ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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13.07.2015 Aufrufe

Putti greift den Pakt zwischen dem teuflischen Kunstmäzen und Väätälä auf und entnimmtden Paktbedingungen, dass, sollte der Teufel oder einer seiner Bediensteten den Pakt jemalsin die Öffentlichkeit bringen, Arttu befreit wäre und – wie in alten Märchen – einen Wunschfrei hätte. Da Putti selbst derjenige ist, der diese Geschichte veröffentlichen will, erklärt ersich im Notfall – also wenn das nicht sowieso schon passiert ist – selbst zum Beauftragten desTeufels. Dadurch ist die Macht des Teufels über Väätälä gebrochen und der Wunsch ausseiner Rede – Kaijas Befreiung – soll in Erfüllung gehen. Wenn also all das, was in denBriefen geschrieben ist, der Wahrheit entspricht, ist auch diese Ausgangslösung „wahr“, undKaija und Arttu sind in der Tat in ein neues Leben befreit worden.Wie ist ein solcher Schluss zu deuten?Die Geschichte von Psyche und Faust heißt der Untertitel dieses Romans. In der alten Sagemusste die schöne Psyche durch die Wirkung einer Salbe in einen todesähnlichen Schlaffallen, bis der Göttersohn Amor sie mit einem sanften Flügelschlag weckte und bei Zeus umGnade für sie bat. Zeus war sanftmütig und machte Psyche unsterblich. So konnte sie mitihrem göttlichen Geliebten ewig zusammen bleiben. Faust (in der Historia) suchte nachErkenntnis, die anderen Menschen verborgen war, gewissermaßen also nach „göttlicher“Erkenntnis. Er suchte diese mit unlauteren Mitteln – eigensüchtig, ohne Mitgefühl und Liebefür andere Menschen – und wurde in die Hölle verdammt. Die Rollen dieser altenSagencharaktere sind in Nieminens Roman verdreht, haben aber durchaus noch einen Bezugzu ihren Vorbildern. Kaija Koskinen fällt in den Tod, der allerdings sehr lebensähnlich undtatsächlich lebendig ist. Sie wird von Arttu Väätälä, durch seine Liebe, befreit und darf mitihm ein neues Leben anfangen. Väätälä wiederum – der „faustische“ Held – sucht nach ewigwährender Schaffenskraft, ist bereit, um dies zu erreichen, sich auf ewig an einen Mäzen zubinden und bekommt dafür eine Strafe: das ewige Leben ohne Schöpferkraft. Diese höllischeStrafe findet ihr Ende in der Liebe zu Kaija, in einer die Grenzen der Zeit brechenden Liebe.Die Erfüllung der Träume ist für Kaija und Arttu nun ein normales Leben, keine Ewigkeitohne Anfang und Ende, wie bei Psyche, als sie Göttin wurde oder bei Faust, der ewig in derHölle schmoren sollte. Die traditionellen Moralauffassungen sind außer Kraft gesetzt, da das,solchen Lage könnte Väätälä also Kaija Koskinen aus den Fesseln des Todes befreien und würde selbst also einnormaler Sterblicher werden.Für den Fall, dass der Bund zwischen Kaija und Arttu nicht allein die Pförtner des Todes besänftigt hat, erkläreich mich, indem ich diesen Text veröffentliche, zum Beauftragten des Teufels.“210

was üblicherweise eine Strafe ist, nun wie eine Befreiung, und das, was vor allem imChristentum als Belohnung gilt, wie eine schlimme Strafe wirkt.Andererseits muss auch festgestellt werden, dass Kaijas Briefe hier wirklich etwasRevolutionäres haben und dass diese Ereignisse in keiner Weise von der traditionellenchristlichen Lehre erklärt werden können, sondern dass ganz neue Glaubensgrundsätzegeschaffen werden müssten, nicht nur für die Christen, sondern auch für andere Religionen.Der gesamte Kult um den Tod müsste eine andere Form annehmen, wenn das Wesen desTodes und der Ewigkeit neu definiert werden müssten.Insofern hat Nieminen mit diesem Werk etwas wahrhaftig Neues geschaffen; nicht nur eineFaust-Geschichte mit einem überraschenden Ausgang, sondern auch ein neues Szenario fürdas gesamte abendländische Denken.211

Putti greift den Pakt zwischen dem teuflischen Kunstmäzen und Väätälä auf und entnimmtden Paktbedingungen, dass, sollte der Teufel oder <strong>ein</strong>er s<strong>ein</strong>er Bediensteten den Pakt jemalsin die Öffentlichkeit bringen, Arttu befreit wäre und – wie in alten Märchen – <strong>ein</strong>en Wunschfrei hätte. Da Putti selbst derjenige ist, der diese Geschichte veröffentlichen will, erklärt ersich im Notfall – also wenn das nicht sowieso schon passiert ist – selbst zum Beauftragten desTeufels. Dadurch ist die Macht des Teufels über Väätälä gebrochen und der Wunsch auss<strong>ein</strong>er Rede – Kaijas Befreiung – soll in Erfüllung gehen. Wenn also all das, was in denBriefen geschrieben ist, der Wahrheit entspricht, ist auch diese Ausgangslösung „wahr“, undKaija und Arttu sind in der Tat in <strong>ein</strong> neues Leben befreit worden.Wie ist <strong>ein</strong> solcher Schluss zu deuten?Die Geschichte von Psyche und Faust heißt der Untertitel dieses Romans. In der alten Sagemusste die schöne Psyche durch die Wirkung <strong>ein</strong>er Salbe in <strong>ein</strong>en todesähnlichen Schlaffallen, bis der Göttersohn Amor sie mit <strong>ein</strong>em sanften Flügelschlag weckte und bei Zeus umGnade für sie bat. Zeus war sanftmütig und machte Psyche unsterblich. So konnte sie mitihrem göttlichen Geliebten ewig zusammen bleiben. Faust (in der Historia) suchte nachErkenntnis, die anderen Menschen verborgen war, gewissermaßen also nach „göttlicher“Erkenntnis. Er suchte diese mit unlauteren Mitteln – eigensüchtig, ohne Mitgefühl und Liebefür andere Menschen – und wurde in die Hölle verdammt. Die Rollen dieser altenSagencharaktere sind in Nieminens Roman verdreht, haben aber durchaus noch <strong>ein</strong>en Bezugzu ihren Vorbildern. Kaija Koskinen fällt in den Tod, der allerdings sehr lebensähnlich undtatsächlich lebendig ist. Sie wird von Arttu Väätälä, durch s<strong>ein</strong>e Liebe, befreit und darf mitihm <strong>ein</strong> neues Leben anfangen. Väätälä wiederum – der „faustische“ Held – sucht nach ewigwährender Schaffenskraft, ist bereit, um dies zu erreichen, sich auf ewig an <strong>ein</strong>en Mäzen zubinden und bekommt dafür <strong>ein</strong>e Strafe: das ewige Leben ohne Schöpferkraft. Diese höllischeStrafe findet ihr Ende in der Liebe zu Kaija, in <strong>ein</strong>er die Grenzen der Zeit brechenden Liebe.Die Erfüllung der Träume ist für Kaija und Arttu nun <strong>ein</strong> normales Leben, k<strong>ein</strong>e Ewigkeitohne Anfang und Ende, wie bei Psyche, als sie Göttin wurde oder bei Faust, der ewig in derHölle schmoren sollte. Die traditionellen Moralauffassungen sind außer Kraft gesetzt, da das,solchen Lage könnte Väätälä also Kaija Koskinen aus den Fesseln des Todes befreien und würde selbst also <strong>ein</strong>normaler Sterblicher werden.Für den Fall, dass der Bund zwischen Kaija und Arttu nicht all<strong>ein</strong> die Pförtner des Todes besänftigt hat, erkläreich mich, indem ich diesen Text veröffentliche, zum Beauftragten des Teufels.“210

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