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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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„gerettet“ werden zu können. 534 Diesbezüglich befindet er sich natürlich sehr eng an derälteren Faust-Tradition, was auch durch den Titel s<strong>ein</strong>er letzten Komposition bestätigt wird. 535Diese Überzeugung Leverkühns wird von <strong>ein</strong>em Teil der Forschungsliteratur bestätigt: Oftwird im „Untergang“ Leverkühns <strong>ein</strong>e Parallele zu dem Untergang Deutschlands während desZweiten Weltkriegs, also in der Zeit der Niederschrift dieses Werkes, gesehen.Demgegenüber stehen jedoch viele Zeichen, die darauf deuten, dass Thomas Mann s<strong>ein</strong>en„Helden“ hat retten wollen, oder zumindest den Leser in <strong>ein</strong>e Art positive Hoffnung geleitenwollen.Erstens, die lutherische Theologie vermittelt immer noch die Gnade Gottes als entscheidendeKraft – wenn man als reuiger Sünder vor Gott tritt, besteht die Möglichkeit der Rettung. Unddie Reue Leverkühns kam in der Klage zum Ausdruck, auch wenn er selbst kaum an <strong>ein</strong>esolche Erbarmung glauben konnte. Er sah es höchstens als <strong>ein</strong>e wage Möglichkeit, dass ausdem Bösen, was ihm umgeben hatte, noch etwas Gutes entstehen könnte. 536 Seit demTeufelsgespräch „kennzeichne[te]“ das „Ringen um Gnade“ 537 das Werk Leverkühns – wassich unter Anderem im „Frühlingsfeyer“ 538 äußerte –, also existierte in ihm durchaus noch <strong>ein</strong>Glauben oder zumindest <strong>ein</strong>e Hoffnung auf das Erbarmen.Zweitens, die theologische Begründung für die Höllenfahrt Fausts in der Historia beruhte aufder Tatsache, dass die Eigenschaften Fausts („hoffärtig“, „geschwinden Kopffs“) zu denTodsünden gehörten, für die es k<strong>ein</strong>e Rettung mehr gab. Im 20. Jahrhundert haben dieTodsünden k<strong>ein</strong>erlei Bedeutung mehr und können daher nicht automatisch als Ursache für dieVerdammnis dienen.Drittens ist sogar in der Historia der Wunsch geäußert worden, der Teufel möge den Leib zusich nehmen, aber die Seele in Ruhe lassen (Kap. 68). Die Drangabe des Leibs im Austauschfür die Seele war bereits in den mittelalterlichen Heiligenlegenden <strong>ein</strong>e mögliche Lösung ausden Fängen des Teufels; der Mönch Theophilus hatte durch Buße und Gebet an die JungfrauMaria s<strong>ein</strong>e Seele retten können, wenn auch s<strong>ein</strong> Leib geopfert werden musste. Diese534 Andererseits sah Leverkühn früher sogar in der Abwendung von der Religion <strong>ein</strong>e Tat des Glaubens:„Abtrünnigkeit ist <strong>ein</strong> Akt des Glaubens, und alles ist und geschieht in Gott, besonders auch der Abfall von ihm“(DF, 177)535 Die Historia endet ebenfalls in „Doctor Fausti Weheklag von der Hellen / vnd jrer vnaussprechlichen P<strong>ein</strong>vnd Quaal“ (Kap. 66).536 DF, 662: „...vielleicht kann gut s<strong>ein</strong> aus Gnade, was in Schlechtigkeit geschaffen wurde, ich weiß es nicht.Vielleicht auch siehet Gott an, daß ich das Schwere gesucht und mirs habe sauer werden lassen , vielleicht,vielleicht wird mirs angerechnet und zugute gehalten s<strong>ein</strong>, daß ich mich so befleißigt und alles zähe fertiggemacht, - ich kanns nicht sagen und habe nicht Mut, darauf zu hoffen.“537 Schmidt-Schütz, S. 261.538 DF, 355: „Erst später habe ich die Komposition der „Frühlingsfeyer“ als das werbende Sühneopfer an Gottverstehen gelernt, das es war: als <strong>ein</strong> Werk der attritio cordis, geschaffen, wie ich schaudernd vermute, unter denDrohungen jenes auf s<strong>ein</strong>em Sch<strong>ein</strong> bestehenden Besuchers.“159

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