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Weihnachten 2013 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Ostpreußen

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Diese Kartoffeln retteten Gretel und ihrem Kind das Leben. Aus einer Büchsemachte Gretel ein Reibeisen, aß selber die Schalen und gab das Innere demKind. So verging der Winter, im Frühling halfen junge Brennnesseln weiter,aus denen Gretel Spinat kochte.Im Mai erlaubten die Russen, die erste Post zu schreiben. Gretel meldete sichbei ihren Eltern in <strong>Ostpreußen</strong> und bekam tatsächlich Antwort. Unter demVorwand, mit dem Kind zum Arzt nach Berlin zu müssen, erhielt Gretel vonder Behörde die Erlaubnis zu reisen. Von Berlin aus machte sie sich nach<strong>Ostpreußen</strong> auf. Sie erreichte nach 18 Tagen unter unbeschreiblichen Umständenihre Heimat. Doch ihre Eltern erkannten ihre Tochter schwer, sie warein zerlumptes, verschwollenes Wesen. Dann war wohl die Freude groß; aberdas Russenkind war für sie eine Schande. Das traf die arme Gretel soschwer, dass sie zusammensank und wochenlang darniederlag.Die Mutter wollte das Kleine ins Waisenhaus geben, aber Gott erhörte GretelsGebete. Das Kind wurde nicht aufgenommen. Dafür nahm fürs erste dieSchwester das Kleine zu sich, bis Gretel gesünder wurde und die Pflege selberübernehmen konnte. Die Mutter gewöhnte sich allmählich an das hübsche,kleine Mädchen und gewann es auch lieb.Nach acht Jahren heiratete Gretel und lebt bis heute noch recht zufrieden inAllenstein in der Liebstädter Straße.Nur etwas bedrückt sie schwer: das Schicksal ihres Sohnes Toni. Als Gretelim Lager in Strelitz war, versuchte, sie einige Male in Berlin nach ihrem Sohnzu forschen. Sie erfuhr, dass die Leute, denen sie bei ihrer Verschleppungdas Kind hinterließ, von den Polen nach Berlin vertrieben wurden. Dort hattensie das Kind noch bei sich. Dann verloren sich die Spuren. Viel später erfuhrGretel, dass eine Schwester das Kind ohnmächtig auf einer Bank in Berlin gefundenhatte und mit ins Waisenhaus nahm.Gretel forschte über das Rote Kreuz in Warschau und Berlin und hatte 14lange Jahre keinen Erfolg. Sie betete inbrünstig zu Gott und bat ihn um Hilfe.Und eines Tages kam aus Hamburg vom Roten Kreuz die Nachricht, dass einKind seine Mutter sucht. Gretel erkannte auf dem Foto, dass es ihr Sohn seiund nahm voller Freude Verbindung auf. Doch es dauerte noch 1 ½ Jahre,bis sie die Erlaubnis bekam, zu ihrem Sohn zu fahren. Sie konnte das Wiedersehenkaum erwarten. Wie viele Erlebnisse sollten ausgetauscht werden! Wiemag er heute leben? Wie freute sie sich darauf, ihn in die Arme zu nehmen!Und dann kam eine furchtbare Enttäuschung. Mit ihrer Tochter zusammenfuhr Gretel 36 Stunden mit der Bahn nach Deutschland, bis sie das Ziel erreichte.Von der fremden Frau, die den Sohn aufgenommen hatte, wurde sieeiskalt empfangen. Der Sohn kam mittags. Gretel wollte ihn in die Arme nehmen.Doch er lehnte ab und sagte kalt: „Ich habe gehört, dass Du meine Mutterbist.“ Das war alles. Der Sohn war in einer kalten Atmosphäre groß geworden.Materiell hatte er alles, was er brauchte. Aber Wärme und Liebefehlten ihm. Drei Wochen blieb Gretel dort, aber sie fand keinen Weg zu demHerzen ihres Jungen.63

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