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Als die Spielgruppenleitung die Welpenbesitzer auffordert, die Welpen zu sich zu locken, rennt besagter<br />
Welpe trotz mehrmaligem Rufen und Locken an seiner Hauptbezugsperson vorbei, schnüffelt hier und da<br />
und tut so, als ob er seinen Besitzer weder hört noch sieht. Der Welpe vermittelt den Eindruck, als wisse<br />
er nicht, wo er hingehört. Beim Kontaktspiel (Spielerisches Trennen und wieder Zusammenfinden von<br />
Welpe und Welpenbesitzer) zeigt sich ein ähnliches Bild. Der Welpe hat an seiner Hauptbezugsperson<br />
wenig Interesse. Überdies hat man hat den Eindruck, dass der Welpe, wegen mangelnder Konsequenz<br />
seines Besitzers, tun und lassen kann, was er will. Auch der Vertrauensbeweis (entspanntes Auf-dem-Rücken-Liegen<br />
vor seiner Hauptbezugsperson) klappt nicht. Der Welpe kann nicht ruhig und entspannt<br />
liegen.<br />
Bei meiner Ausbildung zum Spielgruppenleiter für Prägungsspieltage habe ich dieses Szenario des Öfteren<br />
erlebt. Das Verhaltensmuster ist immer das gleiche. Besagte Welpen sind sehr unsicher, weil sie<br />
noch keine sichere Bindung zu ihrer Bezugsperson haben. Sie befinden sich in einem haltlosen Gefüge.<br />
Es mangelt an gegenseitigem Vertrauen, die Rangordnung ist nicht geklärt. Hinzu kommt die fehlende<br />
innere Sicherheit der Bezugsperson, die sich auf den Welpen überträgt. Verhaltensbiologisch<br />
ausgedrückt lebt dieser Welpe in einer ungefestigten Sozialstruktur. Ist dies der Fall, entwickeln sich Verhaltensweisen,<br />
die Weidt/Berlowitz bei ihren Verhaltensanalysen als Dominanzstreben bezeichnen. Für<br />
dominanzstrebende Welpen ist die Bewältigung neuer Situationen eine fast unlösbare Aufgabe. Die<br />
vorherrschende innere Unsicherheit und Angst (Angst ist vielfach die Ursache für Aggression!) bestimmt<br />
eine Verhaltensweise, die ihnen Erfolg vermittelt. Dies ist, wie eingangs geschildert, im innerartlichen<br />
Spiel der Erfolg beim Jagen und Attackieren schwächerer Welpen. Verhaltensdefizite zeigen sich jedoch<br />
auch zwischenartlich. Kontaktspiel und Vertrauensbeweis offenbaren ebenfalls, dass es an einer sicheren<br />
Bindung zwischen Hauptbezugsperson und Welpe mangelt. Hinzu kommt die defizitäre Konsequenz der<br />
Hauptbezugsperson, was zwangsläufig zu Problemen führt. Wird hier nicht rechtzeitig und fachkundig<br />
gegengesteuert, manifestieren sich bei solchen Hunden unerwünschte Verhaltensweisen. Der<br />
Problemhund von morgen ist damit vorprogrammiert. Eine verträgliche Integration in unsere Gesellschaft<br />
wird erschwert oder im schlechtesten Fall unmöglich.<br />
Für Abhilfe muss zuallererst der Welpenbesitzer sorgen, indem er seinem Welpen die Möglichkeit gibt,<br />
seine Ängste selber bewältigen zu können, damit er an Sicherheit gewinnt. Er ist für eine klare Sozialstruktur<br />
im Lebensumfeld (Familie) des Hundes verantwortlich. Diese aufzubauen gelingt durch Vertrauensbildung,<br />
Konsequenz in der Erziehung und klare Rangordnungsverhältnisse im „Rudel“ (Familie).<br />
Der Besuch von Prägungs-/ Welpenspieltagen ist anzuraten. Bei kompetenter Führung wird dort der<br />
dominanzstrebende Welpe einer Spielgruppe zugeordnet werden, bei der die Spielgenossen körperlich<br />
ebenbürtig und ihrem biologischen Reifegrad weiter entwickelt sind. Mit diesen muss er sich auseinandersetzen.<br />
Sie setzen ihm innerartlich Grenzen und vermitteln, dass sein unsoziales Verhalten nicht ankommt.<br />
Sehr schnell wird festzustellen sein, dass das ungebremste Dominanzstreben aufhört, sich ein normales<br />
Rollenspiel einstellt, das Sozialverhalten sich normal entwickelt und somit dem Problemhund von morgen<br />
erfolgreich vorgebeugt werden kann.<br />
Merkmale eines Dominanzstrebers<br />
Innerartlich<br />
• breitbeiniges Laufen, hoch getragene Rute<br />
• aufgestelltes Nackenhaar, gesträubte Fellpartien<br />
• ausgewogenes Spiel, gewinnen und verlieren, findet nicht statt<br />
• sucht sich vorzugsweise schwächere Welpen als Spielpartner aus<br />
• rüpelhaftes, attackierendes Verhalten gegenüber Schwächeren,<br />
• Missachtung von Beschwichtungssignalen der Unterlegenen<br />
Zwischenartlich<br />
• fehlende oder mangelhafte Bindung zur Hauptbezugsperson, erkennbar an der Reaktion des Welpen<br />
beim Rufen oder beim Kontaktspiel, Welpe weicht Hauptbezugsperson aus, schnüffelt irgendwo am<br />
Boden und zeigt Konflikreaktionen (Gras fressen, Fellschütteln, Gähnen, etc.)<br />
• gemeinsames Spielen zwischen Hauptbezugsperson und Welpen misslingt<br />
• Klare Linie und Konsequenz der Hauptbezugsperson fehlt, Folge: Rangordnung ist nicht geregelt<br />
www.drahthaar.de<br />
Band 89/<strong>2011</strong><br />
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