6 Ernst & Young <strong>CCaSS</strong> <strong>News</strong>, Ausgabe 13 | Frühjahr 2010
GastbeitragUnternehmensethik durchManagerethik 1Als eine der Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise rückte die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmenwieder vermehrt in die öffentliche Diskussion. Dieses Mal waren es aber nicht die „üblichen Verdächtigen“ ausder Zivilgesellschaft und der Politik, die Unternehmen aufforderten, vermehrt und auf umfassendere WeiseVerantwortung für ihr Handeln zu übernehmen – dieses Mal kam die Kritik von Akteuren, die man ohne Vorbehaltals „wirtschaftsfreundlich“ einstuft. So weist beispielsweise das Harvard Business Review als Trend 3 der „Tentrends you have to watch“ auf das Risiko hin, das daraus entsteht, dass das gesellschaftliche Vertrauen in Unternehmenrapide abgenommen hat und weiter abnimmt.Novartis Stiftungfür Nachhaltige EntwicklungProf. Dr. rer. pol. Dr. h. c. theol.Klaus M. LeisingerPräsident und Geschäftsführerwww.novartisstiftung.orgAuch die Frankfurter Allgemeine Zeitungkritisiert sowohl Unternehmen, dass sie„Querdenker“, die mit unbequemer Kritikauf Missstände hinweisen, als unbequemeStänkerer abtun, und Business Schools, dasssie ihre Ausbildung zu sehr auf kurzfristigeRenditesteigerung ausrichten. Kritik kommtauch von kirchlichen Autoritäten: In dervom Vatikan im Juli 2009 veröffentlichtenSozial-Enzyklika Caritas in Veritate befandensich Passagen, in denen deutlicheForderungen hinsichtlich einer anderenEinstellung des Top-Managements von Unternehmengestellt werden:•• „Der Gewinn ist nützlich, wenn er in seinerEigenschaft als Mittel einem Zweckzugeordnet ist, welcher der Art undWeise seiner Erlangung ebenso wie derseiner Verwendung einen Sinn verleiht.Die ausschließliche Ausrichtung auf Gewinnläuft, wenn dieser auf ungute Weiseerzielt wird und sein Endzweck nicht dasAllgemeinwohl ist, Gefahr, Vermögen zuzerstören und Armut zu schaffen.“ (21)•• „Die Wirtschaft und das Finanzwesenkönnen, insofern sie Mittel sind, tatsächlichschlecht gebraucht werden, wennder Verantwortliche sich nur von egoistischenInteressen leiten lässt. So könnenan sich gute Mittel in schädigende Mittelverwandelt werden. Doch diese Konsequenzenbringt die verblendete Vernunftder Menschen hervor, nicht die Mittelselbst. Daher muss sich der Appell nichtan das Mittel, sondern an den Menschenrichten, an sein moralisches Gewissenund an seine persönliche und soziale Verantwortung.“(36)Generell kann man (unter Vernachlässigungder ordnungspolitischen Ebene)zwei Ebenen zur Verbesserung der moralischenHandlungsqualität von Unternehmenunterscheiden:•• die institutionelle Ebene, d. h. firmenspezifischeHandlungs- und Verhaltenskodizessowie Geschäftsrichtlinien, welchedie erwünschten Handlungspräferenzendeutlich machen und dadurch auch klarmachen, was nicht erwünscht ist, und•• die persönliche Ebene, d. h. die individuelleTugendethik für Manager einerseitsfür die Gestaltung einer moralsensitivenGovernanz-Struktur, andererseits imSinne der Bereitschaft und Fähigkeit zurVerwirklichung moralischer Werte durchentsprechendes, vorbildliches Verhaltenund Handeln. •1 Dies ist die Kurzfassung eines Artikels über Manager-Ethik, der in einem Buch zum Globalen Wirtschaftsethosanlässlich des UN Global Compact Summit (24./25. Juni 2010 New York) von Hans Küng, Josef Wieland undKlaus Leisinger vorgelegt wird: „Globaler Wirtschaftsethos – Konsequenzen und Herausforderungen für globalesWirtschaften“ dtv, München 2010. Wir danken Prof. Leisinger für die Erlaubnis eines Nachdruckes.Ernst & Young <strong>CCaSS</strong> <strong>News</strong>, Ausgabe 13 | Frühjahr 2010 7