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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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allen verruchten Sündern, ihr aufgewachtes Gewissen wollen sie durch <strong>ein</strong>enSelbstmord stillen. 147Es soll Faust nicht gelingen, sich umzubringen, da dies nur <strong>ein</strong>e – unberechtigte – Fluchtwäre. Ein „verruchter Sünder“ bedarf <strong>ein</strong>er „härtern Strafe“. Das Ende Fausts siehtdementsprechend formal genauso aus, wie wir es von der Historia kennen: Faust wird nach<strong>ein</strong>em letzten Zusammentreffen mit s<strong>ein</strong>en „Studiosis“ (S. 186) in <strong>ein</strong>er Gaststätte entsetzlichermordet, die Leichenteile werden überall zerstreut aufgefunden, an den Wänden klebt Blutund Gehirnmasse. Es gelingt den Studenten jedoch, Fausts Überreste kirchlich zu bestatten,indem sie dem Pfarrer sagen, er sei <strong>ein</strong> „fremder Studente“ (S. 187) gewesen, den aber „widerVerhoffen <strong>ein</strong> schneller Fluß betroffen, der ihn gleich s<strong>ein</strong>es Lebens beraubet“ habe. 148 Durchdie Möglichkeit <strong>ein</strong>er kirchlichen Bestattung wird die Bedeutung des Teufelspaktes erneutneutralisiert: Wenn auch die kirchliche Bestattung „erschlichen“ wurde – dem Geistlichenwurde ja nicht die ganze Wahrheit über den Verstorbenen gesagt – ist es doch möglichgewesen, Faust den kirchlichen Segen auf s<strong>ein</strong>e letzte Reise mitzugeben.Das Verlangen nach Sinnlichkeit tritt verhältnismäßig spät in dem Faustbuch des „ChristlichMeynenden” auf. Etwa in der Mitte des Werks bereut Faust s<strong>ein</strong>e Taten und muss - hier wi<strong>ein</strong> der Historia - zur Strafe <strong>ein</strong>en erneuten Pakt unterschreiben. Danach wird er noch „böser”als vorher, hier erwacht auch s<strong>ein</strong>e sinnliche Leidenschaft. „In Gotha verunr<strong>ein</strong>igte er” zuerst„Valentin Hohenweyers Ehebette” 149 , und später, nahezu am Ende der 24-Jahresfrist, „mußte[er] wider s<strong>ein</strong> Versprechen <strong>ein</strong>en Appetit nach Weiberfleische bekommen” 150 . Er verliebtsich und will auch heiraten, aber da der Teufel ihm den Ehestand als von Gott gesetzteInstitution verbietet, darf er nicht heiraten. Stattdessen bekommt er „kurz darauf, aussonderbarer Gnade des Luzifers, die schöne Helena aus Griechenland zur Beischläferin” 151 .Hier kommt die dualistische Auffassung des Autors verschärft zum Ausdruck: Die Liebe gilt147 „Christlich Meynender”, S. 184f.148 In der Historia war von k<strong>ein</strong>er kirchlichen Bestattung die Rede, die „Magistri und Studenten“ (S. 123), diebei Fausts Tod dabei gewesen waren, hatten lediglich „so viel erlangt / dass man jhn in diesem Dorff begrabenhat“ (S. 123). Sie sprechen nicht mit <strong>ein</strong>em Pfarrer darüber, es geht nur um den Ort, nicht um die Art derGrablegung. In der späteren Fassung Pfitzers jedoch hatten die Studenten „mit Beyhülffe deß Wirths denzerstümmelten Leichnam in <strong>ein</strong> Leilacken <strong>ein</strong>genähet / und dem Pfarrherrn deß Orts anvermeldet / wie sie <strong>ein</strong>enfremden Studenten hätten das Geleite gegeben / welchen aber diese Nacht wider Verhoffen <strong>ein</strong> schneller Flußgetroffen / der ihn auch sobald s<strong>ein</strong>es Lebens beraubet; sie bäten den Herrn Pfarrer / er wollte es bey demSchultheissen anbringen / und um die Erlaubniß / solchen allhie zu begraben / bitten / sie wollten allen Unkostenauslegen“149 „Christlich Meynender“, S. 177.150 ebd., S. 181.151 ebd., S. 181.47

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