ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

13.07.2015 Aufrufe

In dem neuen Pakt, der eigentlich nur als „Konzept des Vertrags“ 625 und alsDiskussionsgrundlage vorgelegt wird, macht der Teufel deutlich, dass Faust nun selbst die„Mündigkeit“ erreicht hat in seiner Beziehung zu Mefisto, dass er also mittlerweile selbst zu„satanischen“ Taten fähig ist.Ensiksi: sopijaosapuolet toteavat yksimielisesti ja todistajien läsnä ollessa ettäeuroihminen, Faust nimeltään, on vuosien 1500-1999 välisenä aikana saavuttanuttäysi-ikäisyyden suhteessaan Mefistoon ja todistanut sekä itselleen että kyseiselleajanjaksolle kykenevänsä kaikkiin niihin tekoihin joista voidaan käyttää nimitystä”saatanallinen”. 626Demzufolge äußert der Teufel auch den Wunsch, dass Faust sich nunmehr nicht wegen jederKleinigkeit zu ihm wenden soll:Toiseksi: Ensimmäiseen kohtaan vedoten Mefisto toivoo, että Faust kolmannellavuosituhannella suoriutuisi itse omista pahoista teoistaan eikä joka tilanteessakääntyisi paholaisen puoleen. Faustin tulee muistaa että hän on jo saavuttanut sen,mitä hän vielä Goethen tekstissä haikailee: ”Olenko jumalan kaltainen.” 627Auf Goethes Text hinweisend macht der teuflische Gesandte deutlich, dass Faust im 20.Jahrhundert das gelungen ist, was in Goethes Zeit nur als Traum, als Wunschvorstellung, vomProtagonisten geäußert worden sei. Er ist wie Gott geworden. 628Es werden des Weiteren Sanktionen aufgelistet, die denjenigen treffen sollen, der diesePaktbekräftigung bricht, unter anderem:- kuvottava olkoon hänen kuvansa kaupungeissa ja kaupunkien ulkopuolella […]- kiroukset tervehtikööt häntä, minne tuleekin ja saatelkoot kun hän sieltä lähtee […]- älköön edes vanhuus tuottako hänelle rauhaa ennen kuin sopimuksen pääkirjan tekstiastuu voimaan ja Mefistofeles noutaa hänen kuolemattoman sielunsa 629Es wird eindeutig, dass der Gesandte Stravinski hier nur Faust als Paktbrecher meinen kann,denn die letzte Sanktion, dass Mefistofeles also die „unsterbliche Seele“ holen soll, kann janur für Fausts Teil stimmen, nicht aber für den Teufel selbst. 630625 S. 239, im Original: „sopimuksen luonnos“.626 S. 240, Übers.: „Erstens: die Paktparteien stellen einstimmig und im Beisein von Zeugen fest, dass derEuromensch namens Faust zwischen den Jahren 1500 und 1999 die Mündigkeit in seiner Beziehung zu Mefistoerreicht hat, und sowohl sich selbst als auch dieser genannten Zeit bewiesen hat, dass er zu allen Taten fähig ist,die man „satanisch“ nennen kann.627 S 240f, Übers.: „Zweitens: Auf das Erste hinweisend wünscht Mefisto, dass Faust im dritten Jahrtausendselbst seine bösen Taten vollbringen, und sich nicht wegen jeder Kleinigkeit an den Teufel wenden möge. Faustmöge sich daran erinnern, dass er bereits das erreicht hat, wonach er sich in Goethes Text noch gesehnt hat: „Binich ein Gott.“628 Hier liegt allerdings eine übersetzungstechnische Frage zu Grunde: In Goethes Text heißt es auf Deutsch „Binich ein Gott? Mir wird so licht!“ (V. 439) In Rintalas Roman heißt der Goethe-Zitat jedoch wörtlich übersetzt:„Bin ich wie Gott“ oder „Bin ich Gott ähnlich“.629 S. 241, Übers.: „- Ekel erregend sei sein Bild in Städten und außerhalb der Städte, […]- Flüche sollen ihn treffen, wo auch immer er hinkommen mag und ihn begleiten wenn er abreist, […]- nicht einmal das Alter soll ihm Ruhe bringen, bevor der Text des Hauptpaktes gültig wird und Mefistofelesseine unsterbliche Seele holt.“188

Letztendlich geht es den teuflischen Kräften – also Stravinski und seinem „Herrn“ Mefistodarum, dass Faust begreifen soll, dass er und die ganze Menschheit zu böse geworden sind,dass nicht einmal der Teufel so viel Böses gewollt hat. Er ist nicht im Geringsten in der Lage,den Menschen etwas noch Böseres zu bieten, ihnen in irgendeiner Weise zu helfen. Die Lageist für den Teufel „unerträglich“ geworden:Tilanne on sietämätön. Te, Faust, olette luopunut jumalastanne, teissä ei ole enääihmisyyden kultaa eikä rakkautta jäljellä sen vertaa että paholaisen kannattaisi yrittäähuuhtoa sen hippuja sielustanne. Meidän on etsittävä sitä muualta. – Huomaatteko:lisäpöytäkirjan kyseinen kohta on kehoitus teille. Tehkää parannus että paholaisellakinon jälleen teidän suhteenne jotain tavoittelemisen arvoista. 631Mit dieser Interpretation dreht Rintala die gesamte Grundkonstellation der Faust-Sage um.Den himmlischen Gott haben die Menschen, Faust allen voran, schon vor langer Zeitvergessen, „aufgebraucht“, wie Rintala es sagt. 632 Für ihre Wünsche und Belange haben sieimmer öfter die satanischen Vertreter gerufen, die mittlerweile derart gefragt sind, dass derTeufel feststellen muss: „Herra Saatanan asiakaspalvelussa on ruuhkaa.“ 633 Im Laufe der Zeitsind aber die Menschen auch ohne teuflische Hilfe zu solch abscheulichen Taten fähiggeworden, dass es selbst dem Teufel verdächtig erscheint. Das menschliche Streben, das beiGoethe den Menschen, vor allem also Faust, noch zur Erlösung führte 634 , wird in RintalasRoman in der Weise umgedreht, dass der Mensch durch sein Streben, durch den Fortschrittböser wird als das Böse an sich ist. Er entwickelt die Medizin, die Technik und die630 Interessant ist hier auch der Aspekt der „Ruhe“: Der Teufel verordnet, dass Faust, bevor „seine unsterblicheSeele“ zur Hölle geholt wird, nicht ruhen soll. In Goethes Faust war die Ruhelosigkeit von Faust selbst gewolltund ging von ihm aus: „Werd ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen, / So sei es gleich um mich getan!“(Goethe, Faust, V. 1692f, Hervorhebung von mir, MS-S.) Auch Gott war im Prolog im Himmel der Ansicht, derMensch müsse immer weiter streben, um nicht zu erschlaffen: „Des Menschen Tätigkeit kann allzu leichterschlaffen, / Er liebt sich bald die unbedingte Ruh; / Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu, / Der reizt undwirkt, und muß, als Teufel, schaffen.“ (V. 340-343). Die Ruhelosigkeit ist bei Goethe wie bei Rintala einWesensmerkmal des – vor allem faustischen – Menschen. Sie ist bei Goethe als eine Tugend anzusehen, denndas Erstarren bringt keine Entwicklung und ist, nach Goethe, nicht gut. Faust handelt in seinem Streben folglichimmer „gut“. Bei Rintala verordnet der Teufel in der Pakterweiterung, dass Faust nicht ruhen dürfe, bevorMefistofeles seine unsterbliche Seele hole. Diese Formulierung klingt eher wie eine Bedrohung, der alteSchriftsteller darf auch im Alter nicht zur Ruhe kommen. Die Ruhelosigkeit gehört zu der Verbindung mit demTeufel, ist aber von diesem verordnet und nicht von Gott oder Faust selbst gewollt.631 S. 242, Übers.: „Die Lage ist unerträglich. Sie, Faust, haben Ihren Gott aufgegeben, in Ihnen gibt es nichteinmal so viel Gold des Menschseins oder Liebe mehr, dass es sich für den Teufel lohnen würde, die Krümel ausIhrer Seele zu waschen. Wir müssen woanders danach suchen. – Merken Sie: die betreffende Stelle desZusatzprotokolls ist eine Ermahnung für Sie. Tun Sie Buße, damit der Teufel wieder etwas Erstrebenswertes anIhnen hat.“632 S. 250: „Homo europaeus kulutti loppuun jumalansa“, übers.: „Homo europaeus hat seinen Gottaufgebraucht”.633 S. 32, Übers.: „Im Kundenservice des Herrn Satan herrscht Stau.“634 Goethe: Faust, V. 11936f: „Wer immer strebend sich bemüht, / Den können wir erlösen.“ – Das Streben beiGoethe führte deshalb zur Erlösung, da das Böse im Guten integriert, und somit immer Teil des Plans war. SieheKap. IV.II. A.3.189

Letztendlich geht es den teuflischen Kräften – also Stravinski und s<strong>ein</strong>em „Herrn“ Mefistodarum, dass Faust begreifen soll, dass er und die ganze Menschheit zu böse geworden sind,dass nicht <strong>ein</strong>mal der Teufel so viel Böses gewollt hat. Er ist nicht im Geringsten in der Lage,den Menschen etwas noch Böseres zu bieten, ihnen in irgend<strong>ein</strong>er Weise zu helfen. Die Lageist für den Teufel „unerträglich“ geworden:Tilanne on sietämätön. Te, Faust, olette luopunut jumalastanne, teissä ei ole enääihmisyyden kultaa eikä rakkautta jäljellä sen vertaa että paholaisen kannattaisi yrittäähuuhtoa sen hippuja sielustanne. Meidän on etsittävä sitä muualta. – Huomaatteko:lisäpöytäkirjan kys<strong>ein</strong>en kohta on kehoitus teille. Tehkää parannus että paholaisellakinon jälleen teidän suhteenne jotain tavoittelemisen arvoista. 631Mit dieser Interpretation dreht Rintala die gesamte Grundkonstellation der Faust-Sage um.Den himmlischen Gott haben die Menschen, Faust allen voran, schon vor langer Zeitvergessen, „aufgebraucht“, wie Rintala es sagt. 632 Für ihre Wünsche und Belange haben sieimmer öfter die satanischen Vertreter gerufen, die mittlerweile derart gefragt sind, dass derTeufel feststellen muss: „Herra Saatanan asiakaspalvelussa on ruuhkaa.“ 633 Im Laufe der Zeitsind aber die Menschen auch ohne teuflische Hilfe zu solch abscheulichen Taten fähiggeworden, dass es selbst dem Teufel verdächtig ersch<strong>ein</strong>t. Das menschliche Streben, das beiGoethe den Menschen, vor allem also Faust, noch zur Erlösung führte 634 , wird in RintalasRoman in der Weise umgedreht, dass der Mensch durch s<strong>ein</strong> Streben, durch den Fortschrittböser wird als das Böse an sich ist. Er entwickelt die Medizin, die Technik und die630 Interessant ist hier auch der Aspekt der „Ruhe“: Der Teufel verordnet, dass Faust, bevor „s<strong>ein</strong>e unsterblicheSeele“ zur Hölle geholt wird, nicht ruhen soll. In Goethes Faust war die Ruhelosigkeit von Faust selbst gewolltund ging von ihm aus: „Werd ich beruhigt je mich auf <strong>ein</strong> Faulbett legen, / So sei es gleich um mich getan!“(Goethe, Faust, V. 1692f, Hervorhebung von mir, MS-S.) Auch Gott war im Prolog im Himmel der Ansicht, derMensch müsse immer weiter streben, um nicht zu erschlaffen: „Des Menschen Tätigkeit kann allzu leichterschlaffen, / Er liebt sich bald die unbedingte Ruh; / Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu, / Der reizt undwirkt, und muß, als Teufel, schaffen.“ (V. 340-343). Die Ruhelosigkeit ist bei Goethe wie bei Rintala <strong>ein</strong>Wesensmerkmal des – vor allem faustischen – Menschen. Sie ist bei Goethe als <strong>ein</strong>e Tugend anzusehen, denndas Erstarren bringt k<strong>ein</strong>e Entwicklung und ist, nach Goethe, nicht gut. Faust handelt in s<strong>ein</strong>em Streben folglichimmer „gut“. Bei Rintala verordnet der Teufel in der Pakterweiterung, dass Faust nicht ruhen dürfe, bevorMefistofeles s<strong>ein</strong>e unsterbliche Seele hole. Diese Formulierung klingt eher wie <strong>ein</strong>e Bedrohung, der alteSchriftsteller darf auch im Alter nicht zur Ruhe kommen. Die Ruhelosigkeit gehört zu der Verbindung mit demTeufel, ist aber von diesem verordnet und nicht von Gott oder Faust selbst gewollt.631 S. 242, Übers.: „Die Lage ist unerträglich. Sie, Faust, haben Ihren Gott aufgegeben, in Ihnen gibt es nicht<strong>ein</strong>mal so viel Gold des Menschs<strong>ein</strong>s oder Liebe mehr, dass es sich für den Teufel lohnen würde, die Krümel ausIhrer Seele zu waschen. Wir müssen woanders danach suchen. – Merken Sie: die betreffende Stelle desZusatzprotokolls ist <strong>ein</strong>e Ermahnung für Sie. Tun Sie Buße, damit der Teufel wieder etwas Erstrebenswertes anIhnen hat.“632 S. 250: „Homo europaeus kulutti loppuun jumalansa“, übers.: „Homo europaeus hat s<strong>ein</strong>en Gottaufgebraucht”.633 S. 32, Übers.: „Im Kundenservice des Herrn Satan herrscht Stau.“634 Goethe: Faust, V. 11936f: „Wer immer strebend sich bemüht, / Den können wir erlösen.“ – Das Streben beiGoethe führte deshalb zur Erlösung, da das Böse im Guten integriert, und somit immer Teil des Plans war. SieheKap. IV.II. A.3.189

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!