ist die Wiederentdeckung<br />

der natürlichsten Art der Fortbewegung.<br />

Je mehr sich unser<br />

Alltag auf versiegelten Flächen<br />

abspielt, umso stärker spüren<br />

wir das Bedürfnis, mal »auf<br />

freiem Fuß« über abwechslungsreiche<br />

Böden außerhalb<br />

der bebauten Bereiche zu<br />

gehen. Barfußwandern kräftigt<br />

Muskeln, Bänder und Gelenke,<br />

im Trend<br />

verbessert die motorischen Fähigkeiten<br />

und beugt damit Verletzungen<br />

vor. Es stärkt die<br />

Immunabwehr, insbesondere<br />

bei kaltem Wetter durch den<br />

»Kneipp-Effekt«. Es verbessert<br />

die Blutzirkulation in den Beinen,<br />

und es fördert die Konzentration.<br />

Gleichzeitig wird Stress abgebaut<br />

und der Blutdruck ausgeglichen.<br />

Wer regelmäßig barfuß<br />

geht, wird mit der Zeit eine<br />

etwas dickere Fußsohlenhaut<br />

bekommen, die das Gehen<br />

noch leichter macht. Sogar<br />

wenn bereits Fußschäden vorliegen,<br />

lindert das simple Barfußlaufen<br />

das Leiden in der<br />

Regel besser als Einlagen.<br />

Die erste Barfußwanderung<br />

sollte nicht mehr als zwei Stunden<br />

dauern, dann reicht es den<br />

meisten Füßen. Auf die Geschwindigkeit<br />

kommt es nicht<br />

an, sondern auf die Wahrnehmung<br />

von Eindrücken unter<br />

den Sohlen. Welche Untergründe<br />

sind angenehm, welche<br />

pieksen, welche schmeicheln


Fotos: (2) Barfußpark Bayern<br />

den Füßen? Das Gefühl nach<br />

einer solchen Wanderung ist<br />

überwältigend: Die Füße sind<br />

warm, kribbeln etwas und fühlen<br />

sich richtig gut an.<br />

Ideal ist eine Strecke von etwa<br />

6 bis 10 Kilometern Länge, die<br />

sich durchgängig zum Barfußgehen<br />

eignet. Turnschuhe oder<br />

Trekkingsandalen, die bei größeren<br />

Unternehmungen zur Sicherheit<br />

mitgeführt werden<br />

sollten, verschwinden in einer<br />

Plastiktüte im Rucksack. Daneben<br />

ist Platz für ein Desinfektionsmittel,<br />

eine Pinzette, mit der<br />

gegebenenfalls ein eingetrete-<br />

ner Dorn entfernt werden kann,<br />

und ein bisschen Verbandsmaterial.<br />

Gegen Zecken und<br />

Stechmücken können Schutzmittel<br />

auf die Haut aufgebracht<br />

werden.<br />

In den letzten Jahren wurden<br />

in Deutschland viele Barfußwege<br />

angelegt. Das sind oft regelmäßig<br />

gewartete Rundwege,<br />

die Strecken zum Fühlen unterschiedlicher<br />

Materialien enthalten<br />

und außerdem verschiedenartige<br />

Erlebnisstationen, bei<br />

denen man beispielsweise Balancieren<br />

kann. Ein kleiner Bar-<br />

fußpfad kann aber auch im<br />

Garten oder in der Nähe der<br />

Wohnung eingerichtet werden.<br />

Unterschiedliche Materialien<br />

werden den Füßen als Erfahrungsraum<br />

angeboten. Erstaunlich<br />

groß ist der Bereich unseres<br />

Gehirns, in dem die Sinneswahrnehmung<br />

unserer Fußsohlen<br />

und Zehen verarbeitet<br />

werden.<br />

Grundregel für den Start: Den<br />

Fuß immer gerade aufsetzen<br />

und nicht schlurfen. Das Gewicht<br />

sollte mehr auf den Vorderballen<br />

liegen, da diese durch<br />

ihre flexible Haut mit Uneben-<br />

heiten besser umgehen können<br />

als die Ferse und auch die Gelenke<br />

durch die Federwirkung<br />

des Fußes geschont werden.<br />

Immer den Weg im Auge behalten!<br />

Wenn es woanders etwas<br />

zu sehen gibt, lieber erstmal stehen<br />

bleiben.<br />

Spalt im Fränkischen<br />

Seenland<br />

Zwei Barfußwege in Bayern<br />

können als gelungene Beispiele<br />

für Ausflüge oder Einstieg in<br />

den »Sport« des Barfußgehens<br />

dienen.<br />

Eine beliebte Attraktion im<br />

Fränkischen Seenland ist der<br />

2,5 Kilometer lange Barfußweg<br />

südwestlich des Städtchens<br />

Spalt in der Nähe von Nürnberg.<br />

Der Rundweg am See ist<br />

mit einer Vielzahl unterschiedlicher<br />

Bodenbeläge wie Natursteinplatten,<br />

Kies, Sand, Kirschkerne,<br />

Hopfenreben, Matsch<br />

und Rinde ausgestattet. Auch<br />

die jüngeren Besucher kommen<br />

auf ihre Kosten. Dafür sorgen<br />

unter anderem eine Seilbrücke,<br />

Balancierhölzer und Trittsteine<br />

im Bach. Auf »Wackelfüßen«<br />

trainieren<br />

die Kinder ihren<br />

Gleichgewichtssinn.<br />

Alpenpanorama in<br />

Mittenwald<br />

Der 1,6 Kilometer<br />

lange Barfußwanderweg<br />

am Kranzberg<br />

bei Mittenwald bietet<br />

eine Vielfalt von Sinneseindrücken<br />

und<br />

auf 1.200 Metern<br />

Höhe wunderbare<br />

Ausblicke auf das Alpenpanoramaringsum.<br />

Der Weg führt<br />

über Steinplatten und<br />

Fichtenzapfen zu<br />

einer abwärts führenden<br />

Treppe mit verschiedenenMaterialien.<br />

Auf einem Brettersteg<br />

wird ein Feuchtgebiet passiert,<br />

dann geht es allmählich wieder<br />

bergauf, wobei zahlreiche Fühlund<br />

Erlebnisstationen für Abwechslung<br />

sorgen. Außerdem<br />

informieren Schautafeln über<br />

Ökologie und Bewirtschaftung<br />

der Buckelweisen, einer einmaligen<br />

Kulturlandschaft in dieser<br />

Region.<br />

Eine Übersicht über Barfußparks<br />

in Bayern und anderen<br />

Regionen erhält man im Internet<br />

unter www.barfusspark.info.<br />

31


1. »Die Musik ist die beste<br />

<strong>Gott</strong>esgabe. Durch sie werden<br />

viele und große Anfechtungen<br />

verjagt. Musik ist der beste<br />

Trost für einen verstörten<br />

Menschen, auch wenn er nur<br />

ein wenig zu singen vermag.<br />

Sie ist eine Lehrmeisterin, die<br />

die Leute gelinder, sanftmütiger<br />

und vernünftiger macht.«<br />

2: »Dass die Vögel der Sorge<br />

und des Kummers über deinem<br />

Haupt fliegen, kannst du nicht<br />

ändern. Aber dass sie Nester in<br />

deinem Haar bauen, das<br />

kannst du verhindern.«<br />

3: »<strong>Gott</strong> ist dann am allernächsten,<br />

wenn er am<br />

weitesten entfernt scheint.«<br />

4: »Wo <strong>Gott</strong> nicht segnet,<br />

da hilft keine Arbeit.<br />

Wo er nicht behütet, da<br />

hilft keine Sorge.«<br />

5: »Wenn <strong>Gott</strong> dich nicht<br />

erhören wollte, würde er dich<br />

nicht beten heißen.«<br />

6: »Ich habe heute viel<br />

zu tun, darum muss ich<br />

heute viel beten.«<br />

7: »Das Leben ist nicht ein<br />

Frommsein, sondern ein Frommwerden,<br />

nicht eine Gesundheit,<br />

sondern ein Gesundwerden,<br />

nicht ein Sein, sondern ein Werden,<br />

nicht eine Ruhe, sondern<br />

eine Übung. Wir sind's noch<br />

nicht, wir werden's aber. Es ist<br />

noch nicht getan oder geschehen,<br />

es ist aber im Gang und im<br />

Schwang. Es ist nicht das Ende,<br />

es ist aber der Weg. Es glüht<br />

und glänzt noch nicht alles, es<br />

reinigt sich aber alles.«<br />

8: »Der Glaube ist ein<br />

steter und unverwandter<br />

Blick auf Christus.«<br />

9: »Darf unser Herr <strong>Gott</strong><br />

gute große Hechte, auch guten<br />

Rheinwein schaffen, so<br />

darf ich sie wohl auch essen<br />

und trinken.«<br />

Die beliebtesten Luther-Zitate<br />

Die evangelische Regionalbischöfin<br />

von Oberfranken<br />

Dorothea Greiner<br />

hatte in 2011 den evangelischen<br />

Christen im Kirchenkreis<br />

Bayreuth 20<br />

Luther-Zitate zu einer Abstimmung<br />

vorgelegt und<br />

gefragt: Welches sind die<br />

beliebtesten Luther-Zitate?<br />

511 Personen nahmen<br />

an der Umfrage teil<br />

und entschieden mit ihrer<br />

Stimme auch, welche Luther-Zitate<br />

im Kalender<br />

2012 des Kirchenkreises<br />

aufgenommen wurden.<br />

Hier das Ergebnis:<br />

10: »Ein Christenmensch ist ein<br />

freier Herr aller Dinge und niemandem<br />

untertan. Ein Christenmensch<br />

ist ein dienstbarer<br />

Knecht aller Dinge und jedermann<br />

untertan. Aus dem allen<br />

ergibt sich die Folgerung, dass<br />

ein Christenmensch nicht in sich<br />

selbst lebt, sondern in Christus<br />

und in seinem Nächsten; in Christus<br />

durch den Glauben, im<br />

Nächsten durch die Liebe.«<br />

11: »<strong>Gott</strong> ist ein glühender Backofen<br />

voller Liebe, der von der Erde<br />

bis an den Himmel reicht.«<br />

12: »Ich danke <strong>Gott</strong> und bin fröhlich,<br />

dass ich als ein Kind getauft<br />

bin. Ich habe nun geglaubt oder<br />

nicht, so bin ich dennoch auf<br />

<strong>Gott</strong>es Gebot getauft. An der<br />

Taufe fehlt nichts; am Glauben<br />

fehlt's immerdar.«<br />

13: »Die Schrift ist ein Kräutlein,<br />

je mehr du es reibst, desto<br />

mehr duftet es.«<br />

14: »Mit dem Tod umzugehen,<br />

ist die Schule des Glaubens.«<br />

15: »Anfechtungen sind<br />

Umarmungen <strong>Gott</strong>es.«<br />

16: »Wie ein Schuster einen<br />

Schuh macht und ein Schneider<br />

einen Rock, also soll ein Christ<br />

beten. Eines Christen Handwerk<br />

ist beten.«<br />

17: »Wir sind Bettler, das ist<br />

wahr.« (Luthers letzte Worte)<br />

18: »Glaube ist eine lebendige,<br />

verwegene Zuversicht auf <strong>Gott</strong>es<br />

Gnade, so gewiss, dass er<br />

tausendmal dafür sterben<br />

würde. Und solche Zuversicht<br />

und Erkenntnis göttlicher Gnade<br />

macht fröhlich, trotzig und lustig<br />

gegen <strong>Gott</strong> und alle Kreaturen;<br />

das wirkt der Heilige Geist<br />

im Glauben.«<br />

19: »Ein <strong>Gott</strong> heißet das, dazu<br />

man sich versehen soll alles<br />

Guten und Zuflucht haben in<br />

allen Nöten; also dass einen<br />

<strong>Gott</strong> haben nichts anderes ist,<br />

denn ihm von Herzen trauen<br />

und glauben. Wie ich es oft gesagt<br />

habe, dass allein das<br />

Trauen und Glauben des Herzens<br />

macht beide, <strong>Gott</strong> und Abgott.<br />

Woran du nun dein Herz hängst,<br />

das ist eigentlich dein <strong>Gott</strong>.«<br />

20: »Wir fassen keinen andern<br />

<strong>Gott</strong> als den, der in jenem Menschen<br />

ist, der vom Himmel kam.<br />

Ich fange bei der Krippe an.«<br />

Sammlung Kuhnke, Pähl Foto: Heike Herzog-Kuhnke

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