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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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sammeln und lechzend betrachten, können ihn nicht be<strong>ein</strong>drucken. 775 Er empfindet nur Ekel,wenn er solches sieht. Göran steht für echte Gefühle und Empfindungen, für Wahrhaftigkeit,nicht für Flüchtigkeit. S<strong>ein</strong> Problem ist, dass er die Wahrhaftigkeit und Echtheit, die er sucht,niemals finden kann. Er findet immer etwas, was <strong>ein</strong>en Bruch in s<strong>ein</strong>er Welt hervorruft – seies <strong>ein</strong> Bruch in s<strong>ein</strong>er Überzeugung oder aber auch in der Liebe. Göran ist niemals zufrieden.Diese Eigenschaft des nie zu sättigenden, immer weiter suchenden Menschen kann durchaus„typisch faustisch“ genannt werden. Wenn man also davon ausgeht, dass Göran <strong>ein</strong>en stillenPakt mit dem Teufel – in diesem Falle also mit s<strong>ein</strong>em eigenen, reizenden und unzufriedenenGeist – geschlossen hat, dann ist die Liebesunfähigkeit <strong>ein</strong>e logische Folge davon, konformmit der restlichen Faust-Tradition. Sie wird jedoch nicht von <strong>ein</strong>er teuflischen Instanzbestimmt, d.h. die Liebesunfähigkeit sch<strong>ein</strong>t Göran quasi angeboren zu s<strong>ein</strong>, nicht wiebeispielsweise im Volksbuch durch <strong>ein</strong> explizites Verbot des Teufels angeordnet. 776Bolanders Stil zu schreiben ist recht fragmentarisch und episodenhaft. Er lässt s<strong>ein</strong>enProtagonisten in Kandidat Faust viel reisen, s<strong>ein</strong>e Wahrheit an den verschiedensten Ortensuchen und die unterschiedlichsten Abenteuer erleben, aber jede Geschichte bleibtgewissermaßen eigenständig. Es gibt kaum „Abhängigkeiten“ zwischen den Kapiteln, jedesKapitel ist <strong>ein</strong>e Geschichte für sich. Diese Eigenschaft verstärkt sich noch imNachfolgeroman Mannen från Nasaret, sodass es immer schwieriger wird, <strong>ein</strong>enzusammenhängenden Lebenslauf für Göran zu bilden. Dies ist aber auch nicht die Funktiondes Textes. Vielmehr will Bolander hier die wichtigsten Etappen auf dem Weg der Suchenach Wahrheit schildern. In dieser Absicht liegt er vielen Bearbeitungen der Faust-Traditionnahe – auch das Volksbuch legte k<strong>ein</strong>en Wert auf die chronologische Reihenfolge undVollständigkeit der Informationen über Faust, sondern konzentrierte sich darauf, s<strong>ein</strong>eIntention, die „abschreckende“ Funktion der Sage herauszuarbeiten und zu verdeutlichen. 777775 Beispielsweise S. 72: „...Göran vill visa Evert sin Himlahålk. På hällen nedanför sitter Verner Bergström, hanskall också gå fram. ’Kom, grabbar, skall ni få se något’, han har ett trasigt och tummat kort, det är det gamlaLolakortet. ’Törs du inte titta, pelarhelgon’, han grinar hånfullt mot Göran. ’Följ med hem, jag har en massa finakort hemma.’ ’Kom med, Göran’, säger Evert och följer den talgögde Verner. ’Evert!’ Göran skriker till, så biterhan ihop tänderna. Skall vännen gå med till Gula huset […]? Skall han inte vända om? Göran står ensam kvar.”(Übers.: „...Göran möchte Evert s<strong>ein</strong>en Himmelsholk zeigen. Auf dem Hang etwas weiter unten sitzt VernerBergström, er soll auch mitgehen. ‚Kommt, Jungs, dann könnt ihr was sehen’, er hat <strong>ein</strong>e kaputte und dreckigeKarte, es ist die alte Lola-Karte. ‚Magst du nicht schauen, du Säulenheiliger’, grinst er Göran höhnisch an.‚Komm mit nach Hause, ich habe <strong>ein</strong>e Menge f<strong>ein</strong>e Karten daheim.’ ‚Komm mit, Göran’, sagt Evert und folgtdem talgäugigen Verner. ‚Evert!’ Göran schreit und beißt dann s<strong>ein</strong>e Zähne zusammen. Geht der Freund in dasGelbe Haus […]? Wird er sich nicht umdrehen? Göran bleibt all<strong>ein</strong> stehen.“)776 Vgl. auch mit der Gefühlskälte von Adrian Leverkühn in Thomas Manns Roman.777 Auch Nikolaus Lenau ist oft wegen der „Episodenhaftigkeit“ s<strong>ein</strong>es Faust-Gedichts kritisiert worden (sieheauch Kap. IV.II. A.5. , Anm. 475). Dieser Stil ist jedoch, bei ihm wie bei Bolander, als Stilmittel anzusehen,nicht als mangelnde schriftstellerische Fähigkeit.249

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