ein unmoralisches Angebot? - Ã bo Akademi
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Männern den bittersten Haß gegen Freiheit, die zärtlichste Liebe für Sklaverei, undden deutschen Weibern - daß sie mit eben dem Vergnügen gebären möchten, als sie,wie man sagt, empfangen. Glückliche, herrliche Zeit! 335Diese satirische Zwiespältigkeit macht aus Klingers Werk einen „aktuellen politischenTendenzroman” 336 .Der einige Jahre später erschienenen Faust-Tragödie Goethes gleich ist die Religion inKlingers Faust-Roman nicht mehr das Entscheidende; Klingers Faust wird nicht wegen seinerSünden zur Hölle geschickt. „Die Satansfiguren werden im Sturm und Drang nicht mehrreligiös ernst genommen, sind auch nicht einfach Allegorien des Bösen. Sie sind teilstheatralisches Spielmaterial, poetische Produkte freier Phantasie, teils notwendige Vehikel derLiteratur- und der allgemeinen Zeitsatire.” 337 Die Stürmer und Dränger interessiert diereligiöse Verwerflichkeit von Fausts Taten nicht. Der Faust-Stoff ist allerdings für siegeeignet, um zu zeigen, wie der Mensch in der Welt seine Verzweiflung überwindet und wieer sich zu seiner eigenen Rettung helfen kann. „Man kann sagen, daß kein anderer Stoffbesser geeignet gewesen wäre als dieser, die gesellschaftlichen Grundprobleme des deutschenBürgertums in seiner widerspruchsvollen historischen Emanzipation abzubilden.” 338 Satanund die „bösen” Geister tragen nur zu der Darstellung der verfaulten Gesellschaft bei (vgl. diehöllische Hierarchie oben).Zur Rettung kann der einzelne Mensch also nicht durch gute Taten oder Buße gelangen. Wieist es dann möglich, dass ein Mensch überhaupt gerettet werden kann? In Klingers Werk istder „Genius der Menschheit” die Verbindung zwischen den Welten. Am Anfang des Romansversucht dieser - statt eines alten Mannes oder eines Mönchs, wie in den früheren Faust-Werken - Faust zu retten und bietet ihm statt Reichtum und Genuss „Demut, Unterwerfung imLeiden, Gnügsamkeit und hohes Gefühl deines Selbsts; sanften Tod und Licht nach diesemLeben” 339 . Von der „himmlischen Herrlichkeit” ist also hier keine Rede. Die Möglichkeit zurRettung bestehe aber, wenn der Mensch genügsam und demütig gewesen sei und wenn er„tapfer gestritten, treu ausgehalten” 340 habe. Erst dann könne der Mensch in den335 Fausts Leben, Taten und Höllenfahrt , S. 227-228.336 Geerdts: F. M. Klingers Faust-Roman..., S. 73.337 Kreuzer: Zum Experiment des ‚faustischen Ich’. S. 136-137.338 Geerdts: F. M. Klingers Faust-Roman..., S. 61.339 Fausts Leben, Taten und Höllenfahrt , S. 17.340 Fausts Leben, Taten und Höllenfahrt, S. 200.96
Tempel des „Genius der Menschheit” eintreten und seine „edle Bestimmung” 341 kennenlernen. Geerdts (1960) stellt fest, dass es für Klingers Faust eine Rettungsmöglichkeitgegeben hätte, wenn er „sich nicht [hätte] moralisch korrumpieren” 342 lassen.Der Klingersche Faust gehört nicht zu den Arbeitern, die am Tempel der Menschheit,also an einer glücklichen Zukunft bauen. 343Sowohl Klinger als auch später Goethe ging es um die „Tapferkeit” und um daskontinuierliche Streben des Menschen. Goethes Faust, der „immer strebende”, konnte zuletztgerettet werden 344 ; Klingers Faust, der seinen Glauben an den moralischen Wert desMenschen verlor und also aufgab, war nach den gegebenen Kriterien von der Rettungausgeschlossen. 345„Im Mittelpunkt des Klingerschen Romans steht die grundlegende Frage nach derRadikalpositivierung der Sünde durch die aufklärerisch säkularisierte Theodizee.” 346 DieSünde oder Sündhaftigkeit ist keine religiöse Frage mehr, die Sünde im Sinne der Historiaexistiert in der Form nicht mehr. Die Fragen der Rettung oder der Verdammnis einesMenschen sind bei Klinger nicht mehr Fragen der Religion sondern Fragen der allgemeinenMoral. Eine Rettung Fausts ohne göttliches Zutun hätte durch die von Klinger vorgestellteTheorie ermöglicht werden können, der Mensch sei „vermöge seines freien Willens, undseines ihm eingedrückten innern Sinns, sein eigner Herr, Schöpfer seines Schicksals undseiner Bestimmung. [...] Er entwickelt also nur das einmal in ihn gelegte Streben; wie jedesDing der sichtbaren Welt, doch mit dem Unterschied, daß nur ihn sein freier Wille, und seindas Böse und Gute begreifender Sinn, der Strafe und Belohnung fähig machen” 347 . DerMensch könne nach Klinger also selbst darüber entscheiden, was mit ihm geschehe. Deshalbkönne er niemanden beschuldigen außer sich selbst, wenn er am Ende in der Hölle landete. InFausts Leben, Taten und Höllenfahrt macht Leviathan dieses am Ende des Romans deutlich:Tor, warst du nicht frei geschaffen? Trugst, empfandest du nicht, wie alle, die imFleische leben, den Trieb zum Guten, wie zum Bösen, in deiner Brust? [...] Warum341 Fausts Leben, Taten und Höllenfahrt, S. 200.342 Geerdts: F. M. Klingers Faust-Roman..., S. 74.343 ebd., S. 75.344 Bei Goethe ist das Streben allerdings nicht moralisch gedeutet; es geht um eine außermoralische Wette. DasStreben ist bei Goethe etwas, was in dem Menschen angelegt ist, die Unterscheidung zwischen „gut” und „böse”gibt es nicht mehr, da das Streben sowohl nach dem Positiven (also nach dem christlichen „Guten”) als auchnach dem Negativen (nach dem christlichen „Bösen”) als positiv angesehen wird. Dazu mehr im Kapitel IV.IIA.3.345 Siehe hierzu auch Geerdts: F. M. Klingers Faust-Roman..., S. 75: „Goethe wie Klinger also proklamierten dieTapferkeit, die nimmermüde soziale Aktivität des bürgerlichen Menschen, der nach Erkenntnis und Produktivitätstrebt, als höchste Werte.”346 Lubkoll: „und wär’s ein Augenblick...”, S. 99.347 Fausts Leben, Taten und Höllenfahrt , S. 214, Anm.97
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