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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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wörtliche Übernahme von Nietzsches Kölner Bordell-Erlebnis und s<strong>ein</strong>erKrankheitssymptomatik […]. 514Dass der Teufelspakt in der Form <strong>ein</strong>es Geschlechtsakts geschlossen wird, schließt sich gut andie Faust-Tradition an, denn das Geschlechtliche, oder schlichtweg das Weibliche 515 imAllgem<strong>ein</strong>en, stand bereits im frühen Christentum für etwas Teuflisches: „Throughout devilliterature Satan uses woman as an instrument of temptation and seduction. […] in the eyes ofthe Church fathers sensuality was sinful. Since women were seen as the sole source ofsensuality, they were automatically part of evil and sin.” 516 Der Autor der Historia hat dieDimension der Sexualität als <strong>ein</strong>e der Todsünden (luxuria 517 ) als <strong>ein</strong>es der Vergehen Faustshervorgehoben. 518 Insofern verwendet Mann hier die moralischen Auffassungen dermittelalterlichen Kirchenväter, um s<strong>ein</strong>e Version des Teufelsbündnisses zu beschreiben.Somit ist <strong>ein</strong> Blutpakt dieser Art sogar sehr mit der Faust-Tradition verbunden, wenn er auchin dieser Form vorher nie vorgekommen ist. 519 Interessant ist allerdings die Tatsache, dass dieHure Esmeralda, die hier als Vermittler des teuflischen Gifts agiert, Leverkühn vor dem Aktdavor warnte, sich mir ihr <strong>ein</strong>zulassen:Die Unglückliche warnte den Verlangenden vor „sich“, das bedeutete <strong>ein</strong>en Akt freierseelischer Erhebung über ihre erbarmungswürdige physische Existenz, <strong>ein</strong>en Aktmenschlicher Abstandnahme davon, <strong>ein</strong>en Akt der Rührung, - das Wort sei mir gewährt, -<strong>ein</strong>en Akt der Liebe. (DF, 207)Ein „Akt der Liebe“ gegenüber jemandem, dem ab diesem Zeitpunkt jegliche Liebe untersagtwird; <strong>ein</strong> letzter Versuch, den Verdammten zu retten? Ein Versuch, den die Quelle derAnsteckung ausspricht, als wolle sie nicht, dass der Begehrende leiden muss. Der ErzählerZeitblom fährt fort:Und, gütiger Himmel, war es nicht Liebe auch, oder was war es, welche Versessenheit,welcher Wille zum gottversuchenden Wagnis, welcher Trieb, die Strafe in die Sünde<strong>ein</strong>zubeziehen, endlich: welches tief geheimste Verlangen nach dämonischer Empfängnis,nach <strong>ein</strong>er tödlich entfesselnden chymischen Veränderung s<strong>ein</strong>er Natur wirkte dahin, daßder Gewarnte die Warnung verschmähte und auf dem Besitz dieses Fleisches bestand?514 Die Entstehung des Doktor Faustus, S. 34.515 Siehe auch oben: Adam und Eva.516 Pfaff, Lucie: The Devil in Thomas Mann’s “Doktor Faustus“ and Paul Valéry’s “Mon Faust”. S. 49.517 Siehe Weidenhiller, S. 58-61.518 Unter anderem Kap. 57: „Als Doctor Faustus sahe / daß die Jahr s<strong>ein</strong>er Versprechung von Tag zu Tag zumEnde lieffen / hub er an <strong>ein</strong> Säuwisch vnnd Epicurisch leben zu führen / vnd berüfft jm siben TeuffelischeSuccubas / die er alle beschlieffe / vnd <strong>ein</strong>e anders denn die ander gestalt war / auch so trefflich schön / daß nichtdavon zusagen. […] ...mit denselbigen Teuffelischen Weibern triebe er Vnkeuscheit / biß an s<strong>ein</strong> Ende.“ (S. 109)Siehe hierzu auch Kap. IV.I. 1. in dieser Arbeit.519 In den Hexenprozessen wurden die Angeklagten allerdings des „Geschlechtsverkehrs mit dem Teufel“beschuldigt – insofern gibt es diese Form <strong>ein</strong>er Teufelsverbindung schon in der Literatur, nur eben nicht in derFaust-Tradition.151

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