ein unmoralisches Angebot? - Ã bo Akademi
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Folket står packat i dörren och trappan, då en blek ung man stiger upp på estraden.Han har en arbetsblus under kavajen och grova skor på fötterna, han börjar läsa uppnågra verser ur Bergspredikan.Han talar lågt, lite valhänt, det är inte uppe i bergen men nere i en grotta, som hantalar. Hans ord äro inga eldslågor, som tända det torra gräset, de äro tunga, svartadroppar i droppstensgrottan. Så skönt molnet glänser genom fönstret, segla inte bort,sky!Den svarte mannen har tunga klackjärn på skorna, han måste gå tungt över ängen.Blommorna krossas under fötterna, förgätmigejen, blåklockorna, gullvivorna dö.Svarte man, hör du inte hur blommorna gråta, ser du inte daggdroppen som glänser?[…]Göran vaknar upp, han skälver i kroppen, var det inte Satan, som viskade? Mannen harstigit ned från estraden, salen börjar utrymmas, några kvinnor tränga sig fram för attröra vid den heliges kläder. ”Det var då hunsingen, vad den kunde tala”, sägergrosshandlar Jonsson i tamburen, ”den karlen är farlig han.” 686Es ist bezeichnend für Görans Lebenslauf, dass auch der Prediger, den er gern hört, voneinigen in der Gesellschaft als ”farlig” (gefährlich) bezeichnet wird. Wenn sich jemand traut,in ungewohnter Art und Weise zu predigen, wird er sogleich zu jemandem, vor dem man sichhüten sollte. Und auch in Görans eigenen Reaktionen ist diese Tendenz zu spüren: „War dasnicht Satan, der flüsterte?“ Er bezeichnet den Prediger als den „schwarzen Mann“, wasphysisch sicher auf die Predigerkutte hinweist, psychisch aber auch auf das Schwarze, wassich Görans Ansicht nach in der Kutte verbirgt, das schwarze Schaf gewissermaßen, sogarSatan selbst. Die Gegenüberstellung zwischen schwarz und weiß wird in diesem Roman nochhäufig eine Rolle spielen.Die Begegnung mit dem „gefährlichen“ Wanderprediger bleibt allerdings, wie viele andere imLaufe des Romans, eine recht oberflächliche. Immer wieder lernt Göran „verwandte Seelen“kennen, einmal ist es ein gleichaltriger Junge, der ähnliche Gedanken hegt wie er selbst,einmal ist es ein neuer Angestellter im Königlichen Postamt, ein junger Mann, derinteressante Diskussionen mit Göran führt. 687 Gemeinsam für alle Bekanntschaften Görans ist686 S. 53-54, Übers.: „Das Volk steht zusammengepackt an der Tür und auf der Treppe, als ein bleicher jungerMann auf die Bühne steigt. Er hat ein Arbeitshemd unter dem Sakko und grobe Schuhe an den Füßen, er fängtan, einige Verse aus der Bergpredigt zu lesen.Er hat eine tiefe, etwas steife Stimme, er spricht nicht oben auf den Bergen, sondern in einer Höhle. Seine Wortesind keine Feuerflammen, die das trockene Gras zünden, sie sind schwere, schwarze Tropfen in einerTropfsteinhöhle. Wie schön glänzen die Wolken durch das Fenster, segle nich weg, Wolke!Der schwarze Mann hat schwere Absatzeisen an seinen Schuhen, er muss sehr schwer über die Wiese gehen.Die Blumen werden unter den Füßen zerdrückt, Vergißmeinnicht, Blauglöckchen, Primel sterben. SchwarzerMann, hörst du nicht, wie die Blumen weinen, siehst du nicht den Tautropfen, der glänzt? […] Göran schrecktauf, sein Körper zittert, war das nicht Satan, der flüsterte? Der Mann ist von der Bühne hinunter gestiegen, derSaal wird langsam leer, einige Frauen drängeln sich vor, um die Kleider des Heiligen zu berühren. ‚DieserTeufelskerl, der konnte reden’, sagte Großhändler Jonsson im Flur, ‚der Kerl, der ist gefährlich.’ “687 Der gleichaltrige Junge, den Göran im Konfirmationsunterricht kennen lernt, heißt Evert Lindholm, siehe S.70ff, der Angestellte im Postamt heißt Nils Askeberg, siehe S. 83ff.220
aber, dass sie alle von recht kurzer Dauer sind und somit keinen bleibenden Rückhalt bieten,dass sie aber neue Ideen und Reize in ihm wecken. Er muss seine Wahrheit und seinen Gottimmer zwischen verschiedenen Aussagen finden; das, was zunächst der Weg zur Wahrheit zusein scheint, entpuppt sich immer im Nachhinein als ein Irrweg. Diese unermüdliche Suchenach dem richtigen Weg zur Wahrheit begleitet Göran letztendlich auch in seinem Studium,auf das hier später eingegangen wird.Sehr früh ist Göran klar, dass er die von ihm ersehnte Wahrheit immer weniger in dertraditionellen Lehre der Kirche finden kann. Alles, was dort gelehrt wird, hat für ihn keinefeste Grundlage, vielmehr wird seiner Meinung nach die Hälfte der Wahrheit verschwiegen.”Vite Krist, inte tog du lidandet ur världen. Vad visste du om lidandet, kände dusanningssökarens förtvivlan, drömde du skönhetens smärtedröm? Du var bara enherde, som ville vara konung. Men det finns en hjälte, som vågar kämpa med dennöjde Guden, Stormaren är hans namn. Kalla honom också Antikrist, men jagbekänner honom.” 688„Vite Krist“, „weißer Christus“ weist hier auf Jesus, der für die christliche Kirche der Erlöserist. Für Göran allerdings bedeutete dieser Christus nicht die Erlösung, sondern er war dieUrsache für immer weitere Fragen, für Unzufriedenheit und brennenden Zweifel. Jesus hattein Görans Augen nicht einmal kämpfen müssen, er besaß nicht die schmerzlichenErfahrungen eines Sterblichen: Jesus brauchte nicht nach der Wahrheit zu suchen, er musstesie nur verkünden. Wie konnte er also das Leiden der ganzen Welt tragen, wenn er das Leidennicht kannte? 689 Entsprechend konnte Göran diesen „weißen Christus“ nicht als sein alleinigesVorbild anerkennen, er brauchte jemanden, der auch für seine Sache kämpfen musste, der„sich zu kämpfen traute“ – auch wenn er der Antichrist wäre, analog zum weißen also ein„schwarzer Christ“. 690 Den Antichrist sieht er in vielen Personen der Geschichte verkörpert:das Neue wird immer verteufelt und als „Antichrist“ bezeichnet, die Wahrheit – auch die derKirche – modelliert sich im Laufe der Zeit:„Antikrist, det fick Luther heta också en gång. Det fick Kristus heta av fariséerna, detnya är alltid Antikrist. Men Minotaurus och Baal och vad de heta ha en gång varit688 S. 62, Übers.: „Weißer Christus, du hast die Welt nicht vom Leiden befreit. Was wusstest du vom Leiden,hast du den Schmerztraum der Schönheit geträumt? Du warst nur ein Hirte, der König sein wollte. Aber es gibteinen Helden, der es wagt, mit dem zufriedenen Gott zu kämpfen, Stürmer ist sein Name. Auch wenn man ihnAntichrist nennt, ich bekenne ihn.“ Die grammatisch veraltet klingende, religiöse Konstruktion „jemandenbekennen“ wird hier mit Absicht benutzt, da Göran sich gebetsartig an den Antichrist wendet und „ihn bekennt“.Vergleichbar mit verschiedenen alten Gebeten und Liedern, beispielsweise in Händels „Dettinger Te Deum“:„Wir bekennen dich, du bist der Herr“.689 Gemeint ist nicht das physische Leiden am Kreuz, sondern das psychische, gedankliche Leiden, dieSchmerzen verursachende Suche nach der endgültigen Wahrheit des Lebens.690 Erneut kommen hier die Gegensätze schwarz-weiß zur Sprache, wie im Falle des Wanderpredigers.221
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aber, dass sie alle von recht kurzer Dauer sind und somit k<strong>ein</strong>en bleibenden Rückhalt bieten,dass sie aber neue Ideen und Reize in ihm wecken. Er muss s<strong>ein</strong>e Wahrheit und s<strong>ein</strong>en Gottimmer zwischen verschiedenen Aussagen finden; das, was zunächst der Weg zur Wahrheit zus<strong>ein</strong> sch<strong>ein</strong>t, entpuppt sich immer im Nachhin<strong>ein</strong> als <strong>ein</strong> Irrweg. Diese unermüdliche Suchenach dem richtigen Weg zur Wahrheit begleitet Göran letztendlich auch in s<strong>ein</strong>em Studium,auf das hier später <strong>ein</strong>gegangen wird.Sehr früh ist Göran klar, dass er die von ihm ersehnte Wahrheit immer weniger in dertraditionellen Lehre der Kirche finden kann. Alles, was dort gelehrt wird, hat für ihn k<strong>ein</strong>efeste Grundlage, vielmehr wird s<strong>ein</strong>er M<strong>ein</strong>ung nach die Hälfte der Wahrheit verschwiegen.”Vite Krist, inte tog du lidandet ur världen. Vad visste du om lidandet, kände dusanningssökarens förtvivlan, drömde du skönhetens smärtedröm? Du var bara enherde, som ville vara konung. Men det finns en hjälte, som vågar kämpa med dennöjde Guden, Stormaren är hans namn. Kalla honom också Antikrist, men jagbekänner honom.” 688„Vite Krist“, „weißer Christus“ weist hier auf Jesus, der für die christliche Kirche der Erlöserist. Für Göran allerdings bedeutete dieser Christus nicht die Erlösung, sondern er war dieUrsache für immer weitere Fragen, für Unzufriedenheit und brennenden Zweifel. Jesus hatt<strong>ein</strong> Görans Augen nicht <strong>ein</strong>mal kämpfen müssen, er besaß nicht die schmerzlichenErfahrungen <strong>ein</strong>es Sterblichen: Jesus brauchte nicht nach der Wahrheit zu suchen, er musstesie nur verkünden. Wie konnte er also das Leiden der ganzen Welt tragen, wenn er das Leidennicht kannte? 689 Entsprechend konnte Göran diesen „weißen Christus“ nicht als s<strong>ein</strong> all<strong>ein</strong>igesVorbild anerkennen, er brauchte jemanden, der auch für s<strong>ein</strong>e Sache kämpfen musste, der„sich zu kämpfen traute“ – auch wenn er der Antichrist wäre, analog zum weißen also <strong>ein</strong>„schwarzer Christ“. 690 Den Antichrist sieht er in vielen Personen der Geschichte verkörpert:das Neue wird immer verteufelt und als „Antichrist“ bezeichnet, die Wahrheit – auch die derKirche – modelliert sich im Laufe der Zeit:„Antikrist, det fick Luther heta också en gång. Det fick Kristus heta av fariséerna, detnya är alltid Antikrist. Men Minotaurus och Baal och vad de heta ha en gång varit688 S. 62, Übers.: „Weißer Christus, du hast die Welt nicht vom Leiden befreit. Was wusstest du vom Leiden,hast du den Schmerztraum der Schönheit geträumt? Du warst nur <strong>ein</strong> Hirte, der König s<strong>ein</strong> wollte. Aber es gibt<strong>ein</strong>en Helden, der es wagt, mit dem zufriedenen Gott zu kämpfen, Stürmer ist s<strong>ein</strong> Name. Auch wenn man ihnAntichrist nennt, ich bekenne ihn.“ Die grammatisch veraltet klingende, religiöse Konstruktion „jemandenbekennen“ wird hier mit Absicht benutzt, da Göran sich gebetsartig an den Antichrist wendet und „ihn bekennt“.Vergleichbar mit verschiedenen alten Gebeten und Liedern, beispielsweise in Händels „Dettinger Te Deum“:„Wir bekennen dich, du bist der Herr“.689 Gem<strong>ein</strong>t ist nicht das physische Leiden am Kreuz, sondern das psychische, gedankliche Leiden, dieSchmerzen verursachende Suche nach der endgültigen Wahrheit des Lebens.690 Erneut kommen hier die Gegensätze schwarz-weiß zur Sprache, wie im Falle des Wanderpredigers.221