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Männer und Teilzeit (PDF, 3438 kb) - KV Schweiz

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Johannes Czwalina,58, berät Topmanager aus ganz Europa.Der ehemalige Pfarrer hat mehrere Bücher publiziert überKarriere, Laufbahn <strong>und</strong> Arbeitswelt. Sein neustes Werk heisst«Vom Glück zu arbeiten». Czwalina lebt <strong>und</strong> arbeitet in Riehenbei Basel. Er ist Vater von vier Söhnen.15derem weil sie eine Landkarte verinnerlichthaben, auf der die Strassen eingezeichnetsind: mehr Macht <strong>und</strong> mehrGeld gleich mehr Glück. Nun merken sie,dass die eingezeichneten Strassen nichtmit ihrer Wahrnehmung übereinstimmen.Sie fühlen sich betrogen durch dasAusbleiben von persönlichem Glück trotzGeld <strong>und</strong> Macht, statt die Landkarten malin Frage zu stellen.Kommt diese Erkenntnis im Laufe desGesprächs mit Ihnen zum Vorschein,oder müssen Sie die Leute darauf aufmerksammachen?Das ist unterschiedlich. Viele Managersind leider beratungsresistent. Und esgibt einen Unterschied zwischen <strong>Männer</strong>n<strong>und</strong> Frauen. Frauen sprechen eherüber ihre Befindlichkeit. Bei <strong>Männer</strong>nmuss ich vieles sozusagen aus ihnen herausziehen.Unterschwellig nehme ichaber eine starke Bereitschaft wahr, dochüber die eigene Gefühlslage sprechen zuwollen, im Sinne von: Sprich mich dochbitte darauf an.Die <strong>Männer</strong> kommen also mit einemVorwand zu Ihnen – aber dahinter istdieses andere Bedürfnis.Ja, die kennen mich zwar nicht <strong>und</strong>ich bin offiziell ja für die Laufbahnentwicklungvon Topmanagern zuständig.Aber es hat sich offenbar herumgesprochen,dass in meiner Beratung auch anderesmöglich ist. Ich staune auf jeden Fallimmer wieder, wie tiefgründig <strong>und</strong> ehrlichviele Gespräche sind.Wie bereit sind denn solche Manager,etwas zu verändern?Es sind weniger als 50 Prozent, die bereitsind, etwas zu verändern. Doch suchensie oft zu spät eine Beratung auf. Siekommen nach dem Absturz, <strong>und</strong> sie sindim Vorfeld nicht sensibel genug, die Symptomezu realisieren <strong>und</strong> ernst zu nehmen.Sie ignorieren die Warnsignale, diesie darauf aufmerksam machen würden,in ihrem Leben etwas zu verändern.«Manager müssen heute in erster Linielernen, sich selber zu managen.»Das heisst, die Arbeitswelt könnte sichzum Besseren wenden, wenn mehr Menschenauf solche Warnsignale achten <strong>und</strong>dann entsprechend reagieren würden?Die Verantwortung dafür liegt beimEinzelnen. Früher, als wir uns vermehrtin geschlossenen Systemen bewegten,konnten wir diese Verantwortung eher anein Unternehmen oder die Gesellschaftdelegieren. Heute ist der Einzelne für sichselbst verantwortlich, für ganzheitlichesWohlbefinden zu sorgen. Erfolg ist fürmich Wohlgefühl. Erfolg ohne Wohlgefühlist im G<strong>und</strong>e genommen Misserfolg.Viele Manager kapieren nicht, dass sienicht nur für den Erfolg des Unternehmens,sondern auch für ihr privates Wohlbefinden<strong>und</strong> die innere Stimmigkeit verantwortlichsind.Was ist die Gr<strong>und</strong>lage für erfolgreichesManagement?Manager müssen heute in erster Linielernen, sich selber zu managen. Sie bauenihren Betrieb zehn Mal um, aber sie sindnicht in der Lage, ihren seelischen Haushaltim Gleichgewicht zu halten. Das wäredie Gr<strong>und</strong>lage für erfolgreiches Management.Ich beobachte immer wieder: Wirsind aufgefordert, durch die Zeit zu rasen,<strong>und</strong> vergessen dabei leicht, dass unsereSeele eben nur zu Fuss gehen kann.Warum ist das besonders schwer?Auch als Personalberater werden wirletztlich daran gemessen, ob wir uns inden Dienst des gradlinigen Aufwärtsstrebensstellen. Wir stehen alle unter demDiktat der Gewinnmaximierung, <strong>und</strong> wirmüssen gewissermassen Dienstleisterdieser Weltanschauung sein. Und wennwir das als Personalberater nicht sind,dann fallen wir schnell aus den Unternehmenheraus. Soft Issues sind oft nur beischönem Wetter gefragt.Wie sehen Sie denn Ihre Aufgabe?Meine Aufgabe sehe ich auch darin,die vorhin skizzierte Landkarte, die unsnur die Steigerung des Shareholders alsWeg zeigt, zu hinterfragen. Ich möchte insBewusstsein rufen, dass weder das beruflichenoch das private Leben geradlinignach oben verläuft. Es gibt Höhen <strong>und</strong>Tiefen, wie bei einer Sinuskurve. Wennwir uns nach diesen dynamischen Landkartenrichten, leben wir stimmiger. Manager,die es schaffen, aus einer Situationder Überforderung ganz loszulassen, habendie Chance weiterzukommen.Wo setzen Sie in der Beratung an?Wir beginnen mit einer Bestandesaufnahme.Wir versuchen zum Beispiel,das unheilvolle Gefühl einer depressivenVerstimmung in seine Einzelteile zu zerlegen<strong>und</strong> zu benennen. Wir wollen deneinzelnen Faktoren einen Namen geben.So gelangen wir zu einer Lebensplananalyse.Wir machen auch Stärken <strong>und</strong>Schwächen fest <strong>und</strong> erarbeiten daraufaufbauend Zukunftsvisionen <strong>und</strong> geeigneteMassnahmen. Es zeigt sich immerwieder, dass nur schon das Formuliereneines Ziels <strong>und</strong> des dazugehörigenMassnahmenkataloges viel zu einer Lösungbeiträgt.Es geht auch darum, zu sich selbst zufinden, ein neues Selbstwert gefühl zu erlangen<strong>und</strong> Leadership- Qualitäten zuentwickeln. Arbeite ich, damit ich wertvollbin, oder arbeite ich, weil ich wertvollbin? Wer immer auf Anerkennungaus ist <strong>und</strong> nach Belohnung strebt, verausgabtsich leicht <strong>und</strong> ist in der Regeleine schlechte Führungsperson.context 3 – 2011

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