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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Arten der Wahrheit gefunden, befriedigen diese ihn auch nicht, er muss stets weitersuchen.Diese Unruhe begreift Professor Bergius als die <strong>ein</strong>zige Religion, für Göran bedeutet diesjahrelange Unruhe und Rastlosigkeit.Der Gedanke, dass Gotteslästerung auch <strong>ein</strong>e Art Gottesdienst sei, ist für den deutschen Lesernicht unbedingt neu. In Thomas Manns Doktor Faustus begründet Adrian Leverkühn denWechsel s<strong>ein</strong>es Studienfachs von der Theologie zur Musik folgendermaßen:... – sie [die Musik] war Abtrünnigkeit, nicht vom Glauben, das war garnicht möglich,sondern im Glauben; Abtrünnigkeit ist <strong>ein</strong> Akt des Glaubens, und alles ist undgeschieht in Gott, besonders auch der Abfall von ihm. 767Abtrünnigkeit, also Abkehr von Gott, vergleichbar mit Görans Gotteslästerung in BolandersRoman, ist k<strong>ein</strong> Beweis dafür, dass man nicht mehr glaubt, sondern vielmehr, dass man sosehr glaubt, dass man vern<strong>ein</strong>en muss. Wenn schon der aufrichtige Glaube an Gott nichtmöglich ersch<strong>ein</strong>t, dann muss Gott auf das Heftigste negiert werden. Der Glaube an <strong>ein</strong>enGott muss also existieren, denn ohne <strong>ein</strong>en Glauben müsste der Mensch sich – bei Bolanderwie bei Mann – nicht von Gott loszulösen versuchen. Einem ungläubigen Menschen wäreGott folglich völlig bedeutungslos, warum sollte er etwas vern<strong>ein</strong>en, was für s<strong>ein</strong> Leben k<strong>ein</strong>eRolle spielt? Wenn der von Gott abfallende Mensch sich aber nicht durch explizitesVern<strong>ein</strong>en von dem großen und allmächtigen Gott loszulösen versucht, wird er alszweifelnder Mensch untergehen, was <strong>ein</strong> faustischer Mensch niemals akzeptieren könnte. DerAbfall von Gott dient als <strong>ein</strong> negativer Gottesbeweis; man muss an etwas glauben, um esnegieren zu können.Erneut haben wir <strong>ein</strong>en inhaltlichen Zusammenhang zwischen Thomas Manns und BolandersRomanen, ohne dass der <strong>ein</strong>e Kenntnis von dem anderen hätte haben können. Bolander istbereits 20 Jahre vor Mann auf <strong>ein</strong>er ähnlichen gedanklichen Linie, was <strong>ein</strong>e rechtüberraschende Erkenntnis ist, betrachtet man vor allem die Tatsache, dass Bolanders Romaneso gut wie unbekannt geblieben sind.Es kann noch <strong>ein</strong>e weitere Ähnlichkeit zwischen Mann und Bolander festgestellt werden: Wieoben erwähnt, war Professor Bergius der Ansicht, dass „de saliga, som lyssna tillänglakapellet Seraphim, äro inte att skilja från de fördömda, det är samma förtvivlan ianletsdragen“ 768 . Die Gesichtszüge der Geretteten und der Verdammten seien gleichermaßen767 Thomas Mann: Doktor Faustus, S. 177.768 S. 229f, Übers: „...die Seligen, die der Engelskapelle der Seraphim zuhören, sind nicht zu unterscheiden vonden Verdammten, da ist die gleiche Verzweiflung in den Gesichtszügen.“246

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