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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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schafft“, zumindest für Göran sch<strong>ein</strong>t es so. Am Ende hat Göran den Grund s<strong>ein</strong>er Unruhegefunden und wird ruhig. Dies gilt in diesem Roman als Görans Rettung. Wir sind weit wegvon <strong>ein</strong>er allgem<strong>ein</strong>en, gesellschaftlich oder religiös bedingten Rettung <strong>ein</strong>er Faust-Gestalt.Stattdessen beschäftigen wir uns mit <strong>ein</strong>er sehr modernen, vollkommen privaten Rettung: FürGöran war das Finden des Unruheverursachers die Antwort auf s<strong>ein</strong>e Frage. Er ist nun <strong>ein</strong>„neuer Mensch“, hat s<strong>ein</strong>e Ruhe in s<strong>ein</strong>er Unruhe, in Christus, gefunden. Dies kann jedochnicht als <strong>ein</strong>e christliche Rettung verstanden werden, denn immer noch sind Görans Ansichtenüber das traditionelle Christentum nicht mit den allgem<strong>ein</strong>en Vorstellungen konform. Diechristliche Moral spielt somit hier k<strong>ein</strong>e Rolle; vielmehr geht es um <strong>ein</strong>e individuelle Rettung,nur für Göran selbst begründet, ohne äußere Instanzen. Er hat s<strong>ein</strong>en eigenen Gott undChristus gefunden, das reicht für s<strong>ein</strong>e eigene, subjektive Rettung.In Göran Häggs Doktor Elgcrantz eller Faust i Boteå geht es auch nicht um <strong>ein</strong>e traditionelleFaust-Gestalt, sondern um <strong>ein</strong>en Universitätsdozenten, der eigentlich ganz unbewusst in <strong>ein</strong>enPakt mit den „bösen Kräften“ gerät. S<strong>ein</strong>e neue Freundin Hélène spielt <strong>ein</strong>e (ver)führendeRolle, schafft es, dass Mårten Elgcrantz sich aus s<strong>ein</strong>em „guten“, normalen Leben loslöst undetwas auf den ersten Blick Aufregendes, Befreiendes tut. Hélène verführt Elgcrantz zu <strong>ein</strong>emGeschlechtsakt, also geschieht die Besiegelung des Paktes auf ähnlichem Wege wie beiAdrian Leverkühn in Thomas Manns Roman. Allerdings ist von <strong>ein</strong>em Pakt nie die Rede,bevor am Schluss drei Männer in Elgcrantz’ Büro kommen, um ihn auf den Vertragaufmerksam zu machen. Dies geschieht jedoch im allerletzten Kapitel, das ebenso gut derPhantasie Hélènes entspringen könnte und somit nicht unbedingt den tatsächlichen Hergangder Geschichte schildert.Der mehrdeutige Schluss dieses Romans lässt – wenn auch mit ganz anderen Vorzeichen undVoraussetzungen – an Lenaus Faust-Gedicht denken. Hier wie dort ist beides möglich, <strong>ein</strong>eRettung und <strong>ein</strong>e Verdammnis, und letztendlich ist die Entscheidung dem jeweiligen Leserüberlassen. Nach Elgcrantz’ eigener Aussage zu beurteilen ist s<strong>ein</strong> Leben gut verlaufen, er hatalles, was er sich wünscht, bekommen und fühlt sich wohl. Nach Hélènes letztem Entwurf istnach 24 Jahren – auch dies <strong>ein</strong> Hinweis auf die Verwandtschaft mit der Faust-Tradition – dieZeit gekommen, dass Elgcrantz sterben muss, und zwar <strong>ein</strong>es grausamen Todes.Bei der Entscheidung über Rettung und Verdammnis spielt die Religion hier absolut k<strong>ein</strong>eRolle. Es geht in k<strong>ein</strong>em Abschnitt des Romans um etwas Religiöses. Die Regeln undNormen, die Mårten Elgcrantz hier zunächst befolgt und dann bricht, sind r<strong>ein</strong>gesellschaftlicher und persönlicher Art. Eine „Verdammnis“, <strong>ein</strong>e wirkliche Höllenfahrt also,294

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