ein unmoralisches Angebot? - Ã bo Akademi
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Sünder wird, wird seine Sündhaftigkeit, also das „warnende Exempel“, durch die Schilderungdes Sündenfalls betont. Es gelten nicht Vollständigkeit und Faktizität der Geschichten,sondern vielmehr die Funktionalität, man könnte vielleicht sogar sagen: Instrumentalisierungzu einem bestimmten Zweck. 21Der Sinn und Zweck der Heiligenlegenden war, dass die Menschen sich ein gutes Beispielnehmen können, und sich danach richten können, wie die Heiligen in verschiedenenLebenslagen gehandelt haben. Faust hingegen weist viele Gegensätze zu den Heiligen auf: anihm sollte kein Beispiel genommen werden, seine Geschichte sollte ein abschreckendesBeispiel sein. Kurzum: Faust hatte die Funktion einer Antilegende. 22Zu den Teufelsbündlergeschichten vor Faust gehören meines Erachtens auch die Berichteüber die Hexenprozesse und -verbrennungen. Zu der Zeit des historischen Faust, im 16.Jahrhundert, wuchs die Zahl der Hexenprozesse und dadurch die der Hexenverbrennungendramatisch. Es wurden Massenprozesse 23 veranstaltet, in denen mehrere „Hexen”, bzw.Menschen, von denen geglaubt wurde, sie seien Hexen, beschuldigt, verhört und verbranntwurden. Seit 1486 gab es den so genannten Hexenhammer (Malleus maleficarum) 24 , in demWesen und Merkmale der Hexen sowie Vorschläge zu ihrer Bestrafung festgehalten waren.Die Hexen galten allgemein als Teufelsbündler, und es gab eine Liste von Taten, für die siebeschuldigt wurden, u.a. für „den Paktabschluss, den Geschlechtsverkehr mit dem Teufel, dieVernichtung von Menschen und Tieren und den Hexensabbat” 25 .Im Gegensatz zu der gelehrten Faust-Gestalt war das Stereotyp 26 einer Hexe nach Baron eine„alte, arme und ungebildete Frau” 27 . Insofern gibt es also keine Übereinstimmung zwischenden Hexen und den Teufelsbündlern, außer dem Vorwurf, sich mit dem Teufel verbündet zu21Vgl. auch Jolles, S. 39ff: Deshalb sieht in dieser Vita das Leben eines Menschen anders aus als in dem, waswir eine „historische“ Lebensbeschreibung nennen. Wir pflegen […] das Leben eines Menschen als einKontinuum aufzufassen, eine Bewegung, die ununterbrochen vom Anfang zu einem Ende läuft und bei der sichalles Folgende immer auf ein Vorhergehendes bezieht. Wenn die Vita das Leben eines Heiligen so auffasste,würde gerade das, was sie bezweckt, nicht erreicht werden. Sie hat das Tätigwerden der Tugend zu realisieren,sie hat zu zeigen, wie die Tätigkeit der Tugend durch ein Wunder bestätigt wird. Nicht der Zusammenhang desmenschlichen Lebens ist ihr wichtig, nur die Augenblicke sind es, in denen das Gute sich vergegenständlicht. (S.39f)22 André Jolles führt in seinem Buch „Einfache Formen“ den Begriff „Antilegende“ ein. S. 51ff.23 Baron: Die Hexenprozesse und die Entstehung des Faustbuchs, S. 59.24 Ich hatte die folgende deutschsprachige Ausgabe zur Verfügung: Jacob Sprenger und Heinrich Institoris: DerHexenhammer (Malleus Maleficarum). Übersetzung von J. W. R. Schmidt. Unveränderter reprografischerNachdruck der 1. Auflage in 3 Teilen, Berlin: Verlag von H. Barsdorf 1906. Wissenschaftliche Buchgesellschaft.Darmstadt 1974.25 Baron: Die Hexenprozesse und die Entstehung des Faustbuchs, S. 63.26 Vgl. Baron: Die Hexenprozesse und die Entstehung des Faustbuchs. S. 60.27 ebd., S. 60.18
haben. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts brachten zwei Autoren neue Aspekte in dieDiskussion über Hexerei, Teufelsbündlerei und Zauberei. Johann Weier und AugustinLercheimer haben die Meinung vertreten, dass die Hexen im Grunde eigentlich unschuldigseien. Da sie - als Frauen - einfältig und ungebildet seien, seien sie sehr leicht zu beeinflussen,sie wüssten ja nicht recht, was mit ihnen geschähe. Dagegen seien die Gelehrten, die sich mitdem Teufel verbündet hatten, sich der Verwerflichkeit ihrer Tat wohl bewusst. Da sie es abertrotzdem taten, sollten sie als die größten Sünder gelten und noch härter bestraft werden alsdie „armen Frauen“. Baron formuliert:Im Gegensatz zu den Hexen, die unwissend und unschuldig waren, sah Weier diegelehrten Zauberer wie Faustus und Trithemius als die großen Sünder, die trotz ihresreichen Wissens sich der Hilfe des Teufels bedienten. [...][Lercheimer] sah die verfolgten Hexen als unwissende, kranke und von demTeufel geblendete Wesen, die im Grunde unschuldig waren. Er stellte diegelehrten Zauberer dagegen als die eigentliche Gefahr hin. 28Da die Zeit des späten Mittelalters und der frühen Renaissance dazu tendierte, überallschwarze Magie, Zauberei und Teufelsbündlerei zu sehen, waren auch dieNaturwissenschaften gefährdet, als „Zauberkunst“ zu gelten. Neue Entdeckungen in derNaturwissenschaft – wie beispielsweise die Wende vom geozentrischen zum heliozentrischenWeltbild – wurden oft als Gotteslästerung und Zauberei verrufen und von der Kirchegeleugnet. Vor allem wurden zu dieser Zeit aber alle Wissenschaftler, die sich mit den sogenannten mantischen 29 Künsten befassten, als Teufelsbündler betrachtet.Zu den Zeitgenossen Fausts zählte u.a. der Abt Trithemius (1462-1518), der sich, ebenso wieFaust, als Philosoph bezeichnete, der sich aber auch mit Astronomie, Astrologie und derMagie der Zahlen beschäftigt hat.Trithemius was a paradoxical figure. […] He displayed a wide range of religiousand humanistic interests, which are reflected in a rich correspondence and innumerous published works. The most unique aspect of his many interests was the onethat touched on the interests of Faustus; Trithemius’s zealous dedication to the occultwas truly unusual. […] For Trithemius, natural magic was the key to the perception ofdivine nature. 30Von Trithemius stammen die ersten schriftlichen Aussagen über den historischen Faust, dienicht gerade schmeichelnd sind:28 Baron, Die Hexenprozesse und die Entstehung des Faustbuchs. S. 66f.29 Mantik: “eine verbreitete Form des Wahrsagens, des Erwerbs und der Vermittlung von Wissen über dasmenschliche Leben (zukünftiges Schicksal) und die Geschichte, das die gewöhnliche Erkenntnisfähigkeitüberschreitet”. BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE in 24 Bänden, Band 14.30 Baron: Doctor Faustus from History to Legend. S. 23-24.19
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haben. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts brachten zwei Autoren neue Aspekte in dieDiskussion über Hexerei, Teufelsbündlerei und Zauberei. Johann Weier und AugustinLercheimer haben die M<strong>ein</strong>ung vertreten, dass die Hexen im Grunde eigentlich unschuldigseien. Da sie - als Frauen - <strong>ein</strong>fältig und ungebildet seien, seien sie sehr leicht zu be<strong>ein</strong>flussen,sie wüssten ja nicht recht, was mit ihnen geschähe. Dagegen seien die Gelehrten, die sich mitdem Teufel verbündet hatten, sich der Verwerflichkeit ihrer Tat wohl bewusst. Da sie es abertrotzdem taten, sollten sie als die größten Sünder gelten und noch härter bestraft werden alsdie „armen Frauen“. Baron formuliert:Im Gegensatz zu den Hexen, die unwissend und unschuldig waren, sah Weier diegelehrten Zauberer wie Faustus und Trithemius als die großen Sünder, die trotz ihresreichen Wissens sich der Hilfe des Teufels bedienten. [...][Lercheimer] sah die verfolgten Hexen als unwissende, kranke und von demTeufel geblendete Wesen, die im Grunde unschuldig waren. Er stellte diegelehrten Zauberer dagegen als die eigentliche Gefahr hin. 28Da die Zeit des späten Mittelalters und der frühen Renaissance dazu tendierte, überallschwarze Magie, Zauberei und Teufelsbündlerei zu sehen, waren auch dieNaturwissenschaften gefährdet, als „Zauberkunst“ zu gelten. Neue Entdeckungen in derNaturwissenschaft – wie beispielsweise die Wende vom geozentrischen zum heliozentrischenWeltbild – wurden oft als Gotteslästerung und Zauberei verrufen und von der Kirchegeleugnet. Vor allem wurden zu dieser Zeit aber alle Wissenschaftler, die sich mit den sogenannten mantischen 29 Künsten befassten, als Teufelsbündler betrachtet.Zu den Zeitgenossen Fausts zählte u.a. der Abt Trithemius (1462-1518), der sich, ebenso wieFaust, als Philosoph bezeichnete, der sich aber auch mit Astronomie, Astrologie und derMagie der Zahlen beschäftigt hat.Trithemius was a paradoxical figure. […] He displayed a wide range of religiousand humanistic interests, which are reflected in a rich correspondence and innumerous published works. The most unique aspect of his many interests was the onethat touched on the interests of Faustus; Trithemius’s zealous dedication to the occultwas truly unusual. […] For Trithemius, natural magic was the key to the perception ofdivine nature. 30Von Trithemius stammen die ersten schriftlichen Aussagen über den historischen Faust, dienicht gerade schmeichelnd sind:28 Baron, Die Hexenprozesse und die Entstehung des Faustbuchs. S. 66f.29 Mantik: “<strong>ein</strong>e verbreitete Form des Wahrsagens, des Erwerbs und der Vermittlung von Wissen über dasmenschliche Leben (zukünftiges Schicksal) und die Geschichte, das die gewöhnliche Erkenntnisfähigkeitüberschreitet”. BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE in 24 Bänden, Band 14.30 Baron: Doctor Faustus from History to Legend. S. 23-24.19