ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

13.07.2015 Aufrufe

Faust hat selbst weder Texte veröffentlicht, noch stammen von ihm autobiographischeZeugnisse. 48 Das einzige einigermaßen glaubwürdige, von ihm stammende Zeugnis ist eine„Visitenkarte”, auf der Faust seine Berufsbezeichnung bzw. seine Fähigkeiten mitteilt. DerWortlaut dieser Karte ist aus einem Brief des Abtes Trithemius an Johannes Virdung, einemunbescholtenen Astrologen, bekannt.Magister Georgius Sabellicus Faustus iunior, fons necromanticorum, astrologus,magus secundus, chiromanticus, agromanticus, pyromanticus in hydra artesecundus.Auf Deutsch also:Magister Georgius Sabellicus, Faustus iunior, Quelle der Nekromanten, Astrologe,zweiter Magus, Chiromant, Agromant, Pyromant und in der Hydromantie zweiter. 49Aus dieser Visitenkarte wird deutlich, dass Faust sich mit den mantischen Künsten befasste,sein Selbstbewusstsein kaum Grenzen kannte (sich als „Quelle der Nekromanten” zubezeichnen dürfte schon beinahe als Prahlerei gelten), dass er aber auch Vorbilder in derGeschichte der Magier hatte („Faust iunior”, „zweiter Magus”). 50Von dem historischen Faust ist also sehr wenig bekannt. Wir wissen, dass er tatsächlich gelebthat, dass er Magier und Astrologe war, und dass er den Doktortitel führte – ob durch einUniversitäts- oder Selbststudium erworben, ist wiederum nicht eindeutig gesichert. Es istebenfalls unmöglich, den genauen Geburtsort Fausts anzugeben, da es darüberunterschiedliche Theorien gibt. Ein Lebenslauf, der so unvollständig ist, eignet sich natürlichsehr gut als Grundstoff einer Sage - die Lücken kann jeder beliebig füllen. Kreuzer schreibt:Man stellt sich hinter den Anekdoten, brieflichen Äußerungen und sonstigenZeugnissen einen (oder mehr als einen) Ketzer oder Freigeist vor, mit hoch undniedrig verkehrend, vagierend und trickreich, bombastisch auftretend, mittheologischen und naturwissenschaftlich-medizinischen Kenntnissen, in magischenKunststücken der Zeit erfahren, mit hypnotisch-suggestiven Fähigkeiten ausgestattet.Den Behörden ist er ein Greuel; humanistische Gelehrte, die ihm seine Popularitätmißgönnen, verschreien ihn als Scharlatan und marktläufigen Schelm;Kirchenmännern gilt er als Abtrünniger, Lutheranern als Teufelsbündner. Eine Figurzwischen den sozialen Schichten: dem abergläubischen Volk, den bürgerlichhöfischenGelehrten, den fahrenden Gauklern, und eine Figur zwischen den geistigen48 Nach Fausts Tod wurden mehrere Höllenzwänge “gefunden”, die angeblich von dem historischen Fauststammten, was aber nie nachgewiesen werden konnte. Erläutert werden einige dieser Höllenzwänge beiKiesewetter (1893/1963), S. 263-315.49 Der lateinische Text zitiert aus Baron/Auernheimer: War Dr. Faustus in Kreuznach? S. 147; die deutscheÜbersetzung ebd, S. 150.50 Aufgrund der Selbstbezeichnung „zweiter Magus“ war es einerseits üblich, Faustus als Nachfolger von SimonMagus (siehe oben, Kap. III. 1) zu sehen, da an diesem bereits etwas „Teuflisches“, ein schlechter Ruf haftete.Andererseits aber galt Zoroaster als der erste „Magus“, der erste Magier also. Folglich sah sich Faustus selbstsicherlich eher als ein Nachfolger von ihm.24

Fronten: partizipierend an zaubergläubiger Theologie, kritischer Philosophie undempirischer Naturwissenschaft. 5151 Kreuzer: Zur Geschichte der literarischen Faust-Figur, S. 10.25

Fronten: partizipierend an zaubergläubiger Theologie, kritischer Philosophie undempirischer Naturwissenschaft. 5151 Kreuzer: Zur Geschichte der literarischen Faust-Figur, S. 10.25

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!