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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Väätäläs Strafe ist der von ihm selbst leichtsinnig geäußerte Wunsch nach dem Stehenbleibender Zeit in der besten Schaffensperiode. Der Paktpartner hat dies verwirklicht und VäätäläsZeit an dem Tag stehen lassen, an dem der Pakt zustande kam. Das Leben um Väätälä herumgeht jedoch weiter, sodass es unumgänglich ist, dass er die Sachlage irgendwann begreift. EinKünstler, der s<strong>ein</strong>e Schaffenskraft verloren hat und nun versteht, dass er ewig leben muss, istmit dem ewigen Leben nicht getröstet, wie wir es von der christlichen Religion kennen. Fürihn ist es <strong>ein</strong>e Strafe, in <strong>ein</strong> ewiges Leben verbannt zu s<strong>ein</strong>, da ihm s<strong>ein</strong> Lebensinhalt, dasSchaffen der Kunst, die schöpferische Tätigkeit, verloren gegangen ist. Der aus Goethes Faustbekannte „zeitlose Augenblick“, „Verweile doch, du bist so schön!“ (V. 1700) tritt hier widerauf, aber mit gänzlich anderen Vorzeichen: „Bei Nieminen wünscht sich der Künstler denzeitlosen Augenblick im Pakt, weil er sich zu dem Zeitpunkt gerade auf dem Gipfel s<strong>ein</strong>esSchaffens befindet. Als er sich aber der ganzen Wirklichkeit dieses Paktes bewusst wird,verliert er s<strong>ein</strong>e Kreativität, und dieser zeitlose Augenblick ist alles Andere als „schön“; dieUnsterblichkeit wird zu <strong>ein</strong>er Strafe des Teufels, denn wenn der Künstler s<strong>ein</strong>e Kreativitätverloren hat, ist <strong>ein</strong> ewiges Leben für ihn nur Tortur.“ 663Wenn das ewige Leben, der ewig währende „zeitlose Augenblick“ für den Künstler Väätälä<strong>ein</strong>e Strafe ist, auch wenn er leben darf, und das Leben im Dorf der Toten für Kaija als <strong>ein</strong>eArt Erlösung vorkommt, da sie ja Tag für Tag jünger wird, ist etwas Entscheidendes inunserem normalen Verständnis verdreht worden: das, was wir üblicherweise eher alsbedrohend empfinden, der Tod, wird hier weich und schön dargestellt, wohingegen das, wasman sich vielleicht eher wünscht, das ewige Leben, hier als <strong>ein</strong>e harte Strafmaßnahmegeschildert wird. Eine revolutionäre Denkweise, die auch für die Faust-Tradition neueDeutungsmöglichkeiten eröffnet.Was geschieht aber nun mit dem „Teufelsbündler“ Väätälä und Kaija Koskinen? Warum undvor allem wie ist Väätälä überhaupt zu dem Dorf gekommen, in dem Kaija Koskinen lebt? DaVäätälä ewig lebt und nur <strong>ein</strong>en Wunsch aussprechen muss, um den Ort wechseln zu können,m<strong>ein</strong>en Wohnungen nicht funktionierten. Sie blieben immer bei zwölf stehen, auch wenn ich ganz neuemitbrachte. Ich konnte jedoch nicht den richtigen Schluss daraus ziehen.Als ich dann doch irgendwo unterwegs war, nachdem ich schon mit der Malerei aufgehört hatte, wunderte sichirgend<strong>ein</strong> Bekannter, dass ich seit unserem letzten Treffen nicht älter geworden war, wobei s<strong>ein</strong> Haar bereitsgrau zu werden begann. Ich schreckte auf und erinnerte mich an die Diskussion vor dem Paktschluss: ich sah <strong>ein</strong>,dass m<strong>ein</strong> damaliger Wunsch für mich in Erfüllung gegangen war. M<strong>ein</strong>e Zeit stand still![…] Noch viele Jahrevergingen, bis ich die ganze Entsetzlichkeit der Sache begriff: das Stillstehen der Zeit bedeutet <strong>ein</strong> ewigesLeben. Was für <strong>ein</strong> Schicksal für <strong>ein</strong>en Künstler, der s<strong>ein</strong>e Schaffenskraft verloren hat.“663 Siehe Sorvakko-Spratte: Die Faust- (Vauhtus-) Tradition in Finnland. In: Neuendorff/ Nikula/ Möller (Hrsg.):Alles wird gut. Beiträge des Finnischen Germanistentreffens 2001. S. 306.206

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