28Der erste Eindruck zähltBeruf <strong>und</strong> BildungVorbereitet. Wer einen neuen Job antritt, hat meist schon Tage zuvor ein flauesGefühl im Magen. Der erste Tag im neuen Unternehmen ist wichtig, spannend<strong>und</strong> oft entscheidend für den weiteren Verlauf der Tätigkeit. Ein erster Arbeitstagsollte deshalb nicht nur unternehmensseitig vorbereitet werden, sondern auchvom neuen Mitarbeiter. Von Helen WeissDas Vorstellungsgespräch war ein Erfolg,der Arbeitsvertrag unterschrieben.Man könnte sich nun eigentlichfreuen <strong>und</strong> entspannen. Aber je näherder erste Arbeitstag rückt, desto mehrwird klar: Die eigentliche Prüfung kommtnoch, viele Vorstellungsgespräche folgen –mit jedem Einzelnen der neuen Kollegen.Man muss sich Dutzende neue Gesichtermerken, dazu Namen <strong>und</strong> Funktionen.Wer eine neue Stelle antritt, bringt zwar inder Regel das nötige Fachwissen mit. Dochum einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen,braucht es mehr, wie Stephan Mollerklärt: «Der erste Kontakt mit dem neuenTeam darf nicht unterschätzt werden», soder Karriereberater aus Basel. «Einschlechter Eindruck ist bleibend, da kannman sich später noch so sehr bemühen.»Deshalb ist es ratsam, allfällige Fettnäpfchenzu kennen <strong>und</strong> elegant zu umschiffen.Pünktlichkeit <strong>und</strong> eine gepflegteErscheinung sind ein absolutes Muss: Wermorgens zu spät aufsteht <strong>und</strong> zu wenigZeit für die Körperpflege einplant, stehtgleich zu Beginn auf der Verliererseite,denn Körpergeruch oder fettige Haarekommen bei niemandem gut an. Auch diepassende Kleidung trägt entscheidendzur Meinungsbildung bei; wer an seinemersten Arbeitstag auf der Bank im Hawaiihemd<strong>und</strong> in Birkenstocks erscheint,macht weder bei den Vorgesetzten nochbei den Kolleginnen Pluspunkte.Unbeliebte BesserwisserDoch nicht nur die äussere Erscheinungist ausschlaggebend für einen guten Startim Unternehmen: «Wer sein Auto auf demParkplatz des Chefs abstellt oder an derPforte grusslos vorbeieilt, macht sichkeine Fre<strong>und</strong>e», weiss Moll. Und bei allerBegeisterung über den neuen Job <strong>und</strong> dietollen Mitarbeiter: Ein zu joviales Auftretenist ebenfalls nicht angebracht. Duzenist so lange ein Tabu, bis man die Betriebssitten<strong>und</strong> Umgangsformen kennengelernt hat oder das «Du» angeboten wird.«Hier gilt es den goldenen Mittelweg zufinden», erklärt Moll. «Am besten verhältman sich zu Beginn möglichst neutral,fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> offen.»Diesen Gr<strong>und</strong>satz gilt es nicht nur imzwischenmenschlichen Bereich zu berücksichtigen,sondern auch, wenn es umPünktlichkeit <strong>und</strong> eine gepflegte Erscheinungsind ein absolutes Muss.fachliches Wissen geht. Besserwisser warenschon während der Schulzeit verpönt,in der Berufswelt ist das nicht anders.Viele «Neulinge» denken fälschlicherweise,sie müssten ihr Fachwissen möglichstschnell demonstrieren. Doch keinKollege mag es, wenn man ihm indirektUnfähigkeit unterstellt.Mit dem neuen Umfeld vertraut machenGerade in den ersten Tagen kommt es desÖfteren zu Leerläufen: Der Arbeitsplatz istnoch nicht fertig eingerichtet, die Kollegen,welche für die Einführung zuständigsind, müssen rasch dringende Arbeitenerledigen oder man hat momentane Leerläufe,da man in den Arbeitsabläufen nochnicht richtig integriert ist. Besser als in dieLuft zu starren ist es, den Bonus als Neueoder Neuer zu nutzen <strong>und</strong> Fragen zu stellen.«Niemand erwartet, dass man den Jobgleich vom ersten Tag an beherrscht», sagtMiriam Koch vom Coaching-Unternehmen«MenschenSache» in Bremgarten(AG). Erwartet wird aber Engagement <strong>und</strong>Lernbereitschaft, um sich rasch <strong>und</strong>gründlich einzuarbeiten.Die ersten Wochen sollten deshalbdazu genutzt werden, sich mit dem neuenUmfeld vertraut zu machen. Es gilt, dieAntennen auszufahren <strong>und</strong> sich über Regeln,Normen <strong>und</strong> Abläufe zu erk<strong>und</strong>igen.«In vielen Firmen ist es mittlerweile üblich,einer neuen Mitarbeiterin eine ‹Gotte›oder einen ‹Götti› zur Seite zu stellen, andie oder den man seine Fragen richtenkann», erzählt Koch. So etwa auch überGepflogenheiten punkto Pausenzeiten<strong>und</strong> Mittagessen oder wo Kopierer <strong>und</strong>Fax zu finden sind. Viele Unternehmenhalten eine speziell zusammengestellteInfomappe bereit, welche die nötigen Informationenzum Start im Unternehmenbieten. Diese sollte man unbedingt vordem ersten Arbeitstag lesen, wie StephanMoll rät: «Diese Informationen geben einemSicherheit <strong>und</strong> das Gefühl, sich nichtauf total fremdem Terrain zu bewegen.Das erleichtert den Start.»Regeln <strong>und</strong> Rituale auslotenZu technischen Informationen oder betrieblichenAbläufen ist es allenfalls ratsam,sich in den ersten Wochen Notizenzu machen, um möglichst bald selbstständigarbeiten zu können. «Wenn manzum dritten Mal dasselbe fragt, verliertauch der geduldigste Kollege die Nerven»,sagt Moll. Auch die Namen der Kolleginnen<strong>und</strong> Kollegen sollte man sich möglichstrasch merken. Sich während derVorstellungsr<strong>und</strong>e Infos zur Person aufzuschreiben,wirkt jedoch nicht besondersfre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> vor allem übereifrig.«Besser ist es, abends auf der Firmen-Homepage die Gesichter der Teammitgliedernochmals Revue passieren zu lassen<strong>und</strong> sich die Namen einzuprägen»,sagt Moll.Miriam Koch rät hingegen zu Gelassenheit.«Wenn man in der ersten Zeitnoch nicht alle Namen auswendig kann,ist das normal <strong>und</strong> auch verständlich.»Mit einer fre<strong>und</strong>lichen Entschuldigungnochmals um die Nennung des Namenscontext 3 – 2011
zu bitten, sei deshalb durchaus erlaubt.Viel wichtiger seien die inoffiziellen Informationen.Beim Eintritt in ein Unternehmenkommt man auf ein Schiff mit bestehender<strong>und</strong> eingespielter Crew. «AngemessenesBeobachten hilft dabei, dasArbeitsumfeld, die Stimmung, die Rituale<strong>und</strong> Besonderheiten besser kennenzulernen»,so Koch. Wie verhalten sich die Kollegenuntereinander, wer ist der Platzhirschoder wie wird mit Kritik umgegangen?Dieses Wissen über die Regeln imTeam ist für eine reibungslose Integrationnotwendig.Neustart ist auch ChanceDazu zählt auch Aufgeschlossenheit: Umdie ersten Kontakte zu knüpfen, darf manruhig auch etwas über sich erzählen. AberVorsicht, auch hier kommt es auf dierichtige Dosis an. Wer gleich sein ganzesPrivatleben vom Stapel lässt oder sichüber andere Kollegen mokiert, gilt schnellals Plaudertasche, der man besser nichtsanvertraut. Koch: «Gerade zum Startkann man nicht wissen, auf welche Kolleginnenman sich verlassen kann.»Gr<strong>und</strong>sätzlich gilt: Ein gutes Benehmenist Voraussetzung, wenn man selbstfre<strong>und</strong>lich empfangen werden möchte.Und diesbezüglich sollten die eigenen Erwartungenniedrig gehalten werden,denn meist ist es eine Illusion, dass manmit einem Blumenstrauss <strong>und</strong> Champagnerwillkommen geheissen wird. Oft wirdman von den neuen Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegenerstmal als Störfaktor angesehen:Die Einarbeitung kostet Zeit <strong>und</strong> Nerven,als neuer Mitarbeitender behindert maneingespielte Abläufe oder gefährdet eventuellsogar die Hierarchie. Allenfalls mussSo fühlt sich Ihr neuer Mitarbeiter wohlNicht nur die Mitarbeiterin sollte sich aufdie neue Stelle vorbereiten, sondernauch das Unternehmen auf sein neuesMitglied im Team. Denn in den ersten Tagenentscheidet sich, ob sich der Mitarbeitendekünftig wohl <strong>und</strong> zufriedenfühlt, oder ob er schon nach kurzer Zeitwieder die Stelle wechseln will. Da heutedie Anstellung <strong>und</strong> Einarbeitung einesneuen Mitarbeiters viel Zeit <strong>und</strong> Geldkosten, kommt der Einführungsphasegrosse Bedeutung zu. Die Vorteile einerguten Einführung sind die Verkürzungder Einarbeitungszeit, die schnelle Identifikationmit dem neuen Unternehmen,die Steigerung der Motivation <strong>und</strong> dieFörderung der Selbstständigkeit.Um den Einstieg <strong>und</strong> die Einarbeitung zuerleichtern, empfiehlt es sich, für denersten Arbeitstag folgende Vorbereitungenzu treffen:> Stellen Sie Ihrem neuen Mitarbeiter einenArbeitsplatz bereit <strong>und</strong> achten Siedarauf, dass am ersten Arbeitstag allesfunktioniert.> Heissen Sie Ihr neues Team-Mitgliedman auch mit Neid rechnen, wenn jemandanderes aus dem Team ebenfallsmit der Stelle liebäugelte. «Es ist deshalbhilfreich, wenn man weiss, warum dieStelle, die man antritt, vom Unternehmenneu besetzt wurde», sagt Koch. Trotz allder Punkte, die an einem ersten Arbeitstagzu beachten sind, rät die Karriereberaterinzur Zuversicht: «Am besten gehtan seinem ersten Arbeitstag wennmöglich persönlich willkommen <strong>und</strong>übergeben Sie ihm ein kleines Willkommensgeschenk.> Bestimmen sie eine «Gotte» oder einen«Götti», welche oder welcher derneuen Mitarbeiterin als Vertrauenspersonzur Seite steht.> Orientieren Sie Ihr Team im Vorausüber den Eintritt des neuen Mitarbeiters.> Stellen Sie ihn am ersten Tag den direktbetroffenen Kollegen vor, späterweiteren Personen.> Nehmen Sie sich Zeit <strong>und</strong> geben Sie gezielte<strong>und</strong> dosierte Informationen anihre neue Mitarbeiterin weiter. AchtenSie darauf, sie nicht zu überfordern.> Übertragen sie dem neuen Mitarbeiterso bald als möglich erste Aufgaben zurselbstständigen Bearbeitung, so dasssich rasch ein Erfolgserlebnis für ihneinstellt.> Führen Sie nach der ersten Woche einGespräch, damit der neue MitarbeiterFragen stellen <strong>und</strong> ein erstes Feedbackeinholen kann.man locker <strong>und</strong> unvoreingenommen andie neue Aufgabe heran.» Denn bei allenallfälligen Schwierigkeiten bietet derNeustart auch eine grosse Chance: Mankann sich ganz neu darstellen.Helen Weiss ist Journalistin im Basler PressebüroKohlenberg. weiss@kohlenberg.ch29Business-Sprachtraining im AuslandProspekte <strong>und</strong> Infos:Tel. 041 726 86 96www.businessclass.chcontext 3 – 2011