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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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voller Verzweiflung, die Geretteten und Verdammten seien nicht von<strong>ein</strong>ander zuunterscheiden – quasi wie zwei Seiten <strong>ein</strong>er Münze. In <strong>ein</strong>em gänzlich anderenZusammenhang in Manns Roman beschreibt der Erzähler Serenus Zeitblom <strong>ein</strong> WerkLeverkühns, Apokalipsis cum figuris:Das zuvor genommene Schrecknis ist zwar in dem unbeschreiblichen Kinderchor in<strong>ein</strong>e gänzlich andere Lage übertragen, zwar völlig uminstrumentiert undumrhythmisiert, aber in dem sirrenden, sehrenden Sphären- und Engelsgetön ist k<strong>ein</strong>eNote, die nicht, streng korrespondierend, auch in dem Höllengelächter vorkäme. 769Die Töne des Engelchores sind genau die gleichen, die im Höllengelächter vorkommen, nur,wenn man so will, in anderer „Verkleidung“. Sowohl Bolander als auch Mann stellen mitdiesen Vergleichen <strong>ein</strong>e Einheit des Guten und des Bösen dar; ohne das Eine könnte dasAndere nicht existieren, sie sind für<strong>ein</strong>ander unabdingbar. 770 Diese Erkenntnis führt Mannund Bolander jedoch am Ende zu sehr unterschiedlichen Endlösungen, was noch zu zeigens<strong>ein</strong> wird.Professor Bergius ist interessanterweise der <strong>ein</strong>zige Mensch in diesem Roman – außer derMefistoersch<strong>ein</strong>ung – der Göran „Kandidat Faust“ nennt. Im späteren Verlauf nennt Görans<strong>ein</strong>en Professor im Gegenzug „Professor Mefisto“; die Rollen sch<strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>deutig verteilt.Beachtenswert ist allerdings, dass hier nicht Professor Bergius, sondern Göran die – aus derchristlichen Sicht – „böseren“ Ansichten hat. Professor Bergius, auch wenn von s<strong>ein</strong>enKollegen als „ormen i Herrens örtagård“ genannt, ist letzten Endes doch eher <strong>ein</strong> Christ als<strong>ein</strong> Widergeist, er ist es nicht, der Göran verführen will. Vielmehr versucht er, Göran zuzeigen, dass der Weg zur Wahrheit über Demut führt, nicht über Hochmut. De facto ist alsoGöran nicht nur der faustische Mensch dieses Romans, sondern gleichzeitig s<strong>ein</strong> eigenerVerführer, der sich gern an allen zeitgenössischen gleich- oder ähnlich Gesinnten wendet, umsich mit ihnen auszutauschen und neue Anregungen zu bekommen, der sich aber mit denWahrheiten anderer niemals zufrieden s<strong>ein</strong> kann. Einen Teufelspakt hat er aus dieser Sicht<strong>ein</strong>zig mit sich selbst geschlossen, indem er sich entschied, sich von der Nichtexistenz Gotteszu überzeugen, die Wahrheit woanders als im Christentum zu suchen. Die äußeren Einflüsse,beispielsweise die Mefistoersch<strong>ein</strong>ung oder Professor Bergius, dienen zwar als Anreiz und769 Thomas Mann: Doktor Faustus, S. 503.770 In Manns Roman wird bereits viel früher, in den Vorlesungen des Dozenten Schleppfuß, auf diesegegenseitige Abhängigkeit des Guten und Bösen von<strong>ein</strong>ander hingewiesen, u.a. S. 140f: „Das Böse war weitböser, wenn es das Gute, das Gute weit schöner, wenn es das Böse gab, ja vielleicht – man könnte darüberstreiten – wäre das Böse überhaupt nicht bös, wenn es das Gute, - das Gute überhaupt nicht gut, wenn es dasBöse nicht gäbe.“247

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