ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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13.07.2015 Aufrufe

Neben dieser Theorie nennt Rintala noch die viel spätere Möglichkeit, dass die deutschenSoldaten, die während des II Weltkriegs in Finnland eingesetzt worden waren, die Faustsagemitgebracht haben können. Dies könnte zumindest für Rintala selbst ein Anhaltspunkt sein,nachweislich aber nicht für Finnland insgesamt. 584En yhtätoista ollut täyttänyt kun kesällä -41synnyin uudelleen ja kielet siinä ghettossaraksila 585 ja berliininsaksa, SS-Nordin kielipoikaiässä opin kuuntelemaan äidinkielifaustiaja Mestarilla riitti mustaa magiaa ”vmb Mitternacht” 586Rintala will mit den Herkunftsüberlegungen des finnischen Faust betonen, dass die Sage vonFaust keineswegs nur den Deutschen gehört, wenn auch die Gebrüder Grimm dies gern sohätten. 587 Fausts Nationalität sei „in die Abenddämmerung einer bestimmten Epoche“geschrieben, und „in den Gewölbebögen aller Kathedralen“ zu sehen. 588 Sollten dieDeutschen Faust und die Sage besitzen wollen, müssen sie sich dessen bewusst sein, dass siesich in dem Falle auch den Teufel zu eigen machen.…ja kaikille saksalaisille jotka haluavat omistaa minut, sanon: ajatelkaa mitä olettetekemässä, jos saksalaistatte minut ja famulukseni, hänkin joka näkymättömänä onkoko ajan seurassani –Ajatelkaa: sehän merkitsee että joudutte tunnustamaan hänetkin saksalaiseksi; sitäköte tahdotte, omistaa hänetkin...” 589Rintala möchte mit diesem Roman nur einen Teil der Sage für Finnland, speziell für die StadtOulu, „retten“, um die Stadt und das Land vor dem kulturellen Untergang zu bewahren undum im Endergebnis diese nordische Provinz zur Kulturhauptstadt Europas zu erheben. Diesist das formale Anliegen, man könnte fast sagen: das Bedürfnis Rintalas. Er schreibt:584 Siehe Kap. IV.I.4: Die ersten volkstümlichen finnischen Fausterzählungen sind bereits um 1890 gesammeltund folglich schon viel früher im Land erzählt worden.585 Ein Stadtteil der Stadt Oulu und der entsprechende Dialekt sind gemeint.586 S.21, Übers.: „Keine elf Jahre war ich als ich im Sommer -41neugeboren wurde und die Sprachen in dem GhettoRaksila und Berlinerisch, die Sprache des SS-Nordim jugendlichen Alter lernte ich den muttersprachlichen Faust zu hörenund der Meister hatte reichlich schwarze Magie ‚vmb Mitternacht’ “587 S. 108 (Der Text in gnomischen Anführungszeichen ist im Original auf Deutsch): „ ‚Dadurch, dass wir Faustund Gretchen besitzen, stehen die Deutschen in der Dichtkunst aller Zeiten und Nationen an erster Stelle’,julistaa Herman Grimm 1871.“ (Übers.: „…verkündet Herman Grimm 1871.“) Herman Grimm (1828-1901) warein Sohn von Wilhelm Grimm und Professor der Kunstgeschichte an der Berliner Universität, ebenfalls einer derHerausgeber der Weimarer Ausgabe von Goethes Werken.588 S. 109, Finnischer Originaltext: “…kansalaisuuteni on kirjoitettu erään aikakauden iltaruskoon”,“…nähtävissä kaikkien katedraalien holvikaarissa”.589 S. 109, Übers.: „…und allen Deutschen, die mich besitzen wollen, sage ich: Denkt darüber nach, was ihr dagerade machen wollt, wenn ihr mich und meinen Famulus verdeutscht, dann wird auch er, der immer unsichtbarbei mir ist -denkt: das bedeutet doch, dass ihr auch ihn als einen Deutschen bekennen müsst; ist es das, was ihr wollt, auchihn besitzen…“176

Jokaisella kaupungilla on oma myyttinen kertomuksensa, - jos ei ole, se on luotava.Kaupunki ilman myyttistä kertomustaan vajoaa anonymiteettiin kuin uppoava laiva.Estonia. 590Das Ziel ist also, einen Teil der sonst sehr mitteleuropäisch geprägten Faust-Tradition nachNordfinnland zu bringen. Rintalas Faust-Gestalt fungiert allerdings im Roman nicht als deralleinige Initiator dieser Idee. Vielmehr stammt die Idee von den teuflischen Kräften. Siehaben laut eigener Aussage den Ich-Erzähler zum modernen Faust und gleichsam zum Retterder Stadt Oulu gewählt.- Ja minulta lupaa kysymättä te olette valinnut minut luomaan myyttiä tästäpohjoisesta kaupungista.- Koska me kaikki toivomme että kaupunki nimetään Euroopan kulttuurikaupungiksi.Täällä kävi koulunsa, palveli sotilaana Faustus jr. ja vielä silloinkin kun opiskelipääkaupungissa teologiaa tänne hän aina lomillaan palasi. Tämä oli hänen kotinsa jatänne hän on palaava kun sopimus on kulunut umpeen. 591Für die nordische Stadt Oulu fungiert der Teufel hier also als „Retter vor dem kulturellenUntergang“. Eigens dafür hat der Teufel den „erbärmlichen viborgisch-finnischenSchriftsteller“ 592 – wie dieser sich selbst zu nennen pflegt – als finnische Faust-Gestaltauserwählt. Und nun gilt es für diesen Faust, eine Persönlichkeit zu finden und zu entwickeln.Auf der Suche nach seinem Faust-Ich stößt der Erzähler unumgänglich auch auf die Frage desTeufelspaktes. Wie und in welcher Form kann eine Faust-Gestalt der 1990er Jahre glaubhaftund nachvollziehbar einen Teufelspakt schließen? Warum geht ein Mensch des 20.Jahrhunderts noch auf ein Bündnis mit dem Teufel ein? Wie muss der moderne teuflischeVertreter sein, damit man ihm Glauben schenken kann?In der Tradition hatten die verschiedenen Faust-Gestalten immer den Wunsch, etwas zu seinoder zu besitzen, was ihnen aus eigener Kraft nicht möglich gewesen war. Der Pakt mit dem590 S. 188. Übers.: „Jede Stadt hat ihre mythische Geschichte, - wenn nicht, muss man eine erschaffen. Eine Stadtohne ihre mythische Geschichte geht in ihrer Anonymität unter wie ein versinkendes Schiff. Estonia.“ Sieheauch S. 55f: „Kaikki pienet kielet jotka eivät kykene sitomaan itseään kiinni maailmankulttuurin suuriinkertomuksiin ja heijastamaan niitä omassa taiteessaan, sivistyksellisessä muistissaan, runoudessaan, proosa- jamusiikkiteoksissaan, muuttuvat kuolleiksi sanoiksi, joilla kukaan ei ajattele.“ Übers.: „All die kleinen Sprachen,die es nicht schaffen, sich an die großen Geschichten der Weltkultur zu binden und über diese zu reflektieren inihrer eigenen Kunst, ihrem zivilisatorischen Gedächtnis, ihrer Poesie, ihren Prosa- und Musikwerken,verwandeln sich in tote Worte, in denen keiner mehr denkt.“591 S. 188. Übers.: „[Faust:] – Und ohne mich um Erlaubnis zu fragen haben Sie mich erwählt, um aus diesernördlichen Stadt einen Mythos zu erschaffen.[Gesandter:] – Weil wir alle hoffen, dass diese Stadt zur Kulturstadt Europas ernannt wird. Hier ging zur Schule,diente als Soldat Faustus Junior und auch dann noch, als er längst in der Hauptstadt Theologie studierte, kam erin den Ferien immer hierher. Dies war sein Zuhause und hierher wird er zurückkehren, wenn die Paktdauerabgelaufen ist.“592 S. 39, Original: „viipurilais-suomalaisen kirjailijasurkimuksen“.177

Jokaisella kaupungilla on oma myyttinen kertomuksensa, - jos ei ole, se on luotava.Kaupunki ilman myyttistä kertomustaan vajoaa anonymiteettiin kuin uppoava laiva.Estonia. 590Das Ziel ist also, <strong>ein</strong>en Teil der sonst sehr mitteleuropäisch geprägten Faust-Tradition nachNordfinnland zu bringen. Rintalas Faust-Gestalt fungiert allerdings im Roman nicht als derall<strong>ein</strong>ige Initiator dieser Idee. Vielmehr stammt die Idee von den teuflischen Kräften. Siehaben laut eigener Aussage den Ich-Erzähler zum modernen Faust und gleichsam zum Retterder Stadt Oulu gewählt.- Ja minulta lupaa kysymättä te olette valinnut minut luomaan myyttiä tästäpohjoisesta kaupungista.- Koska me kaikki toivomme että kaupunki nimetään Euroopan kulttuurikaupungiksi.Täällä kävi koulunsa, palveli sotilaana Faustus jr. ja vielä silloinkin kun opiskelipääkaupungissa teologiaa tänne hän aina lomillaan palasi. Tämä oli hänen kotinsa jatänne hän on palaava kun sopimus on kulunut umpeen. 591Für die nordische Stadt Oulu fungiert der Teufel hier also als „Retter vor dem kulturellenUntergang“. Eigens dafür hat der Teufel den „erbärmlichen viborgisch-finnischenSchriftsteller“ 592 – wie dieser sich selbst zu nennen pflegt – als finnische Faust-Gestaltauserwählt. Und nun gilt es für diesen Faust, <strong>ein</strong>e Persönlichkeit zu finden und zu entwickeln.Auf der Suche nach s<strong>ein</strong>em Faust-Ich stößt der Erzähler unumgänglich auch auf die Frage desTeufelspaktes. Wie und in welcher Form kann <strong>ein</strong>e Faust-Gestalt der 1990er Jahre glaubhaftund nachvollziehbar <strong>ein</strong>en Teufelspakt schließen? Warum geht <strong>ein</strong> Mensch des 20.Jahrhunderts noch auf <strong>ein</strong> Bündnis mit dem Teufel <strong>ein</strong>? Wie muss der moderne teuflischeVertreter s<strong>ein</strong>, damit man ihm Glauben schenken kann?In der Tradition hatten die verschiedenen Faust-Gestalten immer den Wunsch, etwas zu s<strong>ein</strong>oder zu besitzen, was ihnen aus eigener Kraft nicht möglich gewesen war. Der Pakt mit dem590 S. 188. Übers.: „Jede Stadt hat ihre mythische Geschichte, - wenn nicht, muss man <strong>ein</strong>e erschaffen. Eine Stadtohne ihre mythische Geschichte geht in ihrer Anonymität unter wie <strong>ein</strong> versinkendes Schiff. Estonia.“ Sieheauch S. 55f: „Kaikki pienet kielet jotka eivät kykene sitomaan itseään kiinni maailmankulttuurin suuriinkertomuksiin ja heijastamaan niitä omassa taiteessaan, sivistyksellisessä muistissaan, runoudessaan, proosa- jamusiikkiteoksissaan, muuttuvat kuolleiksi sanoiksi, joilla kukaan ei ajattele.“ Übers.: „All die kl<strong>ein</strong>en Sprachen,die es nicht schaffen, sich an die großen Geschichten der Weltkultur zu binden und über diese zu reflektieren inihrer eigenen Kunst, ihrem zivilisatorischen Gedächtnis, ihrer Poesie, ihren Prosa- und Musikwerken,verwandeln sich in tote Worte, in denen k<strong>ein</strong>er mehr denkt.“591 S. 188. Übers.: „[Faust:] – Und ohne mich um Erlaubnis zu fragen haben Sie mich erwählt, um aus diesernördlichen Stadt <strong>ein</strong>en Mythos zu erschaffen.[Gesandter:] – Weil wir alle hoffen, dass diese Stadt zur Kulturstadt Europas ernannt wird. Hier ging zur Schule,diente als Soldat Faustus Junior und auch dann noch, als er längst in der Hauptstadt Theologie studierte, kam erin den Ferien immer hierher. Dies war s<strong>ein</strong> Zuhause und hierher wird er zurückkehren, wenn die Paktdauerabgelaufen ist.“592 S. 39, Original: „viipurilais-suomalaisen kirjailijasurkimuksen“.177

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