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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Es ist Mephistopheles nun gelungen, Faust letzten Endes auch von s<strong>ein</strong>em Ich zu trennen. „Inder Sphäre des Ichabsolutismus gibt es […] k<strong>ein</strong>e Beruhigung, da das Einsamkeitsgefühl alsFolge der Ichvergottung unerträglich wird” 498 . Faust fühlt sich „der Lieb und Heimat bar, / Soganz all<strong>ein</strong> und abgeschnitten” (V. 3278f) und kann mit den Einsamkeitsgefühlen nicht fertigwerden. Es gibt für ihn auch bei diesem s<strong>ein</strong>en dritten Versuch, absolute Wahrheit zuerfahren, k<strong>ein</strong>e Antwort, sondern es erheben sich immer neue Fragen, neue Zweifel. „Vor derSchlußszene ist Faust auf dem gleichen Punkt angelangt, auf dem er sich anfangs befand: demZweifel. Die von Mephisto versprochene ‚Wahrheit’ enthüllt sich als der Zweifelüberhaupt.” 499 Faust muss erkennen, dass er aus s<strong>ein</strong>em „Teufelskreis” nicht mehr herauskann:Ein unersättliches VerlangenIst m<strong>ein</strong>em Innern aufgegangen;Erst war’s <strong>ein</strong> glühendes Entbrennen,Die Welt zu fassen im Erkennen;Nun würde mir, geschöpft in vollsten Zügen,Erkenntnis nimmermehr genügen.Wenn ich die Welt auch denken lerne,So bleibt sie fremd doch m<strong>ein</strong>em Kerne [...]. (V. 3304-3311)Bei Lenau war Mephistopheles’ Aufgabe von Anfang an, Faust zu zeigen, dass „Fragen undZweifeln nur zu neuem Fragen und zu neuem Zweifeln führt […], daß die Abtrennung vonGott – und von der Natur – in Zerstörung mündet” 500 . Mephistopheles hat nun s<strong>ein</strong>e Aufgabezur Vollkommenheit erfüllt.„Wenn der Anspruch, selbst wie Gott zu werden, aufgegeben werden muß, weil k<strong>ein</strong>e realeMöglichkeit mehr aufsch<strong>ein</strong>t, den Wunsch mit der Tat vermählen zu lassen, dann bleiben bloßdie Resignation, der Selbstbetrug oder die schonungslose Einsicht in die Verhältnisse.” 501 Ummit den Enttäuschungen seelisch fertig zu werden, flüchtet Faust am Ende in <strong>ein</strong>e Traumwelt.Er vern<strong>ein</strong>t alles, bestreitet die Existenz s<strong>ein</strong>es Selbst indem er behauptet:Ich bin mit Gott festinniglichVerbunden und seit immerdar,Mit ihm derselbe ganz und gar,Und Faust ist nicht m<strong>ein</strong> wahres Ich.” (V. 3382-3385)498 Henning: Lenaus “Faust”. S. 333.499 ebd., S. 334.500 ebd., S. 336.501 Hucke: Lenaus “Faust”. S. 25.143

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