ein unmoralisches Angebot? - Ã bo Akademi
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gesammelten volkstümlichen Geschichten). Die Faust-Sage „lebt“ sozusagen in Finnland undSchweden noch weiter, und wird als Grundlage für neuartige, moderne Interpretationengenutzt, wohingegen die Sage in Deutschland seit Thomas Manns Roman Doktor Faustuskeine Neubearbeitungen mehr erfahren hat. Das Interesse am Thema Faust ist jedochweiterhin in seinem Heimatland vorhanden, davon zeugen nicht zuletzt Theateraufführungenwie beispielsweise Peter Steins Monumentalinszenierung von Goethes Faust im Rahmen derEXPO2000 in Hannover oder Peter Ries’, Peter Schützes und Justus Ulbrichts „szenischeCollage“ Luther und Faust in Wittenberg, ebenso im Jahr 2000.Das traditionelle Bild von Faust ist das eines frustrierten Wissenschaftlers, der, nach mehrWissen ringend, sich dem Teufel verschreibt. Dies trifft für viele Werke zu, aberinteressanterweise sind in meiner Auswahl der Faust-Werke verhältnismäßig wenige„traditionelle” Faust-Gestalten vertreten.Im ältesten Volksbuch, der ‘Historia’ von 1587, kommt das Motiv desErkenntnisstrebens zum Vorschein, es herrscht dort sogar vor […]. Derunbefangene, ebenso naive Lebensgenuß bildet noch eine ungeschiedene Einheitmit jenem. In den folgenden Volksbüchern und -spielen tritt das Motiv desErkenntnistriebs zurück. Fausts Streben ist dort fast ausschließlich auf Reichtum, Ehreund Wollust gerichtet. 865Der Wissensdurst ist nicht immer das zentrale Motiv für den Teufelspakt, aber auch wennFaust andere Motive (Geld, Glück, Ruhm, Liebe, Schönheit) zum Pakt mit dem Teufeltreiben, wird er trotzdem nahezu immer, zumindest in Deutschland, als ein Wissenschaftlerdargestellt, den die „herkömmlichen“ Wissenschaften nicht befriedigen. Entweder will erdann - so die „traditionelle” Auffassung - über das in die Wissenschaften gebundene Wissenhinaus zu dem „Göttlichen”, zu dem absoluten Wissen streben, oder aber er lehnt dengesamten Bereich der Wissenschaften ab und sucht Antworten auf seine Fragen durch Geld,Glück, Ruhm oder Liebe. In diesem zuletzt genannten Fall glaubt Faust also, durch keinerleiWissen mehr befriedigt werden zu können. Im fenno-skandinavischen Bereich ist Faust nichtnotwendigerweise ein Wissenschaftler, jedoch ein Suchender, der Antworten auf die ihnplagenden Fragen und Zweifel sucht. Dabei spielt der Beruf der Faust-Gestalt keineentscheidende Rolle.Diese Untersuchung zeigt, dass das, was sonst mit „Faust” oder dem „Faustischen” verknüpftwird (Wissensdurst, Erkenntnisstreben, über die dem Menschen gesetzten Grenzen hinaus865 Doke: Faustdichtungen des Sturm und Drang. S. 44.300
wollen), nicht unbedingt für alle Faust-Gestalten zutrifft, dass aber diese von dem„traditionellen Faust-Bild” abweichenden Faust-Gestalten keineswegs weniger „faustisch”sind. Im Gegenteil beweist die Vielfalt der Bearbeitungen und Interpretationen, dass der Stoff„Faust” vielseitig ist, und dass es für unterschiedliche Zwecke verwendet werden kann.Gerade die sehr modernen finnischen und schwedischen Werke zeigen, dass der Stoff auch inder modernen Welt dazu geeignet ist, auf Probleme in der Gesellschaft, oder aufUngereimtheiten der herrschenden Normen und Regeln – oder der Normen- undRegellosigkeit – hinzuweisen.„Faust ohne den Teufelspakt, hat man gesagt, wäre nicht Faust” 866 . Dies hat auch meineArbeit gezeigt: der Teufelspakt ist ein zentraler Bestandteil der Faust-Tradition, er istgeradezu ein Merkmal eines „faustischen” Werkes. Mit Faust verbindet man automatisch einteuflisches Wesen und eine Verbindung zwischen diesen beiden ist immer vorhanden oderwird zumindest angedeutet. Der Teufelspakt ist das tragende Element der Faust-Tradition; dieTeufel, die als Paktpartner auftreten, sind unterschiedlich, die Beweggründe Fausts für denTeufelspakt variieren, manchmal ist der Paktschluss dem Protagonisten zunächst nicht einmalbewusst, aber der Pakt als solcher, das Bündnis mit einer „bösen Kraft” bleibt. 867Die Forschung zur Faust-Tradition wird wohl nie enden. Es gibt unzählig viele Aspekte inden mittlerweile unzählig vielen Faust-Werken, die noch untersucht werden können. DieAbsicht dieser Arbeit war, den Teufelspakt als einen zentralen Aspekt in einer Auswahldeutsch-, finnisch- sowie schwedischsprachiger Faust-Werke zu untersuchen, und die(un)moralischen Aspekte des Teufelspaktes zu erläutern sowie auf die Unterschiede in derDeutung eines Paktes in den verschiedenen Ländern hinzuweisen. Während meinerBeschäftigung mit dem Faust-Thema habe ich einige weitere Lücken in der Forschungentdeckt, die in weiteren Arbeiten geschlossen werden können.Adalbert von Chamissos Faust. Ein Versuch ist in der neueren Literaturforschung nur sehrdürftig untersucht worden. Dabei kann die vorliegende Arbeit darauf hinweisen, dass dasWerk durchaus nicht nur als „unreifes Jugendwerk” betrachtet werden sollte, sondern dass esdurchaus mehr Beachtung verdient hätte.Auch Christian Dietrich Grabbes Don Juan und Faust wird in der Sekundärliteratur oft nichternst genommen. Das literarische Niveau in seinem Werk wird häufig - im Vergleich zu866 Könneker: Das Teufelspakt im Faustbuch. In: Baron: Das Faustbuch von 1587. S. 1.867 Gemeint ist eine “negativ geladene” Gegenkraft, die in jedem Werk, wie festgestellt, anders aussehen kann.301
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wollen), nicht unbedingt für alle Faust-Gestalten zutrifft, dass aber diese von dem„traditionellen Faust-Bild” abweichenden Faust-Gestalten k<strong>ein</strong>eswegs weniger „faustisch”sind. Im Gegenteil beweist die Vielfalt der Bearbeitungen und Interpretationen, dass der Stoff„Faust” vielseitig ist, und dass es für unterschiedliche Zwecke verwendet werden kann.Gerade die sehr modernen finnischen und schwedischen Werke zeigen, dass der Stoff auch inder modernen Welt dazu geeignet ist, auf Probleme in der Gesellschaft, oder aufUngereimtheiten der herrschenden Normen und Regeln – oder der Normen- undRegellosigkeit – hinzuweisen.„Faust ohne den Teufelspakt, hat man gesagt, wäre nicht Faust” 866 . Dies hat auch m<strong>ein</strong>eArbeit gezeigt: der Teufelspakt ist <strong>ein</strong> zentraler Bestandteil der Faust-Tradition, er istgeradezu <strong>ein</strong> Merkmal <strong>ein</strong>es „faustischen” Werkes. Mit Faust verbindet man automatisch <strong>ein</strong>teuflisches Wesen und <strong>ein</strong>e Verbindung zwischen diesen beiden ist immer vorhanden oderwird zumindest angedeutet. Der Teufelspakt ist das tragende Element der Faust-Tradition; dieTeufel, die als Paktpartner auftreten, sind unterschiedlich, die Beweggründe Fausts für denTeufelspakt variieren, manchmal ist der Paktschluss dem Protagonisten zunächst nicht <strong>ein</strong>malbewusst, aber der Pakt als solcher, das Bündnis mit <strong>ein</strong>er „bösen Kraft” bleibt. 867Die Forschung zur Faust-Tradition wird wohl nie enden. Es gibt unzählig viele Aspekte inden mittlerweile unzählig vielen Faust-Werken, die noch untersucht werden können. DieAbsicht dieser Arbeit war, den Teufelspakt als <strong>ein</strong>en zentralen Aspekt in <strong>ein</strong>er Auswahldeutsch-, finnisch- sowie schwedischsprachiger Faust-Werke zu untersuchen, und die(un)moralischen Aspekte des Teufelspaktes zu erläutern sowie auf die Unterschiede in derDeutung <strong>ein</strong>es Paktes in den verschiedenen Ländern hinzuweisen. Während m<strong>ein</strong>erBeschäftigung mit dem Faust-Thema habe ich <strong>ein</strong>ige weitere Lücken in der Forschungentdeckt, die in weiteren Arbeiten geschlossen werden können.Adalbert von Chamissos Faust. Ein Versuch ist in der neueren Literaturforschung nur sehrdürftig untersucht worden. Dabei kann die vorliegende Arbeit darauf hinweisen, dass dasWerk durchaus nicht nur als „unreifes Jugendwerk” betrachtet werden sollte, sondern dass esdurchaus mehr Beachtung verdient hätte.Auch Christian Dietrich Grabbes Don Juan und Faust wird in der Sekundärliteratur oft nichternst genommen. Das literarische Niveau in s<strong>ein</strong>em Werk wird häufig - im Vergleich zu866 Könneker: Das Teufelspakt im Faustbuch. In: Baron: Das Faustbuch von 1587. S. 1.867 Gem<strong>ein</strong>t ist <strong>ein</strong>e “negativ geladene” Gegenkraft, die in jedem Werk, wie festgestellt, anders aussehen kann.301