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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Welche Gründe aber waren ausschlaggebend für Klingers Faust, <strong>ein</strong>en Teufelspakt zuschließen?Durch die merkwürdige Erfindung der Buchdruckerei glaubte er sich endlich, die Torezum Reichtum, Ruhm und Genuß aufgesprengt zu haben. Er hatte s<strong>ein</strong> ganzesVermögen darauf gewandt, sie zur Vollkommenheit zu bringen, und trat nun vor dieMenschen mit s<strong>ein</strong>er Entdeckung; aber ihre Laulichkeit und Kälte überzeugten ihnbald, daß er, der größte Erfinder s<strong>ein</strong>es Jahrhunderts, mit s<strong>ein</strong>em jungen Weibe unds<strong>ein</strong>en Kindern Hungers sterben könnte, wenn er nichts anders zu treiben wüßte. 308Faust kann nicht verstehen, warum die Menschen <strong>ein</strong>e so große und bedeutsame Erfindungnicht akzeptieren wollen, warum sie sie geradezu ablehnen. „War dies <strong>ein</strong>e Zeit für Faustenund s<strong>ein</strong>e Erfindung?” 309Er fing für immer an zu glauben, daß die Gerechtigkeit nicht den Vorsitz bei derAusteilung des Glücks der Menschen habe. Er nagte an dem Gedanken: wie undwoher es käme, daß der fähige Kopf und der edle Mann überall unterdrückt,vernachlässigt sei, im Elende schmachte, während der Schelm und der Dummkopfreich, glücklich und angesehen wären. 310Aus diesen Überlegungen entsteht für Klingers Faust das Motiv zum Pakt mit dem Teufel. Erfängt an, „an der Gerechtigkeit (Gottes und der Menschen)” 311 zu zweifeln. 312Er wollte den Grund des moralischen Übels, das Verhältnis des Menschen mit demEwigen erforschen. Wollte wissen, ob er es sei, der das Menschengeschlecht leite, undwenn? - woher die ihn plagenden Widersprüche entstünden? Er wollte die Finsterniserleuchten, die ihm die Bestimmung des Menschen zu umhüllen schien.Bei Klinger wird der traditionelle Wissensdrang umgedeutet; es geht hier nicht mehr um dieErkenntnissuche an sich, sie wird vielmehr an <strong>ein</strong>e gesellschaftliche Funktion gebunden. 313Dies bedeutet, dass Faust „des Menschen Bestimmung erfahren, die Ursach des moralischenÜbels in der Welt” 314 erfahren will; s<strong>ein</strong> Wunsch ist, zu zeigen, dass der Mensch in derGesellschaft <strong>ein</strong>en moralischen Wert besitzt, für den es sich lohnt, zu kämpfen, auch wenndas herrschende Gesellschaftssystem ungerecht ersch<strong>ein</strong>t. Um „des Menschen Bestimmung“zu erfahren, beschwört Faust den Teufel - nach <strong>ein</strong>er Formel, die er selbst entdeckt hat. 315308 Fausts Leben, Taten und Höllenfahrt, S. 10-11.309 Fausts Leben, Taten und Höllenfahrt , S. 15.310 Fausts Leben... S. 11.311 Mahal: Mephistos Metamorphosen. S. 304.312 Fausts Leben... S. 11.313 Lubkoll: „und wär’s <strong>ein</strong> Augenblick”. S. 99: „Nicht das herkömmliche Faustproblem bloßer Erkenntnissuchesteht hier zur Debatte, sondern die (gesellschaftliche) Moral ihrer Anwendung.”314 Fausts Leben... S. 46315 Fausts Leben... S. 9: „S<strong>ein</strong> erster Gewinn war die merkwürdige Erfindung der Buchdruckerei, der zweite warschaudervoller. Er entdeckte durch Forschen und Zufall die furchtbare Formel, den Teufel aus der Hölle zurufen, und ihm dem Willen des Menschen untertänig zu machen.“92

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