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Weihnachten 2013 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Ostpreußen

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wagten, war es mit der Ruhe völligvorbei. Sie umschwirrten die Tanne,taumelten unbeholfen von Ast zu Ast,stürzten auf den Waldboden, wo siezitternd im Gras saßen. Einmal griff ereinen hilflosen Vogel und trug ihn zurückins Nest.Sicher sind es Zugvögel, dachte er.Zum Ende des Sommers fliegen siedavon, ihr Nest wird leer, zu <strong>Weihnachten</strong>kann ich die Tanne schlagen.Bei seinen Waldspaziergängen machteer regelmäßig Abstecher zu seinerTanne und zu den grauen Vögeln, diein dem Baum ihr Zuhause hatten. Erbeobachtete sie, studierte ihre Gewohnheiten,lauschte ihren Stimmen,versuchte sie zu zählen, was regelmäßigmisslang, weil sie ständig durcheinanderhüpften. Es hätte ihm einigesgefehlt, wenn sie im Spätsommer davongeflogenwären. Aber sie bevölkertennoch im September den Baum,saßen abwechselnd auf der Spitzeund trillerten in den Wald hinein. Siewurden so zutraulich, dass sie nichtdavonflogen, wenn er kam. Sie kanntenihn.Du kannst unmöglich eine Tanneschlagen, in der die Vögel ihr Zuhausehaben, dachte er. Wenn sie nicht inden Süden fliegen, musst du dir einenanderen Baum suchen.Nach dem Herbstregen entdeckte erin der Nähe seines Baumes Fußspuren.Jemand war um die Tanne gegangen,wie um sie anzuschauen, zubegutachten, ihren Wert zu taxieren.„Du hast noch andere Liebhaber“,sagte er lachend.Es wird so kommen, dass ein andererden Baum schlägt und mit nach Hausenimmt, fiel ihm ein, und du findestnur noch einen kahlen Stumpf vor. Ober ein Schild anbringen sollte? DieseTanne gehört mir!Im ersten Schnee sah sie wie verzaubertaus. Die Zweige neigten sich, alstrügen sie Trauer. Wenn die Vögelumherhüpften, staubte das weiße Pulverzur Erde.„Dich braucht man nicht zu schmücken“,sagte er. „Du bist schön genug.“Den Vögeln brachte er regelmäßigKörner und Brotkrümel, streute ihnendas Futter unter den Baum und sahzu, wie sie sich darüber hermachten.Wenn er kam, flogen sie ihm entgegen,sie saßen zu seinen Füßen. Als erihnen Körner hinstreckte, fraßen sieihm aus der Hand.Wir gehören zusammen, dachte er,der Baum, die Vögel und ich.Der Wald wurde düsterer. Es wirdZeit, den Baum zu schlagen, bevor einFremder es tut, dachte er. Die Vögelwerden sich einen anderen Baum suchenmüssen, oder sie fliegen dochnoch in den Süden.Eine Woche vor dem Fest besorgte ersich ein Beil, steckte es in einen Sackund ging, als der Abend dämmerte, inden Wald. Die Vögel erwarteten ihn,aber er hatte kein Futter für sie, erwollte nur die Tanne.„Ich muss es tun, bevor ein andererdich schlägt“, sagte er so laut, dassdie Vögel erschraken und davonflogen.Eine wilde Entschlossenheit packteihn. Er sah nur die Tanne, er wollte siehaben, ihm allein sollte sie gehören. Erwarf das Beil ins Gras, nahm Platz,steckte sich eine Zigarette an, bliesden Rauch so heftig in die Zweige,dass sie raschelten. Ruhig betrachteteer die Tanne. Wie majestätisch sie vor32

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