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ein unmoralisches Angebot? - Åbo Akademi

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Stelle und bringt Faust auf andere Gedanken, bis er wieder reumütig und melancholischwird. 497Es ist Mephistopheles gelungen, Faust von Gott und von der Natur loszulösen, genau nachs<strong>ein</strong>em Plan. Es bleibt ihm nur noch die letzte Etappe: Faust muss noch von s<strong>ein</strong>em eigenenIch losgelöst werden, damit er zu der letzten Erkenntnis - ganz in der Mephistopheles eigenenArt - gelangen kann.Ist mir der Bruch gelungen zwischen beiden,Von jeder Friedensmacht ihn abzuschneiden,Dann setzt er sich mit s<strong>ein</strong>em Ich all<strong>ein</strong>,Und in den Kreis spring ich dann mit hin<strong>ein</strong>. (V. 766-769)Indem er Faust nun vorschlägt, sich selbst als Gott zu betrachten („M<strong>ein</strong> Faust, ich will dir <strong>ein</strong>Tempel bauen, / Wo d<strong>ein</strong> Gedanke ist als Gott zu schauen.”, V. 2401f), verursacht Mephistoschließlich den Bruch Fausts mit sich selbst. In s<strong>ein</strong>em Wahn erhebt Faust sich zumAllmächtigen:Behaupten will ich fest m<strong>ein</strong> starres Ich,Mir selbst genug und unerschütterlich,Niemandem hörig mehr und untertan,Verfolg ich in mich <strong>ein</strong>wärts m<strong>ein</strong>e Bahn. (V. 2437-2440)Um sich selbst s<strong>ein</strong>e Gottheit zu beweisen, begibt sich Faust in <strong>ein</strong>em alten Schiff auf <strong>ein</strong>eSeereise. Das Meer soll als Prüfst<strong>ein</strong> wirken: Faust all<strong>ein</strong> gegen die Naturgewalten („OSturm, o Sturm, wie sehn ich mich nach dir!”, V. 2609). Die Reisebekanntschaft mit demMatrosen Görg bringt Faust aber endgültig durch<strong>ein</strong>ander; am Anfang dieses Kapitels wurdebereits gezeigt, was für <strong>ein</strong>e Lebensauffassung Görg vertritt. Er nimmt das Leben so hin, wiees gerade kommt, macht sich k<strong>ein</strong>e Gedanken über den Sinn des Ganzen, lebt im Augenblick,glaubt an nichts außer an das, was er sehen und fühlen kann. Faust ist dies zu viel. Er fängtan, Zweifel an s<strong>ein</strong>em Ich zu hegen.Ich habe Gottes mich entschlagenUnd der Natur, in stolzem Hassen,Mich in mir selbst wollt’ ich zusammenfassen;O Wahn! ich kann es nicht ertragen.M<strong>ein</strong> Ich, das hohle, finstre, karge,Umschauert mich gleich <strong>ein</strong>em Sarge. (V. 3286-3291)497 Schmidt (1971) hat die Zweiteilung von Fausts Charakter beschrieben: “The violent aspect is only one side ofFaust’s nature. Interspersed between the scenes of murder and seduction are spells of deep despair and quietresignation. In fact, Faust constantly fluctuates between these two aspects of his personality”. (S. 116).142

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