ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

13.07.2015 Aufrufe

Am Anfang des Puppenspiels fordert der Höllengott Pluto von Mephistophiles:Senge durch das üppige Feuer der Wollust die edlen Gefühle seiner Jugend ausseinem [Fausts] Herzen, treibe ihn hastig ins Leben, daß er sich schnell überlade.Wenn dann der Sinn der Wollust und des Genusses in ihm verdampft ist und derinnere Wurm erwacht, so zergliedere ihm mit höllischer Beredsamkeit dieFolgen seiner Taten. 166Mephistophiles, den Pluto „den grimmigsten Hasser der Menschheit” 167 nennt, wurde also derAuftrag gegeben, Faust „in das Reich der Finsternis zu befördern” 168 . Der Anstoß zu einemPakt mit den teuflischen Kräften kommt also in diesem Werk von der teuflischen Seite.Was treibt denn Faust, der von den teuflischen Plänen noch nichts weiß, zu der Beschwörungdes Teufels und zum späteren Pakt? Zum ersten Mal wird Faust hier mit dem BuchdruckerJohann Fust gleichgesetzt. 169 Faust ist der Erfinder des Buchdrucks, aber seine Erfindung wirdnicht ernst genommen. Er hat erwartet, dass er durch diese Erfindung „Ruhm und Ehre beiden Menschen” 170 findet, hat sich aber in dieser Annahme geirrt. Deshalb meint er, „zur Hölleallein” 171 flüchten zu können. Den ersten Anstoß zur Verbindung mit den teuflischen Kräftengab also der Wunsch nach Ruhm und Ehre.Als Mephistophiles zum ersten Mal erscheint, verspricht er Faust eben das, was dieserverlangt hat: „Ich bin ein unterirdischer Geist, der dir Ehre und Ruhm bei den Menschenverschaffen will” 172 . Faust wird jedoch gierig, bald reicht ihm nicht mehr das, was derteuflische Geist schon versprochen hat - nun will er auch „wissen, was der düstere Vorhangverbirgt, der vor unsern Augen gezogen ist” 173 . Hier tritt also auch der Wunsch nach mehrWissen auf, allerdings nur, um ihn einmal geäußert zu haben; vom Wissens- oderErkenntnisdurst ist danach kein einziges Mal die Rede. Daraus lässt sich schließen, dass dasElement des Wissens in den Puppenspielen keine tragende Rolle gespielt hat, und dass diePuppenspiele - wie auch das Faustbuch des Christlich Meynenden - von dem traditionellenFaustbild des erkenntnisdurstigen Wissenschaftlers abweichen.166 Das Puppenspiel Der weltberühmte Doktor Faust. In: Faust. Eine Anthologie., S. 204.167 Puppenspiel, S. 204.168 Puppenspiel, S. 204.169 Siehe auch Kap. III. 2. in dieser Arbeit (Der historische Faust).170 Puppenspiel, S. 205.171 Puppenspiel, S. 205.172 Puppenspiel, S. 206.173 Puppenspiel, S. 206.52

Auf dem Weg zum Pakt äußert Faust immer wieder neue Wünsche, die der Teufel ihmerfüllen soll. Zunächst möchte er nur Ruhm und Ehre bei den Menschen („die Welt soll nochlange von mir sprechen” 174 ). Als Faust Mephistophiles als den ‚schnellsten Geist’ gewählthat 175 , meint er, dass er sich „durch Genuß und Veränderung betäuben” 176 wolle. Der Aspektdes Genusses tritt also auch als ein Beweggrund für den Pakt auf. Wieder versprichtMephistophiles Faust das, was er begehrt:Ich will dir den Becher des Genusses voll und rauschend füllen, so wie er nochkeinem Sterblichen gefüllt wurde. Zähle den Sand am Meer, dann magst du die Zahlder Freuden zählen, die ich dir auftischen werde. 177Für die anderen, nicht ganz so schnellen Geister hat Faust auch jeweils eine Forderung 178 ;Oron soll seinen „Golddurst” löschen, Chil soll „das Feuer der Wollust in den Herzenkeuscher Weiber und Mädchen in lichte Flammen” setzen, Dilla besorgt ihm „einewohlbesetzte Tafel, mit niedlichen Speisen und Getränken”, und zu Pomon sagt Faustschließlich: „Dein Geschäft sei, Ekel und Überdruß aus meinem Herzen zu verjagen, dieschlummernden Begierden nach Genüssen in mir aufzustören, die stumpfen Sinne zu schärfenund jede Stunde meines Lebens durch neue Erfindungen und Reize zur Wollust zu einem Festzu machen”. Der Faust des Puppenspiels begehrt vom Teufel also fast ausschließlichmaterielle und sinnliche Dinge, von Erkenntnis und Wissen im wissenschaftlichen Sinne istnicht mehr die Rede. Der Hauptgrund, der Faust zum Teufelspakt trieb, war seine Lust auf einruhmvolles, luxuriöses und sexuell erfülltes Leben.Im Puppenspiel Der weltberühmte Doktor Faust tritt im Zusammenhang mit dem Teufelspaktein neuer interessanter Aspekt auf....und sollte ich außerstand sein, dich ganz zu sättigen, dann will ich dir deinenBundbrief zurückgeben. 179Zum ersten Mal tritt hier nun die Möglichkeit auf, dass der Pakt zwischen Faust und demTeufel nicht vollzogen und erfüllt werden muss. Es geht hier also zunächst um eine Wette, dieals Bedingung für den Pakt gelten sollte. Der Teufel verspricht Faust, dass er seine Wünscheerfüllen wird, sollte ihm aber seine Aufgabe misslingen, gäbe er den Pakt zurück und Faustwäre wieder frei. Faust hat im Puppenspiel die Freiheit, selbst über sein Schicksal zu174 Puppenspiel, S. 207.175 Faust hat ursprünglich sechs der schnellsten Höllengeister beschworen und hat von ihnen Mephistophilesausgewählt, da er der „schnellste” war, „so schnell als der Übergang von Guten zum Bösen” (Puppenspiel, S.213.)176 Puppenspiel, S. 213.177 Puppenspiel, S. 213-214.178 Für die folgende Aufzählung siehe S. 214 im Puppenspiel.179 Puppenspiel, S. 214.53

Am Anfang des Puppenspiels fordert der Höllengott Pluto von Mephistophiles:Senge durch das üppige Feuer der Wollust die edlen Gefühle s<strong>ein</strong>er Jugend auss<strong>ein</strong>em [Fausts] Herzen, treibe ihn hastig ins Leben, daß er sich schnell überlade.Wenn dann der Sinn der Wollust und des Genusses in ihm verdampft ist und derinnere Wurm erwacht, so zergliedere ihm mit höllischer Beredsamkeit dieFolgen s<strong>ein</strong>er Taten. 166Mephistophiles, den Pluto „den grimmigsten Hasser der Menschheit” 167 nennt, wurde also derAuftrag gegeben, Faust „in das Reich der Finsternis zu befördern” 168 . Der Anstoß zu <strong>ein</strong>emPakt mit den teuflischen Kräften kommt also in diesem Werk von der teuflischen Seite.Was treibt denn Faust, der von den teuflischen Plänen noch nichts weiß, zu der Beschwörungdes Teufels und zum späteren Pakt? Zum ersten Mal wird Faust hier mit dem BuchdruckerJohann Fust gleichgesetzt. 169 Faust ist der Erfinder des Buchdrucks, aber s<strong>ein</strong>e Erfindung wirdnicht ernst genommen. Er hat erwartet, dass er durch diese Erfindung „Ruhm und Ehre beiden Menschen” 170 findet, hat sich aber in dieser Annahme geirrt. Deshalb m<strong>ein</strong>t er, „zur Hölleall<strong>ein</strong>” 171 flüchten zu können. Den ersten Anstoß zur Verbindung mit den teuflischen Kräftengab also der Wunsch nach Ruhm und Ehre.Als Mephistophiles zum ersten Mal ersch<strong>ein</strong>t, verspricht er Faust eben das, was dieserverlangt hat: „Ich bin <strong>ein</strong> unterirdischer Geist, der dir Ehre und Ruhm bei den Menschenverschaffen will” 172 . Faust wird jedoch gierig, bald reicht ihm nicht mehr das, was derteuflische Geist schon versprochen hat - nun will er auch „wissen, was der düstere Vorhangverbirgt, der vor unsern Augen gezogen ist” 173 . Hier tritt also auch der Wunsch nach mehrWissen auf, allerdings nur, um ihn <strong>ein</strong>mal geäußert zu haben; vom Wissens- oderErkenntnisdurst ist danach k<strong>ein</strong> <strong>ein</strong>ziges Mal die Rede. Daraus lässt sich schließen, dass dasElement des Wissens in den Puppenspielen k<strong>ein</strong>e tragende Rolle gespielt hat, und dass diePuppenspiele - wie auch das Faustbuch des Christlich Meynenden - von dem traditionellenFaustbild des erkenntnisdurstigen Wissenschaftlers abweichen.166 Das Puppenspiel Der weltberühmte Doktor Faust. In: Faust. Eine Anthologie., S. 204.167 Puppenspiel, S. 204.168 Puppenspiel, S. 204.169 Siehe auch Kap. III. 2. in dieser Arbeit (Der historische Faust).170 Puppenspiel, S. 205.171 Puppenspiel, S. 205.172 Puppenspiel, S. 206.173 Puppenspiel, S. 206.52

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!