Etihad Airways Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan - Dubai Media AG

■ Etihad Scheich Airways Zayed bin Sultan Al Nahyan
Immer noch allgegenwärtig:
ein überdimensionales Bildnis an
der Sheik Zayed Road in Dubai
10 10 DUBAI DUBAI MAGAZIN
MAGAZIN

Etihad Airways
Nachruf auf Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan
Vater der
Erneuerung
Er verstand die Zeichen der Zeit, investierte die Petrodollars in sein
Volk und ebnete den Weg für die Zeit nach dem Öl. Er schuf seinem
Volk als Visionär glänzende Zukunftsperspektiven, verstand es aber
bei allem Fortschritt auch, die Traditionen zu waren. Er vereinte
Herrscher und Stämme und war bis zu seinem Tod im November
2004 der erste Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate.
Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan
kam 1918 in Al-Ain, einem Oasen
dorf, etwa 160 Kilometer südlich der
Hauptstadt als Mitglied der
Herrscherfamilie von Abu Dhabi zur Welt. Er
wurde nach seinem berühmten Großvater,
Scheich Zayed bin Khalifa Al Nahyan „dem
Großen“, benannt, der das Emirat von 1855
bis 1909 regiert hatte – die längste Regierungsperiode
in der Geschichte der Emirate. Zayed
war der jüngste von vier Söhnen des Scheichs
Sultan bin Zayed, welcher den zu dieser Zeit
noch sehr armen Stamm von 1922 bis 1926
anführte. Abu Dhabi galt zu jener Zeit
insgesamt als arm und unterentwickelt, mit
wirtschaftlichen Schwerpunkten in den Bereichen
Fischerei, Perlentaucherei und einfacher
Landwirtschaft in vereinzelten Oasen, wie Liwa
oder Al-Ain. Ein Teil der Bevölkerung waren
Nomaden, welche auf der Suche nach Weidegebieten
durch die weiten Wüstengebiete zogen.
Die Ausbildung des Scheichsohnes beschränkte
sich, wie es in dieser Zeit und Region
üblich war, auf die religiösen Prinzipien des
Islam (vermittelt von einem örtlichen Prediger)
und auf das traditionelle Leben des
Text: Ralf Hoffmann | Fotos: Andreas Mautner
Beduinenvolkes in der Wüstenregion. Der junge
Zayed galt als lernbegieriger Schüler.
Als der Nachfolger Scheich Sultans 1928 starb,
wurde Zayeds Bruder Shakbut in einem
Familienkonklave zum Herrscher gewählt.
Zayed war damit zufrieden, als rechte Hand
seines Bruders zu arbeiten. Als der Weltmarkt
für Perlen aus dem Golf 1930 kollabierte, kamen
auf die Familie Scheich Zayeds harte Jahre
zu. Auch die Periode, welche dem Ende des
2. Weltkrieges 1939-1945 folgte, war rau und
schwierig, mit einem Mangel an Nahrungsmitteln
und dem Ausbruch von Polio (Kinderlähmung).
Zayed hatte den Wert der Ölforschung schon
in den dreißiger Jahren erkannt und man betraute
ihn mit der Führung der ersten Geologen
durch Abu Dhabis Wüste. Diese Führungen
vermittelten Zayed einen frühen Kontakt
zu jener Industrie, die später eine solch große
Wirkung auf sein Land haben sollte. 1946 setzte
Shakbut Zayed als Gouverneur der Region
um Al-Ain ein und unter dessen Führung
schlossen sich Al-Ain und die acht umliegen-
den Dörfer zu einer Stadtgemeinde zusammen.
Der Regent war seinem Volk stets sehr nahe.
Als es darum ging, das Bewässerungssystem für
die Dattelhaine und Gärten der Oase zu verbessern
und die lokale Landwirtschaft anzuregen,
wurde Zayed häufig bei den Grabungsarbeiten
in den Kanälen dabei gesehen, wie er
unter den Arbeitern helfend die Hand anlegte.
In jenen Jahren sammelte Zayed umfangreiche
Regierungserfahrungen, er entwickelte seinen
eigenen Führungsstil.
Sir Wilfred Thesiger, einer der letzten großen
Entdeckungsreisenden, erinnert sich in einer
Passage seines arabischen Meisterwerks
„Arabian Sands“ an seine erste Sitzung mit
Scheich Zayed im Jahr 1948: „Er war ein kräftig
gebauter Mann von ungefähr 30 Jahren mit
einem braunen Bart. Er hatte ein markantes,
intelligentes Gesicht, mit aufmerksam beobachtenden
Augen, sein Auftreten war ruhig und
gebieterisch.“
Die Buraimi Oasis-Krise von 1952 stellte die
Loyalität des Scheichs Zayed zu seinem Bruder
auf den Prüfstand. Saudi Arabien erhob An-
DUBAI DUBAI MAGAZIN MAGAZIN 11
11

■ Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan
spruch auf die Hoheit über neun Dörfer, die
zum Teil im Besitz von Abu Dhabi und zum
Teil auch im Besitz von Oman waren. Die Saudis
boten Scheich Zayed ein Bestechungsgeld
von ungefähr 30 Millionen englischen Pfund
an, wenn er die Suche nach Öl in dem strittigen
Gebiet genehmigen würde. Im Abkommen
war eingeschlossen, dass Scheich Zayed seinen
Bruder entmachten würde - aber er wies das
Angebot zurück!
1953 absolvierte Scheich Zayed seinen ersten
Auslandsbesuch. Er begleitete Shakbut nach
Großbritannien und Frankreich. Später erinnerte
er sich, wie beeindruckt er durch die Schulen
und die Krankenhäuser gewesen war, die
er besuchte. Ihm wurde bewusst, dass seine eigenen
Leute einen ähnlichen Nutzen und eine
gute Versorgung haben sollten.
1958 entdeckte man in Abu Dhabi Erdöl. Mit
den ersten Ölexporten im Jahr 1962 dämmerte
eine neue Ära heran, es begann die Zeit des
steilen wirtschaftlichen Aufschwungs, an dem
die Bevölkerung allerdings zunächst keinen
großen Anteil hatte, da Shakbut die Einnahmen
nicht in Bildung und Entwicklung inves-
12 DUBAI MAGAZIN
tierte. Die Al Nahyan-Familie und die Briten
waren mit Shakbuts finanzpolitischem Konservatismus
in zunehmendem Maße unzufrieden.
Sogar schon vor seiner Machtübernahme, war
sich Scheich Zayed der Notwendigkeit einer
Kooperation zwischen Abu Dhabi und seinen
Nachbarn bewusst - nicht so sein Bruder
Shakbut.
Es sollte noch vier weitere Jahre dauern, bis die
Al Nahyan-Familie entschied, dass Scheich
Shakbut als Herrscher durch den dynamischen
Scheich Zayed ersetzt werden sollte: Im Juni
1966 entschied sich Zayed für einen ausgedehnten
Urlaub in Großbritannien. Er mietete
eine 24-Zimmer-Villa bei Beaconsfield, besuchte
Renn-Meetings und Verkaufsveranstaltungen
von Vollblutpferden. Wo er
auftrat, verursachte er Aufsehen – seine Gefolgsleute
trugen Wüstenroben, gekreuzte
Schulterriemen und dekorative Dolche! In seiner
Abwesenheit trafen sich ältere Mitglieder
der Al Nahyan-Familie ohne Shakbut und kamen
überein, Zayed um die Nachfolge von
Shakbut zu bitten. Er fiel dem amtierenden
britischen Repräsentanten am Golf Glen
Balfour-Paul zu, Shakbut ein Ultimatum zu
stellen: „Entweder verlassen Sie das Emirat mit
Würde - oder Sie werden wie ein Verbrecher
hinausgejagt!“ Der Herrscher verließ das Emirat
in Ruhe und Scheich Zayed löste seinen
Bruder am 6. Oktober 1966 als Emir von Abu
Dhabi ab. Shakbut lebte daraufhin kurze Zeit
im Iran und kehrte später zurück, um in einem
achtbaren Ruhestand in Buraimi zu leben.
Als er 1989 starb, war Scheich Zayed einer
seiner Sargträger.
Im Januar 1968 lieferte der britische Entschluss,
sich 1971 aus den Trucial States (Vertragsstaaten)
am Golf zurückzuziehen, die vielleicht
größte Herausforderung im Leben des Scheichs
Zayed. Er handelte bewusst und schnell, um
ein engeres Verhältnis zu den anderen Golfemiraten
einzuleiten. Zusammen mit dem letzten
Herrscher von Dubai, Scheich Rashid bin
Saeed Al Maktoum (später Vizepräsident und
Premierminister der VAE bis zu seinem Tod
1990) übernahm er die Führungsverantwortung
bei den Verhandlungen für einen politischen
Zusammenschluss der Emirate.
Die frühe Hoffnung einer Vereinigung von allen
neun unteren Golfemiraten scheiterte, da

sich Qatar und Bahrain dafür entschieden, ihren
eigenen Status beizubehalten. Mit Hilfe
äußerst geschickter Verhandlungen führte
Zayed sieben separate Emirate zum Abkommen,
die Vereinigten Arabischen Emirate zu
gründen. Durch die komplizierten und harten
Vermittlungen, die schließlich zur Gründung
der VAE führten, wurde die Staatskunst des
Scheich Zayed aber auf eine harte Probe gestellt.
Es ist, angesichts der historischen Feindschaft
zwischen Abu Dhabi und Dubai, selbst
heute noch bemerkenswert, mit wie wenig
Spannungen und Belastungen nach der Verbindung
dieser beiden Länder die VAE seit
1972 existieren.
Die VAE wurden ganz formal und feierlich am
2. Dezember 1971 unabhängig. Scheich Zayed
wurde einmütig von seinen Mitherrschern zum
ersten VAE-Präsident gewählt. Danach erfolgte
regelmäßig seine Wiederwahl für Fünfjahresperioden,
zuletzt 2001. Scheich Zayed wird als
Hauptarchitekt der VAE anerkannt, deren
Gründung als das erfolgreichste und am längsten
andauernde Beispiel von regionaler Integration
in der modernen arabischen Geschichte
gilt. Die Gründung der VAE wird universell
als sein bedeutsamster Verdienst gewürdigt.
Ende 1972 hatten die Reserven Abu Dhabis
den Wert von 230 Millionen Dollar erreicht,
aber diese verhältnismäßig kleine Summe kann
durch die Großzügigkeit Zayeds erklärt werden.
Diese schloss Zuweisungen in Höhe von
einigen Hundert Millionen Dollar bezüglich
den arabischen Kriegen
mit Israel, den Nachfragen
anderer Golfemirate
und von Entwicklungsländern
ein.
Zwei Jahre später, Ende
1974, hatte Abu Dhabi
dann, dank der in großem
Umfang gestiegenen
Ölpreise, bereits Reserven in Höhe von 1,2
Milliarden Dollar angesammelt. Das Abu
Dhabi Investment Board wurde 1967 ins Leben
gerufen, mit Sir John Hogg of Williams
Glyn als Vorsitzendem und weiteren britischen
und arabischen Bankiers als Direktoren.
Scheich Zayed war stets ein Mann der Tat. Als
die Einkommen Jahr für Jahr wuchsen, die
Erdölgewinnung sich erhöhte, brachte er in
rasantem Tempo ein massives Aufbauprogramm
auf den Weg: Schulen, Wohngebäude,
Krankenhäuser und Straßen entstan-
„Reichtum ist nicht Geld.
Reichtum liegt in den
Menschen. Dort liegt die
wahre Kraft, die Stärke,
die wir schätzen.“
den. Bis zum Jahr 2003 war die Bevölkerung
von 200.000 auf 2,3 Millionen angewachsen.
Hand in Hand mit dem Ausbau der Infrastruktur
geschah auch der nationale Aufbau. Scheich
Zayed gestaltete sein Land um, baute seine Regierung
von den Grundstrukturen her auf, er
schuf Ressorts für Wasser und Elektrizität,
Städteplanung, Polizei-
wesen, Verteidigung,
Nachrichtenwesen, Innenpolitik,Außenpolitik,
Gesundheit, Erziehung
und Rechtssprechung.
Ein Flughafen
wurde geplant und gebaut,
ebenso ein Seehafen,
es entstanden neue Straßen und eine
Brücke, um Abu Dhabi mit dem Festland zu
verbinden.
Vor der Entdeckung des Erdöls standen den
VAE-Bürgern nur wenige medizinische Dienste
zur Verfügung. Selbst in den Hauptstädten Abu
Dhabi und Dubai existierten nur kleine
Krankenhäuser, welche in der Regel auf finanzielle
Unterstützung aus dem Ausland angewiesen
waren. Für die Völker aus den Bergen und
der Wüste gab es normalerweise keine medizinische
Versorgung, selbst harmlose Krankheiten
konnten tödlich enden, Unterernährung
war ein bekanntes Problem.
Bis zum heutigen Tag hat sich diese Situation
nun vollkommen gewandelt. Alle Staatsbürger
der VAE haben leichten Zugang zu den staatlichen
Einrichtungen
des Gesundheitswesens.
Trotz der jüngstenBevölkerungsexplosion
kommt in den
VAE im Schnitt 1 Arzt
auf ca. 600 Personen –
ein Verhältnis, das dem
vieler Industrienationen
zumindest ebenbürtig ist. Mit Weitblick
wurde auch die Ausbildung von eigenem
medizinischem Fachpersonal gesichert. Die Studenten
der medizinischen Fakultät der Emirates
University werden von Fachkräften und
Lehrern der Weltklasse unterrichtet, in Abu
Dhabi und auch in Dubai entstanden äußerst
leistungsfähige Krankenpflegeschulen. Dank
internationaler Technik und Wissensaustausch
sind die VAE heute in der Lage, selbst komplizierteste
medizinische Eingriffe vorzunehmen.
Weiters ist die private Gesundheitsvorsorge in
den Emiraten auf dem Vormarsch. Der lange
„Unser Wohlstand soll
zuerst unserem Volk
zugute kommen, dessen
Leben von Entbehrungen
gezeichnet war.“
Zeit epidemisch auftretende Erreger der Malaria
wurde radikal bekämpft. Impfprogramme
gegen virusbedingte und bakterielle Infektionskrankheiten
wie Masern, Tuberkulose, Polio
etc. konnten die Kindersterblichkeit drastisch
senken. Selbst Menschen aus den abgelegensten
Teilen des Landes können heute sanitär
versorgt werden und
haben Zugang zu
Gesundheitseinrichtungen.
Scheich
Zayed hat durch vorausschauendeInvestitionen
seinen Beitrag zu
dem von der Weltgesundheitsorganisation
WHO gesetzten Ziel „Gesundheit für
alle bis zum Jahr 2000“ geleistet.
1973 begann die Regierung von Abu Dhabi
mit der Steuerung der Ölreserven in Abu Dhabi
und sie nahm den Gesamtbesitz der Gasreserven
an. Scheich Zayed stellte sicher, dass
dieser Übergang gelang, ohne die strategischen
Partner Abu Dhabis innerhalb der internationalen
Erdölindustrie zu verstimmen. 1981
überzeugte Scheich Zayed die fünf anderen souveränen
arabischen Golfkönigreiche - Bahrain,
Qatar, Oman, Saudi Arabien und Kuwait - sich
in der Gulf Cooperation Council (GCC), einer
Wirtschaftsgemeinschaft, zu engagieren.
Die Eröffnungssitzung fand in Abu Dhabi statt
und kennzeichnete den Höhepunkt seines regionalen
Einflusses.
Scheich Zayed war einer der ersten arabischen
Führer, der Kuwait nach der irakischen Besetzung
1990 Unterstützung anbot und er gestattete
den Koalitionsmächten die Benutzung von
VAE-Stützpunkten für die Befreiungsaktionen.
Er drückte in der Folgezeit seine ernste Besorgnis
über die Auswirkung der UNO-Sanktionen
auf den Irak aus und weitete die humanitären
Hilfsmittel für das irakische Volk aus. Als
die US-geführte Koalition sich vorbereitete, in
den Irak einzudringen, lehnte er es ab, dafür
VAE-Stützpunkte benutzen zu lassen. Frieden
war eines von Zayeds Anliegen und so setzte er
VAE-Truppen für UNISOM 11 ein, eine Organisation,
die geschaffen wurde, um wieder
Frieden und Ordnung im Zwietracht geprüften
Somalia herzustellen.
Der Weitblick Scheich Zayeds bewirkte, dass
die Einwohner der VAE die Strecke von Armut
bis zu Wohlstand und Reichtum in weniger
als einer Generation durchschreiten konn-
DUBAI MAGAZIN 13

■ Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan
Auch im Eingangsbereich zum
Burj Al Arab hängt natürlich
ein Bildnis von Scheich Zayed
„Wir werden stets danach trachten, unsere arabischen
Traditionen zu wahren und unser panarabisches
Kulturerbe zu beleben. Unsere Vorfahren haben uns
seit Urgedenkzeiten diese Traditionen vererbt und wir
schätzen sie. Sie sind tief in uns verwurzelt und wir
werden stets an ihnen festhalten, gleich wie
weit unsere Entwicklung auch fortschreitet.“
ten. Unter seiner Führung wurden die Erlöse
aus dem Ölgeschäft in die Entwicklung des
Landes investiert, dessen Bevölkerung heute in
großem Wohlstand lebt, ohne bei diesen Veränderungen
zu viel von ihrem kulturellen und
religiösen Erbe eingebüßt zu haben. Christen
dürfen ihre Religion ausüben, es gibt Regelungen,
die den Expatriates eine Zusammenarbeit
mit dem Westen ermöglichten – dies zu erreichen,
war auch für Scheich Zayed nicht immer
einfach, sein Amt als moslemisches Staatsoberhaupt
war streckenweise ziemlich unbequem.
Scheich Zayed war ein Mann des Volkes, ein
gottesfürchtiger und strenger Lehrmeister und
vergaß niemals seinen Ursprung in der Wüste,
seinen islamischen Glauben und seine jugendliche
Begeisterung für Sport und traditionelle
Bewahrung.
Der heutige Wohlstand der VAE ist u.a. der
besonderen Fähigkeit des Volkes zu verdanken,
14 DUBAI MAGAZIN
seiner Regierung selbst bei umfassenden Veränderungen
ihren traditionellen Werten treu
zu bleiben. Die Kultur und das Erbe des
emiratischen Volkes blieb trotz der grundlegenden
Modernisierung der Infrastruktur stets das
Fundament der VAE.
Bis 1953 bestanden in den Emiraten keinerlei
allgemein bildende Schulen, der Unterricht
beschränkte sich im wesentlichen auf Elementarkenntnisse
wie Mathematik, Arabisch und
Koranstunden, die von Mutawas (Lehrer an
Koranschulen) gehal-
ten wurden. Beim dem
damalig herrschenden
alltäglichen Kampf
ums Überleben wurde
alles darüber Hinausgehende
als Luxus betrachtet, den sich niemand
leisten konnte. Die ersten Schulen waren mit
Auslandsspenden finanziert, mit der Entdeckung
des Erdöls kam schließlich der völlige
„Bildung ist wie ein Licht,
das dich aus einer
dunklen Gasse führt.“
Wandel, der unter der Führung von Scheich
Zayed vorbehaltlos angenommen wurde.
Scheich Zayed kündigte als grundlegende Maßnahme
zur Bereicherung des kulturellen Lebens
dem Analphabetentum in den VAE den Kampf
an und er ließ in den gesamten Vereinigten Arabischen
Emiraten Schulen gründen, in denen
alle Bürger das Recht hatten, kostenlos Unterricht
zu nehmen. Der Herrscher war sich der
Bedeutung von Wissen und Bildungsmöglichkeiten
stets bewusst. Die Jahre, die er
mit den Beduinen verbracht hatte, lehrten ihn,
die nationale Kultur und die Traditionen des
Volkes zu respektieren und innig zu schätzen.
In Artikel 17 der VAE-Verfassung wird sicherstellt,
dass die emiratischen Bürger aller Schichten,
gleich welchen Alters oder Geschlechts,
kostenlosen Unterricht erhalten. Für Kinder im
Alter von 6 bis 14 Jahren besteht Schulpflicht
– Uniformen, Bücher, Material und Transport
werden kostenlos zur Verfügung gestellt. In den
ersten sieben Jahren seit der Gründung der VAE
standen die Ausgaben des Bundes für Bildung
gleich nach den Militärausgaben an zweiter
Stelle. Die VAE geben für Bildung jährlich einen
Dirham-Betrag in Milliardenhöhe aus und
haben damit einen der höchsten Pro-Kopf-
Bildungsetats der Golfstaaten (Anmerkung: 1
EUR = ca. 5 Dirham). Diese Investitionen trugen
rasch Früchte: Der Analphabetismus in den
Emiraten sank von 79% im Jahre 1968 auf
16,8% im Jahre 1993. Selbst in den abgelegensten
Teilen des Landes existieren nun Schulen.
Nach der Vereinigung der Emirate, gründete
Scheich Zayed das Ministerium für Bildung,
welches für das öffentliche Schulsystem
verantwortlich ist und den Lehrplan für das
ganze Land erstellt.
Im Anschluss an die Sicherung der allgemeinen
Schulbildung richtete Scheich Zayed sein
Augenmerk auf die Vervollständigung des
Bildungssystems in den VAE. Im November
1977 nahm die UAE University in Al-Ain, die
erste höhere Bildungseinrichtung der Emirate,
den Betrieb auf. Seit ihrer Eröffnung haben dort
über 22.000 Studen-
ten ihr Studium abgeschlossen.
In mehreren
Städten wurden technischeFachhochschulen
(für Männer und
Frauen) eröffnet, an denen u.a. Betriebswirtschaftslehre,
Buchführung und Chemie-
Ingenieurwesen studiert werden kann. Zusätzlich
gibt es Berufsschulen und fachspezifische

Ausbildungszentren für jene Bürger, die eher
praktische Erfahrungen in dem von ihnen gewählten
Beruf sammeln möchten. Dazu zählen
z.B. das “Emirates Institute for Banking and
Finance” und das “Abu Dhabi National Oil
Company Career De-
velopment Centre”.
Scheich Zayed unterstützte
auch ganz bewusst
und massiv die
Erwachsenenbildung –
schließlich waren
Rückstände aus früheren
Jahrzehnten aufzuholen.
Ursprünglich beschränkte sich diese Erwachsenenbildung
auf wesentliche Fächer wie
Mathematik, Lesen und Schreiben. Heutzutage
ist das Spektrum der Erwachsenenbildung
wesentlich erweitert worden und umfasst auch
Fächer wie Islamisches Kulturerbe, Heimwerkerarbeiten,
Computerkurse, Englisch und
Familienbildung.
Scheich Zayeds Sorge galt stets auch den körperlich
und geistig Behinderten. Er strebte
unaufhörlich danach, dass diese Menschen dieselben
Chancen erhalten wie alle anderen und
dass auch sie von der Regierung der VAE hinreichend
unterstützt werden. Der Artikel 16 der
VAE-Verfassung besagt: “Kindern und Behinderten
soll jede notwendige Hilfe gewährt werden.“
In Übereinstimmung mit diesem Artikel
unterhält das Ministerium eine Abteilung für
Sonderschulpädagogik. Eines der erfolgreichsten
Unternehmen für geistig Behinderte ist eine
selbstfinanzierende Farm namens „Zayed
Agricultural Centre for the Disabled“, die von
körperlich und geistig Behinderten geleitet wird
und weltweit Lob und Anerkennung geerntet
hat.
Die Abteilung für Sonderschulpädagogik umfasst
auch eine Abteilung, die auf die Bedürfnisse
von besonders talentierten und begabten
Schülern zugeschnitten ist. Es wird verlangt,
dass Schüler nicht nur ihrem Alter gemäß eingestuft
werden, sondern dass ihnen das Umfeld
geboten wird, sich entsprechend ihrem
Potential so rasch und erfolgreich zu entwickeln
wie es ihnen möglich ist, insbesondere, wenn
absehbar ist, dass sie ihren Altersgenossen voraus
sind. In diesem Sinne wurde, um jene
Schwierigkeiten, denen besonders talentierte
Schüler oft gegenüberstehen, zu überwinden,
die akademische Laufbahn der sozialen und
psychologischen Entwicklung angepasst.
„Finanzielle Gewinne
sind nutzlos ohne ein
gesundes Volk mit gut
ausgebildeten Bürgern,
die das Land voranbringen
können.“
Dank Ihrer Hoheit Scheich Zayed wird das
Schulsystem der Emirate den Bedürfnissen aller
Menschen, ob jung oder alt, im ganzen Land
gerecht. Um zu gewährleisten, dass das kulturelle
Bewusstsein gefördert wird und das reiche
Kulturerbe der
VAE bewahrt wird,
gründete Scheich
Zayed das Ministerium
für Information
und Kultur, welches
auf lokaler wie auf internationaler
Ebene
hauptsächlich damit
betraut ist, kulturelle
Aktivitäten in den VAE zu fördern. Ein Messeamt
soll einem breiten Publikum die traditionsreiche
Kultur der VAE näher bringen, kulturelle
Einrichtungen findet man in allen Emiraten.
Die Kulturstiftung in Abu Dhabi besteht
aus drei Haupteinrichtungen: dem Nationalarchiv,
dem Kunst- und Kulturinstitut sowie
der Nationalbibliothek.
Die VAE investierten eine beträchtliche Menge
des Staatskapitals in die Gründung einer
Vielzahl von Museen und Kulturerbedörfern
(„Heritage Village“). In diesen Dörfern sind
Beduinenbräuche, Handwerkstechniken, die
alte Perlentauchmethode, Schiffsbau, sowie traditionelle
Dorfkultur, Winterquartiere und vieles
mehr zu besichtigen. Im gesamten
emiratischen Raum ist immer noch eine größere
Zahl alter Forts erhalten, wovon viele in
Hausmuseen umgewandelt wurden. In manchen
Städten wurden sogar ganze Stadtteile im
Einklang mit traditioneller Architektur und
Dekor wieder hergestellt.
Ein vor kurzem eingeführter Zayed-Preis für
Kultur und Geschichte soll an Einzelpersonen
oder Unternehmen vergeben werden, die sich
besonders für Kultur- und Geschichtsforschung
in den VAE eingesetzt haben. Zeit seines Lebens
war Scheich Zayed bestrebt, dass trotz der
Vielzahl und Verschiedenheit der Völker, die
in den VAE arbeiten, leben oder sie besuchen,
das Land seinen eigenen starken, islamischen
Charakter bewahrt, und das emiratische Volk
sich seiner Herkunft voller Stolz stets bewusst
ist.
Als Folge der immensen Ölexport-Einnahmen
galt Scheich Zayed als einer der reichsten Menschen
der Erde. Obgleich er ein auf 20 Milliarden
Dollar geschätztes Vermögen ansammelte,
lebte er stets bescheiden. Bereits im Alter
von 25 Jahren hatte er die Jagd mit Gewehren
als Beitrag zur Erhaltung der Wildnis aufgegeben,
aber er genoss Jagdgesellschaften mit Falken
und Reisen durch die Wüste, um seine Verwandten
zu besuchen. 1977 veröffentlichte er
ein Buch mit dem Titel „Falconry: Our Arab
Heritage“ in dem er u.a. einen positiven Nebeneffekt
der Falkenjagd beschrieb – der Herrscher
konnte sich in ungezwungener Atmosphäre eingehend
über die Wünsche und Anliegen seiner
Untertanen informieren.
In der politisch turbulenten Golfregion entwickelten
sich die VAE unter Scheich Zayed zu
einem Modell der Stabilität und des Fortschritts,
wo die Frauen Rechte und Freiheiten
genießen, die ihnen in strengeren islamischen
Ländern wie Saudi Arabien und Iran nicht gewährt
werden. Seine Außenpolitik berücksichtigte
die Lage der Palästinenser und unterstützte
auch sich entwickelnde Nationen - besonders
Pakistan, wo Scheich Zayed häufig zu Gast bei
Falkenveranstaltungen in den Bergen war.
Als bekennender Philantropist glaubte Scheich
Zayed, dass der Ölreichtum ein Geschenk sei,
das mit bedürftigen Völkern und Ländern geteilt
werden sollte. Abu Dhabi besitzt ein Zehntel
der bekannten Ölreserven der Welt und den
Hauptanteil von Erdgas. Der Abu Dhabi Fond
für arabische Wirtschaftsentwicklung wurde einige
Monate vor der Unabhängigkeit von
Großbritannien ins Leben gerufen, um Hilfsmittel
gesteuert fließen lassen zu können und
Scheich Zayed ließ in der Folgezeit mindestens
40 Ländern auf drei Kontinenten ökonomische
Unterstützung zukommen. Er bedachte auch
viele wohltätige Hilfsorganisationen.
Seine Fähigkeiten als Vermittler wurden in der
ganzen Region geschätzt. Er hatte sie seit 1946,
während seinen langen Jahren als Rechtsrepräsentant
in der östlichen Region von Abu
Dhabi, zunehmend verfeinert. Sein Verständnis
von Ehre wurde zu einem Markenzeichen.
Er verriet nie den ernsten brüderlichen Eid, den
er und seine Brüder vor ihrer Mutter Sheikha
Salaama geschworen hatten - sich nicht zu ermorden.
Während seiner langen Regierungszeit überwachte
Scheich Zayed auch ein Programm zur
Aufforstung, durch das bis heute mehr als 150
Millionen Bäume gepflanzt wurden - eine überragende
Leistung, für die er mit dem Gold Panda
Award des Worldwide Fund for Nature ausgezeichnet
wurde. Zayed verwandelte mit Be-
DUBAI MAGAZIN 15

■ Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan
Unter der Führung von Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan entwickelte sich
Abu Dhabi, die Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, zu einer
Weltstadt westlicher Prägung, ohne dabei die arabischen Wurzeln zu verlieren.
wässerungsanlagen und diesen Pflanzungen
Abu Dhabi in ein grünes Emirat. Auf der Insel
von Sir Bani Yas regte Zayed die Züchtung von
seltenen Tierarten (Arabian Oryx, Sandgazelle…)
in einem geschützten Gebiet an.
Bereits in den 60er-Jahren hatte er die Errichtung
eines Zoos in Al-Ain angeordnet, der sich
bis heute zum größten Zoo des Mittleren Ostens
entwickelte. Die Federal Environment
Agency ist damit betraut, sicherzustellen, dass
die Bauvorhaben der Menschen keine schädliche
Wirkung auf das Land haben, damit auch
die Flora und Fauna des Landes erhalten werden
kann.
Scheich Zayed heiratete sechs Mal und war
Vater von mindestens 12 Kindern. Seine fünfte
Frau, Sheikha Fatima Bint Mubarak, eine
Verwandte, war das einzige prominente weibliche
Mitglied seiner unmittelbaren Familie,
dem eine Rolle im Licht der Öffentlichkeit in
den VAE zukam.
Für einen Mann, der keine formale Ausbildung
genoss und der einen Großteil seiner Zeit das
16 DUBAI MAGAZIN
Leben eines Beduinen-Nomaden gelebt hat,
kann Scheich Zayed bin Sultan Al Nahyan eine
wahrhaft außergewöhnliche Lebensleistung
vorweisen. Er galt als ausgezeichneter Menschenkenner
und war immer mit Rat und Tat
zur Stelle, um Abu Dhabi weiterzuentwickeln.
Heute ist diese fortschrittliche und elegante
Stadt zugleich ein würdiges Denkmal von
Zayeds Erbe. Sogar der Rückgang des Ölpreises
in den 1980ern und 1990ern beeinflusste die
VAE, auf Grund der klugen Politik der vorangegangenen
Jahre, viel weniger als viele andere
Länder. Die Entwicklung von Dubai, vor allem
als der kommerzielle Mittelpunkt der VAE
und zunehmend auch der unteren Golfregion,
spielte einen wichtigen Part in diesem Prozess.
Am Wendepunkt des Millenniums, bestaunen
Besucher aus der ganzen Welt die VAE als die
Schweiz des Nahen Ostens - ein reiches und
sicheres Land mit einer einzigartigen multikulturellen
Gesellschaft. Dies ist für zukünftige
Generationen das wahre Erbe des Scheichs
Zayed, der den Zusammenschluss der Emirate
für einen Erfolg hielt.
Der Präsident der VAE starb am Dienstag, den
2. November 2004, nach langer Krankheit. Der
Staatschef war aus gesundheitlichen Gründen
bereits seit Wochen nicht mehr öffentlich aufgetreten.
Im März 2000 war ihm in den USA
eine neue Niere transplantiert worden.
Die Ursache seines Todes wurde nicht veröffentlicht.
Nach islamischer Tradition fand die
Beisetzung des Leichnams von Scheich Zayed
bereits am Nachmittag des 3. November neben
der (sich noch im Bau befindlichen)
„Sheikh Zayed Moschee“ in Abu Dhabi statt.
Scheich Zayeds ältester Sohn, Scheich Khalifa,
der 1947 geborene Kronprinz von Abu Dhabi
und zugleich beauftragter oberster Kommandant
der VAE-Streitkräfte, war in den letzten
Amtsjahren seines Vaters bereits in zunehmendem
Maße für die Regierung verantwortlich.
Nach dem Tod seines Vaters übernahm er die
Amtsgeschäfte für das Emirat Abu Dhabi und
wurde noch am 3. November 2004, dem Tag
der Beisetzung, vom „Supreme Court of Rulers“
(Versammlung der sieben Herrscher der ein-

„Wir meinen jetzt, dass unsere Hoffnungen verwirklicht worden sind, dass unsere
Föderation ein anerkanntes Gebilde mit einem ausgezeichneten Ruf sowohl
innenpolitisch als auch im Ausland geworden ist und dass sie jetzt einen
bedeutsamen und wertvollen Platz in der Welt einnimmt… Dass dies geschafft
wurde, hat alle unsere Erwartungen überstiegen, und es bestätigt, dass es mit der
Hilfe Gottes, mit fester Entschlossenheit, mit aufrichtigen Absichten und mit einem
redlichen Willen nichts gibt, das nicht für das Wohl des Volkes erreicht werden
kann… Mit der Hilfe Gottes sind wir auf einer Stufe angekommen, wo wir auf
einem sicheren Weg sind, eine Nation zu werden und wir haben Ziele
erreicht, die einst so weit weg zu sein schienen.“
zelnen Emirate) zum neuen Präsidenten der
VAE gewählt.
Nach dem Tod von seiner Hoheit Scheich
Zayed bin Sultan Al Nahyan wurde eine Staatstrauer
von 3 Tagen für den Privatsektor und 8
Tage für die staatlichen Stellen angeordnet,
während der diese Einrichtungen - bis auf einen
Notbetrieb - geschlossen blieben.
Weiterhin hatten alle Flaggen für 40 Tage auf
Halbmast zu hängen. Die Radiosender stellten
ihr Programm für 20 Tage auf die Zitierung
von Koranversen bzw. auf das Abspielen von
leichter klassischer Musik um. Auch in vielen
anderen arabischen Staaten wurden mehrtägige
Staatstrauern ausgerufen.
Die Tageszeitung „The Gulf Today“ schrieb in
einem Nachruf auf diesen außergewöhnlichen
Politiker: „Der beste Tribut, den wir Scheich
Zayed zollen können ist, gemäß seinen hohen
moralischen und geistigen Standards zu leben
und unablässig für das Wohl der ganzen
Menschheit zu arbeiten.“ Die Vereinigten Arabischen
Emirate trauern um einen Freund,
Stammesbruder, Visionär, eine charismatische
weise Leitfigur und einen der hervorragendsten
Politiker der arabischen Welt, der auch im
Ausland einen tiefen Respekt und hohes Ansehen
genoss. ■
DUBAI MAGAZIN 17