ein unmoralisches Angebot? - Ã bo Akademi
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schon daher, dasz die wörter frei und frech oft ineinander aufgehen, erklärt sich auch freiheit= frechheit, kühnheit”. Zu ‚Leichtfertigkeit’: „von gebot und sitte abweichendes treiben desmenschen”.Der Faust der Historia war wissensdurstig (und dies nicht hinsichtlich göttlicher Dinge),kühn, und sein Verhalten war von Gebot und Sitte abweichend. Alles Werte, die vomkirchlichen Standpunkt her äußerst fragwürdig waren. Somit wird Fausts Paktschließung mitdem Teufel begründet: er will über das theologische Wissen hinaus Neues erfahren, zu neuenErkenntnissen gelangen. In dem Pakttext der Historia ist dies folgendermaßen ausgedrückt:“Nach dem ich mir fürgenommen die Elementa zu speculieren / vnd aber […]solche Geschickligkeit in meinem Kopff nicht befinde / vnnd solches von denMenschen nicht erlehrnen mag / So hab ich gegenwertigen gesandtem Geist / der sichMephostophiles nennet / […] mich vntergeben / auch denselbigen / mich solcheszuberichten vnd zu lehren / mir erwehlet [...].” 90Da diese Art der Erkenntnissuche dem Menschen nach damaliger Auffassung unmöglich war– der Mensch konnte und durfte nur das erkennen, was ihm von Gott gegeben worden war –,musste Faust sich zum Teufel wenden. Wollte der Mensch mehr als Gott ihm gegeben hatte,musste er die gesetzten Grenzen überschreiten. 91„Für den anonymen, protestantischenVerfasser der Historia war jedenfalls dieser radikale Wille zur Grenzüberschreitung des vonbisherigen Normen Sanktionierten ein verabscheuenswürdiges Exempel” 92 . Dies äußert derVerfasser schon in der „Vorred an den Christlichen Leser”:Fromme Christen aber werden sich für solchen Verführungen vnd Blendungen deßTeuffels wissen zuhüten / vnnd bey dieser Historien bedencken die Vermahnung /Jacob. 4. Seit Gott vnterthänig / widerstehet dem Teuffel / so fleuhet er von euch /nähet euch zu Gott / so nähet er sich zu euch.” 93Neben dem Erkenntnisdurst sind in den Faust-Werken oft Lust, Sinnlichkeit und Liebe - oderdas Fehlen dieser Elemente - als zum Teufelspakt führende Beweggründe Fausts enthalten.Da diese in der Zeit des historischen Fausts noch relativ tabuisierte Dinge waren, wurde mitLust und Liebe etwas Teuflisches verbunden, außer wenn es um die eheliche Liebe ging. Aus90 Historia, Kap. 6, S. 22.91 Reske bemerkt in seinem Buch „Faust - Eine Einführung.” (S. 25.): „Vor uns steht das Bild des Titanen Faust,dessen Forschergeist der Flügel bedarf. Aber gerade das Streben nach entgrenzter Erkenntnis treibt Faust in dieHände des Teufels.” Reske behandelt die Historia also unhistorisch, d.h. aus der Perspektive der Goethe-Zeit.Zu der Zeit der Historia war Faust jedoch keine „Titan-Figur”, kein Vorbild eines Forschers, sondern einabschreckendes Beispiel.92 Siehe Mahal: Mephistos Metamorphosen. S. 217.93 Historia, Vorrede, S. 12.36
diesem Grund war es für die Dichter willkommen, dieses Thema als einen der Beweggründeaufzunehmen.Die Historia nimmt das Thema der Liebschaften auf, indem es in der „Vorred an denChristlichen Leser” heißt:...vnnd nemmen die Teuffelsbeschwerer selten ein gut Ende / wie auch an D.Johann Fausto zusehen / der noch bey Menschen Gedächtnuß gelebet / seineVerschreibung vnnd Bündtnuß mit dem Teuffel gehabt / viel seltzamer Abenthewr vndgrewliche Schandt und Laster getrieben / mit fressen / sauffen / Hurerey vnd allerVppigkeit [...]. 94Den Faust der Historia hat nicht die Sehnsucht nach Liebe zum Teufelspakt getrieben, aberdem Verfasser der Historia war es von großer Bedeutung, dass er die späteren Liebschaftenund Begehren Fausts dem Teufel und dem teuflischen Bündnis „in die Schuhe schieben”konnte. Da zu dieser Zeit (die Historia erschien im Jahre 1587) Liebe und Sexualität offiziellnur in die Ehe gehörten, wurde jedes kleine „Abenteuer” außerhalb einer Ehe als unmoralischund teuflisch angesehen.Zu dem / so könnte er in keinen Ehestandt gerahten / dieweil er nicht zweyen Herrn /als Gott vnd jhme / dem Teuffel / dienen könnte. Dann der Ehestand ist ein Werck deßHöchsten / wir aber seind dem gar zuwider / denn was den Ehebruch vnd Vnzuchtbetrifft / das kompt vns allen zu gutem. [...] Wo du hinfüro in deiner Zusagungbeharren wirst / sihe / so wil ich deinen Wollust anders ersättigen / daß du in deinenTagen nichts anders wünschen wirst / vnd ist diesses: So du nit kanst Keusch leben /so wil ich dir alle Tag vnd Nacht ein Weib zu Bett führen. 95Auch wenn der sexuelle Trieb nicht der eigentliche Beweggrund Fausts zum Teufelspakt ist,wird die sexuelle Seite des „Bösen” im Laufe der Historia sehr betont. Die Historia wollteihre Geschichte den Lesern zum „schrecklichen Beyspiel / abscheuwlichen Exempel / vndtreuwhertziger Warnung” 96 setzen, sie wollte zeigen, was es zur Folge haben kann, wenn mansich mit dem Bösen verbündet, und da die Sünden im sexuellen Bereich den Menschen oft amnächsten lagen, konnte der Verfasser sie zu diesem Zweck gut anwenden.Geriehte auch in eine solche Brunst vnd Vnzucht / daß er Tag vnd Nacht nachGestalt der schönen Weiber trachtete / daß / so er heut mit dem Teuffel Vnzucht triebe/ Morgen einen andern im Sinn hatte. 97Unkeuschheit war, wie Hoffart, eine der sieben Todsünden, die sich in 24 „untterschayd oderanheng” teilte, darunter u.a. „tägliche unkeusch, nachtliche unkeusch, beschwechung der94 Historia, Vorrede, S. 11.95 Historia, Kap. 10, S. 28-29.96 Historia, Titelblatt, S. 3.97 Historia, Kap. 10, S. 29.37
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schon daher, dasz die wörter frei und frech oft in<strong>ein</strong>ander aufgehen, erklärt sich auch freiheit= frechheit, kühnheit”. Zu ‚Leichtfertigkeit’: „von gebot und sitte abweichendes treiben desmenschen”.Der Faust der Historia war wissensdurstig (und dies nicht hinsichtlich göttlicher Dinge),kühn, und s<strong>ein</strong> Verhalten war von Gebot und Sitte abweichend. Alles Werte, die vomkirchlichen Standpunkt her äußerst fragwürdig waren. Somit wird Fausts Paktschließung mitdem Teufel begründet: er will über das theologische Wissen hinaus Neues erfahren, zu neuenErkenntnissen gelangen. In dem Pakttext der Historia ist dies folgendermaßen ausgedrückt:“Nach dem ich mir fürgenommen die Elementa zu speculieren / vnd aber […]solche Geschickligkeit in m<strong>ein</strong>em Kopff nicht befinde / vnnd solches von denMenschen nicht erlehrnen mag / So hab ich gegenwertigen gesandtem Geist / der sichMephostophiles nennet / […] mich vntergeben / auch denselbigen / mich solcheszuberichten vnd zu lehren / mir erwehlet [...].” 90Da diese Art der Erkenntnissuche dem Menschen nach damaliger Auffassung unmöglich war– der Mensch konnte und durfte nur das erkennen, was ihm von Gott gegeben worden war –,musste Faust sich zum Teufel wenden. Wollte der Mensch mehr als Gott ihm gegeben hatte,musste er die gesetzten Grenzen überschreiten. 91„Für den anonymen, protestantischenVerfasser der Historia war jedenfalls dieser radikale Wille zur Grenzüberschreitung des vonbisherigen Normen Sanktionierten <strong>ein</strong> verabscheuenswürdiges Exempel” 92 . Dies äußert derVerfasser schon in der „Vorred an den Christlichen Leser”:Fromme Christen aber werden sich für solchen Verführungen vnd Blendungen deßTeuffels wissen zuhüten / vnnd bey dieser Historien bedencken die Vermahnung /Jacob. 4. Seit Gott vnterthänig / widerstehet dem Teuffel / so fleuhet er von euch /nähet euch zu Gott / so nähet er sich zu euch.” 93Neben dem Erkenntnisdurst sind in den Faust-Werken oft Lust, Sinnlichkeit und Liebe - oderdas Fehlen dieser Elemente - als zum Teufelspakt führende Beweggründe Fausts enthalten.Da diese in der Zeit des historischen Fausts noch relativ tabuisierte Dinge waren, wurde mitLust und Liebe etwas Teuflisches verbunden, außer wenn es um die eheliche Liebe ging. Aus90 Historia, Kap. 6, S. 22.91 Reske bemerkt in s<strong>ein</strong>em Buch „Faust - Eine Einführung.” (S. 25.): „Vor uns steht das Bild des Titanen Faust,dessen Forschergeist der Flügel bedarf. Aber gerade das Streben nach entgrenzter Erkenntnis treibt Faust in dieHände des Teufels.” Reske behandelt die Historia also unhistorisch, d.h. aus der Perspektive der Goethe-Zeit.Zu der Zeit der Historia war Faust jedoch k<strong>ein</strong>e „Titan-Figur”, k<strong>ein</strong> Vorbild <strong>ein</strong>es Forschers, sondern <strong>ein</strong>abschreckendes Beispiel.92 Siehe Mahal: Mephistos Metamorphosen. S. 217.93 Historia, Vorrede, S. 12.36